Archiv der Kategorie: Steuern & Recht

BFH konkretisiert Anforderungen an eine Rechnung nach § 14c Abs. 2 UStG

BFH, Beschluss vom 19.03.2025 – XI R 4/22

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat klargestellt, welche Mindestangaben ein Dokument enthalten muss, um als Rechnung im Sinne des § 14c Abs. 2 UStG zu gelten – und damit potenziell den Tatbestand eines unberechtigten Steuerausweises zu erfüllen.


1. Mindestanforderungen an eine Rechnung

Ein Dokument erfüllt die Anforderungen, wenn es folgende Angaben enthält:

  • Rechnungsaussteller
  • (vermeintlicher) Leistungsempfänger
  • Leistungsbeschreibung
  • Entgelt
  • gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer

➡️ Damit bestätigt der BFH seine bisherige Rechtsprechung (u. a. V R 39/09, XI R 4/15).


2. Bezugnahme auf andere Unterlagen möglich

Auch bei § 14c Abs. 2 UStG gilt:

  • Bezugnahmen auf andere Dokumente oder
  • vom Steuerpflichtigen nachträglich beigebrachte Informationen

sind vom Finanzamt bei der Beurteilung einzubeziehen.
(Der BFH knüpft hier an die Urteile V R 27/16 und XI R 5/18 an.)


3. Vorsicht bei widersprüchlichen Angaben

Selbst wenn zusätzliche Unterlagen vorliegen:
Enthält das Dokument überflüssige oder widersprüchliche Angaben, die beim Empfänger den Eindruck erwecken, es werde über steuerpflichtige Leistungen abgerechnet, besteht die Gefahr eines unberechtigten Steuerausweises.
In diesem Fall gilt das Dokument als Rechnung im Sinne von § 14c Abs. 2 UStG.


💡 Praxis-Hinweis:
Unternehmer sollten Rechnungsdokumente – auch Korrekturen oder Gutschriften – sorgfältig auf formale Eindeutigkeit prüfen. Widersprüchliche Angaben können selbst dann steuerliche Risiken auslösen, wenn ergänzende Informationen vorhanden sind. Bei Unsicherheit empfiehlt sich eine zeitnahe Abstimmung mit dem Steuerberater, um spätere Haftungsfolgen zu vermeiden.


📌 Quelle: Bundesfinanzhof – XI R 4/22

Wirtschaftliche Lage in Deutschland – August 2025

BMWK – Pressemitteilung vom 13.08.2025

Die deutsche Wirtschaft hat sich im zweiten Quartal 2025 leicht abgeschwächt. Laut Schnellmeldung des Statistischen Bundesamtes sank das preis-, kalender- und saisonbereinigte BIP um 0,1 % gegenüber dem Vorquartal. Hauptgrund sind Vorzieheffekte bei Exporten aus dem ersten Quartal infolge angekündigter US-Zölle.

Während der Konsum leicht zulegte, gingen Investitionen und Industrieproduktion zurück. Die Unternehmensstimmung hellte sich zwar auf, eine spürbare Erholung steht jedoch noch aus.


1. Außenhandel und Industrie

  • Exporte: Im Juni +1,5 % zum Vormonat, aber im Quartalsvergleich –0,5 %.
  • Importe: Im Juni +2,5 %, vor allem aus USA und China.
  • Industrieproduktion: Juni –2,8 %, Bau +0,7 %, Energie +3,1 %.
  • Auftragseingänge: Juni –1,0 %, Rückgang v. a. bei Investitionsgütern aus Nicht-Euroraum. Quartalsvergleich aber +3,1 %.

2. Binnenkonsum und Einzelhandel

  • Einzelhandelsumsätze: Juni +0,9 % zum Vormonat, +4,6 % zum Vorjahr; besonders stark Internet- und Versandhandel (+20,4 %).
  • Pkw-Neuzulassungen: Juli +6,7 % insgesamt, +11,8 % bei Privatkunden.
  • Konsumklima: GfK-Prognose für August –21,5 Punkte (Rückgang), HDE-Konsumbarometer stagniert.

