Archiv der Kategorie: Steuern & Recht

Notarzt ist sozialversicherungspflichtig

Die Tätigkeit als Notarzt im Rettungsdienst ist eine abhängige Beschäftigung und unterliegt deshalb der Versicherungspflicht in den Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung.

Dies hat das Sozialgericht Dortmund im Falle eines Arztes aus Olsberg entschieden, der seit Juli 2017 als Honorarkraft notärztliche Tätigkeiten im Rettungsdienstbereich des klagenden Hochsauerlandkreises ausübt. Der beklagte Rentenversicherungsträger stellte die Versicherungspflicht des beigeladenen Arztes in den Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung fest. Hiergegen wandte sich der Kläger ohne Erfolg.

Nach Auffassung des Sozialgerichts Dortmund liege keine die Versicherungspflicht ausschließende selbständige Tätigkeit des Beigeladenen vor. Vielmehr habe der Beigeladene die notärztliche Tätigkeit in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis ausgeübt. Als maßgebliches Indiz für eine abhängige Beschäftigung wertete das Gericht, dass der Beigeladene in die vorgegebenen Strukturen und Abläufe des Rettungsdienstes des Klägers eingegliedert gewesen sei, ohne darauf eigenen, unternehmerischen Einfluss gehabt zu haben. Größeren Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum als ein sog. Honorararzt im Krankenhaus, den das Bundessozialgericht nach aktueller Rechtsprechung als regelmäßig abhängig beschäftigt ansieht, habe auch der Beigeladene in seiner notärztlichen Tätigkeit nicht besessen. Insbesondere seien Ort und Zeit der Dienstleitung vorgegeben, Einsätze nach Vorgaben des Klägers zu dokumentieren und die Buchung der Schichten nach Maßgabe eines von einer Mitarbeiterin der Verwaltung des Klägers geführten Einbuchungssystems vorzunehmen gewesen. Insoweit hätten keine wesentlichen Unterschiede in den Arbeitsabläufen von Mitarbeitern des Klägers mit Honorarvertrag und solchen mit Arbeitsvertrag bestanden. Ein entsprechender Unterschied sei aufgrund der einheitlichen Berufsbekleidung auch nach außen hin nicht zum Ausdruck gebracht worden. Ferner spreche für eine abhängige Beschäftigung, dass der Beigeladene kein eigenes, über das Gehaltsausfallrisiko hinausgehendes Unternehmerrisiko getragen habe. Dabei sei es ohne Belang, dass der Beigeladene in seiner notärztlichen Einzelfalltätigkeit, abgesehen von medizinischen Vorgaben durch den ärztlichen Leiter des Rettungsdienstes, weitgehend weisungsfrei gearbeitet habe. Fehlende Einzelweisungen und die Möglichkeit, die Arbeitszeit im Rahmen der betrieblichen Erfordernisse frei zu gestalten, seien bei höher qualifizierten Tätigkeiten üblich, ohne Anhaltspunkte für eine Selbständigkeit zu bieten.

Quelle: SG Dortmund, Pressemitteilung vom 15.10.2019 zum Urteil S 34 BA 58/18 vom 17.09.2019

Höhe der EEG-Umlage für das Jahr 2020 bekanntgegeben

Altmaier: „Schrittweise Absenkung der EEG-Umlage notwendiger Schritt“

Am 15.10.2019 haben die Übertragungsnetzbetreiber die Höhe der EEG-Umlage für das Jahr 2020 bekanntgegeben: Die EEG-Umlage ist von 6,405 Cent/kWh auf 6,756 Cent/kWh gestiegen. Zuletzt war die Umlage zwei Mal in Folge gesunken. Mit der EEG-Umlage wird der Ausbau der erneuerbaren Energien im Strommarkt gefördert. In den letzten Jahren konnte die EEG-Umlage stabilisiert werden. Seit 2014 liegt sie in einem stabilen Band zwischen 6,2 und 6,9 ct/kWh. Gleichzeitig ist die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien seitdem um 50 Prozent gestiegen.

