Archiv der Kategorie: Steuern & Recht

Neues Basisregister für Unternehmen

Hohes Entlastungspotenzial für Wirtschaft und Verwaltung durch behördenübergreifende Wirtschaftsnummer

Das Statistische Bundesamt hat den gesetzlichen Auftrag zum Aufbau eines Registers über Unternehmensbasisdaten erhalten. Das am 15. Juli 2021 in Kraft getretene Unternehmensbasisdatenregistergesetz (UBRegG) soll Unternehmen und Verwaltung deutlich entlasten. Durch die Einführung einer bundeseinheitlichen und behördenübergreifenden Identifikationsnummer müssen Unternehmen ihre Stammdaten künftig nur noch einmal gegenüber der Verwaltung angeben („Once-Only“-Prinzip). Das Register wird am Standort Bonn aufgebaut. Es leistet einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG).

Dr. Georg Thiel, Präsident des Statistischen Bundesamtes, begrüßt das Gesetz: „Das Entlastungspotenzial für alle, die mit Unternehmensdaten arbeiten, ist enorm. Deshalb werden wir alles dafür tun, dass wir ab 2023 mit der Befüllung des Registers beginnen können.“

Im Basisregister werden zukünftig Stammdaten wie Name, Sitz, Geschäftsanschrift, Rechtsform und Wirtschaftszweig sowie Identifikatoren aller in der deutschen Verwaltung geführten Unternehmen zusammengeführt, qualitätsgesichert und zentral vorgehalten. Dabei bestehen hohe Anforderungen an Datenschutz und Datensicherheit, die beim Aufbau und Betrieb des Registers stets berücksichtigt werden müssen. Jedes Unternehmen bekommt eine bundeseinheitliche Wirtschaftsnummer, mit der weitere Verwaltungsregister auf diese Unternehmensdaten zugreifen können. Angebundene Register werden direkt über neue Unternehmen und Änderungen an den Stammdaten bestehender Unternehmen informiert.

Quelle: Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung vom 15.07.2021

Geldwäsche-Prüfung unter Pandemiebedingungen

Seit Beginn der Corona-Pandemie im März 2020 fanden geldwäscherechtliche Sonderprüfungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nur in Ausnahmefällen als Vor-Ort-Prüfung statt. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung (19/31401) auf eine Kleine Anfrage (19/30896) der Fraktion Die Linke hervor. Die Bundesregierung schreibt, die BaFin sei ihrem gesetzlichen Auftrag durch zielgerichtete Nutzung der Digitalisierung nachgekommen, um keine Prüfung ausfallen lassen zu müssen. Ab März 2020 habe die BaFin zunächst telefonisch geprüft und dann sehr schnell Remote-Lösungen entwickelt. In Ausnahmefällen sei vor Ort geprüft worden. Im Zuge der sich ändernden Pandemielage werde die BaFin wieder verstärkt von der Möglichkeit von Prüfungen vor Ort Gebrauch machen.

Quelle: Deutscher Bundestag, Mitteilung vom 14.07.2021

Vergütungen im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f und Nr. 6 EStG für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten, die in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragen sind

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für Vergütungen i. S. d. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f und Nr. 6 Einkommensteuergesetz (EStG), die von ausländischen Vergütungsschuldnern für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten gewährt werden, die in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragen sind, und ohne einen weiteren Inlandsbezug dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG unterliegen, Folgendes:

