Archiv der Kategorie: Privatbereich

Photovoltaikanlage auf Hausdach: Kein Teilabzug privater Gebäudekosten

Photovoltaikanlage auf Hausdach: Kein Teilabzug privater Gebäudekosten

Kernproblem
Wer eine Photovoltaikanlage mit Gewinnabsicht betreibt und Einnahmen aus der Einspeisung des Stromes in das Netz generiert, erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Was den ertragsteuerlichen Umgang mit gemischten Aufwendungen angeht, die mit dem Betrieb der Anlage unweigerlich verbunden sind, ist bisher höchstrichterlich weitestgehend noch ungeklärt. Das Finanzgericht (FG) München hat entschieden, dass die vor der Installation der Photovoltaikanlage angefallenen Aufwendungen im Zusammenhang mit der Sanierung des Daches des im Übrigen privat genutzten Gebäudes teilweise betrieblich veranlasster Erhaltungsaufwand sind. Rechtssicherheit ist allerdings nicht eingetreten, denn der Bundesfinanzhof (BFH) muss das Urteil in der Revision prüfen. Das hat er jetzt bereits in einem anderen Fall getan.

Sachverhalt
Ein Landwirt hatte auf dem Dach zweier Hallen jeweils eine Photovoltaikanlage installiert und den erzeugten Strom in das öffentliche Netz eingespeist. Die Hallen überließ er zu einem geringen Mietzins der Ehefrau, die darin eine Pferdepension betrieb und eine Mutterkuhherde hielt. Nachdem das Finanzamt die Vermietung der beiden Hallen wegen Liebhaberei nicht anerkennen wollte, beantragte der Landwirt die Minderung der gewerblich deklarierten Einspeisevergütungen um die durch den Betrieb der Photovoltaikanlage veranlassten (anteiligen) Hallenkosten. Den Abzug als Aufwandseinlage lehnten Finanzamt und Finanzgericht Köln jedoch ab.

Entscheidung
Der BFH verwehrte den Abzug der anteiligen Kosten als Betriebsausgabe mit der Begründung, dass sich die Aufwendungen nicht nachvollziehbar zwischen der privaten Hallennutzung und der gewerblichen Hallen(dach)nutzung aufteilen ließen. Die Richter bewerten die Photovoltaikanlage und die Hallen als jeweils eigenständige Wirtschaftsgüter, die nicht (auch nicht teilweise) zum Betriebsvermögen des Betriebs „Stromerzeugung“ gehören. Das Dach diene gleichzeitig als Fundament der Anlage und Schutz der Innenräume vor Witterungseinflüssen. Diese Funktionen seien untrennbar miteinander verbunden und der jeweilige Funktionsteil nicht quantifizierbar. Auch die umsatzsteuerlich zur Aufteilung von Vorsteuern zugelassene Aufteilung nach dem Verhältnis der tatsächlich oder abstrakt erzielbaren Mieten für die Halle und der Dachfläche käme ertragsteuerlich nicht in Betracht.

Konsequenz
Für die privaten Betreiber einer Solaranlage hat das Urteil die positive Konsequenz, dass das private Wohnhaus nicht anteilig zum notwendigen Betriebsvermögen wird. Wer dennoch auf den Abzug der Kosten aus ist, kann Verfahren mit Hinweis auf die Revision zum Urteil des FG München offenhalten.

Teilnahme an einer Fernsehshow: Preisgeld ist steuerpflichtig!

Teilnahme an einer Fernsehshow: Preisgeld ist steuerpflichtig!

Kernproblem
Wer bei einer Quizsendung wie „Wer wird Millionär“ den Jackpot gewinnt, kann sich glücklich schätzen, denn der Gewinn geht ohne das Handaufhalten des Fiskus auf das eigene Bankkonto über. Gleiches gilt bei Lotto, Toto und Roulette, also bei reinen Glücksspielen. Dagegen kann schon beim Pokern der Spaß vorbei sein. Das gilt zumindest seit dem vorletzten Jahr, denn da hat das Finanzgericht (FG) Köln einem hauptberuflichen Flugpiloten, der sich in der Szene zum bekannten Pokerspieler gemausert hatte, gewerbliche Einkünfte unterstellt, die er seiner „Geschicklichkeit“ zu verdanken habe – und nicht dem Glück. Hier hat der Bundesfinanzhof (BFH) das letzte Wort. Bereits entschieden ist die Steuerpflicht von Gewinnen bei Fernsehsendungen wie „Big Brother“ oder „Mein großer, dicker, peinlicher Verlobter“. Hier waren die Gewinne (im letztgenannten Fall von 250.000 EUR) als sonstige Einkünfte zu versteuern, weil der BFH eine „Leistung“ des Kandidaten gegenüber dem Produzenten oder Fernsehsender vermutet hat, für die das Preisgeld ein Entgelt ist. Das FG Münster kommt jetzt beim Gewinner der Fernsehshow „Die Farm“ zum gleichen Ergebnis.