Bundesminister Peter Altmaier:

„Über eine steigende EEG-Umlage kann sich ein Wirtschaftsminister nicht freuen. Trotz dieses Anstiegs ist es aber so, dass wir seit nunmehr sechs Jahren eine stabile Entwicklung haben. Die Reformen, die wir in den letzten Jahren umgesetzt haben, machen den Ausbau der erneuerbaren Energien deutlich günstiger. Es ist aber auch so, dass wir einen Kostenrucksack aus den ersten Jahren mit uns herumtragen. Nachdem die EEG-Umlage in den letzten zwei Jahren gesunken war, steigt sie jetzt wieder etwas an. Das bekräftigt mich in meinem Kernanliegen: Die Strompreise müssen bezahlbar bleiben. Deshalb haben wir im Zuge der jüngsten Beschlüsse zur Klimapolitik eine schrittweise Senkung der EEG-Umlage ab 2021 beschlossen. Damit entlasten wir die Strompreise sowohl für die Bürgerinnen und Bürger als auch für die kleinen und mittleren Unternehmen.“

Die Übertragungsnetzbetreiber rechnen 2020 mit einem weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien um knapp 6 GW. Dadurch nimmt die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien um 9 Mrd. Kilowattstunden bzw. 4 Prozent weiter zu. Die neue Anlagengeneration braucht immer weniger Förderung. 2014 hat z. B. eine große Photovoltaikanlage eine Vergütung von 9,5 Cent pro Kilowattstunde erhalten. Heute hat sich der Wert fast halbiert, zuletzt betrug die Vergütung 5,5 Cent pro Kilowattstunde. Dies zeigt, dass die Reformen für einen kosteneffizienteren Ausbau der erneuerbaren Energien erfolgreich waren.

Die EEG-Umlage wird knapp zur Hälfte von Unternehmen und zu gut einem Drittel von den privaten Haushalten bezahlt. Der Rest entfällt zum größten Teil auf öffentliche Einrichtungen.

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Quelle: BMWi, Pressemitteilung vom 15.10.2019

Kein ermäßigter Steuersatz für eine Rentennachzahlung, die sich auf zwei Veranlagungszeiträume erstreckt

Der 5. Senat des Finanzgerichts Münster hat mit Urteil vom 19. September 2019 (Az. 5 K 371/19 E) entschieden, dass der ermäßigte Steuersatz nach § 34 EStG auf eine Rentennachzahlung, die sich auf zwei Veranlagungszeiträume bezieht, keine Anwendung findet, wenn die Nachzahlung im zweiten Veranlagungszeitraum erfolgt.

Der Kläger erhielt nach Beendigung seines Angestelltenverhältnisses im Jahr 2017 zunächst Arbeitslosengeld, Krankengeld und Übergangsgeld. Die Deutsche Rentenversicherung Bund bewilligte im Streitjahr 2018 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung und zahlte diese ab dem 1. März 2018 laufend an den Kläger aus. Für den Zeitraum vom 1. Februar 2017 bis zum 28. Februar 2018 ergab sich eine Rentennachzahlung in Höhe von rund 14.000 Euro, die jedoch fast in vollem Umfang mit Erstattungsansprüchen der Agentur für Arbeit und der Krankenkasse verrechnet wurde.

Das Finanzamt berücksichtigte im Streitjahr 2017 den verrechneten Betrag mit dem Besteuerungsanteil als Renteneinkünfte des Klägers. Der Kläger beantragte hierfür die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes, da sich die Rentennachzahlung über zwei Veranlagungszeiträume erstrecke und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasse.
Die hiergegen erhobene Klage ist erfolglos geblieben. Der 5. Senat des Finanzgerichts Münster hat zunächst ausgeführt, dass die Rentennachzahlung in Höhe der Verrechnung aufgrund der Erfüllungsfiktion des § 107 Abs. 1 SGB X bereits im Streitjahr 2017 zu erfassen sei. Der ermäßigte Steuersatz finde jedoch keine Anwendung, da es sich nicht um eine Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten handele. Die Nachzahlung habe sich zwar auf zwei Veranlagungszeiträume erstreckt. Für die Frage, ob sie einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst habe, sei jedoch nur auf den Zeitraum vom 1. Februar bis zum 31. Dezember 2017 abzustellen. Die Nachzahlung für die Monate Januar und Februar 2018 stelle dagegen lediglich eine zeitlich verzögerte Auszahlung der das Jahr 2018 betreffenden laufenden Rentenzahlungen und damit von vornherein keine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit dar. Diese beiden Monate seien daher bei der Beurteilung des Nachzahlungszeitraums außer Betracht zu lassen.

Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 15.10.2019 zum Urteil 5 K 371/19 vom 19.09.2019

Hinzurechnung des Investitionsabzugsbetrags erhöht nicht das Kapitalkonto des Kommanditisten

Der nach § 7g Abs. 2 EStG im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung des begünstigten Wirtschaftsguts hinzuzurechnende Betrag wirkt sich nicht auf das Kapitalkonto des Kommanditisten i. S. v. § 15a EStG aus. Dies hat der 13. Senat des Finanzgerichts Münster mit Urteil vom 14. August 2019 (Az. 13 K 2320/15 F) entschieden.

Der Kläger war alleiniger Kommanditist einer KG, die für die künftige Anschaffung diverser Wirtschaftsgüter einen Investitionsabzugsbetrag nach § 7g Abs. 1 EStG gebildet hatte. Im Folgejahr, dem Streitjahr 2008, schaffte sie einige dieser Wirtschaftsgüter an und rechnete insoweit den Investitionsabzugsbetrag außerhalb der Bilanz gewinnerhöhend hinzu. Der sich danach ergebende Verlust der KG entfiel in vollem Umfang auf den Kläger. Das Finanzamt stellte den von der KG für den Kläger erklärten Verlust jedoch nicht als ausgleichsfähig fest, da der Hinzurechnungsbetrag das Kapitalkonto des Kommanditisten nicht erhöhe und sich deshalb ein negatives Kapitalkonto des Klägers ergebe.

Die hiergegen erhobene Klage hat der 13. Senat des Finanzgerichts Münster abgewiesen. Der Hinzurechnungsbetrag nach § 7g Abs. 2 EStG sei nicht in die Berechnung des Kapitalkontos einzubeziehen. Dieses setze sich allein aus dem in der Steuerbilanz der KG enthaltenen Kapitalkonto des Kommanditisten und einer etwaigen Ergänzungsbilanz zusammen. Außerbilanzielle Korrekturen beeinflussten das Kapitalkonto dagegen nicht, da es sich nicht um Bilanzpositionen handele. Der Investitionsabzugsbetrag habe weder Einfluss auf das Betriebsvermögen der KG noch auf die Außenhaftung des Kommanditisten. Diese Sichtweise entspreche auch dem Regelungszweck des § 15a EStG, der eine Verlustzurechnung nach der tatsächlichen wirtschaftlichen Belastung des Kommanditisten darstellen solle.

Der Senat hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen. Diese ist dort unter dem Aktenzeichen IV R 26/19 anhängig.

Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 15.10.2019 zum Urteil 13 K 2320/15 vom 14.08.2019 (nrkr – BFH-Az.: IV R 26/19)

Umsatzsteuer: Der Verkauf von Backwaren im Eingangsbereich von Supermärkten befindlichen Bäckereien zum dortigen Verzehr unterliegt dem Regelsteuersatz

Mit Urteil vom 3. September 2019 (Az. 15 K 2553/16 U) hat der 15. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden, dass in Bäckereifilialen, die in Supermärkte integriert sind, zum Verzehr an Ort und Stelle angebotene Backwaren dem vollen Umsatzsteuersatz unterliegen, wenn hierfür Mobiliar und Geschirr zur Verfügung gestellt wird.

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin betrieb insgesamt 84 Konditoreien und Cafés, die sich zum größten Teil in nicht abgetrennten Eingangsbereichen von Lebensmittelmärkten (sog. Vorkassenzonen) befanden. Dabei wurden die Backwaren über den Ladentresen verkauft. Die Kunden konnten zum Verzehr die teilweise mit Tischdecken und Blumenschmuck versehenen Tische nutzen, mussten aber das Geschirr selbst abräumen. Während das beklagte Finanzamt diese Umsätze dem Regelsteuersatz unterwarf, meinte die Klägerin, dass es sich mangels Kellnerservice und Beratung nicht um Restaurationsumsätze handele. Zudem habe das Mobiliar auch von Besuchern der Supermärkte zum bloßen Verweilen genutzt werden können.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Der 15. Senat des Finanzgerichts Münster hat die Umsätze nicht als begünstigte Lebensmittellieferungen, sondern als dem Regelsteuersatz unterliegende sonstige Leistungen behandelt. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin habe ihren Kunden nicht nur Backwaren verkauft, sondern zusätzliche Dienstleistungen erbracht, indem sie für den Verzehr teilweise mit Dekoration versehene Tische und Sitzmöglichkeiten sowie Geschirr zur Verfügung gestellt und das Mobiliar und das Geschirr auch gereinigt habe. Hierbei habe es sich nicht um bloß behelfsmäßige Verzehrvorrichtungen gehandelt. Dabei ist der Senat davon ausgegangen, dass das Mobiliar nach den objektiven Gegebenheiten ausschließlich zur Nutzung durch die Kunden der Bäckereifilialen bestimmt gewesen sei. Dies ergebe sich aus der räumlichen Anordnung in unmittelbarer Nähe der Verkaufstheken, der Farbe des Mobiliars, der vom übrigen Boden abweichenden Bodenfarbe und der entsprechenden Dekoration. Dass nicht in allen Filialen Garderoben und Toiletten vorgehalten wurden und überdies kein Kellnerservice bestanden habe, führe im Rahmen der Gesamtbetrachtung nicht zu einer anderen Beurteilung.

