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Einkünfteerzielungsabsicht bei langjährigem Wohnungsleerstand

Einkünfteerzielungsabsicht bei langjährigem Wohnungsleerstand

Kernaussage
Ein besonders lang andauernder, strukturell bedingter Leerstand einer Wohnimmobilie kann – auch nach vorheriger auf Dauer angelegter Vermietung – dazu führen, dass die vom Steuerpflichtigen aufgenommene Einkünfteerzielungsabsicht ohne sein Zutun oder Verschulden wegfällt.

Sachverhalt
Der Kläger erwarb 1997 durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung eine Stadtvilla. Zuvor war der Kläger nach Erbgang Miteigentümer der 1928 erbauten Villa gewesen. Von 1949 bis 1992 war die Villa vermietet; seitdem steht sie leer. Bislang gelang es nicht, das Gebäude mit einer Wohnfläche von 156 qm zu vermieten. Die Stadtvilla bedarf einer grundlegenden Sanierung, die unter Berücksichtigung des hohen Leerstands und der zu erwartenden Mieteinnahmen als unwirtschaftlich einzustufen ist. Dem vom Kläger im Streitjahr 2010 geltend gemachten Werbungskostenüberschuss in Höhe von 2.925 EUR versagte das Finanzamt die Anerkennung. Hiergegen klagte der Kläger vor dem Finanzgericht ohne Erfolg.

Entscheidung
Auch der Bundesfinanzhof (BFH) teilte die Ansicht des Finanzamts. Zu Recht habe die Finanzverwaltung den Werbungskostenüberschuss nicht berücksichtigt. Es mangelte an der Einkünfteerzielungsabsicht. Aufwendungen sind für eine Wohnung, die nach vorheriger auf Dauer angelegter Vermietung leer steht, auch für die Zeit des Leerstands abziehbar, solange der Steuerpflichtige den ursprünglichen Entschluss zur Einkünfteerzielung nicht endgültig aufgegeben hat. Unbeschadet davon kann ein besonders lang andauernder Leerstand dazu führen, dass eine vom Steuerpflichtigen aufgenommenen Einkünfteerzielungsabsicht ohne sein Zutun oder Verschulden wegfällt. Hiervon ist aber nur dann im Einzelfall auszugehen, wenn absehbar ist, dass das maßgebliche Objekt wegen fehlender oder nur unwirtschaftlich herbeizuführender Marktgängigkeit oder aufgrund anderweitiger struktureller Vermietungshindernisse in absehbarer Zeit nicht vermietbar ist. Dies war hier der Fall, da die Villa seit fast 20 Jahren leer stand, grundsanierungsbedürftig ist und die Hälfte des zur Vermietung angebotenen Wohnraums in der Stadt unvermietet ist.

Konsequenz
Das Urteil liegt auf einer Linie mit den vorangegangenen Entscheidungen zum Wohnungsleerstand. Wenn einem Vermieter über einen längeren Zeitraum die Vermietung nicht gelingt, muss er seine Vermietungsbemühungen nachweisbar intensivieren. Hier sprach jedoch das Scheitern der Vermietung seit fast 20 Jahren für sich.

BStBK begrüßt Entscheidung des Bundesfinanzhofs zu Erstattungszinsen

Vom Finanzamt geleistete Zinsen auf Einkommensteuererstattungen sind nicht zu versteuern. So lautet die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 15. Juni 2010. Die Bundessteuerberaterkammer begrüßt diese Änderung der Rechtsprechung ausdrücklich, da sie die bisherige Ungleichbehandlung von Nachzahlungs- und Erstattungszinsen schon immer kritisch gesehen hat. Bereits 2002 hat sich die Bundessteuerberaterkammer für eine Gleichbehandlung in ihren 55 Vorschlägen zur Steuervereinfachung ausgesprochen.

Nachzahlungszinsen, die ein Steuerpflichtiger an das Finanzamt zu zahlen hat, können steuerlich nicht geltend gemacht werden. Erstattungszinsen, die er selbst für zuviel entrichtete Steuern vom Finanzamt erhält, waren dagegen stets als Einnahmen aus Kapitalvermögen zu versteuern. „ Dieses Ungleichgewicht in der Behandlung der Zinsen widerspricht dem allgemeinen Gerechtigkeitsempfinden. Wir befürworten ausdrücklich die Entscheidung des Bundesfinanzhofs, da sie zu einem sachlichen Gleichlauf führt, der für alle betroffenen Steuerzahler nachvollzieh­bar ist“, sagt Dr. Horst Vinken, Präsident der Bundessteuerberaterkammer.

Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs betrifft in erster Linie die persönliche Einkommensteuer und die Erbschaftsteuer. Hier werden die Steuerrückerstattung und damit auch die darauf entfallenden Nachzahlungszinsen ausdrücklich dem nichtsteuerbaren Bereich zugewiesen. In diesem Fall führen weder die Steuer­erstattung noch die darauf entfallenden Erstattungszinsen beim Steuerpflichtigen zu versteuernden Einnahmen. Grundsätzlich jedoch bleiben Erstattungszinsen steuer­pflichtig. Steuerberater sollten nun prüfen, welche ihrer Mandanten von dieser neuen Rechtsprechung profitieren.

Erhöhte Hundesteuer für American Staffordshire Terrier

BVerwG Beschluss vom 25.03.2010 – 9 B 74.09

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Erhöhte Hundesteuer für American Staffordshire Terrier

 

Leitsatz (Sonst)

Die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 26.03.2009 – 2 S 1619/08 – (Juris), wonach die Regelung in einer Hundesteuersatzung – für Hunde der Rasse American Staffordshire Terrier eine erhöhte Hundesteuer (600,– EUR anstatt 81,– EUR) zu erheben – nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, weil Hunde der Rasse American Staffordshire Terrier ein genetisches Potenzial sowohl in Bezug auf körperliche Merkmale – insbesondere Beißkraft – als auch auf Charaktereigenschaften besitzen, aufgrund dessen sie in besonderem Maße, gegenüber dem Deutschen Schäferhund, Rottweiler, Dobermann oder Weimaraner, die Eignung aufweisen, ein gefährliches Verhalten zu entwickeln und diese Einschätzung der Hunderasse American Staffordshire Terrier auch im Hinblick auf aktuelle fachwissenschaftliche Veröffentlichungen keinen Bedenken begegnet, wurde als unbegründet abgewiesen.

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 26. März 2009 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstands wird für das Beschwerdeverfahren auf 519 EUR festgesetzt.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2a

 

Verfahrensgang

VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 26.03.2009; Aktenzeichen 2 S 1619/08)

 

Gründe

Rz. 1

Die auf alle Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde ist unbegründet.

Rz. 2

1. Sämtliche Grundsatzrügen i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bleiben ohne Erfolg.

Rz. 3

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist (Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 VwGO <n.F.> Nr. 26 S. 14). Dies lässt sich dem Beschwerdevorbringen nicht entnehmen.

Rz. 4

a) Die Beschwerde hält für grundsätzlich bedeutsam,

ob eine jährliche Hundesteuer in Höhe von 600 EUR noch von der Besteuerungskompetenz des Art. 105 Abs. 2a GG gedeckt ist oder als formenmissbräuchliche Abgabenregelung erdrosselnde Wirkung hat.

Rz. 5

Die Frage, ab welcher Höhe eine Hundesteuer erdrosselnde Wirkung entfaltet, kann nur aufgrund einer dem Tatrichter vorbehaltenen Feststellung und Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse beantwortet werden. Es handelt sich daher um eine Tatsachenfrage, die sich einer verbindlichen Klärung im Revisionsverfahren entzieht (§ 137 Abs. 1 und 2 VwGO).

Rz. 6

b) Die Beschwerde hält weiter für grundsätzlich klärungsbedürftig,

“ob es einen sachlichen Grund im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG gibt, Deutsche Schutz- und Gebrauchshunderassen wie den Deutschen Schäferhund, Rottweiler, Dobermann oder Weimaraner nicht, Hunde der Rasse American Staffordshire Terrier hingegen schon als gefährliche, höher zu besteuernde Hunde einzustufen”.

Rz. 7

Damit ist keine zu klärende Rechtsfrage aufgeworfen. Vielmehr will die Klägerin im Gewand einer Grundsatzrüge eine tatsächliche Feststellung zur Vergleichbarkeit der genannten Hunderassen erwirken. Zu solchen Feststellungen ist das Revisionsgericht nicht berufen (§ 137 Abs. 1 VwGO).

Rz. 8

c) Des Weiteren hält die Beschwerde für grundsätzlich klärungsbedürftig,

“wie die vom Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 19. Januar 2000 (NVwZ 2000, 929 <932>) postulierte, spätere Überprüfung bzw. Beobachtung des Sachverhalts im Hinblick auf die Prämisse rassebedingt erhöhter Gefährlichkeit von Hunden konkret auszugestalten ist”,

“ob der Steuerpflichtige, der Satzungsgeber oder ein Gericht für die Durchführung dieser Überprüfungs- und Kontrollpflicht berufen ist”

und

“ob eine Hundesteuersatzung allein durch das Unterlassen jedweder Überprüfung und Beobachtung unwirksam wird”,

sowie

“ob bei der Ausübung der Überprüfungs- bzw. Beobachtungspflicht insbesondere das Beißverhalten sog. Kampfhunde zu erfassen und zu bewerten ist oder ob andere Gesichtspunkte für die Beurteilung ihrer Gefährlichkeit ausschlaggebend sind”.

Rz. 9

Diese Fragen wären in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig. Die erste und die letzte aufgeworfene Frage stellen keine Rechtsfragen dar, sondern zielen auf tatsächliche Feststellungen, die dem Revisionsgericht verwehrt sind (§ 137 Abs. 2 VwGO). Die zweite und dritte Frage gehen an den maßgeblichen Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofs vorbei. Dieser hat sich zu dem von der Beschwerde in Bezug genommenen Gebot, eine auf unsicherer Tatsachengrundlage erlassene Regelung “unter Kontrolle zu halten” nicht geäußert. Die Beschwerde legt im Übrigen auch nicht dar, dass der vorliegende Fall Anlass zur Fortentwicklung der Rechtsprechung geben könnte. Das ist auch nicht erkennbar. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs ist die Änderungssatzung der Beklagten, die erstmals einen besonderen Steuersatz für Kampfhunde vorsieht, am 1. Januar 2007 in Kraft getreten. Der streitgegenständliche Steuerbescheid datiert vom 29. Januar 2007 und der Bescheid, mit dem der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen wurde, vom 23. April 2007. Angesichts der kurzen Zeitspanne zwischen Normgebung und Veranlagung liegt auf der Hand, dass hier eine Pflicht zur Beobachtung des Erkenntnisfortschritts nicht zum Tragen kommen konnte.

Rz. 10

2. Eine die Revisionszulassung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO rechtfertigende Abweichung des angefochtenen Beschlusses von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts hat die Beschwerde nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise bezeichnet. Es fehlt eine für die hinreichende Benennung einer Divergenz erforderliche Darlegung divergierender, die jeweilige Entscheidung tragender und auf dieselbe Rechtsvorschrift bezogener abstrakter Rechtssätze.

Rz. 11

a) Soweit die Beschwerde dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Januar 2000 (BVerwG 11 C 8.99 – BVerwGE 110, 265) die – sinngemäße – Aussage entnimmt,

“dass es sich bei der Beurteilung der Gefährlichkeit von Hunden bestimmter Rassen um einen noch nicht endgültig geklärten Sachverhalt handelt, der eine spätere Überprüfung und fortschreitende Differenzierung durch den Satzungsgeber erfordert”,

wird bereits kein abstrakter Rechtssatz benannt.

Rz. 12

Zudem hat der Verwaltungsgerichtshof den von der Beschwerde bezeichneten Rechtssatz, dass

“den Satzungsgeber keine Überprüfungs- und Kontrollpflicht bzgl. der Beurteilung der Gefährlichkeit von Hunden bestimmter Rasse trifft”,

weder wörtlich noch sinngemäß aufgestellt. Wie bereits ausgeführt, hat er sich zur Frage der späteren Überprüfung einer bereits erlassenen Satzung nicht geäußert, sondern im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darauf abgestellt, dass ein Satzungsgeber bei der Normsetzung Regelungen eines anderen Normgebers übernehmen kann, sofern es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass sie offensichtlich falsch bzw. überholt sind (Beschluss vom 28. Juli 2005 – BVerwG 10 B 34.05 – Buchholz 401.65 Hundesteuer Nr. 10 Rn. 9).

Rz. 13

b) Ebenfalls nicht durchgreifen kann die Divergenzrüge, soweit die Beschwerde meint, das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 3. Juli 2002 – BVerwG 6 CN 8.01 – BVerwGE 116, 347 <354>) und das Bundesverfassungsgericht (Urteil vom 16. März 2004 – 1 BvR 1778/01 – BVerfGE 110, 141 <160 f.>) hätten den Rechtssatz aufgestellt,

“dass sich allein aus der Zugehörigkeit zu einer (Hunde-) Rasse, einem Typ oder gar einer entsprechenden Kreuzung nach dem Erkenntnisstand der Fachwissenschaft nicht ableiten lässt, dass von den Hundeindividuen Gefahren ausgehen”.

