Archiv der Kategorie: Steuern & Recht

BFH zur steuerfreien Tarifoptimierung von Versicherungsverträgen

BFH, Urteil XI R 7/23 vom 08.07.2025


Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass auch die Tarifoptimierung bestehender Versicherungsverträge durch Versicherungsvertreter oder -makler als steuerfreier Umsatz gemäß § 4 Nr. 11 UStG zu qualifizieren sein kann. Damit wird die Umsatzsteuerfreiheit auf Tätigkeiten erweitert, die nicht in der Vermittlung eines neuen Vertrags bestehen, sondern in der Änderung oder Anpassung eines bestehenden Versicherungsverhältnisses.


Leitsätze des BFH

1️⃣ Optimierung eines bestehenden Versicherungsvertrags (z. B. durch Tarifwechsel oder Leistungsanpassungen) kann umsatzsteuerfrei sein.

2️⃣ Die Steuerbefreiung greift auch dann, wenn das Entgelt für die Tätigkeit vom Versicherungsnehmer gezahlt wird.


Hintergrund und Bedeutung

Versicherungsvertreter und -makler übernehmen immer häufiger Tarifwechsel-Beratung oder Bestandsoptimierungen, etwa wenn:

  • Policen veraltet sind,
  • Prämien verringert werden können oder
  • Leistungen verbessert werden.

Bisher war in der Praxis umstritten, ob solche Tätigkeiten als bloße Versicherungsberatung einzustufen sind – und damit umsatzsteuerpflichtig.

Der BFH stellt nun klar:

➡ Entscheidend ist nicht der Neuabschluss einer Versicherung,
➡ sondern ob die Leistung im unmittelbaren Zusammenhang mit der Versicherungsvermittlung steht und den Versicherungsschutz beeinflusst.

Dies ist bei Änderungsvereinbarungen regelmäßig der Fall.


Was bedeutet das für die Praxis?

Für Versicherungsvermittler und Makler:

Mehr Leistungen steuerfrei abrechenbar
Planungssicherheit bei Geschäftsmodellen zur Tarifoptimierung
✅ Möglichkeit zur attraktiveren Preisgestaltung gegenüber Endkunden

Für Berater in Bausparkassenstrukturen gleichermaßen relevant, da § 4 Nr. 11 UStG auch diese Tätigkeit umfasst.


Einordnung des BFH

Der BFH hebt hervor:

  • Der Versicherungsvermittler gestaltet den Versicherungsvertrag aktiv neu
  • Es besteht Versicherungsvermittlungsnähe, da Risiken und Prämien neu gestaltet werden
  • Damit gleiche Behandlung wie bei Neuverträgen

Dass der Versicherungsnehmer das Entgelt zahlt, ist umsatzsteuerlich unschädlich.


Fazit

➡ Tarifoptimierung kann steuerfrei sein – auch ohne Neuvertrag
➡ Wichtig bleibt: klarer Leistungsbezug zur Änderung des Versicherungsschutzes


Quelle: Bundesfinanzhof

✅ Kurz-Checkliste: Wann ist die Tarifoptimierung steuerfrei?

PrüffrageJa → Steuerfrei ✅Nein → Regelbesteuert ⚠️
Wird der Versicherungsschutz angepasst (Beitrag, Leistung, Risiko)?
Führt die Tätigkeit zu einer Änderungsvereinbarung mit dem Versicherer?
Besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zur Vermittlungstätigkeit?
Werden die Interessen des Versicherungsnehmers wahrgenommen?
Ist die Tätigkeit mehr als reine Beratung (z. B. Vertragsanalyse ohne Änderung)?

📌 Ergebnis: Wenn mindestens die ersten drei Kriterien erfüllt sind → § 4 Nr. 11 UStG greift


🔍 Visuelle Abgrenzung: Vermittlungsnähe oder Beratung?

     ÄNDERT DER VERTRAG SICH?
               |
        ┌──────┴──────┐
       Nein           Ja
       Beratung      Vermittlungsnahe Tätigkeit
       |                 |
   Umsatzsteuer      → Umsatzsteuerfrei
   19 %              nach § 4 Nr. 11 UStG

👉 Reine Beratung (z. B. Analyse der Versicherungsunterlagen ohne Änderung) bleibt umsatzsteuerpflichtig.

👉 Aktive Vertragsoptimierung mit Änderungsvereinbarung = steuerfrei.


🎯 Praxis-Tipp

Leistungsbeschreibung im Angebot und auf Rechnung klar formulieren:
„Optimierung eines bestehenden Versicherungsvertrags durch Änderung des Versicherungsschutzes (Tarifwechsel) gemäß § 4 Nr. 11 UStG – Vermittlungsnahe Tätigkeit.“

Damit reduzierst du das Risiko einer späteren USt-Nachforderung erheblich.

BFH zur Schenkungsteuer: Einlage eines Familienheims in eine Ehegatten-GbR kann steuerfrei bleiben

BFH, Pressemitteilung Nr. 70/25 vom 23.10.2025 zum Urteil II R 18/23 vom 04.06.2025


Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass die Steuerbefreiung für die lebzeitige Übertragung eines Familienheims unter Ehegatten gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG auch dann gewährt werden kann, wenn das Familienheim in das Vermögen einer Ehegatten-GbR eingebracht wird, an der beide Ehegatten zu gleichen Teilen beteiligt sind.

Damit stärkt der BFH die Flexibilität in der zivilrechtlichen Gestaltung von Immobilienübertragungen innerhalb der Ehe.


Sachverhalt

  • Der Kläger und seine Ehefrau gründeten 2020 eine GbR mit jeweils 50 % Beteiligung.
  • Die Ehefrau war Alleineigentümerin eines selbstgenutzten Familienheims.
  • Sie übertrug das Grundstück unentgeltlich in das Gesellschaftsvermögen der GbR.
  • Die Übertragung wurde als ehebedingte unentgeltliche Zuwendung zugunsten des Klägers bezeichnet.
  • Der Kläger beantragte Schenkungsteuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG.

Das Finanzamt erkannte zwar die Schenkung dem Grunde nach an, versagte aber die Steuerbefreiung.


