Archiv der Kategorie: Steuern & Recht

Witwenrente: Vermutung einer Versorgungsehe erfolgreich widerlegt

Auch wenn eine Ehe erst nach Feststellung einer Berufskrankheit geschlossen wird und der betroffene Ehemann innerhalb des erstes Ehejahres stirbt, kann ein Anspruch auf Witwenrente bestehen. Dies hat das Sozialgericht Osnabrück in einem Urteil vom 28.02.2019 (Az. S 8 U 90/16) entschieden.

Die klagende Witwe lernte den im August 2015 verstorbenen Versicherten im Jahr 2005 kennen. Im Jahr 2010 zogen sie in eine gemeinsame Wohnung. Beide bezogen zunächst Erwerbsunfähigkeitsrenten und seit 2014 jeweils eine eigene Altersrente.

Im Dezember 2013 erkannte die beklagte Berufsgenossenschaft (BG) bei dem Versicherten das Bestehen einer Berufskrankheit nach der Nr. 4104 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (Lungenkrebs in Verbindung mit Asbestose) seit Dezember 2012 mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von 100 vom Hundert an. Am 04.05.2015 heirateten die Klägerin und der Versicherte, am 30.08.2015 verstarb der Ehemann an einer Lungenembolie.

Den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Witwenrente lehnte die BG unter Hinweis auf die Regelung des § 65 Abs. 6 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) ab, da die Ehe erst nach dem sog. Versicherungsfall (Dezember 2012) geschlossen worden war und der Tod innerhalb des ersten Jahres dieser Ehe eingetreten ist. Die BG hielt die gesetzliche Vermutung, dass alleiniger Zweck der Heirat ein Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung gewesen sei, für nicht widerlegt.

Diese Einschätzung hat sich das Sozialgericht Osnabrück nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Zeugenvernehmung nicht angeschlossen. Das Gericht geht vielmehr davon aus, dass der Versorgungsgedanke nicht der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war. Die klagende Witwe konnte eine feste Heiratsabsicht zwischen den späteren Eheleuten bereits vor dem Eintritt des Versicherungsfalls im Dezember 2012 nachweisen. Zur Umsetzung der Heiratsabsicht ist es dann vorerst durch äußere Umstände, insbesondere den Tod der Schwester der Klägerin, nicht gekommen. Außerdem war die Ausstellung der erforderlichen Unterlagen für die Eheschließung beim zuständigen Standesamt bereits im März 2014 veranlasst worden. Ferner bauten die Klägerin und der Versicherte die Mietwohnung gemeinsam behindertengerecht um, was aus gerichtlicher Sicht für die Planung einer längeren gemeinsamen Zukunft spricht. Schließlich hat die Kammer gewürdigt, dass die Klägerin selbst über eine ausreichende Versorgung aus ihrer Altersrente und einer zusätzlichen Betriebsrente verfügt, sodass als zumindest gleichwertiges Motiv für die Eheschließung das Motiv der Klägerin festzustellen ist, den Versicherten als Ehefrau verantwortlich versorgen zu können.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann mit der Berufung zum Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen angefochten werden.

Hinweis zur Rechtslage

§ 65 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch

(1) Witwen oder Witwer von Versicherten erhalten eine Witwen- oder Witwerrente, solange sie nicht wieder geheiratet haben.

[…]

(6) Witwen oder Witwer haben keinen Anspruch, wenn die Ehe erst nach dem Versicherungsfall geschlossen worden ist und der Tod innerhalb des ersten Jahres dieser Ehe eingetreten ist, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Einzelfalls die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.

Quelle: SG Osnabrück, Pressemitteilung vom 19.03.2019 zum Urteil S 8 U 90/16 vom 28.02.2019 (nrkr)

Insolvenzrechtlicher Rang eines Abfindungsanspruchs nach §§ 9, 10 KSchG

Macht erst der Insolvenzverwalter einen Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 KSchG rechtshängig und löst das Gericht das Arbeitsverhältnis daraufhin auf, ist der Anspruch auf Abfindung nach § 10 KSchG eine Masseverbindlichkeit, die nach § 53 InsO vorweg zu berichtigen, also wie geschuldet in voller Höhe zu erfüllen ist. Das gilt auch dann, wenn die der Auflösung zugrunde liegende Kündigung noch vom späteren Insolvenzschuldner erklärt worden ist.