Die mit dem BMF-Schreiben vom 11. Februar 2021 – IV B 8 – S-2300 / 19 / 10016 :007 -; DOK 2021/0003450 (BStBl I 2021 S. 301) für Fälle zeitlich befristeter Rechteüberlassung vorgesehene Vereinfachung des Verfahrens kann unter den dort festgesetzten Voraussetzungen auch für Vergütungen in Anspruch genommen werden, die dem Vergütungsgläubiger nach dem 30. September 2021 aber vor dem 1. Juli 2022 zufließen. Das BMF-Schreiben vom 11. Februar 2021 ist für diese Vergütungen ebenso wie für sämtliche Vergütungen, die dem Vergütungsgläubiger vor dem 30. September 2021 zugeflossen sind, mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Antrag auf Freistellung vom Steuerabzug analog § 50d Abs. 2 Satz 1 EStG (§ 50c Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG nach dem Gesetz zur Modernisierung der Entlastung von Abzugsteuern und der Bescheinigung der Kapitalertragsteuer vom 9. Juni 2021) bis zum 30. Juni 2022 beim Bundeszentralamt für Steuern zu stellen ist.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV B 8 – S-2300 / 19 / 10016 :007 vom 14.07.2021

Invaliditätsrente – voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit – befristete Gewährung einer Erwerbsminderungsrente

Die nur befristete Gewährung einer Erwerbsminderungsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung steht einem Anspruch auf betriebliche Invaliditätsversorgung nicht entgegen, wenn die Versorgungszusage vorsieht, dass „bei Eintritt einer voraussichtlich dauernden völligen Erwerbsunfähigkeit im Sinne des Sozialversicherungsrechts“ eine monatliche Invalidenrente gezahlt wird.

Die Beklagte erteilte dem Kläger im Jahr 2000 eine Versorgungszusage, die u. a. Leistungen der betrieblichen Invaliditätsversorgung „bei Eintritt einer voraussichtlich dauernden völligen Erwerbsunfähigkeit im Sinne des Sozialversicherungsrechts“ vorsieht. Der Kläger bezieht seit dem 1. Juni 2017 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Diese war zunächst auf die Dauer von drei Jahren bis zum 31. Mai 2020 befristet bewilligt worden. Die Deutsche Rentenversicherung begründete in ihrem Rentenbescheid die Befristung mit den medizinischen Untersuchungsbefunden, nach denen es nicht unwahrscheinlich sei, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden könne. Der Kläger hat zuletzt eine betriebliche Invaliditätsversorgung für die Zeit vom 1. Juni 2017 bis zum 30. April 2020 i. H. v. insgesamt 1.433,25 Euro zzgl. Verzugszinsen geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen der Versorgungszusage seien erfüllt. Dass die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wegen voller Erwerbsminderung nur befristet bewilligt worden sei, sei unschädlich. Er sei gleichwohl seit dem 1. Juni 2017 voraussichtlich dauernd erwerbsunfähig im Sinne des Sozialversicherungsrechts. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen der Versorgungszusage lägen nicht vor; der Kläger sei nicht „voraussichtlich dauernd“ erwerbsunfähig, sondern nur für die Dauer von drei Jahren. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr entsprochen.

Die Revision der Beklagten hatte vor dem Dritten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die Versorgungszusage verlangt für den Anspruch auf betriebliche Invaliditätsversorgung eine voraussichtlich dauernde völlige Erwerbsunfähigkeit im Sinne des Sozialversicherungsrechts. Damit bezieht sie sich auf § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB VI in der bei der Erteilung der Versorgungszusage geltenden Fassung und nunmehr auf § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI, also die Regelungen über die Voraussetzungen einer an die Invalidität anknüpfenden Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Für die Frage der voraussichtlich dauerhaften völligen Erwerbsunfähigkeit bzw. vollständigen Erwerbsminderung ist die nach §§ 99 ff. SGB VI vorgesehene befristete Gewährung der Invaliditätsrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung ohne Bedeutung. Dabei handelt es sich lediglich um Verfahrensvorschriften, die nicht den Begriff der dauernden völligen Erwerbsunfähigkeit im Sinne des Sozialversicherungsrechts definieren, den die Versorgungszusage in Bezug nimmt.