Die Entscheidung des BFH

Der BFH bestätigte die Auffassung des Finanzgerichts:

✅ Schenkungsteuerlich gilt der Ehegatte als Gesellschafter in Höhe seines Gesellschaftsanteils als bereichert
✅ Nicht die GbR – obwohl zivilrechtlich Eigentümerin geworden – steht im Fokus
✅ Damit ist die Familienheim-Befreiung anwendbar, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind

Kernbotschaft des BFH:
Für die Steuerbefreiung kommt es auf den tatsächlich bereicherten Ehegatten an – nicht auf die zivilrechtliche Eigentümerstellung einer GbR.


Bedeutung für die Beratungspraxis

Die Entscheidung schafft Gestaltungssicherheit bei Ehegatten-GbR-Modellen:

🔹 Steuerfreie Übertragung von Immobilien in Familien-Beteiligungsstrukturen wird erleichtert
🔹 Stärkung der Flexibilität bei Vermögens- und Nachfolgeplanung
🔹 Risikominimierung in Fällen, in denen Immobilien aus wirtschaftlichen oder haftungsrechtlichen Gründen in eine GbR eingebracht werden sollen

Wichtig bleibt:
📌 Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken muss weiterhin gewährleistet sein
📌 Die GbR darf grundsätzlich keine Einkünfteerzielungsabsicht vorschalten, die die Wohnnutzung verdrängt


Quelle: Bundesfinanzhof

✅ Praxis-Checkliste: Steuerfreie Einlage eines Familienheims in eine Ehegatten-GbR

Damit die Schenkungsteuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG gewährt wird, sollten folgende Punkte erfüllt sein:

PrüffeldVoraussetzungErfüllt? ✅
Begünstigtes ObjektWohnhaus oder Eigentumswohnung, die den Lebensmittelpunkt der Ehegatten bildet
Eigene WohnzweckeDas Familienheim wird selbst bewohnt – keine Vermietung
Übertragung unter EhegattenUnentgeltliche Zuwendung von einem Ehegatten an den anderen
Bereicherung beim EhegattenSteuerlich gilt der Gesellschafter, nicht die GbR, als Empfänger
Fortdauernde SelbstnutzungMindestens 10 Jahre fortgesetzte Nutzung nach Übertragung
GbR-StrukturEhegatten 50/50-Beteiligung und klare gesellschaftsvertragliche Regelung
Keine steuerliche SperrwirkungKein späterer Verkauf/Übertragung, die den Wohnzweck entfallen lässt

📌 Gestaltungsschema – wie bleibt es steuerfrei?

Ausgangslage:

  • Ehefrau = Alleineigentümerin des Familienheims
  • Ehegatten wohnen gemeinsam darin

Gestaltungsschritte:

1️⃣ Ehegatten errichten eine GbR (notariell empfohlen)
2️⃣ Ehefrau überträgt das Familienheim unentgeltlich in die GbR
3️⃣ Der hälftige (neue) Mitberechtigungsanteil des Ehemannes wird
als ehebedingte Zuwendung eingestuft
4️⃣ Antrag auf Schenkungsteuerbefreiung Familienheim
5️⃣ Selbstnutzung wird beibehalten

📍 Ergebnis: Keine Schenkungsteuer!
→ Der BFH bestätigt: wirtschaftlicher Bereicherungsvorgang > zivilrechtliche Eigentumslage


🚫 Typische Fallstricke

FehlerRisiko
Aufgabe der Selbstnutzung vor Ablauf von 10 JahrenSteuerbefreiung rückwirkend weg
Vermietung eines Teilbereichs (AirBnB etc.)Teilweise Versagung der Befreiung
Abweichende Beteiligungsverhältnisse in GbRDiskussion um Bereicherungshöhe
Unzureichende vertragliche DokumentationStreit über Zuwendung / Nachweisprobleme

💡 Tipp: Immer sauber dokumentieren, dass Wohnzweck > Vermögensverwaltung ist.


🎯 Beratungsimpuls

Die BFH-Entscheidung eröffnet Gestaltungsspielräume:

✅ Vermögensschutz durch GbR-Struktur
✅ Keine steuerlichen Nachteile bei Eigentumsangleichung
✅ Gut kombinierbar mit späterer Nachfolgeplanung (sukzessiver Anteilserwerb durch Kinder)

BFH: Vorsteuerberichtigung bei Rückzahlung von Einfuhrumsatzsteuer nach insolvenzrechtlicher Anfechtung

BFH, Beschluss XI R 7/22 vom 04.06.2025


Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Beschluss vom 04.06.2025 (Az. XI R 7/22) wesentliche Grundsätze zur Vorsteuerberichtigung im Zusammenhang mit der Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) bei insolvenzrechtlicher Anfechtung präzisiert. Die Entscheidung stellt klar, dass eine Rückzahlung der EUSt in die Insolvenzmasse zwingend eine Vorsteuerberichtigung nach § 17 Abs. 3 Satz 1 UStG auslöst.


Kernaussagen des BFH (Leitsatz)

1️⃣ Rückzahlung führt zur Berichtigung
Die tatsächlich geleistete Rückzahlung der Einfuhrumsatzsteuer an die Insolvenzmasse gilt als „Erstattung“ i.S.d. § 17 Abs. 3 Satz 1 UStG und löst damit eine Vorsteuerkorrektur aus.

2️⃣ Unionsrechtskonforme Auslegung des Begriffs „erstattet“
Entscheidend ist der Zahlungsvorgang, nicht die Frage der zivil- oder steuerrechtlichen Berechtigung der ursprünglichen Zahlung (§ 37 Abs. 2 AO).

3️⃣ „Geschuldet“ im Sinne der MwStSystRL
Ein Vorsteuerabzug setzt voraus, dass eine rechtswirksam geschuldete Einfuhrumsatzsteuer vorliegt. Ohne eine rechtlich durchsetzbare Zahlungsverpflichtung kein Vorsteuerabzug für noch nicht entrichtete EUSt.


Bedeutung für die Praxis

Die Entscheidung bringt wichtige Klarstellungen für Insolvenzverwalter, Importeure und deren steuerliche Beratung:

🔹 Rückzahlungsrisiken berücksichtigen: Auch Jahre später kann eine Berichtigungspflicht entstehen
🔹 EUSt-Vorsteuerabzüge sind nur bei rechtlicher Zahlungspflicht zulässig
🔹 Insolvenzanfechtung und Umsatzsteuer müssen zwingend gemeinsam betrachtet werden

Wird die EUSt nachträglich in die Masse zurückgeführt, entsteht eine Vorsteuerkorrektur mit steuerlicher Belastung für den Leistenden.


