Archiv der Kategorie: Steuern & Recht

Automatischer Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen nach FKAustG

Nach den Vorgaben des Gesetzes zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen (Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz – FKAustG) werden Informationen über Finanzkonten in Steuersachen zwischen dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) und der zuständigen Behörde des jeweils anderen Staates im Sinne des § 1 Abs. 1 FKAustG automatisch ausgetauscht (§ 27 Abs. 1 FKAustG).

Dem BZSt sind hierfür von den meldenden Finanzinstituten die Finanzkontendaten zu den meldepflichtigen Konten nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch im Wege der Datenfernübertragung zum 31. Juli 2021 zu übermitteln (§ 27 Abs. 2 FKAustG).

Zu den Staaten im Sinne des § 1 Abs. 1 FKAustG, mit denen der automatische Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen erfolgt, zählen

  1. Mitgliedstaaten der Europäischen Union aufgrund der Richtlinie 2011/16/EU des Rates vom 15. Februar 2011 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799/EWG (ABl. L 64 vom 11. März 2011, Seite 1; Amtshilferichtlinie) in der Fassung der Richtlinie 2014/107/EU (ABl. L 359 vom 16. Dezember 2014, Seite 1),
  2. Drittstaaten, die Vertragsparteien der von der Bundesrepublik Deutschland in Berlin unterzeichneten Mehrseitigen Vereinbarung vom 29. Oktober 2014 zwischen den zuständigen Behörden über den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten (BGBl. 2015 II Seiten 1630, 1632) sind und diese in ihr nationales Recht verpflichtend aufgenommen haben sowie Vertragsparteien des Übereinkommens über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen (BGBl. 2015 II Seiten 966, 967) sind und die gewährleisten, dass sie die Voraussetzungen des § 7 Absatz 1, insbesondere Buchstabe e der Mehrseitigen Vereinbarung vom 29. Oktober 2014 zwischen den zuständigen Behörden über den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten erfüllen,
  3. Drittstaaten, die Verträge mit der Europäischen Union zur Vereinbarung des automatischen Austauschs von Informationen über Finanzkonten im Sinne der unter Nummer 1 angeführten Richtlinie 2014/107/EU (ABl. L 359 vom 16. Dezember 2014, Seite 1) geschlossen haben, sowie
  4. Drittstaaten, mit denen die Bundesrepublik Deutschland ein Abkommen über den steuerlichen Informationsaustausch geschlossen hat, nach dem ein automatischer Austausch von Informationen vereinbart werden kann.

Hiermit werden die Staaten im Sinne des § 1 Abs. 1 FKAustG bekannt gegeben, bei denen die Voraussetzungen für den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten mit Stand vom 11. Mai 2021 vorliegen, mit denen der automatische Datenaustausch zum 30. September 2021 erfolgt und für welche die meldenden Finanzinstitute Finanzkontendaten zum 31. Juli 2021 dem BZSt zu übermitteln haben (finale FKAustG-Staatenaustauschliste 2020).

Für den Datenaustausch zum 30. September 2022 wird eine neue FKAustG-Staatenaustauschliste 2022 im Rahmen eines weiteren BMF-Schreibens bekannt gegeben.

Die finale FKAustG-Staatenaustauschliste 2021 wird nachfolgend dargestellt.

Quelle: BMF, Schreiben IV B 6 – S-1315 / 19 / 10030 :035 vom 16.06.2021

Umsatzsteuerbefreiung für Leistungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie

Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere Einrichtungen ohne systematische Gewinnerzielung, die Leistungen im unmittelbaren Zusammenhang mit der Eindämmung und Bekämpfung der COVID-19-Pandemie erbringen, können von der Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 18 UStG profitieren.

Die Eindämmung und Bekämpfung der Corona-Pandemie ist richtig und wichtig. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat in diesem Zusammenhang eine besondere Billigkeitsregelung verkündet:

Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben, können sich unter bestimmten Voraussetzungen auf die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 18 UStG berufen. So zumindest, wenn sie Leistungen erbringen, die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden sind. Außerdem darf die Leistung nicht von einer anderen Befreiungsvorschrift des § 4 UStG erfasst sein.

Billigkeitsregelung bei Leistungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie

Das BMF stellt nun klar, dass auch Leistungen, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Eindämmung und Bekämpfung der Corona-Pandemie erbracht wurden, als eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen angesehen werden können. Folglich können sie nach § 4 Nr. 18 UStG steuerfrei sein.

Berufen sich Steuerpflichtige auf die Steuerbefreiung, steht ihnen im Gegenzug kein Vorsteuerabzug für im Zusammenhang stehende Eingangsleistungen zu.

Das vollständige BMF-Schreiben vom 15.06.2021 finden Sie hier.

Wie lange gilt die Regelung?

Die Billigkeitsregelung ist für die Veranlagungszeiträume 2020 und 2021 anzuwenden.

Quelle: DStV, Mitteilung vom 16.06.2021

Bessere Arbeitsbedingungen für Plattformarbeiter: Kommission startet zweite Befragung der Sozialpartner

Neue Formen der Arbeit müssen mit gleichen Rechten einhergehen. Menschen, die in der Plattformökonomie arbeiten, haben das Recht auf faire Arbeitsbedingungen und sozialen Schutz wie jeder andere auch. Deshalb sucht die Kommission nach Wegen, um menschenwürdige und transparente Arbeitsbedingungen und einen angemessenen sozialen Schutz in der Plattformarbeit zu gewährleisten. Sie hat daher am 15.06.2021 die zweite Phase der Anhörung der europäischen Sozialpartner zu der Frage eingeleitet, wie die Arbeitsbedingungen für Menschen, die über digitale Arbeitsplattformen arbeiten, verbessert werden können.

