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Gewerbesteuer: Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr bei Beratung (FG)

Finanzgericht Düsseldorf, 14 K 2347/15 G

Datum:
24.04.2018
Gericht:
Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
14. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
14 K 2347/15 G
Tenor:

Die Gewerbesteuer-Messbetragsbescheide 2005 und 2006 vom 01.08.2014 jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 08.07.2015 werden aufgehoben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

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Umsatzsteuerliche Behandlung von Glücksspielen

 Instanzenzug

BFH – XI R 13/18

Verfahrensstand:  Diese Entscheidung ist vorläufig nicht rechtskräftig

 Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die vom Kläger erzielten Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit (Glücksspiel mit Geldeinsatz) den steuerbaren und steuerpflichtigen Umsätzen i. S. d. § 1 Abs. 1 Satz 1 Umsatzsteuergesetz (UStG ) zuzurechnen sind und als solche unter die Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG fallen. In der Folge ist streitig, ob die Umsatzsteuer auf Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten als Betriebseinnahmen und die Vorsteuerbeträge als Betriebsausgaben anzusetzen sind.

Der Kläger war in den Streitjahren 2006 bis 2010 im Bereich der Automatenaufstellung tätig und erzielte aus dem Betrieb von an verschiedenen Orten aufgestellten Geldspielautomaten Einkünfte aus Gewerbebetrieb i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG ). Gleiches gilt für die bis zum 31.10.2007 betriebene Spielhalle, in welcher er ebenfalls Geldspielautomaten betrieb. Ferner erzielte er aus der Vermietung einer Gaststätte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG . In den für die Streitjahre eingereichten Umsatzsteuererklärungen erklärte der Kläger die Umsätze aus beiden Tätigkeiten, wobei er anteilig einen Vorsteuerabzug geltend machte.

Für die Streitjahre reichte der Kläger am 21.01.2009, 28.09.2009, 29.09.2010, 11.08.2011 und 22.06.2012 die Umsatzsteuererklärungen und am 21.01.2009, 30.01.2009, 03.09.2010, 11.08.2011 und 22.06.2012 die Einkommensteuererklärungen ein, wobei er für den Zeitraum ab Mai 2006 insbesondere auch Einnahmen aus Zahlgeräten (Geldspielautomaten) bei den Umsätzen zum allgemeinen Steuersatz erklärte. Im Anschluss an eine im Jahre 2013 durchgeführte Umsatzsteuer-Sonderprüfung (Prüfungsberichte vom 11.06.2013) behandelte der Beklagte die Umsätze aus dem Betrieb der Geldspielautomaten lediglich für den Zeitraum Januar bis Anfang Mai 2006 als steuerfrei und ließ die hierauf entfallenden Vorsteuerbeträge nicht zum Abzug zu. Zudem nahm er wegen seiner Ansicht nach gegebener Buchführungsmängel (Entfernen des statistischen Teils der von den Geräten mittels internen Druckers erstellten Auslesestreifen, unvollständige Vorlage der weiteren Automatenausdrucke) und wegen seiner Ansicht nach bestehender Fehlbeträge in Form manueller Röhrenentnahmen sowie außerordentlicher Erträge in Form von Röhrendifferenzen (vgl. hierzu im Einzelnen Schreiben der Betriebsprüfungsstelle vom 21.01.2013, 10.04.2013 und vom 02.05.2013 sowie das Schreiben des Klägers vom 22.04.2013) letztlich eine Zuschätzung für 2006 i. H .v 8.927,10 EUR (steuerfrei) sowie weitere Nettozuschätzungen i. H. v. 11.001,55 EUR (für 2006 zum Steuersatz von 16 %), 23.538,64 EUR (für 2008 zum Steuersatz von 19 %) und 2.500,00 EUR (für 2009 zum Steuersatz von 19 %) vor, was zu einer Umsatzsteuererhöhung i. H. v. 1.760,25 EUR für 2006, 4.472,34 EUR für 2008 und 475,00 EUR für 2009 sowie zu entsprechend veränderten gewerblichen Einnahmen und zu einem entsprechend veränderten gewerblichen Gewinn führte. Nach den Berichten vom 11.06.2013 wurden die Prüfungsfeststellungen insoweit anerkannt. Aus den Schreiben der Betriebsprüfungsstelle vom 21.01.2013 und vom 10.04.2013 ergibt sich, dass bei der Besteuerung der jeweils auf den ausgedruckten und vom Kläger vorgelegten Automatenstreifen ausgewiesene sog. Saldo 2 als monatliche Bruttokasseneinnahmen zugrunde gelegt wurde.

Gegen die entsprechend nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO ) geänderten Umsatz- und Einkommensteuerbescheide für 2006 bis 2010 vom 03.07.2013 legte der Kläger am 10.07.2013 Einspruch ein und begehrte dabei für sämtliche Streitjahre die Steuerfreiheit sämtlicher Umsätze aus dem Betrieb der Geldspielautomaten sowie die Gewinnänderung bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb insofern, als die Umsatzsteuer und die Vorsteuer wegen der Annahme steuerpflichtiger Geldspielautomatenumsätze als Betriebseinnahmen bzw. Betriebsausgaben nach §§ 4 Abs. 3 und 4, 11 EStG einkommensteuerlich Berücksichtigung gefunden hatten. Die Umsätze seien – wie bei öffentlichen Spielbanken auch – steuerfrei zu belassen. Bereits mit der Linneweber/Akritidis-Entscheidung (C-453/02, C-462/02) vom 17.02.2005 habe der EuGH festgelegt, dass die Richtlinie 77/388/EWG (6. EG-Richtlinie ) einer Umsatzbesteuerung des Betriebs von Glücksspielen außerhalb öffentlicher Spielbanken entgegenstehe, wenn gleichzeitig der Betrieb solcher Glücksspiele durch öffentliche Spielbanken steuerfrei sei. Das Vorgehen des Beklagten sei daher europarechtswidrig. Zudem sei die Berechnung der Umsatzsteuer 2009 zu ändern, da der Beklagte entgegen der mündlichen Besprechung des Betriebsprüfungsergebnisses eine Einnahmenhinzuschätzung für 2009 nicht mit 2.500,00 EUR inkl. Umsatzsteuer, sondern mit 2.500,00 EUR zzgl. 19 % Umsatzsteuer angesetzt habe. Im Umsatzsteuerbescheid 2009 sei mithin nicht ein Betrag von 2.500,00 EUR sondern ein Betrag von 2.100,84 EUR zzgl. 19 % Umsatzsteuer anzusetzen. Schließlich begehrte der Kläger außergerichtlich die Aussetzung der Vollziehung, welche der Beklagte mit Bescheid vom 29.07.2013 ablehnte.

Mit Änderungsbescheiden betreffend Umsatzsteuer 2009 und Einkommensteuer 2009, jeweils vom 26.07.2013, entsprach der Beklagte dem oben dargestellten klägerischen Einwand bezüglich der Einnahmenhinzuschätzung für 2009. Mit Einspruchsentscheidung vom 08.08.2014 wies der Beklagte den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Aufgrund des EuGH-Urteils vom 17.02.2005 (C-453/02 und C-462/02) sowie aufgrund des BFH-Folgeurteils vom 12.05.2005 (V R 7/02) stehe dem Kläger nur für den Zeitraum bis zum 05.05.2006 ein Wahlrecht bzgl. der steuerlichen Behandlung der betroffenen Umsätze zu. Berufe sich ein inländischer Unternehmer mit Erfolg auf Art. 13 Teil B Buchst. f der 6. EG-Richtlinie und erwirke dadurch die Steuerbefreiung seiner Umsätze, sei der Vorsteuerabzug bezüglich der Eingangsumsätze, die die steuerfreien Umsätze betreffen, nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG zu versagen. Mit Wirkung zum 06.05.2006 sei § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG jedoch dahingehend geändert worden, dass ab diesem Zeitpunkt auch die Umsätze öffentlicher Spielbanken umsatzsteuerpflichtig seien. Ab diesem Zeitpunkt seien daher Glücksspiele mit Gewinnmöglichkeit grundsätzlich als steuerpflichtig zu behandeln. Die Bescheidänderungen verstießen weder gegen nationales noch gegen Gemeinschaftsrecht. Die Umsatzsteuer habe der Kläger im Rahmen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb vereinnahmt, weshalb die Umsatzsteuer einkommensteuerrechtlich zu den Betriebseinnahmen zähle. Die gezahlten Vorsteuerbeträge seien durch den Betrieb veranlasst und daher Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG . Die Gewinne seien entsprechend der Feststellung der Betriebsprüfung angesetzt worden. Einwendungen gegen die Höhe der angesetzten Gewinne habe der Kläger nicht vorgebracht.

Hiergegen richtet sich die vorliegende, am 11.09.2014 bei Gericht eingegangene Klage. Der gleichzeitig bei Gericht eingegangene Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wurde nach Zahlung des streitigen Steuerbetrages durch den Kläger mit Schriftsatz vom 16.12.2014 zurückgenommen.

Auf Antrag des Klägers vom 18.12.2014 war zwischenzeitlich das Ruhen des hiesigen Klageverfahrens mit Einverständnis des Beklagten vom 22.01.2015 bis zu einer Entscheidung des BFH in den Verfahren II R 19/14, V B 105/14, XI B 113/14 und V B 143/14 angeordnet worden (Beschluss vom 27.01.2015). Nach Hinweis des Klägers auf das BFH-Verfahren V B 115/15 und die Verfassungsbeschwerde 1 BvR 1006/17 beantragte dieser die Fortführung des Klageverfahrens. Mit Beschluss vom 29.12.2017 wurde der Ruhensbeschluss vom 27.01.2015 aufgehoben und das Verfahren mit Einverständnis der Beteiligten fortgeführt.

