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Steuerberater

Zweitwohnung auf Mallorca ohne Förderung durch Fiskus

Zweitwohnung auf Mallorca ohne Förderung durch Fiskus

Kernproblem

Zwar ist die Eigenheimzulage für die Anschaffung oder Herstellung von Wohneigentum ab dem 1.1.2006 entfallen; in der Praxis können aber wegen der 8jährigen Laufzeit mitunter noch Anwendungsfälle hochkommen, z. B. wegen einer Nutzungsänderung (vorher vermietet, jetzt selbstgenutzt, etwa durch Gestaltung mit Kindern) oder Begründung/Wegfall von Kinderzulagen. Zudem hat die Rechtsprechung der letzten Jahre verstärkt solche begünstigenden Regelungen der deutschen Steuergesetze im Visier gehabt, die europarechtswidrig nur inländische Sachverhalte fördern. So konnten sich z. B. zuletzt auch Eltern freuen, die Schulgeld ihrer Sprösslinge im EU-Ausland ausgaben, obwohl das deutsche EStG zunächst nur Schulgelder der in Deutschland belegenen Schulen als Sonderausgaben begünstigte. Aber was gibt es Schöneres, als privat motivierte Ausgaben mit einem Steuervorteil des Fiskus noch attraktiver zu gestalten? Das dachte sich auch ein Ehepaar, das eine Zweitwohnung auf Mallorca erwarb und hierfür die Eigenheimzulage begehrte.

Sachverhalt

In Deutschland ansässige Eheleute erwarben 2001 eine Eigentumswohnung auf Mallorca, die überwiegend durch die Ehefrau für mehrere Monate im Jahr als Zweitwohnung genutzt wurde. Der Einspruch gegen die Ablehnung des im Jahr 2005 gestellten Antrags auf Eigenheimzulage ruhte zunächst wegen eines beim Europäischen Gerichtshof (EUGH) anhängigen Verfahrens. Hier hatten sich einige der Personengruppen, die in Deutschland einer unbeschränkten Steuerpflicht unterliegen, erfolgreich gegen die Voraussetzung einer „im Inland belegenen Wohnung“ gewehrt. Hierbei handelte es sich jedoch um solche Personen, die in Deutschland keinen Wohnsitz hatten und entweder der erweiterten unbeschränkten Steuerpflicht (z. B. Staatsbedienstete) oder Grenzpendlerbesteuerung unterlagen. Nachdem die Entscheidung des EUGH ergangen war, lehnte das Finanzamt die Erweiterung der Eigenheimzulage auf im EU-Ausland belegene Wohnungen „normal unbeschränkt Steuerpflichtiger“ mit Wohnsitz im Inland ab.

Entscheidung

Das Finanzgericht Köln wies die Klage der Eheleute ab. Zwar seien die Eheleute in ihrem Recht auf Freizügigkeit und Kapitalverkehrsfreiheit beschränkt, weil das Gesetz den Aufenthalt und eine Investitionen im Ausland hindere. Die Beschränkung sei jedoch – anders als im entschiedenen Fall des EUGH – gerechtfertigt, denn mit der Förderung habe der Gesetzgeber zulässigerweise wohnungsmarktpolitische Zwecke verfolgt. Während etwa Grenzpendler, EU-Beamte oder Diplomaten durch die Aufnahme ihres Wohnsitzes im EU-Ausland den inländischen Wohnungsmarkt entlasteten, bliebe die Anschaffung einer zusätzlichen Wohnung im Ausland ohne Auswirkungen auf den nationalen Wohnungsbestand im Inland.

Konsequenz

Die Entscheidung ist bisher in der Fachpresse noch wenig kritisiert worden und scheint sinnig.

