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Zivilprozesskosten neuerdings als außergewöhnliche Belastungen abziehbar

Zivilprozesskosten neuerdings als außergewöhnliche Belastungen abziehbar

Rechtslage

Die Kosten eines Zivilprozesses waren bisher in der Regel nicht als außergewöhnliche Belastungen bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens in Abzug zu bringen. Lediglich bei Rechtsstreiten mit existenzieller Bedeutung für den Steuerpflichtigen wurden Ausnahmen anerkannt. Unter Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung können Zivilprozesskosten nunmehr unabhängig vom Gegenstand des Rechtsstreits als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, wenn die Prozessführung nicht als mutwillig erscheint und hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.

Sachverhalt

Die Klägerin war im Jahr 2004 arbeitsunfähig erkrankt und hatte von ihrer Krankenversicherung das vertraglich vereinbarte Krankentagegeld erhalten. Im Jahr 2005 wurde festgestellt, dass zwischenzeitlich auch Berufsunfähigkeit der Klägerin eingetreten war. Die Krankenversicherung stellte daraufhin ihre Zahlungen des Krankengeldes mit der Begründung ein, dass die Leistungspflicht 3 Monate nach Beginn der Berufsunfähigkeit ende. Die Klägerin vertrat eine andere Auffassung und erhob erfolglos Klage auf Fortzahlung des Krankengeldes. Die Kosten des verlorenen Zivilprozesses in Höhe von rund 10.000 EUR machte die Klägerin in ihrer Einkommensteuererklärung als außergewöhnliche Belastung geltend. Das beklagte Finanzamt berücksichtigte diese Kosten nicht. Das Finanzgericht gab dem Finanzamt unter Bezugnahme auf die bisherige Rechtsprechung Recht.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hob das Urteil auf und verwies den Rechtstreit wegen geänderter Rechtsauffassung zurück. Die Kosten eines Zivilprozesses wurden bislang nicht als „zwangsläufige größere Aufwendung“ im Sinne der einkommensteuerlichen Vorschrift über außergewöhnliche Belastungen beurteilt, denn der Streit unterlag grundsätzlich der Disposition der Parteien. Vor dem Hintergrund des Rechtsstaatsprinzips rückt die Rechtsprechung nunmehr hiervon ab. Zivilprozesskosten erwachsen Kläger wie Beklagtem unabhängig vom Gegenstand des Rechtsstreits aus rechtlichen Gründen zwangsläufig. Sie sind als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen, wenn sich der Steuerpflichtige nicht mutwillig oder leichtfertig auf den Prozess eingelassen hat und dieser hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Das Finanzgericht hat nunmehr zu entscheiden, ob die damalige Klage hinreichende Erfolgsaussichten hatte.

Konsequenz

Das Regel-Ausnahmeverhältnis wurde durch diese erfreuliche Rechtsprechungsänderung umgekehrt. Erscheint der Erfolg eines Zivilprozesses ebenso wahrscheinlich wie ein Misserfolg, sind die Kosten als außergewöhnliche Belastungen nunmehr stets in der Einkommensteuererklärung in Ansatz zu bringen. Dies dürfte zumindest im Fall der anwaltlichen Vertretung die Regel sein.

Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände für Verjährungsbeginn

Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände für Verjährungsbeginn

Rechtslage

Grundsätzlich beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren mit Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen konnte (§ 199 Abs. 1 BGB). Ohne Rücksicht auf die Entstehung der Ansprüche und die Kenntnis davon, gibt es jedoch absolute Höchstfristen. Die für den Verjährungsbeginn erforderliche Kenntnis wird juristischen Personen des Privatrechts grundsätzlich durch ihre vertretungsberechtigten Personen vermittelt. Ist der Geschäftsführer einer GmbH selbst Schuldner, kann die GmbH die Kenntnis nicht durch den Geschäftsführer erlangen.

