BFH: Parallelimporte von Arzneimitteln können verdeckte Gewinnausschüttung auslösen

BFH, Urteil vom 11.12.2024 – I R 41/21
(Pressemitteilung Nr. 27/25 vom 02.05.2025)

In einem Urteil mit erheblicher Bedeutung für international tätige Konzerne hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass Parallelimporte von Arzneimitteln zu einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) führen können – und zwar dann, wenn die Vorteile aus konzerninternen Vertriebsaktivitäten nicht angemessen zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft aufgeteilt werden.


⚖️ Hintergrund des Falls

  • Klägerin: Eine deutsche GmbH, Tochtergesellschaft eines ausländischen Pharma-Konzerns
  • Aufgabe: Vertrieb von Originalarzneimitteln des Konzerns in Deutschland
  • Organschaft: Die Vertriebsgesellschaft ist Organgesellschaft einer deutschen Organträgerin (ebenfalls Tochter der Konzernmutter)

In Deutschland sind Apotheken gesetzlich verpflichtet, einen Teil ihres Arzneimittelbedarfs über Parallelimporteure zu günstigeren Preisen zu decken (sog. Importförderklausel). Diese Parallelimporte basieren oft auf dem Bekanntheitsgrad und der Marktdurchdringung der Originalprodukte, die durch Marketingmaßnahmen der inländischen Vertriebsgesellschaft gestärkt werden – wovon auch die ausländische Konzernmutter profitiert.


🧾 Streitpunkt: Aufwandsverlagerung ohne Vergütung = vGA?

Das Finanzamt nahm eine verdeckte Gewinnausschüttung an, weil die ausländische Muttergesellschaft durch die unentgeltliche Nutzung der Marketingwirkung der deutschen Vertriebsgesellschaft Aufwendungen erspart habe. Die durch Parallelimporte erzielten Vertriebserfolge im Ausland seien mittelbar auf die Arbeit der deutschen Gesellschaft zurückzuführen – ohne dass hierfür eine Gegenleistung erbracht wurde.

Das zunächst zuständige Finanzgericht verneinte die vGA – mit der Begründung, ein fremder Dritter hätte unter ähnlichen Umständen auch keine höhere Marge oder gesonderte Vergütung erhalten.


📌 BFH: Fremdvergleich nicht ausreichend gewürdigt

Der BFH hob das Urteil auf und stellt klar:

  • Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt.
  • Die Marketingaktivitäten der deutschen Vertriebsgesellschaft wirken faktisch konzernweit – auch auf den Erfolg der Parallelimporte.
  • Fremdübliche Vergütungssysteme (z. B. Bonussysteme für Außendienstmitarbeiter, die den Gesamtumsatz inklusive Parallelimporte berücksichtigen) sprechen für eine Weiterbelastungspflicht gegenüber der Konzernmutter.
  • Das FG habe nicht ausreichend geprüft, ob die Muttergesellschaft eine geldwerte Aufwandsersparnis erzielt hat.

Der Fall wurde zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das FG zurückverwiesen.


📣 Bedeutung für die Praxis

Für international agierende Unternehmensgruppen – insbesondere im Pharma- oder Markenartikelbereich – ergeben sich klare Hinweise:

  • Aufmerksam prüfen, ob inländische Tochtergesellschaften Konzernvorteile generieren, ohne dass hierfür eine angemessene Vergütung erfolgt.
  • Die reine Nutzung von Marketingeffekten durch Dritte oder andere Konzernunternehmen kann eine verdeckte Gewinnausschüttung begründen, auch ohne direkte Zahlung.
  • Fremdvergleichsgrundsätze sind insbesondere bei Organschaften und konzerninternen Vertriebsstrukturen sorgfältig zu dokumentieren.

💡 Fazit

Der BFH stellt klar: Nicht vergütete Marketingeffekte, die anderen Konzernteilen zugutekommen – etwa durch erhöhte Parallelimporte – können steuerlich als verdeckte Gewinnausschüttung gewertet werden. Unternehmen sollten daher prüfen, ob ihr internes Transferpreissystem solchen Konstellationen Rechnung trägt und Fremdvergleichsgrundsätze konsequent angewendet werden.


Quelle: Bundesfinanzhof, Pressemitteilung vom 02.05.2025
Urteil vom 11.12.2024, Az. I R 41/21 (LEXinform-Dokument Nr. 0953944)