Mit Schreiben vom 17. Dezember 2014 kündigte die spätere Insolvenzschuldnerin das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 15. Januar 2015. Während des erstinstanzlichen Kündigungsschutzverfahrens kündigte sie in einem an den Klägeranwalt vom Arbeitsgericht formlos übersandten Anwaltsschriftsatz vom 26. Januar 2015 den Hilfsantrag an, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. April 2015 hat der Kläger das unterbrochene Verfahren gegen den zum Insolvenzverwalter bestellten Beklagten aufgenommen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht am 9. Juni 2016 hat der Beklagte auch den Auflösungsantrag „vom 26.01.2015″ gestellt. Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben und das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 1.558,75 Euro aufgelöst, die „zur Insolvenztabelle festgestellt wird“. Das Landesarbeitsgericht hat die auf die insolvenzrechtliche Einordnung des Abfindungsanspruchs beschränkte Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner Revision begehrt der Kläger weiterhin die Zahlung des Abfindungsanspruchs als Masseverbindlichkeit. Die Antragstellung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung stelle die maßgebliche Handlung dar, auf der die Auflösung des Arbeitsverhältnisses und damit der Abfindungsanspruch beruhten. Demgegenüber hat der Beklagte den Standpunkt vertreten, sowohl die Kündigungserklärung als auch die erstmalige Einführung des Auflösungsantrags in den Prozess als maßgebliche Handlungen seien durch die Insolvenzschuldnerin erfolgt.

Die Revision des Klägers hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Mangels Zustellung hat nicht schon der Schriftsatz der späteren Insolvenzschuldnerin vom 26. Januar 2015, in dem der Auflösungsantrag angekündigt war, zu dessen Rechtshängigkeit geführt. Diesbezüglich war auch keine Heilung eingetreten. Den Auflösungsantrag als die für die insolvenzrechtliche Einordnung maßgebliche Handlung hat erstmals der beklagte Insolvenzverwalter in der mündlichen Verhandlung des Arbeitsgerichts vom 9. Juni 2016 rechtshängig gemacht (§ 261 Abs. 2 1. Alt. ZPO).

Quelle: BAG, Pressemitteilung vom 13.04.2019 zum Urteil 6 AZR 4/18 vom 14.03.2019

Vermehrt Umsatzsteuer-Voranmeldungen angefordert

Insbesondere Kleinunternehmer, deren Umsatzsteuer weniger als 1.000 Euro pro Jahr beträgt, bekommen seit Jahresbeginn häufig Post vom Finanzamt. Sie sollen künftig Umsatzsteuer-Voranmeldungen abgeben. Bislang verzichtete die Finanzverwaltung bei solch geringer Steuerlast regelmäßig auf die unterjährige Abgabe.

Schuld an dem Richtungswechsel ist eine Anpassung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE) durch das BMF-Schreiben vom 14.12.2018 . Aufgrund etlicher Rückmeldungen aus der Praxis adressierte der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) seine Bedenken hierzu in seinerStellungnahme S 02/19 .

Was wurde geändert?

Abschn. 18.2 Abs. 2 Satz 2 UStAE hält die Finanzverwaltung an, Unternehmer mit nicht mehr als 1.000 Euro Umsatzsteuer pro Jahr von der Abgabe von unterjährigen Umsatzsteuer-Voranmeldungen zu befreien. Abschn. 18.2 Abs. 2 Satz 3 UStAE hingegen schränkt seit jeher ein, wann solche Voranmeldungen doch verlangt werden sollen. Dieser Katalog wurde Ende letzten Jahres um die Fälle des § 18 Abs. 4a UStG erweitert.

§ 18 Abs. 4a UStG bestimmt die generelle Pflicht (auch bei Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung gem. § 19 UStG) zur Abgabe von Voranmeldungen und Steuererklärungen für:

  • Unternehmer, die die Steuer für innergemeinschaftliche Erwerbe im Inland gegen Entgelt schulden (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG),
  • Unternehmer, die als Leistungsempfänger nach § 13b Abs. 5 UStG die Steuer schulden (Reverse-Charge-Verfahren),
  • Unternehmer, die die Steuer gem. § 25b Abs. 2 UStG als letzter Abnehmer eines innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfts schulden, sowie
  • Fahrzeuglieferer gem. § 2a UStG.

Was heißt das für die Praxis?

Die Ergänzung um § 18 Abs. 4a UStG hat zur Folge, dass ein Unternehmer bei Verwirklichung der genannten Sachverhalte in jedem Fall eine Umsatzsteuer-Voranmeldung abgeben muss. Die 1.000 Euro-Grenze spielt aus Sicht des BMF-Schreibens keine Rolle mehr.

Dies führt insbesondere bei umsatzsteuerlichen Kleinunternehmern, die bislang von der Abgabe unterjähriger Voranmeldungen befreit waren, zu überbordenden Belastungen. Die umsatzsteuerpflichtigen Vorgänge wurden bis dato im Rahmen der jährlich erstellten Buchhaltung identifiziert. Sie wurden sodann im Rahmen der Umsatzsteuerjahreserklärung ordnungsgemäß gemeldet und die entstandene Steuer entsprechend abgeführt.