Sachverhalt

Der Beklagte war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH. In der Bilanz zum 31.12.2000 sind Ansprüche gegen den Beklagten in Höhe von 55,66 Mio. DM ausgewiesen. Diese wurde im September 2001 festgestellt. Die Klägerin führte in den Jahren 1994 und 1995 Bauleistungen im Auftrag der GmbH aus. Wegen einer Rest-Werklohnforderung erwirkte sie gegen die GmbH ein Urteil auf Zahlung von rund 343.000 EUR. Nachdem ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH mangels Masse abgewiesen wurde, pfändete die Klägerin aufgrund des Titels die Ansprüche der GmbH gegen den Beklagten. Nachdem dieser nicht zahlte, erhob die Klägerin im Juni 2005 Zahlungsklage. Das Oberlandesgericht (OLG) gab der Klage nur teilweise statt, da die Forderung mit Ablauf des 31.12.2004 insoweit verjährt sei.

Entscheidung

Die Klägerin hatte vor dem Bundesgerichtshof (BGH) Erfolg. Der Bilanzfeststellung kommt die Wirkung eines zivilrechtlich verbindlichen Schuldanerkenntnisses für die darin ausgewiesenen Forderungen gegen den Gesellschafter zu. Der Anspruch aus dem Schuldversprechen war nicht verjährt. Zwar war der Anspruch mit der Feststellung der Bilanz fällig. Die für den Verjährungsbeginn erforderliche Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen kann der Gesellschaft jedoch nicht durch ihren Geschäftsführer verschafft werden, wenn dieser selbst Schuldner ist. Es kann nämlich nicht von dem Schuldner erwartet werden, dass er für die Geltendmachung der Ansprüche gegen sich selbst Sorge trägt. Hinzu kommt, dass ein alleiniger Geschäftsführer gegen sich selbst zur Hemmung der Verjährung keine Maßnahmen der Rechtsverfolgung ergreifen kann (§ 204 Abs. 1 BGB). Eine mögliche Zurechnung der Kenntnis des zur Anspruchsverfolgung berufenen Gesellschafters scheidet aus den gleichen Gründen aus.

Konsequenz

Mit der Feststellung wird die Bilanz jedenfalls im Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter für verbindlich erklärt. Ist der alleinige Gesellschafter und alleinige Geschäftsführer der GmbH Schuldner, verjähren die Ansprüche aus dem Schuldanerkenntnis erst nach 10 Jahren. Die Kenntnis kann nur durch einen weiteren Geschäftsführer vermittelt werden.

Haftung aller GmbH-GF trotz Ressortverteilung?

Haftung aller GmbH-GF trotz Ressortverteilung?

Rechtslage

In der Praxis werden die Aufgaben des Geschäftsführers häufig zwischen mehreren Geschäftsführern verteilt. Diese interne Aufgabenverteilung entlässt die Geschäftsführer jedoch nicht aus ihrer Gesamtverantwortung. Vielmehr wandelt sich die Handlungsverantwortung zu einer Überwachungs- und Informationspflicht.

Sachverhalt

Der Antragsteller war Gesellschafter einer GmbH und als deren Geschäftsführer ausschließlich für die technischen Belange zuständig. Die kaufmännischen Angelegenheiten wurden von einem weiteren Gesellschafter erledigt. Nachdem die GmbH Steuerrückstände nicht entrichtet hatte und Vollstreckungsmaßnahmen gegen diese erfolglos blieben, nahm das beklagte Finanzamt den Geschäftsführer in Haftung, weil dieser seine Pflicht zur Entrichtung der festgesetzten Steuern als gesetzlicher Vertreter der GmbH nicht erfüllt hat (§§ 69 S. 1 AO). Dieser Haftungsbescheid ist Gegenstand des Rechtsstreites.