Finanzamt darf elektronisch falsch übertragene Lohnsteuerdaten nachträglich berichtigen

Finanzamt darf elektronisch falsch übertragene Lohnsteuerdaten nachträglich berichtigen

Kernproblem

Ist dem Finanzamt bei der Steuerveranlagung ein Fehler zugunsten des Steuerzahlers unterlaufen und fällt dies später der Behörde auf, dann wird sich häufig zu Unrecht auf die Berichtigungsvorschrift des § 129 AO berufen. Hiernach kann die Finanzbehörde Schreib- und Rechenfehler, sowie ähnliche offenbare Unrichtigkeiten jederzeit berichtigen, die ihr beim Erlass des Bescheids unterlaufen sind. Das gilt zumindest innerhalb der Verjährungsfrist (i. d. R. 4 Jahre nach Erlass des Bescheids). Ansatzpunkt der Berichtigungsmöglichkeit ist die Würdigung der offenbaren Unrichtigkeit; hier muss es sich um einen rein „mechanischen Fehler“ handeln, der die Möglichkeit eines Rechtsirrtums ausschließt.

Sachverhalt

In dem vom Finanzgericht Münster entschiedenen Fall hatten die betroffenen Eheleute eine fehlerfreie Steuererklärung abgegeben. Der Ehemann war im Streitjahr in insgesamt 4 Arbeitsverhältnissen tätig; er musste also die Daten der Lohnsteuerbescheinigungen addieren (die als Nachweis der Steuererklärung beigefügt waren) und in die Steuererklärung eintragen. Das Finanzamt machte es sich einfach und übernahm per Mausklick die von den jeweiligen Arbeitgebern elektronisch übermittelten Daten, die unvollständig waren und zu einer geringeren Steuerschuld führten. Der Irrtum fiel dann im nächsten Jahr auf und wurde korrigiert – zu Unrecht?

Entscheidung

Das Finanzgericht Münster hat die Klage abgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Nach Auffassung der Richter liege in dem Verhalten des Finanzamts eine typische offenbare Unrichtigkeit in Form eines mechanischen Fehlers und beruft sich hierbei auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), der z. B. Übertragungsfehler und Irrtümer über den automatisierten Verfahrensablauf als solche ansieht. Der Fehler sei auch so offenbar, d. h. durchschaubar, eindeutig, augenfällig und läge auf der Hand, dass er von einem verständigen Dritten klar und deutlich erkannt werden könne.

Konsequenz

Der BFH hatte bereits früher zum Leidwesen des Steuerzahlers festgestellt, dass eine oberflächliche Bearbeitung der Finanzbehörde die Möglichkeit einer Änderung nicht ausschließe. Wenn jedoch eine nicht nur theoretische Möglichkeit eines Fehlers in der Tatsachenwürdigung oder bei der Anwendung einer Rechtsnorm besteht, ist die Berufung auf § 129 AO rechtsfehlerhaft und sollte angefochten werden. Zum Trost bei mechanischen Fehlern: Die Vorschrift eröffnet auch die Änderung zuungunsten des Finanzamts, wenn diesem der Fehler zuzurechnen ist.

Alter wiegt bei Sozialauswahl stärker als Kinderzahl

Alter wiegt bei Sozialauswahl stärker als Kinderzahl

Rechtslage

Nachdem das Alter ein gesetzliches Diskriminierungskriterium ist, stellt sich immer wieder die Frage, inwieweit arbeitsrechtliche Regelungen, die auf das Alter abstellen, noch angewendet werden können, weil sie stets das Risiko einer Diskriminierung (entweder der älteren oder der jüngeren Arbeitnehmer) bergen. Eine solche Regelung ist beispielsweise im Kündigungsschutzgesetz enthalten, das die soziale Rechtfertigung einer Kündigung insbesondere anhand der Kriterien Betriebszugehörigkeit, Alter und Unterhaltspflichten prüft. Das Landesarbeitsgericht Köln hat nunmehr zur Gewichtung der einzelnen Kriterien entschieden.