Quelle: BAG, Pressemitteilung vom 13.07.2021 zum Urteil 3 AZR 445/20 vom 13.07.2021

Rat nimmt befristete Mehrwertsteuerbefreiung für „Beschaffungen zur kostenlosen Überlassung“ an

Der Rat hat am 13. Juli 2021 eine Änderung der Mehrwertsteuerrichtlinie angenommen, mit der als Reaktion auf die COVID‑19-Pandemie eine befristete Mehrwertsteuerbefreiung für Einfuhren und bestimmte Lieferungen eingeführt wird. Die Richtlinie über „Beschaffungen zur kostenlosen Überlassung“ wird es der Kommission und den EU-Agenturen erleichtern, Waren und Dienstleistungen zu erwerben, um sie im Kontext der anhaltenden Gesundheitskrise kostenlos an die Mitgliedstaaten zu verteilen.

Mit dieser Anpassung werden Käufe von Waren und Dienstleistungen, die von einer Einrichtung der EU im Namen der Mitgliedstaaten zur Reaktion auf die durch die COVID‑19-Pandemie verursachte Notlage getätigt werden, vorübergehend in die Liste der steuerfreien Umsätze in der Mehrwertsteuerrichtlinie aufgenommen. Durch die neue Befreiung werden mehr Spenden an die Mitgliedstaaten und ihre Einrichtungen ermöglicht, da die EU-Einrichtungen von dem Haushalts- und Verwaltungsaufwand entlastet werden, der den Vorgang bislang behindert hat.

Dank dieser Änderung werden die Kommission und die EU-Agenturen in der Lage sein, den EU-Haushalt bestmöglich zu nutzen, um die Folgen der COVID‑19-Pandemie zu bewältigen. Sobald die Notlage überwunden ist, werden die geltenden Mehrwertsteuersätze wieder angewandt.

Hintergrund und nächste Schritte

Die Kommission hat ihren Vorschlag am 12. April 2021 vorgelegt, um das Problem anzugehen, dass Mehrwertsteuerbefreiungen für Käufe einer EU-Einrichtung auf Käufe für den amtlichen Gebrauch dieser EU-Einrichtung beschränkt waren. Die Befreiungen galten nicht für Käufe zwecks Spenden an Mitgliedstaaten oder beispielsweise an Gesundheitsbehörden oder Krankenhäuser, da dies nicht als amtliche Verwendung galt. Dank der Mehrwertsteuerbefreiung werden mehr Mittel zur Verfügung stehen, um den Mitgliedstaaten im Kontext der COVID‑19-Pandemie Waren und Dienstleistungen bereitzustellen.

Damit die bereits laufenden Maßnahmen zur Bewältigung der Auswirkungen der Pandemie erfasst werden, wird die Richtlinie rückwirkend ab dem 1. Januar 2021 gelten.

Quelle: Rat der EU, Pressemitteilung vom 13.07.2021

Inflationsrate im Juni 2021 bei +2,3 %

Vor allem die Energiepreisentwicklung hält die Inflationsrate hoch

Verbraucherpreisindex, Juni 2021

  • +2,3 % zum Vorjahresmonat (vorläufiges Ergebnis bestätigt)
  • +0,4 % zum Vormonat (vorläufiges Ergebnis bestätigt)

Harmonisierter Verbraucherpreisindex, Juni 2021

  • +2,1 % zum Vorjahresmonat (vorläufiges Ergebnis bestätigt)
  • +0,4 % zum Vormonat (vorläufiges Ergebnis bestätigt)

Die Inflationsrate in Deutschland − gemessen als Veränderung des Verbraucherpreisindex (VPI) zum Vorjahresmonat – lag im Juni 2021 bei +2,3 %. Nach dem kontinuierlichen Anstieg seit Jahresbeginn hat sich die Inflationsrate damit etwas abgeschwächt (Mai 2021: +2,5 %). Wie das Statistische Bundesamt weiter mitteilt, stiegen die Verbraucherpreise im Vergleich zum Mai 2021 um 0,4 %.

