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Klage gegen Nullbescheid kann auch bei Aberkennung der Gemeinnützigkeit unzulässig sein

Eine Klage gegen einen auf 0,- Euro lautenden Körperschaftsteuerbescheid ist nicht allein deshalb zulässig, weil im Begründungsteil ausgeführt wird, die Körperschaft sei nicht gemeinnützig. Dies hat der 9. Senat des Finanzgerichts Münster mit Urteil vom 23. September 2014 (Az. 9 K 2451/10 K) entschieden.

Die Klägerin ist eine Hochschule und als solche eine juristische Person des öffentlichen Rechts. Sie unterhält einen Betrieb gewerblicher Art, der der Auftragsforschung nachgeht. Das Finanzamt gelangte nach einer Außenprüfung zu dem Ergebnis, dass dieser Betrieb die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit nicht erfülle. Mangels Jahresüberschusses erließ es Körperschaftsteuerbescheide über 0,- Euro und führte im Begründungsteil aus, dass die Körperschaft nicht gemeinnützig sei. Die Klägerin ist demgegenüber der Auffassung, dass sie mit dem Bereich der Auftragsforschung gemeinnützig und daher von der Körperschaftsteuer befreit sei.

Der Senat wies die Klage als unzulässig ab, weil die Klägerin durch die Körperschaftsteuerfestsetzungen auf 0,- Euro nicht beschwert sei. Eine Klagebefugnis ergebe sich auch nicht daraus, dass die Bescheide einen über die bloße Steuerfestsetzung hinausgehenden Regelungsgehalt enthielten. Die möglicherweise unzutreffende Beurteilung der Gemeinnützigkeit könne im Streitfall nicht zu einer Rechtsverletzung der Klägerin führen.

Die Anerkennung der Gemeinnützigkeit könne sich zwar auf die Befugnis auswirken, Spendenbescheinigungen auszustellen. Hierzu sei die Klägerin als Hochschule jedoch ohnehin berechtigt. Überdies habe sie nicht hinreichend dargelegt, für den Bereich der Auftragsforschung überhaupt Spenden erhalten oder eingeworben zu haben.

Im Übrigen seien die Körperschaftsteuerbescheide im Hinblick auf die Entscheidung über die Gemeinnützigkeit nicht bindend für andere Steuerarten (z. B. für die Umsatzsteuer). Eine Vorprägung für Folgejahre bestehe ebenfalls nicht, weil die Beurteilung der Gemeinnützigkeit von der Art der dann durchgeführten Projekte abhängen werde. Ein bloß abstraktes Klärungsbedürfnis bezüglich der Frage der Steuerbefreiung sei für eine Beschwer nicht ausreichend.

Der Senat hat die Revision zugelassen, weil er von Entscheidungen des Bundesfinanzhofs abgewichen ist. Diese ist dort unter dem Aktenzeichen I R 6/15 anhängig.

Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 17.02.2015 zum Urteil 9 K 2451/10 K vom 23.09.2014, Newsletter 2/2015

Besteuerungsrecht für Dividendenerträge einer niederländischen Tochtergesellschaft

Der 13. Senat des Finanzgerichts Münter hat mit Urteil vom 15. Dezember 2014 (Az. 13 K 624/11 F) entschieden, dass das Besteuerungsrecht für Dividendenerträge, die eine niederländische Tochtergesellschaft erzielt, jedenfalls dann der Bundesrepublik Deutschland zusteht, wenn die Dividenden nicht in einem funktionalen Zusammenhang mit der Tochtergesellschaft stehen.

Die Klägerin, eine Kommanditgesellschaft, ist Organträgerin einer GmbH, die nahezu alle Gesellschaftsanteile einer niederländischen Personengesellschaft (C.V.) hält. Die C.V. ist ihrerseits alleinige Gesellschafterin einer ebenfalls in den Niederlanden ansässigen Kapitalgesellschaft (B.V.). Das Finanzamt unterwarf den auf die Klägerin entfallenden Gewinnanteil der C.V. lediglich dem Progressionsvorbehalt, nahm aber die Dividende der B.V. hiervon aus. Diese sei nicht der als Betriebsstätte zu behandelnden C.V. zuzuordnen, da der funktionale Zusammenhang fehle. Die C.V. habe keine geschäftsleitenden Holdingfunktionen für die B.V. übernommen.