Sachverhalt
Nach Medienberichten vereinnahmte der Sieger der RTL Reality-Show einen Betrag von 50.000 EUR. Zudem gab es „Anwesenheitspauschalen“ für den Gewinner und die 11 Mitstreiter, die bis zu 7 Wochen ohne Wasser und Strom auf einem abgelegenen und verlassenen Bauernhof in Norwegen lebten. Dabei mussten sie sich ihre Nahrung durch Ackerbau und Viehhaltung selbst erwirtschaften. In Ausscheidungsspielen wie Axtwerfen, Melken oder Tauziehen wurde ermittelt, wer den Bauernhof verlassen musste. Dem Gewinner des letzten Spiels wurde vertraglich ein Projektgewinn zugesagt. Das Finanzamt des „Farmers des Jahres“ behandelte Siegprämie und Pauschale als sonstige Einkünfte. Der bis dahin glückliche Gewinner sah dagegen die Einnahmen als stark zufallsabhängig und wie Glücksspiele nicht steuerbar an; so hätten z. B. die Kandidaten beim Wettmelken nicht beeinflussen können, ob die Kuh den Eimer umstößt. Ob das die Richter überzeugte?

Entscheidung
Das FG setzte noch einen drauf, denn neben Siegprämie und Pauschale waren auch Sachbezüge für Unterkunft und Verpflegung zu versteuern. Dafür durften die für Norwegen geltenden Verpflegungsmehraufwendungen angerechnet werden. Die Begründung gleicht dem „Big Brother“ Urteil des BFH: Die Einnahmen wurden als Gegenleistung für die Teilnahme an der Show, die ständige Anwesenheit sowie der Überlassung der Verwertungsrechte am Bild- und Tonmaterial gewährt. Dagegen war die Zufallskomponente zu vernachlässigen und der Gewinn eigener Kraft, Geschicklichkeit und Wissen zu verdanken.

Konsequenz
Wer an solchen Fernsehformaten teilnimmt, muss die Steuerpflicht der Gewinne einplanen. Das Thema ist höchstrichterlich geklärt, weshalb auch keine Revision vor dem BFH zugelassen wurde.

Kosten von Nahrungsergänzungsmitteln: Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung?

Kosten von Nahrungsergänzungsmitteln: Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung?

Kernproblem
Krankheitskosten erwachsen dem Steuerpflichtigen grundsätzlich zwangsläufig, weil er sich ihnen aus tatsächlichen Gründen nicht entziehen kann. Das rechtfertigt einen Abzug als außergewöhnliche Belastung bei Ermittlung der Einkommensteuer, soweit die zumutbare Eigenbelastung überschritten ist. Von einem Steuervorteil ausgenommen sind ausdrücklich die Aufwendungen für Diätverpflegung. Das Abzugsverbot wurde 1974 eingeführt und unter anderem damit begründet, dass die Steuerermäßigung bis dahin vielfach ungerechtfertigt in Anspruch genommen wurde, denn die Einhaltung der Diät könne nicht nur zu einer Mehrbelastung, sondern auch zu Einsparungen führen. Trotz des gesetzlichen Abzugsverbots werden Fälle an den Finanzgerichten anhängig, denn der Begriff „Diät“ ist nicht immer eindeutig.

Sachverhalt
Beim Finanzgericht Düsseldorf begehrte eine Klägerin den Aufwand für Nahrungsergänzungsmittel als außergewöhnliche Belastung. In ihrer Einkommensteuererklärung hatte sie über Apotheken bezogene Vitamine und andere Mikronährstoffe für verschiedene Präparate (z. B. Benfotiamin, Vitamin A und D, Biotin, Vitamin B2 laktosefrei, Adenosylcobalamin, Kalzium und Vitamin D, Bio-C-Vitamin) geltend gemacht. Der Klägerin wurde ärztlich bescheinigt, dass sie unter einer chronischen Stoffwechselstörung leide, die keine medikamentöse Behandlung indiziere, sondern die laufende Einnahme von Mikronährstoffen erforderlich mache. Das Finanzamt lehnte den Abzug mit Hinweis auf das Abzugsverbot ab.