Auf die erste Phase der Anhörung, die vom 24. Februar bis zum 7. April 2021 lief, erhielt die Kommission Antworten von 14 EU-weiten Sozialpartnern. Auf der Grundlage der eingegangenen Antworten kam die Kommission zu dem Schluss, dass weitere EU-Maßnahmen erforderlich sind, um grundlegende Arbeitsnormen und Rechte für Menschen, die über Plattformen arbeiten, sicherzustellen.

Margrethe Vestager, die für das Ressort „Ein Europa für das digitale Zeitalter“ zuständige Exekutiv-Vizepräsidentin, erklärte dazu: „Digitale Arbeitsplattformen spielen eine Schlüsselrolle beim digitalen Wandel der Wirtschaft in Europa. Online wie offline sollten alle Erwerbstätigen Schutz genießen und unter sicheren und menschenwürdigen Bedingungen arbeiten können. Wir werden nun die Standpunkte der Sozialpartner dazu einholen, wie bei der Plattformarbeit angemessene Arbeitsbedingungen sichergestellt werden können und gleichzeitig das nachhaltige Wachstum digitaler Arbeitsplattformen in der EU unterstützt werden kann.“

Nicolas Schmit, der für Beschäftigung und soziale Rechte zuständige EU-Kommissar, sagte: „Online-Plattformen bringen Innovationen und neue Dienstleistungen für die Verbraucherinnen und Verbraucher mit sich. Sie müssen aber auch den Menschen, die über solche Plattformen arbeiten, die hohen Sozialstandards bieten, die wir erwarten. Wir setzen unsere Konsultation der Sozialpartner fort, um einen intelligenten und ausgewogenen Ansatz zu finden, der den Plattformen und den über sie arbeitenden Menschen Sicherheit und gemeinsame Standards bietet. So werden wir dafür sorgen, dass der digitale Wandel fair und nachhaltig verläuft.“

Digitale Arbeitsplattformen spielen eine Schlüsselrolle beim digitalen Wandel der Wirtschaft in Europa und sind ein wachsendes Phänomen. Die Wirtschaftsleistung der digitalen Arbeitsplattformen in der EU hat sich von geschätzten 3 Mrd. Euro im Jahr 2016 auf rund 14 Mrd. Euro im Jahr 2020 beinahe verfünffacht. Digitale Arbeitsplattformen bringen Innovationen, schaffen Arbeitsplätze und stärken die Wettbewerbsfähigkeit der EU. Sie bieten zusätzliche Einkommensmöglichkeiten auch für Menschen, deren Zugang zum Arbeitsmarkt andernfalls erschwert sein könnte.

Plattformarbeit kann jedoch auch zu prekären Arbeitsbedingungen und einem unzureichenden Zugang zum Sozialschutz für viele Menschen führen, die über Plattformen arbeiten. Die zentrale Herausforderung bei der Plattformarbeit hängt mit dem Beschäftigungsstatus zusammen. Dieser Status ist ein entscheidender Faktor für den Zugang von Menschen, die über Plattformen arbeiten, zu den bestehenden Arbeitnehmerrechten und dem entsprechenden Schutz. Darüber hinaus können für Plattformarbeiter automatisierte Entscheidungen durch bestimmte Algorithmen getroffen werden, ohne dass die Betroffenen die Entscheidung in Frage stellen oder und rechtlich dagegen vorgehen können. Häufig ist auch ihr Zugang zur Vertretung durch eine Gewerkschaft und zu Tarifverhandlungen begrenzt. Herausforderungen birgt auch der grenzüberschreitende Charakter der Plattformarbeit, unter anderem bei der Möglichkeit, zu ermitteln, in welchem Land die jeweilige Tätigkeit ausgeübt wird.

Die zweite Phase der Konsultation zielt darauf ab, die Standpunkte der Sozialpartner zu der Frage einzuholen, wie den Menschen, die über Plattformen arbeiten, angemessene Arbeitsbedingungen garantiert werden können, während gleichzeitig das nachhaltige Wachstum digitaler Arbeitsplattformen in der EU gefördert wird. Die Sozialpartner werden zu den möglichen Inhalten der Initiative auf EU-Ebene in folgenden Bereichen konsultiert:

  • Erleichterung der Klärung des Beschäftigungsstatus und des Zugangs zu Arbeitnehmer- und Sozialschutzrechten;
  • Verbesserung von Information, Konsultation und Rechtsschutz, insbesondere im Zusammenhang mit dem Einsatz des algorithmischen Managements bei der Plattformarbeit;
  • mehr Klarheit bei den geltenden Vorschriften für alle Personen, die über grenzüberschreitend operierende Plattformen arbeiten;
  • Stärkung der Rechtsdurchsetzung, der kollektiven Vertretung und des sozialen Dialogs .

Im Rahmen der Konsultation werden auch die Standpunkte der Sozialpartner zu möglichen Instrumenten für EU-Maßnahmen eingeholt. Die Kommission erwägt sowohl legislative als auch nichtlegislative Instrumente.

Die Sozialpartner werden gebeten, die Fragen der Konsultation bis zum 15. September 2021 zu beantworten.

Der nächste Schritt dieser zweiten Konsultationsphase sind entweder Verhandlungen zwischen den Sozialpartnern im Hinblick auf den Abschluss einer Vereinbarung gemäß Artikel 155 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) oder die Vorlage eines Vorschlags durch die Europäische Kommission bis Ende 2021.