Die Klägerin vertrat demgegenüber die Auffassung, dass nach dem zwischen Deutschland und den Niederlanden geschlossenen DBA allein den Niederlanden das Besteuerungsrecht für die Dividende zustehe. Der funktionale Zusammenhang folge daraus, dass die B.V. für das Betriebsergebnis der C.V. eine wesentliche Bedeutung habe. Außerdem habe die C.V. als Holding Dienstleistungen für die B.V. erbracht und Führungsentscheidungen für sie getroffen.

Dem folgte das Gericht nicht und wies die Klage ab. Die Dividende sei nicht von der inländischen Besteuerung auszunehmen, da insoweit die Voraussetzungen des sog. Betriebsstättenvorbehalts (Art. 13 Abs. 5 DBA) nicht erfüllt seien. Die C.V. sei zwar abkommensrechtlich als Betriebsstätte der Klägerin anzusehen, jedoch habe die Klägerin die Dividende nicht „durch die Betriebsstätte“ erzielt.

Dabei ließ der Senat die Frage offen, ob eine Dividende dann einer Betriebsstätte zugeordnet werden kann, wenn sie in einem funktionalen Zusammenhang mit der dort ausgeübten unmittelbaren unternehmerischen Tätigkeit steht oder ob die funktionale Zuordnung einer nachgeordneten Beteiligungsgesellschaft bereits dem Grunde nach ausgeschlossen ist. Die C.V. habe tatsächlich keine geschäftsleitenden Holdingfunktionen für die B.V. übernommen. Allein die wesentliche Bedeutung der B.V. für das Ergebnis der C.V. reiche hierfür nicht aus. Etwaige Führungsentscheidungen und Weisungen seien nicht schriftlich dokumentiert worden. Da die B.V. einen eigenen Geschäftsführer gehabt habe, sei nicht erkennbar, inwieweit die C.V. Leitungsfunktionen für die B.V. übernommen habe. Der Senat hat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 17.02.2015 zum Urteil 13 K 624/11 F vom 15.12.2014, Newsletter 2/2015

Steuererklärungen für das Kalenderjahr 2014

Gleich lautende Erlasse

der obersten Finanzbehörden der Länder

 vom 2. Januar 2015

über Steuererklärungsfristen

 

 

  1. Steuererklärungen für das Kalenderjahr 2014

 

  1. Fristverlängerung

 

 

  1. Abgabefrist für Steuererklärungen

 

(1) Für das Kalenderjahr 2014 sind die Erklärungen

 

– zur E i n k o m m e n s t e u e r – einschließlich der Erklärungen zur gesonderten sowie zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteue-rung sowie zur gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags -,

 

– zur K ö r p e r s c h a f t s t e u e r – einschließlich der Erklärungen zu gesonderten Fest-stellungen von Besteuerungsgrundlagen, die in Zusammenhang mit der Körperschaft-steuerveranlagung durchzuführen sind, sowie für die Zerlegung der Körperschaftsteuer -,

 

– zur G e w e r b e s t e u e r – einschließlich der Erklärungen zur gesonderten Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes und zur gesonderten Feststellung des Zuwendungs-vortrags sowie für die Zerlegung des Steuermessbetrags -,

 

– zur U m s a t z s t e u e r sowie

 

– zur gesonderten oder zur gesonderten und einheitlichen Feststellung nach § 18 des Außen-steuergesetzes

 

nach § 149 Absatz 2 der Abgabenordnung (AO)

 

b i s  z u m  3 1. M a i  2 0 1 5

 

bei den Finanzämtern abzugeben.

 

(2) Bei Steuerpflichtigen, die den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ermitteln, endet die Frist nicht vor Ablauf des fünften Monats, der auf den Schluss des Wirtschaftsjahres 2014/2015 folgt.

 

  1. Fristverlängerung

 

(1) Sofern die vorbezeichneten Steuererklärungen durch Personen, Gesellschaften, Verbände, Vereinigungen, Behörden oder Körperschaften im Sinne der §§ 3 und 4 StBerG angefertigt werden, wird vorbehaltlich des Absatzes 2 die Frist nach § 109 AO allgemein

 

b i s  z u m  3 1. D e z e m b e r  2 0 1 5

 

verlängert. Bei Steuererklärungen für Steuerpflichtige, die den Gewinn aus Land- und Forst-wirtschaft nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ermitteln (Abschnitt I Absatz 2), tritt an die Stelle des 31. Dezember 2015 der 31. Mai 2016.

