BFH: Missbräuchliche Nutzung des Schachtelprivilegs über Luxemburger Zwischengesellschaft unzulässig

BFH-Urteile vom 18.12.2024 – I R 12/21 und I R 13/21
(Pressemitteilung, veröffentlicht am 02.05.2025)

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich mit zwei Urteilen vom 18. Dezember 2024 zur missbräuchlichen Inanspruchnahme des Schachtelprivilegs nach dem Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland–Luxemburg (DBA 1958/2009) geäußert. Im Fokus: eine Konstellation, bei der eine deutsche KGaA über eine faktisch funktionslose Luxemburger Tochtergesellschaft steuerlich privilegierte Dividenden generieren wollte.


📌 Was ist das Schachtelprivileg?

Das sogenannte Schachtelprivileg ermöglicht es in vielen Doppelbesteuerungsabkommen – so auch im DBA Luxemburg – dass Dividenden zwischen verbundenen Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei gestellt werden. Damit soll Doppelbesteuerung bei grenzüberschreitenden Konzernstrukturen vermieden werden.


⚖️ Der Fall: Künstlich erzeugte Dividende durch Rechtsakte in Serie

Die Klägerin, eine deutsche Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA), hatte eine Luxemburger Tochtergesellschaft errichtet, die kaum operative Tätigkeit entfaltete. Im Mittelpunkt stand vielmehr ein künstlich erzeugter Dividendenfluss, der durch folgende Abfolge von Maßnahmen initiiert wurde:

  1. Einlage eines Gesellschafterdarlehens
  2. Darlehensverzicht durch die deutsche Muttergesellschaft
  3. Ausschüttung der so geschaffenen Eigenmittel als Dividende

Durch diese Gestaltung sollten die Ausschüttungen unter Berufung auf das Schachtelprivileg des DBA steuerfrei bleiben.


🧾 Die Entscheidung des BFH

Der BFH erkannte in dieser Konstruktion einen steuerlichen Missbrauch im Sinne von § 42 AO. Die Luxemburger Gesellschaft habe keine wirtschaftliche Funktion erfüllt, sondern lediglich als „Durchleitungsgesellschaft“ fungiert, um eine steuerlich privilegierte Dividende zu simulieren.

👉 Folge: Das Schachtelprivileg konnte nicht angewendet werden – die Dividenden unterlagen somit voll der Besteuerung in Deutschland.


📍 Relevanter Zusatz: § 15b EStG nicht auf Gewerbesteuer anwendbar

In dem zusammenhängenden Verfahren I R 13/21 entschied der BFH zudem, dass die Abzugsbeschränkung für Verluste aus Steuerstundungsmodellen (§ 15b EStG) nicht auf die Gewerbesteuer übertragbar ist. Dies ist insbesondere für Fonds- oder Modellinvestoren von Bedeutung, die Verluste aus solchen Strukturen geltend machen wollen.


💡 Fazit und Praxishinweise

Der BFH sendet ein klares Signal:
Gestaltungen ohne wirtschaftliche Substanz, die nur auf Steuervermeidung abzielen, sind nicht durch DBA-Privilegien geschützt.

👉 Für die Praxis heißt das:

  • Substanzanforderungen im Ausland müssen ernst genommen werden.
  • Nur funktionsfähige Gesellschaften mit eigenständiger Geschäftsleitung und wirtschaftlicher Tätigkeit können sich auf DBA-Vergünstigungen berufen.
  • Sogenannte Durchleitungsgesellschaften oder „Briefkastenstrukturen“ bergen ein hohes Risiko der steuerlichen Nichtanerkennung.
  • Verlustverrechnungsbeschränkungen nach § 15b EStG greifen nicht im Bereich der Gewerbesteuer – ein Punkt, der insbesondere bei der Planung gewerblicher Fondsbeteiligungen berücksichtigt werden sollte.

Quelle: Bundesfinanzhof, Urteile vom 18.12.2024 – I R 12/21 und I R 13/21