Entscheidung
Das Finanzgericht wies die Klage zurück. Nach Auffassung der Richter gelte das gesetzliche Abzugsverbot auch für den Fall, dass die Diätverpflegung nicht nur neben, sondern anstelle von Medikamenten zur Linderung der Krankheit benötigt werde. Gleiche Rechtsfolge trete ein, wenn die Diät aufgrund einer ärztlichen Verordnung unmittelbar als Therapie eingesetzt und damit Medikamentencharakter habe. Die geltend gemachten Aufwendungen subsumierte das Gericht auch als solche einer Diät, denn hierunter sei die auf die Bedürfnisse des Patienten und der Therapie der Erkrankung abgestimmte Ernährung zu verstehen. Diese könne in der Einschränkung der gesamten Ernährung, in der Vermeidung bestimmter Anteile oder in der Vermehrung aller oder bestimmter Nahrungsanteile bestehen. Zu den Diäten gehörten auch an ständige Leiden (z. B. Zöliakie) angepasste langzeitige Sonderdiäten, nicht nur kurzzeitig angewandte Einform- oder langfristig angewandte Grunddiäten (z. B. Gicht und Zucker).

Konsequenz
Nahrungsergänzungsmittel unterliegen damit trotz ärztlicher Verordnung dem gesetzlichen Abzugsverbot.

Kostenerstattung nur bei zwingend vorgeschalteten Vorverfahren

Kostenerstattung nur bei zwingend vorgeschalteten Vorverfahren

Kernaussage
Die Gebühren und Auslagen des Prozessbevollmächtigten für seine Tätigkeit in einem zwingend vorgeschalteten Vorverfahren – wie dem Einspruchsverfahren – sind erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Steht ein Steuer- oder Feststellungsbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, so kann der Steuerpflichtige jederzeit bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist einen Änderungsantrag stellen, da der Fall aufgrund des Vorbehalts in vollem Umfang offen ist. Dies ist allerdings kein zwingendes Vorverfahren, weshalb die Kosten nicht erstattungsfähig sind.

Sachverhalt
Die Parteien erklärten in einem finanzgerichtlichen Verfahren die Hauptsache für erledigt. Dem beklagten Finanzamt wurden die Kosten auferlegt, allerdings wurden die Kosten des außergerichtlichen Verfahrens nicht für erstattungsfähig erklärt. Dem widersprach der Prozessbevollmächtigte des Klägers. Er hatte vor Klageerhebung einen Antrag auf Aufhebung des Vorläufigkeitsvermerks gestellt. Dies sei die gebotene kostengünstigste Möglichkeit gewesen, die Bescheide innerhalb der verbleibenden Klagefrist zu überprüfen. Als Kosten des Vorverfahrens seien auch diese Kosten zu erstatten, da sie der Vermeidung eines Rechtsstreits dienten. Das Finanzgericht wies die Erinnerung zurück.

Entscheidung
Nur die Kosten für das dem gerichtlichen Verfahren vorausgegangene Vorverfahren sind im finanzgerichtlichen Verfahren erstattungsfähig. Im Streitfall war dies das Einspruchsverfahren. Weil der Prozessbevollmächtigte nicht im Einspruchsverfahren tätig wurde, konnte seine Zuziehung auch nicht für notwendig erklärt werden. Von diesem Grundsatz kann im Rahmen der Kostenfestsetzung aus Billigkeitsgründen nicht abgewichen werden.

Konsequenz
Insbesondere im Hinblick auf Massenverfahren werden Steuerbescheide in einem bestimmten Punkt unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassen. Ein Einspruch wird mangels Rechtsschutzbedürfnis zurückgewiesen. Wird der Steuerpflichtige auf ein anderweitiges Verfahren verwiesen, erscheint es nicht zwingend sachgerecht, die Kostenerstattung hierfür zu versagen.