Rz. 14

Demgegenüber gehe der Verwaltungsgerichtshof davon aus,

“dass es durchaus wissenschaftlicher Erkenntnis entspreche, Hunden bestimmter Rassen aufgrund ihrer genetischen Disposition ein gesteigertes Aggressionsverhalten zuzuschreiben”.

Rz. 15

Entgegen der Auffassung der Beschwerde handelt es sich insoweit nicht um Rechts-, sondern um Tatsachensätze. Außerdem sind die genannten Aussagen nicht zu derselben Rechtsvorschrift erfolgt. Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsmäßigkeit von § 2 Abs. 1 Satz 1 Hundeverbringungs- und -einfuhrbeschränkungsgesetz vom 12. April 2001 (BGBl I, S. 530) überprüft, das Bundesverwaltungsgericht §§ 1, 2 Abs. 1 der Niedersächsischen Verordnung über das Halten gefährlicher Tiere vom 5. Juli 2000 (Nds. GVBl S. 149). Hier geht es um die Rechtmäßigkeit der Hundesteuersatzung der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Besteuerungsgleichheit nach Art. 3 Abs. 1 GG.

Rz. 16

3. Sämtliche Verfahrensrügen i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO bleiben ebenfalls ohne Erfolg.

Rz. 17

a) Keine der Rügen, mit denen die Beschwerde die Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO geltend macht, greift durch.

Rz. 18

Die Beschwerde rügt die Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs, weil sich das angegriffene Urteil als Überraschungsentscheidung erweise. Das Urteil verstoße zudem gegen das verfassungsrechtliche Willkürverbot, da die Parteien nicht erst durch das Urteil von einer bis dahin nicht erörterten Fallbewertung erfahren dürften. Der Verwaltungsgerichtshof habe in der mündlichen Verhandlung nicht zu erkennen gegeben, auf welche Erkenntnisquellen er seine Entscheidung habe stützen wollen. Eine “Tendenz” sei weder angedeutet worden noch sei eine solche erkennbar gewesen. Die herangezogene Literatur sei nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen. Der Senat habe auch nicht zu erkennen gegeben, dass er dem von den Autorinnen der Dissertationen Mittmann und Johann gezogenen Schluss nicht folgen wolle. Der Verwaltungsgerichtshof habe ohne eigene Sachkunde seine Auffassung an diejenige der Wissenschaftlerinnen gesetzt, ohne die Verfahrensbeteiligten darauf hinzuweisen. Damit hat die Beschwerde einen Verfahrensfehler nicht hinreichend dargelegt.

Rz. 19

Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Beteiligten an einem gerichtlichen Verfahren, dass sie Gelegenheit erhalten, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern (vgl. BVerfGE 1, 418 <429>; stRspr). An einer solchen Gelegenheit fehlt es nicht erst dann, wenn ein Beteiligter gar nicht zu Wort gekommen ist oder wenn das Gericht seiner Entscheidung Tatsachen zugrunde legt, zu denen die Beteiligten nicht Stellung nehmen konnten (vgl. BVerfGE 10, 177 <182 f.>; 19, 32 <36>; stRspr). Eine dem verfassungsrechtlichen Anspruch genügende Gewährung rechtlichen Gehörs setzt auch voraus, dass der Verfahrensbeteiligte bei Anwendung der von ihm zu verlangenden Sorgfalt zu erkennen vermag, auf welchen Tatsachenvortrag es für die Entscheidung ankommen kann. Art. 103 Abs. 1 GG verlangt jedoch grundsätzlich nicht, dass das Gericht vor der Entscheidung auf seine Rechtsauffassung hinweist; ihm ist auch keine allgemeine Frage- und Aufklärungspflicht des Richters zu entnehmen (BVerfG, Beschlüsse vom 25. Januar 1984 – 1 BvR 272/81 – BVerfGE 66, 116 <147> und vom 5. November 1986 – 1 BvR 706/85 – BVerfGE 74, 1 <6>; BVerwG, Urteil vom 10. April 1991 – BVerwG 8 C 106.89 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 235 S. 84; Beschluss vom 7. Mai 2008 – BVerwG 9 B 35.07 – Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 75 S. 17).

Rz. 20

aa) Gemessen an diesem Maßstab liegt eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht darin, dass der Verwaltungsgerichtshof in der mündlichen Verhandlung nicht zu erkennen gegeben hat, dass er die abstrakte Gefährlichkeit von Hunden der Rasse American Staffordshire Terrier auch mit Blick auf die Dissertationen Mittmann und Johann möglicherweise anders beurteilen würde als die Vorinstanz. Aus Art. 103 Abs. 1 GG lässt sich keine Pflicht des Gerichts ableiten, den Beteiligten stets vorab mitzuteilen, wie es bestimmte Erkenntnismittel in Bezug auf Einzelheiten des Parteivortrags versteht und bewertet. Das folgt schon daraus, dass in aller Regel die Beweiswürdigung, das daraus folgende Beweisergebnis und die hieraus zu ziehenden Schlussfolgerungen der Schlussberatung vorbehalten bleiben und sich deshalb einer Voraberörterung mit den Beteiligten im Allgemeinen entziehen (vgl. schon Urteil vom 13. Mai 1976 – BVerwG 2 C 26.74 – Buchholz 237.4 § 35 HmbBG Nr. 1; Beschluss vom 5. Februar 1999 – BVerwG 9 B 797.98 – Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 4 S. 4; ferner auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. April 1987 – 1 BvR 883.86 – DB 1987, 2287). Unzulässig sind nur Überraschungsentscheidungen, die auf Gesichtspunkte gestützt werden, mit denen die Beteiligten nicht rechnen konnten (Beschluss vom 8. August 1994 – BVerwG 6 B 87.93 – Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 335; BGH, Urteil vom 13. Juni 1989 – VI ZR 216/88 – NJW 1989, 2756). Auf entscheidungserhebliche tatsächliche Gesichtspunkte, die der Klägerin nicht bekannt gewesen wären oder bei denen für sie nicht erkennbar sein konnte, dass es auf sie ankam, hat der Verwaltungsgerichtshof bei der Bewertung der genannten Dissertationen jedoch nicht abgestellt.

Rz. 21

Eine Überraschungsentscheidung kann insbesondere auch nicht deshalb angenommen werden, weil das Verwaltungsgericht dem zusammenfassenden Ergebnis in der Dissertation Johann gefolgt ist, der Verwaltungsgerichtshof jedoch nicht. Im Berufungsverfahren musste die Klägerin damit rechnen, dass die Bewertung, die das Verwaltungsgericht vorgenommen hat, auf den Prüfstand gestellt wird, zumal die Beklagte für ihren Vortrag zur Gefährlichkeit der Rasse American Staffordshire Terrier ausdrücklich auf die genannten Dissertationen und auf das Qualzuchtgutachten des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft hingewiesen hat.

Rz. 22

bb) Soweit die Beschwerde als Gehörsverstoß ansieht, dass der Verwaltungsgerichtshof aus den Dissertationen Mittmann und Johann einen anderen Schluss zieht als die Verfasserinnen, liegt darin ein Angriff auf die Tatsachenwürdigung durch das Gericht, die dem materiellen Recht zuzuordnen ist und mit der ein Verfahrensverstoß nicht begründet werden kann (Beschluss vom 10. Oktober 2001 – BVerwG 9 BN 2.01 – Buchholz 401.65 Hundesteuer Nr. 7 S. 12).

Rz. 23

cc) Eine Überraschungsentscheidung liegt auch nicht darin, dass der Verwaltungsgerichtshof die Klägerin nicht darauf hingewiesen hat, dass er davon ausgehe, Schutz- und Gebrauchshunde aus Deutschland gälten “als sozial akzeptiert”. Mit dieser Annahme musste die Klägerin angesichts der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts rechnen. Der Verwaltungsgerichtshof war nicht verpflichtet, die Klägerin darauf hinzuweisen, dass er den abweichenden Einschätzungen des Oberverwaltungsgerichts Münster sowie der Verwaltungsgerichte Münster, Aachen und Düsseldorf nicht folgen werde.

Rz. 24

dd) Soweit die Beschwerde eine Überraschungsentscheidung darin sieht, dass der Verwaltungsgerichtshof auch darauf abgestellt hat, der Satzungsgeber habe sich bei der Festsetzung der erhöhten Hundesteuer für bestimmte Hunderassen davon leiten lassen dürfen, dass jedenfalls die in erster Linie als Kampfhunde bezeichneten Rassen nicht selten von Personen gehalten würden, die nicht die Gewähr für ein gefahrloses Verhalten der Tiere böten, ist nicht dargelegt, dass diese Erwägung entscheidungserheblich ist. Eine Entscheidungserheblichkeit ist auch nicht ersichtlich. Vielmehr hat der Verwaltungsgerichtshof eine steuerrechtliche Privilegierung bestimmter Hunderassen auch im Hinblick auf deren Gebrauch als Wach- und Gebrauchshunde als gerechtfertigt erachtet, die eine größere soziale Akzeptanz zur Folge habe (“darüber hinaus”).

Rz. 25

ee) Es mag dahinstehen, ob der Verwaltungsgerichtshof den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs dadurch verletzt haben kann, dass er seiner Entscheidung allgemein zugängliche Literatur zur Gefährlichkeit von American Staffordshire Terriern zugrunde gelegt hat, ohne sie vor seiner Entscheidung ausdrücklich in das Verfahren einzuführen und so den Beteiligten Gelegenheit zu geben, sich zu den von dieser Literatur vertretenen tatsächlichen Auffassungen zu äußern. Zur Darlegung eines Gehörsverstoßes gehört nämlich auch, dass der Beschwerdebegründung entnommen werden kann, was die Klägerin bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs vorgetragen hätte. Daran fehlt es hier. Zwar hat die Beschwerde angeführt, welche Personen sie als Sachverständige benannt hätte, wäre ihr die Verwendung der Literatur bekannt gewesen. Jedoch hat sie nicht dargelegt, was die von ihr benannten Personen, die sie als Sachverständige benannt hätte, hätten genau beweisen sollen. Die Klägerin hat insoweit lediglich darauf hingewiesen, dass “der Senat seine Auffassung von der vermeintlich höheren Gefährlichkeit bestimmter Hunderassen nicht mehr aufrechterhalten können” würde, weil die genannten Personen “diesem falschen Ansatz heutzutage entschieden entgegen” träten. Damit genügt sie angesichts der konkreten Tatsachen, die der Verwaltungsgerichtshof aus der zitierten Literatur entnommen hat, ihrer Darlegungslast nicht.

Rz. 26

b) Entgegen der Auffassung der Beschwerde liegt auch kein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz nach § 108 Abs. 1 VwGO vor, weil der Verwaltungsgerichtshof der Schlussfolgerung in der Dissertation Johann nicht gefolgt ist. Er hat sich damit nicht an die Stelle der Verfasserin dieser Dissertation gesetzt, sondern in der Begründung ausgeführt, weshalb er aufgrund der vorgelegten Untersuchungsergebnisse zu einem anderen Schluss gelangt ist. Darin liegt eine Würdigung von Tatsachen. Mit Angriffen gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung der Tatsacheninstanz kann jedoch ein Verfahrensmangel i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO grundsätzlich nicht aufgezeigt werden, weil Fehler in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung regelmäßig revisionsrechtlich nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzurechnen sind (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 19. Oktober 1999 – BVerwG 9 B 407.99 – Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 11 und vom 10. Oktober 2001 a.a.O.).

Rz. 27

c) Die Beschwerde macht weiterhin als Verfahrensmangel geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe seine Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt, weil er zu den Ergebnissen der Untersuchungen in der Dissertation von Johann keine weitere Sachaufklärung betrieben, insbesondere die Vernehmung der Verfasserin oder die Einholung eines Sachverständigengutachtens unterlassen habe. Diese Rüge greift ebenfalls nicht durch. Denn auch insoweit greift sie die Tatsachenwürdigung an. Zudem mussten sich die von der Beschwerde bezeichneten Ermittlungen nicht aufdrängen, weil der Verwaltungsgerichtshof von seinem Standpunkt aus die Untersuchungsergebnisse der Verfasserin seinen Schlussfolgerungen zugrunde gelegt hat und mithin nicht von abweichenden Tatsachen ausgegangen ist.

Rz. 28

d) Die Beschwerde sieht weiterhin eine fehlerhafte Aufklärung des Sachverhalts, § 86 Abs. 1 Abs. 2 VwGO, darin, dass die von ihr gestellten Beweisanträge zu Unrecht abgewiesen worden seien.

Rz. 29

aa) Die Beschwerde rügt die Ablehnung der Beweisanträge, die im Kern das Beweisthema zum Inhalt gehabt hätten, wonach von einem Hund der Rasse American Staffordshire Terrier kein höheres abstraktes Gefahrenpotential ausgehe als von einem Hund der Rassen Dobermann, Deutscher Schäferhund oder Rottweiler. Hätte der Verwaltungsgerichtshof die beantragte Beweiserhebung durchgeführt, so hätte sich ergeben, dass die Prämisse von der gesteigerten Gefährlichkeit bestimmter Hunderassen, hier der Rasse American Staffordshire Terrier, falsch sei. Mit der Ablehnung der Beweisanträge nehme der Senat der Klägerin die Möglichkeit effektiven Rechtsschutzes, da er de facto die Satzung der Beklagten entgegen Art. 19 Abs. 4 GG immunisiere.