Die Ergänzung in Abschn. 18.2 Abs. 2 Satz 3 UStAE zwingt die Steuerpflichtigen nun, zumindest quartalsweise ihre Geschäftsvorfälle auf umsatzsteuerrelevante Sachverhalte hin zu überprüfen. Angesichts der komplexen Regelungen des Umsatzsteuerrechts sind sie dabei zumeist auf steuerliche Beratung angewiesen. Die Steuerpflichtigen müssen ihrem Berater entsprechend quartalsweise alle notwendigen Unterlagen zur Verfügung stellen, um mögliche umsatzsteuerrelevante Sachverhalte melden zu können.

Sowohl für betroffene Steuerpflichtige als auch für deren Berater bedeutet dies zusätzlichen Aufwand. Insbesondere bei geringem Steuerergebnis ist dieser unverhältnismäßig und nicht gerechtfertigt. Die Kosten und der zeitliche Aufwand einer mindestens quartalsweisen Überprüfung der Geschäftsvorfälle dürften die umsatzsteuerpflichtigen Umsätze bzw. die geschuldete Steuer regelmäßig übersteigen.

Was fordert der DStV?

Aus Sicht des DStV wird durch die Anpassung des Abschn. 18.2 Abs. 2 Satz 3 UStAE das gesetzlich vorgesehene Ermessen der Finanzbehörden, auf die unterjährige Abgabe von Voranmeldungen zu verzichten (§ 18 Abs. 2 Satz 3 UStG), in den beschriebenen Fällen unangemessen ausgehebelt.

Der DStV regt daher dringend an, die Ergänzung des Abschn. 18.2 Abs. 2 Satz 3 UStAE zurückzunehmen. Es entstünde insbesondere kein Minderaufkommen auf Seiten des Fiskus. Vielmehr würden meldepflichtige Sachverhalte – wie bisher – im Rahmen der Umsatzsteuerjahreserklärung gemeldet. Diese etablierte und bürokratiearme Möglichkeit sollte im Interesse aller Beteiligten beibehalten werden.

Quelle: DStV, Mitteilung vom 07.03.2019

Steuerliche Behandlung der Überlassung von (Elektro-)Fahrrädern

Überlässt der Arbeitgeber oder auf Grund des Dienstverhältnisses ein Dritter dem Arbeitnehmer ein betriebliches Fahrrad zur privaten Nutzung, gilt vorbehaltlich der Regelung des § 3 Nr. 37 EStG für die Bewertung dieses zum Arbeitslohn gehörenden geldwerten Vorteils Folgendes:

1 Nach § 8 Abs. 2 Satz 10 EStG wird hiermit als monatlicher Durchschnittswert der privaten Nutzung (einschließlich Privatfahrten, Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie Fahrten nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG und Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung) 1 % der auf volle 100 Euro abgerundeten unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers, Importeurs oder Großhändlers im Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Fahrrads einschließlich der Umsatzsteuer festgesetzt.

2 Überlässt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das betriebliche Fahrrad erstmals nach dem 31. Dezember 2018 und vor dem 1. Januar 2022, wird als monatlicher Durchschnittswert der privaten Nutzung (einschließlich Privatfahrten, Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie Fahrten nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG und Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung) 1 % der auf volle 100 Euro abgerundeten halbierten unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers, Importeurs oder Großhändlers im Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Fahrrads einschließlich der Umsatzsteuer festgesetzt. In diesen Fällen kommt es nicht auf den Zeitpunkt an, zu dem der Arbeitgeber dieses Fahrrad angeschafft, hergestellt oder geleast hat. Wurde das betriebliche Fahrrad vor dem 1. Januar 2019 vom Arbeitgeber bereits einem Arbeitnehmer zur privaten Nutzung überlassen, bleibt es bei einem Wechsel des Nutzungsberechtigten nach dem 31. Dezember 2018 für dieses Fahrrad bei den Regelungen der Rdnr. 1 und die Regelungen dieser Randnummer sind nicht anzuwenden.

3 Die Freigrenze für Sachbezüge nach § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG ist weder bei Anwendung der Rdnr. 1 noch bei Anwendung der Rdnr. 2 anzuwenden.

4 Gehört die Nutzungsüberlassung von Fahrrädern zur Angebotspalette des Arbeitgebers an fremde Dritte (z. B. Fahrradverleihfirmen), kann der geldwerte Vorteil auch nach § 8 Abs. 3 EStG ermittelt und der Rabattfreibetrag in Höhe von 1.080 Euro berücksichtigt werden, wenn die Lohnsteuer nicht nach § 40 EStG pauschal erhoben wird.

5 Die vorstehenden Regelungen gelten auch für Elektrofahrräder, wenn diese verkehrsrechtlich als Fahrrad einzuordnen (u. a. keine Kennzeichen- und Versicherungspflicht) sind.