Fazit

Der BFH stärkt die Kohärenz zwischen Vorsteuerabzug und tatsächlicher Vermögensbelastung:
Ohne endgültige Zahlung kein endgültiger Vorsteuerabzug.
Bei Rückzahlung zwingende Berichtigung.

Beratungsansatz: Steuerpflichtige sollten bei importbezogenen Vorgängen im Insolvenzkontext frühzeitig die umsatzsteuerlichen Konsequenzen prüfen – insbesondere im Hinblick auf spätere Anfechtungsrisiken.


Quelle: Bundesfinanzhof

BFH: Rücklage nach § 6b EStG und der formelle Bilanzenzusammenhang

BFH, Pressemitteilung Nr. 71/25 vom 23.10.2025 zum Urteil XI R 27/22 vom 02.07.2025


Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 02.07.2025 (Az. XI R 27/22) klargestellt, dass eine zu Unrecht gebildete Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG zwingend nach den Grundsätzen des formellen Bilanzenzusammenhangs zu korrigieren ist. Die Entscheidung hat weitreichende Bedeutung für Unternehmen, die Gewinne aus der Veräußerung bestimmter Wirtschaftsgüter auf neue Investitionen übertragen.


Hintergrund des Streitfalls

Die Klägerin veräußerte im Jahr 2002 ihren gesamten Immobilienbestand und bildete für den Veräußerungsgewinn eine Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG. Diese wurde zunächst im Rahmen der Körperschaftsteuer 2002 anerkannt; der Vorbehalt der Nachprüfung wurde später aufgehoben.

Für das Streitjahr 2003 kam das Finanzamt (FA) jedoch zu der Auffassung, dass die Bildung der Rücklage unzulässig gewesen sei. Konsequenz: Auflösung der Rücklage in der ersten noch verfahrensrechtlich offenen Schlussbilanz, also im Jahr 2003.


Entscheidung des Finanzgerichts – und warum sie scheiterte

Das Finanzgericht stellte sich zunächst auf die Seite der Klägerin:

  • Es liege kein Bilanzfehler vor.
  • Die Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG sei nur ein rechnerischer Ausgleich im Eigenkapital.
  • Das Eigenkapital sei in Summe unverändert – daher kein Korrekturbedarf.

BFH: Rücklage ist Bilanzposten – und damit bilanzberichtigungsfähig

Der BFH hob die Vorentscheidung auf. Seine wesentlichen Argumente:

✅ Eine Rücklage nach § 6b EStG ist ein eigener Passivposten in der Steuerbilanz
✅ Wird sie zu Unrecht gebildet, liegt ein Bilanzfehler vor
✅ Korrektur hat im ersten verfahrensrechtlich noch offenen Jahr zu erfolgen

Damit bestätigt der BFH die strenge Bindung an den formellen Bilanzenzusammenhang: Fehler in einer früheren Bilanz wirken in die Folgejahre fort, solange diese noch nicht bestandskräftig sind.


Praxisrelevanz für Unternehmen und Steuerberater

Die Entscheidung zeigt deutlich:

🔹 Fehler bei § 6b-Rücklagen wirken lange nach
🔹 Die Verfahrenslage (Bestandskraft!) kann über hohe Steuernachzahlungen entscheiden
🔹 Dokumentation und Prüfung der Rücklagenvoraussetzungen sind essenziell

Unternehmen sollten Rücklagen nach § 6b EStG regelmäßig im Rahmen der Jahresabschlusserstellung überprüfen – insbesondere bei längerfristigen Investitionsplanungen.


Quelle: Bundesfinanzhof

Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 EStG – der Steuer-Booster für Ihre Investitionen

Sonderabschreibungen sind für Unternehmer ein echtes Geschenk: Sie ermöglichen es, Investitionen schneller steuerlich geltend zu machen – und damit die Steuerlast in den ersten Jahren deutlich zu senken. Besonders beliebt ist dabei die Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 EStG, weil sie flexibel, planbar und liquiditätsschonend ist.

Doch Vorsicht: Viele Unternehmer übersehen eine wichtige Folgepflicht – und das kann bei einer Betriebsprüfung zu teuren Steuernachzahlungen führen. Wir erklären, wie Sie die Sonderabschreibung richtig nutzen und typische Fehler vermeiden.


1. So funktioniert die Sonderabschreibung – einfach erklärt

Schritt 1: Die normale Abschreibung

Grundsätzlich wird jedes abnutzbare Wirtschaftsgut über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abgeschrieben – zum Beispiel eine Maschine oder ein Fahrzeug:

  • Linear: Gleichmäßig über die Nutzungsdauer
    Beispiel: 100.000 € / 10 Jahre = 10.000 € pro Jahr
  • Degressiv: (seit Juli 2025 wieder möglich)
    Bis zu 30 % vom Restwert pro Jahr – also höhere Abschreibung am Anfang.

Schritt 2: Der steuerliche „Booster“ obendrauf

Mit der Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 EStG dürfen Sie zusätzlich bis zu 40 % der Anschaffungskosten in den ersten fünf Jahren abschreiben.

Rahmenbedingungen:

VoraussetzungBedeutung
Gewinn des Vorjahres ≤ 200.000 €Nur für kleine und mittlere Unternehmen
Wirtschaftsgut fast ausschließlich betrieblich genutztMaximal 10 % Privatnutzung erlaubt
ZeitraumAnschaffungsjahr + vier Folgejahre
VerteilungFlexibel – ganz am Anfang oder über mehrere Jahre verteilt

Beispiel:
Ein Unternehmer investiert 1.000.000 €.
Er kann zusätzlich zur normalen AfA bis zu 400.000 € Sonderabschreibung über fünf Jahre verteilen – und so seine Steuerlast gezielt steuern.


2. Die große Falle: § 7a Abs. 9 EStG nicht vergessen!

Was viele übersehen: Nach Ablauf der fünf Jahre ändert sich die Berechnung der Abschreibung.

Ab Jahr 6 gilt:
Sie müssen den Restbuchwert neu berechnen und diesen auf die verbleibende Nutzungsdauer verteilen.