Sachverhalt

Beim Arbeitgeber standen betriebsbedingte Kündigungen an. Unter anderen sollte einem von 2 Führungskräften gekündigt werden. Beide waren im Wesentlichen gleich lang im Unternehmen beschäftigt und verheiratet. Ein Mitarbeiter war 35 Jahre, der andere 53 Jahre alt; der jüngere Mitarbeiter war 2 Kindern gegenüber unterhaltsverpflichtet, der ältere Arbeitnehmer war kinderlos. Der Arbeitgeber kündigte dem älteren Arbeitnehmer mit der Begründung, die Unterhaltspflichten wögen schwerer als das Alter. Der Arbeitnehmer erhob hiergegen Kündigungsschutzklage und bekam Recht.

Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht entschied, dass die Kündigung des älteren Arbeitnehmers unwirksam gewesen sei, weil der jüngere Arbeitnehmer im Gegensatz zum älteren wesentlich bessere Chancen habe, schnell eine neue Anstellung zu finden. Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass seine Unterhaltpflichten für die Kinder mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht beeinträchtigt gewesen wären.

Konsequenz

Zwar ist in der Rechtsprechung nicht abschließend geklärt, wie die Sozialauswahlkriterien zueinander zu gewichten sind, allerdings überzeugt das Urteil des Landesarbeitsgerichts nicht. Da das Alter ein Diskriminierungsmerkmal ist, bedeutet die Entscheidung, dass jüngere Arbeitnehmer bei Kündigungen nach Sozialauswahlgesichtspunkten diskriminiert werden dürfen. Ob der sachliche Grund, für jüngere Arbeitnehmer sei es einfacher, einen Job zu finden, eine Rechtfertigung darstellen kann, ist zu bezweifeln. Aus hiesiger Sicht wäre dem objektiven Kriterium der Unterhaltspflicht der Vorrang zu gewähren. Inwieweit die Entscheidung noch durch das Bundesarbeitsgericht überprüft wird, ist derzeit unbekannt.

Haftung des Landwirts für Schäden durch ausbrechende Jungrinder

Haftung des Landwirts für Schäden durch ausbrechende Jungrinder

Kernfrage

Halter von Nutztieren, also Haustieren, die aus beruflichen Gründen oder zu Erwerbszwecken gehalten werden, sind bei durch die Tiere verursachten Schäden haftungsprivilegiert. Für andere Tiere als Nutztiere sieht das Gesetz in allen Fällen eine Haftung des Tierhalters vor. Bei Nutztieren haftet der Tierhalter nicht, wenn er seiner Aufsichtspflicht über das Tier nachgekommen ist oder der Schaden auch bei ausreichender Aufsicht entstanden wäre. Das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob dieses Haftungsprivileg noch zeitgemäß ist.

Sachverhalt

Der beklagte Landwirt betreibt Rindviehhaltung. Im Spätherbst hatte er seine weiblichen, erstmals trächtigen Jungrinder auf eine umzäunte Koppel hinter seinem Haus gebracht, um sie dort bis zur endgültigen Überwinterung im Stall zu halten. Ein Jungrind brach dabei in einer Panikreaktion aus und kollidierte mit 2 Autos, deren Halter Schadensersatz gegen den Landwirt geltend machten. Gegen die Schadensersatzansprüche machte der Landwirt sein Haftungsprivileg als Nutztierhalter geltend. Nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) in einem ersten Verfahren das Haftungsprivileg des Nutztierhalters als rechtmäßig angesehen hatte, hatte das OLG nunmehr darüber zu befinden, ob der Landwirt seiner Aufsichtspflicht ausreichend nachgekommen war.

Entscheidung

Auf der Grundlage eines Gutachtens, dass den Ausbruch des Jungtiers als Panikreaktion erwiesen hatte, wies das Gericht die Klage ab. Der Landwirt haftet nicht, auch wenn der Zaun sich an der Ausbruchsstelle möglicherweise nicht in einem ordnungsgemäßen Zustand befunden haben sollte, weil selbst ein ordentlicher Zaun der Panikreaktion nicht standgehalten hätte. Auch das Halten der Tiere nahe am Haus stelle keine Pflichtverletzung, sondern übliche Praxis zur Gewöhnung der Tiere an den Hofbereich dar.