Zum heimischen Telearbeitsplatz eines Steuerberaters (Einkommensteuer)

Zum heimischen Telearbeitsplatz eines Steuerberaters (Einkommensteuer)

Kernaussage
Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer unterliegen lediglich dann nicht der Abzugsbeschränkung, wenn die Einrichtung des Telearbeitsplatzes im betrieblichen Eigeninteresse des Arbeitgebers liegt und der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich mehrere Tage in der Woche seine Arbeitsleistung an dem häuslichen Telearbeitsplatz zu erbringen hat. Erfolgt die Arbeit hingegen ohne arbeitsvertragliche Verpflichtung und wird der prägende Teil der Arbeitsleistung im Büro der Gesellschaft verrichtet, liegen die Voraussetzung der Abzugsbeschränkung auf 1.250 EUR hingegen vor.

Sachverhalt
A und B sind selbständige Steuerberater und jeweils hälftig an einer Partnerschaftsgesellschaft beteiligt. Die Gesellschaft hat ihren Geschäftssitz in einer als Praxisräume gestalteten Eigentumswohnung. Dort befinden sich die Arbeitsplätze der Mitarbeiter und Büroräume der Partner. Daneben nutzt A einen Raum in seiner Privatwohnung für die berufliche Tätigkeit. Der Raum ist mit umfassender Literatur ausgestattet und verfügt über einen Telearbeitsplatz, von dem aus der Zugriff auf das Netzwerk der Gesellschaft möglich ist. A beantragte den Abzug der Aufwendungen im Rahmen von Sonderbetriebsausgaben als Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer, für das die Abzugsbeschränkung von 1.250 EUR nicht eingreife. A berief sich dabei auf ein Urteil des Finanzgerichts (FG) Rheinland-Pfalz. Das Finanzamt und nachfolgend das FG Düsseldorf sahen den qualitativen Schwerpunkt der Betätigung des A in den Praxisräumen der Gesellschaft. Hiergegen wurde Revision eingelegt und der unbeschränkte Kostenabzug beantragt.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof ließ die Revision mangels Divergenz nicht zu. Die Richter sahen den vorliegenden Fall als nicht vergleichbar an. Ein unbeschränkter Kostenabzug komme nur dann in Betracht, wenn die Einrichtung des Telearbeitsplatzes im betrieblichen Eigeninteresse des Arbeitgebers liege und der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich mehrere Tage in der Woche seine Arbeitsleistung an dem häuslichen Telearbeitsplatz zu erbringen habe. A hingegen konnte jederzeit die gewöhnlichen Praxisräume der Gesellschaft für seine Tätigkeit nutzen. Das heimische Arbeitszimmer stelle ebenso wenig den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit dar, da A die wesentlichen Arbeiten eines Steuerberaters in den Praxisräumen erbringe. Hierzu zählen unter anderem die Organisation, die Auftragsannahme, die Beratung der Mandanten, die Sichtung der Tagespost sowie die Überwachung der Fristenkontrollbuches.

Konsequenz
Das Urteil bestätigt die ständige Rechtsprechung und die Verwaltungsauffassung. Das Urteil des FG Rheinland-Pfalz war bereits deshalb nicht vergleichbar, da der Arbeitnehmer im dortigen Fall kraft arbeitsvertraglicher Verpflichtung ein häusliches Arbeitszimmer nutzte und die Nutzung im eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers erfolgte. In Fällen, in denen der qualitative Mittelpunkt der Tätigkeit nicht im Arbeitszimmer liegt, sollte zudem stets die Voraussetzung des „anderen Arbeitsplatzes“ geprüft werden.

Schenkung: Anforderungen an den Widerruf wegen groben Undanks

Schenkung: Anforderungen an den Widerruf wegen groben Undanks

Rechtslage
Schenkungen können, wenn der Beschenkte gegenüber dem Schenker groben Undank an den Tag legt, widerrufen werden. Regelmäßig wird dieser angenommen, wenn der Beschenkte gegenüber dem Schenker eine Straftat ausübt. Ausreichend ist aber, dass objektiv eine Verfehlung mit einer gewissen Schwere und subjektiv eine undankbare Gesinnung des Beschenkten vorliegt. Der Bundesgerichtshof hatte nunmehr Gelegenheit, die Grenzen des Undanks zu bestimmen.