Entscheidung

Das Finanzgericht gab der Argumentation des Finanzamtes recht. Der Geschäftsführer haftet wegen einer Verletzung seiner Steuerentrichtungspflichten. Eine Entlastung aufgrund der Geschäftsverteilung unter den Gesellschaftern aufgrund der vom Bundesfinanzhof (BFH) entwickelten Grundsätze für die Haftungsbegrenzung unter Geschäftsführern kommt nicht in Betracht. Auch bei einer internen Aufgabenverteilung hat sich der Geschäftsführer fortlaufend über den Geschäftsgang zu unterrichten, so dass ihm Unregelmäßigkeiten nicht über einen längeren Zeitraum verborgen bleiben können. Besteht Anlass zu Zweifeln, muss der Geschäftsführer entsprechende Überwachungsmaßnahmen ergreifen. Ein Geschäftsführer, der sich nicht durchsetzen kann und sich an der Wahrnehmung seiner Überwachungspflichten gehindert sieht, muss zur Vermeidung haftungsrechtlicher Konsequenzen sein Amt niederlegen.

Konsequenz

Zur Haftungsvermeidung bei einer internen Aufgabenverteilung sind nach ständiger Rechtssprechung rechtliche Mindestanforderungen zu erfüllen. Es empfiehlt sich, die Aufgabenverteilung stets schriftlich z. B. in Form einer Geschäftsordnung oder eines Geschäftsverteilungsplans abzufassen. Ferner sollte dokumentiert werden, dass eine wechselseitige Unterrichtung und erfolgte. Schließlich sollten nachweisbare Kontrollmechanismen zur gegenseitigen Überprüfung der Geschäftsführer errichtet werden.

Ein nur aus Ziffern bestehendes Zeichen kann Gemeinschaftsmarke sein

Ein nur aus Ziffern bestehendes Zeichen kann Gemeinschaftsmarke sein

Kernaussage

Laut EG-Verordnung über die Gemeinschaftsmarken können solche Marken alle Zeichen sein, die sich grafisch darstellen lassen, insbesondere Wörter einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen und die Form oder Aufmachung der Ware, soweit solche Zeichen geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte sich nunmehr damit zu befassen, ob auch ein ausschließlich aus Ziffern bestehendes Zeichen als Gemeinschaftsmarke eintragungsfähig ist.

Sachverhalt

Ein polnischer Herausgeber von Rätsel- und Spielezeitschriften meldete 2005 beim Amt für Gemeinschaftsmarken (HABM) das Zeichen „1000“ als Gemeinschaftsmarke an. Das Amt wies die Anmeldung zurück und stützte dies darauf, dass das Zeichen den Inhalt der Veröffentlichungen des Herausgebers bezeichne und außerdem nicht unterscheidungskräftig sei. Es werde vom Verbraucher als Anpreisung der Veröffentlichung erkannt und nicht als Herkunftsbezeichnung. Die hiergegen gerichtete Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.

Entscheidung

Die Zurückweisung der Anmeldung des Zeichens „1000“ als Gemeinschaftsmarke war zu Recht erfolgt. Die einschlägige EG-Verordnung bezweckt folgende Sicherstellung: Zeichen, die Warenmerkmale oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, beschreiben, sollen von allen – diese Waren anbietenden – Wirtschaftsteilnehmern frei verwendet werden können. Hier war das allein aus Ziffern bestehende Zeichen mangels Unterscheidungskraft zurückgewiesen worden, weil es eine Menge bezeichnete und diese Bezeichnung in den Augen der beteiligten Verkehrskreise ein Charakteristikum der Waren darstellte, für die die Eintragung beantragt wurde. Nach Ansicht des EuGH bezog sich die streitige Anmeldung auf eine Warenkategorie, deren Inhalt typischerweise durch die Menge ihrer Bestandteile bezeichnet wird. Deshalb war vernünftigerweise davon auszugehen, dass das aus Ziffern bestehende Zeichen von den beteiligten Verkehrskreisen als Mengenbeschreibung erkannt und somit als Merkmal der betreffenden Ware identifiziert werde.

