Archiv der Kategorie: Steuern & Recht

Geschenkte Kreuzfahrt

Streitig war die Frage, ob die Einladung zu einer Kreuzfahrt der Schenkungssteuer unterliegt. Der Kläger und seine Lebensgefährtin hatten eine fünfmonatige Weltreise in einer Luxuskabine (Penthouse Grand Suite mit Butlerservice) unternommen. Die Kosten hierfür beliefen sich insgesamt auf rund 500.000 €. Noch während der Reise informierte der Kläger das Finanzamt (FA) von dem Sachverhalt und erbat eine schenkungsteuerrechtliche Einschätzung. Das FA forderte den Kläger daraufhin zur Abgabe einer Schenkungsteuererklärung auf. Dem folgte der Kläger, er erklärte aber nur einen Betrag von rund 25.000 €, der auf Anreisekosten der Lebensgefährtin und ihren Kostenanteil für Ausflüge und Verpflegung entfiel. Das FA berücksichtigte demgegenüber einen steuerpflichtigen Erwerb der Lebensgefährtin in Höhe der hälftigen Gesamtkosten zuzüglich der vom Kläger übernommenen Steuer.

Dem ist das Gericht nicht gefolgt und hat den Schenkungsteuerbescheid ersatzlos aufgehoben. Der Kläger habe seiner Lebensgefährtin zwar ein eigenes Forderungsrecht gegenüber dem Reisveranstalter eingeräumt, dadurch sei sie aber nicht in dem erforderlichen Maße bereichert worden. Denn sie habe hierüber nicht frei verfügen können, sondern die Zuwendung sei daran geknüpft gewesen, den Kläger zu begleiten. Allein die „Mitnahme“ auf die Kreuzfahrt sei im Ergebnis nur als Gefälligkeit zu beurteilen. Eine Vermögensmehrung bei der Lebensgefährtin sei auch nicht durch einen Verzicht des Klägers auf Wertausgleich erfolgt. Denn es handele sich um Luxusaufwendungen, die die Lebensgefährtin sonst nicht

aufgewandt hätte. Schließlich sei auch durch das Erleben der Reise selbst keine Vermögensmehrung eingetreten, die Begleitung auf der Reise erschöpfe sich vielmehr im gemeinsamen Konsum.
Urteil vom 11. Juni 2018 (3 K 77/17), die Revision wurde zugelassen.

Finanzgericht Hamburg Newsletter 2/2018

Vorläufiger Rechtsschutz gegen Verlustabzugsbeschränkung gem. § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG gewährt

Der 2. Senat hatte mit Beschluss vom 29. August 2017 (2 K 245/17) dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt hat, ob § 8c Satz 2 KStG in der Fassung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 (jetzt § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG) verfassungswidrig ist. Nach § 8c Satz 2 KStG a.F. entfällt der Verlustvortrag einer Kapitalgesellschaft vollständig, wenn innerhalb von fünf Jahren mehr als 50 % der Anteile an der Gesellschaft übertragen werden. Im Anschluss daran hat der 2. Senat jetzt wegen jener Verfassungsfrage auch vorläufigen Rechtsschutz gewährt. Es widerspricht damit der gegenwärtigen Verwaltungspraxis (im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 15. Januar 2018, BStBl I 2018, 2, dort unter V. i.V.m. Abschnitt B der Anlage), wonach für eine Aussetzung der Vollziehung von Steuerbescheiden, die auf Basis des § 8c Satz 2 (§ 8c Abs. 1 Satz 2) KStG ergangen sind, kein Grund besteht.

Auch wenn ein Gericht von der Verfassungswidrigkeit einer Norm überzeugt ist und deshalb das BVerfG anruft, ist zwar nicht automatisch auch die Vollziehung des angefochtenen Be-scheides auszusetzen. Denn bis zur endgültigen Entscheidung ist offen, ob das BVerfG die Norm, derentwegen es angerufen wird, tatsächlich für nichtig erklärt, und wenn ja, mit wel-chen Folgen, lediglich mit Wirkung für die Zukunft oder aber rückwirkend. Weil ein formell verfassungsgemäß zustande gekommenes Gesetz zunächst grundsätzlich weiterhin anzu-wenden ist, muss die Interessenlage des Steuerpflichtigen an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen das öffentliche, vornehmlich haushalterische Interesse abgewogen werden.

Das FG Hamburg hat dem Interesse des Steuerpflichtigen an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hier den Vorrang eingeräumt. Im Rahmen der für die Aussetzungsentschei-dung maßgeblichen „summarischen Prüfung“ sei eher zu erwarten, dass § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG nicht nur für die Zukunft, sondern auch rückwirkend für nichtig erklärt werde. Es liege insoweit nicht anders als bezogen auf die Vorschrift des § 8c Satz 1 (bzw. Abs. 1 Satz 1) KStG, die bei Anteilsübertragungen von mehr als 25% einen quotalen Verlustuntergang an-ordnet. Das BVerfG hat durch Beschluss vom 29. März 2017 (2 BvL 6/11) entschieden, dass diese Rechtsfolge mit dem Grundgesetz unvereinbar ist und dass die festgestellte Unverein-barkeit vorbehaltlich einer gesetzlichen Nachbesserung bis spätestens zum 31. Dezember 2018 rückwirkend eintritt. Das Fiskalinteresse, das der Gesetzgeber seinerzeit bei Einführung von § 8c KStG mit einer jährlichen Haushaltswirkung von 1,45 Mrd. Euro angegeben hatte, ändert in Anbetracht dessen an der Rückwirkung aus Sicht des FG Hamburg nichts.

Beschluss vom 11. April 2018 (2 V 20/18), die Beschwerde wurde nicht zugelassen.

Finanzgericht Hamburg Newsletter 2/2018

Betriebsuntersagung im sog. Diesel-Abgasskandal ist rechtmäßig

Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat mit Beschluss vom 27. April 2018 den Antrag eines Fahrzeughalters (Antragsteller) auf Gewährung von Eilrechtsschutz gegen die sofortige Betriebsuntersagung seines vom sog. Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs abgelehnt (Az. 8 K 1962/18).

Der Antragsteller ist Halter des Pkw Audi A4 Avant 2.0 TDI, das mit einem Dieselmotor des Typs EA 189 (EURO 5) ausgestattet ist. In der Motorsteuerung hat der Hersteller eine Abschalteinrichtung verbaut, die zu Abgasmanipulationen führt (sog. Schummelsoftware). Weil der Antragsteller nicht an der Rückrufaktion des Herstellers teilgenommen und das Fahrzeug keinem Software-Update unterzogen hat, untersagte das Landratsamt Heidenheim ihm mit Bescheid vom 23.01.2018 den Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Verkehr. Gleichzeitig ordnete das Landratsamt die sofortige Vollziehung an, so dass die Nutzung des Fahrzeugs ab sofort untersagt ist.

Dagegen hat der Antragsteller einen Eilantrag gestellt. Er macht u. a. geltend, es sei ihm nicht zumutbar, das Software-Update vornehmen zu lassen. Er müsse den derzeitigen Zustand seines Fahrzeugs zu Beweiszwecken beibehalten, da er einen Schadensersatzprozess gegen den Hersteller führe.

Dem ist das Gericht nicht gefolgt und hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Betriebsuntersagung sei formell und materiell rechtmäßig. Das Fahrzeug entspreche mit der derzeit vorhandenen Abschalteinrichtung ohne Nachrüstung nicht mehr der Typengenehmigung und befinde sich deshalb nicht in einem vorschriftsmäßigen Zustand. Die Betriebsuntersagung nehme dem Antragsteller auch nicht die Beweismöglichkeiten in seinem am Landgericht anhängigen Zivilprozess. Es stehe ihm frei, sein Fahrzeug unverändert zu lassen, es abzumelden und außerhalb des öffentlichen Straßenverkehrs zu lagern, um es für einen Sachverständigen vorzuhalten. Soweit dies mit Kosten für ihn verbunden sein sollte, seien dies Folgen, die er im gegen den Hersteller gerichteten Zivilverfahren geltend zu machen hätte. Abgesehen davon könnte der Antragsteller der von ihm befürchteten Beweisvereitelung im Rahmen eines im Zivilprozess möglichen selbständigen Beweisverfahrens begegnen.

Die angeordnete Betriebsuntersagung erweise sich auch als verhältnismäßig. Durch die – nicht beseitigte – Abschalteinrichtung seien die im Betrieb auf öffentlichen Straßen entstehenden Abgaswerte unzulässig erhöht, woraus sich eine Gefahr für die allgemeine Gesundheit und Umwelt ergebe. Insoweit komme es nicht maßgeblich darauf an, wie viele Fahrzeuge an der Rückrufaktion noch nicht teilgenommen hätten und in welchem Ausmaß sich die Nichtteilnahme gerade des Antragstellers auf die Luftreinhaltung auswirken würde.

Gegen diese Beschlüsse ist die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim gegeben, die innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung eingelegt werden kann.

Quelle: VG Stuttgart, Pressemitteilung vom 27.06.2018 zum Beschluss 8 K 1962/18 vom 27.04.2018

Vorfälligkeitsentschädigung: Gebühr für vorzeitige Kreditrückzahlung unzulässig

Gebühr für vorzeitige Kreditrückzahlung unzulässig

vzbv, Pressemitteilung vom 28.06.2018 zu den Urteilen 25 O 311/17 des LG Dortmund vom 23.01.2018 (nrkr) und 35 O 13599/17 des LG München I vom 16.05.2018 (nrkr)

  • vzbv klagt erfolgreich gegen Münchener Hypothekenbank und Kreisparkasse Steinfurt.
  • Gerichte erklären Klauseln in den Preisverzeichnissen für unzulässig.
  • Banken verlangten Pauschalen von 125 Euro und 200 Euro für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung.

Zahlt ein Kunde seinen Immobilienkredit vorzeitig gegen eine Vorfälligkeitsentschädigung zurück, dürfen Banken nach Auffassung des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv) kein Entgelt dafür verlangen, die Vorfälligkeitsentschädigung zu berechnen. Die Landgerichte München und Dortmund erklärten entsprechende Preisklauseln der Münchener Hypothekenbank und der Kreissparkasse Steinfurt für unwirksam, nachdem der vzbv die Kreditinstitute verklagt hatte.

„Banken berechnen die Vorfälligkeitsentschädigung ausschließlich im eigenen Interesse“, sagt Jana Brockfeld, Rechtsreferentin vom vzbv. „Das ist jedoch keine Leistung für Kunden, die die Bank extra in Rechnung stellen darf.“

125 Euro nur für die Berechnung der Entschädigung

Laut Preisverzeichnis der Kreissparkasse Steinfurt sollten Kunden nach einer vorzeitigen Kreditrückzahlung eine Pauschale von 125 Euro für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung zahlen. Die Richter schlossen sich der Auffassung des vzbv an, dass die Klausel Kunden unangemessen benachteiligt. Die Bank verlange das Entgelt ohne eine echte Gegenleistung zu erbringen. Der Kunde habe gar kein Interesse daran, dass die Bank berechnet, was er zusätzlich zum Restdarlehen noch schulde.

Hypothekenbank verlangte 200 Euro zusätzlich

Das Münchner Landgericht erklärte eine ähnliche Klausel im Preisverzeichnis der Münchener Hypothekenbank für unwirksam. Danach sollten Kreditnehmer zusätzlich zur Vorfälligkeitsentschädigung eine Pauschale von 200 Euro an die Bank zahlen, wenn sie ihre Immobilie verkaufen und den Kredit deshalb vorzeitig tilgen.

Im Gegensatz zum Landgericht Dortmund waren die Münchener Richter der Auffassung, dass Banken grundsätzlich berechtigt seien, den Aufwand für die Berechnung auf ihre Kunden abzuwälzen. Das sei Teil ihres Schadersatzanspruches. Die strittige Klausel erklärten die Richter dennoch für unwirksam. Sie ermögliche der Bank, ihren Berechnungsaufwand doppelt abzurechnen – als Teil der Vorfälligkeitsentschädigung und zusätzlich über die Pauschale.

Umstrittene Treuhandgebühr bei Umschuldung zulässig

Nicht durchsetzen konnte sich der vzbv gegen ein Bearbeitungsentgelt von 100 Euro für „Treuhandaufträge Ablösung Kundendarlehen“ im Preisverzeichnis der Kreissparkasse Steinfurt. Kunden, die ihren Immobilienkredit ablösen und zu einer anderen Bank wechseln wollen, sollen das Entgelt dafür zahlen, dass die Bank die bestehende Grundschuld im Rahmen eines Treuhandverhältnisses auf die neue Bank überträgt. Nach dem Urteil des Dortmunder Landgerichts handelt es sich um ein zulässiges Entgelt für eine Sonderleistung, die auch im Interesse des Kunden liege.

Der vzbv hat Berufung gegen diesen Teil des Urteils eingelegt. „Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen Kreditnehmer die Möglichkeit haben, ihren Immobilienkredit vorzeitig abzulösen und zu einer günstigeren Bank zu wechseln“, so Brockfeld. „Dieses Recht darf eine Bank nicht einschränken, indem sie die Sicherheiten nur freigibt, wenn der Kunde eine Extrazahlung leistet.“

Quelle: vzbv

Au­to­ma­ti­scher Aus­tausch von In­for­ma­tio­nen über Fi­nanz­kon­ten in Steu­er­sa­chen nach dem Fi­nanz­kon­ten-In­for­ma­ti­ons­aus­tausch­ge­setz – FKAustG

Be­kannt­ma­chung ei­ner fi­na­len Staa­ten­aus­tausch­lis­te im Sin­ne des § 1 Ab­satz 1 FKAustG für den au­to­ma­ti­schen Aus­tausch von In­for­ma­tio­nen über Fi­nanz­kon­ten in Steu­er­sa­chen zum 30. Sep­tem­ber 2018

Mit dem BMF-Schreiben vom 28. Juni 2018 werden die Staaten im Sinne des § 1 Absatz 1 FKAustG bekannt gegeben, bei denen die Voraussetzungen für den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten mit Stand vom 26. Juni 2018 vorliegen, mit denen der automatische Datenaustausch zum 30. September 2018 erfolgt und für welche die meldenden Finanzinstitute Finanzkontendaten zum 31. Juli 2018 dem BZSt zu übermitteln haben (finale FKAustG-Staatenaustauschliste 2018).

Nach den Vorgaben des Gesetzes zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen (Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz – FKAustG) werden Informationen über Finanzkonten in Steuersachen zum 30. September 2018 zwischen dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) und der zuständigen Behörde des jeweils anderen Staates im Sinne des § 1 Absatz 1 FKAustG automatisch ausgetauscht (§ 27 Absatz 1 FKAustG).

Dem BZSt sind hierfür von den meldenden Finanzinstituten die Finanzkontendaten zu den meldepflichtigen Konten nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch im Wege der Datenfernübertragung zum 31. Juli 2018 zu übermitteln (§ 27 Absatz 2 FKAustG).
Zu den Staaten im Sinne des § 1 Absatz 1 FKAustG, mit denen der automatische Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen erfolgt, zählen

1. Mitgliedstaaten der Europäischen Union aufgrund der Richtlinie 2011/16/EU des Rates vom 15. Februar 2011 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799/EWG (ABl. L 64 vom 11. März 2011, Seite 1; Amtshilferichtlinie) in der Fassung der Richtlinie 2014/107/EU (ABl. L 359 vom 16. Dezember 2014, Seite 1),

2. Drittstaaten, die Vertragsparteien der von der Bundesrepublik Deutschland in Berlin unterzeichneten Mehrseitigen Vereinbarung vom 29. Oktober 2014 zwischen den zuständigen Behörden über den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten (BGBl. 2015 II Seiten 1630, 1632) sind und diese in ihr nationales Recht verpflichtend aufgenommen haben sowie Vertragsparteien des Überein-kommens über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen (BGBl. 2015 II Seiten 966, 967) sind und die gewährleisten, dass sie die Voraussetzungen des § 7 Absatz 1, insbesondere Buchstabe e der Mehrseitigen Vereinbarung vom 29. Oktober 2014 zwischen den zuständigen Behörden über den automatischen Austausch von Infor-mationen über Finanzkonten erfüllen,

3. Drittstaaten, die Verträge mit der Europäischen Union zur Vereinbarung des auto-matischen Austauschs von Informationen über Finanzkonten im Sinne der unter Nummer 1 angeführten Richtlinie 2014/107/EU (ABl. L 359 vom 16. Dezember 2014, Seite 1) geschlossen haben, sowie

4. Drittstaaten, mit denen die Bundesrepublik Deutschland ein Abkommen über den steuerlichen Informationsaustausch geschlossen hat, nach dem ein automatischer Austausch von Informationen vereinbart werden kann.

Hiermit werden die Staaten im Sinne des § 1 Absatz 1 FKAustG bekannt gegeben, bei denen die Voraussetzungen für den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten mit Stand vom 26. Juni 2018 vorliegen, mit denen der automatische Datenaustausch zum 30. September 2018 erfolgt und für welche die meldenden Finanzinstitute Finanzkontendaten zum 31. Juli 2018 dem BZSt zu übermitteln haben (finale FKAustG-Staatenaustauschliste 2018).

Für den Datenaustausch zum 30. September 2019 wird eine neue FKAustG-Staaten-austauschliste 2019 im Rahmen eines weiteren BMF-Schreibens bekannt gegeben.
Die finale FKAustG-Staatenaustauschliste 2018 wird nachfolgend dargestellt und steht auf der Internetseite des BZSt unter www.bzst.bund.de zur Ansicht und zum Abruf bereit.