Eine mögliche EU-Initiative würde unter uneingeschränkter Achtung der nationalen Zuständigkeiten, der Vielfalt der Arbeitsmarkttraditionen in den Mitgliedstaaten und der Autonomie der Sozialpartner erarbeitet. Jegliche Initiative zur Plattformarbeit sollte die nationalen Definitionen von „Arbeitnehmer“ achten. Die Kommission beabsichtigt nicht, einen „dritten“ Beschäftigungsstatus (weder Selbstständige noch Arbeitnehmer) auf EU-Ebene zu schaffen, wobei die Entscheidung einiger Mitgliedstaaten, einen solchen Status in ihren nationalen Rechtsvorschriften einzuführen, respektiert wird.

Quelle: EU-Kommission, Pressemitteilung vom 16.06.2021

Mehr Transparenz im Internet und bei Kaffeefahrten

Für Verbraucher wird die Transparenz im Online-Handel weiter verbessert. Mit einem entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung, dem der Deutsche Bundestag zugestimmt hat, soll zudem gegen missbräuchliche Praktiken bei sog. Kaffeefahrten vorgegangen werden. Fragen und Antworten zum Gesetz und zu Schadensansprüchen.

Welche Produkte sind von dem neuen Gesetz betroffen?

Der Gesetzentwurf stellt klar, dass neben den herkömmlichen Waren und Dienstleistungen auch digitale Inhalte wie etwa eBooks oder Videoclips und digitale Dienstleistungen wie zum Beispiel soziale Netzwerke oder Videostreamingdienste erfasst werden.

Worüber müssen Verbraucher künftig informiert werden?

Online-Marktplätze müssen künftig angeben, ob die von ihnen gelisteten Angebote von einem Unternehmen oder von Verbrauchern stammen. Vergleichsportale und andere Vermittlungsdienste müssen über Kriterien und Gewichtung für das Ranking angebotener Waren und Dienstleistungen informieren. Dabei müssen sie offenlegen, wenn das Ranking durch Werbung oder Zahlungen beeinflusst wird.

Veröffentlicht ein Unternehmen Bewertungen, muss es die Kunden darüber aufklären, ob und wie es sicherstellt, dass die Bewertungen tatsächlich echt sind. Gefälschte Bewertungen sind laut Gesetzesentwurf ausdrücklich verboten.

Mit dem Gesetzentwurf zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht geht es in erster Linie darum, die EU-Verbraucherrechterichtline in deutsches Recht umzusetzen.

In welchen Fällen haben Verbraucher nach dem neuen Gesetz einen Anspruch auf Schadenersatz?

Das geltende Recht bietet bereits einen weitgehenden, aber nicht lückenlosen Schutz. Käufer, die durch verbotene Geschäftspraktiken geschädigt werden, haben in Zukunft einen Anspruch auf Schadenersatz. Das heißt: Wurden Käufer zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst, die sie sonst nicht getroffen hätten und infolgedessen einen Schaden erlitten haben, besteht Anspruch. Erfasst werden nicht nur Entscheidungen über den Erwerb oder Nichterwerb einer Ware oder Dienstleistungen, sondern auch damit unmittelbar zusammenhängende Entscheidungen. Auch psychisch wirkender Zwang oder ausgeübter Druck, wie etwa das hartnäckige und unerwünschte Ansprechen von Verbrauchern mittels Telefonwerbung, können zu einem Schadenersatzanspruch führen. Die Verjährungsfrist für diese Schadensersatzansprüche wird von sechs auf zwölf Monate verlängert.

Was gilt künftig bei Kaffeefahrten?

Nach wie vor gibt es Missstände bei Verkaufsveranstaltungen, insbesondere im Zusammenhang mit Kaffeefahrten. Vor allem ältere Menschen werden mit teilweise irreführenden und aggressiven Verkaufsmethoden vielfach überteuerte Produkte angeboten. Deshalb dient der Gesetzentwurf auch der Bekämpfung missbräuchlicher Praktiken. Zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher wird nicht nur der Vertrieb von Nahrungsergänzungsmitteln und Medizinprodukten bei Kaffeefahrten verboten, sondern auch der Vertrieb und die Vermittlung von Finanzdienstleistungen. Bei unerwünschten Haustürgeschäften wird ein Sofortzahlungsverbot bei Beträgen über 50 Euro eingeführt. Künftig müssen Veranstalter die Teilnehmer an Kaffeefahrten besser informieren. Veranstalter werden demnach verpflichtet, gegenüber der zuständigen Behörde mehr Informationen wie eine Adresse, Telefonnummer und E-Mail-Adresse anzuzeigen. Das gilt auch für Kaffeefahrten, die ins Ausland führen.

Auch die Informationspflichten gegenüber den Verbrauchern werden erweitert. Bei der Bewerbung solcher Veranstaltungen sind unter anderem die Anschrift, Telefonnummer und E-Mail-Adresse mitzuteilen. Das soll eine schnelle Kontaktaufnahme ermöglichen. Zugleich sind sie darüber zu informieren, unter welchen Bedingungen ein Widerrufsrecht besteht.

Was ist neu im Hinblick auf die Werbung von Influencern?

Der Gesetzentwurf enthält auch Klarstellungen zur Abgrenzung von kommerzieller Kommunikation und Meinungsäußerungen. Empfiehlt ein Influencer ein Produkt eines fremden Unternehmens, ohne dafür Geld oder eine ähnliche Gegenleitung zu bekommen, liegt kein kommerzieller Zweck vor. Dann müssen Influencer diese Empfehlung auch nicht als „kommerziell“ kennzeichnen. Diese Regelung gilt auch für Influencer, die sich aus dem Ausland an deutsche Verbraucher richten.