Energie verteuerte sich binnen Jahresfrist weiterhin kräftig um 9,4 %

Die Preise für Waren insgesamt erhöhten sich von Juni 2020 bis Juni 2021 überdurchschnittlich um 3,1 %. Die Preise für Energieprodukte lagen dabei mit +9,4 % weiterhin deutlich über der Gesamtteuerung, nach +10,0 % im Mai 2021. Hier wirkten sich neben dem aktuellen Anstieg der Energiepreise auch temporäre Sondereffekte erhöhend auf die Teuerungsrate aus, insbesondere die zu Jahresbeginn eingeführte CO2-Abgabe sowie die niedrigen Preise für Energieprodukte vor einem Jahr (Basiseffekt). Besonders günstig waren damals Mineralölprodukte. Teurer binnen Jahresfrist wurden daher vor allem Heizöl (+42,5 %) und Kraftstoffe (+23,5 %). Die Strompreise blieben unverändert.

Nahrungsmittel verteuerten sich gegenüber Juni 2020 unterdurchschnittlich um 1,2%

Die Preise für Nahrungsmittel erhöhten sich im Juni 2021 gegenüber dem Vorjahresmonat unterdurchschnittlich um 1,2 %, nach +1,5 % im Mai 2021. Günstiger als ein Jahr zuvor war frisches Gemüse mit -2,3 %. Die meisten Nahrungsmittelgruppen weisen einen moderaten Preisanstieg auf, zum Beispiel Fleisch und Fleischwaren (+0,6 %). Merklich teurer wurden Speisefette und Speiseöle (+5,6 %). Darüber hinaus verteuerten sich unter den Waren auch Bekleidungsartikel (+3,6 %) und Fahrzeuge (+3,1 %). Billiger wurden dagegen unter anderem Mobiltelefone (-5,8 %).

Inflationsrate ohne Energie bei +1,6 %

Die Preiserhöhungen bei den Energieprodukten gegenüber dem Vorjahresmonat haben sich deutlich auf die Inflationsrate ausgewirkt: Ohne Berücksichtigung der Energiepreise hätte die Inflationsrate im Juni 2021 bei +1,6 % gelegen, ohne Heizöl und Kraftstoffe nur bei +1,5 %.

Dienstleistungen verteuerten sich binnen Jahresfrist um 1,6 %

Die Preise für Dienstleistungen insgesamt lagen im Juni 2021 um 1,6 % über dem Niveau des Vorjahresmonats. Die aufgrund des großen Anteils an den Konsumausgaben der privaten Haushalte bedeutsamen Nettokaltmieten verteuerten sich um 1,4 %. Des Weiteren stiegen unter anderem die Entgelte für Glücksspiele (+15,1 %), die Preise für Leistungen sozialer Einrichtungen (+5,5 %) sowie Wartung und Reparatur von Fahrzeugen (+3,7 %). Günstiger waren hingegen zum Beispiel Bahntickets (-3,4 %) und Telekommunikationsdienstleistungen (-1,1 %).

Preise gegenüber dem Vormonat um 0,4 % gestiegen

Im Vergleich zum Mai 2021 stieg der Verbraucherpreisindex im Juni 2021 um 0,4 %. Die Preise für Energieprodukte zogen um 0,8 % an, insbesondere wurden Heizöl (+3,3 %) und Kraftstoffe (+1,7 %) teurer. Die Preise für Nahrungsmittel gingen hingegen leicht zurück (-0,4 %). Vor allem für frisches Gemüse mussten die Verbraucherinnen und Verbraucher weniger bezahlen als im Vormonat (-5,4 %).

Quelle: Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung vom 13.07.2021

Behandlung des im Ausland lebenden Ehegatten nach § 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig rechtfertigt keinen Abzug der mit seiner Einnahmeerzielung im Ausland zusammenhängenden Sonderausgaben bei der deutschen Besteuerung

Der 9. Senat hatte in zwei Klageverfahren über den Abzug von Beiträgen zur niederländischen Renten- und Pflegeversicherung als Sonderausgaben zu entscheiden. In beiden Verfahren klagten Ehegatten, die in den Niederlanden wohnten und von denen jeweils ein Ehegatte in den Niederlanden und der jeweils andere Ehegatte in Deutschland Arbeitseinkünfte erzielte.