Rz. 30

Die Ablehnung eines Beweisantrags kann nur dann einen Verfahrensmangel darstellen, wenn die unter Beweis gestellte Tatsache unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts, hier des Verwaltungsgerichtshofs, für die Entscheidung erheblich war. Über Tatsachen, die für die Entscheidung nicht erheblich sind, muss kein Beweis erhoben werden. So liegt die Sache hier. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich zwar eingehend mit der Frage der rassebedingten Gefährlichkeit der American Staffordshire Terrier befasst. Die steuerrechtliche Privilegierung anderer Hunderassen (wie z.B. Deutscher Schäferhund, Dobermann, Rottweiler oder Weimaraner), von denen ebenfalls eine abstrakte Gefahr ausgehe, wird jedoch damit gerechtfertigt, dass diese Hunde als Wach- und Gebrauchshunde größere soziale Akzeptanz genössen. Der Verwaltungsgerichtshof geht mithin davon aus, dass auch andere Hunde, ebenso wie solche der Rasse American Staffordshire Terrier, abstrakt gefährlich im Rechtssinn sind, billigt aber insoweit der Beklagten einen Gestaltungsspielraum zu. Deshalb kam es auf eine Beweiserhebung, die dahin zielt, die Gefährlichkeit von American Staffordshire Terriern und anderen Hunden vergleichend zu betrachten, nicht an.

Rz. 31

bb) Gleiches gilt für die Beweisbehauptung, wonach Beißattacken von Hunden der Rassen Dobermann, Deutscher Schäferhund und Rottweiler ebenso schwer wiegen wie solche von Hunden der Rasse American Staffordshire Terrier. Wegen ihrer Unerheblichkeit ist auch nicht, wie die Beschwerde meint, davon auszugehen, dass mit der Ablehnung der Beweisanträge der Verwaltungsgerichtshof de facto die Satzung der Beklagten immunisiere. Die Klägerin missversteht den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Juli 2005 (a.a.O. S. 32 f.). In dieser Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht die Ablehnung eines Beweisantrags als unzulässig angesehen, weil die dieser Ablehnung zugrunde liegende Rechtsauffassung die Frage der Beweiserheblichkeit selbst betraf und nicht die prozessuale Folge der materiellen Rechtsauffassung des entscheidenden Gerichts im Übrigen war. Hier beruht die Ablehnung auf der materiellen Rechtsauffassung zur Frage der gerechtfertigten Privilegierung.

Rz. 32

cc) Den Antrag, Beweis zu erheben darüber, dass Hunde der Rassen Dobermann, Deutscher Schäferhund und Rottweiler ein höheres abstraktes Gefahrenpotenzial aufwiesen als Hunde der Rasse American Staffordshire Terrier, hat der Verwaltungsgerichtshof zu Recht als unzulässigen Beweisermittlungsantrag abgelehnt. Ein unzulässiger Ausforschungsbeweis liegt vor in Bezug auf Tatsachenbehauptungen, für deren Wahrheitsgehalt nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht, die mit anderen Worten ohne greifbare Anhaltspunkte willkürlich “aus der Luft gegriffen”, “aufs Geratewohl” oder “ins Blaue hinein” aufgestellt werden, für die tatsächliche Grundlagen jedoch fehlen (Beschlüsse vom 27. März 2000 – BVerwG 9 B 518.99 – Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 60 S. 6 und vom 30. Januar 2002 – BVerwG 1 B 326.01 – Buchholz 310 § 98 Nr. 69 S. 31). Ausgehend davon hat der Verwaltungsgerichtshof die beantragte Beweiserhebung abgelehnt, weil die Klägerin für die unter Beweis gestellte Tatsache keine tatsächlichen Anhaltspunkte oder fachwissenschaftlichen Veröffentlichungen benannt hat. Der Hinweis auf die Beißstatistiken ändert hieran nichts, weil die Anzahl der Beißvorfälle in Bezug zum Bestand der betreffenden Hunde gesetzt werden muss (BVerfG, Urteil vom 16. März 2004 a.a.O. S. 161).

Rz. 33

dd) Mit der weiteren Rüge, der Verwaltungsgerichtshof habe ihren Beweisantrag, dass Hunde der Rasse Golden Retriever keine geringere abstrakte Gefährlichkeit als Hunde der Rasse American Staffordshire Terrier aufwiesen, zu Unrecht als unzulässigen Beweisermittlungsantrag bzw. Ausforschungsbeweisantrag abgelehnt, kann die Klägerin ebenfalls nicht durchdringen. Denn der Verwaltungsgerichtshof hat vor dem Hintergrund seiner Würdigung der Dissertation Johann keinerlei Anhaltspunkte gesehen, die die Beweisbehauptung stützen könnten. Weitere Anhaltspunkte als die Dissertation Johann hat die Klägerin aber nicht dargetan.

Rz. 34

ee) Die Beschwerde rügt weiter, zu Unrecht sei auch ihr Beweisantrag dazu, dass es wahrscheinlicher sei, von einem Hund der Rassen Dobermann, Deutscher Schäferhund, Rottweiler oder Golden Retriever als von einem Hund der Rasse American Staffordshire Terrier gebissen zu werden, als unerheblich abgelehnt worden. Das trifft nicht zu. Es liegt auf der Hand, dass für eine Gefahrenprognose bezüglich der genannten Hunderassen auf der Grundlage von Beißvorfällen auf das Verhältnis dieser Zahlen zum Gesamtaufkommen der einzelnen Hunderassen abgestellt werden muss (BVerfG, Urteil vom 16. März 2004 a.a.O.).

Rz. 35

ff) Nicht durchdringen kann die Beschwerde auch mit der Rüge, ihr Beweisantrag, ein Sachverständigengutachten dazu einzuholen, dass Hunde der Rasse American Staffordshire Terrier keine rassespezifischen Merkmale wie niedrigere Beißhemmung, herabgesetzte Empfindlichkeit gegen Angriffe, Kampfinstinkt oder einen genetisch bedingten Schutztrieb aufwiesen, die ein im Vergleich zu den Hunden der Rassen Dobermann, Deutscher Schäferhund, Rottweiler und Golden Retriever besonderes Gefährdungspotential begründeten und unter dem Aspekt der vorsorgenden Gefahrenabwehr besondere Anforderungen an die Haltung und den Umgang erforderten, sei ebenfalls zu Unrecht abgelehnt worden. Das Berufungsgericht hat die Ablehnung dieses Beweisantrags nachvollziehbar damit begründet, dass ihm aus allgemein zugänglichen fachwissenschaftlichen Veröffentlichungen ausreichende Erkenntnisse über den American Staffordshire Terrier und insbesondere über die bei ihm vorhandenen körperlichen Merkmale, über seine Charaktereigenschaften sowie über die sich daraus ergebenden Anforderungen an die Haltung und den Halter der Hunde vorlägen, wonach das Halten eines solchen Hundes eine ganz besondere Verantwortung und Sachkunde verlange, und dass die Klägerin gegen diese allgemein zugänglichen fachwissenschaftlichen Erkenntnisse keine detaillierten und substantiierten Beanstandungen erhoben habe. Angesichts der eingehenden Behandlung der herangezogenen Erkenntnismittel im angefochtenen Urteil kann eine fehlerhafte Ausübung des bei der Ablehnung eines Beweisantrags auf Einholung von Sachverständigengutachten bestehenden tatrichterlichen Ermessens (§ 98 VwGO i.V.m. § 412 ZPO in entsprechender Anwendung) nicht festgestellt werden.

Rz. 36

gg) Entsprechendes gilt schließlich für die weitere Rüge der Klägerin, ihr Beweisantrag zur Einholung eines Sachverständigengutachtens, dass Hunden der Rasse American Staffordshire Terrier aufgrund ihrer Zuchtgeschichte keine erhöhte Gefährlichkeit zugeschrieben werden kann, sei zu Unrecht abgelehnt worden. Das Berufungsgericht hat die Ablehnung auch dieses Beweisantrags nachvollziehbar damit begründet, dass ihm aus allgemein zugänglichen fachwissenschaftlichen Veröffentlichungen ausreichende Erkenntnisse über diese Zuchtgeschichte vorlägen, die zur Einschätzung eines erhöhten Gefährdungspotentials wesentlich beitrügen, ohne dass dies von der Klägerin substantiiert beanstandet worden sei. Die in der Klageschrift enthaltenen Hinweise der Klägerin auf Aspekte dieser Zuchtgeschichte, die jenen Beitrag relativieren, stehen dazu nicht in Widerspruch.

Rz. 37

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes beruht auf § 52 Abs. 3, § 47 Abs. 1 und 3 GKG.

 

Unterschriften

Dr. Storost, Buchberger, Dr. Christ

 

Fundstellen

BFH/NV 2010, 1775
 

 

Neue Kraftfahrzeugsteuer für Pkw in Kraft getreten

Was sie für wen kostet

Seit 1. Juli 2009 gilt die neue Kraftfahrzeugsteuer. Wesentlicher Kern des neuen Modells: Die Kraftfahrzeugsteuer wird von nun an auch an den Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2) gekoppelt. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück betonte, dass der Autoverkehr auch in Zukunft äußerst wichtig bleibe und deshalb „insbesondere Pkw auch künftig mit Blick auf die nachhaltige Schonung unserer Umwelt fortentwickelt und die CO2-Emissionen deutlich gesenkt werden müssen“.

Das Wichtigste zur Kraftfahrzeugsteuer in Kürze

Wie funktioniert sie? Die neue Kraftfahrzeugsteuer weist zwei zentrale Komponenten auf: den Kohlendioxidausstoß und den Hubraum des Pkw. Die Umwelt-Komponente ist vorrangig. Die für die Besteuerung wichtigen Angaben sind damit der CO2-Wert, der Hubraum und die Antriebsart – alle sind im Fahrzeugschein zu finden.

Wer ist betroffen? Das neue Modell betrifft alle Halter eines Pkw mit Erstzulassung ab 1. Juli 2009. Pkw, die vor dem 1. Juli 2009 zugelassen wurden, werden grundsätzlich nach altem Kraftfahrzeugsteuerrecht behandelt. Ausnahme: Für Pkw mit Erstzulassung zwischen 5. November 2008 bis 30. Juni 2009 gelten Besonderheiten. Die Bundesregierung hat im Rahmen ihrer ersten Konjunkturmaßnahmen die Kraftfahrzeugsteuer unter bestimmten Umständen ausgesetzt. Näheres dazu finden Sie hier.

Wohin fließen die Einnahmen? Mit dem 1. Juli 2009 fließen die Einnahmen aus der Kraftfahrzeugsteuer nicht mehr den Ländern zu. Die Verwaltung und der Ertrag der Kraftfahrzeugsteuer gehen ab diesem Zeitpunkt auf den Bund über. Für die Verwaltung der Kraftfahrzeugsteuer wird das Bundesministerium der Finanzen zuständig, das sich hierfür bis zum 30. Juni 2014 der Landesfinanzbehörden im Wege der Organleihe bedient. Diese gelten insoweit als Bundesfinanzbehörden.

Wer ist der Ansprechpartner? Für die Bürgerinnen und Bürger bleibt damit wie bisher ihr Finanzamt vor Ort der direkte und kompetente Ansprechpartner für Fragen zur Kraftfahrzeugsteuer. Verkehrsrechtliche Fragen, die mit der Kraftfahrzeugsteuer zusammenhängen, beantworten nach wie vor die Zulassungsbehörden.

Themenschwerpunkt Kraftfahrzeugsteuer
Detaillierte Informationen finden Sie in unserer Liste häufiger Fragen. Außerdem können Sie mit unserem interaktiven Rechner die neue Kraftfahrzeug-Jahressteuer individuell berechnen.

Zur Umsatzsteuerfreiheit als Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler

Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil vom: 06.09.2007
Aktenzeichen: V R 50/05
Rechtsgebiete: UStG 1993, Richtlinie 77/388/EWG
Vorschriften: UStG 1993 § 4 Nr. 11, Richtlinie 77/388/EWG Art. 13 Teil B Buchst. a
Eingestellt am: 13.12.2007

Zur Tätigkeit als Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler i.S. von § 4 Nr. 11 UStG gehört es, Kunden zu suchen und diese mit dem Versicherer zusammenzubringen. Die Begriffe des Versicherungsvertreters und Versicherungsmaklers i.S. des § 4 Nr. 11 UStG sind richtlinienkonform nach Art. 13 Teil B Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG und nicht handelsrechtlich nach den Begriffen des Versicherungsvertreters und Handelsmaklers i.S. von § 92 und §93 HGB auszulegen (Änderung der Rechtsprechung).


Gründe:

I.

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war in den Streitjahren 1993 bis 1997 als sog. Werbeagent für die KG selbständig tätig. Die KG vermittelte Versicherungen an Unternehmer, mit denen sie Gesprächstermine vereinbarte, die durch den Kläger wahrgenommen wurden. Ziel dieser Erstgespräche war der Aufbau eines Vertrauensverhältnisses zwischen den Interessenten und der KG. Der Kläger erhob bei den Gesprächen im Regelfall Daten über Sozialversicherungen, private Lebensversicherungen, Pensionsvereinbarungen und Direktversicherungen (versicherungstechnische Inventur), äußerte sich dabei aber nicht zu den zu vermittelnden Versicherungen. Für seine Tätigkeit erhielt der Kläger von der KG Provisionen, deren Höhe sich nach dem Umfang der durch den Kläger jeweils ausgeübten Tätigkeit richtete. Es kam insoweit insbesondere darauf an, ob der Kläger die versicherungstechnische Inventur nur anbahnte oder auch durchführte.