Finale FKAustG-Staatenaustauschliste 2018
Nr.
Staaten nach § 1 Absatz 1 FKAustG mit automatischem Informationsaustausch zum 30. September 2018
Rechtsgrundlage nach
§ 1 Absatz 1 FKAustG
1.
Andorra
§ 1 Absatz 1 Nummer 3 FKAustG
2.
Anguilla1)
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
3.
Argentinien
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
4.
Aruba1)
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
5.
Australien
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
6.
Bahamas1)
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
7.
Bahrain1)
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
8.
Barbados1)
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
9.
Belgien
§ 1 Absatz 1 Nummer 1 FKAustG
10.
Belize1)
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
11.
Bermuda1)
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
12.
Brasilien
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
13.
Britische Jungferninseln1)
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
14.
Bulgarien
§ 1 Absatz 1 Nummer 1 FKAustG
15.
Chile
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
16.
China
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
17.
Cookinseln1)
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
18.
Costa Rica1)
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
19.
Curaçao1)
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
20.
Dänemark
§ 1 Absatz 1 Nummer 1 FKAustG
21.
Estland
§ 1 Absatz 1 Nummer 1 FKAustG
22.
Färöer
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
23.
Finnland
§ 1 Absatz 1 Nummer 1 FKAustG
24.
Frankreich²)
§ 1 Absatz 1 Nummer 1 FKAustG
25.
Gibraltar
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
26.
Grenada1)
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
27.
Griechenland
§ 1 Absatz 1 Nummer 1 FKAustG
28.
Grönland
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
29.
Guernsey
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
30.
Hongkong
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
31.
Indien
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
Seite 4
32.
Indonesien
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
33.
Irland
§ 1 Absatz 1 Nummer 1 FKAustG
34.
Island
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
35.
Isle of Man
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
36.
Italien
§ 1 Absatz 1 Nummer 1 FKAustG
37.
Japan
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
38.
Jersey
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
39.
Kaimaninseln1)
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
40.
Kanada
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
41.
Kolumbien
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
42.
Korea, Republik
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
43.
Kroatien
§ 1 Absatz 1 Nummer 1 FKAustG
44.
Lettland
§ 1 Absatz 1 Nummer 1 FKAustG
45.
Libanon1)
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
46.
Liechtenstein
§ 1 Absatz 1 Nummer 3 FKAustG
47.
Litauen
§ 1 Absatz 1 Nummer 1 FKAustG
48.
Luxemburg
§ 1 Absatz 1 Nummer 1 FKAustG
49.
Malaysia
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
50.
Malta
§ 1 Absatz 1 Nummer 1 FKAustG
51.
Mauritius
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
52.
Mexiko
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
53.
Monaco
§ 1 Absatz 1 Nummer 3 FKAustG
54.
Montserrat1)
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
55.
Nauru1)
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
56.
Neuseeland
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
57.
Niederlande³)
§ 1 Absatz 1 Nummer 1 FKAustG
58.
Norwegen
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
59.
Österreich
§ 1 Absatz 1 Nummer 1 FKAustG
60.
Pakistan
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
61.
Panama1)
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
62.
Polen
§ 1 Absatz 1 Nummer 1 FKAustG
63.
Portugal
§ 1 Absatz 1 Nummer 1 FKAustG
64.
Rumänien
§ 1 Absatz 1 Nummer 1 FKAustG
65.
Russische Föderation
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
66.
Samoa1)
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
Seite 5
67.
San Marino
§ 1 Absatz 1 Nummer 3 FKAustG
68.
Saudi-Arabien
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
69.
Schweden
§ 1 Absatz 1 Nummer 1 FKAustG
70.
Schweiz
§ 1 Absatz 1 Nummer 3 FKAustG
71.
Seychellen
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
72.
Singapur
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
73.
Slowakei
§ 1 Absatz 1 Nummer 1 FKAustG
74.
Slowenien
§ 1 Absatz 1 Nummer 1 FKAustG
75.
Spanien
§ 1 Absatz 1 Nummer 1 FKAustG
76.
St. Kitts und Nevis1)
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
77.
St. Lucia1)
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
78.
St. Vincent und die Grenadinen1)
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
79.
Südafrika
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
80.
Tschechien
§ 1 Absatz 1 Nummer 1 FKAustG
81.
Turks- und Caicosinseln1)
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
82.
Ungarn
§ 1 Absatz 1 Nummer 1 FKAustG
83.
Uruguay
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
84.
Vereinigte Arabische Emirate1)
§ 1 Absatz 1 Nummer 2 FKAustG
85.
Vereinigtes Königreich
§ 1 Absatz 1 Nummer 1 FKAustG
86.
Zypern
§ 1 Absatz 1 Nummer 1 FKAustG
¹) Aufgrund einer Notifikation dieses Staates gemäß § 7 Absatz 1 Buchstabe b der Mehrseitigen Vereinbarung vom 29. Oktober 2014 zwischen den zuständigen Behörden über den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten übermittelt die Bundesrepublik Deutschland nach § 2 Absatz 1.2 dieser Mehrseitigen Vereinbarung keine Finanzkonteninformationen an diesen Staat, erhält jedoch Finanzkonteninformationen von diesem. Deshalb sind auch in diesem Fall bis auf weiteres keine Finanzkontendaten durch meldende Finanzinstitute dem BZSt gemäß § 5 Absatz 1 FKAustG zu übermitteln.
²)Hierzu zählen auch Französisch-Guayana, Guadeloupe, Martinique, Mayotte, Réunion und Saint-Barthélemy.
³)Hierzu zählen auch Bonaire, Sint Eustatius und Saba.

Do­ku­ment her­un­ter­la­den [PDF, 76KB]

Kapitalertragsteuer; Ausstellung von Steuerbescheinigungen für Kapitalerträge nach § 45a Absatz 2 und 3 EStG; Ergänzung des BMF-Schreibens vom 15. Dezember 2017 (BStBl 2018 I S. 13)

Das BMF-Schreiben vom 27. Juni 2018 ändert das BMF-Schreiben vom 15. Dezember 2017 (BStBl 2018 I S. 13).

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird das BMF-Schreiben vom 15. Dezember 2017 (BStBl 2018 I S. 13) wie folgt geändert:

Randziffer 32 wird wie folgt gefasst:
„32 Der Gewinn aus Aktienveräußerungen im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 EStG ist gesondert auszuweisen; berechnet wird der positive Unterschiedsbetrag zwischen Aktiengewinnen und -verlusten. Die Beträge können nicht höher sein als die Höhe der Kapitalerträge. Im nachrichtlichen Teil der Steuerbescheinigung ist zusätzlich der Gewinn aus Aktienveräußerungen im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 EStG vor Verrechnung mit sonstigen Verlusten im Sinne des § 20 Absatz 2 EStG auszuweisen“

Randziffer 77 wird neu eingefügt:
„77 Die Änderungen der Randziffer 32 in der Fassung des BMF-Schreibens vom 27. Juni 2018 sind auf Kapitalerträge anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2018 zufließen.“

Muster I wird wie folgt gefasst: Zum BMF-Schreiben

Unmittelbare Liquidation einer sog. Einschiffsgesellschaft nach Veräußerung des Seeschiffes führt zur Fortgeltung der Tonnagebesteuerung

Niedersächsisches Finanzgericht 15. Senat, Urteil vom 21.11.2017, 15 K 202/14, ECLI:DE:FGNI:2017:1121.15K202.14.00

TATBESTAND

1
Die Beteiligten streiten im Zusammenhang mit dem Verkauf eines Seeschiffes über den Zeitpunkt des Ausscheidens der Klägerin aus der Tonnagebesteuerung und über die zeitliche Zuordnung einer an die Beigeladene gezahlten Liquidationsgebühr.
2
Die Klägerin betrieb bis zu dessen Veräußerung im Juni 2005 in der Rechtsform der GmbH & Co. KG das Seeschiff „MS “. Sie hat mit Wirkung zum 1. Januar 1999 zur Gewinnermittlung nach § 5a Einkommensteuergesetz -EStG- optiert und hielt daran bis zum Steuerjahr 2005 fest. An der Klägerin war eine Vielzahl an Kommanditisten beteiligt, u.a. die A.. mbH -nachfolgend A..-. Die A.. vertrat zudem treuhänderisch die Interessen weiterer Kommanditisten und erhielt für die von ihr übernommenen Verwaltungsaufgaben eine Vergütung von xx.xxx,xx € jährlich.
3
Am 11. April 2005 fand eine außerordentliche Treugeber- und Gesellschafterversammlung statt. Tagesordnungspunkt war die „Erörterung eines möglichen Verkaufs des Schiffes sowie Beschlussfassung über den eventuellen Verkauf und die Liquidation der Schiffsgesellschaft“. In der diesbezüglichen Einladung vom 31. März 2005 heißt es u.a. (Bl. 57 BP-Arbeitsakte):
4
„Unter Berücksichtigung der anliegenden Berechnungen wird […] vorgeschlagen, […] über folgenden Beschluss abzustimmen:
5
Die Geschäftsführung wird beauftragt, das Schiff MS „“ zu einem Preis von mindestens USD xx Millionen zu veräußern. Mit dem Verkauf des Schiffes tritt die Gesellschaft in Liquidation.“
6
Hintergrund war ein schon zu diesem Zeitpunkt konkret in Aussicht gestelltes Kaufangebot eines Interessenten. Die Gesellschafter fassten auf der Grundlage dieses Kaufangebots mehrheitlich den Beschluss, das Schiff zu verkaufen und die Klägerin zu liquidieren. Der Kaufvertrag wurde am 15. Juni 2005 geschlossen. Der Kaufpreis betrug xx.xxx.xxx USD (= xx.xxx.xxx,xx €) und wurde im Anschluss an die Übergabe des Schiffes am 15. Juli 2005 gezahlt.
7
Mit Schreiben vom 13. Juli 2005 teilte die A.. gegenüber den Treugebern/Gesellschaftern der Klägerin mit, dass die Schiffsgesellschaft – gemeint ist die Klägerin – nach der Begleichung bestehender Verbindlichkeiten und sogenannter nachlaufender Kosten liquidiert werde. Während der Liquidation würden die Anleger im Verhältnis ihrer Kommanditanteile Abschlagszahlungen auf den Verkaufserlös erhalten; die Endabrechnung zum Verkauf des Schiffes erfolge, so ergänzte die A.. im Schreiben vom 1. August 2005, nach weiterem Fortschritt der Liquidation. Im Übrigen freue man sich, dass bereits in der 32. Kalenderwoche eine Abschlagszahlung auf den Verkaufserlös in Höhe von 185 % des Kommanditanteils ausgezahlt werden könne. Diesbezügliche Einschränkungen oder Vorbehalte ergaben sich aus dem Schreiben, auf das wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird (Bl. 117 FGA), nicht.
8
In der Folgezeit kamen insgesamt drei Abschlagszahlungen auf den Verkaufserlös zur Anweisung, eine erste – wie angekündigt – am 5. August 2005 i.H.v. xx.xxx.xxx € (= 185 % des Kommanditkapitals), die zweite am 24. März 2006 i.H.v. x.xxx.xxx € (= 20 % des Kommanditkapitals) und eine dritte am 10. August 2006 i.H.v. xxx.xxx,xx € (= 6,5 % des Kommanditkapitals).
9
Auf der Grundlage dieser Ausschüttungen i.H.v. insgesamt xx.xxx.xxx,xx € rechnete die A.. am 26. Juni und 25. Juli 2007 unter Verweis auf § 14 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages der Klägerin – gemeint ist offenbar § 14 Abs. 2 der Regelung – für ihren zusätzlichen Verwaltungsaufwand 464.982,75 € netto (= 2 % der Gesamtausschüttung) zzgl. Umsatzsteuer ab.
10
§ 14 des Gesellschaftsvertrages, auf den wegen des weiteren Regelungsinhalts Bezug genommen wird (Blatt 106 ff. FGA), trägt die Überschrift „Kostenersatz für die A.. […]“ und hat folgenden Wortlaut:
11
„1. Die A.. mbH übernimmt für die Gesellschaft Verwaltungsaufgaben. Hierfür erhält sie eine jährliche Vergütung in Höhe von DM xx.xxx,–.
12
Mit dieser Vergütung sind auch solche Aufwendungen abgegolten, die die A.. mbH für die Betreuung ihrer Treugeber aufzuwenden hat. Hiervon ausgenommen sind evtl. Rechts- und Verfahrenskosten, soweit diese im Interesse der Gesellschaft anfallen.
13
2. Außerdem erhält die A.. mbH von Ausschüttungen an die von ihr vertretenen Treugeber/Kommanditisten von mehr als 20 % p.a. des Kommanditkapitals 0,5 % des zur Ausschüttung gelangenden Betrages für die zusätzlichen Verwaltungsaufgaben, wobei die verbleibenden netto-Ausschüttung 20 % p.a. nicht unterschreiten darf. Vom auf die Treugeber/verwaltete Kommanditisten entfallenden Veräußerungs-/Liquidationserlös erhält sie 2 % vorab zur Abdeckung ihres Verwaltungsaufwandes.“
14
Nach dem Verkauf des Seeschiffes erstreckte sich die Geschäftstätigkeit der in Liquidation befindlichen und noch über Aktivvermögen verfügenden Klägerin überwiegend auf den Einzug von Forderungen sowie die Tilgung von Verbindlichkeiten.
15
In § 20 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages heißt es dazu unter der Überschrift „Liquidation“:
16
„2. Die Liquidatorin hat das Schiff bestmöglich zu verwerten, sämtliche Forderungen der Gesellschaft einzuziehen und den Verwertungserlös nach Begleichung der Verbindlichkeiten der Gesellschaft an die Gesellschafter im Verhältnis ihrer festen Kapitalanlagen zu verteilen.“
17
Im Juli 2013 wurde die Auflösung der Klägerin im Handelsregister eingetragen. Eine Löschung im Handelsregister ist bislang nicht erfolgt.
18
Die Klägerin ermittelte ihren Gewinn für das Wirtschaftsjahr 2005 nach Maßgabe des § 5a EStG (sog. Tonnagebesteuerung) unter Einbeziehung der sich aus der Veräußerung des Schiffes ergebenden, hier nicht im Streit stehenden steuerlichen Auswirkungen. In ihrer Feststellungserklärung für 2005 vom 5. Dezember 2006 erklärte sie u.a. einen Gewinn nach § 5a EStG i.H.v. x.xxx.xxx,xx €. Hinsichtlich der auf die A.. entfallenden Sonderbetriebseinnahme blieb es – wie in den Vorjahren – bei der Angabe der regulären „Gebühr“ (= xx.xxx,xx €) abzüglich anteiliger (9,45 %) Sonderbetriebsausgaben.
19
Die Bilanz der Klägerin zum 31. Dezember 2005 weist sonstige Rückstellungen in Höhe von xxx.xxx,xx € aus, wovon 1.000 € auf den Posten „Kosten Liquidation“ entfallen.
20
Der Beklagte stellte die Besteuerungsgrundlagen für 2005 zunächst – soweit hier von Belang – antragsgemäß fest, zuletzt durch Bescheid vom 14. Mai 2008. Die Festsetzung erfolgte unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
21
Für das Jahr 2006 ging die Klägerin zur Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich (§§ 4, 5 EStG) über, brachte die an die A.. gezahlte Liquidationsvergütung i.H.v. xxx.xxx,xx € als sonstigen betrieblichen Aufwand in Ansatz und erklärte in der Feststellungserklärung für 2006 vom 20. Juni 2008 nach Vornahme steuerlicher Korrekturen („Ergebnisse, die noch unter § 5a EStG fallen“) einen Verlust i.H.v. -xxx.xxx,xx €. Im Zuge dieser „Korrekturrechnung“ wurde die Liquidationsvergütung mit 0,00 € angesetzt. Dazu heißt es in der Anlage 1 zur Feststellungserklärung 2006 (Blatt 8 Rubrik 2006 Feststellungsakte):
22
„Die A.. erhält 2 % des auf die Kommanditisten entfallenden Liquidationserlöses. Dieser steht erst nach Abwicklung fest und ist daher steuerlich erst nach dem Zeitpunkt der Beendigung der Tonnageermittlung anzusetzen.“
23
Auf der Ebene der A.. erfasste die Klägerin neben der jährlichen Treuhandgebühr die im Jahr 2007 abgerechnete und beglichene Liquidationsvergütung i.H.v. xxx.xxx,xx € im Jahr 2006 gewinnwirksam als Sonderbetriebsvermögen unter Berücksichtigung anteiliger (13,76 %) Sonderbetriebsausgaben.
24
Auch für das Streitjahr 2007 ermittelte die Klägerin den Gewinn nach allgemeinen Grundsätzen und wies in der Feststellungserklärung für 2007 vom 4. März 2009 laufende Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.H.v. x.xxx,xx € aus.
25
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Jahresabschlüsse der Klägerin (BP-Bilanzakte) zum 31. Dezember 2005 vom 24. Februar 2006, zum 31. Dezember 2006 vom 29. Juni 2007 und zum 31. Dezember 2007 vom 29. Dezember 2008 sowie deren Feststellungserklärungen (Feststellungsakte) Bezug genommen.
26
Bis Oktober 2009 fand bei der Klägerin eine – im April 2008 begonnene – Betriebsprüfung bezüglich der Steuerjahre 2002 bis 2006 statt. Neben nicht mehr im Streit befindlichen Feststellungen vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die im Jahr 2007 an die A.. gezahlte Liquidationsgebühr nicht wie von der Klägerin erklärt im Jahr 2006, sondern nach Abzug anteiliger Sonderbetriebsausgaben (14,55 % der Sonderbetriebseinnahmen) im Jahr 2005 als Sonderbetriebseinnahme zu erfassen sei. Darüber hinaus habe die Gewinnermittlung gemäß § 5a Abs. 3 EStG auch im Jahr 2006 nach den Grundsätzen der Tonnagebesteuerung (§ 5a Abs. 1 EStG) zu erfolgen. Auf Tz. 13 und 15 des Prüfberichts vom 30. Oktober 2009 (Blatt 291 ff. BP-Arbeitsakte) wird verwiesen.
27
Der Beklagte folgte dieser Ansicht und erließ auf der Grundlage der Prüfungsergebnisse am 19. November 2009 für das Steuerjahr 2005 einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Feststellungsbescheid. Für die Steuerjahre 2006 und 2007 ergingen am 19. November 2009 (für 2006) und am 10. Dezember 2009 (für 2007) erstmalige Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen, wobei der Beklagte auch für das Jahr 2007 von der Fortgeltung der Gewinnermittlung nach § 5a Abs. 1 EStG ausging. Der Bescheid für 2007 erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und wurde auf Antrag der Klägerin aus hier nicht relevanten Gründen unter Aufrechterhaltung des Vorbehalts durch Bescheid vom 30. August 2010 geändert.
28
Mit den erhobenen Einsprüchen vom 27. November 2009 (bzgl. 2005 und 2006) und 13. Januar 2010 (bzgl. 2007) macht die Klägerin geltend, die Gesellschaft habe ihr einziges Schiff im Jahr 2005 verkauft, sodass ein Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr nicht mehr vorliege und damit für die Steuerjahre 2006 und 2007 die Voraussetzungen für die Gewinnermittlung nach § 5a EStG entfallen seien.
29
Nach Anhörung des Betriebsprüfers nahm der Beklagte mit Schreiben vom 14. Juli 2010 zu den Einsprüchen Stellung. Erstrecke sich die Liquidation einer Gesellschaft – wie im Streitfall – auf mehrere Veranlagungszeiträume, sei die Gewinnermittlung nach herrschender Meinung auch für die Folgezeiträume (hier 2006 und 2007) nach § 5a EStG vorzunehmen. Nach den zutreffenden Feststellungen der Betriebsprüfung seien ohnehin wesentliche Teile der für 2006 geltend gemachten Aufwendungen, nämlich die an die A.. gezahlte Liquidationsgebühr und eine an eine weitere Kommanditistin erbrachte Kostenerstattung, dem Jahr 2005 zuzuordnen. Für das Jahr 2007 fehle es bislang an einer Einspruchsbegründung.
30
Die Klägerin hielt mit Schreiben vom 2. September 2010 an ihren Einsprüchen und ihrer Auffassung fest. Die Voraussetzungen für die Gewinnermittlung gemäß § 5a EStG seien mit dem Verkauf des einzigen Schiffes am 15. Juli 2005 (Übergabe an den Käufer) endgültig entfallen, sodass die Klägerin ab Beginn des Wirtschaftsjahres des Wegfalls der Voraussetzungen zwingend an die herkömmliche Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG und § 5 EStG gebunden sei. Dies ergebe sich sowohl aus der vom Beklagten in Bezug genommenen Kommentarliteratur als auch aus dem nach Auffassung der Klägerin eindeutigen Gesetzeswortlaut und auch aus Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -BFH- zum sog. Erstjahr nach § 5a Abs. 3 EStG a.F. Darin habe der BFH den Grundsatz aufgestellt, dass zur Tonnagebesteuerung nur optieren könne, wer in seinem Gewerbebetrieb eine Tonnage führe, d.h. tatsächlich ein Schiff einsetze. Wer hingegen noch über kein Schiff verfüge, führe in seinem Betrieb weder eine Tonnage, auch keine von Null, noch habe er Betriebstage. Nichts Anderes könne, so meint die Klägerin, für das Ende der Tonnagegewinnermittlung gelten. Eine Gewinnermittlung nach der Tonnage sei nur solange möglich, wie der Steuerpflichtige ein Handelsschiff betreibe.
31
Lediglich nachträgliche, mit dem ursprünglichen Betrieb des Schiffes im Zusammenhang stehende Betriebseinnahmen und -ausgaben seien noch der Tonnagebesteuerung zu unterwerfen. Dem habe die Klägerin im Rahmen der Erklärung zur gesonderten und einheitliche Feststellung für das Jahr 2006 Rechnung getragen, nämlich das handelsrechtliche Jahresergebnis für 2006 (-xxx.xxx,xx €) um periodenfremde Aufwendungen (xx.xxx,xx €) und Umsatzsteuernachzahlungen (x.xxx,xx €) erhöht sowie um nachlaufende Erstattungen von Schiffsbetriebskosten (xx.xxx,xx €) sowie sonstige Erstattungen (x.xxx,xx €) reduziert. Dies führe zu dem erklärten steuerlichen Verlust für 2006 i.H.v. xxx.xxx,xx €.
32
Fehl gehe auch die Auffassung des Betriebsprüfers, die Liquidationsgebühr sei als Sonderbetriebseinnahme im Jahr 2005 zu erfassen. Die Regelung im Gesellschaftsvertrag (§ 14 Abs. 2) knüpfe nicht an den Verkaufserlös an, sondern an die – erst im August 2006 abgeschlossene – (Gesamt-)Ausschüttung an die Kommanditisten.
33
Weder die Liquidation der Gesellschaft noch die im Anschluss daran angefallene Liquidationsgebühr stünden mit dem Betrieb des (veräußerten) Seeschiffes in einem rechtlichen Zusammenhang. Vielmehr seien der Verkauf des Schiffes und die anschließende Liquidation der Gesellschaft strikt voneinander zu trennen, was sich bereits aus der entsprechend differenzierenden Regelung in § 10 Abs. 9 des Gesellschaftsvertrages der Klägerin ergebe. Danach bedürfe nach 9.1 die Veräußerung des Schiffes und nach 9.4 die Auflösung der Gesellschaft jeweils eines Beschlusses mit einer 75%igen Mehrheit aller abgegebenen Stimmen. Statt der Liquidation der Gesellschaft wäre es auch denkbar gewesen, dass die Gesellschafter den Veräußerungsgewinn für Investitionen in neue Geschäftsfelder genutzt hätten. Für eine solche wirtschaftliche Anschlussbetätigung sei die Gewinnermittlung unzweifelhaft nicht nach den Grundsätzen der Tonnagebesteuerung durchzuführen gewesen.
34
Der Beklagte folgte der Argumentation der Klägerin nicht und wies die Einsprüche der Klägerin durch Bescheid vom 18. Juli 2014 als unbegründet zurück. Die Klägerin habe die Liquidationsgebühr nach handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung (GoB), namentlich nach dem Vorsichts- und dem Höchstwertprinzip, im Jahr 2005 ausweisen müssen, da die Verbindlichkeit gemäß § 14 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages mit der Veräußerung des Schiffs entstanden sei. Anhand der im August 2005 vorgenommenen höchsten Abschlagszahlung an die Kommanditisten i.H.v. 185 % des Kommanditkapitals sei zumindest der niedrigste Wert der Forderung erkennbar und anzusetzen gewesen. Gründe für größere Reduzierungen der Verbindlichkeit hätten nicht vorgelegen und seien nach Aktenlage später auch nicht eingetreten. Dass die genaue Höhe des Vergütungsanspruchs der A.. gegebenenfalls erst im Laufe der Liquidationsphase endgültig festgestanden habe und sich die Verbindlichkeit durch die im Jahr 2005 anzuwendende Tonnagebesteuerung bei der Klägerin steuerlich nicht auswirke, ändere an der Anwendung der GoB und der sich daraus ergebenden Verpflichtung zur vollständigen Erfassung der Liquidationsgebühr im Jahr 2005 nichts.
35
Da die Liquidation der Klägerin im Streitfall einheitlich mit der Veräußerung auf der eigens dafür einberufenen außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom 11. April 2005 beschlossen worden sei, stehe die Liquidation zudem im unmittelbaren Zusammenhang mit der Veräußerung, die nach § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG kraft Gesetzes (noch) zum Betrieb eines Schiffes und damit in den Anwendungsbereich der Besteuerung nach § 5a EStG gehöre. Für die Liquidationsgebühr gelte deshalb im Ergebnis nichts Anderes als für sonstige nachträgliche Betriebseinnahmen und -ausgaben, die ebenfalls mit dem nach § 5a Abs. 1 EStG pauschal ermittelten Gewinn abgegolten seien, wenn mit der Liquidation bereits während der Geltung der Tonnagebesteuerung begonnen worden sei.
36
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihre bereits im Verwaltungsverfahren dargelegte Rechtsauffassung und hebt nochmals hervor, dass es sich bei der Liquidationsgebühr nicht um „Effekte“ handele, die in der Zeit des Betriebs des Handelsschiffes verursacht worden seien. Solcherlei nachträgliche Betriebsausgaben und -einnahmen habe die Klägerin im Rechtssinn der Beklagten behandelt. Streitig seien hier stattdessen nachlaufende Kosten, die mit der Liquidation einhergingen und deshalb mangels Zusammenhangs zum Schiffsbetrieb unter die herkömmliche Gewinnermittlung fielen.
37
Soweit es die Entstehung der Liquidationsgebühr betreffe, vertrat die Klägerin zunächst die Auffassung, dass die Regelung in § 14 Abs. 2 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages der ergänzenden Auslegung bedurft habe, da eine ausdrückliche Bestimmung des Entstehungszeitpunktes fehle. Die Gebühr knüpfe an den Veräußerungserlös/Liquidationserlös und nicht an den Verkaufspreis des Schiffes an. Vom Erlös als Bemessungsgrundlage erhalte die A.. 2 %. Dies bedeute, dass zunächst die Bemessungsgrundlage habe feststehen müssen, bevor die Liquidationsgebühr überhaupt habe entstehen können. Der Liquidationserlös als Rechengröße habe jedoch erst im Jahr 2006 festgestanden; zuvor seien lediglich Abschlagszahlungen an die Kommanditisten geleistet worden. Es entspreche deshalb dem (mutmaßlichen) Willen der Vertragsbeteiligten, die Liquidationsgebühr mit dem erstmaligen Feststehen der Bemessungsgrundlage, d.h. erst im Jahr 2006 entstehen zu lassen. Auch die wirtschaftliche Verursachung knüpfe an den Veräußerungserlös an, sodass rechtliche und wirtschaftliche Verursachung nicht voneinander abwichen. Eine Bilanzierung der Liquidationsgebühr als Verbindlichkeit schon im Jahr 2005 scheide daher aus.
38
An dieser Auffassung hielt die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 21. November 2017 nicht mehr fest, sondern meint nunmehr ebenso wie der Beklagte, dass für die Liquidationsgebühr im Jahr 2005 eine Rückstellung zu bilden gewesen sei. Der Höhe nach habe sich diese allerdings, so die Auffassung der Klägerin, an den Ausschüttungen vom 5. August 2005 i.H.v. xx.xxx.xxx € (= 185 % des Kommanditkapitals) und vom 24. März 2006 i.H.v. x.xxx.xxx € (= 20 % des Kommanditkapitals) zu orientieren, betrage mithin xxx.xxx,xx € (= xx.xxx.xxx € x 2%). Der auf die dritte Abschlagszahlung vom 10. August 2006 i.H.v. xxx.xxx,xx € (= 6,5 % des Kommanditkapitals) entfallende Teil der Liquidationsgebühr i.H.v. xx.xxx,xx € (= 714.512,50 € x 2%) entfalle hingegen auf das Jahr 2006.
39
Soweit die Klägerin hierneben mit der Klage ursprünglich auch die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2005 und auf den 31. Dezember 2006 angefochten hat, hat der Senat das Verfahren durch Beschluss vom 2. März 2015 abgetrennt (15 K 34/15; Blatt 134 FGA) und wegen eines dem Bundesverfassungsgericht (Az. 2 BvL 19/14) vorliegenden Normenkontrollverfahrens zu § 10a Satz 2 Gewerbesteuergesetz -GewStG 2002- das Ruhen des Verfahrens angeordnet.
40
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
41
1. den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2005 vom 19. November 2009 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb und die Sonderbetriebseinnahmen der Klägerin und der Beigeladenen jeweils um xx.xxx,xx € herabgesetzt werden;
42
2. die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2006 vom 19. November 2009 und für das Jahr 2007 vom 30. August 2010 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb und Sonderbetriebseinnahmen der Klägerin und der Beigeladenen jeweils erklärungsgemäß festgestellt werden.
43
Der Beklagte beantragt,
44
die Klage abzuweisen.
45
Der Beklagte nimmt auf seine Ausführungen im Einspruchsbescheid vom 18. Juli 2014 Bezug. Aus den den Beginn der Tonnagebesteuerung betreffenden Grundsätzen könne nicht auf deren Beendigung geschlossen werden, da dem die Regelung in § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG entgegenstehe. Die Liquidationsgebühr entstehe, sobald deren vertragliche Voraussetzungen erfüllt seien. Darauf, ob die Vertragsparteien in § 14 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages einen genauen Entstehungszeitpunkt geregelt haben, komme es nicht an.
46
Der Berichterstatter hat die A.. nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 11. Oktober 2017 beigeladen. Auf die dortigen Gründe wird verwiesen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