 

(2) Es bleibt den Finanzämtern vorbehalten, Erklärungen mit angemessener Frist für einen Zeitpunkt vor Ablauf der allgemein verlängerten Frist anzufordern. Von dieser Möglichkeit soll insbesondere Gebrauch gemacht werden, wenn

 

– für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum die erforderlichen Erklärungen verspä-tet oder nicht abgegeben wurden,

– für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum kurz vor Abgabe der Erklärung bzw. vor dem Ende der Karenzzeit nach § 233a Absatz 2 Satz 1 AO nachträgliche Vorauszahlungen festgesetzt wurden,

– sich aus der Veranlagung für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum eine hohe Abschlusszahlung ergeben hat,

– hohe Abschlusszahlungen erwartet werden,

– für Beteiligte an Gesellschaften und Gemeinschaften Verluste festzustellen sind oder

– die Arbeitslage der Finanzämter es erfordert.

 

Im Übrigen wird davon ausgegangen, dass die Erklärungen laufend fertig gestellt und unver-züglich eingereicht werden.

 

(3) Aufgrund begründeter Einzelanträge kann die Frist für die Abgabe der Steuererklärungen bis zum 29. Februar 2016 bzw. in den Fällen des Abschnitts I Absatz 2 bis zum 31. Juli 2016 verlängert werden. Eine weitergehende Fristverlängerung kommt grundsätzlich nicht in Betracht.

 

(4) Die allgemeine Fristverlängerung gilt nicht für Anträge auf Steuervergütungen. Sie gilt auch nicht für die Abgabe von Umsatzsteuererklärungen, wenn die gewerbliche oder beruf-liche Tätigkeit mit Ablauf des 31. Dezember 2014 endete. Hat die gewerbliche oder beruf-liche Tätigkeit vor dem 31. Dezember 2014 geendet, ist die Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr einen Monat nach Beendigung der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit abzugeben (§ 18 Absatz 3 Satz 2 i. V. m. § 16 Absatz 3 des Umsatzsteuergesetzes).

 

Diese Erlasse ergehen im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen.

 

 

Ministerium für Finanzen und Wirtschaft

Baden-Württemberg

3 – S 0320/51

 

 

Bayerisches Staatsministerium

der Finanzen, für Landesentwicklung

und Heimat

 

37-S 0320-1/4

 

 

Senatsverwaltung für Finanzen

Berlin

 

S 0320-1/2012

 

 

Ministerium der Finanzen

des Landes Brandenburg

 

33-S 0320/2014#V002

 

 

Die Senatorin für Finanzen der

Freien Hansestadt Bremen

 

S 0320 – 1/2014-2/2014 – 13-2

 

 

Finanzbehörde der Freien

und Hansestadt Hamburg

 

S 0320-2014/001-51

 

 

Finanzministerium 

Mecklenburg-Vorpommern

 

IV-S 0320-00000-2014/001-014

 

 

Niedersächsisches

Finanzministerium

 

S 0320 – 62 – 33 11

 

 

 

Finanzministerium des Landes

Nordrhein-Westfalen

 

S 0320 – 1 – V A 2

 

 

Ministerium der Finanzen

des Landes Rheinland-Pfalz

 

S 0320 A – 10-005 – 446

 

 

Saarland

Ministerium für Finanzen und Europa

 

B/1 – S 0320-1#027

 

 

Sächsisches Staatsministerium

der Finanzen

 

31-S 0320/46/1-2014/62484

 

 

Ministerium der Finanzen

des Landes Sachsen-Anhalt

 

44 – S 0320 – 45

 

 

Finanzministerium des Landes

Schleswig-Holstein

 

S 0320 – 076

 

 

Thüringer Finanzministerium

 

S 0320 A – 1 – 23.1

 

 

 

EuGH klärt den Begriff „Mindestlohnsatz“ entsandter Arbeitnehmer

Die EU-Richtlinie 96/71/EG vom 16.12.1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (Entsenderichtlinie, ABl. 1997, L 18, S. 1) sieht vor, dass in Bezug auf die Mindestlohnsätze die entsandten Arbeitnehmern garantierten Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen durch die Vorschriften des Aufnahmemitgliedstaats und/oder im Bausektor durch im Aufnahmemitgliedstaat für allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge festgelegt sind.

Nach dem finnischen Gesetz über die Entsendung von Arbeitnehmern gilt als Mindestlohn die in einem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag festgelegte Vergütung.