Die vom Senat zugelassene Revision ist beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen XI R 25/19 anhängig.

Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 15.10.2019 zum Urteil 15 K 2553/16 vom 03.09.2019 (nrkr – BFH-Az.: XI R 25/19)

Bundesrat äußert sich zu geplanter Angehörigen-Entlastung

Der Bundesrat hat am 11. Oktober 2019 die Pläne der Bundesregierung beraten, erwachsene Kinder pflegebedürftiger Eltern finanziell zu entlasten: Zukünftig sollen die Sozialhilfeträger auf das Einkommen der Kinder erst dann zurückgreifen dürfen, wenn ihr Bruttoeinkommen 100.000 Euro übersteigt.

Neue Kostenschätzung gefordert

In seiner Stellungnahme fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, die von ihr vorgelegte Kostenschätzung zu überarbeiten: Unabhängig von der ohnehin lückenhaften Datengrundlage spiegele die derzeitige Kostenberechnung die Belastung für die Träger der Sozial- und Eingliederungshilfe nicht in angemessenem Umfang wider, kritisieren die Länder.

Bund soll Mehrbelastung kompensieren

Etwaige Mehrbelastungen für Länder und Kommunen müsse der Bund kompensieren und dies bereits im Gesetz verbindlich sicherstellen. Zu garantieren sei nicht nur die Übernahme der derzeit geschätzten Zusatzkosten, sondern auch davon abweichende zusätzliche Belastungen, die sich erst nach Inkrafttreten des Gesetzes zeigen. Bund und Länder müssten dann erneut über den angemessenen Umfang der Ausgleichszahlungen verhandeln. Wichtig sei daher, im Gesetz eine Kostenevaluation festzuschreiben.

Weitere Verbesserungsvorschläge aus der Praxis

Weitere Vorschläge des Bundesrates dienen dazu, der Zielsetzung des Entwurfs besser Rechnung zu tragen und die Umsetzung in die Praxis zu erleichtern. Sie betreffen unter anderem die Leistungen für junge Menschen in besonderen Ausbildungsstätten und stationären Einrichtungen oder besonderen Wohnformen.

Finanzierungslücke vermeiden

Zudem fordert der Bundesrat eine Übergangsregelung, um eine Finanzierungs- bzw. Rentenlücke für Menschen mit Behinderung zu schließen, die nach der Systemumstellung durch das neue Bundesteilhabegesetz für den Monat Januar 2020 droht.

Was die Bundesregierung plant

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht eine gesetzliche Vermutungsregel vor. Sie soll dafür sorgen, dass Angehörige grundsätzlich nicht mehr für Pflegekosten der Betroffenen einspringen müssen. Nur in Ausnahmefällen, in denen der Träger ein Einkommen über der Schwelle von 100.000 Euro vermutet, müssen Angehörige ihr Einkommen offenlegen – dies soll Bürger und Verwaltung entlasten.

Unterstützung für Ältere, Entlastung für Jüngere

Zum Hintergrund: Wenn Eltern die Kosten für Pflege im Alter nicht allein aufbringen können, werden in der Regel ihre erwachsenen Kinder zu Unterhaltszahlungen verpflichtet. Um die jüngere Generation zu entlasten, möchte die Bundesregierung die Einkommensgrenze einführen – so wie sie bereits jetzt für Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gilt. Nach Angaben der Bundesregierung erhalten derzeit fast 400.000 alte Menschen finanzielle Hilfe vom Staat, um den Pflegedienst oder den Aufenthalt im Pflegeheim bezahlen zu können.