Was wird noch geregelt?

Des Weiteren soll eine einheitlichere und wirksamere Sanktionierung von Verstößen gegen Verbraucherrechte innerhalb der Europäischen Union erreicht werden. Bei Maßnahmen im Rahmen von koordinierten Aktionen können die europäischen Verbraucherschutzbehörden zur Ahndung weitverbreiteter Verstöße künftig Geldbußen verhängen.

Quelle: Bundesregierung, Mitteilung vom 11.06.2021

Bundestag beschließt Unternehmensbasisregister

Altmaier: „Unternehmen sollen künftig ihre Daten nur noch einmal melden“

„Ich freue mich, dass der Deutsche Bundestag das Basisregister für Unternehmensstammdaten auf den Weg gebracht hat. Wir werden jetzt sofort mit der Umsetzung beginnen. Das Basisregister und eine bundeseinheitliche Wirtschaftsnummer für Unternehmen werden zukünftig für erheblich weniger Bürokratie bei den Unternehmen und eine Entlastung der Verwaltung sorgen. Unternehmen sollen künftig ihre Daten nur noch einmal nennen müssen – alle Behörden können dann darauf zugreifen. Für die Digitalisierung und Vernetzung der Verwaltung ist das ein ganz wichtiger Schritt.“

Bundesminister Peter Altmaier anlässlich der 2./3. Lesung des Unternehmensbasisdatenregistergesetzes (UBRegG) im Deutschen Bundestag

Aktuell gibt es in Deutschland rund 120 einzelne Register mit Unternehmensbezug, wie das Handelsregister oder Steuerdaten. Viele Unternehmen sind in mehreren dieser Register erfasst, wobei sich Daten teilweise überschneiden. Ein Austausch von Informationen zwischen den Registern erfolgt üblicherweise nicht. Zudem existiert keine einheitliche Identifikationsnummer, sondern es gibt viele Nummern parallel. Die immer wieder erforderliche Pflege und mehrfache Abfrage von Daten führen auf Seiten der Unternehmen und der Verwaltung zu unnötiger Bürokratie.

Das UBRegG schafft die Grundlage für eine moderne, digitale und vernetzte Registerlandschaft in Deutschland. Das Register wird alle Stammdaten, wie Namen, Sitz, Geschäftsanschrift, Rechtsform und Wirtschaftszweig erfassen. Zudem schafft das Gesetz die Voraussetzungen für die Einführung einer bundeseinheitlichen Wirtschaftsnummer, um eine register- und verwaltungsübergreifende Identifikation der Unternehmen zu ermöglichen. Als bundeseinheitliche Wirtschaftsnummer dient die bereits existierende Wirtschafts-Identifikationsnummer (W-IdNr.) nach § 139c der Abgabenordnung (steuerliche Identifikationsnummer).

Nach dem Aufbau des Registers und der Einführung der bundeseinheitlichen Wirtschaftsnummer müssen Unternehmen ihre Daten und Änderungen ihrer Daten nur noch einmal melden, alle angeschlossenen Behörden können dann die Daten abrufen. Mehrfach-Meldungen entfallen damit für die Unternehmen, Mehrfach-Abfragen für die Behörden.

Quelle: BMWi, Pressemitteilung vom 11.06.2021Wi

Anteilige Urlaubskürzung für Zeiten von Kurzarbeit

Der Arbeitgeber ist bei Kurzarbeit nicht berechtigt, den Erholungsurlaub der hiervon betroffenen Arbeitnehmer anteilig im Verhältnis zu den Jahresarbeitstagen zu kürzen, wenn keine Kurzarbeit „Null“ zu Grunde liegt.

Die klagenden Arbeitnehmer begehren die Gutschrift von Urlaubstagen, die ihnen für Zeiten von Kurzarbeit im Verhältnis zu ihren Jahresarbeitstagen durch den Arbeitgeber anteilig gekürzt worden sind. Der an einzelnen Tagen durchgeführten Kurzarbeit lagen mehrere nahtlos aufeinanderfolgende Betriebsvereinbarungen Kurzarbeit zu Grunde. Die Arbeitszeit der klagenden Parteien war nicht auf „Null“ reduziert worden.

Die Betriebsvereinbarungen wurden jeweils erst kurze Zeit vor Beginn der Kurzarbeit zwischen den Betriebspartnern abgeschlossenen. Die Information der betroffenen Arbeitnehmer erfolgte danach. Dem Arbeitgeber war es nach den Betriebsvereinbarungen Kurzarbeit gestattet, die Kurzarbeit vorzeitig und kurzfristig mit einer „Ansagefrist“ von 2 Werktagen zu beenden oder zu reduzieren.

Die klagenden Parteien sind der Ansicht, dass die durchgeführte Kurzarbeit keinen Einfluss auf ihre Urlaubsansprüche hat. Der Kurzarbeiter habe nicht ähnlich einem Teilzeitbeschäftigten eine vorhersehbare und freigestaltbare Freizeit durch Kurzarbeit gewonnen, die er nutzen könne, um sich auszuruhen oder Freizeitaktivitäten nachzugehen.