Elektrobudowa Spólka Akcyjna (ESA), ein polnisches Unternehmen, schloss in Polen nach polnischem Recht Arbeitsverträge mit 186 Arbeitnehmern und entsandte diese dann an ihre finnische Zweigniederlassung zur Ausführung von Elektroarbeiten auf der Baustelle des Kernkraftwerks Olkiluoto in Eurajoki, Finnland.

Da die betroffenen Arbeitnehmer der Auffassung sind, ESA habe ihnen nicht den Mindestlohn gezahlt, der ihnen nach den finnischen allgemeinverbindlichen Tarifverträgen für die Stromwirtschaftsbranche und für die Haustechnikbranche zustehe, haben sie ihre Forderungen einzeln zur Einziehung auf Sähköalojen ammattiliitto (finnische Gewerkschaft für die Elektrizitätsbranche) übertragen.

Vor dem Satakunnan käräjäoikeus (erstinstanzliches Gericht Satakunta) trägt Sähköalojen ammattiliitto vor, dass die Tarifverträge eine Berechnung des Mindestlohns der Arbeitnehmer nach für diese günstigeren Kriterien als den von ESA angewandten vorsähen. Diese Kriterien beträfen u. a. die Art der Einteilung der Arbeitnehmer in Lohngruppen, der Einordnung einer Vergütung (als Zeit- oder Akkordlohn) und der Gewährung von Urlaubsgeld, Tagegeld und Wegezeitentschädigung sowie die Übernahme der Unterbringungskosten der Arbeitnehmer. ESA macht u. a. geltend, dass Sähköalojen ammattiliitto nicht befugt sei, im Namen der entsandten Arbeitnehmer zu klagen, weil das polnische Recht die Übertragung von Forderungen aus einem Arbeitsverhältnis verbiete.

Das Satakunnan käräjäoikeus fragt den Gerichtshof, ob das in der Charta der Grundrechte verankerte Recht auf wirksamen Rechtsschutz es verbietet, dass die Regelung eines Mitgliedstaats, nach der die Übertragung von Forderungen aus Arbeitsverhältnissen untersagt ist, eine Gewerkschaft daran hindern kann, bei einem Gericht des Aufnahmemitgliedstaats eine Klage zu erheben, um Lohnforderungen einzuziehen, die entsandte Arbeitnehmer auf sie übertragen haben. Das vorlegende Gericht möchte ferner wissen, ob die Entsenderichtlinie dahin auszulegen ist, dass der Begriff „Mindestlohnsätze“ die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Lohnbestandteile umfasst, wie sie in einem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag definiert sind.

In seinem Urteil vom 12.02.2015 stellt der Gerichtshof fest, dass sich die Klagebefugnis von Sähköalojen ammattiliitto vor dem vorlegenden Gericht nach dem finnischen Verfahrensrecht bestimmt und sich aus der Entsenderichtlinie eindeutig ergibt, dass sich Fragen, die den Mindestlohnsatz betreffen, unabhängig von dem auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Recht nach dem Recht des Aufnahmemitgliedstaats, hier also Finnland, bestimmen. Im vorliegenden Fall besteht kein Grund, der geeignet wäre, die Klage, die die Sähköalojen ammattiliitto beim Satakunnan käräjäoikeus erhoben hat, und damit das durch die Charta gewährleistete Recht auf wirksamen Rechtsschutz in Frage zu stellen.

Des Weiteren weist der Gerichtshof darauf hin, dass die Richtlinie eine doppelte Zielsetzung verfolgt. Zum einen bezweckt sie, zwischen inländischen Unternehmen und Unternehmen, die länderübergreifende Dienstleistungen erbringen, einen lauteren Wettbewerb sicherzustellen, und zum anderen, den entsandten Arbeitnehmern zu garantieren, dass ein Kern zwingender Bestimmungen des Aufnahmemitgliedstaats über ein Mindestmaß an Schutz beachtet wird. Diese Richtlinie hat jedoch nicht den materiell-rechtlichen Inhalt dieser Bestimmungen harmonisiert, auch wenn sie einige Informationen hierzu liefert.

So verweist die Richtlinie für die Bestimmung der Mindestlohnsätze ausdrücklich auf die Rechtsvorschriften oder Praktiken des Aufnahmemitgliedstaats, wobei diese Definition allerdings nicht zu einer Behinderung des freien Dienstleistungsverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten führen darf. Daraus folgt, dass die Art und Weise der Berechnung des Mindestlohnsatzes und die dafür herangezogenen Kriterien ebenfalls in die Zuständigkeit des Aufnahmemitgliedstaats fallen müssen.