3. Inflation

  • Inflationsrate Juli: +2,0 % (unverändert).
  • Kernrate (ohne Energie und Nahrungsmittel): +2,7 %.
  • Energiepreise –3,4 % zum Vorjahr, Nahrungsmittelpreise +2,2 %.

4. Arbeitsmarkt

  • Arbeitslosigkeit: Juli saisonbereinigt +2.000 Personen, Erwerbstätigkeit im Juni –19.000.
  • Kurzarbeit: Mai 218.000 Personen, leicht rückläufig.
  • Frühindikatoren zeigen weiter verhaltene Perspektiven.

5. Unternehmensinsolvenzen

  • Mai 2025: –4,2 % ggü. April, aber +5,3 % ggü. Mai 2024.
  • Januar–Mai: +11,1 % gegenüber Vorjahreszeitraum.
  • Juli (IWH-Trend): +11,8 % zum Vormonat, zweithöchster Wert seit 20 Jahren.

💡 Einschätzung:
Die deutsche Wirtschaft steht derzeit zwischen einer leichten Stimmungsaufhellung und strukturellen Belastungsfaktoren wie US-Zöllen, geopolitischen Unsicherheiten und schwacher Auslandsnachfrage. Für Unternehmer bedeutet dies, weiterhin vorsichtig zu planen, Liquidität im Blick zu behalten und Investitionen sorgfältig zu priorisieren.


📌 Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie

Umsatzsteuer: Neue Regeln für Online-Veranstaltungsdienstleistungen

BMF – Schreiben vom 08.08.2025

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat ein neues Schreiben zur umsatzsteuerlichen Einordnung von Online-Veranstaltungsdienstleistungen veröffentlicht. Es ersetzt das bisherige Schreiben vom 29. April 2024 und regelt insbesondere die Behandlung im B2C-Bereich neu.

Die Anpassung trägt der zunehmenden Verlagerung von Kultur-, Bildungs- und Unterhaltungsveranstaltungen ins Internet Rechnung.


1. Hintergrund

Immer mehr Veranstaltungen werden live gestreamt, als Hybrid-Event angeboten oder vorproduziert zum Abruf bereitgestellt – etwa Konzerte, Theateraufführungen, Sportkurse oder Online-Seminare.
Dabei sind vor allem zwei umsatzsteuerliche Fragen relevant:

  1. Leistungsort – wo gilt die Leistung als erbracht?
  2. Steuerbefreiung oder Ermäßigung – welche Umsatzsteuervorschriften greifen?

Das betrifft u. a.:

  • § 4 Nr. 20 UStG (Befreiung Kunst/Kultur)
  • § 4 Nr. 14, 21, 22 Buchst. a UStG (Bildungs- und Gesundheitsleistungen)
  • § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG (ermäßigter Steuersatz)

2. Wesentliche Inhalte des neuen BMF-Schreibens

Das Schreiben differenziert zwischen mehreren Angebotsformen:

  • Vorproduzierte Inhalte
    (z. B. abrufbare Konzertmitschnitte oder Unterrichtsvideos) – Behandlung als elektronische Dienstleistung.
  • Live-Streaming
    (z. B. Echtzeitübertragungen von Konzerten oder Seminaren) – Behandlung als Eintrittsberechtigung zu einer Veranstaltung.
  • Dienstleistungskommission
    Klärung, wie die Umsatzsteuer zu handhaben ist, wenn ein Anbieter die Leistung im eigenen Namen, aber für Rechnung eines Dritten erbringt.
  • Leistungskombinationen
    Vorgaben zur Abgrenzung, wenn mehrere Leistungen (z. B. Ticket plus Aufzeichnung) zusammen verkauft werden.
  • Übertragung auf weitere Online-Dienste
    Anwendung der Grundsätze auch auf ähnliche digitale Formate.

Zudem enthält das Schreiben Anpassungen des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE).


3. Anwendung und Übergangsregelungen

  • Leistungsort-Regeln: gültig für Umsätze ab dem 1. Januar 2025.
  • Steuerbefreiungen/-ermäßigungen: in allen offenen Fällen anwendbar.
  • Übergangsregelung: Für Leistungen bis 31. Dezember 2025 wird nicht beanstandet, wenn sich der Unternehmer auf die bisherigen Regelungen (BMF-Schreiben vom 29.04.2024) beruft – auch für den Vorsteuerabzug.