Konsequenz

Bei durch Nutztiere verursachten Schäden gilt das Haftungsprivileg zugunsten des Nutztierhalters. Er haftet (weiterhin) nur dann, wenn ihm eine Sorgfaltspflichtverletzung nachgewiesen werden kann.

Gebührenpflicht für verbindliche Auskünfte ist verfassungskonform

Gebührenpflicht für verbindliche Auskünfte ist verfassungskonform

Kernproblem

Trotz oder gerade wegen der Vielzahl von Gesetzesvorschriften, Gerichtsurteilen und Verwaltungsanweisungen sind Rechtsunsicherheiten in der steuerlichen Beratungspraxis allgegenwärtig. Diese sind nicht nur im unternehmerischen Bereich (besonders bei Fragen der Konzernrestrukturierung sowie der Umsatzsteuer) anzutreffen, sondern können z. B. im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge auch im Privatbereich auftreten. Zur Reduzierung dieser Rechtsunsicherheiten werden daher zunehmend verbindliche Auskünfte über die steuerliche Beurteilung noch nicht verwirklichter Sachverhalte eingeholt.

Sachverhalt

Seit Ende 2006 ist für die Erteilung einer verbindlichen Auskunft eine Gebühr zu zahlen, die sich regelmäßig nach dem Wert berechnet, den die Auskunft für den Steuerpflichtigen hat. Gegen die Erhebung dieser Gebührenpflicht wurden in der Vergangenheit erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken geäußert, die allerdings vom Finanzgericht Münster in einem in 2010 ergangenen Urteil nicht geteilt wurden. Dieses Urteil wurde nunmehr vom Bundesfinanzhof (BFH) bestätigt.

Grundsatzentscheidung

Nach Auffassung des BFH ist die seit Ende 2006 erhobene Gebühr für die Erteilung von verbindlichen Auskünften verfassungsgemäß. Dem Argument, das Steuerrecht sei derart kompliziert, dass die Finanzverwaltung gehalten sei, gebührenfrei über verbindliche Auskünfte zu entscheiden, könne nicht gefolgt werden. Vielmehr seien für den Steuerpflichtigen durch die verbindliche Auskunft erhebliche Vorteile bereits im Vorfeld von Steuergestaltungen garantiert, die ebenso wie der dadurch entstehende Verwaltungsaufwand seitens der Finanzverwaltung die Erhebung einer Gebühr rechtfertige. Außerdem sei auch kein grobes Missverhältnis zwischen der Gebührenbemessung und den aus seiner Sicht verfolgten legitimen Gebührenzwecken erkennbar.

Konsequenz

Die alleinige Entscheidungsbefugnis über die Verfassungskonformität von Rechtsnormen obliegt dem Bundesverfassungsgericht. Es bleibt daher abzuwarten, ob das oberste Gericht zukünftig die Möglichkeit bekommt, sich diesbezüglich zu äußern. Da der BFH keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Gebührenpflicht feststellen konnte, war er insoweit nicht zur Vorlage der Frage verpflichtet. Ebenfalls abzuwarten bleibt, ob im Rahmen des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 die geplante Einführung einer Bagatellgrenze, wonach bei einem Gegenstandswert von unter 10.000 EUR künftig keine Gebühren mehr anfallen sollen, umgesetzt wird.

Widersprüchliches zur Europarechtskonformität der Anrechnungsbegrenzung

Widersprüchliches zur Europarechtskonformität der Anrechnungsbegrenzung

Kernproblem

Die auf ausländische Kapitaleinkünfte entfallende ausländische Kapitalertragsteuer kann im Grundsatz auf die inländische Steuerschuld angerechnet werden (§ 34c EStG). Die Anrechnung ist indes nicht uneingeschränkt möglich: Zum einen ist sie auf den Teil der inländischen Steuer begrenzt, der auf die ausländischen Einkünfte entfällt. Ist im Inland keine oder nur eine geringe Steuer zu zahlen, z. B. aufgrund von Verlustverrechnung mit anderen Einkünften, kann die Anrechnung ins Leere laufen; eine Erstattung ist jedenfalls ausgeschlossen. Zum anderen ist die sog. per-country-limitation, wonach der Höchstbetrag der anrechenbaren ausländischen Steuer für jeden einzelnen ausländischen Staat gesondert zu berechnen ist, zu beachten. Dies führt insbesondere dann zu erheblichen Nachteilen, wenn die ausländischen Investments in verschiedenen Staaten erfolgen, deren Steuerniveau zum Teil deutlich über und zum Teil unter dem deutschen Steuerniveau liegt. Diese Benachteiligung unterliegt zum Teil europarechtlichen Bedenken.