Auf der Grundlage der vom Kläger erhobenen Daten erstellte die KG ein Versicherungskonzept, das den potentiellen Kunden durch die von der KG gleichfalls beauftragten Hauptvertreter unterbreitet wurde. Die Hauptvertreter waren zum Abschluss von Versicherungsverträgen mit den Kunden berechtigt. Sie erhielten für ihre Tätigkeit Abschlussprovisionen.

In seinen Umsatzsteuererklärungen behandelte der Kläger die von der KG bezogenen Provisionen als Entgelte für nach § 4 Nr. 11 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) umsatzsteuerfreie Leistungen.

Demgegenüber ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) von umsatzsteuerpflichtigen Leistungen aus und setzte die Umsatzsteuer 1993 bis 1997 dementsprechend fest. Der hiergegen eingelegte Einspruch wurde durch Einspruchsentscheidung vom 17. August 2000 als unbegründet zurückgewiesen.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) verneinte die Steuerfreiheit der Leistungen des Klägers, da § 4 Nr. 11 UStG nur berufstypische Umsätze erfasse. Maßgeblich seien die handelsrechtlichen Begriffsbestimmungen nach §§ 92 und 93 des Handelsgesetzbuches (HGB). Der Kläger sei kein Handelsmakler gewesen, da er ständig für die KG tätig gewesen sei. Der Kläger habe auch nicht als Versicherungsvertreter nach § 92 HGB gehandelt, da dies ein Verhandeln mit den Vertragsparteien des abzuschließenden Vertrages voraussetze. Der Kläger habe mit der Erhebung von versicherungsrelevanten Daten lediglich Geschäftsbeziehungen angebahnt und eine bloße Werbetätigkeit ausgeübt. Die Tätigkeit des Klägers sei auch nicht der eines Generalvertreters mit eigenem Vertreterstab vergleichbar, die nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) durch umsatzsteuerfreie Superprovisionen vergütet werde. Im Gegensatz zu derartigen Generalvertretern habe der Kläger weder Mitarbeiter betreut noch überwacht. Der Kläger könne sich für die Steuerfreiheit seiner Umsätze auch nicht auf das Gemeinschaftsrecht berufen. Denn Art. 13 Teil B Buchst. a der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) setze für die Steuerfreiheit der Leistungen eines Versicherungsvertreters voraus, dass eine Vertragsbeziehung zwischen dem Versicherer und dem Versicherten vorliege, an der es im vorliegenden Fall fehle.

Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung von § 4 Nr. 11 UStG. Er stützt die Revision insbesondere darauf, dass das FG den Begriff des Handelsvertreters nach § 84 HGB verkannt habe und beantragt, das Urteil des FG vom 30. Juni 2005 und die Umsatzsteuerbescheide 1993 bis 1997 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 17. August 2000 aufzuheben.

Das FA beantragt Zurückweisung der Revision.

Kläger und FA haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

II.

Die zulässige Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Die vom Kläger ausgeführten Umsätze sind nicht gemäß § 4 Nr. 11 UStG von der Umsatzsteuer befreit.

1. § 4 Nr. 11 UStG befreit die Umsätze aus der Tätigkeit als Bausparkassenvertreter, Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler. Die Vorschrift dient der Umsetzung von Art. 13 Teil B Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG. Danach befreien die Mitgliedstaaten Versicherungs- und Rückversicherungsumsätze einschließlich der dazu gehörenden Dienstleistungen, die von Versicherungsmaklern und -vertretern erbracht werden.

Die von Art. 13 der Richtlinie 77/388/EWG verwendeten Begriffe sind nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) autonom gemeinschaftsrechtlich auszulegen, um eine in den Mitgliedstaaten unterschiedliche Anwendung des Mehrwertsteuersystems zu verhindern (Urteil vom 3. März 2005 C-472/03, Arthur Andersen, Slg. 2005, I-1719, BFH/NV Beilage 2005, 188 Randnr. 25).

Zu den wesentlichen Aspekten der nach Art. 13 Teil B Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG steuerfreien Versicherungsvermittlungstätigkeit gehört es, Kunden zu suchen und diese mit dem Versicherer zusammenzuführen (EuGH-Urteil Arthur Andersen in Slg. 2005, I-1719, BFH/NV Beilage 2005, 188 Randnr. 36). Leistungen von Versicherungsvertretern und -maklern sind dabei nur steuerfrei, wenn sie zugleich zum Versicherer und zum Versicherungsnehmer in Beziehung stehen (EuGH-Urteil Arthur Andersen in Slg. 2005, I-1719, BFH/NV Beilage 2005, 188 Randnr. 33). Dienstleistungen wie z.B. die Festsetzung und die Auszahlung der Provisionen der Versicherungsvertreter, das Halten der Kontakte mit diesen und die Weitergabe von Informationen an die Versicherungsvertreter gehören demgegenüber nicht zu den Tätigkeiten eines Versicherungsvertreters (EuGH-Urteil Arthur Andersenin Slg. 2005, I-1719, BFH/NV Beilage 2005, 188 Randnr. 35). Allgemein sind Unterstützungsleistungen für die Ausübung der dem Versicherer selbst obliegenden Aufgaben steuerpflichtig. Insoweit bestehen zwischen den Steuerbefreiungen für den Versicherungsbereich und für den Bank- und Finanzbereich nach Art. 13 Teil B Buchst. a und Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG keine Unterschiede (EuGH-Urteil Arthur Andersen in Slg. 2005, I-1719, BFH/NV Beilage 2005, 188 Randnr. 37 f.).

Im Hinblick auf die danach gebotene richtlinienkonforme Auslegung des § 4 Nr. 11 UStG unter Berücksichtigung von Art. 13 Teil B Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG hält der Senat an seiner bisherigen Rechtsprechung, nach der es für den Umfang der Steuerbefreiung auf die handelsrechtlichen Begriffe des Versicherungsvertreters und Versicherungsmaklers nach §§ 92 f. HGB ankam (BFH-Entscheidungen vom 29. Januar 1998 V R 41/96, BFH/NV 1998, 1004; vom 9. Juli 1998 V R 62/97, BFHE 187, 56, BStBl II 1999, 253, und vom 10. Juni 1999 V R 10/98, BFHE 189, 192, BStBl II 1999, 686) nicht mehr fest (Änderung der Rechtsprechung).

2. Das FG ist zwar noch von den bisherigen Grundsätzen der BFH-Rechtsprechung ausgegangen. Das Urteil erweist sich im Ergebnis aber gleichwohl als richtig, da die Tätigkeit des Klägers nicht steuerfrei ist.

a) Der Kläger war nicht an der Suche nach potentiellen Interessenten beteiligt und führte diese auch nicht mit Versicherern zusammen. Nach den Feststellungen des FG vereinbarte die KG die Gesprächstermine mit den Interessenten, so dass das Ermitteln potentieller Interessenten der KG oblag. Die Klägerin hat die Interessenten auch nicht mit den Versicherern zusammengeführt. Die Auswahl der Versicherungsprodukte und damit das Herstellen der Verbindung zu einzelnen Versicherungsgesellschaften erfolgte durch die KG, die für potentielle Kunden auch das Versicherungskonzept erstellte. Der Kläger beschränkte sich im Wesentlichen auf das bloße Erheben von Daten. Zwar konnten die Versicherungen ohne vorherige Datenerhebung nicht abgeschlossen werden. Dies reicht aber für die Steuerfreiheit nicht aus, da es sich nur um eine Bestandsaufnahme der gegenwärtigen Versicherungssituation des Interessenten handelte, ohne den Kunden Versicherungsangebote auch nur zu erläutern.

b) Der Senat braucht nicht abschließend zu entscheiden, inwieweit die nach Art. 13 Teil B Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG steuerfreie Versicherungsvermittlungstätigkeit der Versicherungsvertreter und -makler, die zugleich zum Versicherer und zum Versicherungsnehmer in Beziehung stehen müssen (EuGH-Urteil Arthur Andersen in Slg. 2005, I-1719, BFH/NV Beilage 2005, 188 Randnr. 33), in verschiedene einzelne Dienstleistungen zerfällt, die dann ihrerseits als Vermittlung steuerfrei sind. Nach dem zu Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 1 der Richtlinie 77/388/EWG ergangenen Urteil des EuGH vom 21. Juni 2007 C-453/05, Ludwig (BFH/NV Beilage 2007, 398, Umsatzsteuer-Rundschau –UR– 2007, 617 Randnr. 34 ff.) sind die Wirtschaftsteilnehmer bei einer Kreditvermittlung berechtigt, ein ihnen zusagendes Organisationsmodell zu wählen, ohne dass dies zur Steuerpflicht der Leistung führt. Dies gilt aber nur, wenn die einzelne Leistung ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes darstellt, das die spezifischen und wesentlichen Funktionen einer Vermittlungsleistung erfüllt.

Selbst unter Berücksichtigung des zu Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 1 der Richtlinie 77/388/EWG ergangenen EuGH-Urteils Ludwig in BFH/NV Beilage 2007, 398, UR 2007, 617 Randnr. 34 ff. und der in diesem Urteil betonten Wahlfreiheit hinsichtlich des Organisationsmodells der Vermittlung war der Kläger nicht als Versicherungsvertreter oder -makler tätig. Denn das bloße Einholen von Kundendaten erfüllt nicht als im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes die spezifischen und wesentlichen Funktionen einer Versicherungsvermittlungstätigkeit.

c) Im Übrigen kommt es nicht darauf an, dass die für die Auslegung von Art. 13 Teil B Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG ergangenen Urteile des EuGH zu Sachverhalten ergangen sind, die durch einen noch geringeren Bezug zur Versicherungsvermittlung geprägt waren als die Tätigkeit des Klägers. Denn der EuGH hat nicht über Einzelfälle, sondern über die abstrakte Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu entscheiden. Seine Urteile enthalten somit allgemeine Auslegungsgrundsätze, die auch im vorliegenden Fall zu beachten sind.

Hundesteuer für die Haltung von Diensthunden der Bundespolizei

 

Leitsatz

Hundesteuer als Aufwandsteuer i.S.d. Art. 105 Abs. 2a GG darf nicht erhobene werden für die Haltung von Diensthunden der Bundespolizei, wenn der Diensthundführer mit der Hundehaltung eine Dienstpflicht erfüllt. Kennzeichnend hierfür sind u.a. eine Aufwandsentschädigung und eine Zeitgutschrift für die Beschäftigung mit dem Hund. Wird durch die Hundehaltung eine Dienstpflicht erfüllt, fehlt es an einem besteuerbaren Aufwand für die persönliche Lebensführung.

Gesetze

GG Art. 105
Abs. 2a; HKAG § 7 Abs. 2

Instanzenzug

VG Darmstadt VG 4 E 428/04(2) vom 08.02.2006

VGH Kassel VGH 5 UE 1611/06 vom 11.09.2006

Fachpresse: ja

BVerwGE: nein

Gründe

I

Die Beteiligten streiten um die Heranziehung zur Hundesteuer für einen Diensthund.

Der Kläger ist Polizeiobermeister bei der Bundespolizei und als Diensthundführer beim Bundespolizeiamt in Frankfurt am Main tätig. Nach dem einschlägigen Erlass des Bundesministeriums des Innern vom 17. November 1997 („BRAS 171 – Das Diensthundewesen des Bundesgrenzschutzes”) stehen Diensthunde der Bundespolizei im Eigentum des Bundes. Sie werden dem Diensthundführer zur artgerechten Haltung und Pflege übergeben. Außerhalb der Dienstzeiten hält der Diensthundführer den Diensthund bei sich zu Hause. Für den besonderen Aufwand, der dem Diensthundführer durch die Betreuung des Hundes entsteht, werden ihm 45 Minuten pro Wochentag auf die wöchentliche Arbeitszeit angerechnet. Außerdem erhält er eine steuerfreie Diensthundführeraufwandentschädigung in Höhe von 86,92 € im Monat, die der Abgeltung der mit der Haltung des Hundes im eigenen Haushalt verbundenen Aufwendungen (Futter, Pflegemittel, Tierarzt, Impfungen etc.) dient.

Die Beklagte erhebt aufgrund der „Satzung über die Erhebung einer Hundesteuer im Gebiet der Gemeinde Riedstadt” vom 4. Dezember 1998, geändert durch Satzung vom 31. August 2000, für die Haltung von Hunden Hundesteuer. Gegen den Heranziehungsbescheid vom 18. Juli 2002 wandte sich der Kläger mit seinem am 23. Juli 2002 eingegangenen Widerspruch. Die Dienststelle des Klägers begründete den Widerspruch damit, dass Diensthunde im Auftrag des Bundes von den Diensthundführern zu Hause gehalten würden. Sämtliche hierzu anfallenden Kosten gingen zu Lasten des Bundes. Der Hundeführer übernehme den Hund mit dem dienstlichen Auftrag, ihn zu pflegen, zu füttern und bei seiner Aufgabenwahrnehmung einzusetzen. Mit Bescheid vom 11. August 2003 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.