💡 Praxis-Hinweis:
Unternehmen, die digitale Veranstaltungen anbieten, sollten prüfen:

  • ob ihre Leistungen künftig unter eine Steuerbefreiung oder Ermäßigung fallen,
  • wie sich der Leistungsort nach den neuen Vorgaben bestimmt,
  • ob Anpassungen in Rechnungsstellung, Steuersätzen und ERP-Systemen nötig sind.

Gerade bei Mischformen aus Live-Event und On-Demand-Angebot ist eine korrekte umsatzsteuerliche Abgrenzung entscheidend.


📌 Quelle: Bundesministerium der Finanzen

Entwurf eines Fondsrisikobegrenzungsgesetzes veröffentlicht

BMF – Mitteilung vom 08.08.2025

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat den Entwurf eines Gesetzes zur Begrenzung der Risiken durch Investmentfonds vorgelegt. Ziel ist die Umsetzung neuer EU-Vorgaben aus den Richtlinien (EU) 2024/927 und (EU) 2024/2994 sowie die Anpassung an die aktualisierte EMIR-Verordnung (EU) 2024/2987.

Damit werden Änderungen in mehreren zentralen Bereichen des Kapitalmarktrechts auf nationaler Ebene verankert.


1. Umsetzung der neuen EU-Vorgaben

Der Gesetzentwurf setzt die Änderungen der:

  • OGAW-Richtlinie (2009/65/EG) und
  • AIFM-Richtlinie (2011/61/EU)

durch die Richtlinie (EU) 2024/927 eins zu eins in deutsches Recht um. Schwerpunkte sind:

  • Übertragungsvereinbarungen
  • Liquiditätsrisikomanagement
  • aufsichtliche Berichterstattung
  • Verwahr- und Hinterlegungsdienstleistungen
  • Kreditvergabe durch alternative Investmentfonds (AIF)

2. Neue Möglichkeiten für geschlossene Fonds

  • Publikumsbereich: Geschlossene Sondervermögen können künftig auch als Publikumsfonds aufgelegt werden.
  • Bürgerbeteiligungen: Anbieter geschlossener Fonds erhalten erleichterten Zugang, um Projekte im Bereich erneuerbare Energien für Privatanleger zu öffnen.

3. Anpassungen an EMIR

Der Entwurf sieht außerdem Änderungen im:

  • Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB)
  • Kreditwesengesetz (KWG)
  • Wertpapierinstitutsgesetz (WpIG)
  • Wertpapierhandelsgesetz (WpHG)

vor, um die Verordnung (EU) 2024/2987 („EMIR-Verordnung“) und die Richtlinie (EU) 2024/2994 umzusetzen.

Ziel:

  • Verringerung übermäßiger Risikopositionen von EU-Marktteilnehmern gegenüber zentralen Gegenparteien (CCPs) aus Drittstaaten
  • Stärkung des Clearings innerhalb der EU

💡 Praxis-Hinweis:
Für Kapitalverwaltungsgesellschaften, institutionelle Investoren und Fondsanbieter bedeutet der Entwurf umfangreiche Anpassungen in der Verwaltung, Berichterstattung und Risikosteuerung. Besonders im Bereich erneuerbare Energien könnten sich neue Marktchancen ergeben. Eine frühzeitige Prüfung interner Prozesse und Vertragsstrukturen ist ratsam.


📌 Quelle: Bundesministerium der Finanzen – Zum Referentenentwurf

Neuer BMF-Entwurf zur E-Rechnung – DStV fordert praxisnahe Klarstellungen

Mitteilung des DStV vom 12.08.2025

Knapp ein Jahr nach Veröffentlichung des ersten Entwurfs hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) einen überarbeiteten Entwurf zur Einführung der E-Rechnung vorgelegt. Neben zusätzlichen Hinweisen enthält der Entwurf Anpassungen des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE). Ziel ist es, offene Praxisfragen zu klären – doch nach Ansicht des Deutschen Steuerberaterverbands e.V. (DStV) bleiben wichtige Punkte weiterhin unklar.