47
Die zulässige Klage ist unbegründet.
48
I. Die Klägerin war und ist gem. § 48 Abs. 1 Nr. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO klagebefugt.
49
Nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO sind zur Vertretung einer Personengesellschaft berufene Geschäftsführer befugt, Klage gegen einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Einkünften zu erheben. Die Vorschrift ist dahin zu verstehen, dass die Personengesellschaft als Prozessstandschafterin für ihre Gesellschafter und ihrerseits vertreten durch ihre Geschäftsführer Klage gegen den Feststellungsbescheid erheben kann. Befindet sich eine Personengesellschaft im Stadium der Liquidation, bleibt sie klagebefugt, wird aber nun durch ihre Liquidatoren vertreten. Liquidatoren einer Kommanditgesellschaft sind nach §§ 146 Abs. 1, § 161 Abs. 2 Handelsgesetzbuch -HGB- grundsätzlich alle Gesellschafter gemeinschaftlich, es sei denn, durch Gesellschaftsvertrag oder Gesellschafterbeschluss wäre – wie im Streitfall – etwas Anderes bestimmt (BFH-Beschlüsse vom 24. März 2011 IV B 115/09, BFH/NV 2011, 1167; vom 12. April 2007 IV B 69/05, BFH/NV 2007, 1923).
50
Ihr Klagerecht verliert die Gesellschaft erst mit ihrer handelsrechtlichen Vollbeendigung, da sie mit Abschluss der Liquidation und nach vollständiger Abwicklung des Gesamthandsvermögens als selbständige Organisation erlischt (BFH-Urteil vom 16. Mai 2013 IV R 21/10, BFH/NV 2013, 1586; BFH-Beschluss vom 27. Januar 2006 VIII B 90/05, BFH/NV 2006, 966; Beermann/Gosch/v.Beckerath, AO/FGO, § 48 FGO Anm. 187).
51
Eine Vollbeendigung der Klägerin war im Streitfall noch nicht eingetreten. Nach unwidersprochen gebliebenem Vortrag verfügt die Klägerin nach wie vor über gemeinschaftliches, zur Verteilung anstehendes und damit einer vollständigen Abwicklung entgegenstehendes Aktivvermögen (vgl. BFH-Beschluss vom 17. Juli 2012 IV B 55/11, BFH/NV 2012, 1817; Palandt/Sprau, BGB, 76. Aufl., Vorb v §§ 723-735 Rn. 2). Die Gesellschaft ist ausweislich des Handelsregisters zudem noch nicht gelöscht, was als weiteres Indiz gegen die Vollbeendigung gewertet werden kann (vgl. Tipke/Kruse/Brandis, AO/FGO, § 48 FGO Rn. 15).
52
II. Die Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Feststellungsbescheide des Beklagten für die Jahre 2005 und 2006 vom 19. November 2009 und für 2007 vom 30. August 2010, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. Juli 2014, sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
53
1. Der Beklagte hat die von der Klägerin nach § 14 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages gegenüber der A.. geschuldete und im Juni bzw. Juli 2007 i.H.v. xxx.xxx,xx € beglichene Liquidationsgebühr zutreffend im Geschäftsjahr 2005 erfasst.
54
a) Die Klägerin war auf der Grundlage der bis zum Bilanzstichtag vorhandenen Erkenntnisse als ordentlicher Kaufmann nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung -GoB- auf der Ebene der Gesamthand verpflichtet, für die im Jahr 2005 noch nicht abschließend bezifferbare, mithin ungewisse Verbindlichkeit gegenüber der A.. eine Rückstellung zu bilden.
55
Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB sind in der Handelsbilanz u.a. Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Die daraus folgende Passivierungspflicht gehört zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung und gilt gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG auch für die Steuerbilanz (ständige Rechtsprechung des BFH, z.B. Urteil vom 5. April 2017 X R 30/15, BStBl. II 2017, 900, m.w.N.). Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist das Bestehen einer nur ihrer Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde nach, deren Höhe zudem ungewiss sein kann. Es muss sich um eine rechtliche oder faktische Leistungsverpflichtung gegenüber einem Dritten im Sinne einer Außenverpflichtung handeln (BFH-Urteil vom 5. November 2014 VIII R 13/12, BStBl. II 2015, 523). Der Steuerpflichtige muss ernsthaft mit der Inanspruchnahme rechnen, und die Geltendmachung der Verpflichtung muss nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag wahrscheinlich sein (ständige Rechtsprechung, z.B. Urteil vom 8. September 2011 IV R 5/09, BStBl. II 2012, 122). Schließlich muss die ungewisse Verbindlichkeit im abgelaufenen Wirtschaftsjahr wirtschaftlich verursacht sein, was – wie auch die übrigen Voraussetzungen – im Einzelfall auf der Grundlage objektiver, am Bilanzstichtag vorliegender Tatsachen aus der Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns zu beurteilen ist (BFH-Urteil vom 5. April 2017 a.a.O.).
56
b) Nach diesen Grundsätzen war im Gewinnermittlungszeitraum 2005 wegen der sich aus § 14 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages ergebenden Zahlungsverpflichtung der Klägerin gegenüber der A.. eine Rückstellung zu bilden.
57
aa) Dieser rechtlichen Bewertung hat sich die Klägerin zwischenzeitlich dem Grunde nach angeschlossen, meint jedoch, bei der Bemessung der Rückstellung der Höhe nach sei lediglich auf die im August 2005 und März 2006 erfolgten Abschlagszahlungen i.H.v. zusammen xx.xxx.xxx € abzustellen. Die (nachträglich) in Ansatz zu bringende Rückstellung betrage danach xxx.xxx,xx € (= xx.xxx.xxx € x 2%). Hinsichtlich des darüber hinausgehenden Teilbetrages von xx.xxx,xx € solle es nach Auffassung der Klägerin bei der bilanziellen und steuerlichen Erfassung im Jahr 2006 verbleiben.
58
bb) Entgegen der Auffassung der Klägerin war für die Liquidationsgebühr im Jahr 2005 eine Rückstellung mindestens i.H. des später durch die A.. abgerechneten Gesamtbetrages von xxx.xxx,xx € netto zu bilden.
59
(1) Rückstellungen sind – soweit sich wie im Streitfall aus § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG keine Sonderregelung ergibt – grundsätzlich mit dem Betrag auszuweisen, der bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag wahrscheinlich zur Erfüllung notwendig ist (§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB i.V.m. § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB; zur grundsätzlichen Fortgeltung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes vgl. BFH-Urteil vom 11. Oktober 2012 I R 66/11, BStBl. II 2013, 676).
60
Die Passivierung einer Rückstellung mit dem nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Betrag bringt zum Ausdruck, dass der Kaufmann willkürfrei zu bewerten hat, d.h. den vernünftigerweise zur Bestimmung der Vollkosten bestehenden Schätzrahmen weder überschreiten noch – unter Verletzung des Vorsichtsprinzips sowie des Gebots eines vollständigen Schuldenausweises (§ 252 Abs. 1 Nr. 4, § 246 Abs. 1 Satz 1 HGB) – unterschreiten darf (BFH a.a.O.).
61
(2) Nach diesen Grundsätzen war die Klägerin verpflichtet, die unstreitig zu bildende Rückstellung für die Zahlungsverpflichtung gegenüber der A.. in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrages, hier mindestens in Höhe des vollen Rechnungsbetrages anzusetzen. Der Anspruch der A.. auf Zahlung der Liquidationsgebühr und die spiegelbildlich zu passivierende Zahlungsverpflichtung der Klägerin ist rechtlich im Wirtschaftsjahr 2005 entstanden und wirtschaftlich vollumfänglich in diesem Wirtschaftsjahr verursacht. Auf den Zeitpunkt der Abschlagszahlungen kommt es insoweit nicht an.
62
(a) § 14 Abs. 2 Satz 1 des Gesellschaftsvertrages legt zwischen den Vertragsbeteiligten verbindlich fest, dass der A.. zur Abdeckung ihres Verwaltungsaufwandes ein Kostenersatzanspruch zustehen soll, sobald es – anders ist die Regelung in Satz 2 nicht zu verstehen – zur Veräußerung der Gesellschaftsanteile oder zur Liquidation der Klägerin kommt.
63
Über diesen Entstehungsgrund haben die Gesellschafter der Klägerin bereits am 11. April 2005 entschieden, indem sie auf der außerordentlichen Treugeber- und Gesellschafterversammlung mehrheitlich den Beschluss gefasst haben, das einzige Schiff der Gesellschaft zu verkaufen und die Klägerin sogleich zu liquidieren. Dass die Gesellschafter eine Fortsetzung der Klägerin auch nur erwogen hätten, geht weder aus dem Einladungsschreiben oder dem darin enthaltenen Beschlussvorschlag noch aus dem Versammlungsprotokoll vom 6. Juni 2005 hervor. Stattdessen wird unter TOP 3 – Verschiedenes – auf Nachfrage nochmals eingehender auf den Verlauf der Abwicklung der Beteiligungsgesellschaft nach dem Verkauf des Schiffes eingegangen und dabei u.a. herausgestellt, dass die Anleger mit dem Fortschreiten der noch ca. ein bis zwei Jahre in Anspruch nehmenden Liquidation mit Abschlagszahlungen auf den Verkaufserlös rechnen könnten.
64
Angesichts dieser Umstände sah sich die Klägerin bereits im Jahr 2005 ernsthaft dem Kostenersatzanspruch der A.. ausgesetzt, denn mit der vollständigen Kaufpreiszahlung im Juli 2005, spätestens aber mit der ersten Abschlagszahlung vom 5. August 2005 i.H.v. xx.xxx.xxx € stand aus Sicht der Klägerin fest, dass ihre Abwicklung zu einem verteilungsfähigen Liquidationserlös führen wird. An diese Bezugsgröße knüpft nicht nur der Ersatzanspruch der A.. an, sondern auch der gesellschaftsvertragliche Anspruch der Kommanditisten auf ein Auseinandersetzungs- bzw. Verteilungsguthaben (§ 20 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages). Schon aus dem Wortlaut der vertraglichen Regelung folgt nach Auffassung des Senats somit zwingend, dass die A.. an jeder erlösbezogenen Ausschüttung der Gesellschaft an die Treugeber der A.. i.H.v. 2 % partizipieren wird, gleich in welcher Höhe die Ausschüttung anfällt und gleich, ob es sich dabei um eine Einmalzahlung handelt oder um Abschläge. Auf einen von der Klägerin zunächst für wesentlich erachteten (außerhalb der Urkunde verorteten) Willen der Vertragsparteien kommt es insoweit nicht an, zumal die diesbezüglichen Ausführungen der Klägerin ohnehin eher auf die Fälligkeit der Liquidationsgebühr denn auf deren rechtliche Entstehung abzielen.
65
(b) Der rechtlichen Entstehung des Ersatzanspruchs der A.. steht deshalb auch nicht entgegen, dass es im Jahr 2006 zu zwei weiteren, mit insgesamt ~x,x Mio € deutlich geringeren Abschlagszahlungen gekommen ist. Daraus ergibt sich allenfalls, dass die Höhe der betrieblichen Verbindlichkeit gegenüber der A.. zum Bilanzstichtag am 31. Dezember 2005 noch nicht endgültig feststand, d.h. ungewiss war. Dies ist indes Wesensmerkmal einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten.
66
(c) Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich der Abschlagszahlungen geltend gemacht hat, die Ausschüttungen seien jeweils unter dem Vorbehalt späterer Rückforderung erfolgt, findet dies in den vorgelegten Unterlagen, namentlich im Protokoll über die außerordentliche Gesellschafterversammlung vom 11. April 2005, in der Verlaufsmitteilung der A.. vom 13. Juli 2005 und v.a. in der Auszahlungsankündigung der A.. vom 1. August 2005 gegenüber den Gesellschaften keine Stütze. Diese Schriftstücke lassen keinerlei Bedingungen oder sonstige Einschränkungen erkennen. Ob ein derartiger Vorbehalt – falls er eindeutig erfolgt wäre – eine abweichende handels- und/oder (bilanz)steuerrechtliche Wertung eröffnet hätte, bedarf deshalb keiner Entscheidung.
67
(d) Der Kostenersatzanspruch der A.. bzw. deren Liquidationsgebühr knüpft nach alldem bei wertender Betrachtung nicht an eine zukünftige Entwicklung an, sondern aus Sicht des Bilanzstichtages an eine vergangenheitsbezogene. Die Liquidationsgebühr ist derart eng mit dem betrieblichen Geschehen des Jahres 2005 verknüpft, dass es geboten ist, sie (auch) wirtschaftlich als Belastung, d.h. als Aufwand dieses Wirtschaftsjahres zu behandeln (vgl. BFH-Urteil vom 17. Oktober 2013 IV R 7/11, BStBl. II 2014, 302). Die wirtschaftlich wesentlichen Tatbestandsmerkmale waren bereits im Jahr 2005 erfüllt (vgl. dazu BFH-Urteil vom 25. Januar 2017 I R 70/15, BStBl. II 2017, 750, m.w.N.).
68
(e) Mit Blick darauf kann der Senat offenlassen, in welchem Verhältnis die rechtliche Entstehung einerseits und die wirtschaftliche Verursachung andererseits stehen, namentlich, ob das Erfordernis der wirtschaftlichen Verursachung auch für am Bilanzstichtag bereits rechtlich entstandene Verbindlichkeiten gilt (vgl. zum Streitstand BFH-Urteile vom 17. Oktober 2013 a.a.O.; vom 8. September 2011 a.a.O.; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 36. Aufl., § 5 Rn. 384, jew. m.w.N.). Im Streitfall liegen sowohl die Entstehung als auch die Verursachung im Jahr 2005.
69
cc) Der Beklagte hat den von der Klägerin im Jahr 2005 fehlerhaft unterlassenen Bilanzansatz zutreffend zum Bilanzstichtag 31. Dezember 2005 nachgeholt, denn das Finanzamt hat einen Bilanzierungsfehler des Steuerpflichtigen grundsätzlich bei der Steuerfestsetzung oder Gewinnfeststellung für den Veranlagungszeitraum zu berichtigen, in dem der Fehler erstmals aufgetreten ist und steuerliche Auswirkungen hat (BFH-Beschluss vom 31. Januar 2013 GrS 1/10, BStBl. II 2013, 317). Zwar kann nur der Steuerpflichtige selbst die Bilanz nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG berichtigen (BFH-Urteile vom 13. Juni 2006 I R 84/05, BStBl. II 2007, 94; vom 4. November 1999 IV R 70/98, BStBl. II 2000, 129). Indes ist die Abweichung von der Gewinnermittlung des Steuerpflichtigen im Rahmen der Steuerfestsetzung keine Bilanzberichtigung, sondern eine eigenständige Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen durch das Finanzamt, der § 4 Abs. 2 EStG nicht entgegensteht (BFH-Beschluss vom 31. Januar 2013 a.a.O.).
70
dd) Der von dem Beklagten im Zuge der berichtigten Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen gewählte Ansatz für die zu passivierende Sondervergütung/Liquidationsgebühr ist der Höhe nach zwar unter Berücksichtigung der Nachberechnung der A.. vom 25. Juli 2007 und der sich aus der nachträglichen Erfassung der Sondervergütung im Jahr 2005 ergebenden Änderung der quotalen Sonderbetriebsausgaben zu niedrig.
71
Denn der Beklagte ist in dem angefochtenen Feststellungsbescheid vom 19. November 2009 irrtümlich nicht von dem auf die Gesamtausschüttung entfallenden Betrag (= xxx.xxx,xx €) ausgegangen, sondern hat nur den der Rechnung der A.. vom 26. Juni 2007 entnommenen (um xxx,xx € zu niedrigen) Betrag (= xxx.xxx,xx €) zugrunde gelegt. Hiervon hat der Beklagte – nicht im Streit stehende – Sonderbetriebsausgaben i.H.v. 14,55 % der Sonderbetriebseinnahmen (= xx.xxx,xx €) abgezogen, dabei aber übersehen, dass die Erfassung höherer Sondervergütungen bei der A.. zu einer Änderung des Aufteilungsmaßstabes zwischen Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben geführt hat. Auf die „Ermittlung des Aufteilungsmaßstabes“ (Blatt 150 f. BP-Arbeitsakte) wird verwiesen. Die Erhöhung der Sondervergütungen der A.. im Jahr 2005 hätte – dem vorgenannten Berechnungsmodus folgend – zu einer niedrigeren Ausgaben-Quote führen müssen.
72
Durch diese jeweils zugunsten der Klägerin wirkenden, nämlich zu einer zu niedrigen Feststellung führenden Annahmen des Beklagten ist die Klägerin indes nicht beschwert.
73
c) Dass der Beklagte die der A.. zustehende Liquidationsgebühr auf deren (Mitunternehmer-)Ebene in Höhe der passivierten Zahlungsverpflichtung der Klägerin in Ansatz gebracht hat, zeigt ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Klägerin auf.
74