Die Beklagte stützt sich zur Berechtigung der anteiligen Urlaubskürzung während der Kurzarbeit auf Entscheidungen des EuGH und des BAG über entsprechende Urlaubskürzungen gegenüber Teilzeitbeschäftigten und bei Gewährung eines Sabbaticals für Arbeitnehmer, sowie auf eine obergerichtliche Entscheidung bei Kurzarbeit „Null“. Im Übrigen könne es nicht sein, dass dann, wenn nach Ende der Kurzarbeit durch die Arbeitnehmer, die ihren vollen Jahresurlaub nehmen könnten, der Betrieb nach Wiederanlaufen nach der Kurzarbeit dadurch blockiert würde.

Das Arbeitsgericht hat den Klagen vollumfänglich stattgegeben und den Arbeitgeber verpflichtet, den gekürzten Urlaubsanteil dem Urlaubskonto der klagenden Arbeitnehmer wieder gutzuschreiben.

Die anteilige Kürzung erscheint als rechtwidrig. Unabhängig davon, dass Erholungsurlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz für das Bestehen des Arbeitsverhältnisses als solches unabhängig von der Erbringung einer konkreten Arbeitsleistung gewährt wird, kann vorliegend nicht von einem zur anteiligen Urlaubskürzung berechtigenden Ruhen des Arbeitsverhältnisses für die Dauer der Kurzarbeit gesprochen werden. Bei einer Kurzarbeit-Vereinbarung, bei der die Arbeitszeit nicht auf „Null“ für diesen Zeitraum herabgesetzt wird, besteht keine vergleichbare Gesetzeslage zum Teilzeitrecht oder sonstigen andauernden Unterbrechungen der gegenseitigen Leistungspflicht aus dem Arbeitsverhältnis, wie bei einem „Sabbatical“. Vielmehr zeigt die vergleichbare Lage zu sonstigen Ruhenstatbeständen im Arbeitsverhältnis, z. B. bei Elternzeit nach dem BEEG, dass hierfür anteilige Urlaubskürzung gesetzlich möglich ist. In Kenntnis dessen hätte der Gesetzgeber auch bei Kurzarbeit anteilige Urlaubskürzungen statuieren können. Dies hat der Gesetzgeber nicht nur unterlassen, sondern nach dem Bundesurlaubsgesetz gerade zum Ausdruck gebracht, dass Kurzarbeit nicht zur Verdienstschmälerung betreffend Urlaubsentgelt dienen soll.

Wegen der Durchführung von Kurzarbeit nur an einzelnen Tagen (statt Kurzarbeit „Null“), sowie der kurzfristigen Einführung als auch der vorliegenden Möglichkeit der vorzeitigen Beendigung oder Reduzierung der durchgeführten Kurzarbeit mit einer Ansagefrist von 2 Werktagen sieht das Arbeitsgericht es als verfehlt an, einer derartigen Kurzarbeit die gleiche Rechtswirkung zuzusprechen, wie bei einem länger andauernden Ruhen des Arbeitsverhältnisses. Es kann weder davon gesprochen werden, dass bei derartiger Kurzarbeit Arbeitnehmer dadurch ihren Erholungsurlaub bereits anteilig quasi realisiert haben. Noch spielt es eine Rolle, dass Arbeitnehmer nach Ende der Kurzarbeit ihre restlichen Urlaubsansprüche nehmen können. Dies liegt in der Natur der Sache. Eine etwaige dadurch einhergehende Betriebsblockade erscheint nicht nur im Hinblick auf die sonstigen Urlaubsansprüche der Arbeitnehmer als Spekulation und ohne Belang.

Aus diesen Gründen konnte auch die Widerklage des Arbeitgebers auf Feststellung für zukünftige anteilige Urlaubskürzung bei Kurzarbeit keinen Erfolg haben.

Über die von den Klägern ebenfalls konkludent angegriffene Rechtsunwirksamkeit der Betriebsvereinbarungen Kurzarbeit aus formellen und inhaltlichen Gründe hat das Arbeitsgericht nicht entscheiden müssen. Hierauf ist es vorliegend nicht angekommen.

Die Berufung zum Landesarbeitsgericht wurde wegen der Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Quelle: ArbG Osnabrück, Pressemitteilung vom 10.06.2021

Blindengeld auch für Rentner im EU-Ausland

Eine früher in Deutschland lebende Rentnerin erhält auch dann deutsches Blindengeld, wenn sie inzwischen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union wohnt. Dies hat der 9. Senat des Bundessozialgerichts in seiner Sitzung am 10.06.2021 entschieden (Az. B 9 BL 1/20 R).

Die zwischenzeitlich erblindete Klägerin wohnte in Sachsen, bis sie vor mehreren Jahren nach Österreich verzog. Sie bezieht ihre Rente aus Deutschland und ist weiterhin in Deutschland krankenversichert. In Österreich hatte sich die Klägerin vergeblich bemüht, nach dortigem Recht Pflegegeld für Blinde zu erhalten. Ihren (Überprüfungs-)Antrag auf Leistungen nach dem Sächsischen Landesblindengeldgesetz (LBlindG) lehnten der Beklagte und die Vorinstanzen mit der Begründung ab, zuständig für Leistungen wegen Blindheit sei allein der Wohnmitgliedstaat.