Zentrale Kritikpunkte des DStV

1. Unklare Fehlerbehandlung

Der Entwurf enthält neue Vorgaben zum Umgang mit Format- und inhaltlichen Fehlern in E-Rechnungen. Auch wird die Validierung stärker betont.
Allerdings bleiben wesentliche Fragen offen:

  • Abgrenzung technischer und inhaltlicher Fehler unklar
  • Rechtsfolgen bei Fehlern nicht eindeutig geregelt
  • Keine Angaben, wie die Finanzverwaltung die Einhaltung prüfen will

Forderung des DStV: Klare und praxistaugliche Regeln sowie Sanktionsfreiheit bei rein technischen Fehlern.

2. Abweichung von bestehenden Prozessen

Entgegen früheren Zusagen („alles, was mit der Papierrechnung geht, geht auch mit der E-Rechnung“) sieht der Entwurf Änderungen vor, die mehr Bürokratie bedeuten:

  • Bei Baurechnungen sollen Änderungen im Leistungsumfang künftig eine neue Rechnung erfordern (Ausnahme: reine Betragsänderung).
  • Verweise auf andere Unterlagen sollen entfallen; stattdessen müssen sämtliche relevanten Inhalte im strukturierten Teil der E-Rechnung eingebettet werden.
    ➡️ Folge: Erhöhtes Datenvolumen und zusätzlicher Aufwand.

Forderung des DStV: Orientierung an den bisherigen Abläufen und Vermeidung unnötiger Bürokratie.

3. Positiv: Erleichterung für Kleinunternehmer

Das BMF hat die Kritik des DStV zur bisherigen Verwaltungsauffassung aufgegriffen:
Kleinunternehmer dürfen künftig ihre Rechnungen an inländische Unternehmer ohne Zustimmung des Empfängers als E-Rechnung ausstellen.


Blick in die Zukunft: Meldesystem ab 2030

Parallel arbeitet das BMF bereits an einem Meldesystem für Umsatzdaten. Der DStV setzt sich dafür ein:

  • Steuerberater aktiv in den Datenaustausch einzubinden
  • Umsatzsteuer-Voranmeldungen beizubehalten
  • Die Qualität und bewährte Prozesse im Interesse kleiner und mittlerer Unternehmen zu sichern

Der Verband lehnt Forderungen ab, die Erklärungspflichten allein auf Basis von Rechnungsdaten zu gestalten – dies würde die Berechnung der Steuerschuld erheblich verkomplizieren.


💡 Praxis-Hinweis:
Unternehmen sollten sich frühzeitig mit den geplanten Änderungen befassen und prüfen, ob bestehende ERP- und Rechnungsprozesse die neuen Anforderungen abbilden können. Gerade in Branchen mit komplexen Leistungsänderungen, wie dem Baugewerbe, ist mit Anpassungsbedarf zu rechnen.


📌 Quelle: Deutscher Steuerberaterverband e.V.

Neue Zuständigkeitsregelung für Stundungen und Billigkeitsmaßnahmen bei Landessteuern

Finanzministerium Baden-Württemberg – Erlass vom 07.08.2025 (FM3-S 0336-1/18)

Mit Wirkung vom 7. August 2025 hat das Finanzministerium Baden-Württemberg – im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen – die Zuständigkeiten für Stundungen, Erlasse und weitere Billigkeitsmaßnahmen bei Landessteuern sowie bei sonstigen durch Landesfinanzbehörden verwalteten Steuern und Abgaben neu geregelt.

Die Neufassung ersetzt die bisherigen Anordnungen vom 5. Juli 2023 (BStBl I S. 1468).

Wesentliche Inhalte des Erlasses

Die Zuständigkeiten betreffen insbesondere:

  • Stundungen nach § 222 AO und § 6 Abs. 4 AStG (in der bis 30.06.2021 geltenden Fassung),
  • Erlasse nach § 227 AO,
  • Billigkeitsmaßnahmen nach § 163 AO,
  • Absehen von Festsetzungen nach § 156 Abs. 2 AO,
  • Niederschlagungen nach § 261 AO,
  • Verzicht auf Zinsen nach § 234 Abs. 2 AO und § 237 Abs. 4 AO, soweit diese auf durch Landesfinanzbehörden verwaltete Steuern und Abgaben entfallen.