Die in der Steuerbilanz der Klägerin zu passivierende Zahlungsverpflichtung gegenüber der A.. stellt – was zwischen den Beteiligten nicht im Streit ist – eine Sondervergütung i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG dar. Für diese war in der Sonderbilanz der A.. ein betragsgleicher, den Aufwand in der Steuerbilanz der Gesellschaft neutralisierender Ertrag zu erfassen. Denn wegen der für den Bereich der Sondervergütungen gebotenen Gleichstellung des Mitunternehmers mit dem Einzelunternehmer (vgl. zur sog. Gleichstellungsthese nur BFH-Urteil vom 2. Dezember 1997 VIII R 15/96, BStBl. II 2008, 174) wird der Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft bei – wie hier – Sondervergütungen einer Personengesellschaft an einen ihrer Gesellschafter in der Weise ermittelt, dass eine in der Steuerbilanz der Gesellschaft passivierte Verbindlichkeit zur Zahlung der Sondervergütung durch einen gleich hohen Aktivposten in der Sonderbilanz des begünstigten Gesellschafters ausgeglichen wird (Grundsatz korrespondierender Bilanzierung; BFH-Urteile vom 28. September 2016 II R 64/14, BStBl. II 2017, 104; vom 17. April 2013 II R 12/11, BStBl. II 2013, 740; vom 28. März 2000 VIII R 13/99, BStBl. II 2000, 612; vom 2. Dezember 1997 a.a.O., jew. m.w.N.).
75
Der (vollständigen) Aktivierung der Sondervergütung in der Sonderbilanz steht nicht entgegen, dass die A.. ihren Kostenersatzanspruch erst durch die Rechnungseinziehung im Jahr 2007 geltend gemacht, mithin realisiert hat. Das Realisations- ebenso wie das Imparitätsprinzip gelten insoweit zwischen Mitunternehmerschaft und Mitunternehmer nicht (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23. September 2014 3 K 1685/12, EFG 2015, 21; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. November 1995 6 K 192/91, EFG 1996, 369). Die A.. muss sich die im Geschäftsjahr 2005 verursachte bzw. entstandene Verbindlichkeit der Klägerin deshalb korrespondierend im Jahr 2005 als bezogen zurechnen lassen.
76
2. Der Beklagte ist in den angefochtenen Feststellungsbescheiden für die Jahre 2006 und 2007 zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin ihren Gewinn auch in diesen Streitjahren nach § 5a EStG ermitteln muss.
77
a) Gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 EStG ist anstelle der Ermittlung des Gewinns nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG bei einem Gewerbebetrieb mit Geschäftsleitung im Inland der Gewinn, soweit er auf den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr entfällt, auf unwiderruflichen Antrag des Steuerpflichtigen nach der in seinem Betrieb geführten Tonnage zu ermitteln, wenn die Bereederung dieser Handelsschiffe im Inland durchgeführt wird. Wählt der Steuerpflichtige die Gewinnermittlung nach der Tonnage, ist er an diese Entscheidung zehn Jahre gebunden, § 5a Abs. 3 Satz 7 EStG.
78
Die Klägerin hat durch entsprechenden Antrag im Jahr 1999 zur Tonnagebesteuerung nach § 5a EStG optiert. Die 10jährige Bindungsfrist war in den hier streitgegenständlichen Jahren noch nicht abgelaufen.
79
b) An der Bindungswirkung hat sich durch den Verkauf des einzigen Seeschiffes der Klägerin im Juni 2005 nichts geändert.
80
Der Klägerin ist zwar im Ausgangspunkt darin zuzustimmen, dass die Bindung an die Tonnagebesteuerung entfällt, wenn deren sachliche Voraussetzungen nicht mehr vorliegen (Schmidt/Seeger, EStG, 36. Aufl., § 5a Rn. 21). Ob dies der Fall ist, bestimmt sich jedoch – was die Klägerin verkennt – nicht allein danach, ob die Klägerin noch über ein im internationalen Verkehr betriebenes Handelsschiff verfügt oder nicht.
81
aa) Nach § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG gehören zum Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr auch die unmittelbar mit ihrem Einsatz oder ihrer Vercharterung zusammenhängenden Neben- und Hilfsgeschäfte einschließlich der Veräußerung. Durch diese Einbeziehung werden aus Vereinfachungsgründen auch Einkünfte aus solchen Geschäften in die Tonnagebesteuerung einbezogen, die für sich gesehen nicht zu den an sich begünstigten Gewinnen aus der Beförderung etc. gehören (BFH-Urteil vom 13. April 2017 IV R 14/14, BFH/NV 2017, 1109).
82
Hilfsgeschäfte sind solche Geschäfte, die der Geschäftsbetrieb üblicherweise mit sich bringt und die die Aufnahme, Fortführung und Abwicklung der Haupttätigkeit ermöglichen. Während Nebengeschäfte regelmäßig bei Gelegenheit des Hauptgeschäftes, also zeitlich neben diesem vorkommen, ist es für Hilfsgeschäfte, die in einer funktionalen Beziehung zum Hauptgeschäft stehen, typisch, dass sie dem Hauptgeschäft zeitlich vor- (BFH-Urteile vom 13. April 2017 a.a.O.; vom 24. November 1983 IV R 74/80, BStBl. II 1984, 155, zu § 34c Abs. 4 EStG a.F.) oder nachgehen können (BFH-Urteil vom 26. September 2013 IV R 46/10, BStBl. II 2014, 253; FG Hamburg, Urteil vom 22. Juni 2017 2 K 134/14, EFG 2017, 1503).
83
Maßgebend für die rechtliche Einordnung als Hilfsgeschäft i.S.d. § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG ist danach nicht dessen zeitliche Nähe zum Hauptgeschäft, d.h. zum Betrieb des Handelsschiffes, sondern ausschließlich die Frage, ob das in Rede stehende Geschäft mit dem (früheren) Einsatz oder der Vercharterung eines Handelsschiffes in einem besonderen, engen Zusammenhang steht (BFH-Urteil vom 13. April 2017 a.a.O.).
84
bb) Nach diesen Grundsätzen kann der Senat offenlassen, ob die zugleich mit der Veräußerung des Handelsschiffes „MS“ beschlossene Liquidation der Klägerin als (funktionaler) Teil der Veräußerung/Betriebsaufgabe oder als (eigenständiges) Hilfsgeschäft i.S.d. § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG anzusehen ist. In dem einen wie in dem anderen Fall liegt aufgrund der konkreten Einzelfallumstände ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Abwicklung des Geschäftsbetriebs der Klägerin und dem ehemaligen Schiffsbetrieb vor, sodass die sachlichen Voraussetzungen der Tonnagebesteuerung für die hier gegenständlichen Streitjahre 2006 und 2007 fortbestehen.
85
(1) Ein unmittelbarer Zusammenhang ist dann gegeben, wenn ein – hinsichtlich der Veranlassung direkter – wirtschaftlicher Zusammenhang mit künftigen, gegenwärtigen oder – wie im Streitfall – früheren Beförderungsleistungen besteht (Blümich/Hofmeister, EStG, § 5a Rn. 46).
86
(a) Die Klägerin betrieb bis zur Veräußerung des einzigen Seeschiffes ein Handelsschiff im internationalen Verkehr. Hierin bestand nach § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages der alleinige Unternehmensgegenstand der Klägerin (sog. Einschiffsgesellschaft). Durch den Verkauf hat sich daran in wirtschaftlicher Hinsicht nichts geändert. Vielmehr erweist sich die dem Verkauf nachfolgende Liquidation und erweisen sich die damit im Zusammenhang stehenden Abwicklungstätigkeiten der Klägerin unter den gegebenen Umständen (dazu sogleich) als Fortsetzung der ursprünglichen Betätigung. Die werbende Gesellschaft wurde durch den Gesellschafterbeschluss zwar zur Liquidationsgesellschaft, sodass deren (geänderter) Gesellschaftszweck fortan in der Abwicklung bestand und besteht. Trotz dieses geänderten Zwecks blieb die Klägerin gesellschafts- und steuerrechtlich in ihrer bisherigen Identität erhalten (vgl. Baumbach/Hopt, HGB, 37. Aufl., § 145 Rn. 4). Es ist kein weiterer/anderer Geschäftsbetrieb hinzugetreten; abgewickelt wird bei wirtschaftlicher Betrachtung einzig der „bisherige“ Geschäftsbetrieb, d.h. der Schiffsbetrieb (vgl. BFH-Urteil vom 3. April 2014 IV R 12/10, BStBl. II 2014, 1000).
87
Nichts anderes ergibt sich aus § 20 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages, wonach die Liquidatorin das Schiff – wie hier bereits geschehen – zu verwerten, hiernach sämtliche Forderungen einzuziehen und den Verwertungserlös nach Begleichung der Verbindlichkeiten an die Gesellschafter auszukehren hat. Diesem gesellschaftsvertraglichen Auftrag kommt die Klägerin bis heute nach.
88
(b) Dem engen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den seit Juli 2005 aufgenommenen Abwicklungstätigkeiten der Klägerin und der Beendigung des Schiffsbetriebs steht nicht entgegen, dass die Klägerin den Veräußerungserlös (nach entsprechendem Gesellschafterbeschluss) ggf. anderweitig, etwa für Investitionen in neue Geschäftsfelder, hätte verwenden können. Indem die Klägerin hierauf verweist, zeigt sie ersichtlich keine konkreten Überlegungen, sondern lediglich theoretische Möglichkeiten auf. Tatsächlich hat sich die Klägerin nach dem Gesellschafterbeschluss über den Verkauf des Schiffes keinem neuen Geschäftsfeld, d.h. keiner neuen werbenden, auf anderweitige Einkünfteerzielung gerichteten und deshalb u.U. eine Zäsur bewirkenden Tätigkeit zugewandt. Vielmehr stand schon zum Zeitpunkt der außerordentlichen Treugeber- und Gesellschafterversammlung vom 11. April 2005 fest, dass der Verkauf des Schiffes die Liquidation der Klägerin nach sich ziehen wird. Entsprechend führt nicht nur die Einladung zur Gesellschafterversammlung im Betreff u.a. aus „Beschlussfassung über den eventuellen Verkauf und die Liquidation der Schiffsgesellschaft“, sondern heißt es auch in dem darin enthaltenen, auf der Gesellschafterversammlung mehrheitlich angenommenen Beschlussentwurf, dass die Gesellschaft mit dem Verkauf in Liquidation trete. Dass anderweitige Betätigungen der Klägerin erörtert worden wären, lässt sich weder dem Protokoll der Gesellschafterversammlung entnehmen noch ist dies sonst vorgetragen oder ersichtlich.
89
(2) Jedenfalls dann, wenn es sich – wie bei der Klägerin – um eine Einschiffsgesellschaft handelt und der (eingestellte) Schiffsbetrieb der alleinige Gegenstand des Unternehmens war, vermag der Senat danach Unterschiede zwischen der Veräußerung des Schiffes als letztem Akt des originären Betriebseinsatzes und der sich unmittelbar anschließenden Abwicklungstätigkeit nicht zu erkennen. Vielmehr stellt sich die Abwicklung (Liquidation) bei wirtschaftlicher Betrachtung zumindest in diesen Fällen lediglich als fortgesetzte Betätigung der (ursprünglichen) Schiffsbetriebsgesellschaft dar.
90
Dass die Liquidation als gesellschaftsrechtlicher Auseinandersetzungsprozess hierneben auch die (formale) Gesellschafts- und Gesellschafterebene betrifft, worauf die Klägerin abstellt, löst diesen funktionalen Zusammenhang nicht auf.
91
cc) Für die Einbeziehung der im Jahr 2005 begonnenen und in den Streitjahren 2006 und 2007 fortdauernden Liquidation in den zeitlichen Anwendungsbereich der Tonnagebesteuerung spricht ferner der Zweck des Gesetzes.
92
Wie dargelegt beabsichtigte der Gesetzgeber durch die Aufnahme von Hilfs- und Nebengeschäften in den Anwendungsbereich des § 5a EStG eine Vereinfachung. Sich sonst ggf. als notwendig erweisende Zu- und Abrechnungen zur Ermittlung der steuerbegünstigten Schifffahrtseinkünfte sollten vermieden werden (BFH-Urteil vom 13. April 2017 a.a.O. m.w.N.). Dieser Zwecksetzung wirkt es jedoch entgegen, wenn die Klägerin in ihren Feststellungserklärungen für das Jahr 2006 und 2007 für ein und denselben Geschäfts- bzw. Schiffsbetrieb ein Nebeneinander von Tonnagebesteuerung einerseits und Gewinnermittlung nach allgemeinen Grundsätzen andererseits praktiziert und es deshalb zur Ermittlung der steuerbegünstigten Schifffahrtseinkünfte eigener „Korrekturrechnungen“ bedarf.
93
dd) Darüber hinaus stellt § 5a EStG eine regelmäßig erheblich steuerentlastend wirkende Subventionsvorschrift dar, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen nicht annähernd wirklichkeitsgerecht widerspiegelt (BFH-Urteil vom 13. April 2017 a.a.O., m.w.N.). Im Gegenzug zu dieser pauschalierten, der Standortsicherung dienenden Gewinnermittlung verlangt das Gesetz nicht nur eine langfristige und der Disposition des Steuerpflichtigen entzogene Bindung an die Tonnagebesteuerung, sondern stellt durch die Einbeziehung der Veräußerung zudem klar, dass auch die Beendigung des Schiffseinsatzes von der Abgeltungswirkung des § 5a Abs. 1 EStG erfasst sein soll (vgl. BFH-Urteil vom 26. September 2013 a.a.O.). Dass der Gesetzgeber die mit der Beendigung des Schiffseinsatzes – wie die hier gewählte Vorgehensweise zeigt – regelmäßig zusammenfallende Liquidation der Schiffsgesellschaft vom Anwendungsbereich des § 5a EStG ausklammern, d.h. den Auflösungsprozess in mehrere Abschnitte zerlegen und unterschiedlichen Regelungsregimen zuweisen wollte, ergibt sich daraus gerade nicht.
94
ee) Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 16. Januar 2014 (IV R 15/13, BStBl. II 2014, 774) kein abweichender, dem vorgenannten Ergebnis entgegenstehender Grundsatz dahin, eine Gewinnermittlung nach § 5a Abs. 1 EStG sei nur solange möglich, wie der Steuerpflichtige über ein Schiff verfüge.
95
Der vom BFH entschiedene Fall hatte das sog. Erstjahr i.S.d. § 5a Abs. 3 Satz 1 EStG a.F. zum Gegenstand und ist schon deshalb nicht auf den hier zu entscheidenden Fall des „Letztjahres“ anwendbar. Der IV. Senat hat insoweit zwar ausgeführt, dass ein Steuerpflichtiger, der noch über kein Schiff verfüge, in seinem Betrieb weder eine Tonnage, auch keine Tonnage von Null, führe noch Betriebstage habe, auch nicht in einem Umfang von Null Tagen. Diese Ausführungen beziehen sich jedoch, worauf der BFH ausdrücklich hinweist, nur auf den Betriebsbegriff des § 5a Abs. 2 Satz 1 EStG a.F., auf den § 5a Abs. 3 EStG a.F. durch die Anknüpfung an die „Einkünfte aus dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr“ – so der BFH – allein Bezug nehme. Die nach § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG zum Betrieb eines Handelsschiffes gehörenden Hilfsgeschäfte seien hingegen nicht gemeint, weswegen sie für die Betrachtung des BFH unberücksichtigt blieben.
96
Abweichend hierzu wird der Streitfall gerade durch die Einbeziehung der Hilfsgeschäfte in den Betriebsbegriff gekennzeichnet und geprägt. Daran, dass solche schon durch den Wortlaut des § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG ausdrücklich in die Abgeltungswirkung des § 5a Abs. 1 EStG einbezogenen Hilfsgeschäfte auch ohne vorhandene Tonnage gegeben sein können, hat die vorgenannte Rechtsprechung jedoch nichts geändert (vgl. BFH-Urteil vom 13. April 2017 IV R 49/15, BFH/NV 2017, 1129 zu vor Indienststellung des Schiffes angefallenen Gewinnen).
97
c) Die Abgeltungswirkung des § 5a Abs. 1 EStG hat danach zur Folge, dass in Fällen wie dem vorliegenden jegliche aus der Abwicklung des aus einem Seeschiff bestehenden Schiffsbetriebs resultierenden Gewinne und Verluste auf der Gesamthandsebene von der pauschalen Gewinnermittlung erfasst und damit abgegolten sind.
98
3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 135 Abs. 1, 139 Abs. 4 FGO. Es entspricht der Billigkeit, etwaige Kosten der Beigeladenen nicht dem unterlegenen Beteiligten aufzuerlegen, da die Beigeladene weder einen eigenen Sachantrag gestellt noch das Verfahren in anderer Weise wesentlich gefördert hat (Gräber/Stapperfend, FGO, 8. Aufl., § 139 Rn. 160, m.w.N.).
99
Die Zulassung der Revision (§ 115 Abs. 1 und 2 Nr. 1 FGO) erfolgt zur Klärung der grundsätzlich bedeutenden Frage, ob die im Anschluss an die Veräußerung eines Seeschiffes begonnene, über Jahre andauernde Liquidation einer Einschiffsgesellschaft als Teil der Veräußerung bzw. als Hilfsgeschäft i.S.d. § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG anzusehen ist.