6 Ist ein Elektrofahrrad verkehrsrechtlich als Kraftfahrzeug einzuordnen (z. B. gelten Elektrofahrräder, deren Motor auch Geschwindigkeiten über 25 Kilometer pro Stunde unterstützt, als Kraftfahrzeuge), ist für die Bewertung des geldwerten Vorteils § 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG anzuwenden.

7 Dieser Erlass ergeht mit Zustimmung des Bundesministeriums der Finanzen und im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der anderen Länder. Er ersetzt den Erlass vom 23. November 2012 (BStBl I S. 1224) und ist erstmals für das Kalenderjahr 2019 anzuwenden.

Dieser Erlass wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder

Quelle: FinMin Baden-Württemberg, Erlass (koordinierter Ländererlass) 3 – S-233.4 / 187 vom 13.03.2019

EuGH zur Behandlung von Sozialversicherungsbeiträgen

Einkünfte aus dem Vermögen von in Frankreich wohnenden Personen, die in der schweizerischen Sozialversicherung versichert sind, dürfen nicht Sozialbeiträgen unterworfen werden, die der Finanzierung von Leistungen der sozialen Sicherheit in Frankreich dienen.

Herr und Frau Raymond Dreyer sind im schweizerischen Sozialversicherungssystem versicherte französische Steueransässige. Herr Dreyer hat seine berufliche Laufbahn in der Schweiz absolviert. Im Jahr 2016 zog die französische Steuerverwaltung die Eheleute Dreyer zu Beiträgen und Abgaben auf ihre im Jahr 2015 in Frankreich erzielten Einkünfte aus Vermögen heran, die u. a. für die Caisse nationale de solidarité pour l’autonomie (Nationale Solidaritätskasse für Eigenständigkeit, im Folgenden: CNA) verwendet wurden.

Da sie der Meinung waren, dass die Leistungen, die von dieser Einrichtung verwaltet und durch die in Rede stehenden Beiträge und Abgaben finanziert werden, Leistungen der sozialen Sicherheit seien, wandten sich die Eheleute Dreyer vor den französischen Gerichten gegen ihre Heranziehung zu diesen Beiträgen und Abgaben. Sie seien bereits in der schweizerischen Sozialversicherung versichert und müssten deshalb nicht zur Finanzierung der französischen Sozialversicherung beitragen. Die Verordnung der Union zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit1bestimme nämlich, dass Personen, für die diese Verordnung gelte, den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats unterlägen, wobei die Schweiz insoweit als Mitgliedstaat angesehen werde.

Die mit dem Rechtsstreit zwischen den Eheleuten Dreyer und der französischen Steuerverwaltung befasste Cour administrative d’appel de Nancy (Verwaltungsberufungsgericht Nancy, Frankreich) äußerte Zweifel hinsichtlich der Art der Leistungen, die durch die für die CNA verwendeten Beiträge und Abgaben finanziert werden. Dieses Gericht möchte daher vom Gerichtshof wissen, ob diese Leistungen, nämlich die Allocation personnalisée d’autonomie (individuelle Beihilfe zur Eigenständigkeit, im Folgenden: APA) und die Prestation compensatoire du handicap (Leistung zum Ausgleich einer Behinderung, im Folgenden: PCH) als Leistungen der sozialen Sicherheit angesehen werden können.

In seinem Urteil vom 14.03.2019 weist der Gerichtshof darauf hin, dass eine Leistung dann als eine Leistung der sozialen Sicherheit betrachtet werden kann, wenn sie den Begünstigten ohne jede im Ermessen liegende individuelle Prüfung ihrer persönlichen Bedürfnisse aufgrund eines gesetzlich umschriebenen Tatbestands gewährt wird (erste Voraussetzung) und sie sich auf eines der in der Verordnung genannten Risiken bezieht (zweite Voraussetzung).

Der Gerichtshof stellt ebenfalls fest, dass die Berücksichtigung der Mittel des Empfängers allein zum Zwecke der Berechnung der tatsächlichen Höhe der Leistungen auf der Grundlage objektiver und gesetzlich festgelegter Kriterien keine individuelle Prüfung der persönlichen Bedürftigkeit dieses Empfängers impliziert. Dies ist nach Ansicht des Gerichtshofs bei der APA und der PCH der Fall, da die Berücksichtigung der Mittel des Empfängers nur die Modalitäten für die Berechnung dieser Leistungen betrifft, wobei diese gewährt werden müssen, wenn der Antragsteller unabhängig von der Höhe seiner Mittel die Voraussetzungen erfüllt, die den Anspruch auf die Leistungen eröffnen.

In diesem Zusammenhang stellt der Gerichtshof klar, dass auch die Notwendigkeit, zum Zwecke der Gewährung der APA und der PCH den Grad des Verlusts an Eigenständigkeit oder der Behinderung des Antragstellers zu beurteilen, keine individuelle Prüfung der persönlichen Bedürftigkeit des Antragstellers impliziert. Die Beurteilung des Verlusts an Eigenständigkeit und der Behinderung erfolgt nämlich durch einen Arzt oder einen Mitarbeiter eines medizinisch-sozialen Teams oder durch ein multidisziplinäres Team anhand von vorab festgelegten Schemata, Listen und Bezugswerten, also aufgrund objektiver und gesetzlich festgelegter Kriterien, die bei ihrem Vorliegen den Anspruch auf die entsprechende Leistung eröffnen.