Die Regelung umfasst jeweils auch die Nebenleistungen zu den genannten Steuerarten.

Bedeutung für die Praxis

Für Steuerpflichtige und Berater ist wichtig zu wissen, welche Behörde im Einzelfall für Stundungs- oder Billigkeitsanträge zuständig ist. Durch die Neuregelung werden die Zuständigkeiten nun landeseinheitlich festgelegt, was die Antragsverfahren vereinfachen und die Bearbeitungswege klarer machen soll.

Wer aktuell Anträge auf Stundung, Erlass oder Zinsverzicht plant, sollte die neuen Zuständigkeiten vor Antragstellung prüfen, um Verzögerungen zu vermeiden.


📌 Quelle: Bundesministerium der Finanzen

Umsatzsteuersenkung für Gastronomie zum 1. Januar 2026 bleibt bestehen

Deutscher Bundestag – Mitteilung vom 11.08.2025
Die Bundesregierung bestätigt in ihrer Antwort (BT-Drucksache 21/1161) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (21/920), dass die im Koalitionsvertrag vereinbarte Senkung des Umsatzsteuersatzes für Speisen in der Gastronomie zum 1. Januar 2026 auf 7 % wie geplant umgesetzt wird.

Die Maßnahme betrifft alle in der Gastronomie angebotenen Speisen, unabhängig davon, ob diese vor Ort verzehrt oder zum Mitnehmen verkauft werden. Für Getränke bleibt es hingegen beim regulären Steuersatz von derzeit 19 %.

Hintergrund der Entscheidung

Während der Corona-Pandemie wurde der Umsatzsteuersatz für Speisen in der Gastronomie bereits vorübergehend auf 7 % gesenkt. Ziel war damals die wirtschaftliche Entlastung der Branche. Nun wird diese Entlastung dauerhaft verankert.

Zur Frage, ob die Senkung tatsächlich bei den Endverbrauchern ankommt, verweist die Bundesregierung auf Studien aus der Pandemiezeit sowie auf internationale Erfahrungen: Preissenkungen werden demnach teilweise an die Gäste weitergegeben, wirken aber vor allem stabilisierend auf die wirtschaftliche Lage der Betriebe.

Praxis-Hinweis für Gastronomiebetriebe

Für Gastronomiebetriebe bedeutet dies, dass ab 1. Januar 2026 eine dauerhafte steuerliche Entlastung für Speisen gilt. Unternehmen sollten frühzeitig:

  • Kassensysteme und Buchhaltung auf den reduzierten Steuersatz anpassen,
  • Preislisten und Speisekarten entsprechend aktualisieren,
  • interne Kalkulationen überprüfen, um den wirtschaftlichen Effekt optimal zu nutzen.

📌 Quelle: Deutscher Bundestag, hib-Nr. 341/2025

Mindestgewinnbesteuerung ist verfassungsgemäß – Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts

Mit Beschluss vom 23.07.2025 (Az. 2 BvL 19/14) hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bestätigt, dass die gesetzlichen Regelungen zur sogenannten Mindestgewinnbesteuerung bei Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Die Entscheidung wurde am 11.08.2025 in einer Pressemitteilung veröffentlicht.

Was ist die Mindestgewinnbesteuerung?

Die Mindestgewinnbesteuerung betrifft Kapitalgesellschaften und regelt die Nutzung von Verlustvorträgen aus Vorjahren. Auch bei noch bestehenden Verlusten müssen Unternehmen ab einem gewissen Gewinnniveau einen Mindestanteil ihres Gewinns versteuern.

Konkret gilt:

  • Verlustvorträge sind bis zu einem Sockelbetrag von 1 Mio. Euro vollständig nutzbar.
  • Darüber hinausgehende Gewinne können nur zu 60 % mit bestehenden Verlustvorträgen verrechnet werden.
  • Der restliche Gewinn unterliegt der regulären Besteuerung – es entsteht eine Mindestbesteuerung, obwohl theoretisch noch Verluste vorhanden sind.

