Archiv der Kategorie: Privatbereich

Besteuerung von Erträgen aus ausländischen „schwarzen“ Investmentfonds auf dem Prüfstand

Besteuerung von Erträgen aus ausländischen „schwarzen“ Investmentfonds auf dem Prüfstand

Kernaussage

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat den Europäischen Gerichtshof (EuGH) angerufen, um klären zu lassen, ob die bis Ende 2003 geltende deutsche Regelung zur Besteuerung von Anlegern, die sich an ausländischen „schwarzen“ Investmentfonds beteiligt haben, gegen die europarechtlich gewährleistete Kapitalverkehrsfreiheit verstieß. Die Kapitalverkehrsfreiheit gehört zu den europarechtlichen Grundfreiheiten. Sie gilt sowohl innerhalb der EU als auch im Verhältnis zu Drittstaaten.

Sachverhalt

Erträge aus inländischen und ausländischen Investmentfonds wurden nach dem Auslandsinvestmentgesetz (AuslInvestmG) unterschiedlich besteuert. Wenn die Erträge aus inländischen Fonds nicht nachgewiesen wurden, waren (und sind sie auch heute) notfalls zu schätzen. Für ausländische Fonds schrieb das AuslInvestmG dagegen besondere Anzeige- und Bekanntmachungspflichten vor. Außerdem hatten ausländische Fonds einen inländischen Vertreter zu bestellen. Waren diese Voraussetzungen nicht erfüllt, handelte es sich um „schwarze“ Fonds. Für sie schrieb das AuslInvestmG eine fiktive pauschale Ertragsermittlung vor, die regelmäßig zu höheren Erträgen führte als bei inländischen Fonds. Die tatsächliche Höhe der erzielten Erträge war für die Besteuerung ohne Bedeutung. Im Streitfall war der Kläger an „schwarzen“ Investmentfonds mit Sitz auf den Kaimaninseln beteiligt. Das Finanzamt wandte die Pauschalregelung nach dem AuslInvestmG an und lehnte es ab, die vom Kläger im Einzelnen nachgewiesenen – deutlich niedrigeren – tatsächlichen Erträge der Besteuerung zugrunde zu legen.

Entscheidung

Der BFH sah in dieser Pauschalbesteuerung einen offensichtlichen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit, weil inländische Anleger durch die verschärfte Besteuerung solcher ausländischer Erträge davon abgehalten werden könnten, sich an ausländischen „schwarzen“ Fonds zu beteiligen. Die Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit sei nicht zu rechtfertigen. Beteiligungen an inländischen und ausländischen Fonds seien grundsätzlich objektiv vergleichbar. Auch sei der Nachweis von Erträgen aus ausländischen Fonds nicht von vornherein unmöglich. Das Gesetz nehme zu Unrecht keine Rücksicht darauf, ob mit dem jeweiligen Drittstaat ein Amtshilfeabkommen bestehe, das eine Nachprüfung der Erträge ermögliche. Jedenfalls sei die Pauschalbesteuerung unverhältnismäßig, weil sie den Nachweis der tatsächlichen Erträge für die Besteuerung ausnahmslos ausschließe.

Konsequenz

Trotz des offensichtlichen Verstoßes gegen die Kapitalverkehrsfreiheit hielt sich der BFH für verpflichtet, den EuGH anzurufen. Aufgrund einer neueren Entscheidung des EuGH sei zweifelhaft geworden, ob die Pauschalbesteuerung überhaupt am Maßstab der Kapitalverkehrsfreiheit überprüft werden könne oder Bestandsschutz genieße. Diese Rechtsfrage sei europarechtlich ungeklärt. Obwohl es um ausgelaufenes Recht geht, hat das Verfahren Breitenwirkung, weil noch zahlreiche Streitfälle mit erheblichen finanziellen Auswirkungen offen sind. Auch die heute geltende Nachfolgeregelung (§ 6 des Investmentsteuergesetzes) ist Gegenstand eines Prüfverfahrens beim EuGH.

Zur steuerlichen Gestaltung mit Goldhandel

Zur steuerlichen Gestaltung mit Goldhandel

Kernaussage

Der steuerlichen Berücksichtigung von Verlusten aus einer Beteiligung an einem vom Steuerpflichtigen selbst gegründeten britischen Unternehmen scheidet nur dann nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (EStG) aus, wenn auf Grund eines vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit geboten werden soll, gezielt zeitweilig Verluste zu nutzen. Das hat das Hessische Finanzgericht klargestellt.