Anforderungen an eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG für Fahrschulen

Niedersächsisches Finanzgericht 11. Senat, Urteil vom 19.04.2018, 11 K 262/17, ECLI:DE:FGNI:2018:0419.11K262.17.00

§ 4 Nr 21 Buchst a Buchst bb UStG

TATBESTAND

1
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob Leistungen des Klägers, der als Unternehmer eine Fahrschule betreibt, nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb Umsatzsteuergesetz (UStG) in den Streitjahren 2011 bis 2016 umsatzsteuerbefreit sind.
2
Der Kläger betrieb in den Streitjahren als Einzelunternehmer eine Fahrschule in D. Die Besteuerung erfolgte nach vereinnahmten Entgelten. In seinen Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2011 bis 2015 erfasste er seine Entgelte aus seiner Fahrschullehrertätigkeit als Umsätze zum allgemeinen Steuersatz. Die Erklärungen wurden vom Beklagten der Umsatzsteuerfestsetzung zugrunde gelegt.
3
In der Zeit von November 2016 bis April 2017 führte der Beklagte beim Kläger eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung durch, die sich auf die steuerlichen Verhältnisse in den Streitjahren erstreckte. Dabei traf der Sonderprüfer folgende Feststellungen:
4
1. Der Kläger hatte in den Streitjahren nach den Feststellungen des Sonderprüfers Lehrgänge zur Ausbildung für die Fahrerlaubnis der Klassen C, CE, D, DE, D1, D1E, T und L sowie Lehrgänge zum Erwerb der Grundqualifikation nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 des Berufskraftfahrer-Qualifikationsgesetzes (BKrFQG), zum Erwerb der beschleunigten Grundqualifikation nach § 4 Abs. 2 BKrFQG sowie für die nach § 5 BKrFQG erforderlichen Weiterbildungen durchgeführt. Die Entgelte hatte er der Umsatzsteuer zum allgemeinen Steuersatz unterworfen. Nach Auffassung des Sonderprüfers war dagegen die Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG einschlägig. Eine Optionsmöglichkeit nach § 9 Abs. 1 UStG bestehe nicht. Die erklärten Umsätze zum allgemeinen Steuersatz seien deshalb zu stornieren.
5
2. Die in den Steuererklärungen ausgewiesenen unentgeltlichen Wertabgaben nach § 3 Abs. 9 a UStG seien ebenso wie die bislang geltend gemachten Vorsteuerbeträge rückgängig zu machen, wobei wegen der in geringem Maße auch unstreitig steuerpflichtigen Umsätze aus Vermietungen und Anlagenverkäufen eine Aufteilung am Maßstab der Umsätze erfolge.
6
3. Da der Kläger gegenüber seinen Auftraggebern allerdings Rechnungen mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer erteilt habe, schulde er diese nach § 14 c Abs. 1 UStG bis zu einer erfolgten Rechnungsberichtigung.
7
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bericht des Beklagten vom xxx 2017 über die Umsatzsteuer-Sonderprüfung zur StNr. xxx; AD-Nr. xxx hingewiesen.
8
Der Beklagte folgte der Auffassung des Sonderprüfers und erließ am xxx 2017 für die Jahre 2011 bis 2015 entsprechende Umsatzsteuerbescheide, mit denen auch der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben wurde. Da für 2016 noch keine Umsatzsteuererklärung vorlag, erließ der Beklagte am selben Tag einen Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für Dezember 2016, in dem die Änderungen für das gesamte Jahr zusammengefasst berücksichtigt wurden.
9
Gegen sämtliche Bescheide erhob der Kläger am xxx 2017 Einspruch. Die angefochtenen Bescheide seien aus folgenden Gründen rechtswidrig und aufzuheben:
10
– Dem Erlass der Bescheide stehe der Grundsatz von Treu und Glauben entgegen. Der Beklagte habe in einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung für die Jahre 2008 bis 2010 die Auffassung vertreten, die fraglichen Umsätze unterlägen der Umsatzbesteuerung.
11
– Die fraglichen Leistungen des Klägers dienten nicht unmittelbar dem Schul- oder Bildungszweck. Auftraggeber seien keinesfalls die Auszubildenden gewesen, sondern im Regelfall deren Arbeitgeber. Man könne insoweit nur von einem mittelbaren Zusammenhang zwischen den Lehrveranstaltungen und dem verfolgten Bildungszweck ausgehen.
12
– Eine Anwendung des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG scheitere letztlich auch daran, dass entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung die Fahrschulerlaubnis und die staatliche Anerkennung als Ausbildungsstätte nach dem BKrFQG keinesfalls den inhaltlichen Vorgaben der Befreiungsvorschrift. genügten.
13
Der Rechtsbehelf blieb erfolglos. Im Einspruchsbescheid vom xxx 2017 führte der Beklagte zur Begründung aus, der Kläger könne sich im Hinblick auf die nunmehr als unzutreffend erkannte Rechtsansicht des Beklagten in der vorangegangenen Umsatzsteuer-Sonderprüfung nicht berufen. Ohne eine verbindliche Zusage nach § 294 Abgabenordnung (AO) begründe nach dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung eine bloße Nichtbeanstandung keinen Vertrauenstatbestand für die Zukunft. Die Fahrschulerlaubnis und die amtliche Anerkennung einer Ausbildungsstätte stellten nach Abschn. 4.21.2. Abs. 6 Satz 6 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses 2016/17 (UStAE) taugliche Bescheinigungen dar; mit welcher Zielsetzung diese Dokumente ausgestellt worden seien, sei unerheblich. Schließlich spreche gegen den unmittelbaren Bildungszweck auch nicht der Umstand, dass sich der Kläger zivilrechtlich gegenüber den Arbeitgebern der Kursteilnehmer zur Leistungserbringung verpflichtet habe (Abschn. 4.21.4. Abs. 1 Satz 3 UStAE).
14
Mit seiner Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Ergänzend weist er zu seiner Einspruchsbegründung auf Folgendes hin:
15
– Die Fahrschulerlaubnisurkunde und die Erlaubnisurkunde zur Durchführung von Qualifikationsmaßnahmen nach dem Berufsfahrer- Qualifikationsgesetz seien inhaltlich keinesfalls Bescheinigungen i. S. d. § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG, sie enthielten vielmehr Erlaubnisse aus ordnungsrechtlichen bzw. gewerberechtlichen Gründen.
16
– Die Kurse hätten auch zumindest zu einem nicht unerheblichen Teil nur mittelbar einem Schul- und Bildungszweck gedient, weil die Arbeitgeber die Leistungen nur deshalb in Anspruch genommen hätten, um ihre Arbeitnehmer entsprechend einsetzen zu können. Diese Differenzierung sei insbesondere bei den Leistungen zu beachten, die nicht unmittelbar Ausbildungs- bzw. Weiterbildungsleistungen nach dem BKrFQG seien, z. B. in den Bereichen der qualifizierten Logistik I, der Tourenplanung für Führungskräfte, der Fahrerbegleitung, des wirtschaftlichen Fahrens, des Fuhrparkmanagements, der Lenk- und Ruhezeiten, der DAKO-Software und anderer Bereiche. Insoweit habe es sich um Beratungsleistungen in Schulungsform gehandelt; der Kläger habe aufgrund seines beruflichen Werdegangs auch die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen erworben.
17
– Der Beklagte habe in Fortführung seiner damaligen Rechtsansicht in weiteren Schreiben an den Kläger signalisiert, die Fahrschulerlaubnis und die Anerkennung nicht als ausreichende Bescheinigungen anerkennen zu wollen. In diesem Zusammenhang sei auf die Auskunft des Beklagten vom xxx 2013 hinzuweisen, die die vorherrschende einheitliche Meinung dort wiedergebe. Zudem habe das Bundesministerium der Finanzen mit Schreiben vom 21. November 2013 IV D 3 – S 7179/07/10012 ausgeführt, dass es nicht beanstandet werden solle, wenn ein Steuerpflichtiger vor dem 1. Januar 2014 erbrachte Leistungen als steuerpflichtig behandelt habe. Auch diese Verwaltungsvorschrift habe der Beklagte nicht beachtet.
18
Am xxx 2017 ist beim Beklagten eine Umsatzsteuererklärung für 2016 eingegangen, die der Beklagte der Steuerfestsetzung zugrunde gelegt hat. Der Erklärung hat der Kläger die Rechtsauffassung des Beklagten zur Steuerfreiheit der Umsätze zugrunde gelegt.
19
Der Kläger beantragt,
20
die Umsatzsteuerbescheide 2011 bis 2015 vom xxx 2017 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom xxx 2017 aufzuheben;
21
die Umsatzsteuererklärung 2016 vom xxx 2017 zu ändern und die Umsatzsteuer 2016 auf xxx € herabzusetzen.
22
Der Beklagte beantragt,
23
die Klage abzuweisen.
24
Er hält an seiner im Einspruchsbescheid geäußerten Rechtsansicht fest.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