Der Kläger hat gegen den Hundesteuerbescheid Klage erhoben. Er habe den Hund nicht im eigenen Interesse in den eigenen Haushalt aufgenommen, sondern er sei dazu dienstlich verpflichtet, handele also im Interesse der Bundesrepublik Deutschland. Er verweist darauf, dass es für den privaten Umgang mit dem Diensthund besondere Regeln gebe. So bedürfe z. B. selbst die gelegentliche Betreuung und das Ausführen des Hundes durch einen „geeigneten” Familienangehörigen oder auch der tierärztliche Besuch der vorherigen Einwilligung des Diensthundelehrwartes. Ebenfalls zustimmungsbedürftig sei die private Mitnahme des Diensthundes ins Ausland, z. B. zum Zwecke des Urlaubs.

Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 8. Februar 2006 die angefochtenen Bescheide aufgehoben und zur Begründung ausgeführt, der Kläger erfülle den Steuertatbestand des § 2 Abs. 2 Satz 1 der Hundesteuersatzung der Beklagten nicht. Er habe nämlich den Diensthund nicht im eigenen Interesse oder im Interesse seiner Familie in seinen Haushalt aufgenommen, sondern sei dazu dienstlich verpflichtet. Die Satzung der Beklagten müsse entsprechend ausgelegt werden. Eine andere Auslegung wäre nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 7 Abs. 2 KAG gedeckt und widerspreche dem Aufwandsbegriff des Art. 105 Abs. 2a GG . Es liege hier kein durch eine persönliche, private Lebensführung veranlasster Aufwand vor, der Ausdruck einer eigenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sei, sondern ein dienstlich veranlasster Aufwand.

Der Berufung des Beklagten gegen dieses Urteil hat der Verwaltungsgerichtshof mit dem hier angegriffenen Beschluss vom 11. September 2006 stattgegeben und zur Begründung mit Bezugnahme auf sein Urteil vom 25. Juni 2003 (5 UE 1174/01, NVwZ-RR 2004, 213) ausgeführt, die Hundesteuer knüpfe als Aufwandsteuer an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen an. Besteuert werde ein besonderer Aufwand, der über die Verwendung von Einkommen und Vermögen zur Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehe. Hundehalter sei, wer einen Hund in seinen Haushalt aufgenommen habe. Das sei beim Kläger der Fall. Der Zweck der Hundehaltung sei dabei unerheblich. Das Wesen der Aufwandsteuer schließe es aus, für die Steuerpflicht von vornherein auf eine wertende Berücksichtigung der Absichten und verfolgten Zwecke, die dem betriebenen Aufwand zugrunde lägen, abzustellen. Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Differenzierung zwischen einem durch eine persönliche, private Lebensführung veranlassten Aufwand, der Ausdruck einer eigenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sein könne, und einem dienstlich veranlassten Aufwand sei demnach nicht maßgeblich.

Zur Begründung der vom Bundesverwaltungsgericht zugelassenen Revision vertieft der Kläger sein Vorbringen und weist ergänzend darauf hin, dass er verpflichtet sei, den Diensthund im Interesse des Dienstherrn auch außerhalb der regulären Arbeitszeit zu betreuen. Es gebe keine ausreichenden zentralen Diensthundeeinrichtungen. Zudem solle darauf hingewirkt werden, dass zwischen Diensthundführer und seinem Hund ein Vertrauensverhältnis aufgebaut werde, aufgrund dessen sich die tägliche Arbeitsbewältigung verbessere und der Diensthund effektiver arbeite. Bei einem Diensthund handele es sich um ein dem Diensthundführer anvertrautes „Arbeitsgerät”, das dieser aus Gründen der Effektivität und Leistungsfähigkeit über die Dienstzeit hinaus in seiner Obhut behalte.

Der Kläger beantragt,

den Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 11. September 2006 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 8. Februar 2006 zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das Berufungsurteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II

Die Revision des Klägers ist begründet. Die Berufungsentscheidung verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) . Das Verwaltungsgericht hat auf die Klage des Klägers zu Recht die angegriffenen Bescheide aufgehoben. Dementsprechend war die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat auch Bundesrecht angewandt, das das Bundesverwaltungsgericht überprüfen darf. Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht zwar im Wesentlichen auf der Auslegung und Anwendung einfach-gesetzlichen Landesrechts, das grundsätzlich irrevisibel ist. Zum Landesrecht gehören auch die Rechtsvorschriften, die im Range unter dem Landesgesetz stehen, insbesondere nur im Gemeinde- bzw. Kreisgebiet geltende kommunale Satzungen des sog. Ortsgesetzgebers. Das nicht revisible Recht darf vom Bundesverwaltungsgericht aber darauf überprüft werden, ob die Auslegung und Anwendung des Landesrechts durch das Berufungsgericht mit dem Bundesrecht in Einklang steht, insbesondere das Bundesrecht eine andere Auslegung gebietet (Urteil vom 29. Juni 2000 – BVerwG 1 C 26.99 – Buchholz 402.41 Allgemeines Polizeirecht Nr. 68). Das Berufungsgericht hat § 2 der Hundesteuersatzung der Beklagten so ausgelegt, dass auch der Halter eines Diensthundes Halter im Sinne dieser Satzungsvorschrift ist, weil er den Diensthund in seinen Haushalt aufgenommen hat. Damit hat es den Begriff der Aufwandsteuer in Art. 105 Abs. 2a GG verkannt.

In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, dass die Aufwandsteuern i.S.d. Art. 105 Abs. 2a GG (nur) den besonderen, über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehenden Aufwand für die persönliche Lebensführung erfassen und damit die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit besteuern (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983 – 2 BvR 1275/79 – BVerfGE 65, 325 <346>; BVerwG, Beschluss vom 28. November 1997- BVerwG 8 B 224.97 – Buchholz 401.65 Hundesteuer Nr. 5; Urteil vom 26. September 2001 – BVerwG 9 C 1.01 – BVerwGE 115, 165 <168 f.>; Urteil vom 27. September 2000 – BVerwG 11 C 4.00 – Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 18). Die Aufwandsteuer knüpft an das Halten eines Gegenstandes oder an einen tatsächlichen oder rechtlichen Zustand an (BVerfG a.a.O. S. 347); sie ist eine Steuer auf die Einkommensverwendung, die einen besondere Leistungsfähigkeit indizierenden Konsum belastet (vgl. Jachmann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG , Band 3, 5. Aufl., Art. 105 Rn. 62). Im Aufwand als Konsum kommt die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck. Nur soweit in diesem Sinne ein Aufwand für die persönliche Lebensführung betrieben wird, kommt es im Sinne des Bundesverfassungsgerichts (a.a.O. S. 347) nicht darauf an, von wem und mit welchen Mitteln dieser finanziert wird.

Die Hundesteuer gehört zu den herkömmlichen Gemeindesteuern, die zu erheben die Länder die Gemeinden ermächtigt haben, für Hessen durch § 7 des Gesetzes über kommunale Abgaben (HKAG) vom 17. März 1970 (GVBl S. 225). Sie ist eine örtliche Aufwandsteuer, weil das Halten eines Hundes über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgeht und einen Aufwand – wenn auch unter Umständen nicht sehr erheblichen – erfordert (vgl. nur etwa Beschluss vom 28. November 1997 a.a.O.)

Der Verwaltungsgerichtshof geht von der Hundesteuer als Aufwandsteuer aus. Mit Bezugnahme auf sein Urteil vom 25. Juni 2003 (a.a.O.) hält er für unerheblich, welchem Zweck die Haltung des Hundes diene, ob er beruflich oder privat gehalten werde. Das Berufungsgericht bezieht sich insoweit auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts zur Zweitwohnungssteuer für Erwerbszweitwohnungen, wonach das Wesen der Aufwandsteuer es ausschließe, für die Steuerpflicht von vornherein auf eine wertende Berücksichtigung der Absichten und verfolgten Zwecke, die dem Aufwand zugrunde liegen, abzustellen (BVerfG a.a.O. S. 357; BVerwG, Urteil vom 12. April 2000 – BVerwG 11 C 12.99 – BVerwGE 111, 122 <126>). Maßgeblich dürfe allein der Konsum als Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sein. Der Begriff der persönlichen Lebensführung sei nicht als „private Lebensführung” als Gegensatz zu einer „beruflichen Lebensführung” zu verstehen, sondern diene vielmehr der Beschränkung des Steuertatbestandes auf den konsumtiven Aufwand als Kennzeichen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der Abgrenzung des Aufwands zur Einkommensverwendung gegenüber der Einkommenserzielung. Die Lebensführung eines Steuerpflichtigen bleibe auch, soweit sie beruflichen Zwecken diene, in diesem Sinne eine persönliche Lebensführung. Danach unterfalle eine Hundehaltung, die ganz oder teilweise beruflichen Zwecken diene, ebenfalls der Aufwandsteuer. Nicht maßgeblich sei deshalb eine Differenzierung zwischen einem durch eine persönliche, private Lebensführung veranlassten Aufwand, der Ausdruck einer eigenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sein könne, und einem dienstlich veranlassten Aufwand. Es komme ebenfalls nicht darauf an, von wem und mit welchen Mitteln der Aufwand finanziert werde und welchen Zwecken er des Näheren diene.

Damit verkennt das Berufungsgericht den Begriff des „besteuerbaren Aufwands für die persönliche Lebensführung”. Die Haltung eines Diensthundes ist keine Angelegenheit der persönlichen Lebensführung, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit indiziert, sondern die Erfüllung einer Dienstpflicht. Die Entscheidung, einen Diensthund zu erwerben und zu halten, trifft nicht der Kläger oder ein seinem Haushalt angehöriges Mitglied, sondern der Dienstherr. Der Kläger kann nicht entscheiden, ob er einen Diensthund erwirbt und ggf. welchen. Den Diensthund zu Hause zu betreuen, ist er aufgrund der dienstrechtlichen Vorschriften verpflichtet. Der Umgang mit dem Hund unterliegt nicht allein dem Willen des Klägers; er ist auch hier an Vorschriften gebunden. Für verschiedene Verwendungen – Führen durch eine andere Person, Mitnahme in den Urlaub ins Ausland, Tierarztbesuche – bedarf er einer Genehmigung. Für die Hundehaltung erhält er eine die Kosten im Wesentlichen abdeckende Aufwandsentschädigung und für die persönliche Beschäftigung mit dem Hund eine Arbeitszeitgutschrift. Wird durch die Hundehaltung – wie hier – eine Dienstpflicht erfüllt, fehlt es demnach an einem besteuerbaren Aufwand für die persönliche Lebensführung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 2 VwGO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 210 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 3 GKG) .

 

Die Betreuung von Vermittlern ist keine umsatzsteuerbefreite Vermittlungsleistung.

Niedersächsisches Finanzgericht 16. Senat, Beschluss vom 09.01.2006, 16 V 436/05

Art 13 Teil B Buchst d Ziff 5 EWGRL 388/77, § 4 Nr 8 UStG 1999

Tatbestand

1
Der Antragsteller zu 1 (ASt 1) betrieb bis zum 1. Dezember 1999 als Einzelunternehmer ein Unternehmen, in dem er als Handelsvertreter Produkte der Firma S. AG vertrieb. Dies geschah auf Grundlage eines mit der Firma S.- Vertriebsgesellschaft GmbH geschlossenen Vertriebsvertrages. Ab dem 1. Dezember 1999 wird dieselbe Tätigkeit durch die Antragstellerin zu 2 (ASt 2) ausgeübt, an die der ASt 1 sein Unternehmen veräußerte.

2
Im Streit steht die umsatzsteuerliche Behandlung von sogenannten Differenzprovisionen, die der Antragsgegner als umsatzsteuerpflichtig ansieht.

3
Die Differenzprovisionen haben ihre rechtlichen Grundlage in Anlage D zum geschlossen Vertriebsvertrag. Dieser lautet auszugsweise wie folgt:

4
„1. Hat der Vermittler der Auftraggeberin andere Vermittler zugeführt, die mit der Auftraggeberin einen gesonderten Vertriebsvertrag abgeschlossen haben, und sind diese zugeführten Vermittler von der Auftraggeberin dem Vermittler zur Betreuung unterstellt, so erhält der Vermittler in Abhängigkeit von der Tätigkeit der ihm unterstellten Vermittler eine Differenzprovision.

5
2. Der Vermittler hat nach Maßgabe der folgenden Regelungen Anspruch auf Differenzprovision für jeden Vertrag, der von einem ihm unterstellten und ihm betreuten Vermittler vermittelt wird.

6
3. Die Höhe der Provision ergibt sich aus der Differenz zwischen den in den besonderen Provisionsbedingungen zu diesem Vertriebsvertrag festgelegten Provisionssätzen des Vermittlers für Vermittlungsprovisionen und Betreuungsgebühren und den entsprechenden – geringeren – Provisionssätzen des jeweiligen unterstellten Vermittlers. Soweit die Provisionssätze identisch sind, entfällt eine Differenzprovision.“

7
In Anlage 1 Ziffer 5 zum Vertriebsvertrag ist unter der Überschrift Differenzprovision folgendes geregelt: „Wenn und soweit dem Vermittler von der Auftraggeberin weitere Vermittler unterstellt sind oder werden, die einen eigenen Vertriebsvertrag mit der Auftraggeberin abgeschlossen haben, erhält der Vermittler für die umfassende Betreuung dieser Vermittler eine Differenzprovision, deren Voraussetzungen und Höhe sich aus den Bestimmungen in Anlage D ergeben“.