Sachverhalt

Der einkommensteuerpflichtige Kläger erzielte in den Streitjahren 2004-2006 ausländische Kapitaleinkünfte aus unterschiedlichen Staaten innerhalb und außerhalb der EU. Aufgrund der vorstehend erläuterten Vorschrift des § 34c EStG rechnete das Finanzamt die ausländische Kapitalertragsteuer nur teilweise bei der deutschen Einkommensteuer an. Unter Hinweis auf die Europarechtswidrigkeit der Vorschrift klagte der Steuerpflichtige vor dem Finanzgericht Schleswig-Holstein. Er unterlag zwar in erster Instanz, die Revision wurde aber zugelassen.

Entscheidung

Die Anrechnungsbegrenzung des § 34c EStG auf die anteilige deutsche Steuer ist nach Auffassung des Gerichts europarechtskonform. Die entstehenden Anrechnungsüberhänge seien das Ergebnis einer mangelnden Steuerharmonisierung innerhalb der EU, insbesondere der unterschiedlichen Steuersätze. Der Wohnsitzstaat (hier: Deutschland) sei aber nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) nicht gezwungen, eine höhere Steuerbelastung im Ausland durch unbegrenzte Anrechnung im Inland auszugleichen. Ebenso sei europarechtlich unbedenklich, dass aufgrund der sog. per-country-limitation Anrechnungsüberhänge aus einem Land nicht mit Anrechnungsüberhängen aus einem anderen Land ausgeglichen werden dürfen.

Konsequenzen

Die Entscheidung steht teilweise im Widerspruch zu einem zeitgleich vom Bundesfinanzhof (BFH) veröffentlichten Urteil. Der BFH äußerte darin durchaus Zweifel an der Europarechtskonformität der Vorschrift des § 34c EStG und legte die Frage daher dem EuGH zur endgültigen Entscheidung vor. Das letzte Wort scheint insoweit also noch nicht gesprochen, so dass entsprechende Fälle mit Hinweis auf das BFH-Urteil offen gehalten werden sollten.

Verwertung von Steuer-CDs im Besteuerungsverfahren ist zulässig

Verwertung von Steuer-CDs im Besteuerungsverfahren ist zulässig

Kernaussage

Nach Auffassung des Finanzgerichts Köln bestehen keine ernstlichen Zweifel daran, dass die Steuerbehörden angekaufte ausländische Bankdaten bei der Besteuerung verwenden dürfen. Entsprechende Informationen können demnach Ermittlungen der Steuerfahndung rechtfertigen. Dies gilt auch dann, wenn die Beschaffung der Daten durch den Informanten zuvor rechtswidrig war.

Sachverhalt

Im entschiedenen Fall hatte das Finanzamt eine von einem Informanten angekaufte „Steuer-CD“ ausgewertet und so in Erfahrung gebracht, dass der Antragsteller Vermögen bei einem Schweizer Geldinstitut angelegt hatte. In den Einkommenssteuererklärungen hatte der Antragsteller dagegen keine ausländischen Kapitalerträge erklärt. Das Finanzamt schätzte diese mit 5 % des Kontostandes, was einen Betrag von rund 1,8 Mio. CHF ausmachte. Es lehnte die vom Antragsteller begehrte Aussetzung der Vollziehung dieser Schätzungsbescheide ab. Auch im gerichtlichen Verfahren erläuterte der Antragsteller nicht die der „Steuer-CD“ entnommenen Daten über die Kapitalanlagen und weigerte sich, aufklärende Kontounterlagen vorzulegen.