Schließlich führt der Gerichtshof aus, dass nicht geprüft zu werden braucht, ob die APA und die PCH „besondere beitragsunabhängige Geldleistungen“ im Sinne der Verordnung sind, weil sich sowohl aus seinem Urteil vom 14.03.2019 als auch aus den Feststellungen des vorlegenden Gerichts ergibt, dass die zwei oben genannten Voraussetzungen erfüllt sind, diese beiden Leistungen daher „Leistungen der sozialen Sicherheit“ darstellen und der Gerichtshof bereits entschieden hat, dass sich diese beiden Begriffe gegenseitig ausschließen.

Fußnote

1 Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. 2004, L 166, S. 1, Berichtigung ABl. 2004, L 200, S. 1).

Quelle: EuGH, Pressemitteilung vom 14.03.2019 zum Urteil C-372/18 vom 14.03.2019

Fahrschulunterricht ist kein von der Mehrwertsteuer befreiter Schul- und Hochschulunterricht

Fahrschulunterricht für die Fahrerlaubnisklassen B und C1 ist kein von der Mehrwertsteuer befreiter Schul- und Hochschulunterricht.

Die private Fahrschule A & G Fahrschul-Akademie wendet sich vor den deutschen Gerichten gegen die Weigerung der deutschen Steuerbehörden, den von ihr erteilten Fahrunterricht von der Umsatzsteuer zu befreien. Konkret geht es um Unterricht im Hinblick auf den Erwerb der Fahrerlaubnisse für Kraftfahrzeuge der Klassen B und C11, also für Kraftwagen, die zur Beförderung von Personen ausgelegt und gebaut sind und deren zulässige Gesamtmasse 3,5 bzw. 7,5 Tonnen nicht überschreitet.

A & G macht geltend, der von ihr erteilte Unterricht umfasse die Vermittlung von zugleich praktischen und theoretischen Kenntnissen, die für den Erwerb der Fahrerlaubnisse für Kraftfahrzeuge der Klassen B und C1 erforderlich seien. Dieser Unterricht verfolge keinen bloßen Freizeitzweck, da mit dem Besitz der betreffenden Fahrerlaubnisse u. a. beruflichen Anforderungen entsprochen werden könne. Für den zu diesem Zweck erteilten Unterricht müsse daher die von der Mehrwertsteuerrichtlinie für den „Schul- und Hochschulunterricht“ vorgesehene Befreiung2 gelten.

Der Bundesfinanzhof (Deutschland) möchte wissen, ob der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts den in Rede stehenden Fahrunterricht umfasst.

Der Gerichtshof verneint dies mit seinem Urteil vom 14.03.2019.

Er führt dazu aus, dass der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts im Sinne der Mehrwertsteuerrichtlinie allgemein auf ein integriertes System der Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen sowie auf die Vertiefung und Entwicklung dieser Kenntnisse und Fähigkeiten durch die Schüler und Studenten je nach ihrem Fortschritt und ihrer Spezialisierung auf den verschiedenen dieses System bildenden Stufen verweist.

Dieser Begriff umfasst nicht Fahrunterricht, der von einer Fahrschule wie A & G im Hinblick auf den Erwerb der Fahrerlaubnisse für Kraftfahrzeuge der Klassen B und C1 erteilt wird.

Der Fahrunterricht mag sich zwar vielleicht auf verschiedene Kenntnisse praktischer und theoretischer Art beziehen. Er bleibt aber ein spezialisierter Unterricht, der für sich allein nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt.

Fußnoten

1 Im Sinne des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (ABl. 2006, L 403, S. 18).

2 Siehe Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1).

Quelle: EuGH, Pressemitteilung vom 14.03.2019 zum Urteil C-449/17 vom 14.03.2019

Verdienstgrenzen bei Minijobs bleiben

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat am 13.03.2019 einen Gesetzentwurf ( 19/4764 ) der FDP-Fraktion zur Dynamisierung der Verdienstgrenzen bei geringfügiger Beschäftigung abgelehnt. Für den Entwurf stimmte neben der FDP nur die AFD-Fraktion, während alle anderen Fraktionen ihn ablehnten.
Mit dem Gesetzentwurf wollte die FDP-Fraktion erreichen, dass die Höchstgrenzen für geringfügig entlohnte Beschäftigung (Mini-Jobs) und Beschäftigung in der Gleitzone (Midi-Jobs) dynamisch erhöht werden können. Die Liberalen hatten kritisiert, dass diese Verdienstgrenzen seit 2013 nicht angehoben worden seien, weil die derzeit starren Regelungen keine automatische Anpassung an die allgemeine Lohnentwicklung zulassen würden. Mit jeder Erhöhung des Mindestlohns würden sich deshalb die Stunden, die Beschäftigte im Rahmen von Mini- oder Midi-Jobs arbeiten dürften, reduzieren.