Nach diesen Erwägungen gelangt der Gerichtshof zu dem Schluss, dass die Richtlinie einer Berechnung des Mindeststundenlohns und/oder Mindestakkordlohns auf der Grundlage der Einteilung der Arbeitnehmer in Lohngruppen nicht entgegensteht, sofern diese Berechnung und diese Einteilung nach zwingenden und transparenten Vorschriften vorgenommen werden, was zu prüfen Aufgabe des nationalen Gerichts ist.

Ferner wird das Tagegeld, das den sozialen Schutz der betroffenen Arbeitnehmer gewährleisten soll, indem es die durch die Entsendung entstehenden Nachteile ausgleicht, den Arbeitnehmern nicht als Erstattung für infolge der Entsendung tatsächlich entstandene Kosten gezahlt. Folglich ist es als Entsendungszulage einzustufen und somit gemäß der Richtlinie unter den gleichen Bedingungen als Bestandteil des Mindestlohns anzusehen, wie sie für seine Einbeziehung in den Mindestlohn gelten, der einheimischen Arbeitnehmern bei ihrer Entsendung innerhalb des betreffenden Mitgliedstaats gezahlt wird.

Darüber hinaus ist eine Entschädigung für die tägliche Pendelzeit, da sie nicht als Erstattung von Kosten, die dem Arbeitnehmer infolge der Entsendung tatsächlich entstanden sind, gezahlt wird, gemäß der Richtlinie als Entsendungszulage und somit als Bestandteil des Mindestlohns zu betrachten.

Die Übernahme der Kosten für die Unterbringung der betreffenden Arbeitnehmer durch ESA und die Ausgabe von Essensgutscheinen an die Arbeitnehmer, die gewährt werden, um die den Arbeitnehmern infolge ihrer Entsendung tatsächlich entstandenen Lebenshaltungskosten zu erstatten, können hingegen keine Bestandteile des Mindestlohns darstellen.

Hinsichtlich der Zahlung einer Vergütung während des Urlaubs weist der Gerichtshof darauf hin, dass jeder Arbeitnehmer das Recht auf bezahlten Jahresurlaub hat. Folglich ist die Richtlinie dahin auszulegen, dass die Vergütung, die dem entsandten Arbeitnehmer für die Dauer des bezahlten Mindestjahresurlaubs zu gewähren ist, dem Mindestlohn entspricht, auf den dieser Arbeitnehmer im Referenzzeitraum Anspruch hat.

Quelle: EuGH, Pressemitteilung vom 12.02.2015 zum Urteil C-396/13 vom 12.02.2015

 

Buchwertfortführung bei Übertragung eines Mitunternehmeranteils trotz vorheriger Veräußerung des Sonderbetriebsvermögens möglich

Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 9. Dezember 2014 (Az. IV R 29/14) das Urteil der 12. Senats des Finanzgerichts Münster vom 9. Mai 2014 (Az. 12 K 3303/11 F) bestätigt, wonach der Buchwertfortführung bei Übertragung eines Mitunternehmeranteils nicht entgegensteht, dass der Übertragende zuvor sein Sonderbetriebsvermögen an einen Dritten veräußert hat.

Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, die ursprünglich einen Einzelhandel betrieben hatte, später aber die Geschäftsräume an Dritte vermietete. Der Kreis der Kommanditisten setzte sich aus einem Vater und seinem Sohn zusammen. Die beiden Betriebsgrundstücke standen im Sonderbetriebsvermögen des Vaters. Dieser veräußerte zunächst eines der Grundstücke an einen der Mieter und übertrug ca. zwei Wochen später seinen Kommanditanteil an den Sohn. Lediglich den Gewinn aus der Grundstücksveräußerung behandelte die Klägerin als Sonderbetriebseinnahme des Vaters. Demgegenüber behandelte das Finanzamt den Vorgang insgesamt als Aufgabe des Mitunternehmeranteils und stellte einen entsprechenden Aufgabegewinn unter Auflösung sämtlicher stiller Reserven fest.