25
Die Klage ist begründet.
26
Die Umsatzsteuerbescheide 2011 bis 2015 vom xxx 2017 und der Einspruchsbescheid vom xxx 2017 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Sie sind aufzuheben, weil die Änderungen der ursprünglichen Steuererklärungen nach den Ergebnissen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung keinen Bestand haben können. Eine Steuerbefreiung der vom Kläger getätigten Umsätze nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG ist nicht gegeben. Aus diesem Grunde ist auch die durch die Umsatzsteuererklärung erfolgte Festsetzung der Umsatzsteuer für 2016 zu ändern, die getätigten Umsätze einschließlich der unentgeltlichen Wertabgaben als steuerpflichtig zu behandeln und die Vorsteuer abzuziehen.
27
Die Leistungen des Klägers sind nicht nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG steuerbefreit. Diese Vorschrift erfasst die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegenden Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Die Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde ist dabei materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung der in der oben genannten Norm bezeichneten Umsätze (Bundesfinanzhof – BFH -, Urteile vom 17. April 2008 V R 58/05, BFH/NV 2008, 1418; FG Köln, Urteil vom 27. Juni 2012 15 K 1581/09, EFG 2012, 2319 = Juris Rdnr. 27). Aus der Bescheinigung muss sich inhaltlich ergeben, dass die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen, für die die Steuerfreiheit gelten soll, auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegenden Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet. Es reicht demgegenüber z. B. nicht aus, wenn in der Bescheinigung ausgeführt wird, dass berufliche Bildungsmaßnahmen ordnungsgemäß durchgeführt werden (BFH, Urteile vom 17. April 2008 V R 58/05, BFH/NV 2008, 1418 = Juris Rdnr. 36; vom 20. März 2014 V R 3/13, BFH/NV 2014, 1175 = Juris Rdnr. 21; FG Köln, Urteil vom 27. Juni 2012 15 K 1581/09, EFG 2012, 2319 = Juris Rdnr. 28).
28
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann der Senat zunächst offenlassen, in welchem Umfang der Kläger die unstreitig von ihm als Beratungsleistungen in Schulungsform erbrachten Umsätze getätigt hat. Für diese Umsätze ist eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG – ungeachtet des Problems des unmittelbaren Schul- oder Bildungszwecks – schon wegen der gänzlich fehlenden Bescheinigung einer Landesbehörde ausgeschlossen.
29
Aber auch soweit der Kläger Lehrgänge zur Ausbildung für die verschiedenen Fahrerlaubnisse oder zum Erwerb der Qualifikationen nach dem BKrFQG erbracht hat, ist eine Steuerbefreiung nach dieser Vorschrift ausgeschlossen, weil die vom Beklagten als Bescheinigungen akzeptierte Fahrschulerlaubnisurkunde und die Urkunde zur Durchführung von Qualifikationsmaßnahmen nicht den Anforderungen genügt. Zum einen wird mit den Erlaubnisurkunden keinesfalls bescheinigt, dass die entsprechenden Lehrgänge auf einen Beruf oder auf eine vor einer juristischen Person des Öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereiten. Nach § 17 Abs. 1 des Fahrlehrergesetzes enthält die Fahrschulerlaubnis nur die Berechtigung, als selbständiger Fahrlehrer Fahrschüler auszubilden oder durch angestellte Fahrlehrer ausbilden zu lassen. Mit dieser Fahrschulerlaubnis ist nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 BKrFG auch die Anerkennung zur Durchführung von Qualifikationsmaßnahmen verbunden. Zum zweiten sind für die Erteilung der Fahrschulerlaubnis die Landkreise und kreisfreien Städte nach § 8 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung über Zuständigkeiten im Bereich Verkehr zuständig, während nach dem Erlass des Niedersächsischen Finanzministeriums vom 6. November 2006 S 7177-40-32/S 7179-96-32 (Nds. MBl. 2006, 1384) das Niedersächsische Kultusministerium für die Erteilung der Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG sachlich zuständig ist (vgl. zur Zuständigkeit auch Oberfinanzdirektion Niedersachsen, Verfügung vom 13. Februar 2012 S 7179-17-St 182 (USt-kartei Niedersachsen § 4 Nr. 21 a) bb) UStG S 7179 Karte 2). Die vom Beklagten herangezogenen Unterlagen als Bescheinigungen sind deshalb untauglich (so ausdrücklich FG München, Urteil vom 22. März 1972, 66/70, EFG 1972, 361, rkr.).
30
Da der Kläger für sich die Steuerpflichtigkeit der getätigten Umsätze begehrt, konnte der Senat auch nicht die Voraussetzungen eventuell einschlägigen Rechts der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie prüfen.
31
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Nebenentscheidungen folgen aus § 151 Abs. 1 und 3 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO) und hinsichtlich der Erklärung zur Hinzuziehung eines Bevollmächtigten auf § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.
32
Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen, weil mit der Entscheidung von den Regelungen in Abschn. 4.21.2. UStAE abgewichen wird und der BFH die Frage der Anerkennung von Fahrschulerlaubnissen als Bescheinigungen nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG ausdrücklich offengelassen hat (BFH, EuGH-Vorlage vom 16. März 2017 V R 38/16, BStBl. II 2017, 1017 = Juris Rdnr. 25).

Gleichmäßige Verteilung einer einmaligen Zuzahlung des Arbeitnehmers zu den Anschaffungskosten eines zur Privatnutzung überlassenen betrieblichen Kfz auf die zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbarte Nutzungsdauer des Kfz

Niedersächsisches Finanzgericht 9. Senat, Urteil vom 16.04.2018, 9 K 162/17, ECLI:DE:FGNI:2018:0416.9K162.17.00

§ 6 Abs 1 Nr 4 S 2 EStG, § 8 Abs 2 S 2 EStG

TATBESTAND

1
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des geldwerten Vorteils aus der privaten Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs und damit einhergehend streitig, ob der Kläger in den Streitjahren geringfügig beschäftigt war und aufgrund der durch den Arbeitgeber bislang erfolgten Pauschalversteuerung des Arbeitslohns Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers in der Einkommensteuerveranlagung nicht erfasst werden dürfen. Des Weiteren begehrt der Kläger mit seiner Klage die Anerkennung weiterer außergewöhnlicher Belastungen unter Berücksichtigung der neuesten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 19. Januar 2017 VI R 75/14, BFHE 256, 339, BStBl II 2017, 684.
2
Der Kläger ist Rentner. In seiner Einkommensteuererklärung 2013 erklärte er neben gewerblichen Beteiligungseinkünften, Einkünften aus Kapitalvermögen, Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auch sonstige Einkünfte aus Leibrenten sowie anderen wiederkehrenden Leistungen.
3
Ferner machte er außergewöhnliche Belastungen für Fahrten wegen seines volljährigen behinderten Sohnes in Höhe von 3.000 € (10.000 km x 0,30 €) geltend.
4
Daneben erzielte der Kläger Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Diesen Einkünften lag eine Anstellung bei einer GmbH zu Grunde. Dort war der Kläger geringfügig beschäftigt. Die Lohnversteuerung erfolgte durch die GmbH pauschal nach § 40a Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) mit einem Pauschsteuersatz in Höhe von 2% des Arbeitsentgelts. Geschäftsführer der GmbH ist ein weiterer Sohn des Klägers. Seitens der GmbH wurde der monatliche Arbeitslohn des Klägers wie folgt ermittelt:
5
Gehalt 75 €
geldwerter Vorteil PKW Nutzung 374 €
(574 € abzgl. vom Kläger gezahlter Zuschuss 200 €)
__________________________________________ ______
Bruttoverdienst: 449 €
6
Der privaten PKW Nutzung lag ein am 5. Mai 2010 zwischen der GmbH und dem Kläger geschlossener Kraftfahrzeugüberlassungsvertrag als Ergänzung zum bestehenden Arbeitsvertrag zu Grunde. Danach überlässt die GmbH dem Kläger das Fahrzeug der Marke Mercedes-Benz, GLK. Insoweit ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass in dem Kfz-Überlassungsvertrag ein falsches Kennzeichen angegeben worden ist. Bei dem Fahrzeug handelte es sich um einen Vorführwagen, Erstzulassung Dezember 2009, der durch die GmbH im Mai 2010 für 36.848,74 € zzgl. Kosten für eine nachträglich angebaute Anhängerkupplung in Höhe von 882,35 € mithin für insgesamt 37.731,09 € netto angeschafft worden war.
7
In § 2 Ziffer 6 des Kfz-Überlassungsvertrages heißt es:
8
Der Arbeitnehmer leistet für die Anschaffung des Fahrzeugs eine einmalige Zuzahlung in Höhe von 20.000 €, die er auf das Konto des Arbeitgebers überweist. Die Zuzahlung wird für einen Zeitraum von 96 Monaten gezahlt. Sollte das Fahrzeug vorzeitig zurückgegeben, veräußert oder getauscht werden, werden dem Arbeitnehmer für jeden nicht genutzten Monat 1/96stel erstattet.“
9
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Kfz-Überlassungsvertrag (Blatt 15 FG-Akte) verwiesen.
10
Entsprechend hat der Kläger einmalig 20.000 € an die GmbH gezahlt. Diese hat die Einmalzahlung anschaffungskostenmindernd berücksichtigt, sodass sie die Abschreibung für das Fahrzeug von einer um 20.000 € geminderten Bemessungsgrundlage vornahm.
11
Mit Bescheid vom 27. November 2014 veranlagte der Beklagte zunächst erklärungsgemäß zur Einkommensteuer 2013. Aufgrund eines schlichten Antrags auf Änderung des Prozessbevollmächtigten vom 1. Dezember 2014 erließ der Beklagte am 10. Dezember 2014 einen hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der Höhe nach geänderten Einkommensteuerbescheid 2013. Sowohl der ursprüngliche als auch der geänderte Einkommensteuerbescheid 2013 stand nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
12
In der Zeit vom 2. Juni 2016 bis zum 10. Juni 2016 führte der Beklagte bei der GmbH eine Lohnsteueraußenprüfung für den Zeitraum 1. Januar 2013 bis 31. Dezember 2015 durch. Dabei berechnete der zuständige Außenprüfer den geldwerten Vorteil aus der Privatnutzung des dem Kläger überlassenen Firmenfahrzeugs wie folgt:
13
Bruttolistenpreis Mercedes-Benz GLK 350 CDI 4 MATIC: 57.322 €
14
privater Nutzungswert monatlich 1% des Bruttolistenpreises: 573 €
15
Nutzungswert pro Jahr (573 € x 12) = 6.876 €
16
Die Zuzahlung des Klägers zu den Anschaffungskosten des PKW berücksichtigte der Betriebsprüfer dahingehend, dass er den geldwerten Vorteil aus der privaten Nutzungsmöglichkeit des Kraftfahrzeugs minderte. Dabei war er unter Rückgriff auf Richtlinie 8.1 Abs. 9 Nr. 4 Satz 3 der Lohnsteuerrichtlinien (LStR) der Auffassung, dass nach der Anrechnung im Zahlungsjahr verbleibende Zuzahlungen in den darauffolgenden Kalenderjahren auf den Privatnutzungswert für das Kraftfahrzeug angerechnet werden. Auf Basis dessen berücksichtigte der Außenprüfer die Zuzahlung wie folgt:
17
Zuzahlung Arbeitnehmer 20.000 €
abzgl. geldwerter Vorteil 2010: 6.876 €
verbleiben 13.124 €
abzgl. geldwerter Vorteil 2011: 6.876 €
verbleiben 6.248 €
abzgl. geldwerter Vorteil 2012 6.248 €
verbleiben 0 €
18
Entsprechend minderte die Zuzahlung des Klägers den privaten Nutzungswert bis Ende 2012, sodass nach Auffassung des Betriebsprüfers ab dem Kalenderjahr 2013 der geldwerte Vorteil aus der privaten Kfz Nutzung mit jährlich 6.876 € bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit des Klägers zu berücksichtigen sei. Vor diesem Hintergrund errechnete der Betriebsprüfer für die Kalenderjahre beginnend ab 2013 folgende Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit für den Kläger:
19
Gehalt (75 € x 12): 900 €
geldwerter Vorteil Kfz Nutzung 6.876 €
Summe 7.776 €
20
Der Beklagte folgte der Rechtsauffassung des Betriebsprüfers und änderte mit Bescheid vom 19. Juli 2016 den Einkommensteuerbescheid 2013 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO, indem er bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 7.776 € ansetzte und davon den Arbeitnehmerpauschbetrag in Höhe von 1.000 € zum Abzug brachte.
21
Die geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen setzte der Beklagte in Höhe von 1.536 € an, indem er eine zumutbare Eigenbelastung in Höhe von 1.464 € (3% von 48.811 €) berücksichtigte.
22
Dagegen legte der Kläger vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten per E-Mail am 26. Juli 2016 Einspruch ein.
23
Aufgrund der Kfz-Überlassungsvereinbarung zwischen der GmbH und dem Kläger solle die Zuzahlung in Höhe der vom Kläger geleisteten 20.000 € jährlich ratierlich auf die Anschaffungskosten des PKW geleistet werden. Demnach ergebe sich bei einer aufgrund der Kfz-Überlassungsvereinbarung vereinbarten Nutzungsdauer von 96 Monaten (8 Jahren) ein monatlicher Zuzahlungsbetrag in Höhe von 208,33 €. Folglich sei die bislang durch die GmbH vorgenommene Berechnung des Bruttoarbeitslohns des Klägers, bei welcher der monatliche geldwerte Vorteil um 200 € gemindert wurde, korrekt.
24
Da das Fahrzeug im Mai 2010 angeschafft worden sei, dürften für das 1. Jahr der Nutzungsüberlassung lediglich 4.584 € als geldwerter Vorteil angesetzt werden, so das sich für das Kalenderjahr 2013 noch eine Minderung des geldwerten Vorteils in Höhe von 1.664 € ergeben würde.
25
Dazu teilte der Beklagte am 14. November 2016 dem Kläger mit, dass die geleistete Zuzahlung bei Anschaffung des auch für Privatzwecke überlassenen Fahrzeugs nach den Regelungen der Lohnsteuerrichtlinien zu behandeln sei. Nach Richtlinie 8.1 Abs. 9 Nr. 4 Sätze 2 und 3 LStR sei der vom Arbeitnehmer geleistete Zuschuss mit dem geldwerten Vorteil aus der PKW-Überlassung im Jahr der Zahlung zu verrechnen. Übersteigende Zuzahlungsbeträge müssten in den Folgejahren mit den Beträgen der geldwerten Nutzung verrechnet werden bis der Zuzahlungsbetrag aufgebraucht sei. Eine vom Steuerpflichtigen bestimmte ratierliche Verrechnung des Zuschusses mit geldwerten Vorteilen sei hingegen nicht vorgesehen. Für den Veranlagungszeitraum 2013 ergebe sich noch eine Verrechnungssumme in Höhe von 1.664 €, sodass der zu versteuernde geldwerte Vorteil danach 5.212 € betrage und insgesamt ein Arbeitslohn in Höhe von 6.112 € im Veranlagungszeitraum 2013 der Besteuerung zu unterwerfen sei.
26
Dazu teilte der Prozessbevollmächtigte dem Beklagten mit, dass er weiterhin an seiner Rechtsauffassung festhalte und beantragte hilfsweise die Zuzahlungen durch den Kläger zum Werbungskostenabzug zuzulassen. Des Weiteren war der Prozessbevollmächtigte der Auffassung, dass die vom Beklagten zitierte Richtlinie 8.1 Abs. 9 Nr. 4 Sätze 2 und 3 LStR auf den vorliegenden Fall nicht zuträfe, da es hier zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer eine Vereinbarung darüber gebe, wie die Anzahlung der 20.000 € zu berücksichtigen sei. Außerdem gebe es eine Rückzahlungsverpflichtung bei einem vorzeitigen Verkauf des Fahrzeugs. Dazu fügte der Prozessbevollmächtigte eine Kopie des Kfz-Überlassungsvertrages für den Beklagten bei.
27
Ausweislich eines Aktenvermerks des Beklagten vom 24. Februar 2017 hat der Lohnsteueraußenprüfer im Rahmen der Prüfung den Kfz-Überlassungsvertrag nicht in Augenschein genommen. Nach Auffassung des Außenprüfers könne die Vereinbarung jedoch keinen Unterschied machen, weil keine monatlichen Zahlungen geleistet wurden, sondern eine Einmalzahlung (vgl. Bl. 33 Einspruchsheftung).
28
Mit Schreiben vom 1. März 2017 teilte der Beklagte dem Prozessbevollmächtigten daher mit, dass auch die Vorlage des Kfz-Überlassungsvertrages nichts an seiner Rechtsauffassung ändere. Denn auch hier seien keine monatlichen Zahlungen für die Kfz-Überlassung vereinbart worden, sondern eine einmalige Zuzahlung in Höhe von 20.000 €. Dass die Zahlung für einen Zeitraum der Nutzung von 96 Monaten vereinbart wurde, ändere nach Auffassung des Beklagten nichts an der Anwendung der Richtlinie 8.1 Abs. 9 Nr. 4 Sätze 2 und 3 der Lohnsteuerrichtlinien. Vielmehr stelle diese Vereinbarung lediglich eine Rechnungsgröße für eine eventuelle Erstattung der Zuzahlung bei vorzeitiger Rückgabe des Fahrzeugs an den Arbeitgeber dar.
29
Mit Einspruchsbescheid vom 28. März 2017 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2013 von 9.159 € auf 8.588 € herab. Dabei berücksichtigte der Beklagte noch einen Restbetrag des Zuzahlungsbetrages in Höhe von 1.664 € bei der Ermittlung des Nutzungswerts der privaten PKW Nutzung. Im Übrigen wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Gemäß Richtlinie 8.1 Abs. 9 Nr. 4 LStR mindere ein Nutzungsentgelt, welches der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber für die Nutzung des Kraftfahrzeugs zahle, den Nutzungswert. Zuschüsse des Arbeitnehmers zu den Anschaffungskosten könnten im Zahlungsjahr ebenfalls auf den privaten Nutzungswert angerechnet werden. Nach der Anrechnung verbleibende Zuschüsse könnten in den darauffolgenden Kalenderjahren auf den privaten Nutzungswert für das jeweilige Kraftfahrzeug angerechnet werden. Vorliegend habe der Kläger für die Kfz-Überlassung kein Entgelt für die Nutzung des Kraftfahrzeugs, sondern eine einmalige Zuzahlung in Höhe von 20.000 € für die Anschaffung des PKW an den Arbeitgeber gezahlt. Daher sei diese Zahlung nicht auf einen pauschalen monatlichen Betrag beschränkt bei der Ermittlung des privaten Nutzungswerts zu berücksichtigen, sondern in jedem Jahr voll auf den Nutzungswert anzurechnen, bis der Zuzahlungsbetrag verbraucht sei. Daran ändere auch die Vereinbarung eines bestimmten Zeitraums für den die Zuzahlung gezahlt werden solle, nichts, weil diese Regelung nur dazu getroffen wurde, um eventuelle Erstattungsansprüche des Klägers bei vorzeitiger Beendigung der Nutzungsüberlassung zu konkretisieren.
30
Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner am 28. April 2017 bei dem Niedersächsischen Finanzgericht eingegangenen Klage. Er ist der Auffassung, dass die Richtlinie 8.1 Abs. 9 Nr. 4 LStR auf den vorliegenden Fall keine Anwendung finde, da der Kläger mit seinem Arbeitgeber eine Vereinbarung getroffen habe, wonach er monatlich 200 € zum Abzug von dem nach der 1%-Regelung berechneten Betrag angerechnet bekomme. Hilfsweise beziehe sich der Kläger auf das BFH Urteil vom 18. Oktober 2007 Aktenzeichen VI R 59/06, wonach die Zahlungssumme in Höhe von 20.000 € für den Kläger zum Werbungskostenabzug über 8 Jahre verteilt anzusetzen sei. Der Kläger verweist explizit auf Abs. 2 in § 2 Abs. 6 des Kfz-Überlassungsvertrages, wonach die Zuzahlung für einen Zeitraum von 96 Monaten gezahlt werde. Dieser Passus stelle eindeutig klar, dass die Zuzahlung für einen Zeitraum auf die zukünftigen 96 Monate bezogen werden müsse. Satz 3 der Regelung betreffend die Rückzahlungsmodalitäten komme erst dann zur Anwendung, wenn der Fall der vorzeitigen Rückgabe eintrete. Der Kläger und sein Arbeitgeber seien immer davon ausgegangen, dass sich die Zuzahlung auf den Zeitraum von 96 Monaten erstrecke.
31
Ferner sei zu berücksichtigen, dass sich der Kläger für einen höherwertigen PKW unter Zuzahlung von 20.000 € entschieden habe. Hätte er sich seinerzeit für einen PKW mit einem Bruttolistenpreis in Höhe von 30.000 € ohne Zuzahlung entschieden, wäre die 1%-Prozent Regelung klar mit 300 € pro Monat angesetzt worden. Nun habe der Kläger jedoch eine Zuzahlung geleistet und der Vertrag habe diese auf einen Zeitraum von 96 Monaten bezogen. Dadurch habe er die Möglichkeit, bei Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis einen Rückanspruch zu generieren. Hätte er diese Zuzahlung ohne weitere Vereinbarung geleistet, so hätte ihm ein Ersatzanspruch bei Aufgabe des Arbeitsplatzes nicht zugestanden. Allein deshalb mache es nach Auffassung des Klägers Sinn, eine laufzeitabhängige Zuzahlung mit Dauer und eventuellem Rückanspruch zu vereinbaren. Insoweit seien die Vertragsbeteiligten völlig frei in ihrer Vertragsgestaltung. Vor diesem Hintergrund müsse dem Kläger eine Reduzierung der 1%-Prozent Besteuerung zugestanden werden, weil er ansonsten gegenüber demjenigen schlechter behandelt werde, der einen betrieblichen PKW privat nutzt, der einen um die Summe der Zuzahlung günstigeren Bruttolistenpreis ausweist. Insoweit komme es zu einer anderweitigen Besteuerung bei einem vergleichbaren Sachverhalt, was nach Auffassung des Klägers Art. 3 des Grundgesetzes widerspreche. Auch nach dem BMF-Schreiben vom 21. September 2017 (IV C 5-S 2334/11/10004-02) sei Richtlinie 8.1 Abs. 9 Nr. 4 Satz 2 und 3 LStR weiter anzuwenden. Zuzahlungen des Arbeitnehmers zu den Anschaffungskosten eines ihm auch zur privaten Nutzung überlassenen betrieblichen Fahrzeugs könnten danach nicht nur im Zahlungsjahr, sondern auch in den darauffolgenden Kalenderjahren auf den privaten Nutzungswert für das jeweilige Kraftfahrzeug bis auf 0 € angerechnet werden. Wie in diesem BMF-Schreiben zitiert, hätten der Kläger und auch der Arbeitgeber verfahren.
32
Der Kläger beantragt,
33
1. den Einkommensteuerbescheid 2013 vom 19. Juli 2016 in der Fassung des Einspruchsbescheides vom 28. März 2017 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit auf 0 € herabgesetzt werden, für die außergewöhnlichen Belastungen die Staffelmethode entsprechend des Urteils des BFH vom 27. Januar 2017 VI R 75/14 angewendet wird und die Einkommensteuer 2013 entsprechend herabgesetzt wird;
34
2. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
35
Der Beklagte beantragt,
36
die Klage abzuweisen.
37
Er hält weiter an seiner im Einspruchsbescheid geäußerten Rechtsauffassung fest. Ferner weist der Beklagte darauf hin, dass es zum hiesigen Streitpunkt in R 8.1 Abs. 9 Nr. 4 Sätze 1-3 LStR eindeutige Regelungen gäbe, an die der Beklagte gebunden sei. Vorliegend sei auch zu berücksichtigen, dass die Zuzahlung des Klägers nicht in monatlichen Raten, sondern vielmehr in einer Summe an den Arbeitgeber erfolgte. Dies sei genau der Fall, der in R 8.1 Abs. 9 Nr. 4 Satz 2 LStR geregelt sei. Da der Nutzungswert des Klägers im entsprechenden Kalenderjahr unter dem Zuzahlungsbetrag gelegen habe, komme die vorgenannte Richtlinie zur Anwendung, wonach verbleibende Zuschüsse in den folgenden Kalenderjahren auf den privaten Nutzungswert für das jeweilige Fahrzeug angerechnet werden können. Entsprechend habe der Beklagte den Vorgang auch behandelt. Die Regelungen in § 2 Nummer 6 Abs. 2 und 3 des Kfz- Überlassungsvertrages regele nach Auffassung des Beklagten lediglich die Rückzahlungsansprüche des Klägers für den Fall, dass der Arbeitgeber das Fahrzeug vor Ablauf eines bestimmten Nutzungszeitraums zurückverlangen sollte. Für die tatsächliche Zahlung des Zuschusses bei Anschaffung des Kraftfahrzeugs, die in einer Summe und eben nicht in Monatsraten erfolgt sei, hätten die Regelungen des Überlassungsvertrages aber keinerlei Bedeutung. Die von dem Kläger vorgetragene Ungleichbehandlung sei für den Beklagten nicht ersichtlich. Denn wenn einem Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber ein Fahrzeug zu einem um 20.000 € niedrigeren Bruttolistenpreis überlassen werde, werde ihm auch nur dieser PKW zur Nutzung überlassen und bei der 1%-Regelung berücksichtigt. Demnach liege nach Auffassung des Beklagten also ein anderer Sachverhalt zu Grunde (weniger hochwertiges Fahrzeug) und somit könne es auch nicht zu einer Ungleichbehandlung kommen. Im Übrigen seien dem Kläger eine Reduzierung der 1%-Besteuerung auch zugestanden worden, indem die Zuzahlung in den Vorjahren entsprechend der Richtlinie 8.1 Abs. 9 Satz 2 und 3 LStR jeweils voll dem geldwerten Vorteil gegengerechnet worden sei.
38
Wegen der geltend gemachten Berechnung der zumutbaren Eigenbelastung bei den außergewöhnlichen Belastungen sei der Beklagte jedoch bereit, den streitgegenständlichen Einkommensteuerbescheid entsprechend zu ändern.
39
Dem Gericht haben die Steuerakten des Beklagten nebst Einspruchshefte sowie Auszügen aus den Unterlagen der Lohnsteueraußenprüfung bei dem Arbeitgeber des Klägers vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf diese sowie die wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten gemäß § 105 Abs. 3 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) Bezug genommen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