Sachverhalt
Der Schenker hatte dem Beschenkten eine Immobilie gegen lebenslanges Wohnrecht übertragen. Zugleich war der Beschenkte umfassend bevollmächtigt worden. Nach einer Erkrankung des Schenkers war zunächst eine Kurzzeitpflege und anschließend die Rückkehr in die Immobilie besprochen worden. Anstelle dessen brachte der Beschenkte den Schenker auf der Basis der ihm erteilten Vollmachten dauerhaft in einer Pflegeeinrichtung für Demenzkranke unter. Hiergegen wehrte sich der Schenker unter Zuhilfenahme von Bekannten. Der Beschenkte stieß ein Betreuungsverfahren an und untersagte Dritten jeden Kontakt zum Schenker. Schließlich widerrief der Schenker die Schenkung wegen groben Undanks und verlangte die Immobilie zurück. Die Klage wurde zuletzt durch das Berufungsgericht abgewiesen, weil der Beschenkte aufgrund medizinischer Gutachten davon ausgehen konnte, dass der Schenker geschäftsunfähig gewesen sein könnte.

Entscheidung
Diese Entscheidung wurde vom Bundesgerichtshof verworfen und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück verwiesen. Denn das Berufungsgericht hat außer Acht gelassen, dass der Schenker – unabhängig von der Frage seiner Geschäftsfähigkeit – erwarten durfte, dass sein Recht auf personelle Selbstbestimmung durch den Beschenkten (und Bevollmächtigten) respektiert werde. Mit anderen Worten, das Berufungsgericht wird klären müssen, ob es eine ausreichend schwere Verfehlung darstellt, wenn der Beschenkte Betreuungs- und Pflegemaßnahmen im Vorfeld nicht mit dem Schenker bespricht und ob der Beschenkte in schädlicher Gesinnung gehandelt hat.

Konsequenz
Die Entscheidung hat 2 Stoßrichtungen. Zum einen hindert die Geschäftsunfähigkeit des Schenkers die Geltendmachung des Rückforderungsanspruches nicht automatisch. Zum anderen kann es in Abhängigkeit der neuen Entscheidung des Berufungsgerichts dazu kommen, dass die Grenzen groben Undanks in Pflegefragen verhältnismäßig früh einsetzen.

Widerruf wechselbezüglicher Verfügungen im Ehegattentestament

Widerruf wechselbezüglicher Verfügungen im Ehegattentestament

Rechtslage
Haben Ehegatten ein gemeinschaftliches Ehegattentestament errichtet und will einer der Ehegatten seine letztwilligen Verfügungen widerrufen, ist dies nur unter besonderen formellen Voraussetzungen möglich. So muss dem anderen Ehegatten mindestens eine Ausfertigung des notariell beglaubigten Widerrufs zugestellt werden. Andernfalls kommt er – auch wenn die Ehegatten getrennt leben – nicht von seinen letztwilligen Verfügungen frei. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob die Zustellung der Ausfertigung des notariell beglaubigten Widerrufs nachgeholt werden kann.

Sachverhalt
Ein Erblasser hatte im Jahre 1994 mit seiner Ehefrau ein gemeinschaftliches Ehegattentestament errichtet, in dem sich die Ehegatten wechselseitig zu Erben eingesetzt hatten. Im Jahre 1997 trennten sich die Ehegatten, ohne sich scheiden zu lassen. Im Jahre 2007 beurkundete der Erblasser seinen Widerruf des gemeinschaftlichen Ehegattentestamentes vor einem Notar und stellte seiner Frau eine beglaubigte Abschrift der Ausfertigung des Widerrufs über einen Gerichtsvollzieher zu. 5 Monate später – der Erblasser war zwischenzeitlich verstorben und hatte ein neues Testament zugunsten seiner Lebensgefährtin errichtet – ließ der beurkundende Notar der Ehefrau eine Ausfertigung des von ihm beurkundeten Widerrufs zustellen.

Entscheidung
In dem Rechtsstreit zwischen der Ehefrau und der Lebensgefährtin hatte das Gericht über die Wirksamkeit des Widerrufs zu entscheiden und entschied, dass der wirksame Widerruf einer Erbeinsetzung durch wechselbezügliche Verfügungen in einem Ehegattentestament den Zugang der Urschrift (= Original) oder einer Ausfertigung der notariell beurkundeten Widerrufserklärung voraussetze. Der Zugang einer „geringeren“ Form der Widerrufserklärung sei nicht ausreichend. Darüber hinaus könne – jedenfalls im konkreten Fall – der Zugang der korrekten Form des Widerrufs auch nicht nachgeholt werden; ein zeitlicher Abstand von 5 Monaten sei hierfür zu groß.