8
Der Antragsgegner führt im August 2003 – September 2004 eine Außenprüfung durch, die sich insbesondere auch mit der umsatzsteuerlichen Einordnung der an die Antragsteller gezahlten Differenzprovisionen befasste. Weil die Antragsteller bis dahin diese Provisionen als umsatzsteuerfrei behandelt haben, die Außenprüfung jedoch von der Steuerpflicht dieser Provisionen ausging, wurde der Umfang dieser Provisionszahlungen aus dem Buchführungswerk der Antragsteller durch diese ermittelt und der Außenprüferin zur Verfügung gestellt. Die Außenprüfung ermittelte sodann die Bemessungsgrundlagen für die angenommenen steuerpflichtigen Umsätze und berücksichtigte die darauf anteilig entfallenden Vorsteuerabzugsbeträge.

9
Dem Ergebnis der Außenprüfung folgend setzte der Antragsgegner die Umsatzsteuer für die Streitjahre fest. Die dagegen eingelegten Einsprüche sind noch nicht entschieden. Anträge auf Aussetzung der Vollziehung lehnte der Antragsgegner ab.

10
Mit dem bei Gericht gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wenden sich die Antragsteller gegen die Annahme, sie hätten umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbracht. Die Differenzprovisionen seien keine Zuführungsvermittlungsprovisionen gewesen. Vielmehr hätten die Antragsteller Differenzprovisionen nur dann erhalten, wenn ihnen unterstellte Untervermittler tatsächlich ihrerseits Vermittlungsleistungen gegenüber der S.-Vertriebsgesellschaft mbH erbracht hätten. Die Bezahlung der Differenzprovision sei somit erfolgt, weil eine erfolgreiche Vermittlungsleistung erbracht worden sei. Zwecks Durchführung der eigenen Vermittlungsleistung hätten die Antragsteller die angebundenen bzw. tatsächlich unterstellten Untervermittler geschult und betreut, um einen einheitlichen Qualitätsstandard im Hinblick auf die von ihnen durchgeführte und zu verantwortende Eigenverrichtungsleistungen sicherzustellen. Eine Vermittlungsprovision unterliege schon aus Rechtsgründen nicht der Umsatzsteuer. Sie sei vielmehr schon zwingend aufgrund der Regelung in Artikel 13 B d) Ziffer 5 der 6.-EG-Richtlinie von der Umsatzsteuer zu befreien.

11
Der Antragsteller zu 1 beantragt,

12
den Umsatzsteuerbescheid 1999 von der Vollziehung auszusetzen,

13
die Antragstellerin zu 2 beantragt,

14
die Umsatzsteuerbescheide für 2000 und 2001 von der Vollziehung auszusetzen.

15
Der Antragsgegner tritt den Anträgen entgegen.

16
Es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Steuerfestsetzungen. Die EG-rechtliche Vorgabe des Artikel 13 Teil B d) Nr. 5 der 6.-EG-Richtlinie sei durch § 4 Nr. 8 UStG in nationales Recht umgesetzt worden. Zur Frage der Auslegung des Begriffs der Vermittlung habe sich der BFH im Urteil vom 09.10.2003 V R 5/03 eingehend geäußert. Bei einer mehrstufigen Vermittlung von Finanzumsätzen sei nur derjenige Vermittler umsatzsteuerbefreit, der einen unmittelbaren Geschäftsbesorgungsvertrag mit einer der zukünftigen Vertragsparteien des Grundgeschäftes abgeschlossen habe, der sogenannte erste Vermittler. Nachgeschaltete Vermittler in einer Vertriebsstruktur seien hingegen nicht umsatzsteuerbefreit. Allerdings bestehe aufgrund des BMF-Schreibens vom 13. Dezember 2004 eine Übergangsfrist, in der auch nachrangige Vermittlungstätigkeiten tatsächlich steuerbefreit blieben. Deshalb habe der Antragsgegner den Großteil der von den Antragstellern erbrachten Leistungen weiterhin als umsatzsteuerfrei behandelt. Dies treffe jedoch nicht für die bezogenen Differenzprovisionen zu. Denn diese erhielten die Antragsteller nach den geschlossenen Verträgen für die vereinbarte Betreuung der Untervermittler. Die Antragsteller erbrächten insoweit also keine Vermittlungsleistung. Die Annahme der Umsatzsteuerpflicht dieser Leistungen sei zutreffend. Was die Höhe der Bemessungsgrundlagen angehe, so sei diese aufgrund der von den Antragstellern zur Verfügung gestellten Zahlen ermittelt worden, konkrete Einwände seien nicht erhoben worden. Deshalb seien insoweit ebenfalls keine ernstlichen Zweifel begründet.

Entscheidungsgründe

17
Der Antrag ist unbegründet.

18
1. Die Aussetzung der Vollziehung soll gemäß § 69 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 zweiter Halbsatz FGO erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

19
a) Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes bestehen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatsachen bewirken (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 10. Februar 1984 III B 40/83, BStBl II 1984, 454 und vom 30. Dezember 1996 I B 61/96, BStBl II 1997, 466). Solche Umstände sind im vorliegenden Fall nicht gegeben.

20
Mangels anderer präsenter Beweismittel geht das Gericht davon aus, dass sich die Vertragsbeteiligten entsprechend der geschlossenen Verträge verhalten haben. Deshalb kann angenommen werden, dass die hier in Streit stehenden Differenzprovisionen Entgelte für diejenigen Leistungen sind, zu denen sich die Antragsteller verpflichtet haben. Dies war nach Anlage 1 zum Vertriebsvertrag die umfassende Betreuung der Vermittler. Derartige Betreuungsleistungen sind aber nicht selbst Vermittlungsleistungen. Insoweit verweist das Gericht auf die für zutreffend erachteten Ausführungen im BFH Urteil vom 23. Oktober 2002 V R 68/01, BStBl II 2003, 618.

21
Die Betreuung der Vermittler ist auch keine Dienstleistung, die unter Artikel 13 B d) Ziffer 5 der 6. EG-Richtlinie sein könnte. Die genannte Norm befreit die Umsätze – einschließlich der Vermittlung, jedoch mit Ausnahme der Verwahrung und der Verwaltung – die sich auf Aktien, Anteile an Gesellschaften und Vereinigungen bezieht. Die Betreuung von Untervermittlern ist für sich betrachtet keine Dienstleistung, die unter die genannte Befreiungsnorm fallen kann. Dies gilt unabhängig davon, ob man annehmen könnte, dass die Untervermittler ihrerseits mit ihrer Dienstleistung, die auf die Beteiligung der Anleger an stillen Gesellschaften abzielt, unter die Befreiungsnorm fielen. Die Betreuung der Untervermittler hat mit der vom Untervermittler selbst erbrachten Dienstleistung keinen unmittelbaren Zusammenhang mehr. Sie ist für sich kein Umsatz, der sich auf Anteile an Gesellschaften bezieht. Dem Umstand, dass die Antragsteller die erbrachten Dienstleistungen der Betreuung der Untervermittler nur erfolgsbezogen mit konkreten (Vermittlungs-) Leistungen der Untervermittler vergütet bekommen haben, kommt insoweit keine Bedeutung zu.

22
Konkrete Einwendungen gegen die Höhe der steuerlichen Bemessungsgrundlagen sind von den Antragstellern nicht vorgebracht worden.

23
b) Ebensowenig ist die Aussetzung geboten, weil die Vollziehung des angefochtenen Bescheides für die Antragsteller eine unbillige Härte zur Folge hätte. Die Vollziehung eines – noch nicht bestandskräftigen – Steuerbescheides ist für den Steuerpflichtigen unbillig hart, wenn ihm dadurch wirtschaftliche Nachteile drohen, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und die nicht oder nur sehr schwer wiedergutzumachen wären, oder wenn sogar die wirtschaftliche Existenz gefährdet wäre (vgl. Beschluss des BFH vom 24. März 1994 IV S 1/94, BStBl II 1994, 398). Solche Gründe sind weder aus den Akten ersichtlich, noch haben sie die Antragsteller substantiiert vorgetragen.

24
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Hundesteuer: Gefährlichkeit nach Maßgabe einer Rasseliste

 Leitsatz

Halter von Hunden, deren Gefährlichkeit nach Maßgabe einer Rasseliste vermutet wird, können auch dann einer erhöhten Gefährlichkeit nach Maßgabe einer Rasseliste unterworfen werden, wenn Hunde dieser Rassen nach dem einschlägigen Gefahrenabwehrrecht grundsätzlich nur gehalten werden dürfen, sofern der Nachweis der Zuverlässigkeit und Sachkunde des Halters sowie ein positiver Wesenstest des Hundes vorliegen.

Gesetze

GG Art. 3
Abs. 1;
GG Art. 20
Abs. 3;
GG Art. 105
Abs. 2 a

Instanzenzug

VG Wiesbaden VG 1 E 1103/01(1) vom 04.11.2003

HessVGH VGH 5 UE 903/04 vom 11.01.2005

Gründe

Die auf sämtliche Revisionszulassungsgründe (§ 132 Abs. 2 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Die Sache hat nicht die von der Beschwerde geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO .

a) Die Beschwerde wirft sinngemäß als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf, ob die erhöhte Besteuerung von Hunden, deren abstrakte Gefährlichkeit aufgrund von Rasselisten unwiderleglich vermutet wird, mit dem Gleichheitssatz in Art. 3 Abs. 1 GG und dem daraus folgenden Grundsatz der Steuergerechtigkeit vereinbar ist, obwohl die Regelungen des Gefahrenabwehrrechts das Halten solcher nach Rasselisten als gefährlich vermuteter Hunde nur erlauben, wenn die Zuverlässigkeit und Sachkunde des Halters nachgewiesen sind und der Hund einen Wesenstest mit dem Ergebnis seiner Ungefährlichkeit bestanden habe. Es stelle sich danach also die Frage, ob das Lenkungsziel der Zurückdrängung solcher vermeintlich „abstrakt gefährlichen” Hunderassen dann noch verfassungsgemäß sein könne, wenn aufgrund entsprechender Regelungen alle „abstrakt gefährlichen” Hunde konkret als ungefährlich erwiesen seien.

Mit diesen ordnungsrechtlichen Vorschriften über den Eignungsnachweis des Halters und den Wesenstest der Hunde sei eine dramatische Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse eingetreten, die dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Januar 2000 (- BVerwG 11 C 8.99 – BVerwGE 110, 265 ), das die erhöhte Besteuerung nach Rasselisten als gefährlich vermuteter Hunde für rechtens erklärt hat, den Boden entzogen habe. Denn das Bundesverwaltungsgericht habe sich in jener Entscheidung maßgeblich darauf gestützt, dass die Ungefährlichkeit eines einzelnen Hundes – nach damaligem Erkenntnisstand – nicht mit dem für eine solche Aussage notwendigen hohen Wahrscheinlichkeitsgrad festgestellt werden könne und dass solchen Einzelprüfungen erhebliche Praktikabilitätsbedenken entgegenstünden. Die mittlerweile auch in seinem Fall geltende gefahrenabwehrrechtliche Regelung habe demgegenüber zur Folge, dass im Ergebnis jeder Hund, bei dem die Beklagte aufgrund seiner Rassezugehörigkeit in ihrer Hundesteuersatzung die Einordnung als „gefährlicher Hund” unwiderlegbar vermute, nach menschlichem Ermessen in Wahrheit konkret ungefährlich sei. Die in der Hundesteuersatzung enthaltene unwiderlegbare Gefährlichkeitsvermutung für Hunde bestimmter Rassen sei danach jedenfalls nicht mehr durch Erwägungen der Verwaltungsvereinfachung und -praktikabilität getragen, wie das Bundesverwaltungsgericht noch in seinem Urteil vom 19. Januar 2000 gemeint habe.

b) Eine Frage grundsätzlicher Bedeutung ist auch unter Berücksichtigung dieser ordnungsrechtlichen Regelungen damit nicht aufgezeigt.

Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage würde in dem angestrebten Revisionsverfahren schon deshalb nicht in der gestellten Form zur Entscheidung stehen, weil die Hessische Gefahrenabwehrverordnung über das Halten und Führen von gefährlichen Hunden in der für das hier in Streit stehende Steuerjahr 2001 maßgeblichen Fassung vom 15. August 2000 (Hess. GVBl S. 411) mit der positiven Wesensprüfung nach § 14 Abs. 1 Nr. 8 nur den Nachweis verbindet, dass der Hund keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren aufweist, nicht aber – wie die Beschwerde meint – generell die individuelle Ungefährlichkeit des im Übrigen nach seiner Rassezugehörigkeit als gefährlich geltenden Hundes belegt.

Unabhängig hiervon lässt sich die aufgeworfene Frage auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts ohne weiteres dahin beantworten, dass ordnungsrechtliche Erlaubnisvorbehalte für das Halten gefährlicher Hunde, die den Nachweis der Zuverlässigkeit und Sachkunde des Halters sowie einen positiven Wesenstest des Hundes voraussetzen, die erhöhte Besteuerung von Hunden, deren abstrakte Gefährlichkeit nach Maßgabe einer Rasseliste vermutet wird, in ihrer Rechtmäßigkeit unberührt lassen. Denn ein rechtfertigender sachlicher Grund für den Erlass einer Lenkungssteuer mit dem Ziel der Minimierung einer als gefährlich vermuteten Hundepopulation besteht auch dann, wenn nach dem einschlägigen Gefahrenabwehrrecht nur Hunde gehalten werden dürfen, die und deren Halter die genannten Voraussetzungen erfüllen. Gefahrenabwehrrechtliche Regelungen dieser Art nehmen der Hundesteuer zudem nicht ihre Lenkungseignung.

Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 19. Januar 2000 (a.a.O. S. 274 f.) der Auffassung des Berufungsgerichts, der Steuertatbestand sei unter Verletzung des Gleichheitssatzes zu weit gefasst, weil er auch im Einzelfall ungefährliche Hunde der erhöhten Steuer unterwerfe, entgegengehalten, es verkenne dabei den vom Satzungsgeber verfolgten Lenkungszweck und den ihm dabei zustehenden Gestaltungs- und Typisierungsspielraum. Mit dem als unwiderlegliche Vermutung ausgestalteten Steuertatbestand für „Kampfhunde” nach Maßgabe der in der Hundesteuersatzung enthaltenen Rasseliste verfolge der Satzungsgeber nicht in erster Linie oder gar ausschließlich einen im engeren Sinne „polizeilichen” Zweck der aktuellen und konkreten Gefahrenabwehr. Das Lenkungsziel bestehe vielmehr – zulässigerweise – auch darin, ganz generell und langfristig im Gemeindegebiet solche Hunde zurückzudrängen, die aufgrund ihres Züchtungspotentials in besonderer Weise die Eignung aufwiesen, ein gefährliches Verhalten zu entwickeln, sei es auch erst nach Hinzutreten anderer Faktoren. Die unwiderlegliche Vermutung in der Rasseliste sei in besonderer Weise geeignet, dieses Ziel zu erreichen. Müssten nämlich in bestimmten Einzelfällen Ausnahmen von der höheren Besteuerung gewährt werden, so würde das dem steuerlichen Lenkungszweck, den Bestand an potentiell gefährlicheren Hunden möglichst gering zu halten, zuwiderlaufen. Schon in jener Grundsatzentscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht danach die erhöhte Besteuerung unwiderleglich als gefährlich vermuteter Hunde unabhängig von ihrer individuellen Gefährlichkeit für rechtens gehalten. Im Übrigen hat das Bundesverwaltungsgericht in dem Urteil vom 19. Januar 2000, was die Beschwerde offenbar verkennt, lediglich ergänzend („unabhängig davon”) darauf hingewiesen, dass die mit der Rasseliste verbundene Typisierung „auch durch Praktikabilitätsgesichtspunkte gedeckt” sei, weil Einzelfallprüfungen auch wegen der teilweisen Unberechenbarkeit des tierischen Verhaltens objektiv auf Schwierigkeiten stießen (a.a.O. Seite 275).

Der die erhöhte Besteuerung von Hunden der Rasseliste rechtfertigende Lenkungszweck als das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Januar 2000 selbstständig tragender Grund entfiele aus der Sicht der damaligen Entscheidung mithin auch dann nicht, wenn wegen der auf ordnungsrechtlicher Grundlage ohnehin erfolgenden Eignungsprüfung des Halters und des Wesenstests der Hunde die zusätzliche Praktikabilitätserwägung nicht mehr trüge. Selbst dies ist indes nicht der Fall. Denn der mit der erhöhten Steuer verfolgte Lenkungszweck, die Population von Hunden, die als potentiell gefährlich eingeschätzten Rassen angehören, im Gemeindegebiet generell zurückzudrängen, zielt von vornherein auf einen deutlich größeren Kreis von Fällen – nämlich die potentiellen Halter solcher Hunde – als die ordnungsrechtliche Pflicht zur Eignungsprüfung und zum Wesenstest es tun. Letztere betreffen nämlich nur die Halter, die sich ungeachtet der erhöhten Besteuerung zur Anschaffung eines nach Maßgabe der Rasseliste als gefährlich vermuteten Hundes entschlossen haben.

Hierin werden zugleich die Lenkungsfunktion der erhöhten Hundesteuer und ihr Zusammenspiel mit dem Recht der Gefahrenabwehr deutlich. Die erhöhte Steuer soll die Zahl der nach ihrer Rasse als gefährlich geltenden Hunde im Gemeindegebiet minimieren. Es liegt im Wesen jeder Verhaltenslenkung durch Besteuerung, dass es dem Adressaten von Gesetzes wegen frei steht, sich unter Inkaufnahme der erhöhten Steuer gegen deren Lenkungszweck zu entscheiden und – hier – einen nach Maßgabe der Rasseliste gefährlichen Hund zu halten. Tut er dies, greift das Recht der Gefahrenabwehr mit dem Erlaubnisvorbehalt und den Geboten des Zuverlässigkeits- und Sachkundenachweises für den Halter und des Wesenstests für den Hund. An der Verwirklichung des Steuertatbestandes ändert es indes nichts, wenn der Halter die erforderlichen Nachweise erbringt und der Hund den Wesenstest besteht. Entginge der Halter in diesem Fall der erhöhten Besteuerung, verlöre die Steuer ihre generelle Lenkungswirkung. Die Begrenzung der Zahl der nach Rassemerkmalen als gefährlich vermuteten Hunde würde nur mit dem ordnungsrechtlichen Instrumentarium erfolgen können, das jedenfalls mit seinem Erlaubnisverfahren für das Halten gefährlicher Hunde hierauf aber nicht abzielt.

Dies zeigt, dass der steuerrechtliche Lenkungszweck, Hunde bestimmter Rassen, in ihrer Population im Gemeindegebiet generell zurückzudrängen, unabhängig davon greift, ob im Einzelfall Umstände vorliegen, die im Hinblick auf die nachgewiesene Zuverlässigkeit und Eignung des Halters und den bestandenen Wesenstest des Hundes gegen dessen konkrete Gefährlichkeit sprechen.

Die erhöhte Besteuerung der Hunde bestimmter Rassen erweist sich entgegen der Auffassung der Beschwerde auch nicht im Hinblick darauf als gleichheitswidrig, dass die Halter von Hunden, die sich als individuell gefährlich gezeigt haben, nicht ihrerseits einer entsprechend erhöhten Besteuerung unterworfen werden. Da der Lenkungszweck der Steuer bei den konkret gefährlichen Hunden nicht greifen kann, darf der Steuersatzungsgeber die Behandlung der von ihnen ausgehenden Gefahren dem Ordnungsrecht überlassen (vgl. hierzu im Einzelnen BVerwG, Beschluss vom 22. Dezember 2004 – BVerwG 10 B 21.04 – NVwZ 2005, 598).

2. Die von der Beschwerde geltend gemachte Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) des angefochtenen Beschlusses zu dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Januar 2000 (a.a.O.) liegt nicht vor. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob die Beschwerde die behauptete Divergenz den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dargetan hat.

Aus den vorstehenden Ausführungen zu 1. ergibt sich, dass das Berufungsgericht mit dem von der Beschwerde seinem Beschluss sinngemäß entnommenen Rechtssatz, dass eine an die unwiderlegliche Vermutung der Gefährlichkeit bestimmter Hunderassen anknüpfende Hundesteuersatzung ungeachtet bestehender gefahrenabwehrrechtlicher Regelungen zum Erlaubnisvorbehalt für das Verhalten solcher Hunde mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Januar 2000 nicht widerspricht.

3. Die Beschwerde hat schließlich auch keinen Erfolg mit den gerügten Verfahrensmängeln. Sie beanstandet eine Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG und zugleich einen Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO , weil das Berufungsgericht das Vorbringen des Klägers zu den einschlägigen gefahrenabwehrrechtlichen Regelungen in den Gründen des angefochtenen Beschlusses nicht zur Kenntnis genommen habe.

Es trifft zu, dass das Berufungsgericht in seinem Beschluss auf den vom Kläger im verwaltungsgerichtlichen Verfahren und auch im Berufungsverfahren mehrfach vorgetragenen Einwand, die erhöhte Besteuerung von nach Rasselisten als gefährlich vermuteter Hunde könne angesichts der ordnungsrechtlichen Regelung, wonach solche Hunde nur gehalten werden dürfen, wenn sie eine Wesensprüfung positiv bestanden hätten und der Halter seine Zuverlässigkeit und Sachkunde nachgewiesen habe, nicht eingegangen ist.

Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtete das entscheidende Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Hingegen gewährt der Anspruch auf rechtliches Gehör keinen Schutz gegen Entscheidungen, die den Sachvortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts teilweise oder ganz unberücksichtigt lassen (stRspr; BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1997 – 1 BvR 1621/94 – BVerfGE 96, 205 <216>). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts ist allerdings grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht das Vorbringen der Beteiligten vollständig zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat, auch wenn es in den Gründen der Entscheidung nicht zu allen Einzelheiten ausdrücklich Stellung nimmt. Keine grundsätzlich anderen Pflichten folgen für das Gericht insoweit aus § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO , demzufolge sich aus den Gründen einer gerichtlichen Entscheidung für die Beteiligten und das Rechtsmittelgericht nachvollziehbar ergeben muss, warum das erkennende Gericht beispielsweise Parteivorbringen für unerheblich gehalten hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Mai 2003 – BVerwG 1 B 298.02 – Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 270 S. 92).

Der Senat kann offen lassen, ob das Berufungsgericht gegen Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO dadurch verstoßen hat, dass es sich in dem angefochtenen Beschluss jeglicher Begründung zu dem auf die einschlägigen ordnungsrechtlichen Regelungen zielenden Vorbringen des Klägers enthalten hat, obwohl es sich dabei erkennbar um eines der wesentlichen Argumente des Klägers zur Stützung seines Begehrens handelte und dieses auch nicht von vornherein als offensichtlich nicht entscheidungserheblich unberücksichtigt bleiben konnte. Selbst wenn die Entscheidung des Berufungsgerichts insoweit an einem Verfahrensfehler leiden sollte, könnte dies weder zum Erfolg der Revision noch unmittelbar zur Zurückverweisung der Sache nach § 133 Abs. 6 VwGO führen. Denn die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts, die dem Senat – wie vorstehend unter 1. ausgeführt – jedenfalls eine Bestätigung der angefochtenen Entscheidung als im Ergebnis richtig erlauben (§ 144 Abs. 4 VwGO) , würden von diesem Gehörs- und Begründungsverstoß nicht berührt (zur Anwendbarkeit des § 144 Abs. 4 VwGO in solchen Fällen vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Juli 2002 – BVerwG 8 C 37.01 – Buchholz 428 § 1 Abs. 3 VermG Nr. 35; Urteil vom 16. März 1994 – BVerwG 11 C 48.92 – Buchholz 442.151 § 46 StVO Nr. 10; stRspr).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO ; die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 3, § 47 Abs. 1 und 3 GKG.

 

Absetzungen für Abnutzung (AfA) bei Pkw und Kombifahrzeugen

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird zu Einzelfragen wie folgt Stellung genommen:

1. Nach Nummer 1 Satz 2 und Nummer 3 Satz 1 des Bezugschreibens ist für Pkw und Kombifahrzeuge, die nach dem 31. Dezember 1992 erstmals zugelassen worden sind, grundsätzlich eine Nutzungsdauer von fünf Jahren anzunehmen. Dies bedeutet, daß es nicht zu beanstanden ist, wenn der Steuerpflichtige den Absetzungen für Abnutzung keine längere als eine fünfjährige Nutzungsdauer zugrunde legt. Bei einer hohen Fahrleistung kann
aber auch eine kürzere Nutzungsdauer anerkannt werden. Die Absetzungen für Abnutzung sind weder zu kürzen noch zu versagen, wenn sich bei einer Weiterveräußerung des Fahrzeugs herausstellt, daß die Absetzungen für Abnutzung den tatsächlichen Wertverzehr überschritten haben.

2. Nach Nummer 3 Satz 3 des Bezugschreibens ist den Absetzungen für Abnutzung bei Kraftfahrzeugen, die im Zeitpunkt der Anschaffung nicht neu gewesen sind, die entsprechende Restnutzungsdauer zugrunde zu legen. Dies bedeutet, daß grundsätzlich eine Restnutzungsdauer von höchstens fünf Jahren anzunehmen ist. Sie ist in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, nämlich Alter, Beschaffenheit und voraussichtlicher Einsatz des Kraftfahrzeugs, zu schätzen.

3. Nach Nummer 3 Satz 4 des Bezugschreibens können die AfA-Beträge, die bei Anwendungdes Abschnitts 38 Abs. 1 Satz 5 LStR 1990 unter Annahme einer achtjährigen Nutzungsdauer im Verhältnis zur jetzt geltenden fünfjährigen Nutzungsdauer nicht ausgeschöpft worden sind, bei der Veranlagung zur Einkommensteuer für 1992 berücksichtigt werden. Es ist jedoch nicht zu beanstanden, wenn der Steuerpflichtige die bisher nicht ausgeschöpften Absetzungen für Abnutzung bereits bei der ersten noch offenen Veranlagung nachholt. Die Nachholung von AfA-Beträgen setzt jedoch voraus, daß der Steuerpflichtige die tatsächlichen Gesamtkosten seines Fahrzeugs seinen steuerlich zu berücksichtigenden Fahrtkosten zugrunde gelegt hat. Wenn er die Fahrtkosten mit einem pauschalen Kilometersatz angesetzt hat, kommt eine Nachholung von AfA- Beträgen nicht in Betracht.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

LSt-Kartei BY: Ab 01.01.2001 sind die neuen Afa-Tabellen (vgl. BMF-Schreiben vom 15.12.2000, BStBl. I S. 1532 ff.) zu beachten. Danach beträgt die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer für ab 01.01.2001 angeschaffte Pkw und Kombifahrzeuge sechs Jahre (vorher: fünf Jahre).