40
Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet.
41
Die Einkommensteuerbescheid 2013 vom 19. Juli 2016 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 28. März 2017 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 FGO.
42
Zu Unrecht hat der Beklagte in dem streitgegenständlichen Bescheid Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit erfasst, obwohl der Kläger in den Streitjahren geringfügig beschäftigt war und sein Arbeitsentgelt mit Abgeltungswirkung durch die GmbH pauschal versteuert werden durfte. Ferner hat der Beklagte bei Berechnung der abziehbaren außergewöhnlichen Belastungen die Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 19. Januar 2017 VI R 75/14, BFHE 256, 339, BStBl II 2017, 684) nicht berücksichtigt.
43
1. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers waren in den Streitjahren nicht in der Einkommensteuerveranlagung zu erfassen.
44
Nach § 40a Abs. 5 EStG in Verbindung mit § 40 Abs. 3 Satz 2 EStG ist pauschal versteuerter Arbeitslohn bei der Veranlagung zur Einkommensteuer außer Ansatz zu lassen, da die Steuer bereits durch den Pauschsteuersatz abgegolten ist.
45
Im Streitjahr hat die GmbH den Arbeitslohn des Klägers zu Recht pauschal nach § 40a Abs. 2 EStG versteuert.
46
Danach kann der Arbeitgeber unter Verzicht auf den Abruf von elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmalen (§ 39e Abs. 4 Satz 2 EStG) oder die Vorlage einer Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug (§ 39 Abs. 3 oder § 39e Abs. 7 oder Abs. 8 EStG) die Lohnsteuer einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuern (einheitliche Pauschsteuer) für das Arbeitsentgelt aus geringfügigen Beschäftigungen im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 1 oder des § 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch, für das er Beiträge nach § 168 Abs. 1 Nr. 1b oder 1c (geringfügig versicherungspflichtig Beschäftigte) oder nach § 172 Abs. 3 oder 3a (versicherungsfrei geringfügig Beschäftigte) des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch zu entrichten hat, mit einem einheitlichen Pauschsteuersatz in Höhe von insgesamt 2 Prozent des Arbeitsentgelts erheben.
47
Der Kläger war im Streitjahr geringfügig beschäftigt.
48
Eine geringfügige Beschäftigung liegt nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch vor, wenn das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 450 € nicht übersteigt.
49
Das monatliche Arbeitsentgelt des Klägers überstieg in 2013 nicht den Betrag von 450 €.
50
Neben dem Bruttogehalt in Höhe von monatlich 75 € ist dem Kläger Arbeitslohn in Form eines geldwerten Vorteils aus der Nutzung des betrieblichen Pkw zur privaten Nutzung zugeflossen.
51
Nach ständiger Rechtsprechung führt die Überlassung eines betrieblichen PKW durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers und damit zum Zufluss von Arbeitslohn i.S. von § 19 EStG (BFH, Urteil vom 30. November 2016 VI R 49/14, BFHE 256, 107, BFH/NV 2017, 516 m.w.N.). Steht der Vorteil dem Grunde nach fest, ist dieser nach § 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG entweder nach der 1 %-Regelung oder nach der Fahrtenbuchmethode zu bewerten. Beide vom Gesetz vorgegebenen Alternativen zur Ermittlung des geldwerten Vorteils aus der privaten Nutzung eines Firmenfahrzeugs regeln einheitlich und abschließend, welche Aufwendungen von dem gefundenen Wertansatz erfasst und in welchem Umfang die dem Steuerpflichtigen hieraus zufließenden Sachbezüge abgegolten werden. Sowohl die 1 %-Regelung (§ 8 Abs. 2 Satz 2 EStG) als auch die Fahrtenbuchmethode (§ 8 Abs. 2 Satz 4 EStG) stellen lediglich unterschiedliche Wege zur Bewertung dieses Vorteils bereit. Als Spezialvorschriften zu § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG sperren sie, soweit ihr Regelungsgehalt reicht, den Rückgriff auf die dort geregelte Bewertung von Sachbezügen im Übrigen (BFH, Urteil vom 30. November 2016 VI R 49/14, BFHE 256, 107, BFH/NV 2017, 516 m. w. N).
52
Nach diesen Grundsätzen ist es zwischen den Beteiligten unstreitig, dass dem Kläger durch die Überlassung des betrieblichen PKW Mercedes GLK zur Privatnutzung dem Grunde nach Arbeitslohn im Sinne des § 19 Abs. 1 EStG zugeflossen ist.
53
Der Arbeitgeber des Klägers hat diesen geldwerten Vorteil vorliegend durch die 1%-Regelung bewertet.
54
Dabei ist allein streitig, wie die durch den Kläger bei Anschaffung des Fahrzeugs erfolgte Zuzahlung zu den Anschaffungskosten des Pkw in Höhe von 20.000 € bei der Bewertung des geldwerten Vorteils zu berücksichtigen ist.
55
Entgegen der Auffassung des Beklagten mindert die erfolgte Zuzahlung zu den Anschaffungskosten des Pkw den geldwerten Vorteil monatlich in Höhe von 20.000€/96 Monate, mithin um 208 €.
56
Der BFH hat bereits mit Urteil vom 18. Oktober 2007 für einen vergleichbaren Fall, in welchem der Arbeitnehmer zu den Anschaffungskosten eines ihm auch zur privaten Nutzung durch seinen Arbeitgeber überlassenen Porsche eine Zuzahlung getätigt hatte, entschieden, dass es sich bei der Zuzahlung dem Grunde nach um Werbungskosten des Arbeitnehmers handele. Ein solcher Aufwand zu den Anschaffungskosten für ein fremdes Wirtschaftsgut, welches der Arbeitnehmer zur Einkünfteerzielung nutze, sei wie Anschaffungskosten eines Nutzungsrechts zu behandeln und über die voraussichtliche Gesamtdauer des Nutzungsrechts abzuschreiben (BFH, Urteil vom 18. Oktober 2007 VI R 59/06, BFHE 219, 208, BStBl. II 2009, 200).
57
In seiner jüngsten Rechtsprechung ist der BFH von dem Grundsatz, dass es sich bei solchen Aufwendungen dem Grunde nach um Werbungskosten handeln soll, ausdrücklich abgerückt und hat nunmehr entschieden, dass monatliche Nutzungsentgelte sowie vom Arbeitnehmer getragene Kosten des ihm zur privaten Nutzung überlassenen betrieblichen Pkw bereits auf der Einnahmenseite den geldwerten Vorteil des Arbeitnehmers mindern. Ein zusätzlicher Werbungskostenabzug solcher Aufwendungen komme daher nicht in Betracht (BFH, Urteile jeweils vom 30. November 2016 VI R 49/14, BFHE 256,107, BFH/NV 2017, 516; VI R 24/14, BFH/NV 2017, 448).
58
Aus dieser Rechtsprechungsentwicklung folgert der erkennende Senat, dass die Zuzahlung des Klägers zu den Anschaffungskosten nicht als Werbungskosten, sondern vielmehr auf der Einnahmenseite bereits den geldwerten Vorteil mindert. Daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass die Grundsätze des BFH zur gleichmäßigen Verteilung der Zuzahlung auf die voraussichtliche Nutzungsdauer (Urteil des BFH vom 18. Oktober 2007 VI R 59/06) keine Anwendung mehr finden sollen. Denn der BFH hat in den Urteilsgründen in seinem Urteil vom 30. November 2016 VI R 49/14 ausdrücklich ausgeführt, dass die Grundsätze des Urteils vom 18. Oktober 2007 VI R 59/06 nur insoweit nicht mehr gelten sollen, als danach das Nutzungsentgelt als Werbungskosten abgezogen werden sollte.
59
Entsprechend folgt der Senat nicht der Auffassung des Beklagten, es habe zwingend eine Anrechnung wie in R 8.1 Abs. 9 Nr. 4 Satz 2 LStR zu erfolgen. Dabei stellt der Senat klar, dass er an die in der R 8.1. Abs. 9 Nr. 4 Satz 2 LStR geregelten Rechtsauffassung der Verwaltung ohnehin nicht gebunden ist.
60
Nach einer Literaturmeinung widerspreche R 8.1. Abs. 9 Nr. 4 Satz 2 LStR bereits der Rechtsprechung des BFH, wonach die Zuzahlung gleichmäßig auf die voraussichtliche Nutzungsdauer des Fahrzeugs zu verteilen ist (Becker, NWB 2013, 62, 64). Ferner sei zu berücksichtigen, dass R 8.1 Abs. 9 Nr. 4 Satz 2 LStR eine Vereinfachungsregelung der Finanzverwaltung darstelle. Durften früher Zuzahlungen im Zahlungsjahr lediglich mit dem für die Privatnutzung anzusetzenden geldwerten Vorteil „bis auf null“ verrechnet werden, gingen überschießende Zahlungen verloren. Dies hatte zur Folge, dass die Beteiligten darauf achten mussten, dass die Zuzahlungen den als Arbeitslohn anzusetzenden Betrag nicht überstiegen und die Zuzahlung ggf. auf mehrere Jahre verteilt werden musste (Niermann, DB 2010, 2127, 2130).
61
Unter Berücksichtigung dieser Literaturmeinungen, welcher sich der erkennende Senat anschließt, ist das Gericht der Auffassung, dass der Anwendungsbereich der R 8.1 Abs. 9 Nr. 4 Satz 2 LStR insbesondere dann eröffnet ist, wenn eine Zuzahlung geleistet wird, aber keine Vereinbarung zur voraussichtlichen Nutzungsdauer oder zu einer Verteilung der Zuzahlung getroffen wird.
62
Insoweit regelt auch das seit dem 4. April 2018 gültige Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) (IV C 5-S 2334/18/10001) nichts Gegenteiliges. Dort wird bei einer erfolgten Zuzahlung des Arbeitnehmers zu den Anschaffungskosten des Kfz allgemein auf R 8.1 Abs. 9 Nr. 4 Satz 2 und 3 LStR verwiesen. Sodann wird ein Beispiel gebildet, welches insoweit von dem vorliegenden Fall abweicht, als darin keine Rede davon ist, dass hinsichtlich der Verwendungsdauer der Zuzahlung eine Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer abgeschlossen wurde.
63
Im vorliegenden Fall wurde jedoch eine ausdrückliche Vereinbarung zwischen dem Kläger und der GmbH zur Nutzungsdauer und zur Verteilung der Zuzahlung auf 8 Jahre getroffen. Ungeachtet dessen, dass der Senat ohnehin nicht an die Anwendung der der R 8.1 Abs. 9 Nr. 4 Satz 2 LStR und das vorgenannte BMF- Schreiben gebunden ist, ist unter Berücksichtigung der vorgenannten Literaturmeinungen, denen sich der Senat anschließt, demnach bereits der Anwendungsbereich der R 8.1 Abs. 9 Nr. 4 Satz 2 LStR vorliegend nicht eröffnet.
64
Darüber hinaus ist auch der Rechtsgedanke des § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG zu berücksichtigen. Danach sind Ausgaben, die für eine Nutzungsüberlassung von mehr als 5 Jahren im Voraus geleistet werden insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird. Hier handelte es sich um einen Nutzungszeitraum von 8 Jahren, sodass die Regelung des § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG anzuwenden ist. Auch diese Regelung zeigt, dass eine gleichmäßige Verteilung der Zuzahlung über die Nutzungsdauer zu erfolgen hat, wenn von vornherein ein Zeitraum für die Nutzung und dementsprechend für die Zuzahlung zwischen den Beteiligten vereinbart worden ist.
65
Ferner führt die gleichmäßige Minderung des geldwerten Vorteils wirtschaftlich zu einem vergleichbaren Ergebnis, wie wenn die Zuzahlung bereits die Bemessungsgrundlage der 1%-Regelung, mithin den Bruttolistenpreis mindern würde. Danach hätte sich vorliegend monatlich ein geldwerter Vorteil in Höhe von 373 € ergeben (57.300 € abzgl. 20.000 € Zuzahlung x 1%). Im Rahmen der gleichmäßigen Verteilung der Zuzahlung als Minderungsposten zum geldwerten Vorteil ergibt sich danach ein monatlicher Betrag in Höhe von 365 € (57.300 € x 1% abzgl. 208 € (20.000 € verteilt auf 96 Monate)).
66
Vor diesem Hintergrund ergibt sich vorliegend für den Kläger folgender Arbeitslohn im Streitjahr:
67
2013
Gehalt (75€/Monat) 900 €
geldwerter Vorteil Kfz Nutzung (365 €/Monat) 4.380 €
Summe 5.280 €
68
Da somit der monatliche Bruttoarbeitslohn des Klägers im Streitjahr 2013 440 € (5.280 €/12 Monate) betrug, hat der Arbeitgeber des Klägers zu Recht die Lohnsteuer gemäß § 40a Abs. 2 EStG pauschal mit 2% versteuert. Entsprechend durfte der Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers bei der Veranlagung berücksichtigen, § 40a Abs. 5, § 40 Abs. 3 Satz 3 EStG.
69
2. Der Einkommensteuerbescheid 2013 ist jedoch auch insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, als der Beklagte bei der Berechnung der abziehbaren außergewöhnlichen Belastungen die zumutbare Eigenbelastung einheitlich mit 3% berechnet hat.
70
Der Senat legt den diesbezüglich gestellten Antrag des Klägers dahingehend aus, dass er sich auf das Urteil des BFH vom 19. Januar 2017 VI R 75/14 (BFHE 256, 339, BStBl. II 2017, 684) bezieht und dass insoweit im Klageantrag versehentlich ein falsches Entscheidungsdatum (27. Januar 2017 anstatt 19. Januar 2017) genannt worden ist.
71
Insoweit schließt sich der Senat der übereinstimmenden Einschätzung der Beteiligten an, wonach es sich bei den geltend gemachten Aufwendungen des Klägers für Fahrtkosten aufgrund der Behinderung des Sohnes dem Grunde nach um außergewöhnliche Belastungen handelt und dass die Ermittlung der zumutbaren Eigenbelastung entsprechend der nunmehr durch den BFH (Urteil vom 19. Januar 2017 VI R 75/14 , BFHE 256, 339, BStBl II 2017, 684) erfolgten Auslegung der Regelung des § 33 Abs. 3 EStG zu erfolgen hat.
72
Danach ergeben sich folgende abziehbaren außergewöhnlichen Belastungen im Streitjahr 2013:
73
 Aufwendungen    3.000 €
 Gesamtbetrag der Einkünfte (GdE)  42.035 €  
 Eigenbelastung bis 15.340 € GdE  2%  307 €
 Eigenbelastung von 15.341 € bis 51.130€ GdE  3%  801 €
 abziehbare außergewöhnliche Belastungen    1.892 €
 bislang abziehbar lt. Bescheid vom 28.03.2017    1.586 €
 noch als außergewöhnliche Belastungen abzuziehen    306 €
74
Nach alledem war der Klage in vollem Umfang stattzugeben.
75
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
76
4. Die Entscheidung über die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren beruht auf § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.
77
5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 151 Abs. 1, Abs. 3 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Sätze 1 und 2, § 709 S. 2 Zivilprozessordnung.
78
6. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen, da vor dem Hintergrund einer gegenteiligen Auffassung der Finanzverwaltung in R 8.1. Abs. 9 Nr. 4 Sätze 2 und 3 LStR eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs zur Fortbildung des Rechts erforderlich ist, wie eine in einer Summe erfolgende Zuzahlung eines Arbeitnehmers zu einem ihm auch zur Privatnutzung überlassenen betrieblichen Kfz zu behandeln ist, wenn zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber eine Vereinbarung zur Geltungsdauer der Zuzahlung geschlossen wird.