Sachverhalt

Der Kläger hatte in Großbritannien ein Unternehmen gegründet, das sich nach seiner Satzung mit dem Handel von Edelmetallen, Rohstoffen und Wertpapieren beschäftigte. Das Unternehmen erwarb im ersten Jahr seiner Tätigkeit in erheblichem Umfang Goldbarren. In der Einkommensteuererklärung begehrte der Kläger erfolglos die Berücksichtigung eines Verlustanteils aus der Unternehmensbeteiligung im Wege des sog. negativen Progressionsvorbehalts (§ 32b EStG). Der Verlust ergab sich dabei insbesondere aus dem vom Kläger angesetzten sofortigen Betriebsausgabenabzug der Anschaffungskosten der erworbenen Goldbarren als Umlaufvermögen (§ 4 Abs. 3 EStG).

Entscheidung

Das Hessische Finanzgericht entschied, dass das Besteuerungsrecht der Einkünfte des Klägers aus seiner Beteiligung an dem britischen Unternehmen bei der Bundesrepublik Deutschland liege. Denn nach den konkreten Verhältnissen liege im Streitjahr lediglich eine vermögensverwaltende Tätigkeit vor. Aufgrund der gewerblichen Prägung des ausländischen Unternehmens erziele der Kläger Einkünfte aus Gewerbebetrieb und sei dabei auch nicht an der Ausübung eines Wahlrechts zur Überschuss-Rechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) gehindert. Denn die Pflicht zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich habe nur nach britischem Recht, nicht aber nach deutschem Recht bestanden. Der zutreffenden Verlustermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG stehe auch das Abzugsverbot für sog. Steuerstundungsmodelle (§ 15b EStG) nicht entgegen. Vorliegend handele es sich nämlich nicht um eine modellhafte Gestaltung aufgrund eines vorgefertigten Vertragskonzepts. Vielmehr habe die Gründung des britischen Unternehmens auf einer hinreichend individuellen Gestaltung des Klägers beruht. Zwar habe sich der Kläger jeweils im Vorfeld durch Rechtsanwälte, Steuerberater und Banken beraten lassen. Jedoch liege in einer beratungsbegleiteten, eigenen Umsetzung einer die steuerliche Belastung minimierenden Idee noch keine Nutzung eines in den wesentlichen Strukturen vorhandenen Konzeptes eines Dritten.

Konsequenz

Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt, die letzte Entscheidung obliegt nun dem Bundesfinanzhof (BFH).

Erbe steht Sonderausgabenabzug für nachgezahlte Kirchensteuer zu

Erbe steht Sonderausgabenabzug für nachgezahlte Kirchensteuer zu

Kernaussage

Muss ein Erbe aufgrund eines ihm gegenüber ergangenen Einkommensteuerbescheides für den verstorbenen Erblasser Kirchensteuer nachzahlen, kann der Erbe diesen Betrag steuerlich zu seinen Gunsten als Sonderausgaben geltend machen. Das hat das Hessische Finanzgericht kürzlich entschieden.

Sachverhalt

Geklagt hatte eine Erbin, deren Vater 2009 verstorben war. Im Jahre 2007 hatte der Vater sein Steuerbüro veräußert. Nach dem Tod des Vaters einigten sich die Miterben mit dem Erwerber des Steuerbüros darauf, dass der verbleibende Restkaufpreis statt in 3 gleichen Jahresraten sofort in einer Summe gezahlt wird. In dem gegenüber der Erbengemeinschaft ergangenen Einkommensteuerbescheid für den verstorbenen Vater erfasste das Finanzamt für 2007 wegen der Veräußerung des Steuerbüros einen entsprechenden Veräußerungsgewinn, was zu einer Kirchensteuernachforderung führte.

Entscheidung

Das Hessische Finanzgericht entschied, dass die Tochter den wegen dieser Kirchensteuernachforderung gezahlten Betrag in ihrer eigenen Steuererklärung als Sonderausgabe geltend machen kann. Denn das Vermögen des Vaters sei im Zeitpunkt des Todes sofort Vermögen der Erben geworden, so dass die Kirchensteuer letztlich aus dem Vermögen der Erben gezahlt werde. Die Tochter sei als Erbin infolge der Zahlung aus ihrem Vermögen auch wirtschaftlich belastet. Zudem sei die steuerliche Berücksichtigung dieser Zahlung nach dem Prinzip der Besteuerung gemäß der individuellen Leistungsfähigkeit geboten.