Der 12. Senat des Finanzgerichts Münster gab der Klage statt. Der Vater habe seinen Mitunternehmeranteil zu Buchwerten gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG auf den Sohn übertragen. Die vorherige Veräußerung des Grundstücks stehe dem nicht entgegen, weil die sog. Gesamtplanrechtsprechung im Hinblick auf den Normzweck des § 16 EStG entwickelt worden sei und daher nicht auf Vorgänge nach § 6 Abs. 3 EStG übertragen werden könne. Überdies habe das Grundstück kein funktional wesentliches Sonderbetriebsvermögen des Verpachtungsbetriebs der Klägerin dargestellt.

Der Bundesfinanzhof wies die vom Finanzamt eingelegte Revision zurück. Die Grundstücksveräußerung und Übertragung des Mitunternehmeranteils seien selbst dann nicht zusammenfassend zu betrachten, wenn dem ein einheitlicher Plan zugrunde gelegen haben sollte. Die Gesamtplanrechtsprechung beruhe auf dem Gedanken, die Tarifvergünstigung nach § 34 EStG nur anzuwenden, wenn in einem einheitlichen Vorgang alle stillen Reserven aus den wesentlichen Betriebsgrundlagen aufgedeckt werden. Auf § 6 Abs. 3 EStG finde dieser Gedanke jedoch keine Anwendung. Daher komme es auch nicht darauf an, ob das veräußerte Grundstück eine wesentliche Betriebsgrundlage der Klägerin dargestellt hat.

Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 17.02.2015 zum Urteil 12 K 3303/11 F vom 09.05.2014, Newsletter 02/2015

 

Keine Verlängerung des Berechtigungszeitraums für Kindergeld durch freiwilligen Wehr-dienst nach Aussetzung der Wehrpflicht

Der Berechtigungszeitraum für den Bezug von Kindergeld verlängert sich nicht über das 25. Lebensjahr hinaus, wenn das Kind nach dem 1. Juli 2011 einen freiwilligen Wehrdienst abgeleistet hat. Dies hat der 5. Senat des Finanzgerichts Münster mit Urteil vom 20. Oktober 2014 (Az. 5 K 2339/14 Kg) entschieden.

Der 1989 geborene Sohn des Klägers leistete nach dem Schulabschluss vom 1. Januar 2012 bis zum 30. Juni 2013 einen freiwilligen Wehrdienst ab. Danach begann er mit einer Berufsausbildung. Die Familienkasse hob die Kindergeldfestsetzung ab Juni 2014 auf, nachdem der Sohn im Mai sein 25. Lebensjahr vollendet hatte. Der Kläger begehrte demgegenüber weiterhin Kindergeld. Seiner Ansicht nach verlängere sich der Berechtigungszeitraum wegen des Wehrdienstes um 18 Monate.

Das Gericht wies die Klage ab. Eine Verlängerung der Kindergeldberechtigung komme im Streitfall nicht in Betracht, weil der Sohn des Klägers weder einen gesetzlichen Wehrdienst noch einen freiwilligen Wehrdienst anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes geleistet habe. Die allgemeine Wehrpflicht sei zum 1. Juli 2011 ausgesetzt worden und lebe nur bei Feststellung des Spannungs- oder Verteidigungsfalles wieder auf. Ein nach diesem Datum absolvierter freiwilliger Wehrdienst könne daher nicht „anstelle“ des gesetzlichen Wehrdienstes geleistet werden.

Das Gesetz sei insoweit auch nicht nach Sinn und Zweck abweichend vom Wortlaut auszulegen, da nach Aussetzung der Wehrpflicht kein Bedürfnis mehr bestehe, den Bezugszeitraum für das Kindergeld zu verlängern. Die allgemeine Wehrpflicht habe für die Wehrpflichtigen einen erheblichen Grundrechtseingriff dargestellt und die (weitere) Ausbildung zeitlich verzögert. Als Ausgleich dieses Nachteils habe das Kindergeld entsprechend länger gezahlt werden können.

Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 17.02.2015 zum Urteil 5 K 2339/14 Kg vom 20.10.2014, Newsletter 02/2015

 

Krankheitskosten, auf deren Erstattung zum Erhalt der Beitragsrückerstattung verzichtet wird, sind keine Sonderausgaben

Mit Urteil vom 17. November 2014 (Az. 5 K 149/14 E) hat der 5. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden, dass Krankheitskosten, die der Versicherte selbst trägt, um in den Genuss einer Beitragsrückerstattung seiner Krankenversicherung zu kommen, nicht als Sonderausgaben abzugsfähig sind.