Das Bundessozialgericht hat demgegenüber den Beklagten verurteilt, der Klägerin Leistungen nach dem LBlindG zu gewähren. Trotz der Verlegung des Wohnsitzes von Sachsen nach Österreich ist nach der VO (EG) 883/2004 weiterhin deutsches und hier sächsisches (Landes-) Recht anwendbar. Die Leistungen wegen Blindheit sind nach der VO (EG) 883/2004 als Geldleistungen bei Krankheit zu qualifizieren, die grundsätzlich grenzüberschreitend exportierbar sind. Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten koordiniert die Verordnung im Bereich der sozialen Sicherheit innerhalb der Europäischen Union das jeweils anwendbare nationale Recht in der Weise, dass Angehörige eines Mitgliedstaats nur dem Recht eines einzigen Mitgliedstaats unterliegen. Das ist bei Geldleistungen wegen Krankheit an Rentner mit einer Rente aus einem Mitgliedstaat nicht das Recht des Wohnmitgliedstaats, sondern das des „anderen Mitgliedstaats“, in dem der bei Krankheit zuständige Sachleistungskostenträger seinen Sitz hat. Hieraus ergibt sich im Falle der Klägerin, die eine deutsche Rente bezieht und bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse Rheinland/Hamburg krankenversichert ist, die Anwendbarkeit des deutschen Rechts und in deren Folge die Anwendbarkeit des LBlindG.

Hinweise zur Rechtslage

Sächsisches Gesetz über die Gewährung eines Landesblindengeldes und andere Nachteilsausgleiche (Landesblindengeldgesetz – LBlindG) i. d. F. des Gesetzes vom 15.12.2010, SächsGVBl S 387

§ 1 Berechtigte

(1) Blinde, hochgradig Sehschwache, Gehörlose und schwerstbehinderte Kinder, die das erste Lebensjahr vollendet haben und im Freistaat Sachsen ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben oder nach der Verordnung VO (EG) Nr. 883/2004 (ABl L 166 vom 30.04.2004, Satz 1, L 200 Satz 1, L 204 vom 04.08.2007, S. 30), geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 988/2009 (ABl L 284 vom 30.10.2009, S. 43), in der jeweils geltenden Fassung, anspruchsberechtigt sind, erhalten zum Ausgleich ihrer behinderungsbedingten Mehraufwendungen Leistungen nach diesem Gesetz…

Verordnung (EG) Nr 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl L 166 vom 30.04.2004)

Titel I – Allgemeine Bestimmungen

Art. 7 Art und Dauer des Bezugs

Sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, dürfen Geldleistungen, die nach den Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten oder nach dieser Verordnung zu zahlen sind, nicht aufgrund der Tatsache gekürzt, geändert, zum Ruhen gebracht, entzogen oder beschlagnahmt werden, dass der Berechtigte oder seine Familienangehörigen in einem anderen als dem Mitgliedstaat wohnt bzw. wohnen, in dem der zur Zahlung verpflichtete Träger seinen Sitz hat.

Titel II – Bestimmungen des anwendbaren Rechts

Art. 11 – Allgemeine Regelung

(1) Personen, für die diese Verordnung gilt, unterliegen den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Welche Rechtsvorschriften dies sind, bestimmt sich nach diesem Titel…

(3) Vorbehaltlich der Artikel 12 bis 16 gilt Folgendes:

e) jede andere Person, die nicht unter die Buchstaben a) bis d) fällt , unterliegt unbeschadet anders lautender Bestimmungen dieser Verordnung, nach denen ihr Leistungen aufgrund der Rechtsvorschriften eines oder mehrerer anderer Mitgliedstaaten zustehen, den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats.

Titel III – Besondere Bestimmungen über die verschiedenen Arten von Leistungen

Kapitel 1 – Leistungen bei Krankheit sowie Leistungen bei Mutterschaft und gleichgestellte Leistungen bei Vaterschaft

Art. 29 Geldleistungen für Rentner

(1) Geldleistungen werden einer Person, die eine Rente oder Renten nach den Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten erhält, vom zuständigen Träger des Mitgliedstaats gewährt, in dem der zuständige Träger seinen Sitz hat, der die Kosten für die dem Rentner in dessen Wohnmitgliedstaat gewährten Sachleistungen zu tragen hat…

Quelle: BSG, Pressemitteilung vom 10.06.2021 zum Urteil B 9 BL 1/20 R vom 10.06.2021

Keine geringere Opferentschädigung bei Zahlung einer privaten Unfallrente

Eine private Unfallrente mindert nicht den schädigungsbedingten Einkommensverlust nach einem tätlichen Angriff und damit auch nicht die Opferentschädigung, solange die private Unfallrente nicht mit Einkünften aus einer früheren Erwerbstätigkeit des Opfers erwirtschaftet wurde. Dies hat der 9. Senat des Bundessozialgerichts am 10.06.2021 entschieden (Az. B 9 V 1/20 R).

Die Klägerin war als kaufmännische Sachbearbeiterin in Vollzeit beschäftigt. Am Neujahrsmorgen 2010 wurde sie Opfer einer Gewalttat durch einen alkoholisierten Angreifer. Für den schädigungsbedingten Einkommensverlust erhielt die Klägerin Berufsschadensausgleich. Der Beklagte berücksichtigte beim Berufsschadensausgleich als anzurechnendes Einkommen eine Unfallrente aus einer privaten Unfallversicherung. Anders als das Sozialgericht hat das Landessozialgericht der dagegen gerichteten Klage stattgegeben.

Das Bundessozialgericht hat die Entscheidung des Landessozialgerichts bestätigt.

Die private Unfallrente ist keine anrechnungsfähige Einnahme der Klägerin aus Vermögen, welches mit Einkünften aus ihrer früheren Erwerbstätigkeit geschaffen wurde, um den Lebensunterhalt für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu sichern (§ 8 Abs. 2 Nr. 3 BSchAV). Die private Unfallrente gehört auch nicht zu den Einnahmen der Klägerin aus einer eigenen Erwerbstätigkeit (§ 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BSchAV). Denn die Versicherungsbeiträge hat allein ihr Ehemann als Versicherungsnehmer ohne Bezug zum Erwerbseinkommen der Klägerin und ohne gesetzliche Verpflichtung im Rahmen eines Versicherungsvertrages zugunsten Dritter gezahlt.