Konsequenz

Das Gericht führe weiterhin aus, dass die hier streitige Kirchensteuer schließlich auch nicht bereits mit dem Erbfall entstanden sei, sondern auf einer Vereinbarung zwischen den Erben und dem Erwerber des Steuerbüros im Jahre 2009 und damit auf einer eigenen Entscheidung der Erben beruhe. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Lottogewinn fällt in Zugewinnausgleich

Kernaussage

Der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft basiert auf dem Prinzip, dass die Eheleute sich im Fall der Scheidung den in der Ehezeit gemeinsam erworbenen Zuwachs ihres Vermögens teilen müssen. Zur Ermittlung des Ausgleichsanspruchs wird der Stand des Vermögens beider Eheleute bei der Eheschließung (Anfangsvermögen) mit dem Stand des Vermögens bei Zustellung des Scheidungsantrags (Endvermögen) verglichen. Vom Zugewinnausgleich ausgenommen sind privilegierte Erwerbe, wie bestimmte Schenkungen und Erbschaften. Ein von einem Ehepartner in dem Zeitraum zwischen Trennung und Zustellung des Scheidungsantrags erworbener Lottogewinn fällt in den Zugewinnausgleich.

Sachverhalt

Die Eheleute hatten im Jahr 1971 geheiratet. Aus der Ehe gingen 3 Kinder hervor. Im Jahr 2000 erfolgte die Trennung. Der Ehemann lebte seit spätestens 2001 mit seiner jetzigen Lebenspartnerin zusammen. Im Jahr 2008 erzielte der Ehemann zusammen mit seiner Lebenspartnerin rund 1 Mio. EUR Gewinn im Lotto. Daraufhin beantragte die Ehefrau die Scheidung und verlangt als Zugewinnausgleich unter Berücksichtigung des Lottogewinns 242.500 EUR. Das Amtsgericht berücksichtigte den Lottogewinn; das Oberlandesgericht berücksichtigte diesen nicht. Der Bundesgerichtshof (BGH) hingegen gab der Ehefrau Recht.

Entscheidung

Ein Lottogewinn fällt in den Zugewinnausgleich. Der Gewinn ist nicht als privilegierter Vermögenszuwachs zu werten, zumal dem Lottogewinn keine persönliche Beziehung zugrunde liegt, wie etwa bei eine Schenkung oder Erbschaft. Eine lange Trennungszeit vermag keine anderweitige Beurteilung zu begründen, insbesondere ist die Berufung auf eine grobe Unbilligkeit abzulehnen. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass die Eheleute zuvor fast 30 Jahre verheiratet waren und 3 gemeinsame Kinder haben. Der Zugewinn unterscheidet schließlich nicht nach der Art des Vermögenszuwachses.

Konsequenz

Nach Ablauf des Trennungsjahres hätte die Scheidung beantragt werden können. Zudem hätte der ausgleichsberechtigte Ehepartner bereits vor der Scheidung den vorzeitigen Zugewinnausgleich verlangen können. Dies ist möglich, wenn die Eheleute seit mindestens 3 Jahren getrennt leben oder aber dargelegt werden kann, dass der andere Ehegatte dem Zugewinn unterfallendes Vermögen verschwendet, zur Seite schafft oder ohne sachlichen Grund verschenkt.

Neue Beitragsbemessungsgrenzen für 2014

Neue Beitragsbemessungsgrenzen für 2014

Kernaussage

In 2014 werden die Beitragsbemessungsgrenzen in der Kranken- und Rentenversicherung steigen. Grund hierfür sind die gestiegenen Löhne und Gehälter. Die entsprechende Verordnung wurde durch das Bundeskabinett beschlossen.