Der freiberuflich tätige Kläger und seine Ehefrau machten Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung für sich und ihre Kinder als Sonderausgaben geltend. Dabei bezogen sie auch Krankheitskosten ein, die sie nicht mit der Versicherung abgerechnet hatten, um den Anspruch auf Beitragsrückerstattung zu behalten. Das Finanzamt versagte insoweit den Sonderausgabenabzug, da es sich schon begrifflich nicht um Beiträge handele. Auch ein Abzug als außergewöhnliche Belastungen komme nicht in Betracht. Da die Kläger freiwillig auf die Geltendmachung der Erstattung verzichtet hätten, seien die Aufwendungen nicht zwangsläufig entstanden.

Der Senat wies die Klage ab. Ein Sonderausgabenabzug komme im Hinblick auf die selbst getragenen Krankheitskosten nicht in Betracht, weil es sich dabei nicht um „Beiträge“ im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a EStG handele. Hierunter fielen nur Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Erlangung von Versicherungsschutz stehen, was bei Zahlungen für Heilbehandlungen an Ärzte nicht der Fall sei.

Der Umstand, dass einerseits kein Sonderausgabenabzug möglich sei, aber andererseits die (spätere) Beitragsrückerstattung den Sonderausgabenabzug mindere, ist nach Ansicht des Senats nicht verfassungswidrig. Das Grundgesetz verlange lediglich eine Freistellung des Existenzminimums, was angesichts der geringen steuerlichen Auswirkungen im Streitfall nicht als gefährdet erscheine.

Ein Abzug der Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung scheitere daran, dass die zumutbare Belastung nicht überschritten werde. Gegen die zumutbare Belastung bestünden wegen des dem Gesetzgeber eingeräumten Bewertungsspielraums keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Wegen der diesbezüglich bereits beim Bundesfinanzhof anhängigen Verfahren hat der Senat die Revision zugelassen.

Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 17.02.2015 zum Urteil 5 K 149/14 E vom 17.11.2014 (nrkr), Newsletter 02/2015

 

FG Münster: Weitere Entscheidungen im Überblick

 Körperschaftsteuer

Zur steuerlichen Behandlung des Gewinns der Organgesellschaft bei der Organträgerin, wenn diese im zeitlichen Zusammenhang mit der Beendigung der Organschaft auf den Gewinnabführungsanspruch für das laufende Wirtschaftsjahr verzichtet (Urteil vom 20. August 2014, Az. 10 K 2192/13 F)

Gewerbesteuer/Verfahrensrecht

Zur Entscheidung über die Sicherheitsleistung im Rahmen eines gerichtlichen Aussetzungsverfahrens im Einspruchsverfahren gegen einen Gewerbesteuermessbescheid (Beschlüsse vom 22. Dezember 2014, Az. 9 V 1742/14 G und vom 7. Januar 2015, Az. 8 V 1774/14 G)

 Erbschaftsteuer

Zu den Voraussetzungen einer für die Steuerbefreiung einer Zuwendung an eine gemeinnützige Stiftung (§ 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchstabe b) ErbStG) erforderlichen ordnungsgemäßen Geschäftsführung (Urteil vom 11. Dezember 2014, Az. 3 K 323/12 Erb)

Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen das auf eine liechtensteinische Stiftung übertragene Vermögen bei Zurückbehaltung von Weisungsrechten in den Nachlass des Stifters fällt (Urteil vom 11. Dezember 2014, Az. 3 K 764/12 Erb, Rev. BFH II R 9/15)

 Umsatzsteuer

Gilt die Durchschnittssatzbesteuerung für Landwirte auch für Dienstleistungen, die in der Bodenbearbeitung, dem Pflanzen und der Ernte in einem fremden Betrieb bestehen? (Urteil vom 20. Januar 2015, Az. 15 K 2845/13 U)

Grunderwerbsteuer

Zur Frage, ob der bei Erwerb eines Hauberganteils auf die Haubergpfennige entfallende Kaufpreisanteil in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen ist (Urteil vom 22. Januar 2015, Az. 8 K 3618/12 GrE

Verfahrensrecht

Zur Zurechnung eines Bankkontos bei behauptetem Treuhandverhältnis und zum Auskunftsverweigerungsrecht eines Zeugen wegen Gefahr der eigenen Strafverfolgung (Urteil vom 3. November 2014, Az. 10 K 1512/10 E)

Quelle: FG Münster

Lohnsteuerfreibetrag: Neuer Antrag nötig

Lohnsteuerfreibetrag: Neuer Antrag nötig

Arbeitnehmer müssen einen Lohnsteuerfreibetrag für das Jahr 2015 neu beantragen, sonst kann dieser bei der Entgeltabrechnung nicht berücksichtigt werden. Denn für den Arbeitgeber sind immer die in der ELStAM-Datenbank hinterlegten Daten maßgeblich.