Diese Regelung gilt bei Körperschaftsteuer und – analog – bei der Gewerbesteuer.

Hintergrund des Verfahrens

Im konkreten Fall konnte eine Kapitalgesellschaft aufgrund eines sogenannten „bilanzsteuerrechtlichen Umkehreffekts“ Verluste nicht mehr vollständig mit späteren Gewinnen verrechnen. Die Gesellschaft wurde insolvent, und ein Teil der Verlustvorträge verstrich ungenutzt – es kam zum sogenannten „Definitiveffekt“.

Der Bundesfinanzhof (BFH) legte diesen Fall dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vor. Es stellte sich die Frage, ob die Mindestbesteuerung in solchen Konstellationen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) oder die Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG) verstößt.

Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts

Das BVerfG hat klargestellt:

  • Die Mindestgewinnbesteuerung in ihrer Grundkonzeption ist verfassungsgemäß.
  • Eine zeitliche Streckung der Verlustverrechnung ist zulässig.
  • Auch in Sonderfällen, in denen Verlustvorträge wegen Insolvenz endgültig verfallen, liegt kein Verstoß gegen das Grundgesetz vor.
  • Die Regelungen sind nicht willkürlich, sondern dienen einem legitimen fiskalischen Zweck: Der Verstetigung staatlicher Einnahmen.

Selbst wenn Härten in Einzelfällen entstehen, hat der Gesetzgeber mit der Mindestbesteuerung keine verfassungsrechtlichen Grenzen überschritten.

Was bedeutet das für Unternehmen?

  • Unternehmen können sich weiterhin nicht darauf berufen, Verlustvorträge unbegrenzt in voller Höhe geltend machen zu dürfen.
  • Die Entscheidung schafft Rechtssicherheit für die Verwaltungspraxis und bestätigt den bisherigen Umgang mit Verlusten im Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuerrecht.
  • Für Steuerpflichtige bedeutet dies: Verluste müssen rechtzeitig und strategisch klug genutzt werden – gerade bei geplanten Umstrukturierungen, Liquidationen oder Sanierungen.

Unser Fazit

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts stärkt die Rechtssicherheit bei der Anwendung der Mindestgewinnbesteuerung. Für Unternehmen bleibt die vorausschauende steuerliche Planung ihrer Verlustvorträge entscheidend, um steuerliche Nachteile zu vermeiden.

Wenn Sie Fragen zur Verlustverrechnung oder zur optimalen Nutzung von Verlustvorträgen in Ihrem Unternehmen haben, beraten wir Sie gerne individuell.

📞 Kontaktieren Sie uns – wir stehen Ihnen kompetent zur Seite.

Mindeststeueranpassungsgesetz: BMF legt Entwurf zur Umsetzung neuer OECD-Leitlinien vor

Am 8. August 2025 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) den Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Mindeststeuergesetzes und zur Umsetzung weiterer Maßnahmen (Mindeststeueranpassungsgesetz – MinStAnpG) veröffentlicht.
Kernziel ist die Umsetzung neuer OECD-Verwaltungsleitlinien sowie redaktionelle Anpassungen im bestehenden Mindeststeuergesetz.


Hintergrund

Die Anpassungen basieren auf den jüngsten OECD-Leitlinien vom:

  • 15. Dezember 2023
  • 24. Mai 2024
  • 13. Januar 2025

Diese konkretisieren die Anwendung der internationalen Mindestbesteuerung (Pillar Two) und erfordern eine Übernahme ins nationale Recht.


Wesentliche Inhalte des Gesetzentwurfs

1. Berücksichtigung latenter Steuern

Bei der Vollberechnung sollen künftig auch latente Steuern einbezogen werden, wenn:

  • sie aufgrund eines Wahlrechts nicht ausgewiesen sind oder
  • eine Verrechnung im Mindeststeuer-Jahresüberschuss oder -Jahresfehlbetrag erfolgt ist.