Auf Antrag wurden die Eheleute jeweils zusammen zur deutschen Einkommensteuer veranlagt. Dabei berücksichtigte das beklagte Finanzamt die niederländischen Arbeitseinkünfte nur im Rahmen des Progressionsvorbehalts. Den Abzug der von dem in den Niederlanden tätigen Ehegatten an die niederländische Sozialversicherung geleisteten Beiträge zur Renten- und Pflegeversicherung als Sonderausgaben lehnte das Finanzamt ab.

Die dagegen gerichteten Klagen hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht Düsseldorf hat mit zwei Parallelentscheidungen vom 20.05.2021 entschieden, dass die Beitragszahlungen an die niederländische Sozialversicherung bei der deutschen Besteuerung keine Sonderausgaben sind.

Zur Begründung führte der Senat aus, dass nicht beide Ehegatten ohne Einschränkung als unbeschränkt steuerpflichtig zu behandeln seien. Aufgrund der fingierten unbeschränkten Steuerpflicht des in den Niederlanden arbeitenden Ehegatten sei zwar das Verheiratetsein der Kläger bei der Steuerfestsetzung zu berücksichtigen. Infolgedessen seien das Splittingverfahren anzuwenden und ggfs. Höchst- und Pauschbeträge zu verdoppeln. Die Einnahmen des in den Niederlanden tätigen Ehegatten und die damit im Zusammenhang stehenden Aufwendungen seien jedoch nicht in die deutsche Besteuerung einzubeziehen. Eine europarechtswidrige Diskriminierung der Kläger liege insofern nicht vor.

Die Richter lehnten auch einen Abzug der Beitragszahlungen als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG ab. Die insofern erforderliche Voraussetzung, dass der Beschäftigungsstaat keinerlei steuerliche Berücksichtigung der Vorsorgeaufwendungen im Rahmen der Besteuerung der Einnahmen zulasse, sei in den Streitfällen nicht erfüllt. Bei der Lohnversteuerung in den Niederlanden sei durch den Abzug der „Heffingskorting“ ein Abgabennachlass auf Steuern unter Berücksichtigung der Sozialversicherungsabgaben gewährt worden.

Der Senat hat in beiden Fällen wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zugelassen. Die gegen das Urteil 9 K 3063/21 eingelegte Revision ist beim Bundesfinanzhof unter dem Az. I R 26/21 anhängig.

Quelle: FG Düsseldorf, Mitteilung vom 13.07.2021 zu den Urteilen 9 K 3063/19 E (nrkr – BFH-Az.: I R 26/21) und 9 K 3168/19 E vom 20.05.2021

Coronavirus: Kurzüberblick des BMWi „Allgemeine Bundesregelung Schadensausgleich, COVID‑19“

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat einen Kurzüberblick über die „Allgemeine Bundesregelung Schadensausgleich, COVID‑19“ erstellt. Das Papier soll schnelle Orientierung zur Schadensausgleichsregelung im Rahmen der Überbrückungshilfe III bzw. III Plus geben. Es steht nachfolgend zur Verfügung.

Hintergrund

Am 28. Mai 2021 hat die Europäische Kommission die „Allgemeine Bundesregelung Schadensausgleich, COVID‑19“ genehmigt und damit den Weg geebnet für einen weiteren, vierten Beihilferahmen im Rahmen der Überbrückungshilfe III und der Überbrückungshilfe III Plus. Davon profitieren können grundsätzlich alle Unternehmen, die direkt oder indirekt von staatlichen Schließungsmaßnahmen betroffen sind oder waren und die einen Schaden nachweisen können, der unmittelbar aufgrund der Schließungsmaßnahmen entstanden ist.

Seit dem 30. Juni 2021 können die Anträge auf erweiterte Überbrückungshilfe III auf Grundlage der „Allgemeinen Bundesregelung Schadensausgleich, COVID‑19“ gestellt werden („Neu auf WPK.de vom 5. Juli 2021).