 

Erhöhte Hundesteuer für Zweithund: Hundehaltung ist haushaltsbezogen zu betrachten

 Leitsatz

Die erhöhte Hundesteuerpflicht für Zweithunde stellt nicht darauf ab, wieviele Hunde eine Person hält, sondern wieviele Hunde in einem Haushalt gehalten werden.

 Gesetze

HuStG § 1 Abs. 2 Satz 1 HuStG § 2 Abs. 1 Satz 2

 Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte zu Recht gegen die miteinander verheirateten Kläger wegen der Haltung eines zweiten Hundes eine gegenüber dem „Ersthund” erhöhte Hundesteuer festgesetzt hat (Jahressteuer 360,00 DM statt 240,00 DM).

Auf amtlichem Vordruck meldeten die Kläger am 17. Januar 1985 die Haltung eines Jagdhundmischlings an, am 16. September 1996 die eines weiteren Mischlingshundes.

Aufgrund des Art. VI in Verbindung mit Art. XX des Haushaltsstrukturgesetzes 1997 – HstruktG – vom 12. März 1997 (Gesetz und Verordnungsblatt für Berlin 1997, 69 ff.) wurde rückwirkend ab dem 1. Januar 1997 die Hundesteuer von jährlich 180,00 DM auf 240,00 DM („Ersthund”) erhöht und „für jeden weiteren Hund” eine Jahressteuer von 360,00 DM bestimmt (§ 2 Satz 2 Hundesteuergesetz – HundStG -).

Daraufhin erließ der Beklagte gegen die Kläger am 1. August 1997 einen nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Abgabenordnung – AO – geänderten Bescheid über Hundesteuer, in welchem er ab dem 1. Januar 1997 eine Jahressteuer von insgesamt 600,00 DM für zwei Hunde festsetzte (240,00 DM für den „Ersthund”, 360,00 DM für den weiteren Hund).

Dagegen legten die Kläger Einspruch ein mit der Begründung, dass jeder Ehegatte jeweils nur für das Halten eines „Ersthundes” zur Hundesteuer herangezogen werden dürfe. Der ältere der beiden Hunde gehöre dem Ehemann allein, der jüngere („Zweithund”) allein der Ehefrau aufgrund einer Schenkung durch den Ehemann. Darüber hinaus verstoße das Hundesteuergesetz gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 des Grundgesetz es – GG – sowie gegen den besonderen Schutz von Ehe und Familie gemäß Art. 6 GG . Denn im Gegensatz zu miteinander verheirateten Hundehaltern würden Partner anderer Lebensgemeinschaften bei zwei Hunden jeweils nur zur Steuer für einen „Ersthund” herangezogen.

Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 29. Juni 1998 als unbegründet zurückgewiesen. Aufgrund des Gleichberechtigungsgesetzes bildeten beide Ehegatten gemeinsam einen Haushaltsvorstand. Unbedeutend sei, in wessen Eigentum ein Hund bei einem aus mehreren Personen bestehenden Haushalt stehe. Überhaupt sei das Eigentum an einem Hund nach dem Hundesteuergesetz unerheblich. Entgegen der Auffassung der Einspruchsführer (Kläger) verstoße die Besteuerung des weiteren Hundes als „Zeithund” auch nicht gegen Art. 3 und 6 GG . Denn auch Partner nichtehelicher Lebensgemeinschaften, die in einem gemeinsamen Haushalt lebten, würden für weitere Hunde zu der erhöhten Steuer herangezogen.

Auch im nachfolgenden Klageverfahren wenden die Kläger sich gegen die erhöhte Besteuerung des „Zweithundes”. Jeder von beiden Ehegatten halte jeweils einen „Ersthund”. Es sei eine verfassungswidrige Schlechterstellung gegenüber unverheirateten Paaren gegeben.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

den Hundesteuerbescheid vom 1. August 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. Juni 1998 in der Weise zu ändern, dass die Steuer für beide Hunde ab dem 1. Januar 1997 auf insgesamt 480,00 DM Jahressteuer festgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Dem Senat hat ein Band der zur Steuernummer … vom Beklagten für die Kläger geführten Hundesteuerakten vorgelegen.

 Gründe

Der Senat hat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO – ).

Die Klage ist zulässig. Die Klage ist insbesondere innerhalb der einmonatigen Klagefrist gemäß § 47 Abs. 1 FGO eingegangen. Zwar ist die Einspruchsentscheidung laut Absendevermerk am 29. Juni 1998 zur Post gegeben worden, sodass sie nach der Bekanntgabefiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO grundsätzlich am 2. Juli 1998 als bekannt gegeben gilt, somit bei Eingang der Klageschrift beim Gericht am 23. November 1998 die Klagefrist versäumt worden wäre.

Die Bekanntgabefiktion gilt hier jedoch nicht („außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist”). Die Kläger haben vorgetragen, das Original der Einspruchsentscheidung nicht erhalten zu haben, erst durch Übersendung einer Kopie der Einspruchsentscheidung mit Schreiben des Beklagten vom 20. Oktober 1998 von der Entscheidung Kenntnis erlangt zu haben. Bestreitet ein Steuerpflichtiger, wie die Kläger, die (Original-) Einspruchsentscheidung überhaupt erhalten zu haben, kann eine weitere Substantiierung nicht verlangt werden (vgl. Klein / Brockmeyer 6. Aufl. § 122 AO Anm. 4 c). Im Zweifel muss die Behörde den rechtzeitigen Zugang nachweisen (Klein / Brockmeyer a. a. O. Anm. 4 c). Da die Übersendung einer Fotokopie eine zulässige Form der Bekanntgabe ist (vgl. Klein / Brockmeyer a. a. O. Anm. 2) ist daher mit Übersendung der Fotokopie der Einspruchsentscheidung mit Schreiben vom 20. Oktober 1998 eine neue Klagefrist angelaufen, sodass die am 23. November 1998 beim Gericht eingegangene Klageschrift die Klagefrist gewahrt hat.

Die Kläger haben zwar wörtlich die (vollständige) Aufhebung des angefochtenen Steuerbescheids beantragt. Aus der Klagebegründung ergibt sich jedoch, dass sie sich tatsächlich nur gegen die gegenüber der Steuerfestsetzung für den „Ersthund” erhöhte Steuer für den „Zweithund” wenden.

Die solchermaßen verstandene Klage ist jedoch unbegründet. Die Kläger werden in ihren Rechten nicht verletzt. Zutreffend hat der Beklagte die Steuer gegen die Kläger für das Halten von zwei Hunden festgesetzt.

Beide Kläger halten als Ehegatten gemeinsam zwei Hunde, sodass für den zweiten Hund eine erhöhte Steuer von 360,00 DM im Jahr festzusetzen war. Gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 HundStG gilt als Halter aller in einem Haushalt gehaltenen Hunde der Haushaltsvorstand. Im Lichte des Gleichberechtigungsgesetzes vom 18. Juni 1957 (Bundesgesetzblatt – BGBl – I 609) versteht der Senat dies entsprechend der Auffassung des Beklagten dahingehend, dass beide Ehegatten gemeinsam den Haushaltsvorstand im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 HundStG bilden. Von einer haushaltsbezogenen Betrachtung der Hundehaltung geht offenbar auch der Gesetzgeber aus, wenn er alle in einem Haushalt lebenden Hunde zusammenfassen und einem Besteuerungssubjekt zurechnen will. Eine andere Betrachtung erscheint auch nach der Rechtswirklichkeit ausgeschlossen. Denn dass zusammenlebende Ehegatten – wie hier – in einer Wohnung zwei selbstständige Haushalte führen, ist nicht denkbar. Insofern ist die Formulierung in § 2 Abs. 1 Satz 2 HundStG („hält ein Hundehalter mehrere Hund …”) im Zusammenhang zu sehen mit der Anknüpfung an den Haushaltsvorstand in § 1 Abs. 2 Satz 1 HundStG in der speziellen Rechtsfortentwicklung, die dieser Begriff durch das Gleichberechtigungsgesetz gefunden hat. Darüber hinaus ist bei der Auslegung des § 2 Abs. 1 Satz 2 HundStG die gesetzgeberische Intention zu berücksichtigen, durch eine erhöhte Steuer für weitere Hunde einen gewissen prohibitiven Effekt zu erzielen, was ebenfalls für die erhöhte Steuerfestsetzung spricht, wenn mehrere Hunde in einem Haushalt gehalten werden.

Dass der „Zweithund” im Eigentum allein der Ehefrau steht, hat entgegen der Auffassung der Kläger für die Besteuerung keine Bedeutung. Denn der Begriff der Hundehaltung knüpft – ebenso wie etwa die Haltereigenschaft im Kraftfahrzeugsteuerrecht – nicht an das Eigentum an. Anders machte die Regelung in § 1 Abs. 2 Satz 2 HundStG keinen Sinn, wonach der Eigentümer des Hundes neben dem Haushaltsvorstand für die ihm gehörenden Hunde haftet.

Der Senat sieht auch keine Verletzung der Art. 3 und 6 GG . Jedenfalls die vom Kläger angesprochenen, auf Dauer angelegten eheähnlichen Lebensgemeinschaften dürften im Ergebnis wie zusammenlebende Ehegatten für die Frage des Halters „weiterer” Hunde behandelt werden, sodass eine Ungleichbehandlung, die zudem den besonderen Schutz von Ehe und Familie verletzen könnte, nicht ersichtlich ist. Denn entweder betrachtet man dann eine Person als Haushaltsvorstand, die nach der gesetzlichen Regelung als Halter aller in ihrem Haushalt lebenden Hunde gilt, oder aber man gelangt aufgrund einer gemeinsamen Haushalts- und Lebensgemeinschaft auch hier zu einem gemeinsamen Haushaltsvorstand, weil beide Partner in derselben Wohnung nur einen gemeinsamen Haushalt führen können und insofern gemeinschaftlich alle dort lebenden Hunde halten. In beiden Fällen ist der „Zweihund” als weiterer Hund erhöht zu besteuern.

Schließlich sieht der Senat auch keine Verfassungswidrigkeit darin, dass die Hundesteuer rückwirkend ab dem 1. Januar 1997 erhöht worden ist. Der Senat hat dies bereits mehrfach ausgesprochen (Einzelrichterurteil vom 27. Mai 1998, 1 K 1030/98, Urteil des Senats vom 17. Februar 2000, 1 K 1291/98 in Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2000, 644 ) und verweist dazu insbesondere auf die veröffentlichten Urteilsgründe des vorgenannten Urteils vom 17. Februar 2000. Zwar liegt darin für die Monate Januar bis März 1997 tatbestandsmäßig eine echte Rückwirkung eines Steuergesetzes, die aber deshalb vorliegend unbedenklich ist, weil sie dem von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geprägten Begriff des Bagatellvorbehalts unterfällt. Der Senat ist der Auffassung, dass die rückwirkende Erhöhung für den „weiteren Hund” von 15,00 DM je Monat für die Monate Januar bis März (zusammen 45,00 DM) nur zu einem ganz unerheblichen Schaden geführt hat, der die Verfassungsmäßigkeit der Regelung nicht berührt. Denn wenn schon der Halter eines Hundes einen allgemein erhöhten Aufwand betreibt, gilt dies erst recht und in einem weiteren Umfang für den Halter mehrerer Hunde. Auch ist hier der Umstand zu berücksichtigen, dass die Hundesteuer über Jahre hinweg nicht erhöht worden ist.

Der Beklagte war auch verfahrensrechtlich zur Vornahme der Änderung der Steuerfestsetzung befugt (vgl. Urteil Finanzgericht – FG – Berlin vom 17. Februar 2000 1 K 1291/98 a. a. O., 646). Allerdings ist das Gesetz insoweit unvollkommen ausgestaltet. Nur dann, wenn man in der Hundesteuer eine Verbrauchsteuer sieht (so etwa Schwarz, AO , 11. Aufl., § 3 Rdnr. 9), würde als verfahrensrechtliche Änderungsgrundlage § 172 Abs. 1 Nr. 1 AO unmittelbar eingreifen. Da sie jedoch nach zutreffenden Auffassung eine Aufwandsteuer ist (so etwa Birk in Hübschmann / Hepp / Spitaler, AO / FGO , 10. Aufl., § 3 AO Rdnr. 190), kommt nach Auffassung des Senats nur eine Anwendung des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 d AO in lückenausfüllender Ergänzung in Betracht (so auch FG Hamburg, Urteil vom 20. September 1984 III 125/84 , ZKF 1985, 61). Das noch aus dem Jahre 1939 stammende Hundesteuergesetz selbst enthält keinen Änderungstatbestand, obwohl gerade die wegen des Dauertatbestandcharakters der Hundehaltung erfolgende Festsetzung der Steuer auf unbestimmte Zeit eine Änderungsmöglichkeit unabdingbar macht – wie etwa in § 12 Abs. 2 Kraftfahrzeugsteuergesetz – KraftStG – zum Dauertatbestand der Fahrzeughaltung geregelt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO .

Den Streitwert hat das Gericht nach §§ 25 , 13 Gerichtskostengesetz – GKG – unter Berücksichtigung der Sachanträge, so wie sie das Gericht auslegt, bestimmt.