Beispiel:
Wenn durch die Sonderabschreibung der Buchwert stark gesunken ist, fällt die AfA ab dem 6. Jahr automatisch niedriger aus.
Wer einfach den bisherigen Abschreibungsbetrag weiterführt, macht einen Rechenfehler – und riskiert Steuernachzahlungen mit 6 % Zinsen pro Jahr.

ZeitraumBehandlungErgebnis
Jahre 1–5Normale AfA + Sonderabschreibung✅ steuerlich korrekt
Ab Jahr 6Restwert neu berechnen✅ Pflicht nach § 7a Abs. 9 EStG
Kein Anpassung❌ Fehler → Nachzahlung bei Betriebsprüfung

3. Fünf Praxistipps für eine fehlerfreie Anwendung

  1. Planen Sie strategisch: Nutzen Sie die 40 % gezielt in Jahren mit hohem Gewinn, um Ihre Steuerlast zu glätten.
  2. Denken Sie an Jahr 6: Notieren Sie sich rechtzeitig, wann die Neuberechnung der AfA ansteht.
  3. Software nutzen: Viele Buchhaltungsprogramme haben AfA-Erinnerungen – aktivieren Sie sie.
  4. Dokumentation sichern: Halten Sie die Berechnungsgrundlagen schriftlich fest – das erspart Diskussionen mit dem Prüfer.
  5. Steuerberater einbinden: Eine kurze Prüfung der AfA-Berechnung kann vor hohen Nachzahlungen schützen.

4. Fazit: Nutzen Sie den Steuer-Booster – aber richtig!

Die Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 EStG ist eine der attraktivsten steuerlichen Förderungen für kleine und mittlere Unternehmen.
Sie verbessert Ihre Liquidität und schafft Spielraum für neue Investitionen – sofern die AfA ab Jahr 6 korrekt angepasst wird.

Wer hier sauber arbeitet, profitiert doppelt: durch Steuervorteile in den ersten Jahren und Rechtssicherheit bei der Betriebsprüfung.


💡 Unser Tipp für Unternehmer

Planen Sie in den nächsten Monaten größere Anschaffungen oder Investitionen?
Dann prüfen wir gerne, ob und wie Sie die Sonderabschreibung optimal einsetzen können – individuell auf Ihre Gewinnsituation abgestimmt.

📩 Kontaktieren Sie uns, bevor Sie investieren – wir sorgen dafür, dass Ihr Steuer-Booster auch langfristig Wirkung zeigt.


Hinweis: Dieser Beitrag dient der allgemeinen Information und ersetzt keine individuelle steuerliche Beratung.
Stand: Oktober 2025

Investitionssofortprogramm 2025: Diese neuen Steuer-Booster sollten Freiberufler jetzt kennen

Der Bundestag und der Bundesrat haben im Juni und Juli 2025 das „Gesetz für ein steuerliches Investitionssofortprogramm zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland“ beschlossen. Dieses Gesetzespaket bringt eine Reihe von steuerlichen Neuerungen, die vor allem Freiberufler, Einzelunternehmer und Kapitalgesellschaften betreffen.

Wir fassen die wichtigsten Änderungen zusammen – und zeigen, welche steuerlichen Chancen Sie jetzt nutzen können.

Elektro-Dienstwagen wird steuerlich noch attraktiver

Neue Dienstwagenregelung – höherer Grenzwert für E-Fahrzeuge

Die steuerliche Förderung reiner Elektrofahrzeuge wird erheblich ausgeweitet. Die begünstigte Besteuerung des geldwerten Vorteils für die Privatnutzung verbessert sich wie folgt:

  • Grenzwert-Anhebung: Der Brutto-Listenpreis, bis zu dem nur 0,25 % des Listenpreises (bei der 1 %-Regelung) versteuert werden, steigt von 70.000 € auf 100.000 €.
  • Geltungszeitraum: Für Fahrzeuge, die nach dem 30. Juni 2025 angeschafft werden.
  • Geltungsbereich: Auch für Brennstoffzellenfahrzeuge und elektrische Nutzfahrzeuge.

Damit wird der Umstieg auf klimafreundliche Mobilität nicht nur ökologisch, sondern auch steuerlich attraktiver.

Einführung einer „Elektroauto-AfA“

Neu ist eine arithmetisch-degressive Sonderabschreibung für neu angeschaffte, rein elektrische Fahrzeuge (§ 7 Abs. 2a EStG n. F.):

JahrAbschreibungssatz
Anschaffungsjahr75 %
1. Folgejahr10 %
2. Folgejahr5 %
Weitere JahreRestbetrag linear
  • Befristung: Gilt für Anschaffungen zwischen Juli 2025 und Dezember 2027.
  • Vollabschreibung: Nach sechs Jahren sind die Anschaffungskosten vollständig abgeschrieben.
  • Wichtig: Keine Kombination mit Sonderabschreibungen möglich.

Wiederbelebung der degressiven Abschreibung

Die degressive AfA für bewegliche Wirtschaftsgüter kehrt zurück – ein klares Signal an investitionsfreudige Unternehmer.

  • Geltungszeitraum: Für Wirtschaftsgüter, die zwischen dem 1. Juli 2025 und 31. Dezember 2027 angeschafft oder hergestellt werden (§ 7 Abs. 2 EStG).
  • Abschreibungssatz: Maximal das Dreifache der linearen AfA, höchstens 30 %.
  • Anwendbar für: Alle Gewinneinkunftsarten – also auch Freiberufler und Einzelunternehmer mit Einnahmen-Überschuss-Rechnung (§ 4 Abs. 3 EStG).
  • Kombination: Die degressive AfA kann mit Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 5 EStG kombiniert werden.

Tipp: Ein späterer Wechsel zur linearen AfA ist zulässig, sobald diese günstiger wird.

Verbesserte steuerliche Forschungsförderung (FZulG)

Die Forschungszulage wird deutlich ausgeweitet – ein klarer Vorteil für Freiberufler mit innovativen Projekten.

  • Erhöhte Bemessungsgrundlage: Anhebung von 10 Mio. € auf 12 Mio. € für förderfähige Aufwendungen bei Projekten, die nach dem 31.12.2025 starten.
  • Gemeinkostenpauschale: Zusätzlich zu Löhnen und Auftragsforschung werden 20 % pauschale Gemeinkosten anerkannt – ohne Einzelnachweis.
  • Eigenleistungen: Der förderfähige Stundensatz für Eigenleistungen von Unternehmern steigt von 70 € auf 100 € (max. 40 Std./Woche).