Quelle: WPK, Mitteilung vom 12.07.2021

Stromsteuerrechtliche Behandlung sog. technischer Betriebsverbräuche

  1. Führt eine Netzbetreiberin von ihr auf 400 V heruntergespannten Strom in den Anlagen ihrer Umspannwerke willentlich einer eliminierenden Nutzung zu, so wird der Strom i. S. d. § 5 Abs. 1 Satz 1 des StromStG aus dem Versorgungsnetz entnommen.
  2. Die in einem Umspannwerk für den Umspannvorgang benötigten Aggregate (u. a. Trafolüfter, Ölpumpen, Heizungen, Licht und Steuerungstechnik, USV-Batterien, Leistungsschalter, Hebeltrenner, Scherentrenner) sind nicht selbst Teil des Versorgungsnetzes.
  3. Der eigentlichen Stromerzeugung nachgelagerte Prozesse sind nicht nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG steuerfrei. Die Umspannung von bereits zuvor technisch abschließend hergestelltem Strom dient nicht mehr dessen Erzeugung.
  4. Die unterschiedliche Behandlung von Stromerzeugern und (Übertragungs-)Netzbetreibern in stromsteuerrechtlicher Hinsicht verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz.

Sachverhalt

Die Klägerin ist Übertragungsnetzbetreiberin. Ihre wirtschaftliche Tätigkeit besteht im Betrieb, der Instandhaltung, der Planung und im Ausbau des Übertragungsnetzes für Strom. Um den im Übertragungsnetz/Höchstspannungsnetz (380 kV) der Klägerin transportierten Strom durch die niederspannigeren Verteilnetze (110 kV) leiten zu können, muss der Höchstspannungsstrom in von der Klägerin betriebenen Umspannwerken umgespannt werden. Die Umspannung von 380 kV auf 110 kV findet zur Weitergabe in das Verteilnetz bzw. auf 20 kV zur weiteren Umspannung für den technischen Betriebsverbrauch statt. Der auf 20 kV umgespannte Strom wird unmittelbar Eigenverbrauchstransformatoren zugeführt, welche den Strom von 20 kV auf 400 V umspannen. Dieser Strom wird in das örtliche 400 V-Netz der Umspannwerke eingespeist und den Aggregaten der Klägerin zum Betrieb der Anlagen in den Umspannwerken, u. a. Trafolüfter, Ölpumpen, Heizungen, Licht und Steuerungstechnik, USV-Batterien (Unterbrechungsfreie Stromversorgung), Leistungsschalter sowie Hebel- und Scherentrenner zugeleitet. Die in das 400 V-Netz eingespeisten Strommengen werden am Übergabepunkt 20 kV zu 400 V über Stromzähler gemessen und sodann in den für den Betrieb der Umspannwerke erforderlichen genannten Aggregaten der Klägerin eingesetzt. Diese Strommengen unterwarf das beklagte Hauptzollamt (HZA) der Stromsteuer. Hiergegen machte die Klägerin geltend, der technische Betriebsverbrauch von Strom in ihren Umspanneinrichtungen verwirkliche keinen Entstehungstatbestand der Stromsteuer. Sie entnehme für den Betrieb der Umspanneinrichtungen und ihrer Neben- und Hilfsanlagen keinen Strom aus dem Versorgungsnetz, sondern die Stromverbräuche stellten Verbräuche innerhalb des Versorgungsnetzes dar. Das Tatbestandsmerkmal „Entnahme aus dem Versorgungsnetz“ des § 5 Abs. 1 Stromsteuergesetz (StromStG) sei damit nicht erfüllt.

Aus den Gründen

Das Finanzgericht wies die Klage ab. Die Klägerin habe die Strommenge dem Versorgungsnetz zum Selbstverbrauch entnommen, weshalb die Stromsteuer entstanden sei. Die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Stromsteuer seien nicht erfüllt und eine Steuerbefreiung auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht geboten.