Neue Rechtslage

Die neue monatliche Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung (West) steigt von 5.800 EUR/Monat (2013) auf 5.950 EUR/Monat. Die Beitragsbemessungsgrenze (Ost) steigt 2014 auf 5.000 EUR/Monat (2013: 4.900 EUR/Monat). In der knappschaftlichen Rentenversicherung werden folgende neue monatliche Beträge gelten: Beitragsbemessungsgrenze (West): 7.300 EUR/Monat, Beitragsbemessungsgrenze (Ost): 6.150 EUR/Monat. Das vorläufige Durchschnittsentgelt in der gesetzlichen Rentenversicherung wird für das Jahr 2014 bundeseinheitlich auf 34.857 EUR/Jahr festgesetzt. Bundeseinheitlich wird die Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung festgesetzt. Sie erhöht sich gegenüber 2013 (52.200 EUR) auf 53.550 EUR jährlich in 2014. Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die bereits am 31. Dezember 2002 versicherungsfrei waren, wird die Jahresarbeitsentgeltgrenze 48.600 EUR für das Jahr 2014 betragen (2013: 47.250 EUR). Die bundeseinheitliche Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht der Jahresarbeitsentgeltgrenze (48.600 EUR/Jahr beziehungsweise 4.050 EUR/Monat).

Erläuterung

Die Beitragsbemessungsgrenze markiert das Maximum, bis zu dem in den Sozialversicherungen Beiträge erhoben werden. Der über diesen Grenzbetrag hinausgehende Teil eines Einkommens ist beitragsfrei. Zur Versicherungspflichtgrenze: Wer über diese Grenze hinaus verdient, kann sich, wenn er möchte, bei einer privaten Krankenversicherung versichern. Die Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung ist zugleich die Jahresarbeitsentgeltgrenze. Diese wiederum ist zugleich die Beitragsbemessungsgrundlage in der gesetzlichen Krankenversicherung.

Wann ist das Widerspruchsrecht bei Betriebsübergang verwirkt?

Wann ist das Widerspruchsrecht bei Betriebsübergang verwirkt?

Kernaussage

Bei einem Betriebsübergang kann der Arbeitnehmer durch einen Vergleich mit dem Betriebsübernehmer sein Widerspruchsrecht gegen den Betriebsübergang verwirken.

Sachverhalt

Die Beklagte ist eine Catering-Firma, die 1996 den Betrieb einer Kantine übernommen hatte, in der der Kläger schon seit 1985 tätig war. Die Beklagte verlor den Catering-Auftrag zum 31.12.2010 und informierte den Kläger darüber, dass sein Arbeitsverhältnis im Wege eines Betriebsübergangs (§ 613a Abs. 1 BGB) auf einen anderen Caterer übergehen werde. Der Betriebserwerber bestritt jedoch einen Betriebsübergang, woraufhin ihn der Kläger auf Feststellung eines Arbeitsverhältnisses verklagte. In diesem Prozess einigte sich der Kläger mit dem Betriebserwerber darauf, ein Betriebsübergang habe niemals stattgefunden, ein Arbeitsverhältnis zwischen ihnen habe nie bestanden. Der Betriebserwerber verpflichtete sich zur Zahlung von 45.000 EUR an den Kläger. Anschließend erklärte der Kläger gegenüber der beklagten Catering-Firma den Widerspruch gegen den Betriebsübergang (§ 613a Abs. 6 BGB). Er verlangt nunmehr von der Beklagten als Betriebsveräußerin die Feststellung eines Arbeitsverhältnisses und Annahmeverzugslohn. Nachdem der Kläger vor dem Arbeitsgericht obsiegt hatte wies das Landesarbeitsgericht die Klage Hiergegen ging der Kläger in Revision.

Entscheidung

Vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) blieb der Kläger schließlich erfolglos. Das BAG entschied, dass der Kläger sein Recht zum Widerspruch verwirkt hat. Nach Auffassung des BAG stellt es einen die Verwirkung des Rechts zum Widerspruch begründenden Umstand dar, wenn ein Arbeitnehmer zunächst das Bestehen seines Arbeitsverhältnisses mit dem Betriebserwerber geltend macht und dann über diesen Streitgegenstand eine vergleichsweise Regelung trifft. Das gelte jedenfalls dann, wenn ein Betriebsübergang stattfand und das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers tatsächlich auf den zunächst verklagten Betriebserwerber übergegangen ist.

Konsequenz

Der Entscheidung ist zuzustimmen. Der Kläger darf hier kein „Rosinen picken“ betreiben und doppelt abrechen (Vergleichszahlung zzgl. Weiterbestand Arbeitsverhältnis). Der Betriebsübergang fand statt. Nur deshalb kam es zu einem Vergleich über 45.000 EUR.