Damit wird Forschung nicht nur leichter beantragbar, sondern auch realistisch förderfähig.

Entlastung bei der Thesaurierungsbesteuerung (§ 34a EStG)

Auch Freiberufler, die Gewinne im Unternehmen belassen, profitieren künftig von einer Absenkung des Thesaurierungssteuersatzes:

ZeitraumSteuersatz
Bis 202728,25 %
Ab 203225 %

Ziel: Gewinne, die im Unternehmen bleiben, sollen steuerlich begünstigt werden, um die Eigenkapitalbasis kleinerer Betriebe zu stärken. Damit rückt die steuerliche Behandlung thesaurierter Gewinne näher an die Körperschaftsteuerbelastung von Kapitalgesellschaften heran.

Fazit: Jetzt steuerlich klug investieren

Das Investitionssofortprogramm 2025 bietet spürbare steuerliche Entlastungen für Freiberufler, Selbstständige und kleine Kapitalgesellschaften. Vor allem durch die erneuerte degressive Abschreibung und die erweiterte Forschungsförderung ergeben sich attraktive Gestaltungsoptionen.

Gerne prüfen wir gemeinsam mit Ihnen, welche Investitions- und Abschreibungsstrategien sich in Ihrem individuellen Fall lohnen. Kontaktieren Sie uns noch heute!

Haftungsausschluss: Dieser Beitrag dient der Information und ersetzt keine steuerliche Beratung. Die Angaben basieren auf dem Stand vom Oktober 2025.

Die Urlaubsfalle 2025 – Darum müssen Arbeitgeber jetzt aktiv werden!

Der Jahreswechsel steht vor der Tür – und mit ihm die alljährliche Frage:
Was passiert mit dem Resturlaub meiner Mitarbeiter?
Kann er ins nächste Jahr übertragen werden, oder verfällt er endgültig am 31. Dezember?

Viele Arbeitgeber verlassen sich auf alte Gewohnheiten – doch die aktuelle Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG) hat die Spielregeln deutlich verschärft.

➡️ Ohne aktives Handeln drohen Nachzahlungen und Ansprüche auf Urlaubsübertragungen über Jahre hinweg.


🧾 Die Grundregel: Urlaub verfällt am 31.12. – aber nur, wenn Sie handeln!

Nach § 7 Abs. 3 Satz 2 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) gilt grundsätzlich:

Der gesetzliche Mindesturlaub muss im laufenden Kalenderjahr genommen werden.

Doch:
Der Urlaubsanspruch verfällt nur dann am 31.12., wenn der Arbeitgeber seine Hinweispflicht erfüllt.

Das bedeutet konkret:

  • Sie müssen rechtzeitig und schriftlich darauf hinweisen,
  • dass der Urlaub noch genommen werden kann,
  • und dass er verfällt, wenn er nicht bis zum Jahresende (bzw. 31.03. des Folgejahres) genommen wird.

📌 Wichtig:
Eine allgemeine Klausel im Arbeitsvertrag („Urlaub verfällt am Jahresende“) oder eine pauschale Rundmail reicht nicht aus. Der Hinweis muss individuell, konkret und nachweisbar erfolgen.


📅 Wann darf Resturlaub ins nächste Jahr übertragen werden?

Eine Übertragung ist nur in Ausnahmefällen zulässig. Dann muss der Resturlaub bis spätestens 31.03.2026 genommen werden.

Folgende Gründe sind anerkannt:

  1. Betriebliche Gründe
    Der Arbeitnehmer konnte seinen Urlaub aus dringenden betrieblichen Erfordernissen nicht nehmen – etwa aufgrund hoher Arbeitsbelastung, Personalengpässen oder wegen einer verweigerten Urlaubsfreigabe.
  2. Persönliche Gründe
    Der Mitarbeiter war etwa wegen Krankheit oder Reha verhindert. In diesen Fällen wird der Urlaub automatisch ins nächste Jahr übertragen.
  3. Einvernehmliche Übertragung
    Sie haben einer Übertragung auf Antrag des Mitarbeiters ausdrücklich zugestimmt.
  4. Mutterschutz oder Elternzeit
    In diesen Fällen bleibt der Urlaubsanspruch bis zum Ende der Schutzfrist oder Elternzeit erhalten.
  5. Tarifvertragliche Sonderregelungen
    In einigen Branchen können Tarifverträge abweichende Fristen oder Sonderregelungen zur Übertragung enthalten.

⚙️ Ihr 3-Punkte-Plan für den Jahreswechsel

Um rechtliche Risiken zu vermeiden und den Urlaubsverfall rechtssicher umzusetzen, sollten Sie jetzt aktiv werden:

1. Inventur der Urlaubstage (Jetzt!)

Prüfen Sie, welcher Mitarbeiter noch Resturlaub hat und wie viele Tage bis Jahresende genommen werden müssen.
➡️ Diese Übersicht ist die Basis für Ihre Hinweis- und Dokumentationspflichten.

2. Schriftlicher Hinweis (Spätestens im November!)

Informieren Sie jeden betroffenen Mitarbeiter individuell und schriftlich.
Ihr Hinweis muss enthalten:

  • wie viele Urlaubstage noch offen sind,
  • dass diese bis zum 31.12. genommen werden müssen,
  • und dass sie verfallen, wenn sie nicht rechtzeitig genommen werden.

(Tipp: Eine E-Mail mit Empfangsbestätigung genügt, wenn sie konkret auf den einzelnen Mitarbeiter bezogen ist.)

3. Zweite Erinnerung (Anfang 2026, falls Übertragung zulässig)

Wenn eine Übertragung bis zum 31.03.2026 rechtlich zulässig ist (z. B. bei Krankheit oder betrieblichen Gründen),
müssen Sie auch vor Ablauf dieser Frist erneut schriftlich erinnern, dass der Resturlaub andernfalls endgültig verfällt.


⚠️ Was passiert, wenn Sie nichts tun?

Wenn Sie keinen schriftlichen Hinweis geben, verfällt der Urlaub nicht automatisch.
Der Mitarbeiter kann die nicht genommenen Urlaubstage auch Jahre später noch geltend machen – inklusive möglicher Urlaubsabgeltung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

👉 Das kann teuer werden:
Nachzahlungen über mehrere Jahre, Verzugszinsen und Streitigkeiten mit ehemaligen Mitarbeitern sind keine Seltenheit.