Der Kläger trägt zur Begründung der Klage vor, dass es sich bei den durch ihn ausgeführten Tätigkeiten bereits nicht um steuerbare und steuerpflichtige sonstige Leistungen bzw. Dienstleistungen handele. Unklar sei, ob (und wodurch) im Zusammenhang mit dem Spiel an Geldspielautomaten mit Gewinnfunktion eine um der Gegenleistung willen erbrachte steuerbare Leistung i. S. eines Leistungsaustausches nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG ausgeführt werde oder ob bereits kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der erbrachten Dienstleistung und dem erhaltenen Gegenwert bestehe. Auch in der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei anerkannt, dass hinsichtlich der Beurteilung von Spielgewinnen und Preisgeldern bei einem reinen Glücksspiel keine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr vorliege, weil es an der Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung fehle. Weder die Spieltätigkeit noch der Spieleinsatz stellten Leistungen dar, die durch den Spielgewinn vergütet würden. Vorliegend bestehe die streitgegenständliche Tätigkeit des Klägers nach europarechtlichen Grundsätzen und in Abweichung der früheren BFH-Rechtsprechung weder im Anbieten einer Möglichkeit zum Glücksspiel als Veranstalter noch darin, in der bloßen Bereitschaft zur Übernahme eines Wagnisses gegen andere an einem Glücksspiel via Geldspielautomat teilzunehmen. Die entgegenstehende Ansicht des BFH im Urteil vom 26.08.1993 (V R 20/91 , BStBl. II 1994, 54), wonach eine steuerbare Tätigkeit bereits durch das Anbieten von Spielmöglichkeiten begründet werden solle, sei nach den Erwägungen des EuGH in der Rechtssache Tolsma (EuGH-Urteil vom 03.03.1994 C- 16/93 ) überholt. Alleine die Absicht zur Erzielung von Einnahmen sei zur Annahme der Steuerbarkeit der in Frage stehenden Umsätze nicht ausreichend. Dem vom Spielteilnehmer gezahlten Glückspieleinsatz stehe wegen des jedem Glücksspiel immanenten, nicht kalkulierbaren Wagnisses objektiv keine eigenständige Leistung gegenüber. Selbst technisch bestehe keine Anknüpfung des an einen Spieler ausschüttbaren Betrages an dessen vorher eingezahlte Beträge. Dies hänge mit dem für Glückspiele typischen Umstand zusammen, dass vor der Durchführung des Spiels bzw. vor der Erbringung der wie auch immer gearteten Dienstleistung nicht feststehe, wer wem gegenüber eine Dienstleistung zu erbringen habe. Diese streitentscheidenden Fragen seien auch noch nicht durch die Rechtsprechung des EuGH in den Sachen Glawe (C-38/93), LeoLibera (C-58/09) und Metropol (C-440/12) geklärt. Dies gelte insbesondere für die Frage nach der Einhaltung und Umsetzung der Art. 131, 135 Abs. 1 Buchst. i, 137 i. V. m. Art. 167, 168, 169, 173, 174, 192 ff., 199 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL ), nach dem unmittelbaren Leistungsaustausch sowie nach der Einhaltung der steuerlichen Neutralität. Hinzu komme die Tatsache, dass sich seit der Abschaffung der gesetzlich festgelegten, festen Einbehaltensquoten vom Spieleinsatz (bei früheren Geldgewinnspielgeräten z. B. 40 % vom Spielereinwurf) die Höhe der Kassenzuflüsse der Geldspielautomaten nicht mehr bestimmen lasse.

Klärungsbedürftig sei angesichts der Entscheidung Bastova des EuGH vom 10.11.2016 (C-432/15 ) und des BFH-Urteils zu einem Berufspokerspieler vom 30.08.2017 (XI R 37/14, BFH/NV 2017, 1689 -1692), ob die den genannten Entscheidungen zugrundeliegenden Erwägungen nicht auch dazu führten, dass Umsätze im Rahmen automatenbasierter Glücksspiele mit Geldeinsatz nicht der Umsatzsteuer unterlägen. Das nach europarechtlichen Grundsätzen und der Unionsjudikatur notwendige Vorliegen einer entsprechenden Leistungsbeziehung sei durch das BFH-Urteil vom 30.08.2017 (XI R 37/14 , BFH/NV 2017, 1689 -1692 [BFH 30.08.2017 – XI R 37/14 ]) endgültig verneint worden, denn zwischen der Teilnahme am Spiel und dem im Erfolgsfall erhaltenen Gewinn fehle der für einen Leistungsaustausch erforderliche unmittelbare Zusammenhang. Die Zufallsabhängigkeit stelle die den Leistungsaustausch ausschließende Zäsur dar und gehöre auch mit zu den Kriterien, die den EuGH in mittlerweile ständiger Rechtsprechung letztlich dazu bewogen hätten, solcherlei Einnahmen, obwohl sie tatsächlich erzielt würden, der Besteuerung zu entziehen. Nichts anderes könne für die Teilnahme eines Spielhallenbetreibers via seiner Automaten am Glücksspiel mit den Besuchern der Spielhalle gelten, da auch er im Erfolgsfall nur nach dem Zufallsprinzip einen Gewinn erhalten könne, der somit unabhängig von einer wie auch immer gearteten Dienstleistung sei. Das zufallsabhängige Ergebnis des Spielvorgangs ergebe sich unstreitig aus der gerätespezifischen und technischen Konstruktion der klägerseits eingesetzten Spielgeräte, die der gesetzlich festgelegten Bauart gem. § 12 Abs. 1 und 2 der Verordnung über Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit – Spielverordnung – (SpielV) entsprächen. Dieses Ergebnis könne für beide Teilnehmer (Spieler und Automatenaufsteller) negativ ausfallen. Soweit der Gewinn des Spielers den aktuellen Kasseninhalt übersteige, sei der Automatenaufsteller zur Auffüllung des Geldspielgerätes verpflichtet.

Dass das zu besteuernde Entgelt jedenfalls nicht für eine bloße Dienstleistung durch das Anbieten der Möglichkeit zum Glücksspiel seitens des Klägers hingegeben worden sei, ergebe sich auch daraus, dass der Betreiber einer Spielhalle durchgehend diese Möglichkeit anbiete, hierfür aber keine Vergütung erlange. Der Kläger als Aufsteller von Geldspielgeräten vereinnahme für die Bereitstellung dieser Geräte von den Besuchern keinerlei der Zurverfügungstellung zurechenbare Entgelte, Antritts- oder Eintrittsgelder. Vielmehr könne ein Spieler kostenlos die Räumlichkeiten aufsuchen und das Spielgeschehen an den Geräten verfolgen. Erst mit dem tatsächlichen Eingehen eines Wagnisses in Form des Geldeinwurfs stelle sich die Frage nach einem Entgelt des Spielvorgangs.

Zudem sei der Preis, den die Spieler für die fragliche Dienstleistung bezahlten, unabhängig davon, ob diese Spieler einen Gewinn erspielten oder nicht, immer derselbe, während gleichzeitig der Betrag, den der Spielhallenbetreiber erhalte, jedes Mal unterschiedlich sei und mitunter auch negativ ausfalle. Um am Geldspielautomaten ein Spiel spielen zu können, müsse der Spieler einen festen Betrag zur Aktivierung in den Automaten geben. Dieser entspreche einem Pflichtbeitrag i.S. des EuGH-Urteils vom 08.03.1988 C-102/86 im Falle Apple and Pear Development Council, habe aber keinen Bezug zu den Vorteilen, die den jeweiligen Spielern in Form der ungewissen und der Höhe nach variablen Gewinnausschüttung zuteilwürden.

Jedenfalls seien die von ihm – dem Kläger – erzielten Umsätze nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MWStSystRL steuerfrei. Er berufe sich hierauf als von Behörden und Gerichten unmittelbar anwendbares Recht. Die Bundesrepublik Deutschland habe Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MWStSystRL nicht ordnungsgemäß umgesetzt. Es liege keine gültige nationale Rechtsgrundlage vor, die eine Umsatzsteuerpflicht rechtfertigen könne. Insbesondere sei die Umsatzsteuerbefreiung des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG europarechtswidrig hinter dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck des Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MWStSystRL zurück geblieben. Es lägen Verstöße gegen die Integration und Einheitlichkeit des Rechts, gegen die Verpflichtungen aus dem Vertrag durch eine unerlaubte Vertragsauslegung (Art. 220 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft – EG-Vertrag – EGV / Art. 19 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV -) sowie gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (nach den EuGH-Entscheidungen C -259/10 und C -260/10) vor. Zudem würden die Eigenbetriebe der Bundesländer durch Nichtbeachtung der EuGH-Rechtsprechung begünstigt. Dadurch werde u.a. die steuerliche Neutralität unter Wettbewerbern durch Subventionen und steuerliche Begünstigung der staatlichen Spielbanken sowie durch Mehrwertsteuererlass und Steuerfreiheit der Onlineglücksspieleanbieter nicht gewahrt. Dies führe zu Wettbewerbsverzerrungen, womit gegen die Beihilfe- und Transparenzvorschriften und gegen den Neutralitätsgrundsatz der Union verstoßen werde. Zudem liege eine Kompetenzüberschreitung durch die Gestaltung eines unionsrechtswidrigen Vorsteuerabzugs bei Spielbanken, Spielhallen und Gaststätten vor. Die Bundesrepublik Deutschland habe nicht die materielle Gesetzgebungskompetenz gehabt, durch die Neufassung von § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG vom 28.04.2006 eine Mehrwertsteuerpflicht für Glücksspielumsätze der Spielbanken über die MWStSystRL hinausgehend einzuführen. Ferner sei die Rechtsänderung des Umsatzsteuergesetzes vom 28.04.2006 nicht über ein Dispensverfahren nach Art. 395 Abs. 1 MWStSystRL durch den Rat genehmigt worden, wodurch die Rechtsänderung ohne Gesetzgebungskompetenz erfolgt sei. Ein Vorsteuerabzug aus Glücksspielumsätzen und damit zwingend auch eine Umsatzbesteuerung seien unzulässig, da gemäß Art. 137 MWStSystRL kein Optionsrecht bestehe. Schließlich sei die Rechtsänderung vom 28.04.2006 nicht gemäß der Informationsverfahrensrichtlinie 98/34/EG notifiziert worden, wodurch die Rechtsänderung bereits aus formalen Gründen unanwendbar sei.