Entscheidung

Das Bundesverfassungsgericht hat mit einem Beschluss im Jahr 2010 erstmals die Zulässigkeit der Verwertung angekaufter ausländischer Bankdaten im Besteuerungsverfahren bestätigt. Hierauf stützte sich das Finanzgericht. Es hatte keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Schätzungen und lehnte insbesondere ein Beweisverwertungsverbot im Hinblick auf die im Ausland durch Informanten rechtswidrig erlangten Daten ab. Ein Verwertungsverbot sei lediglich bei Eingriffen in den absoluten Kernbereich privater Lebensgestaltung oder bei strafbaren Handlungen der Finanzbeamten anzunehmen. Diese Voraussetzungen sah das Gericht jeweils nicht als erfüllt an. Im zu entscheidenden Fall seien die Daten nicht von Finanzbeamten selbst beschafft, sondern nur entgegengenommen worden.

Konsequenz

Mit dem Beschluss des Finanzgerichts hat die äußerst umstrittene Praxis der Finanzverwaltung, angekaufte Kundendaten über verheimlichte ausländische Kapitalanlagen heranzuziehen, eine weitere gerichtliche Bestätigung erfahren. Allein vor dem Hintergrund zahlreicher Selbstanzeigen hat sich der Ankauf von „Steuer-CDs“ deutlich gerechnet.

Zusammenballung von Einkünften: Sind geringe Teilzahlungen schädlich?

Zusammenballung von Einkünften: Sind geringe Teilzahlungen schädlich?

Kernproblem

Für außerordentliche Einkünfte kann ein ermäßigter Steuersatz bei Bemessung der Einkommensteuer in Betracht kommen. Werden an einen Arbeitnehmer Abfindungen gezahlt, wird in ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) grds. dann eine Außerordentlichkeit bejaht, wenn die zu begünstigenden Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum zu erfassen sind und durch die Zusammenballung von Einkünften erhöhte steuerliche Belastungen entstehen. Keine Zusammenballung liegt typischerweise vor, wenn eine Entschädigung in 2 oder mehreren verschiedenen Veranlagungszeiträumen gezahlt wird, auch wenn die Zahlungen jeweils mit anderen laufenden Einkünften zusammentreffen und sich ein Progressionsnachteil ergibt. Ob hier Bagatellgrenzen in Betracht zu ziehen sind, war Anlass eines Rechtstreits beim BFH.

Sachverhalt

Ein Arbeitnehmer erhielt wegen des Verlustes seines Arbeitsplatzes eine Abfindung von ca. 77.800 EUR. Davon wurden 10.000 EUR im Jahr 2005 (hiervon steuerpflichtig: 2.800 EUR) und der Restbetrag von 67.800 EUR in 2006 gezahlt. Als laufende Bezüge erhielt er von seinem alten Arbeitgeber im Jahr 2005 noch ein Gehalt von 42.000 EUR und in 2006 lediglich einen geringen geldwerten Vorteil von ca. 2.000 EUR. Während das Finanzamt mangels Zusammenballung der Einkünfte im Jahr 2006 für die Hauptentschädigung keinen ermäßigten Steuersatz gewähren wollte, ging das Finanzgericht von einer gesetzlich nicht vorgesehenen unschädlichen Bagatellgrenze von 5 % der insgesamt steuerpflichtigen Abfindungsbeträge aus. Im Ergebnis (2,8 zu 70,6 = 4 %) reichte das, um eine Unschädlichkeit des in 2005 gezahlten Teilentgelts zu begründen. Hiergegen legte das Finanzamt Revision ein.