💡 Fazit: Jetzt handeln statt nachzahlen

Der Urlaubsanspruch verfällt nur dann, wenn Sie als Arbeitgeber Ihre Hinweispflichten nachweisbar erfüllen.
Wer zu lange wartet oder pauschale Regelungen verwendet, riskiert hohe Nachzahlungen und rechtliche Auseinandersetzungen.

Unser Rat:

  • Prüfen Sie noch im November alle Resturlaubsstände.
  • Versenden Sie individuelle schriftliche Hinweise.
  • Dokumentieren Sie jede Mitteilung sorgfältig.

So sichern Sie sich rechtlich ab – und starten ohne „Urlaubsaltlasten“ ins neue Jahr.

Muster: Hinweis auf drohenden Urlaubsverfall zum Jahresende

[Kanzlei-/Unternehmensname]
[Adresse]
[PLZ, Ort]

[Ort, Datum]

An:
Frau/Herr [Vorname Nachname]
[Abteilung / Position]


Betreff: Hinweis auf Resturlaub und möglichen Verfall zum 31.12.[Jahreszahl]

Sehr geehrte/r Frau/Herr [Nachname],

wir möchten Sie hiermit gemäß § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) darauf hinweisen, dass Sie aktuell noch [Anzahl] Urlaubstage aus dem laufenden Kalenderjahr [Jahreszahl] haben.

Bitte nehmen Sie Ihren Resturlaub bis spätestens zum 31.12.[Jahreszahl], da der gesetzliche Urlaubsanspruch grundsätzlich nur im laufenden Kalenderjahr besteht.

Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass Ihre verbleibenden Urlaubstage verfallen, wenn Sie den Urlaub nicht bis zum 31.12.[Jahreszahl] beantragen und nehmen.
Nur in besonderen Ausnahmefällen (z. B. Krankheit, dringende betriebliche Gründe oder Elternzeit) kann der Urlaub ins Folgejahr übertragen werden. In diesen Fällen muss der Urlaub bis spätestens zum 31.03.[Folgejahr] genommen werden.

Bitte reichen Sie Ihren Urlaubsantrag rechtzeitig ein, damit die Urlaubsplanung ordnungsgemäß erfolgen kann.

Mit freundlichen Grüßen
[Unterschrift]
[Name / Position]


💡 Optional: Erinnerung bei Übertragung bis 31.03.[Folgejahr]

Betreff: Erinnerung an verbleibenden Resturlaub aus [Jahr]

Sehr geehrte/r Frau/Herr [Nachname],

Sie verfügen derzeit noch über [Anzahl] Resturlaubstage aus dem Vorjahr [Jahr], die aufgrund [betrieblicher/persönlicher Gründe] ins laufende Jahr übertragen wurden.

Bitte beachten Sie, dass dieser Resturlaub bis spätestens zum 31.03.[Folgejahr] genommen werden muss.
Nach diesem Datum verfallen die Urlaubstage endgültig.

Mit freundlichen Grüßen
[Unterschrift]
[Name / Position]


📄 Praxishinweis zur Verwendung

  • Das Schreiben sollte personalisiert und datiert sein.
  • Eine Zustellbestätigung (z. B. E-Mail mit Lesebestätigung oder unterschriebene Empfangsbestätigung) ist empfehlenswert.
  • Für Unternehmen mit mehreren Mitarbeitern empfiehlt sich eine standardisierte Urlaubsübersicht, die individuell ergänzt wird.

Bilanz nicht offengelegt? Ein teures Versäumnis für Unternehmen

Offenlegungspflichten der GmbH & Co. KG: Warum Schweigen Gold kosten kann

Immer wieder berichten Medien, dass deutsche Unternehmen ihre gesetzlichen Pflichten zur Offenlegung des Jahresabschlusses vernachlässigen. Kürzlich meldete das Handelsblatt, dass die Zahl der Firmen, die ihre Bilanz nicht veröffentlichen, deutlich gestiegen ist. Während Österreich auf steigende Verstöße mit einer deutlichen Erhöhung der Strafen reagiert, laufen auch in Deutschland die Bußgeldverfahren bereits auf Hochtouren.


Warum die Offenlegung der Bilanz unumgänglich ist

Die Pflicht zur Offenlegung ist keine reine Formalität, sondern ein zentraler Bestandteil der Unternehmensverfassung – und dient gleich zwei wichtigen Zielen:

  • Haftungsausgleich (Gläubigerschutz):
    Kapitalgesellschaften wie GmbHs, UGs oder AGs haften nur mit dem Gesellschaftsvermögen. Die Offenlegung des Jahresabschlusses schafft hier den notwendigen Ausgleich für die beschränkte Haftung, damit Gläubiger die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens einschätzen können.
  • Transparenz und Vertrauen:
    Die Veröffentlichung erhöht die Transparenz gegenüber Geschäftspartnern, Lieferanten, Investoren und Banken. Sie ist somit ein wesentliches Instrument des Gläubigerschutzes und der Marktintegrität.

Wer muss veröffentlichen – und welche Fristen gelten?

Grundsätzlich gilt:
Wer bilanzierungspflichtig ist, muss nicht nur den Jahresabschluss erstellen, sondern ihn auch im Bundesanzeiger veröffentlichen.

Zur Offenlegung verpflichtet sind insbesondere:

  • Kapitalgesellschaften: GmbH, UG (haftungsbeschränkt), AG und KGaA
  • Mischformen: GmbH & Co. KG, UG & Co. KG, OHG mit Kapitalgesellschaften als haftenden Gesellschaftern
  • Eingetragene Genossenschaften
  • Zweitniederlassungen ausländischer Kapitalgesellschaften mit Sitz in der EU (z. B. Limiteds)

Ausgenommen sind:

Personengesellschaften, bei denen eine natürliche Person persönlich haftet, sind nicht zur Offenlegung verpflichtet.


Fristen für die Offenlegung

  • Regelfrist: 12 Monate nach dem Abschlussstichtag
  • Kapitalmarktorientierte Unternehmen: 4 Monate nach dem Abschlussstichtag

📅 Beispiel:
Ein Jahresabschluss mit Stichtag 31.12.2024 muss bis spätestens 31.12.2025 im Bundesanzeiger veröffentlicht werden.