Konsequenz

Das Zeichen „1000“ konnte vom angesprochenen Publikum sofort als Beschreibung der Warenmerkmale, d. h. der Menge der Seiten und Werke, Angaben und Spiele in einer Sammlung verstanden werden. Ein solch beschreibendes Zeichen besitzt im Allgemeinen nicht die erforderliche Unterscheidungskraft in Bezug auf die vertriebenen Waren und Dienstleistungen.

„Zuvor-Beschäftigung“ kein Hindernis für sachgrundlose Befristung

„Zuvor-Beschäftigung“ kein Hindernis für sachgrundlose Befristung

Rechtslage

Die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverhältnissen ist maximal bis zu einer Dauer von 2 Jahren (bei Unternehmensneugründungen 4 Jahren) zulässig. Sie ist aber ausgeschlossen, wenn mit demselben Arbeitgeber zuvor bereits ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Das Bundesarbeitsgericht hatte nun über die Parameter einer „Zuvor-Beschäftigung“ zu entscheiden.

Sachverhalt

Die Klägerin war beim beklagten Arbeitgeber aufgrund eines befristeten Arbeitsvertrags für 2 Jahre angestellt worden, hatte jedoch in ihrem Studium (vor mehr als 5 Jahren) bereits für diesen Arbeitgeber gearbeitet. Mit ihrer Klage wollte sie die Feststellung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses erreichen, unterlag jedoch schließlich vor dem Bundesarbeitsgericht.

Entscheidung

Ziel der gesetzlichen Regelung, nach der sachgrundlose Befristungen nur dann zulässig sind, wenn zuvor kein Arbeitsverhältnis bestanden habe, ist es nach Ansicht der Richter, die sachgrundlose Kettenbefristung von Arbeitsverhältnissen zu verhindern. Dieser Zweck sei in der Regel dann erreicht, wenn eine ausreichend lange Zeit zwischen einer „Zuvor-Beschäftigung“ und einer dann erfolgenden Befristung liege. Maßgebliches Kriterium zur Bestimmung des ausreichend langen Zeitraums sei die gesetzliche Regelverjährung von 3 Jahren.

Konsequenz

Die bisherige strenge Rechtsprechung zur „Zuvor-Beschäftigung“ ist aufgeweicht. Gleichzeitig hat das Bundesarbeitsgericht einen klaren Beurteilungsmaßstab gesetzt. Sind seit der „Zuvor-Beschäftigung“ 3 Jahre vergangen, ist eine sachgrundlose Befristung zulässig.

Übergang des Arbeitsverhältnisses auf Betriebserwerber

Übergang des Arbeitsverhältnisses auf Betriebserwerber

Rechtslage

Geht ein Betrieb auf einen neuen Arbeitgeber über, finden auf die Arbeitsverhältnisse die gesetzlichen Regelungen zum Betriebsübergang Anwendung; unter anderem: zumindest zeitweise Garantie gleicher Arbeitsbedingungen, Information, Widerspruchsrecht. Das Bundesarbeitsgericht hatte nun zu den Voraussetzungen zu entscheiden, unter denen die gesetzlichen Regelungen über den Betriebsübergang auch beim Übergang nur eines Teilbetriebes bzw. Betriebsteils auf einen neuen Arbeitgeber Anwendung finden.

Sachverhalt

Der Kläger war bei einem Unternehmen beschäftigt, das von 2 anderen Unternehmen gegründet worden war, die 2 ähnliche aber doch voneinander abgrenzbare Tätigkeitsbereiche hatten. So unterhielt der Arbeitgeber 2 selbstständige technische Abteilungen, aber eine gemeinsame Verwaltung und kaufmännische Abteilung. Durch Rechtsgeschäft wurde der Arbeitgeber schließlich wieder in seine beiden Betriebsbereiche aufgespalten, die wiederum von den Gründungsunternehmen fortgeführt wurden. Dabei wurden die technischen Arbeitnehmer durch das jeweilige Gründungsunternehmen übernommen. Aus der Verwaltung wurden jedoch nur einzelne Arbeitnehmer übernommen. Der nicht übernommene Kläger machte geltend, auch sein Arbeitsverhältnis sei auf ein Gründungsunternehmen übergegangen, weil er für dessen Sparte zu 80 % beim Arbeitgeber gearbeitet habe, unterlag aber zuletzt vor dem Bundesarbeitsgericht.