Die FDP hatte deshalb vorgeschlagen, die Verdienstgrenzen an die Entwicklung des Mindestlohns zu koppeln. So sollte im kommenden Jahr die Verdienstgrenze auf das 60-fache des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns festgelegt werden und bei Beschäftigung in der Gleitzone auf das 145-fache des Mindestlohns. Durch diese Änderung werde ein Automatismus eingeführt, der eine Anpassung der bisher starren Grenzen bei jeder Anpassung des Mindestlohns zulasse, heißt es im Entwurf der Liberalen.

Kritisiert wurde er unter anderem, weil er nach Meinung von SPD, Grünen und Linken zu einer Ausweitung prekärer Beschäftigung führen würde, von der vor allem Frauen betroffen seien.

Quelle: Deutscher Bundestag, Mitteilung vom 13.03.2019

BFH: Kindergeld bei neben der Ausbildung ausgeübter Erwerbstätigkeit

Bei volljährigen Kindern, die bereits einen ersten Abschluss in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang erlangt haben, setzt der Kindergeldanspruch voraus, dass der weitere Ausbildungsgang noch Teil einer einheitlichen Erstausbildung ist und die Ausbildung die hauptsächliche Tätigkeit des Kindes bildet. Wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 11. Dezember 2018 III R 26/18 entschieden hat, wird dagegen kein Kindergeldanspruch begründet, wenn von einer berufsbegleitenden Weiterbildung auszugehen ist, da bereits die Berufstätigkeit im Vordergrund steht und der weitere Ausbildungsgang nur neben dieser durchgeführt wird.

Die Klägerin ist die Mutter einer im Juni 1993 geborenen Tochter. Die Tochter nahm nach dem Abitur an einer Dualen Hochschule ein Bachelorstudium im Fach Betriebswirtschaftslehre auf. Hierzu gehörte auch eine praktische Ausbildung in einem Betrieb, die in einem für den Zeitraum Oktober 2012 bis September 2015 abgeschlossenen Ausbildungsvertrag geregelt wurde. Im September 2015 beendete die Tochter das Studium erfolgreich mit dem Abschluss Bachelor of Arts. Aufgrund eines im August 2015 geschlossenen Arbeitsvertrags vereinbarte die Tochter mit ihrem bisherigen Ausbildungsbetrieb ein ab Oktober 2015 beginnendes Vollzeitarbeitsverhältnis. Im September 2015 begann die Tochter ein fünfsemestriges Masterstudium im Studiengang Wirtschaftspsychologie. Die Vorlesungen fanden abends und teilweise auch am Samstag statt. Die Familienkasse lehnte eine weitere Kindergeldfestsetzung ab Oktober 2015 ab. Zur Begründung verwies sie darauf, dass die Tochter mit dem Bachelorabschluss bereits ihre Erstausbildung abgeschlossen habe und während des Masterstudiums einer zu umfangreichen und damit den Kindergeldanspruch ausschließenden Erwerbstätigkeit nachgegangen sei. Das Finanzgericht (FG) gab der dagegen gerichteten Klage statt, weil es davon ausging, dass das Masterstudium noch Teil einer einheitlichen Erstausbildung sei und es deshalb nicht auf den Umfang der daneben ausgebübten Erwerbstätigkeit ankomme.

Dagegen hielt der BFH die Revision der Familienkasse für begründet. Für in Ausbildung befindliche volljährige Kinder, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, besteht nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums nur dann ein Kindergeldanspruch, wenn sie keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, die regelmäßig mehr als 20 Wochenstunden umfasst. Zwar können auch mehrere Ausbildungsabschnitte zu einer einheitlichen Erstausbildung zusammen zu fassen sein, wenn sie in einem engen sachlichen Zusammenhang (z. B. dieselbe Berufssparte) zueinander stehen und in engem zeitlichen Zusammenhang durchgeführt werden. Eine solche einheitliche Erstausbildung muss jedoch von einer berufsbegleitend durchgeführten Weiterbildung abgegrenzt werden. Für diese Abgrenzung kommt es darauf an, ob nach Erlangung des ersten Abschlusses weiterhin die Ausbildung die hauptsächliche Tätigkeit des Kindes darstellt oder ob bereits die aufgenommene Berufstätigkeit im Vordergrund steht. Als Anzeichen für eine bloß berufsbegleitend durchgeführte Weiterbildung kann sprechen, dass das Arbeitsverhältnis zeitlich unbefristet oder auf mehr als 26 Wochen befristet abgeschlossen wird und auf eine vollzeitige oder nahezu vollzeitige Beschäftigung gerichtet ist. Ebenso deutet der Umstand, dass das Arbeitsverhältnis den erlangten ersten Abschluss erfordert, auf eine Weiterbildung im bereits aufgenommenen Beruf hin. Zudem spielt auch eine Rolle, ob sich die Durchführung des Ausbildungsgangs an den Erfordernissen der Berufstätigkeit orientiert (z. B. Abend- oder Wochenendunterricht). Da insoweit noch weitere Feststellungen erforderlich waren, wies der BFH die Sache zur erneuten Prüfung an das FG zurück.