Der Umfang der offenzulegenden Unterlagen (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Anhang, ggf. Lagebericht) richtet sich nach der Größenklasse Ihres Unternehmens.


Was droht bei Nichtveröffentlichung?

Das Bundesamt für Justiz (BfJ) überwacht die Offenlegungspflichten und geht konsequent gegen Verstöße vor.

📈 Zahlen, die aufhorchen lassen:
Im vergangenen Jahr leitete das BfJ rund 272.000 Verfahren wegen unterlassener Offenlegung ein – ein Plus von 12 % gegenüber dem Vorjahr.
Im Jahr 2023 wurden 85.200 Ordnungsgelder verhängt.

Ablauf des Verfahrens:

  1. Das BfJ fordert das Unternehmen auf, den Jahresabschluss innerhalb von sechs Wochen offenzulegen.
  2. Erfolgt keine Reaktion, wird ein Ordnungsgeld zwischen 2.500 € und 25.000 € festgesetzt.
  3. Das Verfahren kann mehrfach wiederholt werden, bis die Veröffentlichung erfolgt.

💡 Hinweis:
Diese Bußgelder kommen zusätzlich zu eventuellen steuerlichen oder gesellschaftsrechtlichen Konsequenzen – und sie sind nicht abziehbar.


Praxistipp: So übermitteln Sie Ihre Bilanz richtig

Die Offenlegung erfolgt ausschließlich elektronisch über die Plattform
👉 www.publikations-plattform.de

Empfehlung für Unternehmen:

  • Planen Sie die Erstellung und Veröffentlichung Ihres Jahresabschlusses frühzeitig ein.
  • Prüfen Sie rechtzeitig, welche Unterlagen aufgrund Ihrer Unternehmensgröße einzureichen sind.
  • Ziehen Sie bei Unsicherheiten einen Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer hinzu – insbesondere bei Konzernstrukturen oder Umwandlungen.

Fazit

Die Offenlegungspflicht ist kein bürokratisches Ärgernis, sondern ein gesetzlich verankerter Schutzmechanismus für Marktteilnehmer. Wer sie ignoriert, riskiert erhebliche Bußgelder, Imageverluste und zusätzlichen Verwaltungsaufwand.

➡️ Unser Tipp:
Kümmern Sie sich rechtzeitig um die Offenlegung Ihres Jahresabschlusses. Wir unterstützen Sie dabei – von der Erstellung über die Prüfung bis zur fristgerechten Veröffentlichung im Bundesanzeiger.

Grunderwerbsteuer für Solar- oder Photovoltaikanlage?

Der Boom bei Solar- und Photovoltaikanlagen wirft nicht nur energiewirtschaftliche, sondern auch steuerliche Fragen auf – insbesondere, wenn eine Immobilie mit einer bereits installierten Anlage verkauft wird.
Eine aktuelle Verfügung des Finanzministeriums Sachsen-Anhalt (v. 16.7.2025, 43-S 4521-45), die auf einer Bund-Länder-Abstimmung beruht, bringt hierzu mehr Klarheit.


1. Grundsätze zur Grunderwerbsteuer

Nach § 1 GrEStG unterliegen Rechtsvorgänge an inländischen Grundstücken der Grunderwerbsteuer.
Zum Grundstück zählen grundsätzlich alle wesentlichen Bestandteile, also z. B.:

  • das Gebäude selbst,
  • fest eingebaute Heizungsanlagen,
  • sanitäre Installationen,
  • Dacheindeckung und
  • baulich fest verbundene Anlagen.

Nicht zu den Grundstücksbestandteilen gehören dagegen sogenannte Betriebsvorrichtungen – also Anlagen, die unmittelbar einem betrieblichen Zweck dienen und nicht der Gebäudenutzung als solcher.


2. Thermische Solaranlagen und Solarkraftwerke

Thermische Solaranlagen, die der Wärmeerzeugung dienen (z. B. für Warmwasser oder Heizungsunterstützung), gelten als Gebäudebestandteil.

Sie ergänzen die Heizungsanlage und sind fest mit dem Gebäude verbunden.

Folge:
➡️ Der Kaufpreisanteil für eine thermische Solaranlage gehört zur Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer.
Das heißt: Beim Erwerb eines Hauses mit einer solchen Anlage erhöht sich die Grunderwerbsteuer um den entsprechenden Anteil.


3. Photovoltaikanlagen – Differenzierung nach Nutzung

Die steuerliche Beurteilung von Photovoltaikanlagen ist komplexer und hängt entscheidend von deren Zweckbestimmung ab.
Auf Bund-Länder-Ebene wurde hierzu folgende dreistufige Einordnung beschlossen:

a) Eigenversorgung des Grundstücks

Wenn die Photovoltaikanlage ausschließlich der Stromversorgung des Gebäudes dient (z. B. zur Deckung des Eigenbedarfs):

Die Anlage ist Gebäudebestandteil oder Zubehör.

Folge:
➡️ Die Zahlungen für die Anlage sind in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen.


b) Gewerbliche Stromerzeugung (Einspeisung ins Netz)

Wird der erzeugte Strom vollständig oder überwiegend in das öffentliche Stromnetz eingespeist, liegt ein gewerblicher Betrieb vor.

In diesem Fall handelt es sich bei der Photovoltaikanlage um eine Betriebsvorrichtung.

Folge:
➡️ Der Kaufpreisanteil für die PV-Anlage ist nicht grunderwerbsteuerpflichtig.
Die Anlage wird getrennt vom Grundstück behandelt – es handelt sich nicht um einen Bestandteil des Gebäudes.


c) Photovoltaikanlage als Bestandteil der Gebäudehülle

Wenn die Photovoltaikanlage baulich anstelle der Dacheindeckung oder Fassade angebracht wird, also integraler Bestandteil der Gebäudehülle ist (sog. „Indach-Anlage“ oder PV-Fassade):

Die Anlage ist unmittelbarer Bestandteil des Bauwerks.

Folge:
➡️ Der Kaufpreis für die Anlage unterliegt der Grunderwerbsteuer, unabhängig von der Art der Nutzung (Eigenverbrauch oder Einspeisung).