Entscheidung

Der BFH verlangt bei Prüfung der Außerordentlichkeit durch Zusammenballung eine individuelle Ausnahmesituation in der Progressionsbelastung. Das gelte auch dann, wenn der Steuerpflichtige nur eine geringfügige Teilleistung erhalten habe und die ganz überwiegende Hauptentschädigungsleistung in einem Betrag ausgezahlt werde. Eine starre Prozentgrenze könne nicht die gesetzlich geforderte Prüfung der Außerordentlichkeit im Einzelfall ersetzen. Bezogen auf den Streitfall seien zunächst steuerfreie Beträge mangels Progressionsauswirkung außer Acht zu lassen. Darüber hinaus bewirke die Teilleistung von 2.800 EUR im Hinblick auf die anderen Beträge keine relevante Progressionsverschiebung im Jahr 2005, die geeignet wäre, die Ausnahmesituation der Progressionsbelastung im Streitjahr 2006 zu beeinflussen.

Konsequenz

Dem positiven Urteil ging bereits eine Entscheidung aus dem Jahr 2009 mit gleichem Ausgang voran, die erst in diesem Jahr veröffentlicht wurde. Die Beträge waren noch eindeutiger, denn die Teilleistung betrug genau 1.000 EUR (von insgesamt 77.257 EUR).

Abzug von Reisekosten bei Sprachkurs im Ausland

Abzug von Reisekosten bei Sprachkurs im Ausland

Kernproblem

Der EDV-Berater in Las Vegas, der Sportmediziner am Gardasee, die Englischlehrerin in Dublin: Was haben alle diese Fälle gemeinsam? Sie hätten früher vor den Finanzgerichten bei dem Versuch, die Reisekosten für Sprachkurse auch nur anteilig steuerlich geltend zu machen, keine Chance gehabt. Grund war das aus dem Einkommensteuergesetz hergeleitete Aufteilungsverbot gemischt veranlasster Aufwendungen. Im letzten Jahr hat der Bundesfinanzhof (BFH) seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben und gelangt jetzt zu einem Aufteilungsgebot. Wonach gesucht werden muss, ist ein Aufteilungsmaßstab; und das ist nicht einfach.

Sachverhalt

Die o. g. Aufzählung wird ergänzt durch den Bundeswehroffizier in Südafrika. Der Zugführer gab an, englische Sprachkenntnisse für den Einsatz in multilateralen Stäben der Bundeswehr zu benötigen. Was liegt da näher, als ein 3-wöchiger Sprachkurs in Südafrika? „Vieles“, dachte sich das Finanzamt und verwies den Vortrag des Offiziers in das Reich der Fabeln, obwohl nur am Wochenende Zeit für Ausflüge blieb. Zunächst erkannte das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg fast 2/3 der Gesamtkosten an, u. a. für Flug, Kursgebühren und Verpflegungsmehraufwand. Nach der Revision des Finanzamts wurde der Fall an das FG zurückverwiesen. Jetzt war man anderer Meinung und erkannte angesichts mehrerer Ungereimtheiten gar nicht mehr an. So ging es wieder zum BFH; der gibt den Ball jetzt ein 2. Mal zurück.

Entscheidung

Der VI. Senat des BFH stellt die Grundsätze zunächst wie folgt dar: Die Fortbildungskosten sind uneingeschränkt abziehbar, wenn die Reise ausschließlich oder nahezu ausschließlich der beruflichen Sphäre zuzuordnen ist. Bei privater Mitveranlassung ist nach dem Verhältnis der beruflichen und privaten Zeitanteile aufzuteilen, wenn die Veranlassungsbeiträge zeitlich nacheinander liegen. Werden diese gleichzeitig – wie im Streitfall – verwirklicht, kann ein anderer Maßstab in Betracht kommen. Dabei verkennt der BFH die private Mitveranlassung eines Sprachkurses im Ausland nicht. Auf der anderen Seite sei aber zu berücksichtigen, dass eine Sprache im Ausland leichter zu erlernen sei, wenn sie dort (ggf. neben anderen Sprachen) auch gesprochen werde. Es dürfe nicht allein darauf abgestellt werden, dass der Kursbesuch im Inland den gleichen Erfolg haben könnte oder niedrigere Kosten verursache.