Entstehung der Stromsteuer

Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 StromStG entstehe die Stromsteuer dadurch, dass vom im Steuergebiet ansässigen Versorger geleisteter Strom durch Letztverbraucher im Steuergebiet aus dem Versorgungsnetz entnommen wird (Alt. 1), oder dadurch, dass der Versorger dem Versorgungsnetz Strom zum Selbstverbrauch entnimmt (Alt. 2). In beiden Alternativen setze die Tatbestandserfüllung den Realakt der Entnahme der verbrauchsteuerpflichtigen Ware aus dem Transportmedium voraus.

Entnahme setzt eliminierende Nutzung des Stroms durch menschliches Zutun voraus

Von einer Entnahme im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 StromStG könne nur dann ausgegangen werden, wenn der Steuergegenstand Strom zugleich einer eliminierenden Nutzung zugeführt werde. Erforderlich sei eine von einem entsprechenden Willen getragene menschliche Handlung, weshalb keine Entnahme des Stroms vorliege, wenn dieser ohne menschliches Zutun – z. B. infolge einer Beschädigung des Versorgungsnetzes – in den steuerrechtlich freien Verkehr tritt und damit verlustig gehe. Auch Umspann- und Leitungsverluste entstünden ohne menschliches Zutun. Zudem führten sie nicht zu einer eliminierenden Nutzung des Stroms im Sinne einer zielgerichteten und auf ein tatsächliches Handeln beruhenden Verwendung.

Umspannung des Stroms ist eliminierende Nutzung

Hiervon ausgehend handele es sich bei den vorliegend zu beurteilenden Betriebsverbräuchen um Entnahmen bzw. Selbstverbräuche im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 StromStG. Der von der Klägerin ausschließlich zu diesem Zweck auf 400 V heruntergespannte Strom befinde sich im letzten Stadium des Umgangs mit einer verbrauchsteuerpflichtigen Ware, wenn er in den Anlagen ihrer Umspannwerke jeweils einer eliminierenden Nutzung zugeführt werde. Die elektrische Energie werde dabei u. a. in Lüftern, in Scheren- und Hebeltrennern, in Leistungsschaltern und Heizungen für Aggregate in eine andere Energieform -regelmäßig kinetische Energie (Antrieb von Elektromotoren) und Wärmeenergie (Heizung für Aggregate) – umgewandelt und gehe jedenfalls ganz überwiegend nicht verlustig. Es handelt sich deshalb nach Auffassung des erkennenden Senats insoweit nicht um Umspann- und Leitungsverluste durch physikalische Vorgänge, insbesondere den ohmschen und den induktiven Widerstand, die zwangsläufig und ohne menschliches Zutun entstehen.

Entnahme aus dem Versorgungsnetz

Die Klägerin habe die streitige Strommenge im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 StromStG „aus dem Versorgungsnetz“ entnommen. Der Begriff des Versorgungsnetzes werde weder im StromStG noch in der Stromsteuer-Durchführungsverordnung (StromStV) näher definiert. Der Bundesfinanzhof (BFH) vertrete ein weites Verständnis des Begriffes Versorgungsnetz. Es sei vom Bestehen eines einzigen Versorgungsnetzes auszugehen, denn nach § 5 StromStG entstehe die Steuer durch Entnahme von Strom aus dem Versorgungsnetz und nicht aus einem Versorgungsnetz. Differenzierungen nach einzelnen Teilen des Versorgungsnetzes oder nach mit einer Stromleitung verbundenen Betriebsstätten sehe das StromStG nicht vor.

Vorliegend seien zwar auch die Umspannwerke der Klägerin einschließlich ihrer örtlichen 400 V-Netze in das so verstandene allgemeine Versorgungsnetz eingebunden. Dies bedeute nach Auffassung des erkennenden Senats indes nicht, dass sämtliche für den Umspannvorgang benötigte Aggregate (u.a. Trafolüfter, Ölpumpen, Heizungen, Licht und Steuerungstechnik, USV-Batterien, Leistungsschalter sowie Hebel- und Scherentrenner) selbst Teil des Versorgungsnetzes wären mit der Folge, dass der von diesen verbrauchte Strom nicht im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 StromStG als dem Versorgungsnetz entnommen gälte.