2. Redaktionelle Anpassungen

  • Klarstellungen und technische Korrekturen im Mindeststeuergesetz zur besseren Anwendbarkeit.

3. Begleitmaßnahmen zur Bürokratieentlastung

  • Reduzierung einzelner Anti-Gewinnverlagerungsvorschriften auf das notwendige Maß, um Unternehmen und Verwaltung zu entlasten.

💡 Praxistipp für international tätige Unternehmensgruppen:
Prüfen Sie zeitnah, ob Ihre latente Steuerrechnung durch die Änderungen betroffen ist. Die korrekte Behandlung ist entscheidend für die Ermittlung der effektiven Steuerquote nach dem Mindeststeuergesetz und kann Einfluss auf Ihre globale Steuerstrategie haben.


📌 Quelle: Bundesministerium der Finanzen, Mitteilung vom 08.08.2025

Schwarzarbeitsbekämpfung: BRAK warnt vor rechtsstaatlichen Risiken bei erweiterten Ermittlungsbefugnissen

Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) hat deutliche rechtsstaatliche Bedenken gegen den von der Bundesregierung am 6. August 2025 beschlossenen Gesetzentwurf zur Modernisierung und Digitalisierung der Schwarzarbeitsbekämpfung geäußert.
Der Entwurf sieht vor, die Ermittlungsbefugnisse der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) erheblich auszuweiten und einen umfassenderen Datenaustausch zwischen Behörden zu ermöglichen.

Geplante Maßnahmen im Überblick

  • Ausbau der FKS zu einer zentralen Prüf- und Ermittlungsbehörde
  • Einrichtung eines operativen Informations- und Datenanalysesystems
  • Fokussierung auf neue Schwarzarbeitsschwerpunkte wie Barbershops und Nagelstudios (Verdacht auf Clan-Kriminalität)
  • Aufnahme der Hauptzollämter in den polizeilichen Informationsverbund
  • Ausweitung der Telekommunikationsüberwachung (TKÜ)
  • Erweiterte Datenverarbeitungsbefugnisse der Zollkriminalämter
  • Prozessoptimierungen für die „Kleine Staatsanwaltschaft“ und selbstständige Ahndung von Sozialleistungsbetrug

Kritik der BRAK

Die BRAK sieht insbesondere bei der TKÜ und der Verlagerung von Ermittlungskompetenzen erhebliche Probleme:

  • Verletzung der Unschuldsvermutung: TKÜ soll auch ohne Vorliegen einer „Bande“ möglich sein, was zu Eingriffen bereits im Stadium bloßer Verdachtsfälle führt.
  • Gefahr unverhältnismäßiger Überwachung: Voraussichtlich würden viele Unbeteiligte betroffen sein.
  • Systembruch: Die Verlagerung von Ermittlungsbefugnissen zu den Zollbehörden könnte das Anklagemonopol der Staatsanwaltschaft aushöhlen.
  • Absenkung grundrechtlicher Hürden: Die BRAK kritisiert die deutliche Ausweitung von Eingriffsbefugnissen bei gleichzeitig abgesenkten Schutzvoraussetzungen.

Rechtsstaatliche Bewertung

Die BRAK stellt klar, dass der Titel des Gesetzentwurfs – „Modernisierung und Digitalisierung der Schwarzarbeitsbekämpfung“ – harmlos klinge, tatsächlich aber tiefgreifende Eingriffe in Grundrechte und Verfahrensgrundsätze vorgesehen seien. Die geplanten Änderungen hält sie für nicht zu rechtfertigen und lehnt sie in dieser Form ab.


💡 Praxistipp:
Unternehmen in Branchen mit erhöhtem Prüfungsrisiko sollten sich darauf einstellen, dass bei Inkrafttreten des Gesetzes umfangreichere Prüf- und Ermittlungsmaßnahmen möglich sind – einschließlich digitaler Analysen und breiterer Datenabgleiche. Gleichzeitig ist mit einer intensiveren behördlichen Vernetzung zu rechnen.

📌 Quelle: BRAK, Mitteilung vom 06.08.2025 – Nachrichten aus Berlin, Ausgabe 16/2025