„Negative Eigenmiete“ als Werbungskosten bei V+V

„Negative Eigenmiete“ als Werbungskosten bei V+V

Kernproblem

Im Einkommensteuerrecht sind bei der Bestimmung der Besteuerungstatbestände verfassungsrechtliche Einschränkungen zu beachten. Dazu gehört die Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit (objektives Nettoprinzip). In der Vergangenheit hat der Gesetzgeber bereits häufiger hiergegen verstoßen und wurde vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zu einer Korrektur gezwungen. Bekannte Beispiele sind das „Werkstorprinzip“, das den Abzug von Fahrtkosten zur Arbeit erst nach dem 20. km vorsah, oder die komplette Streichung der Kosten eines Arbeitszimmers, wenn kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Auch die „Aufweichung“ des generellen Aufteilungs- und Abzugsverbots gemischter Aufwendungen durch den Bundesfinanzhof (BFH) ist Ausfluss des objektiven Nettoprinzips; so ist bei zweifelsfrei nachgewiesenen Kostenanteilen notfalls zu schätzen. Diese Tendenzen in der Rechtsprechung wollte ein gewieftes Ehepaar für sich nutzen.

Sachverhalt

Ein Ehepaar beschloss aus privaten Gründen einen Umzug „ins Grüne“. Die im Eigentum der Ehefrau stehende, bis dahin selbstgenutzte Wohnung eines Zweifamilienhauses wurde nach dem Umzug vermietet. Dagegen wurde die neue Privatwohnung des Ehepaars angemietet. Einen Teil des eigenen Mietaufwands „im Grünen“ setzte die Ehefrau in der Steuerklärung bei Ermittlung der Mieteinkünfte des Zweifamilienhauses als „negative Eigenmiete“ ab. Die Begründung war einleuchtend: Durch die Vermietung der früher selbstgenutzten Wohnung und gleichzeitige Anmietung der neuen Wohnung war die Leistungsfähigkeit i. S. des objektiven Nettoprinzips unverändert geblieben, da in Höhe der Mieteinkünfte nunmehr gleichzeitig die selbst gezahlte Miete abfloss. Ohne Abzug der „negativen Eigenmiete“ würde eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit unterstellt, was gerade nicht der Fall sei. Nachdem das Finanzamt den Abzug ablehnte, wurde das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht angerufen.

Entscheidung

Das Finanzgericht billigte dem Ehepaar zwar einen Veranlassungszusammenhang mit den Vermietungseinkünften zu; einen Abzug lehnte es jedoch ab. Das gelte nach Auffassung der Richter selbst dann, wenn der Umzug „ins Grüne“ nicht privat, sondern durch eine Vermietungsabsicht veranlasst gewesen wäre. Aufwendungen für das private Wohnen seien durch das steuerliche Existenzminimum (Grundfreibetrag) von der Einkommensteuer freigestellt, so dass der Anwendungsbereich von Werbungskosten zu einer Doppelberücksichtigung führe und sich somit verschließe.

Konsequenz

Das Revisionsverfahren ist bereits beim BFH anhängig. Ob das Anlass gibt, ähnliche Sachverhalte offen zu halten, sollte kritisch hinterfragt werden.

Vorfälligkeitsentschädigungen als nachträgliche Werbungskosten?

Vorfälligkeitsentschädigungen als nachträgliche Werbungskosten?

Kernproblem

Bis zum letzten Jahr galt der Grundsatz, dass die nach dem Verkauf einer vorher vermieteten Immobilie angefallenen Schuldzinsen nicht mehr als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzugsfähig sind. Denn mit der Veräußerung sah man den Zusammenhang mit der Einkunftserzielung als unterbrochen an. Dann änderte der Bundesfinanzhof (BFH) seine ständige Rechtsprechung und ließ den Abzug nachträglicher Werbungskosten für den Fall zu, dass der Veräußerungserlös nicht zur Tilgung der finanzierten Anschaffungskosten ausreichte. Der vom BFH entschiedene Fall betraf jedoch eine Immobilie, die innerhalb der Spekulationsfrist veräußert wurde; und das Hauptargument des Senats für seinen Sinneswandel war die Verlängerung der Spekulationsfristen auf 10 Jahre sowie eine Verknüpfung des zu ermittelnden Veräußerungsergebnisses mit einer vorangegangenen steuerbaren Nutzung des Grundstücks. Während die Finanzverwaltung das Urteil nur auf der Spekulationsfrist unterliegende Fälle anwenden möchte, vertritt die Beraterschaft eine vollumfängliche Anwendung. Jetzt werden solche Streitfälle in den Finanzgerichten (FG) anhängig.