Gegen die Ansicht des BFH (Urteil vom 10.11.2010 XI R 79/07 ), die Umsätze eines gewerblichen Betreibers von Geldspielautomaten seien aufgrund des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG in der Fassung vom 06.05.2006 umsatzsteuerpflichtig, spreche die ungerechtfertigte Ungleichbehandlung durch die Fortgeltung der Umsatzsteuerbefreiung für Spielbanken. § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG in der Fassung vom 06.05.2006 sei damit im Lichte der Fortgeltung von § 6 Abs. 1 der Verordnung über öffentliche Spielbanken vom 27.06.1938 (SpielbkV; RGBl. 1938, 955) nach Maßgabe des EuGH-Urteils in Sachen Linneweber und Akriditis europarechtskonform auszulegen. § 6 SpielbkV gelte auch nach den Gesetzesänderungen im Jahre 1967 und zum 06.05.2006 fort und werde auch nicht durch § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG verdrängt. Dies ergebe sich aus dem Grundsatz lex specialis derogat legi generali. § 6 Abs. 1 SpielbkV habe gegenüber dem UStG den spezielleren Regelungsgehalt und regele die Umsatzsteuer weiterhin speziell für Spielbanken, während das UStG die Umsatzsteuer gemäß § 1 Abs. 1 UStG für alle Lieferungen und sonstigen Leistungen erfasse. Auch der BFH gehe zu Recht von einer fortgeltenden Befreiungswirkung durch § 6 Abs. 1 SpielbkV und durch die landesgesetzlichen Spielbankgesetze aus. Sonst würde es nicht zu einer jedes Jahr erneut vorgenommenen Anrechnung auf die Spielbankabgabe kommen. Die Anrechnung könne auch nicht verdecken, dass sämtliche Methoden auf den gesetzgeberischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Zweck einer Entlastung der Spielbanken von der Umsatzsteuer abzielten. Das gehe insbesondere aus diversen Landtagsdrucksachen der Bundesländer Thüringen, Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Schleswig Holstein und Sachsen-Anhalt hervor. Hierfür spreche im Übrigen auch die Rechtsprechung des BFH im Verfahren XI R 20/09 (BStBl. II 2012, 374). Aus allen Würdigungen ergebe sich, dass in der gleichzeitigen Erhebung von Spielbankabgabe und Umsatzsteuer 2006 eine systemwidrige Doppelbesteuerung erkannt werde. Der Gesetzgeber habe auch nicht beabsichtigt, mit der Gesetzesänderung im Jahre 2006 staatliche Spielbanken tatsächlich mit Umsatzsteuer zu belasten, was aus den Bundestags-Drucksachen 4/5432 vom 05.08.2009 und IV/1590 hervorgehe. Der Bund wolle insofern die Umsatzsteuer gar nicht einnehmen. Er erstatte die Umsatzsteuer der staatlichen Spielbanken an die Bundesländer durch den Finanzausgleich. Durch die Erstattung würden die Spielbanken von der Umsatzsteuer mittelbar befreit. Vor diesem Hintergrund könne die Streichung der Spielbanken aus § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG im Jahre 2006 nicht gemeint haben, Spielbanken fortan mit Umsatzsteuer zu belasten. Daraus folge, dass der neue § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG aus dem Jahre 2006 die SpielbkV nicht verdrängt habe und zwar insbesondere auch nicht nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelungen unter Einbeziehung der landesgesetzlichen Steuerbefreiungsregelungen. Andernfalls hätte der Gesetzgeber § 6 Abs. 1 SpielbkV konsequenterweise auch gestrichen.

Gegen die Ansicht des BFH, § 6 Abs. 1 SpielbkV sei als lex inferior von § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG 1967 als lex superior verdrängt, weil die SpielbkV nur Verordnung sei, das UStG als förmliches Gesetz aber über der SpielbkV stehe, spreche weiterhin, dass es sich bei der SpielbkV um eine gesetzesverändernde Rechtsverordnung handele. Damit habe sie aber den Rang eines förmlichen Gesetzes, mit der Folge, dass beide Normen ranggleich seien. Mithin habe das UStG 1967 die SpielbkV nicht als lex superior verdrängen können. Weiterhin sei § 6 Abs. 1 SpielbkV nicht von der Regelung zur Außer-Kraft-Setzung in § 31 Abs. 1 Nr. 7 UStG 1967 erfasst, da diese Norm nur dem UStG 1967 widersprechende Vorschriften erfasse. Bei § 6 Abs. 1 SpielbkV handele es sich aber gerade nicht um eine widersprechende oder als lex posterior verdrängte Norm, sondern habe einen gleichlautenden Regelungsinhalt bezüglich der Umsatzsteuer wie § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG 1967 und 2006 und sehe ergänzend eine spezialgesetzlich normierte Befreiung der Spielbanken von der Umsatzsteuer vor. Eine andere Sicht zu vertreten hieße, den oben dargestellten historischen Willen des Gesetzgebers, nämlich § 6 Abs. 1 SpielbkV weiterhin fortgelten zu lassen, mittels einer richterlichen contralegem-Rechtsanwendung zu übergehen. Die Auslegung könne aber nicht weiter gehen, als sie Auslegungsprinzipien es erlaubten. Dann könne das Gericht aber auch nicht eine solche steuerbefreiende Norm (§ 6 Abs. 1 SpielbkV) gegen und über den Willen des Gesetzgebers hinweg in verfassungswidriger und die Grenze möglicher Auslegung überschreitender Weise auslegen oder gar fortbilden.

Die fehlende Außer-Kraft-Setzung von § 6 Abs. 1 SpielbkV durch § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG 1967 werde schließlich dadurch deutlich, dass § 6 Abs. 1 SpielbkV die staatlichen Spielbanken noch heute von der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer befreie. Soweit der BFH in seinem Beschluss vom 04.07.2016 im Verfahren V B 115/15 die Ansicht vertrete, die Anwendbarkeit des § 6 SpielbkV sei schon deshalb nicht entscheidungserheblich, weil die dortige Klägerin nicht im Anwendungsbereich der Norm liege, verkenne der BFH den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG ). Denn die Klägerin könne aufgrund der Wirkung des § 6 SpielbkV ungerechtfertigt ungleich behandelt werden. Es werde einer (den Spielbanken) von zwei vergleichbaren Gruppen (Automatenaufsteller und Spielbanken) ein Vorteil gewährt (Umsatzsteuerbefreiung), für den es keinen Grund gebe. Der Gleichheitsgrundsatz und der umsatzsteuerliche Neutralitätsgrundsatz sprächen ebenfalls für eine Umsatzsteuerbefreiung der gewerblichen Automatenaufsteller.

Es sei Beweis über die Fragen zu erheben, ob sich seit der Abschaffung einer festen Einbehaltensquote vom Spieleinsatz die Höhe der Kassenzuflüsse der Geldspielautomaten nicht mehr oder jedenfalls nicht mehr im Vorhinein bestimmen lasse und ob das Geld, welches der Spieler am Geldspielgerät des Klägers für das initiieren eine Spielvorgangs einwerfe und einsetze, unabhängig davon, ob der Spieler einen Gewinn erspiele oder nicht, immer dasselbe sei, während gleichzeitig der Betrag, den der Spielhallenbetreiber erhalte, jedes Mal unterschiedlich und mitunter auch negativ ausfalle, und zwar jeweils durch Inaugenscheinnahme der streitgegenständlichen Geldspielgeräte des Klägers und durch Sachverständigengutachten.

Es sei auch Beweis darüber zu erheben, dass durch die Einführung der Umsatzsteuerpflicht 2006 ein deutlich geringerer Gewinn ausgewiesen werde und zwar durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.

Es werde zudem angeregt, die Sache gemäß Art. 100 Grundgesetz (GG ) dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen.