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 13/19 vom 13.03.2019 zum Urteil III R 26/18 vom 11.12.2018

BFH zur steuerlichen Anerkennung von Verlusten aus Knock-Out-Zertifikaten

Hat ein Steuerpflichtiger in Knock-Out-Zertifikate investiert, die durch Erreichen der Knock-Out-Schwelle verfallen, kann er den daraus resultierenden Verlust nach der seit 1. Januar 2009 unverändert geltenden Rechtslage im Rahmen seiner Einkünfte aus Kapitalvermögen abziehen. Damit wendet sich der Bundesfinanzhof (BFH) mit seinem Urteil vom 20. November 2018 VIII R 37/15 gegen die Auffassung der Finanzverwaltung.

Im Streitfall hatte der Kläger im Streitjahr 2011 verschiedene Knock-Out-Zertifikate erworben, die je nach Kursverlauf der Basiswerte auf Zahlung eines Differenzausgleichs gerichtet waren. Noch während des Streitjahrs wurde die sog. Knock-Out-Schwelle erreicht. Dies führte zur Ausbuchung der Kapitalanlagen ohne jeglichen Differenzausgleich bzw. Restwert. Das Finanzamt erkannte die daraus resultierenden Verluste nicht an. Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg.

Der BFH bestätigte die Entscheidung des Finanzgerichts. Unabhängig davon, ob im Streitfall die Voraussetzungen eines Termingeschäfts vorgelegen hätten, seien die in Höhe der Anschaffungskosten angefallenen Verluste steuerlich zu berücksichtigen. Liege ein Termingeschäft vor, folge dies aus dem neuen § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG), der jeden Ausgang eines Termingeschäfts erfasst. Die gegenteilige Auffassung zur alten Rechtslage sei überholt. Liege kein Termingeschäft vor, sei ein Fall der „Einlösung“ i. S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 EStG gegeben. Diese Auslegung sei aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten, um die Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und dem Gebot der Folgerichtigkeit auszurichten.

Das Urteil ist eine Fortsetzung der Rechtsprechung des BFH, dass seit Einführung der Abgeltungssteuer grundsätzlich sämtliche Wertveränderungen im Zusammenhang mit Kapitalanlagen zu erfassen sind und dies gleichermaßen für Gewinne und Verluste gilt (vgl. Urteil vom 24. Oktober 2017 VIII R 13/15, BFHE 259, 535 zum insolvenzbedingten Ausfall einer privaten Darlehensforderung).

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 14/19 vom 13.03.2019 zum Urteil VIII R 37/15 vom 20.11.2018

EU aktualisiert schwarze Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke

Die EU-Finanzminister haben am 12.03.2019 die EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke aktualisiert. Dies geschah auf der Grundlage intensiver Analysen und Dialoge unter Federführung der Kommission. Die Liste hat sich seit ihrer Einführung als großer Erfolg erwiesen, da viele Länder ihre Gesetze und Steuersysteme geändert haben, um sie in Einklang mit internationalen Standards zu bringen.

Im Lauf des vergangenen Jahres hat die Kommission 92 Länder auf der Grundlage von drei Kriterien – Steuertransparenz, gute Regierungsführung und reale Wirtschaftstätigkeit – sowie eines Indikators – das Bestehen eines Körperschaftsteuersatzes von 0 Prozent – bewertet: Die heutige Aktualisierung zeigt, dass dieses klare, transparente und glaubwürdige Verfahren eine tatsächliche Veränderung bewirkt hat: 60 Länder haben Maßnahmen ergriffen, um die Bedenken der Kommission auszuräumen, und mehr als 100 schädliche Regelungen wurden abgeschafft. Die Liste hatte auch einen positiven Einfluss auf die international vereinbarten Standards für verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich.