Hinweise zur Rechtslage

Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten – Opferentschädigungsgesetz – OEG (i. d. F. des Gesetzes vom 11.05.1976, BGBl. I 1181)

§ 1 Anspruch auf Versorgung

(1) 1Wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere
Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes …

Gesetz über die Versorgung der Opfer des Krieges – Bundesversorgungsgesetz – BVG (i. d. F. des Gesetzes vom 13.12.2007, BGBl. I 2904)

§ 30 – Beschädigtenrente

(3) 1Rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, erhalten …

einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 vom Hundert des auf volle Euro aufgerundeten Einkommensverlustes (Abs. 4) oder, falls dies günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach …

(4) 1Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen…

Berufsschadensausgleichsverordnung – BSchAV (i. d. F. vom 28.06.2011, BGBl. I 1237)

(1) 1Als derzeitiges Bruttoeinkommen gelten, soweit in § 30 Abs. 11 Satz 1 und § 64c Abs. 2 Satz 2 und 3 des Bundesversorgungsgesetzes sowie in § 9 nichts anderes bestimmt ist,

§ 8 – Derzeitiges Bruttoeinkommen

  1. alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert aus einer früheren oder gegenwärtigen unselbstständigen Tätigkeit…

(2) Zu den Einnahmen aus früherer unselbstständiger oder selbstständiger Tätigkeit gehören insbesondere

  1. Einnahmen aus Vermögen, das Beschädigte mit Einkünften aus einer Erwerbstätigkeit geschaffen haben, um sich nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben den Lebensunterhalt zu sichern…

Quelle: BSG, Pressemitteilung vom 10.06.2021 zum Urteil B 9 V 1/20 R vom 10.06.2021

Umsatzsteuerrechtliche Beurteilung von steuerbefreiten Dienstleistungskommissionen im Zusammenhang mit Eintrittskarten zu kulturellen Veranstaltungen

I. Grundsätze des BFH-Urteils vom 25. April 2018, XI R 16/16

Der BFH hat in dem Urteil entschieden, dass im Rahmen einer Dienstleistungskommission die Fiktionswirkung des § 3 Abs. 11 UStG für die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 20 Buchstabe a UStG gilt. Folglich ist nicht nur die vom Kommissionär besorgte Leistung, sondern ebenso die von ihm fiktiv erbrachte Besorgungsleistung umsatzsteuerfrei.

II. Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird im Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 9. Juni 2021 – III C 3 – S-7117-b / 20 / 10002 :002 (2021/0661491), BStBl I S. xxx, geändert worden ist, in Abschnitt 3.15 der Absatz 3 wie folgt gefasst:

„(3) 1Personenbezogene Merkmale der an der Leistungskette Beteiligten sind weiterhin für jede Leistung innerhalb einer Dienstleistungskommission gesondert in die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung einzubeziehen. 2Dies kann z.B. für die Anwendung von Steuerbefreiungsvorschriften von Bedeutung sein (vgl. z.B. § 4 Nr. 19 Buchstabe a UStG) oder für die Bestimmung des Orts der sonstigen Leistung, wenn er davon abhängig ist, ob die Leistung an einen Unternehmer oder einen Nichtunternehmer erbracht wird. 3Besorgt ein Unternehmer für Dritte Leistungen, für die die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 20 Buchstabe a UStG zur Anwendung kommt, ist auch die Besorgungsleistungen an die Abnehmer nach § 4 Nr. 20 Buchstabe a UStG steuerbefreit, vgl. BFH-Urteil vom 25. 4. 2018, XI R 16/16, BStBl 2021 II S. XXX. 4Die Steuer kann nach § 13 UStG für die jeweilige Leistung zu unterschiedlichen Zeitpunkten entstehen; z.B. wenn der Auftraggeber der Leistung die Steuer nach vereinbarten und der Auftragnehmer die Steuer nach vereinnahmten Entgelten berechnet. 5Außerdem ist z.B. zu berücksichtigen, ob die an der Leistungskette Beteiligten Nichtunternehmer, Kleinunternehmer (§ 19 UStG), Land- und Forstwirte, die für ihren Betrieb die Durchschnittssatzbesteuerung nach§ 24 UStG anwenden, sind.

Beispiel:

1Der Bauunternehmer G besorgt für den Bauherrn B die sonstige Leistung des Handwerkers C, für dessen Umsätze die Umsatzsteuer nach § 19 Abs. 1 UStG nicht erhoben wird.

2Das personenbezogene Merkmal – Kleinunternehmer – des C ist nicht auf den Bauunternehmer G übertragbar. 3Die Leistung des G unterliegt dem allgemeinen Steuersatz.“

III. Anwendung

Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 2 – S-7110 / 19 / 10001 :002 vom 09.06.2021

Reform der Unternehmenssteuern bleibt hinter den Erwartungen zurück

Unions-Länderfinanzminister fordern vom Bund weitere Verbesserungen für Personengesellschaften

Im internationalen Vergleich fällt Deutschland bei der Unternehmensbesteuerung immer weiter zurück. Mittlerweile liegt Deutschland mit einem durchschnittlichen Steuersatz von rund 30 Prozent für Kapitalgesellschaften deutlich oberhalb des OECD-Durchschnitts. Seit mehreren Jahren liegen bereits konkrete Reformvorschläge aus den Ländern für eine umfassende Modernisierung des Unternehmenssteuerrechts vor, die Körperschaften und Personenunternehmen gleichermaßen entlasten müssen. Gerade nach der Corona-Krise brauchen wir ein international wettbewerbsfähiges Unternehmenssteuerrecht, um unseren Unternehmen den Neustart nicht durch unverschuldete Wettbewerbsnachteile noch weiter zu erschweren.