4. Übersicht: Steuerliche Behandlung nach Nutzung

Art der AnlageNutzungSteuerliche EinordnungGrunderwerbsteuerpflicht
Thermische SolaranlageWärmegewinnung für GebäudeGebäudebestandteil✅ Ja
Photovoltaikanlage (Eigenversorgung)Strom für EigenbedarfZubehör/Gebäudebestandteil✅ Ja
Photovoltaikanlage (gewerbliche Einspeisung)Stromverkauf an NetzbetreiberBetriebsvorrichtung❌ Nein
Indach-/Fassaden-PVBestandteil der GebäudehülleGebäudebestandteil✅ Ja

5. Praxistipp für Immobilienkäufer und Steuerberater

Beim Erwerb einer Immobilie mit Photovoltaikanlage sollte vertraglich genau aufgeschlüsselt werden,
welcher Teil des Kaufpreises auf das Grundstück und welcher auf die Anlage entfällt.

Dadurch lässt sich klar abgrenzen, welcher Anteil der Grunderwerbsteuer unterliegt.
Fehlt eine solche Aufteilung, kann das Finanzamt den gesamten Kaufpreis der Steuer unterwerfen – zum Nachteil des Käufers.

Empfehlung: Lassen Sie den Wert der Photovoltaikanlage ggf. durch ein Gutachten oder durch Herstellerangaben nachvollziehbar beziffern.


6. Fazit

Die steuerliche Behandlung von Solar- und Photovoltaikanlagen im Zusammenhang mit der Grunderwerbsteuer hängt maßgeblich von der Nutzung und baulichen Einbindung ab:

  • Thermische Solaranlagen und PV-Anlagen zur Eigenversorgunggrunderwerbsteuerpflichtig
  • PV-Anlagen zur Netzeinspeisungnicht steuerpflichtig (Betriebsvorrichtung)
  • Integrierte PV-Systeme (Indach/Fassade)grunderwerbsteuerpflichtig

Diese differenzierte Sichtweise der Finanzverwaltung schafft Rechtssicherheit – und zeigt, wie wichtig eine präzise Vertragsgestaltung beim Immobilienkauf ist.

Umkehr der Steuerschuldnerschaft bei Installation einer Wallbox – keine Bauleistung im Sinne des § 13b UStG

Immer mehr Privatpersonen und Unternehmen installieren Wallboxen zum Laden von Elektrofahrzeugen. In der Umsatzsteuerpraxis stellt sich dabei regelmäßig die Frage, ob die Installation einer Wallbox als Bauleistung im Sinne des § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG gilt – mit der Folge, dass der Leistungsempfänger (z. B. der Auftraggeber) die Umsatzsteuer schuldet (sog. Reverse-Charge-Verfahren).

Eine aktuelle Abstimmung auf Bund-Länder-Ebene schafft nun Klarheit.


1. Hintergrund: § 13b UStG und das Reverse-Charge-Verfahren

Nach § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG gilt:
Wenn ein Unternehmer eine Bauleistung an einen anderen Unternehmer erbringt, der selbst regelmäßig Bauleistungen ausführt, dann geht die Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger über.

Typische Fälle sind etwa:

  • Errichtung, Instandsetzung oder Umbau von Gebäuden,
  • Elektroinstallationen im Rahmen von Bauvorhaben,
  • Dach- oder Fassadenarbeiten.

Ziel dieser Regelung ist die Vermeidung von Umsatzsteuerbetrug im Baugewerbe.

In der Praxis war allerdings umstritten, ob die Installation einer Wallbox ebenfalls unter diesen Begriff fällt.


2. Ergebnis der Bund-Länder-Abstimmung

Nach Abstimmung der Finanzverwaltungen auf Bund-Länder-Ebene steht nun fest:

Die Installation einer Wallbox ist keine Bauleistung im Sinne des § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG.

Das gilt auch dann, wenn im Zuge der Installation zusätzlich Arbeiten an der Stromleitung oder eine Leistungserweiterung (Ertüchtigung) durchgeführt werden.

Damit liegt keine Umkehr der Steuerschuldnerschaft vor – der Leistende (z. B. Elektriker oder Installationsbetrieb) stellt seine Rechnung mit Umsatzsteuer aus und führt diese selbst an das Finanzamt ab.


3. Abgrenzung zu echten Bauleistungen

Eine Bauleistung im Sinne des Umsatzsteuerrechts liegt nur vor, wenn die Leistung unmittelbar der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung eines Bauwerks dient.

Die Installation einer Wallbox stellt nach Auffassung der Finanzverwaltung eine eigenständige technische Leistung dar, die nicht unmittelbar mit der Bausubstanz des Gebäudes verknüpft ist.

Selbst wenn dabei Leitungen gelegt, Verteiler angepasst oder Stromanschlüsse ertüchtigt werden, ist dies nur eine Nebenleistung zur Installation der Wallbox und ändert die Einordnung nicht.


4. Praxisfolgen

Für Auftraggeber und Installateure ergeben sich daraus folgende steuerliche Konsequenzen:

SituationUmsatzsteuerliche Behandlung
Installation einer Wallbox als eigenständige LeistungKeine Bauleistung → Unternehmer stellt mit Umsatzsteuer in Rechnung
Kombination mit kleineren Elektroarbeiten (z. B. Anschlussverstärkung)Ebenfalls keine Bauleistung, wenn Hauptzweck die Installation der Wallbox bleibt
Umfangreiche Sanierung oder Neubau der Elektroanlage mit Wallbox als TeilprojektMögliche Bauleistung – Einzelfallprüfung erforderlich

5. Praxistipp

Installationsbetriebe sollten in der Rechnungsstellung und Leistungsbeschreibung eindeutig dokumentieren, dass es sich um die Installation einer Wallbox als eigenständige Leistung handelt.
Dadurch vermeiden sie unnötige Diskussionen mit dem Finanzamt über die Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens.

Für Auftraggeber bedeutet dies:

Sie müssen keine Umsatzsteuer-Voranmeldung nach § 13b UStG abgeben und keine Umsatzsteuer selbst abführen – die Steuer wird vollständig vom leistenden Unternehmen abgeführt.


6. Fazit

Die Installation einer Wallbox ist keine Bauleistung im Sinne des § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG.
Damit greift das Reverse-Charge-Verfahren nicht – die Umsatzsteuer wird vom ausführenden Unternehmen geschuldet.

Diese Klarstellung schafft Rechtssicherheit sowohl für Handwerksbetriebe als auch für Auftraggeber und erleichtert die praktische Umsetzung bei der zunehmenden Elektrifizierung des Fuhrparks.