Der Kläger beantragt,

  1. die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide 2006 bis 2010 in der Gestalt Einfluss Entscheidung vom 12.08.2014 dahingehend abzuändern, dass die Umsatzsteuerfestsetzungen jeweils um die Umsatzsteuer aus Umsätzen von Geldspielautomaten gemindert werden,
  2. die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 2006 bis 2010 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.08.2014 dahingehend abzuändern, dass die streitgegenständlichen Umsatzsteuern auf die Glückspielumsätze nicht als Betriebseinnahmen und die gezahlten Vorsteuern als Betriebsausgaben anzusetzen sind,
  3. hilfsweise, das Verfahren auszusetzen und den EuGH gemäß Art. 267 Abs. 2 AEUV um eine Vorabentscheidung zu folgenden Vorlagefragen zu ersuchen:
  • Stellt die bloße Teilnahme der Spielhallenbetreibers via Geldspielgeräten am Glückspiel mit den teilnehmenden Spielern an den Geldspielgeräten einen steuerbaren Umsatz gegen Entgelt im Sinne der MwStSystRL dar, dem es nicht bereits im Lichte der bisherigen Rechtsprechung des EuGH, insbesondere in den Rechtssachen Tolsma (EuGH-Urteil vom 03.03.1994 – C-16/93 ) und Bastova (EUGH-Urteil vom 10.11.2016 – C-432/15), aufgrund der Zufälligkeit des Spielergebnisses (Gewinn oder Verlust) an dem für eine steuerbare Leistung notwendigen unmittelbaren Zusammenhang fehlt?Stellt das GIücksspiel via eines Geldspielgerätes im Lichte der EuGH-Rechtsprechung, insbesondere in der Rechtssache Coöperative Aardappelenbewaarplaats G.A. (EuGH-Urteil vom 05.02.1981 – C-154/80 ), keine steuerbare Dienstleistung dar, weil es ihr an einer bestimmten subjektiven Gegenleistung fehlt?
  • Stellt das bloße „Anbieten der Möglichkeit zum Glückspiel“ im Bereich des automatenbasierenden Glückspiels im Lichte der Rechtssache Tolsma (EuGH-Urteil vom 03.03.1994 – C-16/93 ) eine Leistung gegen Entgelt dar, obgleich der Betreiber einer Spielhalle für die bloße Einräumung der Möglichkeit Geldspielgeräte zu benutzen von Besuchern der Spielhalle keine Vergütung erlangt?
  • Stehen die unionsrechtlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit (dazu insbesondere EuGH C-445/06 , C-336/14 und C-129/00) einer Praxis der deutschen Finanzämter und Finanzgerichte entgegen, die dem Betreiber von Geldspielgeräten mit Gewinnmöglichkeit die Berufung auf die unmittelbar anwendbare Neutralität der Mehrwertsteuerrichtlinie entsprechend der Linneweber-Entscheidung des Gerichtshofs verwehren, wenn nach dem eindeutigen Wortlaut des geltenden deutschen Bundesrechts (§ 6 Abs. 1 SpielbkV 1938) die staatlichen und staatlich konzessionierten Spielbanken von der Mehrwertsteuerpflicht befreit sind und das angerufene Finanzgericht dazu meint, der deutsche Gesetzgeber habe „offenbar versäumt“, die Befreiungsregelung in § 6 Abs. 1 der Verordnung dem gesetzgeberischen Willen anzupassen?
  1. hilfsweise, die Frage nach der Geltung des § 6 Abs. 1 SpielbkV als vorkonstitutionelles Recht dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen,
  2. hilfsweise, die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen.

 

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, dass der Kläger vorliegend Leistungen erbracht und dafür von den Spielern Gegenleistungen erhalte habe. Jeder Spieler bezahle mit seinem Geldeinwurf für die Benutzung des Spielautomaten, was jeweils einen Leistungsaustausch darstelle. Nach den Urteilen des EuGH vom 05.05.1994 (C-38/93 ) und des BFH vom 20.01.1997 (V R 20/95 ) erziele der Automatenbetreiber jedenfalls in Höhe der ihm nach Abzug der festgelegten Gewinnausschüttungen verbleibenden Einnahmen ein umsatzsteuerpflichtiges Entgelt. Nach Abschaffung der gesetzlich festgelegten Ausschüttungsquote liege deren Bestimmung in der alleinigen Verfügungsmacht des Betreibers, so dass er sein (Mindest-) Entgelt selbst festlegen könne und keineswegs allein vom Zufall bzw. vom Glück der Spieler abhängig sei. Der für einen Leistungsaustausch erforderliche Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung sei damit gegeben. Soweit die vom Kläger zitierte Rechtsprechung zu anderen Ergebnissen komme, seien diese auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, da diese Entscheidungen auf jeweils anders gelagerten und nicht vergleichbaren Sachverhalten beruhten. Der BFH habe zweifelsfrei entschieden, dass die steuerbaren und steuerpflichtigen Umsätze von Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit nach der seit dem 06.05.2006 wirksamen Änderung des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG nicht mehr von dieser Befreiungsvorschrift erfasst seien. Die vom Kläger ausführlich erörterte Frage der Anwendbarkeit des § 6 SpielbkV sei nicht entscheidungserheblich, weil die von dieser Vorschrift vorgesehene Befreiung von der Umsatzsteuer seit jeher durch Anrechnung der Umsatzsteuer auf die Spielbankabgabe erreicht werde. Die Anwendung des § 6 SpielbkV habe somit eine Minderung der Spielbankabgabe, aber gerade nicht die vom Kläger begehrte Minderung der Umsatzsteuer zur Folge. Auch die vom Kläger als Folge der von ihm angenommenen Anwendbarkeit des § 6 SpielbkV monierte Ungleichbehandlung sei nicht zu erkennen. Durch § 6 SpielbkV habe die Doppelbesteuerung der Spielbankbetreiber mit Spielbankabgabe und Umsatzsteuer vermieden werden sollen. Eine solche Doppelbesteuerung könne beim Kläger trotz seiner umfangreichen Ausführungen aber nicht eintreten.

Dem erkennenden Senat haben bei seiner Entscheidung ein Band Umsatzsteuerakten, ein Band Einkommensteuerakten, ein Sonderband Einsprüche, zwei Bände EÜR-Akten, ein Sonderheft EinnahmeÜberschussrechnung sowie ein Sonderband Betriebsprüfungsgerichte nebst zwei Fallheften und die Gerichtsakten des Verfahrens 6 V 1811/14 vorgelegen. Wegen der Einzelheiten wird hierauf sowie auf die im gerichtlichen Verfahren eingegangenen Schriftsätze nebst Anlagen, auf das Sitzungsprotokoll und auf die in der mündlichen Verhandlung zu den Gerichtsakten eingereichten Unterlagen Bezug genommen.

 Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die mit der Klage angegriffenen Umsatzsteuer- und Einkommensteuerbescheide 2006 bis 2010, jeweils in Gestalt der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung, sind rechtmäßig. Der Kläger ist hierdurch nicht in seinen Rechten verletzt (§§ 40 Abs. 1, 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO -).

  1. Aufgrund der bis zum 05.05.2006 geltenden Fassung des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG waren nur die Umsätze der zugelassenen öffentlichen Spielbanken ohne Rücksicht auf die Art der veranstalteten Glücksspiele umsatzsteuerfrei, soweit sie unmittelbar mit dem Betrieb der Spielbank zusammenhängen. Der Grund für die Steuerbefreiung war die Vermeidung einer Doppelbesteuerung, weil die zugelassenen öffentlichen Spielbanken nach Maßgabe des Spielbankrechts der einzelnen Bundesländer einer Spielbankenabgabe in Höhe von in der Regel 80 % der Bruttoerträge unterliegen. Deshalb sind sie von den laufenden Steuern, die aufgrund von Bundesgesetzen erhoben werden, befreit. Der Betrieb von Geldspielautomaten unterlag dagegen nach dieser Vorschrift der Umsatzsteuer. Der EuGH hat erkannt, dass § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG in der bis zum 05.05.2006 geltenden Fassung insofern gegen Art. 13 Teil B Buchst. f der 6. Richtlinie des Rates 77/388/EWG zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer (6. EG-Richtlinie ) verstößt, als der (nach § 33 Buchst. c ff. Gewerbeordnung – GewO – erlaubte) Betrieb von Geldspielautomaten nicht ebenso von der Umsatzsteuer befreit ist wie der Betrieb von Geldspielautomaten in einer staatlich genehmigten Spielbank. Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität verbiete es, gleichartige und untereinander in Wettbewerb stehende Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln (EuGH-Urteil vom 17.02.2005 C-453/02 und C-462/02, Linneweber und Akriditis, DStR 2005, 371 [BFH 07.07.2004 – XI R 44/03 ] sowie nachfolgend BFH-Urteile vom 12.05.2005 V R 7/02 , BStBl. II 2005, 617 und vom 19.05.2005 V R 50/01, BFH/NV 2005, 1881 ; Leipold in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 4 Nr. 9 Rz. 80 sowie Heidner in Bunjes, § 4 Nr. 9 UStG Rdz. 17, jeweils m. w. N.). Da der Veranstalter oder Betreiber von Glücksspielgeräten / -automaten sich für die bis zum Inkrafttreten der Gesetzesänderung am 06.05.2006 bewirkten Umsätze gegenüber dem Finanzamt unmittelbar auf Art. 13 Teil B Buchst. f der 6. EG-Richtlinie berufen kann, hat der Beklagte nach dieser Maßgabe die Umsätze aus dem Betrieb der Glücksspielautomaten für den Zeitraum Januar bis Anfang Mai 2006 zutreffend als steuerfrei behandelt und die hierauf entfallenden Vorsteuerbeträge nicht zum Abzug zugelassen. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Der Kläger ist hierdurch nicht in seinen Rechten verletzt.
  2. Der Beklagte ist für die Zeit danach bis zum Streitjahr 2010 zutreffend davon ausgegangen, dass die streitigen Umsätze des Klägers aus dem Betrieb der Geldspielautomaten den steuerpflichtigen Umsätzen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1, 3 Abs. 9 UStG zuzurechnen und nicht steuerfrei sind.
  3. a) Der Betrieb von Geldspielautomaten ist gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1, 3 Abs. 9 UStG eine umsatzsteuerbare sonstige Leistung, die der Kläger als Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausgeführt hat.