Würde man dies anders sehen und sämtliche Anlagen der Umspannwerke der Klägerin als Teil des Versorgungsnetzes begreifen wollen, wäre die Steuerbefreiungsvorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG i. V. m. § 12 StromStV für zur Stromerzeugung entnommenen Strom überflüssig, denn die dort genannten Neben- und Hilfsanlagen einer Stromerzeugungseinheit wären bei einem solchen Verständnis dann ebenfalls Teil des Versorgungsnetzes und der in ihnen zur Stromerzeugung verbrauchte Strom mangels Entnahme aus dem Versorgungsnetz bereits nicht steuerbar nach § 5 Abs. 1 StromStG.

Keine Steuerbefreiung wegen Entnahme zur Stromerzeugung

Die von der Klägerin zur Deckung ihrer Betriebsverbräuche dem Versorgungsnetz entnommene Strommenge sei schließlich nicht nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG von der Stromsteuer befreit. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG von der Steuer befreit ist nur Strom, der zur Stromerzeugung entnommen wird. Zur Stromerzeugung entnommen wird nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV Strom, der in den Neben- und Hilfsanlagen einer Stromerzeugungseinheit insbesondere zur Wasseraufbereitung, Dampferzeugerwasserspeisung, Frischluftversorgung, Brennstoffversorgung oder Rauchgasreinigung zur Erzeugung von Strom im technischen Sinne verbraucht wird. Der eigentlichen Stromerzeugung nachgelagerte Prozesse seien nicht nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG steuerfrei, insbesondere diene die Umspannung von bereits zuvor technisch abschließend hergestelltem Strom nicht mehr dessen Erzeugung.

Transformations- und Umspannanlagen sind keine Neben- und Hilfsanlagen

Ausgehend von diesen Grundsätzen seien die Transformations- und Umspannanlagen der Klägerin keine Neben- und Hilfsanlagen im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV, und der dort verbrauchte Strom sei nicht gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG von der Stromsteuer befreit. Die Umspannung des bereits erzeugten und im Übertragungsnetz (380 kV) der Klägerin befindlichen Stroms auf Hochspannung einer anderen Spannungsebene (110 kV) diene nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht mehr der Stromerzeugung, sondern dem Transport und der Verteilung des bereits hergestellten Steuergegenstands Strom über die Verteilnetze. Die Veränderung der Spannung stelle lediglich eine Weiterverarbeitung des Steuergegenstands dar, die als nachgelagerter Vorgang nicht mehr der Stromerzeugung zuzurechnen sei. Die Transformations- und Umspannanlagen der Klägerin seien damit insgesamt keine Neben- und Hilfsanlagen einer Stromerzeugungseinheit im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV, ohne dass es darauf ankäme, welche davon unmittelbar der Aufrechterhaltung des Netzbetriebs dienen.

Keine Steuerbefreiung aus Gründen der Gleichbehandlung

Soweit die Klägerin schließlich unter Hinweis auf den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) geltend macht, dass entsprechend der Systematik der Verbrauchsteuer eine doppelte Besteuerung von Verbräuchen generell zu vermeiden sei und dass dies nicht nur für Erzeuger von Strom, sondern auch für sie als Netzbetreiberin gelten müsse, könne dies der Klage ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Zum einen treffe es bereits nicht zu, dass die streitigen Strommengen doppelt besteuert würden, denn nach dem Verbrauch in den Anlagen der Klägerin stünden diese für eine (weitere) Entnahme aus dem Versorgungsnetz nicht mehr zur Verfügung. Zum anderen stehe es dem Gesetzgeber – auch unter Berücksichtigung von Art. 3 Abs. 1 GG – frei, Erzeuger von Strom einerseits und (Übertragungs-)Netzbetreiber andererseits in stromsteuerrechtlicher Hinsicht unterschiedlich zu behandeln.

Quelle: FG Baden-Württemberg, Mitteilung vom 12.07.2021 zum Urteil 11 K 2696/18 vom 20.10.2020 (nrkr – BFH-Az.: VII R 2/21)