Entscheidung

Die Richter entschieden, dass es einen selbstständigen Betriebsteil „Kaufmännische Verwaltung“ beim Arbeitgeber nicht als übertragbare Einheit gegeben habe. Dieser habe organisatorisch nur die beiden technischen Abteilungen getrennt. Damit liege kein Betriebsteil oder Teilbetrieb vor, der von einem der Gründungsunternehmen hätte übernommen werden können.

Konsequenz

Das Urteil lässt die grundsätzliche Anwendbarkeit der Betriebsübergangsregelungen auf Teilbetriebe bzw. Betriebsteile unberührt, stellt aber klar, dass deren Anwendung nur dann in Frage kommt, wenn die übergehenden Elemente schon beim Veräußerer eine Einheit dargestellt haben und diese identitätswahrend fortgeführt wird. Zum Übergang eines Arbeitsverhältnis ist dann eine eindeutige Zuordnung zur übergehenden Einheit erforderlich.

Eine nach Altersstufen gestaffelte Sozialplan-Abfindung ist EU-Rechts konform

Eine nach Altersstufen gestaffelte Sozialplan-Abfindung ist EU-Rechts konform

Rechtslage

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und europarechtliche Richtlinien verbieten eine diskriminierende Behandlung von Arbeitnehmern unter anderen wegen des Alters und insbesondere im Arbeitsrecht. Nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung ist es aus Diskriminierungsgesichtspunkten zulässig, bei Kündigungen sogenannte Altersgruppen zu bilden. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte nunmehr darüber zu befinden, ob eine nach Altersstufen gestaffelte Sozialplan-Abfindung eine diskriminierende Maßnahme darstellt oder nicht.

Sachverhalt

Im Rahmen einer Umstrukturierung wurde zwischen dem beklagten Arbeitgeber und dem bei ihm gebildeten Betriebsrat eine Sozialplanabfindung ausgehandelt, deren Höhe sich nach Altersstufen staffelte (erst ab dem 40. Lebensjahr wurde eine 100 % Abfindung gezahlt). Hiergegen klagte eine – bei ihrer Kündigung 38-jährige – Arbeitnehmerin, die nur 90 % des aus ihrer Betriebszugehörigkeit und ihres Bruttomonatsverdienstes errechneten Abfindungsbetrags erhalten sollte. Sie unterlag schließlich vor dem Bundesarbeitsgericht.

Entscheidung

Das Gericht sah die dem Grunde nach diskriminierende, alleine altersabhängige, Ungleichbehandlung der Arbeitnehmer aus sachlichem Grund als gerechtfertigt an. Die Bildung von Altersstufen sei gerechtfertigt, weil ältere Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt tendenziell schlechtere Erfolgsaussichten hätten. Die konkrete Ausgestaltung der Altersstufen müsse dabei lediglich verhältnismäßig sein und die berechtigten Belange der benachteiligten Arbeitnehmer ausreichend berücksichtigen. Dies sei im konkreten Fall deshalb berücksichtigt, weil die prozentualen Abschläge in den benachteiligten Altersgruppen mit jeweils 10 % gering ausgefallen seien.

Konsequenz

Die Entscheidung überrascht nicht; sie folgt der Rechtsprechung zur Altersgruppenbildung bei Kündigungen. Besonderes Augenmerk ist allerdings auf die Bildung der Altersgruppen zu richten.