Der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG ist weit auszulegen, da die entsprechenden unionsrechtlichen Vorgaben in Art. 4 der 6. EG-Richtlinie und Art. 2 der MwStSystRL der Mehrwertsteuer einen sehr weiten Anwendungsbereich zuweisen (vgl. BFH-Urteile vom 30.08.2017 XI R 37/14 , BFH/NV 2017, 1689 -1692 und vom 12.08.2015 2015 XI R 43/13, BStBl II 2015, 919 [BFH 12.08.2015 – XI R 43/13 ], Rz 33; EuGH-Urteile Redlihs vom 19.07.2012 C-263/11, HFR 2012, 1020 , Rz 24; Gmina Wroclaw vom 29.09.2015 C-276/14, HFR 2015, 1087 , Rz 26). Erforderlich ist eine beliebige Vorteilsgewährung, die zu einem Verbrauch führen kann; der Vorteil muss dabei einem identifizierbaren Leistungsempfänger eingeräumt werden (vgl. BFH-Urteile vom 30.08.2017 XI R 37/14 , BFH/NV 2017, 1689 -1692 und vom 27.02.2008 XI R 50/07, BStBl II 2009, 426 ). Auch die Veranstaltung von Glücksspielen fällt grundsätzlich in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer, ob sie erlaubt ist oder nicht (vgl. EuGH-Urteil Fischer vom 11.06.1998 C-283/95, HFR 1998, 777 , Rz 18, 23). Eine Dienstleistung wird nur dann gegen Entgelt erbracht und ist somit steuerpflichtig, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet (EuGH-Urteil vom 03.03.1994 C-16/93 , Tolsma, HFR 1994, 357) .

  1. aa) Die Leistung des Glückspielautomatenaufstellers bei Geldspielautomaten setzt sich aus dem Zurverfügungstellen des Geldspielautomaten für das jeweilige Spiel, der Zulassung zum Spiel mit Gewinnchance, der Einräumung der Gewinnchance und – bei Erzielung eines Gewinns – der Gewinnauszahlung zusammen (vgl. hierzu auch BFH-Urteile vom 30.08.2017 XI R 37/14 , BFH/NV 2017, 1689 -1692 und vom 20.01.1997 V R 20/95, BFH/NV 1997, 240 ; Nieskens in Rau/Dürrwächter, UStG , § 1 Anm. 534, Stichwort „Geldspielautomat“).

Diese Leistung erfolgt im Rahmen der detaillierten Vorgaben der aufgrund des § 33f Abs. 1 und des § 60a Abs. 2 Satz 4 der Gewerbeordnung (GewO ) erlassenen Verordnung über Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit – Spielverordnung – (SpielV; neugefasst durch Bek. v. 27.01.2006, BGBl. I 280) in Bezug auf die dort in §§ 6 ff. SpielV geregelten Verpflichtungen bei Ausübung des Gewerbes und die in §§ 11 ff. SpielV geregelte Zulassung der Spielgeräte. So erfolgt nach § 12 Abs. 2 SpielV eine Zulassung der Spielautomaten insbesondere nur dann, wenn Gewinne in solcher Höhe ausgezahlt werden, dass bei langfristiger Betrachtung kein höherer Betrag als 20 Euro je Stunde als Kasseninhalt verbleibt, wenn die Gewinnaussichten zufällig sind, wenn für jeden Spieler gleiche Chancen eröffnet werden, wenn die am Gerät dargestellten Gewinnaussichten zu keinem Zeitpunkt einen festen Gegenwert von 300 Euro übersteigen, wenn bei Beginn einer gemäß § 13 Nr. 6 SpielV erzwungenen Spielpause alle auf dem Geld- sowie Gewinnspeicher aufgebuchten Beträge automatisch ausgezahlt werden und wenn die Möglichkeit besteht, sämtliche Einsätze, Gewinne und Kasseninhalte für steuerliche Erhebungen zu dokumentieren. Geldspielautomaten sind nach § 13 SpielV nur zulassungsfähig wenn insbesondere folgende, weitere Anforderungen erfüllt sind: Der Spieleinsatz darf nur in Euro oder Cent erfolgen. Ein Spiel beginnt mit dem Einsatz des Geldes, setzt sich mit der Bekanntgabe des Spielergebnisses fort und endet mit der Auszahlung des Gewinns beziehungsweise der Einstreichung des Einsatzes. Die Summe der Verluste (Einsätze abzüglich Gewinne) darf im Verlauf einer Stunde 60 EUR nicht übersteigen. Die Summe der Gewinne abzüglich der Einsätze darf im Verlauf einer Stunde 400 EUR nicht übersteigen. Nach einer Stunde Spielbetrieb legt das Spielgerät eine Spielpause von mindestens fünf Minuten ein, in der keine Einsätze angenommen und Gewinne gewährt werden. Nach drei Stunden Spielbetrieb legt das Spielgerät eine Spielpause ein, in der es für mindestens fünf Minuten in den Ruhezustand versetzt wird; zu Beginn des Ruhezustandes sind die Geldspeicher zu entleeren und alle Anzeigeelemente auf die vordefinierten Anfangswerte zu setzen. Die Speicherung von Geldbeträgen in Einsatz- und Gewinnspeichern ist bei Geldannahme vom Spieler in der Summe auf 10 EUR begrenzt; höhere Beträge werden unmittelbar nach der Aufbuchung automatisch ausgezahlt. Eine Bedienvorrichtung für den Spieler, mit der er vorab einstellen kann, dass aufgebuchte Beträge unbeeinflusst zum Einsatz gelangen, ist unzulässig. Jeder Einsatz darf nur durch unmittelbar zuvor erfolgte gesonderte physische Betätigung des Spielers ausgelöst werden. Es gibt eine nicht sperrbare Bedienvorrichtung zur Auszahlung, mit der der Spieler uneingeschränkt über die aufgebuchten Beträge, die in der Summe größer oder gleich dem Höchsteinsatz sind, verfügen kann. Das Spielgerät beinhaltet eine Kontrolleinrichtung, die sämtliche Einsätze, Gewinne und den Kasseninhalt zeitgerecht, unmittelbar und auslesbar erfasst. Die Kontrolleinrichtung gewährleistet die in § 13 SpielV aufgeführten Begrenzungen. Das Spielgerät zeichnet nach dem Stand der Technik die von der Kontrolleinrichtung gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 8 SpielV erfassten Daten dauerhaft so auf, dass sie jederzeit elektronisch verfügbar, lesbar und auswertbar sind, sie auf das erzeugende Spielgerät zurückgeführt werden können, die einzelnen Daten mit dem Zeitpunkt ihrer Entstehung verknüpft sind, ihre Vollständigkeit erkennbar ist und feststellbar ist, ob nachträglich Veränderungen vorgenommen worden sind.