Betrifft auch Menschen mit Behinderungen

Profitieren sollen auch Menschen, deren Angehörige aufgrund einer Behinderung Anspruch auf Eingliederungshilfe haben – zum Beispiel für Gebärdendolmetschung oder für den Umbau einer barrierefreien Wohnung.

Der Regierungsentwurf enthält zudem weitere Verbesserungen für Menschen mit Behinderung: so erhalten sie intensivere Teilhabeberatung und ein Budget für Ausbildung, um leichter eine reguläre Berufsbildung antreten zu können.

Nächster Schritt: Gegenäußerung der Bundesregierung

Die Stellungnahme des Bundesrates wird nun der Bundesregierung zugeleitet. Diese verfasst eine Gegenäußerung dazu und reicht dann beide Dokumente in den Bundestag nach. Dieser hatte bereits im September mit seinen Beratungen begonnen.

Quelle: Bundesrat, Pressemitteilung vom 11.10.2019

CO2-Bepreisung: Bundesrat will klimapolitische Fehlanreize im Energiesektor beenden

Der Bundesrat hält die bestehenden Abgaben und Umlagen im Energiesektor für grundlegend reformbedürftig: Sie setzten klima- und innovationspolitische Fehlanreize. So könne es nicht sein, dass Strom aus regenerativen Energien gegenüber fossilen Heiz- und Kraftstoffen wettbewerbsrechtlich unterlegen ist, heißt es in einer am 11. Oktober 2019 gefassten Entschließung.

EEG-Umlage und Stromsteuer absenken

Der Bundesrat fordert die Bundesregierung deshalb auf, diese Wettbewerbsverzerrungen zu beenden und einen fairen Wettbewerb der Technologien auch über die Sektorgrenzen zu ermöglichen. Dabei soll sie unter anderem prüfen, wie die EEG-Umlage und Stromsteuer auf regenativen Strom reduziert und gegebenenfalls abgeschafft werden können.

Vorschläge zur CO2-Bepreisung gefordert

Außerdem soll die Bundesregierung Vorschläge zur Einführung der CO2-Bepreisung machen. Dabei müsse sie neben der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands auch soziale Belange berücksichtigen, unterstreichen die Länder.

Energiewende verbraucherfreundlicher gestalten

Auch aus Verbrauchersicht sehen die Länder Handlungsbedarf: Systembedingten Kostensteigerungen müsse aktiv entgegengewirkt und die Energiewende kosteneffizienter gestaltet werden. Geeignete Maßnahmen seien Smart-Home-Anwendungen, Smart Meter und die Eigenverbrauchsoptimierung. Die Bundesregierung müsse die gesetzlichen Rahmenbedingungen hierfür deutlich verbessern, um ihre sinnvolle Nutzung zu sichern. Gleiches gelte für zeit- und lastvariable Stromtarife, die flexibles Verhalten bei der Nutzung von erneuerbarem Strom belohnen.

Clean Energy Package umsetzen

Darüber hinaus appelliert der Bundesrat an die Bundesregierung, das Clean Energy Package der EU-Kommission möglichst zeitnah umzusetzen. Es enthält gesetzliche Vorgaben für den Verbraucherschutz und die Energieverbraucherrechte.

Faire Lastenverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden

Abschließend machen die Länder deutlich, dass die mit der Reform entstehenden Kosten fair zwischen Bund, Ländern und Kommunen aufzuteilen sind. Dafür müsse die Bundesregierung darlegen, die sich die im Einzelnen geplanten Maßnahmen gerade auch des Klimaschutzprogramms 2030 auf Länder und Kommen auswirken. Außerdem soll sie sich bereit erklären, sich an finanziellen Mehrbelastungen zu beteiligen.

Entscheidung liegt bei Bundesregierung

Die Entschließung wurde der Bundesregierung zugeleitet. Sie entscheidet, ob sie das Anliegen des Bundesrates aufgreift und eine Gesetzesänderung auf den Weg bringt. Feste Fristen gibt es hierfür nicht.