Welche Freibeträge neu beantragt werden müssen

Für die persönlichen Freibeträge gilt im Lohnsteuerverfahren 2015 weiterhin die jahresbezogene Betrachtungsweise. Die Berücksichtigung dieser Freibeträge setzt deshalb einen neuen Antrag auf Lohnsteuerermäßigung beim Finanzamt voraus.

Freibeträge für den Lohnsteuerabzug, z. B. für Werbungskosten aufgrund Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte, müssen in jedem Fall neu beantragt werden. Entsprechend gilt dies für Arbeitnehmer mit Steuerklasse II und Kindern ab 18 Jahren und für das Faktorverfahren bei Doppelverdiener-Ehegatten.

Ausnahmen: Die Pauschbeträge für behinderte Menschen und Hinterbliebene werden automatisch ohne neuen Antrag bis zu dem nachgewiesenen Gültigkeitsende berücksichtigt, ebenso wie mehrjährig gewährte Kinderfreibetragszähler für volljährige Kinder.

Ein Antrag auf Eintragung eines Freibetrags wegen erhöhter Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnlicher Belastungen kann nur dann gestellt werden, wenn die Aufwendungen oder die abziehbaren Beträge insgesamt die Antragsgrenze von 600 EUR überschreiten. Bei den Werbungkosten muss darüber hinaus der Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 1.000 EUR überschritten sein.

Antragsfrist

Der Antrag auf Lohnsteuerermäßigung 2015 kann bis 30.11.2015 gestellt werden. Wird der Antrag spätestens im Januar 2015 gestellt, werden die Freibeträge noch rückwirkend zum 1.1.2015 gewährt. Danach gilt, dass der Jahresfreibetrag auf die noch verbleibenden Lohnzahlungszeiträume des Kalenderjahres gleichmäßig verteilt wird – jeweils mit Wirkung vom Beginn des Kalendermonats an, der auf die Antragstellung folgt.

Vereinfachter Antrag

Die Arbeitnehmer, bei denen sich der bisher eingetragene Freibetrag im Vergleich zu den Vorjahren nicht geändert hat, können einen vereinfachten Antrag auf Lohnsteuerermäßigung stellen. Wer erstmals einen Lohnsteuerfreibetrag beantragt, muss den 4-seitigen Antrag auf Lohnsteuerermäßigung verwenden.

ELStAM

Ist beim Arbeitnehmer ein Freibetrag zu berücksichtigen, speichert das Finanzamt dies als Lohnsteuerabzugsmerkmal in der ELStAM-Datenbank. Der Arbeitgeber erhält die geänderten Lohnsteuerabzugsmerkmale (einschließlich der Freibeträge) mit der nächsten monatlichen Änderungsliste übermittelt und muss diese beim Lohnsteuerabzug zwingend anwenden.

Rechnung auf Papier: Extrakosten sind unzulässig

Rechnung auf Papier: Extrakosten sind unzulässig

Elektronische Rechnungen sind kostenfrei, zusätzliche Rechnungen auf Papier kosten extra. Dieser Vorgehensweise, die vor allem von Mobilfunkanbietern praktiziert wird, hat der Bundesgerichtshof eine Absage erteilt.

Die Begründung: Es ist die vertragliche Pflicht eines jeden Unternehmens, eine Rechnung in Papierform zu erstellen. Eine Regelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), nach der nur die elektronische Rechnung kostenfrei ist, ist deshalb nicht zulässig.

Ein Unternehmen kann sich nicht darauf verlassen, dass jeder Kunde einen Internetanschluss zur Verfügung hat. Deshalb ist die kostenlose Zusendung von Papierrechnung ohne Aufpreis und ohne, dass der Kunde dies ausdrücklich verlange, vertragliche Pflicht.

Von dieser Pflicht nimmt der Bundesgerichtshof nur die Unternehmen aus, die ihre Dienstleistungen ausschließlich online vertreiben. Im entschiedenen Fall traf dies auf die Beklagte, einen Mobilfunkanbieter, nicht zu.