  1. bb) Für die Erbringung dieser Leistung nach Maßgabe der SpielV hatte der Kläger in den Streitjahren gegen den jeweiligen Spieler unabhängig vom Spielausgang auch einen Anspruch auf eine Vergütung, nämlich auf ein Entgelt in Form eines Spieleinsatzes. Weil die Leistung des Klägers und die Vergütung / das Entgelt dabei in einer inneren Verknüpfung im Sinne eines Kausalzusammenhangs standen, der Kläger nämlich das jeweilige Entgelt aufgrund seiner oben beschriebenen Leistung erhielt, liegt auch ein unmittelbaren Zusammenhangs zwischen Leistungserbringung und Entgelt vor. Zwischen dem leistenden Kläger und dem jeweiligen Spieler bestand jeweils ein Rechtsverhältnis, in dessen Rahmen nach Maßgabe der SpielV gegen Entgelt in unmittelbarem Zusammenhang stehende gegenseitige Leistungen ausgetauscht wurden. Die vom leistenden Kläger empfangenen Vergütungen bildeten mithin den tatsächlichen Gegenwert für die dem jeweiligen Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung in Form der Zurverfügungstellung der Geldspielautomaten für das jeweilige Spiel, der Zulassung zum Spiel mit Gewinnchance, der Einräumung der Gewinnchance und – bei Erzielung eines Gewinns – der Gewinnauszahlung. Dieser unmittelbare Zusammenhang wird auch nicht nachträglich angesichts des Einwandes des Klägers aufgehoben, wonach der Preis, den die Spieler für die fragliche Dienstleistung bezahlen, unabhängig davon, ob diese Spieler einen Gewinn erspielen oder nicht, immer derselbe sei, während gleichzeitig der Betrag, den der Spielhallenbetreiber (letztlich) erhalte, jedes Mal unterschiedlich und mitunter auch negativ ausfalle. Im Streitfall besteht auch keine Ungewissheit bzgl. der Zahlung durch die Spieler, die den unmittelbaren Zusammenhang zwischen der dem Leistungsempfänger erbrachten Dienstleistung und der erhaltenen Zahlung aufheben könnte (EuGH-Urteile vom 10.11.2016 C-432/15 Bastova, Rn. 29 unter Hinweis auf EuGH-Urteile vom 03.03.1994, Tolsma, C-16/93, Rn. 19, und vom 27.09.2001, Cibo Participations, C-16/00, Rn. 43).
  2. cc) Hieran ändern auch die in der mündlichen Verhandlung von dem Rechtsanwalt Y vorgebrachten Einwendungen nichts. Dieser hat vorgetragen, dass der Spieleinsatz (z.B. 20 Cent) zunächst in den Geldspeicher eingeworfen werde. Das eingeworfene Geld werde zunächst im Geldspeicher aufgebucht, sodann könne das im Geldspeicher verfügbare Geld in den Punktespeicher umgebucht werden. Danach könnten die im Punktespeicher verfügbaren Punkte zum Spiel eingesetzt oder auch in den Geldspeicher zurückgebucht und dann beliebig vom Spielgast verwendet werden, z.B. durch Auszahlung oder zurück in den Punktespeicher. Insofern bleibe die Verfügungsgewalt immer beim Spieler. Wegen der Möglichkeit, dass Punkteguthaben zurückgebucht werde, habe es der Spieler jederzeit in der Hand, das Spiel ohne Verlust zu beenden, es sei denn, der Punktestand sei verbraucht. Es kann dahinstehen, ob diese Ausführungen den einzelnen, oben beschriebenen Vorgaben der SpielV entsprechen. Denn ein solcher tatsächlicher Geschehensablauf ändert jedenfalls nichts an der rechtlichen Würdigung des Senates, wonach die Leistung des Automatenaufstellers bei Geldspielautomaten aus dem Zurverfügungstellen der Geldspielautomaten für das jeweilige Spiel, der Zulassung zum Spiel mit Gewinnchance, der Einräumung der Gewinnchance und – bei Erzielung eines Gewinns – der Gewinnauszahlung besteht. Sollte das eingeworfene, zunächst im Geldspeicher aufgebuchte und anschließend in den Punktespeicher umgebuchte Geld tatsächlich in einzelnen Situationen nicht zum Spiel eingesetzt, sondern in den Geldspeicher zurückgebucht und dann vom Spieler zur Auszahlung gebracht worden sein, handelte es sich hierbei jedenfalls um einen Vorgang, der vorliegend tatsächlich nicht der Besteuerung unterlag, weil sich hierbei der Kassenbestand nicht veränderte. Auch die Möglichkeit, dass das Punkteguthaben zurückgebucht wird (vgl. hierzu insbesondere § 13 Abs. 1 Nr. 6 Satz 4 SpielV, wonach es bei den Spielgeldautomaten eine nicht sperrbare Bedienvorrichtung zur Auszahlung gibt, mit der der Spieler uneingeschränkt über die aufgebuchten Beträge, die in der Summe größer oder gleich dem Höchsteinsatz gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 SpielV sind, verfügen kann), ändert nichts am Vorliegen eines Leistungsaustausches im vorgenannten Sinne und an der bestehenden unmittelbaren Verknüpfung der vom Kläger erbrachten Leistung und dem Entgelt.
  3. dd) Soweit der Kläger meint, dass es sich bei dem Betrieb von Geldspielautomaten nicht um eine umsatzsteuerbare sonstige Leistung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1, 3 Abs. 9 UStG handele, weil dem der Aspekt der Zufallsabhängigkeit entgegenstehe, vermag der erkennende Senat dem bereits aus den vorstehenden Erwägungen zur Leistung des Glückspielautomatenaufstellers und zum unmittelbaren Zusammenhang zwischen dieser Leistungserbringung und dem Entgelt des jeweiligen Spielers nicht zu folgen. Zudem ist die Zufallsabhängigkeit Bestandteil der klägerischen Leistung, die gerade auch in der Einräumung einer Gewinnchance im Rahmen der detaillierten Vorgaben der SpielV besteht. Damit ist die Zufallsabhängigkeit aber auch der klägerischen Leistung und dem Wesen des Glücksspiels immanent und somit beim Glückspiel Bestandteil des entgeltlichen Leistungsaustausches. So müssen nach der SpielV die Gewinnaussichten bei den Geldspielautomaten zufällig sein, wobei für jeden Spieler die gleichen Chancen eröffnet werden müssen (§ 12 Abs. 2 Buchst. b SpielV). Die oben beschriebene Leistungserbringung des Klägers gegen Entgelt erfolgt unabhängig von einem Einfluss des Klägers als Unternehmer auf den Spielverlauf und auch unabhängig davon, ob und wann ein Spieler das Spiel abbricht. Auch wenn erst mit Verlassen des Raumes feststeht, ob der jeweilige Spieler gewonnen oder verloren hat, ändert dies nichts an der Annahme der Erbringung der oben beschriebenen Leistung des Klägers gegen Entgelt, welche eben auch in der Einräumung der Gewinnchance und – bei Erzielung eines Gewinns – der Gewinnauszahlung besteht.
  4. ee) Der Annahme einer umsatzsteuerbaren sonstigen Leistung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1, 3 Abs. 9 UStG steht ferner nicht der in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Einwand entgegen, wonach mit der Gesetzesänderung im Jahre 2006 nicht gleichzeitig die SpielV in entsprechender Weise geändert worden sei, obwohl dem Verordnungsgeber bewusst gewesen sei, dass er auch die Problematik der Umsatzsteuer hätte mitregeln müssen. Hierin liegt auch kein Verstoß gegen den vom Kläger angeführten Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung. Zwar enthält § 13 Abs. 1 Nr. 3 SpielV in der in den Streitjahren geltenden Fassung eine Vergütungsregelung, die keinen Hinweis darauf enthält, dass in den dort geregelten Höchstsätzen die Umsatzsteuer berücksichtigt ist. Jedoch hindert nach Auffassung des BFH, der sich der erkennende Senat auch insoweit anschließt, § 13 Abs. 1 Nr. 3 SpielV einen gewerblichen Betreiber von Geldspielautomaten nicht rechtlich daran, die Umsatzsteuer an die Endverbraucher (Spieler) weiter zu berechnen (BFH-Beschluss vom 08.06.2011 XI B 38/1 , BFH/NV 2011, 1546 -1547 [BFH 08.06.2011 – XI B 38/11 ]). So muss auch bei den jeweiligen Geldspielautomaten die Möglichkeit vorhanden sein, sämtliche Einsätze, Gewinne und Kasseninhalte für steuerliche Erhebungen zu dokumentieren, (§ 12 Abs. 2 Buchst. d SpielV).
  5. ff) Der Kläger kann sich zur Stützung seiner Rechtsansicht auch nicht auf die EuGH-Urteile vom 03.03.1994 C-16/93 Tolsma, vom 05.02.1981 C-154/80 Coöperatieve Aardappelenbewaarplaats, vom 08.03.1988 C-102/86 Apple and Pear Development Council, und vom 10.11.2016 C-432/15 Bastova beziehen.

Denn der Kläger in Sachen Tolsma (C-16/93) musizierte mit einer Drehorgel auf öffentlichen Wegen und bat während seiner musikalischen Darbietungen Passanten mit einer Sammelbüchse um eine Vergütung oder suchte an Türen von Wohnungen und Geschäften um eine Vergütung nach, wobei er auf ein solche Vergütung aber keinen Anspruch erheben konnte. Im Gegensatz hierzu konnte der Kläger des hiesigen Verfahrens jedoch für die Erbringung seiner oben näher beschriebenen Leistung einen Anspruch auf eine Vergütung in Form der Entrichtung des Spieleinsatzes erheben. Die Spieler gewährten dem Kläger gerade nicht freiwillig eine Vergütung, da das Ingangsetzen des jeweiligen Geldspielautomaten, d.h. der Spielbetrieb unter Einräumung einer Gewinnchance, die Zahlung eines Spieleinsatzes voraussetzte und erst nach Aufbuchung dieses Einsatzes in den Geldspeicher und nachfolgend in den Punktespeicher möglich war. Hierin besteht der unmittelbare Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt. Hingegen haben im EuGH-Verfahren Tolsma die Passanten nicht darum gebeten, dass ihnen Musik zu Gehör gebracht wird. Ferner haben sie – so der EuGH – Beträge nicht aufgrund der musikalischen Darbietungen, sondern aus persönlichen Motiven sowie aus gegebenenfalls gefühlsmäßigen Erwägungen heraus gezahlt. Auch das vom Kläger angeführte EuGH-Urteil vom 05.02.1981 (C-154/80 Coöperatieve Aardappelenbewaarplaats), in welchem es um die umsatzsteuerliche Würdigung der genossenschaftlichen Lagerung von Kartoffeln ohne Erhebung eines Lagergeldes ging, steht der dargestellten Auffassung des erkennenden Senates nicht entgegen.

Soweit der Kläger auf das EuGH-Urteil vom 10.11.2016 (C-432/15 Bastova, UR 2016, 913 -922 [EuGH 10.11.2016 – C-432/15 ]) hinweist, kann er hieraus ebenfalls nichts zu seinen Gunsten herleiten. Der EuGH hat dort entschieden, dass die Teilnahme an einem Wettbewerb (dort: Pferderennen) keine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung ist, wenn für die Teilnahme weder ein Antrittsgeld noch eine andere unmittelbare Vergütung gezahlt wird und nur Teilnehmer (dort: die Eigentümer der Pferde) mit einer erfolgreichen Platzierung ein Preisgeld erhalten; denn die Ungewissheit einer Zahlung sei geeignet, den unmittelbaren Zusammenhang zwischen der dem Leistungsempfänger erbrachten Dienstleistung und der ggf. erhaltenen Zahlung aufzuheben. Insofern könne nicht davon ausgegangen werden, dass für die (bloße) Teilnahme eine tatsächliche Gegenleistung erbracht werde. Diese Konstellation liegt im hiesigen Streitfall aber nicht vor. Vorliegend ist der Kläger vielmehr wie ein Veranstalter anzusehen, der dem jeweiligen Spielteilnehmer gegenüber die oben beschriebene entgeltliche Dienstleistung in der Weise erbringt, als er gegen Zahlung des jeweiligen Spieleinsatzes insbesondere diesem die Zulassung bzw. Teilnahme am Spiel mit Gewinnchance gewährt. Dies führt auch nach der aktuellen EuGH- und BFH-Rechtsprechung zur Annahme einer sonstigen Leistung, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG ), wobei auch der erforderliche unmittelbare Zusammenhang zwischen dieser Leistung und der tatsächlich vom Steuerpflichtigen empfangenen Gegenleistung besteht ( vgl. hierzu BFH-Urteil vom 30.08.2017 XI R 37/14 , BFH/NV 2017, 1689 -1692 [BFH 30.08.2017 – XI R 37/14 ], Rz. 32 unter Hinweis auf Rz. 32, 34 des EuGH-Urteils vom 10.11.2016 C-432/15 Bastova, UR 2016, 913 -922 [EuGH 10.11.2016 – C-432/15 ][EuGH 10.11.2016 – C-432/15 ]).