Bewertung einer privaten PKW-Nutzung bei Barlohnumwandlung

Niedersächsisches Finanzgericht 9. Senat, Urteil vom 09.10.2017, 9 K 74/17, ECLI:DE:FGNI:2017:1009.9K74.17.00

TATBESTAND

1
Streitig ist, ob die Einkünfte des Klägers aus nichtselbstständiger Arbeit um einen Betrag von monatlich (mtl.) 574,94 € für die Nutzung eines von seinem Arbeitgeber geleasten Pkw zu vermindern sind.
2
Der Kläger ist verheiratet und wurde im Streitjahr zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt.
3
Der Kläger erzielte im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Im Streitjahr erhielt er von seinem Arbeitgeber, der XXX, im Rahmen eines Full-Service-Leasings einen Firmenwagen zur Nutzung. Die geldwerten Vorteile für die private Nutzung des Pkw hat der Arbeitgeber mit 1 % vom Bruttolistenpreis (mtl. 323,00 €) sowie für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit 0,03 % vom Bruttolistenpreis (mtl. 251,94 €) der Lohnsteuer unterworfen. In Höhe der Full-Service-Leasingrate des Arbeitgebers in Höhe von mtl. 483,69 € sowie in Höhe von mtl. 60,00 € für eine Treibstoffpauschale verzichtete der Kläger auf seinen Arbeitslohn. Diese beiden Beträge hat der Arbeitgeber direkt vom Bruttoarbeitslohn abgezogen und nicht der Lohnsteuer unterworfen. KFZ-Versicherung, KFZ-Steuer und GEZ-Gebühren werden zudem vom Arbeitgeber des Klägers getragen
4
In seiner Einkommensteuererklärung 2014 beantragte der Kläger die Kürzung des Arbeitslohns in Bezug auf den geldwerten Vorteil für Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte, da er den Firmenwagen in Ermangelung eines kostenfreien Parkplatzes am Arbeitsort nur für eine Teilstrecke bis zum Bahnhof verwendet habe und seinen Weg dann mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fortgesetzt habe. Diesem Antrag folgte das Finanzamt. Es kürzte den Bruttoarbeitslohn und berücksichtigte den geldwerten Vorteil für Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte lediglich für 2 Kilometer anstatt bisher 26 km und verringerte den Bruttoarbeitslohn um 2.790,72 €. Einem weiteren Antrag des Klägers, für Dienstreisen mit dem Firmenwagen 880 € als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zu berücksichtigen, folgte das Finanzamt nicht, da für die Dienstreisen der Firmenwagen steuerfrei zur Verfügung gestanden habe.
5
Gegen den Einkommensteuerbescheid 2014 vom 2016 legte der Kläger Einspruch ein, mit dem er sich gegen die Nichtanerkennung der Dienstfahrten wandte. Zur Begründung trug er vor:
6
Tatsächlich zahle er die gesamten Kfz-Kosten: In Höhe der Leasingraten habe der Kläger auf Gehalt verzichtet, weiterhin leiste er Zahlungen von 60,00 € als Benzinpauschale. Da der Arbeitgeber also die Dienstwagenkosten nicht selbst trage, sondern dem Kläger weiterberechne, sei dieser auch berechtigt, die von ihm getragenen Kosten für die Dienstreisen in Höhe von 880 € als Werbungskosten geltend zu machen.
7
Nachdem das Finanzamt dem Vertreter des Klägers seine Rechtsauffassung mit Schreiben vom 15. Juli 2016 dargelegt hatte, trug der Kläger im Einspruchsverfahren Folgendes vor:
8
Der Kläger habe den gleichen Lohn wie vorher erhalten, nur seine Zusammensetzung und deren Bezeichnung hätten sich geändert, für die private Kfz-Nutzung habe der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber 1 % des Bruttolistenpreises (mtl. 323,00 € ) aus seinem versteuerten Nettolohn abgeführt, für die Fahrten zur Tätigkeitsstätte habe der Kläger aus seinem versteuerten Nettolohn an den Arbeitgeber mtl. 251,94 € abgeführt, zusätzlich habe der Kläger aus seinem versteuerten Nettolohn Aufwendungen für Fahrkarten von monatlich 58,30 € gehabt. Somit seien folgende Werbungskosten anzusetzen:
9
Fahrten Wohnung – Tätigkeitsstätte 12 x (251,94 € + 58,30 € =) 310,24 € = 3.722,88 €
10
bisher angesetzt lt. Steuerbescheid 1.677,00 €
11
Mehrbetrag 2.045,88 €
12
Auch diesem Antrag entsprach das Finanzamt nicht. Bei dem geldwerten Vorteil in Höhe von 251,94 € handele es sich lediglich um eine rechnerische Größe, aufgrund derer die abzuführende Lohnsteuer für einen Sachbezug berechnet wird. Naturgemäß sei diese rechnerische Größe vom auszuzahlenden Nettobetrag abzuziehen, da in Höhe dieses Betrages der Sachbezug gewährt worden sei, hier die Gestellung des Firmenfahrzeugs für Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte. In dieser Höhe habe der Kläger keinen Aufwand, da er in Form der Nutzungsmöglichkeit des Firmenfahrzeugs einen Gegenwert erhalte, der der rechnerischen Größe von 251,94 € entspreche. Für die Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln seien bereits 666 € berücksichtigt. Auch sei der Bruttoarbeitslohn bereits um 2.790,72 € gekürzt worden, da der Firmenwagen lediglich für die Fahrten zum Bahnhof benutzt worden sei.
13
Der Einspruch blieb erfolglos.
14
Hiergegen richtet sich die Klage, zu deren Begründung der Kläger Folgendes vorträgt:
15
Die Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte seien im Einkommensteuerbescheid zutreffend steuerlich gewürdigt worden.
16
Allerdings sei der Nutzungsvorteil der allgemeinen privaten Nutzung in Höhe von 1 % des Bruttolistenpreises anders zu bewerten.
17
Zutreffend habe der Arbeitgeber und damit auch das Finanzamt den allgemeinen Nutzungswert mit 1 % von 32.300 € Bruttolistenpreis = mtl. 323,00 € ermittelt. Dieser Betrag in Höhe von jährlich 3.876 € sei als lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn behandelt und im steuerpflichtigen Bruttoarbeitslohn enthalten. Allerdings sei bei der bisherigen Besteuerung nicht berücksichtigt, dass der Kläger den Pkw nicht zusätzlich zum bisherigen Gehalt erhalten habe, sondern dass er im Vorfeld auf Teile seines Gehaltes in Höhe von insgesamt mtl. 543,69 € (Leasingrate 483,69 €, Benzinpauschale 60,00 €) verzichtet habe und dafür den Pkw habe privat nutzen dürfen. Hierbei handele es sich um einen Sachbezug, der zutreffend bewertet worden sei. Barlohn ihn Höhe von 543,69 € sei im Sachlohn von monatlich 574,94 € umgewandelt worden.
18
Aufgrund der Umwandlung sei der Kläger im Nettolohnbereich mit weiteren Abzügen zu Gunsten des Arbeitgebers belastet. Anstelle eines Nettoarbeitslohns von monatlich 4.099,88 € seien neben anderen Abzügen auch mtl. 574,94 € einbehalten worden, so dass der Auszahlungsbetrag nur noch 2.978,90 € betragen habe. Der Kläger habe also von seinem Nettolohn monatlich 574,94 € dem Arbeitgeber erstattet. Diese monatlichen Zuzahlungen von 12 x 574,94 €, insgesamt 6.899,28 €, minderten das steuerpflichtige Einkommen. Der Kläger legte zum Nachweis die XXX-Gehaltsabrechnung für Dezember 2014 vor, worauf Bezug genommen wird (Bl. 22 FG-Akte).
19
Der Beklagte habe übersehen, dass der Kläger mehrfach belastet werde: Durch höhere Lohnsteuer, durch höhere Sozialabgaben und durch den zusätzlichen vollen Abzug des geldwerten Vorteils vom Nettoverdienst.
20
Der Kläger beantragt sinngemäß,
21
den Einkommensteuerbescheid 2014 vom 2016 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2017 abzuändern und bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbstständiger Arbeit einen Betrag von 6.899,28 € abzuziehen und die Einkommensteuer entsprechend herabzusetzen.
22
Der Beklagte beantragt,
23
die Klage abzuweisen.
24
Er verweist zunächst auf seine Ausführungen im Einspruchsbescheid vom 27. Januar 2017 und trägt ergänzend vor:
25
Der Kläger habe im Streitfall in Höhe der Leasingkosten und der Benzinpauschale auf seinen Gehaltsanspruch verzichtet. Dem stehe die Zuwendung eines Nutzungsvorteils durch den Arbeitgeber des Klägers gegenüber. Hierbei handele es ich um eine so genannte Barlohnumwandlung. In einem solchen Fall, in dem der Arbeitnehmer unter Änderung des Anstellungsvertrages auf einen Teil seines Barlohns verzichte und ihm der Arbeitgeber stattdessen Sachlohn z. B. in Form eines Nutzungsvorteils gewähre, sei der verbliebene Barlohn mit dem Nennwert und der Sachlohn mit den Werten des § 8 Abs. 2 und 3 Einkommensteuergesetz (EStG) zu bewerten. Die Überlassung des betrieblichen Pkw durch den Arbeitgeber an den Kläger für dessen Privatnutzung sowie für dessen Fahrten zur Tätigkeitsstätte führe zu einer Bereicherung des Klägers und damit zu einem Lohnzufluss. Umstände, nach denen der von dem Arbeitgeber geleaste Pkw dem Kläger zuzurechnen sei, lägen im Streitfall nicht vor. Nach der vertraglichen Vereinbarung über die Nutzung des Pkw trage die XXX sämtliche Kosten des Fahrzeugs. Der vom Kläger ausgesprochene Gehaltsverzicht führe nicht dazu, dass er die Pkw-Kosten getragen habe. Vielmehr finde eine entsprechende Gehaltskürzung statt, die dazu führe, dass beim Kläger insoweit kein Lohn im Sinne des § 11 Abs. 1 EStG zufließe und er dementsprechend dem Arbeitgeber auch nichts zuwenden könne. Der Pkw sei somit dem Arbeitgeber zuzurechnen.
26
Der mit der privaten Nutzungsmöglichkeit und den Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte verbundene geldwerte Vorteil sei sodann nach § 8 Abs. 2 Sätze 2 – 5 EStG in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG bei Nichtanwendung der Fahrtenbuchmethode mit der 1 %-Regelung zu versteuern. Dies sei in nicht zu beanstandender Höhe erfolgt.
27
Nach den vorliegenden Unterlagen (Gehaltsabrechnungen) habe sich der Barlohnverzicht bereits mindernd auf die Höhe des steuerpflichtigen Bruttoarbeitslohnes ausgewirkt. Folglich sei dieser Betrag (mtl.543,69 €) wegen des Barlohnverzichts auch nicht zugeflossen. Dieser Barlohnverzicht führe weder zu einer Minderung des Bruttoarbeitslohns noch zu Werbungskosten. Aus der Verdienstabrechnung der XXX könne nicht hergeleitet werden, dass der Kläger von seinem Nettolohn mtl. 574,94 € seinem Arbeitgeber erstattet habe und damit der geldwerte Vorteil entsprechend zu mindern sei. Vielmehr sei die Darstellung in der Verdienstabrechnung insoweit korrekt, als dass der ermittelte Nettolohn um den geldwerten Vorteil aus der Fahrzeugüberlassung zu mindern sei, weil ein geldwerter Vorteil nicht zur Auszahlung gelangen könne. Daraus könne aber kein Nutzungsentgelt o. ä. hergeleitet werden. Dass sich der Barlohnverzicht gegebenenfalls bei der Ermittlung des Auszahlungsbetrages zu Lasten des Klägers auswirke, habe auf die steuerliche Würdigung keine Auswirkungen.
28
Die Beteiligten haben auf eine mündliche Verhandlung verzichtet und sich mit der Entscheidung durch den/die Berichterstatter/in (§ 79 a Abs. 3, 4 Finanzgerichtsordnung – FGO -) einverstanden erklärt.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

29
Die Klage ist unbegründet.
30
Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2014 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Januar 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
31
1. Eine Verminderung des Bruttoarbeitslohns des Klägers durch Berücksichtigung von weiteren Aufwendungen des Klägers in Höhe von mtl. 574,94 € kommt nicht in Betracht.
32
a) Der Kläger hat in Höhe der Leasingrate und der Benzinpauschale von insgesamt monatlich 543,69 € auf sein Gehalt verzichtet. Im Gegenzug hat er von seinem Arbeitgeber einen Nutzungsvorteil (PKW-Nutzung) zugewendet bekommen. In einem solchen Fall der Barlohnumwandlung, in dem ein Arbeitnehmer unter Abänderung seines Anstellungsvertrages auf einen Teil seines Barlohns verzichtet und der Arbeitgeber ihm stattdessen einen Sachlohn, hier in Form eines Nutzungsvorteils, gewährt, ist der verbliebene Barlohn mit dem Nennwert und der Sachlohn mit den Werten des § 8 Abs. 2 und 3 EStG anzusetzen (BFH-Beschluss vom 20.08.1997 VI B 83/97, BStBl II 1997,667). Dieser Gehaltsverzicht hat sich ausweislich der Verdienstabrechnung der XXX für den Monat Dezember 2014 bereits mindernd auf die Höhe des steuerpflichtigen Bruttoarbeitslohn ausgewirkt, denn die XXX hat diesen Betrag bereits von der Grundvergütung abgezogen und nicht der Lohnversteuerung unterworfen.
33
Da in Höhe des Gehaltsverzichts kein Arbeitslohn vorliegt, kommt insofern ein zusätzlicher Abzug vom Bruttoarbeitslohn nicht in Betracht. Der Gehaltsverzicht führt nicht dazu, dass der Kläger die PKW-Kosten getragen hat. Er hat vielmehr nur auf einen Teil des Gehalts verzichtet, was nicht zu einem zusätzlichen Aufwand des Klägers führt. Umstände, nach denen der vom Arbeitgeber geleaste PKW dem Kläger zuzurechnen ist, liegen im Streitfall nicht vor.
34
b) Zu Recht hat das Finanzamt darüber hinaus die Überlassung eines betrieblichen Pkw durch den Arbeitgeber an den Kläger für dessen Privatnutzung als Lohnzufluss im Sinne des § 19 EStG beurteilt. Dieser Vorteil ist nach § 8 Abs. 2 Sätze 2 – 5 EStG in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG zutreffend nach der 1 %-Regelung bewertet worden (hier: mtl.323,00 €).
35
Den geldwerten Vorteil für die Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte, der vom Arbeitgeber des Klägers mit mtl. 251,94 € dem Bruttoarbeitslohn hinzugerechnet worden sind, hat das Finanzamt bereits im Vorverfahren aufgrund der Einwendungen des Klägers, die von ihm gefahrene Strecke betrage nicht 26 km sondern 2 km, um 2790,72 € vermindert.
36
c) Aus der Verdienstabrechnung der XXX kann nicht hergeleitet werden, dass der Kläger von seinem Nettolohn mtl. 574,94 € (323,00 € + 251,94 €) an seinen Arbeitgeber erstattet hat. Da ausweislich der Verdienstabrechnung der XXX für den Monat Dezember 2014 der geldwerte Vorteil für Besteuerungszwecke in das Bruttoentgelt zunächst -zutreffend – einbezogen worden ist, es sich bei dem geldwerten Vorteil für die Fahrzeugüberlassung aber nicht um Barlohn handelt, der zur Auszahlung kommt, musste der Betrag von dem vom Arbeitgeber ermittelten Nettolohn (hier: 4099,98 €) wieder abgezogen werden. Dies stellt aber – entgegen der Ansicht des Klägers – keine Erstattung des monatlichen Betrages von 574,94 € an den Arbeitgeber dar.
37
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.