Das auf einem Gesetzentwurf des Bundesfinanzministeriums (BMF) beruhende und mittlerweile vom Bundestag beschlossene Körperschaftsteuermodernisierungsgesetz (KöMoG) geht vielen Ländern daher nicht weit genug. Die Finanzminister von Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hessen, Bayern, Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt haben daher am 10.06.2021 weitere Verbesserungen insbesondere für Personengesellschaften gefordert, um deren steuerliche Benachteiligungen gegenüber Kapitalgesellschaften abzubauen. Ganz konkret soll insbesondere die Besteuerung von im Unternehmen belassenen, den sogenannten thesaurierten Gewinnen zur Stärkung der Betriebe verbessert werden.

„Der Entwurf von Bundesfinanzminister Scholz bleibt leider auf halbem Wege stehen und berücksichtigt die Forderung der Länder nicht. Wir stimmen dem Gesetz trotzdem zu, denn es ist nicht angemessen, der mittelständischen Wirtschaft die mit diesem Entwurf verbundenen Vorteile länger vorzuenthalten. Ich bekräftige aber noch einmal meine Forderung nach einer umfassenden Reform der Besteuerung der Unternehmen, in der auch die Frage der Verbesserung der Thesaurierungsbesteuerung in einer Art und Weise gelöst wird, die die Position Deutschlands im Vergleich zu den anderen Staaten stärkt und dafür sorgt, dass wieder mehr Kapital hierher fließt“, erläutert der Niedersächsische Finanzminister Reinhold Hilbers die Forderung der Unions-Finanzminister.

Der Gesetzentwurf des BMF sah dagegen nur die Einführung einer Option vor, die es Personengesellschaften ermöglichen soll, künftig wie eine Kapitalgesellschaft besteuert zu werden. Diese Regelung ist erst auf Druck der Länder überhaupt gangbar gemacht worden – der vom Bundesfinanzminister vorgelegte Entwurf enthielt eine Vielzahl von Ungereimtheiten und Fehlern – , dürfte aber aufgrund ihrer hohen Komplexität und dem damit verbundenen Beratungsaufwand in der Praxis faktisch nur für wenige große Personenhandels-gesellschaften in Betracht kommen. Gerade der Mittelstand als Stütze unserer Wirtschaftsstruktur und wichtiger Motor des Aufschwungs nach der Krise droht hier, auf der Strecke zu bleiben.

Die heute von den Unions-Finanzministern erhobene wichtige Forderung nach einer ergänzenden Verbesserung der bereits bestehenden Thesaurierungsbegünstigung geht im Interesse unseres Wirtschaftsstandorts über die Minimallösung des BMF hinaus. Sie steht für alle Formen der gerade im Mittelstand verbreiteten Personengesellschaften zu Verfügung, ist weniger komplex und mit einem deutlich geringeren Beratungsaufwand für die Unternehmen verbunden.

Minister Lutz Lienenkämper, Vorsitzender des Finanzausschusses des Bundesrates und nordrhein-westfälischer Minister der Finanzen signalisierte für die Finanzminister der Union gleichwohl, das Gesetz im Bundesrat nicht scheitern lassen zu wollen. „Auch wenn Olaf Scholz seine Hausaufgaben nicht richtig gemacht hat und mit seinen Vorschlägen weit hinter den berechtigten Erwartungen der Wirtschaft zurückbleibt, wollen wir diesen ersten Verbesserungen nicht im Wege stehen. Das sind wir den Personengesellschaften in unserem Land schuldig, die die Option in Anspruch nehmen könnten. Klar ist aber auch, dass unsere Wirtschaft mehr verdient hat und mehr möglich gewesen wäre. Eine Weiterentwicklung der aktuellen Reformansätze muss daher weit oben auf der Agenda des nächsten Bundesfinanzministers stehen“, sagte Lienenkämper.

Hintergrund

Sowohl mit dem nun vorgelegten Optionsmodell als auch mit der weitergehenden Forderung nach Verbesserungen bei der Besteuerung im Unternehmen belassener Gewinne soll die Besteuerung von Personengesellschaften der Besteuerung von Kapitalgesellschaften weiter angenähert werden.

Bislang werden Personengesellschaften (ertrag-)steuerlich in vielen Fällen benachteiligt. Während Kapitalgesellschaften der Körperschaftsteuer unterliegen und zusammen mit der Gewerbesteuer auf eine Gesamtsteuerbelastung von rund 30 Prozent (einschl. SolZ) bei im Unternehmen belassenen Gewinnen kommen, unterfallen die Gewinne von Personengesellschaften der Einkommensteuer und werden regelmäßig mit den persönlichen Einkommensteuersätzen ihrer Gesellschafter belastet. Die Gewinne werden damit in der Spitze mit bis zu 48 Prozent (einschl. SolZ) belastet.

Darüber hinaus wird es aber auch darum gehen, in der nächsten Legislaturperiode die durchschnittliche Steuerbelastung der Unternehmen an den OECD-Durchschnitt von rund 25 Prozent anzunähern – auch für thesaurierte Gewinne von Personengesellschaften.

Quelle: FinMin Niedersachsen, Pressemitteilung vom 10.06.2021