Sachverhalt

Der beim Finanzgericht Düsseldorf entschiedene Fall betraf eine Immobilienbesitzerin, die sich bei Veräußerung ihres vermieteten Objekts zur lastenfreien Übertragung verpflichtete. Dafür zahlte sie der kreditgebenden Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung von ca. 3.500 EUR und beantragte in der Steuerklärung den Werbungskostenabzug. Weil sich der Vorgang außerhalb der 10-jährigen Spekulationsfrist ereignete, lehnte das Finanzamt den Abzug ab. Mit der Klage berief sich die Steuerpflichtige auf die neuere Rechtsprechung des BFH.

Entscheidung

Die Düsseldorfer Richter schlugen sich auf die Seite der Finanzverwaltung und führten aus, dass der BFH in der neueren Entscheidung die Ausweitung des nachträglichen Schuldzinsenabzugs bei Veräußerungen außerhalb der Spekulationsfrist ausdrücklich offen gelassen habe. Die Finanzrichter sahen auch keinen Anlass für eine Erweiterung der begünstigenden Rechtsprechung, zumal dann eine Vergleichbarkeit mit dem Veräußerer von Betriebsvermögen nicht gegeben sei; denn gerade diese habe den BFH zu seiner Änderung der Rechtsprechung bewogen.

Konsequenz

Nachdem das Finanzgericht die Revision zugelassen hatte, ist diese bereits beim BFH anhängig geworden. Vergleichbare Fälle sollten mit Hinweis hierauf offen gehalten und zum Ruhen gebracht werden.

Grundstückskaufverträge: BMF akzeptiert nur unbedingte Option

Grundstückskaufverträge: BMF akzeptiert nur unbedingte Option

Kernaussage

Grundstücksverkäufe an Unternehmer können als nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen (GiG) oder als „normale“ steuerfreie Veräußerung zu behandeln sein. Von Bedeutung ist diese Differenzierung im Hinblick auf eine mögliche Berichtigung der im Zusammenhang mit dem Objekt geltend gemachten Vorsteuer (nach § 15a UStG). Bei der Geschäftsveräußerung im Ganzen ergibt sich keine Vorsteuerberichtigung für den Verkäufer, da der Erwerber in dessen „Fußstapfen“ tritt und das Vorsteuerkorrekturpotential fortführt. Liegt hingegen keine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor, ist der Verkauf steuerfrei. Eine Korrektur der Vorsteuer zuungunsten des Verkäufers kann dann nur durch eine Option zur Umsatzsteuer vermieden werden (§ 9 Abs. 1 UStG). Gehen die Vertragsparteien davon aus, dass der Verkauf als Geschäftsveräußerung im Ganzen zu behandeln ist, wird häufig zusätzlich eine Umsatzsteuerklausel vereinbart, wonach zur Umsatzsteuer optiert wird, um eine Vorsteuerberichtigung zu vermeiden, falls die Finanzverwaltung den Verkauf nicht als Geschäftsveräußerung im Ganzen qualifiziert.

Aktuelle Rechtslage

Nach Ansicht des Bundesfinanzministeriums (BMF) ist eine Option zur Umsatzsteuer nur noch bis zur formellen Bestandskraft der Steuerfestsetzung für das Jahr des Vertragsabschlusses zulässig. Diese tritt mit Ablauf der Einspruchsfrist des entsprechenden Umsatzsteuerbescheides ein. Bisher beinhalteten die Umsatzsteuerklauseln häufig nur eine bedingte Option zur Umsatzsteuer, die dann eintrat, wenn die Finanzverwaltung die Geschäftsveräußerung im Ganzen endgültig abgelehnt hatte. Aufgrund der geänderten Rechtslage wurde nunmehr zu einer unbedingten Option geraten, da befürchtet wurde, dass die bedingte Option ins Leere läuft. Die Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt a. M. hatte diese Auffassung bestätigt, eine Stellungnahme des BMF fehlte hierzu allerdings noch.