Auf der Grundlage der Evaluierung durch die Kommission haben die Minister heute 15 Länder auf die schwarze Liste gesetzt. Fünf dieser Länder sind keinerlei Verpflichtungen eingegangen, seit die erste schwarze Liste im Jahr 2017 angenommen wurde: Amerikanisch-Samoa, Guam, Samoa, Trinidad und Tobago sowie die Amerikanischen Jungferninseln. Drei Länder, die auf der Liste von 2017 standen und aufgrund der von ihnen eingegangenen Verpflichtungen auf die graue Liste gesetzt worden waren, wurden nun wieder auf die schwarze Liste gesetzt, weil sie keine Folgemaßnahmen ergriffen haben: Barbados, die Vereinigten Arabischen Emirate und die Marshallinseln. Weitere sieben Länder wurden heute aus demselben Grund von der grauen auf die schwarze Liste gesetzt: Aruba, Belize, Bermuda, Fidschi, Oman, Vanuatu und Dominica. Zudem werden 34 Länder 2019 weiter überwacht (graue Liste); 25 Länder, die Gegenstand des ersten Evaluierungsverfahrens waren, wurden inzwischen von der Liste gestrichen.

„Die von der EU erstellte Liste der Steuerparadiese ist ein wahrhafter europäischer Erfolg. Sie hatte eine durchschlagende Wirkung und hat weltweit für mehr Steuertransparenz und -gerechtigkeit gesorgt“, so Pierre Moscovici, für Wirtschafts- und Finanzangelegenheiten, Steuern und Zoll zuständiges Mitglied der Europäischen Kommission „Als Reaktion auf dieses Listungsverfahren haben Dutzende Länder ihre schädlichen Steuerregelungen abgeschafft und halten sich nun in puncto Transparenz und gerechte Besteuerung an internationale Standards. Länder, die den Anforderungen nicht nachgekommen sind, wurden auf die schwarze Liste gesetzt und müssen nun mit den entsprechenden Konsequenzen rechnen. Wir heben die Maßstäbe für verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich weltweit an und schränken die Möglichkeiten für Steuermissbrauch ein.“

Die EU-Liste hat Veränderungen bei den globalen Steuerpraktiken bewirkt, die noch vor einigen Jahren undenkbar erschienen wären. Die von der Kommission konzipierte und erstmals im Dezember 2017 von den Mitgliedstaaten festgelegte Liste stellt ein gemeinsames Instrument dar, um die Risiken von Steuermissbrauch und unlauterem Steuerwettbewerb weltweit anzugehen. Das Verfahren ist fair – Verbesserungen werden in der Liste sichtbar gemacht – und fördert die Transparenz, da die Verpflichtungsschreiben der Länder online veröffentlicht werden.

Mit dem Verfahren für die Erstellung der EU-Liste wurde auch ein Rahmen für den Dialog und die Zusammenarbeit mit den internationalen Partnern der EU geschaffen, um Bedenken hinsichtlich ihrer Steuersysteme zu besprechen und Steuerfragen von beiderseitigem Interesse zu erörtern. Die Evaluierung wird nun dadurch erweitert, dass mehr verbindliche Transparenzkriterien eingehalten werden müssen, und drei G20-Länder – Russland, Mexiko und Argentinien – im Rahmen des nächsten Verfahrens evaluiert werden.

In Bezug auf Konsequenzen haben sich die Mitgliedstaaten auf eine Reihe von Gegenmaßnahmen geeinigt, mit denen sie gegen die in der Liste aufgeführten Länder vorgehen können. Dazu gehören verstärkte Überwachung und Prüfungen, Quellensteuern, besondere Dokumentationspflichten und Vorschriften zur Missbrauchsbekämpfung. Die Kommission wird die Mitgliedstaaten weiterhin bei ihren Bemühungen unterstützen, 2019 einen besser abgestimmten Ansatz für Sanktionen zu erarbeiten. Zudem dürfen gemäß neuen Bestimmungen in den EU-Rechtsvorschriften EU-Mittel nicht über Einrichtungen in Ländern weitergeleitet werden, die auf der schwarzen Liste stehen.

Nächste Schritte

Das Verfahren zur Erstellung der EU-Liste ist derzeit ein fortlaufender Prozess, der in den kommenden Jahren fortgesetzt wird.

  • Als nächstes erhalten alle Länder und Gebiete auf der EU-Liste ein Schreiben mit einer Erläuterung der Entscheidung und Hinweisen, was sie tun können, um von der Liste gestrichen zu werden.
  • Die Kommission und die Mitgliedstaaten (Gruppe „Verhaltenskodex“) werden weiterhin die Länder und Gebiete überwachen, die ihrerseits bis Ende 2019/2020 Zeit haben, den Anforderungen nachzukommen, und werden zudem prüfen, ob auch andere Länder in das Verfahren zur Erstellung der EU-Liste aufgenommen werden sollten.
  • Die Kommission wird den offenen Dialog und die Zusammenarbeit mit den betroffenen Ländern und Gebieten fortsetzen, um technische Hilfe zu leisten und etwaige Fragen zu klären, wenn dies erforderlich ist, und um Steuerfragen von beiderseitigem Interesse zu erörtern.

Quelle: EU-Kommission, Pressemitteilung vom 12.03.2019