Zudem kann sich der Kläger auch nicht auf das EuGH-Urteil vom 08.03.1988 (C-102/86 , Apple and Pear Development Council, HFR 1989, 452) , stützen. Bei der dortigen Klägerin handelte es sich um eine Einrichtung des öffentlichen Rechts, der die Förderung der Obsterzeugung oblag, und die die Tätigkeiten der Werbung, Absatzförderung und der Qualitätsverbesserung der Erzeugnisse ausübte. Zur Finanzierung dieser Tätigkeiten erhob sie von den Erzeugern einen Pflichtbeitrag, unabhängig davon, ob eine bestimmte Dienstleistung des Council dem jeweiligen Erzeuger einen Vorteil verschaffte oder nicht. Nach Auffassung des EuGH lagen keine Dienstleistungen gegen Entgelt im Sinne von Artikel 2 der 6. EG-Richtlinie vor. Der erforderliche unmittelbare Zusammenhangs zwischen der erbrachten Dienstleistung und dem erhaltenen Entgelt fehle, wenn die Aufgaben der Einrichtung die gemeinsamen Interessen der Erzeuger beträfen und die einzelnen Erzeuger, von denen die Beiträge unabhängig davon eingezogen werden könnten, ob eine bestimmte Dienstleistung ihnen einen Vorteil verschaffte, nur mittelbar von den Vorteilen profitierten, die allgemein dem gesamten Wirtschaftszweig erwüchsen. Bei dem Entgelt der jeweiligen Spieler in Form eines Spieleinsatzes handelt es sich im vorliegenden Streitfall aber gerade nicht um einen solchen Pflichtbeitrag. Vielmehr besteht vorliegend – wie bereits ausgeführt – ein unmittelbarer Zusammenhangs zwischen der erbrachten Dienstleistung und dem erhaltenen Entgelt. Die oben beschriebene Leistung des Klägers verschaffte unterschiedslos jedem einzelnen Spieler einen unmittelbaren, identischen Vorteil, nämlich die Zulassung zu einem chancengleichen Spiel (vgl. hierzu auch § 12 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b SpielV). Im hiesigen Streitfall erhob der Kläger mithin gerade keine Pflichtbeiträge, von denen die Spieler nur mittelbar profitierten.

Schließlich steht auch das zur Frage nach der Unternehmereigenschaft und Steuerbarkeit der Leistungen eines Berufspokerspielers ergangene BFH-Urteil vom 30.08.2017 (XI R 37/14 , BFH/NV 2017, 1689 -1692), welches zu einem vom hiesigen Streitfall abweichenden Sachverhalt ergangen ist, den obigen Ausführungen des erkennenden Senates nicht entgegen. Nach Auffassung des BFH erbringt ein Berufspokerspieler keine Leistung im Rahmen eines Leistungsaustauschs gegen Entgelt, wenn er an Spielen fremder Veranstalter teilnimmt und ausschließlich im Falle der erfolgreichen Teilnahme Preisgelder und Spielgewinne erhält; zwischen der bloßen Teilnahme am Kartenspiel und dem im Erfolgsfall erhaltenen Preisgeld oder Gewinn fehle dann der für einen Leistungsaustausch erforderliche unmittelbare Zusammenhang. Im hiesigen Streitfall mit seiner hiervon abweichenden Sachverhaltskonstellation ist der unmittelbare Zusammenhang aus den dargestellten Gründen jedoch gegeben. Zudem hat der BFH in seinem Urteil XI R 37/14 auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auch die Veranstaltung von Glücksspielen grundsätzlich in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer fällt, ob sie erlaubt ist oder nicht (vgl. EuGH-Urteil Fischer vom 11.06.1998 C-283/95, HFR 1998, 777 , Rz 18, 23) und dass die Leistung des Veranstalters an die Spieler in der Zulassung zum Spiel mit Gewinnchance besteht.

  1. b) Der Beklagte hat zudem rechtmäßig auf der Grundlage von § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG die Kasseneinnahmen der Geldspielgeräte der Besteuerung der Klägerin als Bemessungsgrundlage zugrunde gelegt (vgl. hierzu im Einzelnen auch FG Hamburg, Urteil vom 15.07.2014 3 K 207/13 , EFG 2015, 1315 -132, unter II. 4. und nachfolgend BFH-Beschluss vom 30.09.2015 V B 105/14 , BFH/NV 2016, 84 -87 sowie FG Hamburg, Urteil vom 07.01.2016 3 K 264/15 , juris und nachfolgend BFH-Beschluss vom 14.07.2016 V B 17/16 , BFH/NV 2016, 1593) .
  2. aa) So hat der EuGH hat in seinem Urteil vom 24.10.2013 (C-440/12 Metropol Spielstätten, UR 2013, 866 -872) im Zuge des Vorabentscheidungsersuchens des FG Hamburg vom 21.09.2012 (3 K 104/11 , EFG 2012, 2241 -2247), die Frage des FG, ob Art. 1 Abs. 2 Satz 1 und Art. 73 MwStSystRL einer nationalen Vorschrift oder Praxis entgegenstehen, wonach beim Betrieb von Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeit der Kasseninhalt („elektronisch gezählte Kasse“) des Geräts nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums als Bemessungsgrundlage zugrunde gelegt wird und – falls dies der Fall sein sollte – wie die Bemessungsgrundlage stattdessen zu bestimmen ist (vgl. hierzu Zif. 3. und 4. der zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen) entschieden, dass bereits Art. 1 Abs. 2 Satz 1 und Art. 73 MwStSystRL dahingehend auszulegen sind, dass sie einer nationalen Vorschrift oder Praxis, wonach beim Betrieb von Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit die Höhe der Kasseneinnahmen dieser Automaten nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums als Bemessungsgrundlage zugrunde gelegt wird, nicht entgegenstehen. Hinsichtlich der streitgegenständlichen Geldspielautomaten vertritt der EuGH insbesondere die Auffassung, dass die Gegenleistung, die der Betreiber für die Bereitstellung der Automaten tatsächlich erhält, nur in den Kasseneinnahmen nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums besteht, weil diese aufgrund der Vorschriften der SpielV den Teil der Einsätze darstellen, über den der Betreiber effektiv selbst verfügen kann (EuGH-Urteil vom 24.10.2013 C-440/12 , UR 2013, 866 [BFH 25.04.2013 – V R 7/11 ], Rz. 42; § 12 Abs. 2 Satz 1 Buchst. d der in den Streitjahren geltenden SpielV). Maßgeblich ist damit für den vorliegenden Streitfall allein, dass Entgelt i. S. des § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG auf der Grundlage der unionsrechtlichen Vorgaben gemäß Art. 73 MwStSystRL die Kasseneinnahmen der Automaten nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums ist (EuGH-Urteil vom 24.10.2013 C-440/12 Metropol Spielstätten, UR 2013, 866 -872 [BFH 25.04.2013 – V R 7/11 ], Rz. 39, 44).

Indem auf die so gebildete Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuersatz angewendet wird, errechnet sich die Umsatzsteuer auf die klägerischen Umsätze aus Geldspielautomaten proportional zum Preis der Dienstleistung i. S. von Art. 1 Abs. 2 Satz 2 MwStSystRL . Dass der EuGH – wie vom Kläger behauptet – die Regelung des Art. 1 Abs. 2 Satz 2 MwStSystRL rechtlich nicht gewürdigt hätte, ist nicht zu erkennen, zumal diese Bestimmung im Urteil C-440/12 eigens aufgeführt wird (EuGH-Urteil vom 24.10.2013 C-440/12 , UR 2013, 866 [BFH 25.04.2013 – V R 7/11 ], Rz. 3). Der EuGH hat dabei auch klargestellt, dass sich der Grundsatz der Proportionalität der Mehrwertsteuer nur auf die Bemessungsgrundlage beziehen kann. Zwar entspricht die Bemessungsgrundlage meist dem Preis, den der Endverbraucher als Gegenleistung für die Erbringung einer Dienstleistung oder die Lieferung eines Gegenstands entrichten muss, doch geht schon aus dem Wortlaut von Art. 73 MwStSystRL hervor, dass dies nicht immer und zwangsläufig der Fall ist. Nach Art. 73 MwStSystRL besteht die Bemessungsgrundlage nämlich aus allem, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Erbringer einer Dienstleistung von dem Empfänger oder einem Dritten erhält, und zwar „einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen“. Somit richtet sich die Bemessungsgrundlage danach, was der Steuerpflichtige tatsächlich als Gegenleistung erhält, und nicht danach, was ein bestimmter Adressat in einem konkreten Fall zahlt (vgl. in diesem Sinne u. a. EuGH-Urteil vom 19.06.2003, First Choice Holidays, C-149/01, Slg. 2003, I-6289, Rd. 28 bis 31 und die dort angeführte Rechtsprechung). Dieser EuGH-Rechtsprechung folgend hat die Verwaltung (BMF-Schreiben vom 05.07.1994, IV C 3-S 7200 -103/94, BStBl. I 1994, 465) zutreffend gefolgert, dass Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 1 UStG bei Umsätzen aus Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit der Kasseninhalt (abzüglich der darin enthaltenen Umsatzsteuer) ist.

Eine Besteuerungspraxis wie im Streitfall, bei der als Bemessungsgrundlage für Umsätze mit Spielgeräten – unabhängig von einer etwa gesetzlich festgelegten Einbehaltensquote vom Spieleinsatz – die monatlichen Kasseneinnahmen zugrunde gelegt werden, die ihrerseits von der Höhe der Gewinne und Verluste der jeweiligen Spieler abhängen, verstößt folglich nicht schon deshalb gegen das Unionsrecht, weil keine Proportionalität zwischen der geschuldeten Mehrwertsteuer und den isoliert betrachteten Einsätzen der einzelnen Spieler besteht. Zudem hat der EuGH entschieden, dass auch bei Geldspielautomaten, die aufgrund zwingender gesetzlicher Vorschriften so eingestellt sind, dass durchschnittlich mindestens 60 % der Spieleinsätze als Gewinne an die Spieler ausgezahlt werden, die Gegenleistung, die der Betreiber für die Bereitstellung der Automaten tatsächlich erhält, nur in dem Teil der Einsätze besteht, über den er effektiv selbst verfügen kann (EuGH-Urteil vom 05.05.1994 C- 38/93 , Glawe, BStBl. II 1994, 548, Rd. 9). Zwar brauchte der EuGH in diesem Urteil nicht über die Frage zu entscheiden, ob der Grundsatz der Individualbesteuerung es gebietet, die Bemessungsgrundlage anhand der Einsätze für ein Spiel oder eine Spielserie – mit anderen Worten anhand der Einsätze eines bestimmten Spielers – zu errechnen. Aus Rd. 5 und 14 dieses Urteils geht in Verbindung mit Rd. 27 bis 30 der Schlussanträge des Generalanwalts in dieser Rechtssache aber klar hervor, dass dies nach Ansicht des Gerichtshofs nicht der Fall war (so ausdrücklich EuGH-Urteil vom 24.10.2013 C-440/12 , UR 2013, 866 [BFH 25.04.2013 – V R 7/11 ]).