Konsequenz
Die Entscheidung mutet formalistisch an. Sie zeigt jedoch die Fallstricke, die in formalen Tatbeständen des Erbrechts lauern. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil eine Korrektur dieser Tatbestände aus Treu- und Glaubens-Erwägungen regelmäßig nicht in Betracht kommt.

Zum Pflegekindschaftsverhältnis beim Kindergeld

Zum Pflegekindschaftsverhältnis beim Kindergeld

Kernaussage
Auch für ein 17 Jahre altes Pflegekind kann Kindergeldanspruch bestehen, wenn zwischen dem Kind und dem Steuerpflichtigen ein familienähnliches, längerfristiges Band besteht, das Kind nicht zu Erwerbszwecken aufgenommen wurde und ein Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr gegeben ist. Ein solches Obhuts- und Pflegeverhältnis setzt die Möglichkeit der Ausübung wesentlicher fürsorgender Aktivitäten voraus, welche aufgrund der Distanz zu der im Irak lebenden Mutter und der spärlichen Telefonkontakte nicht gegeben ist.

Sachverhalt
Die Klägerin beantragte Kindergeld für ihre am 8.8.1995 geborene Nichte W. Die Klägerin wie auch deren Nichte sind im Besitz der irakischen Staatsangehörigkeit. Die Klägerin war zwischen Mai 2010 und April 2013 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis, die auch eine Erwerbstätigkeit gestattete. Die Klägerin ist seit April 2013 im Besitz einer Niederlassungserlaubnis. Seit März 2013 ist die Klägerin Vormund von W, die laut Meldebescheinigung seit September 2012 bei dieser wohnt. Seit November 2012 besucht W ein Berufskolleg. Ihr Vater verstarb 2002 und ihre Mutter, Schwester der Klägerin, lebt im Irak und hat nur spärlichen Telefonkontakt zu ihrer Tochter. Die Familienkasse lehnte den Antrag auf Kindergeld ab, da sie der Auffassung war, dass kurz vor Eintritt der Volljährigkeit grundsätzlich keine familienähnliche Bindung begründet werden kann und somit kein Pflegekindschaftsverhältnis vorliegt.

Entscheidung
Das Finanzgericht gab der Klage statt. Ein Pflegekind ist eine Person, mit der der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist. Das Kind darf jedoch nicht zu Erwerbszwecken aufgenommen worden sein und ein Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern darf nicht mehr bestehen. Die Familienkasse verneint die Möglichkeit, bei bevorstehender Volljährigkeit ein familienähnliches Band noch begründen zu können. Vorliegend bestand das „Aufsichts-, Betreuungs- und Erziehungsverhältnis“ noch über 10 Monate, was ausreichend Zeit für die Begründung eines solchen Bandes ließ. Zu den leiblichen Eltern bestand hingegen in diesem Zeitraum kein Obhuts- und Pflegeverhältnis mehr. Der spärliche Telefonkontakt mit der Mutter reicht hierfür nicht aus.

Konsequenz
Wesentlicher Betrachtungspunkt eines Pflegekindschaftsverhältnisses ist die Ausübung von Obhuts- und Pflegeaktivitäten.

Erwerb eines mit Erbbaurecht belasteten Grundstücks: Kein Bewertungsabschlag

Erwerb eines mit Erbbaurecht belasteten Grundstücks: Kein Bewertungsabschlag

Rechtslage
Mit einem Erbbaurecht belasteter Grundbesitz wird im Rahmen der Erbschaftsteuer mit dem abgezinsten Bodenwert zuzüglich des kapitalisierten Erbbauzinses bewertet. Soweit der erbbaurechtsbelastete Grundbesitz bebaut ist, kommt es zu einer Erhöhung dieser Bewertung um den Gebäudewert, wenn das Gebäude bei Ende des Erbbaurechts mit einem Wert, der unter seinem Verkehrswert liegt, oder gar nicht abgefunden wird. Das Finanzgericht Düsseldorf hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob auf diesen Wert, wenn die Erbbauimmobilie vermietet ist, der Bewertungsabschlag für Vermietungsobjekte im Rahmen der Erbschaftsteuer zu gewähren ist.