Konsequenz

Der BFH gibt am Ende einen Hinweis, der von praktischer Bedeutung sein kann: Sollte keiner der Beteiligten einen anderen Aufteilungsmaßstab nachweisen, so bestehen keine Bedenken, von einer hälftigen Aufteilung sämtlicher mit der Reise verbundenen Kosten auszugehen. Zumindest zeigt auch dieser Fall, dass die Zeiten vorbei sein dürften, in denen ein Finanzamt (wie bereits einmal erlebt) im Zeitalter des Aufteilungsverbots die Kosten für einen im Winter abgehaltenen Ärztekongress im Skiort Davos trotz Körperbehinderung mit dem Hinweis abschmettert, „allein der Blick auf die Berge reiche aus“.

Wirksame Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch Übergabe des Kündigungsschreibens an Ehegatten

Wirksame Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch Übergabe des Kündigungsschreibens an Ehegatten

Kernaussage

Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses wird als Willenserklärung unter Abwesenden erst wirksam, wenn sie dem Kündigungsgegner zugegangen ist (§ 130 Abs. 1 BGB). Der Kündigende trägt das Risiko der Übermittlung und des Zugangs der Kündigungserklärung. Eine Kündigung ist dann zugegangen, wenn sie so in den Machtbereich des Arbeitnehmers gelangt, dass dieser unter gewöhnlichen Umständen von ihrem Inhalt Kenntnis nehmen kann. Das Bundesarbeitsgericht entschied nun, dass ein Zugang auch dann anzunehmen ist, wenn die Kündigung an den Ehegatten außerhalb der Wohnung übergeben wird.

Sachverhalt

Die Klägerin war bei der Beklagten seit 2003 als Assistentin der Geschäftsleitung beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung. Nach einem Konflikt verließ die Klägerin Ende Januar 2008 ihren Arbeitsplatz. Mit einem Schreiben vom selben Tag kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 29.2.2008. Das Kündigungsschreiben ließ sie durch einen Boten dem Ehemann der Klägerin überbringen, dem das Schreiben am Nachmittag des 31.1.2008 an seinem Arbeitsplatz in einem Baumarkt übergeben wurde. Der Ehemann der Klägerin ließ das Schreiben zunächst an seinem Arbeitsplatz liegen und reichte es erst am 1.2.2008 an die Klägerin weiter. Mit ihrer Klage wollte die Klägerin festgestellt wissen, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht mit dem 29.2.2008, sondern erst nach Ablauf der Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende mit dem 31.3.2008 beendet worden ist. Die Klage blieb erfolglos.

Entscheidung

Da das Kündigungsschreiben der Beklagten vom 31.1.2008 der Klägerin noch am selben Tag zugegangen ist, ist das Arbeitsverhältnis der Parteien nach Ablauf der Kündigungsfrist von einem Monat zum 29.2.2008 beendet worden. Der Ehemann der Klägerin war bei der Übergabe des Kündigungsschreibens am Nachmittag des 31.1.2008 Empfangsbote. Dem steht nicht entgegen, dass ihm das Schreiben an seinem Arbeitsplatz und damit außerhalb der Wohnung übergeben wurde. Entscheidend ist, dass unter normalen Umständen nach der Rückkehr des Ehemanns in die gemeinsame Wohnung mit einer Weiterleitung des Kündigungsschreibens an die Klägerin noch am 31.1.2008 zu rechnen war.

Konsequenz

Wird ein Kündigungsschreiben einer Person übergeben, die mit dem Arbeitnehmer in einer Wohnung lebt und die aufgrund ihrer Reife und Fähigkeiten geeignet erscheint, das Schreiben an den Arbeitnehmer weiterzuleiten, ist diese als Empfangsperson des Arbeitnehmers anzusehen. Dies ist in der Regel bei Ehegatten der Fall. Die Kündigungserklärung des Arbeitgebers geht dem Arbeitnehmer allerdings nicht bereits mit der Übermittlung an den Empfangsboten zu, sondern erst dann, wenn mit der Weitergabe der Erklärung unter gewöhnlichen Verhältnissen zu rechnen ist.