Neue Verwaltungsanweisung

Das BMF bestätigt nun die Auffassung der OFD Frankfurt a. M.

Konsequenzen

Nur unbedingte Optionen sind nach Ansicht des BMF wirksam. Bei entsprechenden Grundstückskaufverträgen muss die Option daher unbedingt erklärt werden. Da eine fehlerhafte Option richtig Geld kosten kann, bietet es sich an, hier externen Rat einzuholen. Auf jeden Fall ist davon abzuraten, Formulierungen aus alten Verträgen o. ä. als Muster zu nutzen. Denn diese beruhen in der Regel noch auf der alten und inzwischen überholten Rechtslage.

Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge bei Einkunftsberechnung für Unterhalt abziehbar?

Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge bei Einkunftsberechnung für Unterhalt abziehbar?

Kernproblem

Werden unterhaltsberechtigte Personen bei Ausbildung oder Unterhalt unterstützt, kann ein Abzug als außergewöhnliche Belastung (agB) bei der Einkommensteuer in Betracht kommen. Der dafür geltende Höchstbetrag von 8.004 EUR wird gekürzt um eigene Einkünfte und Bezüge der unterstützten Person, soweit diese einen unschädlichen Betrag von 624 EUR übersteigen. Das gilt auch bei Unterstützung der eigenen Kinder, für die kein Kindergeld/Kinderfreibetrag mehr gewährt wird (z. B. nach dem Überschreiten der Altersgrenze). Werden für das Kind Basisbeiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung übernommen, erhöht sich der Betrag von 8.004 EUR um die Beiträge, soweit sie sich nicht bereits bei den Eltern als Sonderausgabe ausgewirkt haben (das sind bei gesetzlicher Krankenversicherung i. d. R. 4 % der Beiträge). Verdient das Kind eigenes Geld, ist der Höchstbetrag wegen der geringen Unschädlichkeitsgrenze schnell aufgebraucht. Ob dann zumindest die Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung die Einkünfte des Kindes mindern, war Gegenstand einer Klage beim Finanzgericht Baden-Württemberg.

Sachverhalt

Eltern hatten ihren in Ausbildung befindlichen Sohn unterstützt, der eine Ausbildungsvergütung von 7.944 EUR bezog. Von dessen Einkünften wollten Sie bei Beantragung der außergewöhnliche Belastung neben dem Werbungskosten-Pauschbetrag die kompletten Pflichtversicherungsbeiträge zur Renten-, Arbeitslosen- und Krankenversicherung zum Abzug bringen. Zur Begründung trugen sie vor, dass die Beiträge dem Sohn tatsächlich für den Lebensunterhalt nicht zur Verfügung gestanden hätten und deshalb durch ihre Unterhaltsaufwendungen abgedeckt werden müssten. Das Finanzamt lehnte den Antrag ab, weil die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge (zumindest zum Teil) auch den abzugsfähigen Höchstbetrag erhöhten und sich damit doppelt auswirken würden; den Abzug der Renten- und Arbeitslosenversicherung sehe das Gesetz nicht vor. Gegen die Einspruchsentscheidung klagten die Eltern vor dem Finanzgericht.

Entscheidung

Der Sichtweise der Eltern ist das Finanzgericht nicht gefolgt. Die Richter argumentierten mit dem Wortlaut des Gesetzes, das weder eine Erhöhung des Höchstbetrages noch einen Abzug von den Einkünften des Kindes über das gesetzlich bestimmte Maß zuließe. Die Berücksichtigung sei auch verfassungsrechtlich nicht geboten, weil zum einen ein Teilbetrag von 624 EUR anrechnungsfrei bliebe, zum anderen der abziehbare Höchstbetrag der außergewöhnlichen Belastungen deutlich über dem Existenzminimum liege.

Konsequenz

Obwohl das Finanzgericht eine Revision nicht zulassen wollte, ist das Verfahren beim BFH anhängig geworden. Und hoffnungslos sollten die Aussichten nicht sein, denn schließlich wurden bis zum Jahr 2011 bei einkommensabhängiger Zahlung des Kindergelds nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auch Sozialversicherungsbeiträge des Kindes abgezogen. Daher sollten eigene Verfahren offen gehalten werden.