Quelle: Bundesrat, Mitteilung vom 11.10.2019

Bundesrat stimmt Hartz-IV-Erhöhung zu

Die Regelsätze für Sozialhilfe, Arbeitslosengeld II sowie Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung steigen ab Januar 2020 um 1,88 Prozent. Am 11. Oktober stimmte der Bundesrat einem Verordnungsentwurf zu, den das Bundeskabinett am 18. September 2019 beschlossen hatte: Alleinstehende Erwachsene sollen danach 432 Euro künftig im Monat erhalten – acht Euro mehr als bisher.

Betrifft auch Kinder und Jugendliche

Die Regelsätze für ältere Kinder und Jugendliche steigen ebenfalls. Sie erhöhen sich ab dem kommenden Jahr um jeweils sechs Euro auf 308 und 328 Euro. Für Kinder bis zu sechs Jahren steigt der Satz um fünf Euro auf dann 250 Euro.

Regelbedarfe jährlich fortgeschrieben

Grundlage für die Erhöhung sind Berechnungen des Statistischen Bundesamt: dieses ermittelt die sogenannte Fortschreibung der Regelbedarfe jährlich anhand eines Mischindex. Er ergibt sich zu 70 Prozent aus der Preisentwicklung und zu 30 Prozent aus der Nettolohnentwicklung.

Die Preisentwicklung wird nach Angaben der Bundesregierung ausschließlich aus regelbedarfsrelevanten Waren und Dienstleistungen ermittelt. Dazu gehören neben Nahrungsmitteln und Kleidung etwa auch Fahrräder und Hygieneartikel. Kosten für Zeitungen und Friseurbesuche fließen ebenso in die Berechnung ein. Die Nettolohnentwicklung wird auf Grundlage der durchschnittlichen Lohn- und Gehaltsentwicklung berechnet.

Gilt ab dem neuen Jahr

Mit der Zustimmung des Bundesrates kann die Verordnung nun im Bundesgesetzblatt verkündet werden. Sie tritt am 1. Januar 2020 in Kraft.

Quelle: Bundesrat, Mitteilung vom 11.10.2019

Weitere Förderung von Photovoltaik-Anlagen

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

Der Bundesrat setzt sich dafür ein, insbesondere kleinere und mittelständische Photovoltaik-Anlagen weiter zu fördern. Der sog. 52 Gigawatt-Deckel, der nach geltendem Recht die Förderung begrenzt, soll ersatzlos aufgehoben werden. Dies sieht ein Gesetzentwurf vor, den der Bundesrat am 11. Oktober 2019 beschlossen hat. Er wird nun in den Bundestag eingebracht.

Fördergrenze für kleinere Anlagen

Hintergrund für die Initiative ist die Befürchtung, dass ab dem nächsten Jahr insbesondere kleinere und mittlerer Solaranlagen nicht mehr gefördert werden können: Sobald bundesweit ein Ausbaustand von 52 Gigawatt installierter Photovoltaik-Leistung erreicht ist, reduziert das Erneuerbare-Energien-Gesetz die Werte für bestimmte Anlagen auf null. Betroffen davon wäre insbesondere Solarenergie bis 750 Kilowatt Peak.

Markteinbruch befürchtet

Nach Einschätzung des Bundesrates wird der Förderdeckel im Jahr 2020 erreicht – der Markt für die Neuinstallation von Solaranlagen würde einbrechen. Das Geschäftsmodell zahlreicher mittelständischer Solar-Installateure und Projektentwickler, Komponentenhersteller wäre gefährdet, ebenso die damit verbundenen Arbeitsplätze.

Da die Kosten für neue Photovoltaikanlagen in der Freifläche und auf Dächern stark gesunken sind, ist das ursprüngliche Ziel des Förderdeckels erreicht. Er kann daher aus Sicht des Bundesrates ersatzlos wegfallen.

Im Klimaschutzplan 2030 vorgesehen

Auch die Bundesregierung hat in ihrem Klimaschutzplan 2030 die Aufhebung des 52 Gigawatt-Deckels angekündigt. Der Bundesrat legt nun einen konkret ausformulierten Gesetzentwurf dazu vor.

Wie es weitergeht

Der Entwurf wird zunächst der Bundesregierung zugeleitet, die dazu Stellung nimmt. Anschließend bringt sie beide Dokumente in den Bundestag ein. Dieser entscheidet, wann und ob er den Entwurf verabschiedet.

Quelle: Bundesrat, Mitteilung vom 11.10.2019