Sachverhalt
Der Kläger hatte vom Erblasser einen Anteil an einem mit einer Vermietungsimmobilie bebauten, erbbaurechtsbelasteten Grundstück durch Erbfall erworben. Im Rahmen der Erbschaftsteuerveranlagung bewertete das Finanzamt den Grundbesitz nach den allgemeinen Bewertungsregelungen für Erbbaurechte; ein Gebäudewert wurde nicht angesetzt, da das Gebäude zum Verkehrswert bei Erbbaurechtsende abgefunden werden musste. Mit seiner Klage verfolgte der Kläger das Ziel auf die Bewertung des Finanzamtes den Bewertungsabschlag für Vermietungsobjekte zu erhalten.

Entscheidung
Die Klage wurde abgewiesen, die Revision zum Bundesfinanzhof aber zugelassen. Zur Begründung stellt das Finanzgericht Düsseldorf darauf ab, dass der Kläger lediglich einen Anteil an dem mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstück erhalten habe. Hiervon sei die Immobilie, die aufgrund des Erbbaurechts errichtet worden sei (aber nicht bzw. nicht in dieser Form hätte errichtet werden müssen, weil der Erbbauberechtigte mit dem Erbbaurecht lediglich die Nutzung des Grundbesitzes erhalte), zu trennen. Nur für die Wohnungsimmobilie werde aber der Bewertungsabschlag für Vermietungsobjekte gewährt.

Konsequenz
Es bleibt zu abzuwarten, wie der Bundesfinanzhof in der Sache entscheidet. Allerdings erscheint die Entscheidung des Finanzgerichts zutreffend, denn der Kläger erwirbt hier tatsächlich nur einen Anteil am Grundbesitz, nicht aber an der Immobilie; dies gilt jedenfalls dann, wenn Eigentum am Grundbesitz und Stellung als Erbbauberechtigter, also „Immobilienbesitzer“, auseinander fallen.

Krankheitsbedingte Unterbringung im Wohnstift

Krankheitsbedingte Unterbringung im Wohnstift

Kernaussage
Die Kosten der krankheitsbedingten Unterbringung in einem Wohnstift sind insgesamt als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig. Dies gilt für die gesamten Aufwendungen, soweit diese nicht außerhalb des üblichen Rahmens liegen.

Sachverhalt
Die pflegebedürftige Klägerin bewohnte ein Apartment mit einer Größe von rund 75 qm in einem Seniorenwohnstift. Für die gesamten Unterbringungskosten, darin enthalten unter anderem eine ganztägige Grundbetreuung, Therapieangebote, ständige Notrufbereitschaft, Versorgung sowie Grundpflege, entrichtete sie ein Pauschalentgelt. Pflegeleistungen wurden hingegen aufgrund eines gesonderten Vertrags abgerechnet. Die Klägerin machte die gesamten Kosten in ihrer Einkommensteuererklärung geltend. Das Finanzamt folge dem Ansatz daraufhin nicht. Hiergegen wurde Klage vor dem Finanzgericht (FG) eingereicht.

Entscheidung
Die Richter des FG folgten zunächst dem Finanzamt. Vor dem Bundesfinanzhof (BFH) wurde das Urteil jedoch aufgehoben und zwecks Feststellung der Üblichkeit der Apartmentgröße an das FG zurück verwiesen. Nach Auffassung der höchsten Finanzrichter erwachsen sämtliche geltend gemachten Kosten zwangsläufig im Sinne des § 33 EStG und sind demzufolge als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig. Dies gelte sowohl für die Pflege- als auch für die pauschal berechneten Unterbringungskosten. Die konkrete Höhe der abzugsfähigen Aufwendungen berechne sich anhand der Gesamtkosten, soweit diese nicht unüblich sind, abzüglich der eintretenden Haushaltsersparnis.

Konsequenz
Sämtliche Kosten einer krankheitsbedingten Unterbringung in einer Pflegeeinrichtung erwachsen zwangsläufig und sind als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigungsfähig. Die Thematik der Abzugsfähigkeit derartiger Kosten wird in Zukunft stetig an Bedeutung gewinnen, da durch den ratierlichen Anstieg der Rentenversteuerungsquote bis hin zur vollen Rentensteuerpflicht im Jahr 2040 mehr und mehr Rentner Einkommensteuer zu zahlen haben werden.