Hierarchieabbau rechtfertigt keine betriebsbedingte Kündigung

Hierarchieabbau rechtfertigt keine betriebsbedingte Kündigung

Rechtslage

Grundsätzlich sind unternehmerische Entscheidungen, die zum Wegfall eines Arbeitsplatzes und damit zu einer betriebsbedingten Kündigung eines Arbeitnehmers führen, im arbeitsgerichtlichen Verfahren nur begrenzt überprüfbar. Insbesondere darf die unternehmerische Entscheidung nicht unsachlich, unvernünftig oder willkürlich sein. Soweit dies nicht der Fall ist, ist die betriebsbedingte Kündigung wirksam; eine weitergehende Prüfung erfolgt nicht. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einer jüngeren Entscheidung die Prüfungskriterien für den Fall angehoben, dass die unternehmerische Entscheidung in der Rationalisierung einer Hierarchieebene im Unternehmen besteht.

Sachverhalt

Der Kläger war beim beklagten Arbeitgeber in leitender Position beschäftigt. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis betriebsbedingte mit der Begründung, dass die Stelle des Klägers unter anderem wegen schlechter wirtschaftlicher Ergebnisse ersatzlos gestrichen werde. Die bisher dem Kläger zugewiesenen Aufgaben würden zukünftig auf die hierarchisch nachfolgende Ebene verteilt. Mit seiner Kündigungsschutzklage obsiegte der Kläger.

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht urteilte, dass unternehmerische Entscheidungen des Arbeitsgebers, die zur Kündigung führen, im Rahmen einer Kündigungsschutzklage zwar nur daraufhin überprüfbar seien, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich sind. Etwas anderes gelte aber dann, wenn unternehmerische Entscheidung und Kündigungsentschluss quasi deckungsgleich seien. Sei dies der Fall, müsse der Arbeitgeber darlegen, ob für den Arbeitnehmer nicht andere Einsatzmöglichkeiten bestünden, oder ob der Beschäftigungsbedarf tatsächlich entfallen sei. Im konkreten Fall war dies deshalb zweifelhaft, weil die Arbeitnehmer der nachgelagerten Hierarchieebene voll ausgelastet waren.

Konsequenz

Das Bundesarbeitsgericht verschärft jedenfalls für eine bestimmte unternehmerische Entscheidung die Kriterien für die Zulässigkeit einer betriebsbedingten Kündigung. Läuft die unternehmerische Entscheidung letztlich auf den Abbau einer Hierarchieebene, verbunden mit einer Umverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben hinaus, gelten erhöhte Begründungsmaßstäbe.

Verpflichtung zur Einrichtung einer Sammelkennung für Betriebsrats-PC

Verpflichtung zur Einrichtung einer Sammelkennung für Betriebsrats-PC

Rechtslage

Das „Hineinregieren“ des Arbeitgebers in die Selbstbestimmung des Betriebsrates ist regelmäßiger Streitpunkt. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatte nunmehr aus Anlass der Frage, ob sich Betriebsratsmitglieder individualisiert in einen Betriebsrats-PC einwählen müssen oder nicht, über das Spannungsfeld zwischen Selbstbestimmung des Betriebsrates und Datenschutz zu entscheiden.

Sachverhalt

Arbeitgeber und Betriebsrat stritten darüber, ob die im Unternehmen geltenden Datenschutz-Bestimmungen auch für die Arbeit mit und am Computer des Betriebsrats gelten. Konkret verlangte der Betriebsrat für die Anmeldung zum Betriebsrats-PC eine Sammelkennung. Dies begründete er mit der Befürchtung, dass bei einer individuellen Kennung das Nutzungsverhalten der einzelnen Betriebsratsmitglieder vom Arbeitgeber überwacht würde. Der Arbeitgeber verwies auf eine Betriebsvereinbarung, die eine individuelle Anmeldung vorschreibe. Der Betriebsrat verarbeite zudem auf seinem Personalcomputer personenbezogene Daten; ein Gruppenaccount sei deshalb datenschutzrechtlich unzulässig. Mit seinem Antrag verlangte der Betriebsrat eine Sammelkennung und obsiegte (zunächst) im Beschwerdeverfahren.

Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht entschied, der Betriebsrat bestimme allein, wie sein Personalcomputer konfiguriert werde und in welcher Weise sich Benutzer anzumelden haben. Auch die Betriebsvereinbarung zum Datenschutz stehe diesem Grundsatz nicht entgegen. Denn die datenschutzrechtlichen Bestimmungen des Betriebs gelten aufgrund des Eigenorganisationsrechts des Betriebsrates für die Arbeit am Betriebsrats-PC nur, soweit der Betriebsrat diese für sachgerecht erachte. Auch datenschutzrechtlich gelte nichts anderes, weil das Betriebsverfassungsrecht (als spezielleres Recht vor dem Datenschutzgesetz) Vorschriften über den Umgang mit personenbezogenen Daten enthalte.

Konsequenz

Die Entscheidung überzeugt angesichts der datenschutzrechtlichen Implikationen nicht. Angesichts dessen hat das Landesarbeitsgericht den Gang zum Bundesarbeitsgericht auch ausdrücklich zugelassen. Hier wird eine Abwägung zwischen Eigenorganisationsrecht des Betriebsrates und Datenschutz erfolgen müssen.

Bindung an Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen

Bindung an Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen

Rechtslage

Arbeitgeber und Arbeitnehmer können grundsätzlich den Verzicht auf Kündigungen vereinbaren. Ein Kündigungsverzicht wird seitens des Arbeitgebers regelmäßig dann erklärt, wenn die Arbeitnehmer im Gegenzug auf Leistungen des Arbeitgebers (z. B. Weihnachts- oder Urlaubsgeld) verzichten. Das Arbeitsgericht Duisburg hatte nunmehr über die Wirkung eines vereinbarten Kündigungsverzichts zu entscheiden, wobei die ausgesprochenen Kündigungen unter anderem zur Abwendung einer Insolvenz des Unternehmens und unter erheblichem Druck der kreditgewährenden Banken erfolgten.

Sachverhalt

Der beklagte Arbeitgeber hatte eine Vereinbarung geschlossen, wonach ordentliche betriebsbedingte Kündigungen als Gegenleistung für einen Verzicht auf Weihnachtsgeld bis zum 31.12.2011 ausgeschlossen sind. Dennoch kündigte er im Januar 2011 mehr als 100 Arbeitnehmern außerordentlich. Zur Begründung machte er geltend, dass die Kündigungen erforderlich gewesen seien, um eine drohende Insolvenz abzuwenden. Die von 3 gekündigten Arbeitnehmern erhobenen Kündigungsschutzklagen hatten Erfolg.

Entscheidung

Nach Ansicht der Richter steht der Wirksamkeit der Kündigungen der vereinbarte Kündigungsverzicht entgegen. Der Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass die Kündigungen zur Insolvenz-Abwendung erforderlich gewesen seien; insbesondere sei es dem Arbeitgeber zumutbar gewesen, den Schutzzeitraum abzuwarten. Zudem sei der Verzicht in Kenntnis der schwierigen finanziellen Situation vereinbart worden. Etwas anderes ergebe sich auch nicht dadurch, dass ein Dritter – hier die Hausbank – Druck auf den Arbeitgeber ausgeübt habe. Die Zulässigkeit der Kündigung bemesse sich nicht nach externen Faktoren, auch wenn diese eine Sanierung des Unternehmens ermöglichen sollen.

Konsequenz

Auch wenn die Entscheidung insbesondere angesichts der Insolvenzgefahr hart anmutet, ist sie dem Grunde nach zutreffend, denn der vereinbarte Kündigungsverzicht hat vertragliche Wirkung. Alternativ hätte dem Arbeitgeber die Möglichkeit zur Verfügung gestanden, mit einzelnen Arbeitnehmern Aufhebungsverträge zu schließen.