Eine Proportionalität der Umsatzsteuer zu dem Einsatz jedes einzelnen Spielers, die nach dem Vorbringen des Klägers deshalb nicht gegeben ist, weil Besteuerungsgrundlage nicht diese einzelnen Einsätze, sondern die monatlichen bzw. jährlichen Kasseneinnahmen seien, hat der EuGH in seiner Rechtsprechung nach alledem nicht gefordert. Dies ist auch nach der Rechtsprechung des BFH nicht erforderlich (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 10.11.2010 XI R 79/07 , BStBl. II 2011, 311 und vom 22.04.2010 V R 26/08, BStBl II 2010, 883 ).

Soweit die Klägerseite in der mündlichen Verhandlung insbesondere im Hinblick auf das EuGH-Urteil Metropol (C-440/12, UR 2013, 866 [BFH 25.04.2013 – V R 7/11 ]) zumindest sinngemäß auf einen greifbar gesetzwidrigen „ultra-vires-Rechtsakt“ abgestellt hat, ist ein solcher dem EuGH-Urteil Metropol indes nicht zu entnehmen (so auch im Einzelnen BFH-Beschluss vom 30.09.2015 V B 105/14 , BFH/NV 2016, 84 -87).

Vorliegend hat der Beklagte zutreffend als Bemessungsgrundlage nicht die von den Spielern gezahlten Einsätze angesetzt, sondern die Kasseneinnahmen, die den Bruttospielertrag des Gerätebetreibers abbilden, zugrunde gelegt. Davon ist die Umsatzsteuer abzuziehen, sodass sich als Bemessungsgrundlage die sog. Nettokasse ergibt. Damit ist aber auch der vom Kläger angeführte Aspekt der Abschaffung einer gesetzlich festgelegten Einbehaltensquote für die zu treffende Entscheidung unerheblich, wobei dieser Umstand und eine entsprechende Einstellung der Geräte zudem als wahr unterstellt werden können, mithin der klägerseits angebotene Beweis nicht zu erheben war. Nach den unstreitigen Angaben im Betriebsprüfungsbericht wurde der Kasseninhalt bzw. Kassenbestand im Einzelnen mittels des durch das jeweilige Gerät erstellten Abrechnungsteils, der auf einem Auslesestreifen ausdruckbar war, dargestellt. Dies entspricht im Übrigen auch der Regelung des § 12 Abs. 2 Nr. 4 SpielV, wonach bei dem Geldspielgerät die Möglichkeit bestehen muss, sämtliche Einsätze, Gewinne und Kasseninhalte für steuerliche Erhebungen zu dokumentieren. Dabei kann auch der weitere, vom Beklagten nicht bestrittene Vortrag des Klägers als wahr unterstellt werden, wonach die in seinem Geschäftsbetrieb in den Streitjahren eingesetzten Geldspielgeräte nach deren gerätespezifischer und technischer Konstruktion, mithin bauartbedingt die vom Kläger zitierten Anforderungen gemäß § 12 Abs. 1 und 2 SpielV erfüllten. Auch insoweit bedurfte es keiner Beweiserhebung. Damit wurden die entsprechenden Bestandsveränderungen von einer Kontrolleinrichtung im jeweiligen Gerät registriert und bei der Berechnung der Kasseneinnahmen über die der Betreiber effektiv selbst verfügen konnte, berücksichtigt. Die im Streitfall bestehende Besonderheit, dass der Kläger nach den auch insofern unstreitigen Feststellungen der Betriebsprüfung den Auslesestreifen des darüber hinaus vorhandenen statistischen Teils entfernt hatte, kann insofern nicht zum rechtlichen Vorteil des Klägers gereichen, sondern ist lediglich Anlass einer – dem Grunde und der Höhe nach unstreitigen – Hinzuschätzung nach § 162 AO , der sich der erkennende Senat anschließt.

  1. bb) Nach alledem hat der Beklagte zu Recht die Kasseneinnahmen der Geldspielgeräte als umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage i. S. des § 10 Abs. 1 UStG herangezogen (vgl. hierzu auch FG Hamburg, Urteil vom 15.07.2014 3 K 207/13 , juris, Rz. 192 ff.). Auf dieser Grundlage hat der Beklagte nach Aktenlage und nach den im Streitfall ersichtlichen Besonderheiten (vgl. hierzu im Einzelnen die Betriebsprüfungsberichte) in nicht zu beanstandender Weise die Umsatzsteuer festgesetzt. Gegenteiliges ergibt sich für den erkennenden Senat insofern auch nicht aus dem Hinweis des Klägers auf den Neutralitätsgrundsatz und auf die Vorlagebeschlüsse des BFH vom 21.06.2017 (V R 51/16 , BFH/NV 2017, 1576 -1581 – zur Sollbesteuerung) sowie vom 03.08.2017 (V R 60/16, BFH/NV 2017, 1581 -1584 – zur Anwendbarkeit der Margenbesteuerung und des ermäßigten Steuersatzes) und auch nicht unter dem Aspekt einer Vorfinanzierung der geschuldeten Steuer und der nach klägerischer Ansicht fehlenden Möglichkeit zu Abwälzung.
  2. c) Ferner geht der Beklagte zutreffend davon aus, dass die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG in der ab dem 06.05.2006 geltenden Fassung nicht einschlägig ist, weil nach dieser Bestimmung nur solche Umsätze steuerbefreit sind, die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz (RennwLottG) fallen; davon nicht erfasst werden Umsätze aus sonstigen Glücksspielen mit Geldeinsatz, zu denen die streitigen Umsätze des Klägers gehören. Schließlich kann sich der Kläger zur Steuerfreiheit der Umsätze weder auf die 6. EG-Richtlinie noch auf die MwStSystRL als unmittelbar anwendbares Recht stützen.
  3. aa) Mit der Neufassung des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG durch das Gesetz zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen vom 28.04.2006 (StEindämmG; BGBl I 2006, 1095 ) wurde die vom EuGH eingeforderte umsatzsteuerrechtliche Neutralität gegenüber dem bisherigen Rechtszustand mit Wirkung ab dem 06.05.2006 in der Weise hergestellt, dass Umsätze durch die Veranstaltung von Glücksspielen aller Art, die nicht durch das RennwLottG erfasst werden, und durch den Betrieb von Glückspielgeräten sowohl innerhalb als auch außerhalb zugelassener öffentlicher Spielbanken der Umsatzsteuer unterliegen und damit gleichbehandelt werden. Auf Vorlage des BFH vom 17.12.2008 XI R 79/07 (BStBl. II 2009, 434) hat der EuGH die Neuregelung des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG als mit dem Unionsrecht vereinbar angesehen (EuGH-Urteil vom 10.06.2010 C-58/09 , Leo-Libera, BFH/NV 2010, 1509 [BFH 30.03.2010 – VII B 182/09 ]). Nach den Ausführungen des EuGH haben die Mitgliedstaaten innerhalb des unionsrechtlichen Grundsatzes der steuerlichen Neutralität (vgl. hierzu auch EuGH-Urteil vom 10.11.2011 C-259/10 und C-260/10, The Rank Group, UR 2012, 104 [BFH 12.10.2011 – V R 66/09 ], zur britischen Rechtslage) im Rahmen der Umsetzung des Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL einen weiten Wertungsspielraum, innerhalb dessen es ihnen freisteht, Bedingungen und Beschränkungen für die in der Bestimmung vorgesehene Befreiung von der Umsatzsteuer festzulegen (Leipold in Sölch/Ringleb; UStG , § 4 Nr. 9 Rz. 81 m. w. N.). Der BFH hat daher in der Folgeentscheidung zu diesem Urteil (BFH-Urteil vom 10.11.2010 XI R 79/07 , BStBl. II 2011, 311 und BVerfG vom 16.04.2012 1 BvR 523/11 , BFH/NV 2012,1405, Nichtannahmebeschluss vom 08.06.2011; vgl. auch BFH-Beschluss vom 08.06.2011 XI B 38/11 , BFH/NV 2011, 1546 -1647 sowie FG Münster, Beschluss vom 18.01.2013 5 V 3800/12 U , EFG 2013, 556) entschieden, dass § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG in der ab 06.05.2006 geltenden Fassung weder verfassungswidrig ist noch gegen EU-Recht verstößt.
  4. bb) Die nach wie vor gegen die Regelung in § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG vorgebrachten Einwendungen hat der BFH als mittlerweile hinreichend geklärt beurteilt (vgl. u.a. BFH-Beschluss vom 10.06.2016 V B 97/15 , BFH/NV 2016,1497 [BFH 10.06.2016 – V B 97/15 ]; Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 26.03.2017 1 BvR 1951/16 ). Nach der o.g. Rechtsprechung des BFH ist geklärt, dass – § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG in der ab 06.05.2006 geltenden Fassung durch das Gesetz zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen (BGBl. I 2006, 1095) mit dem Unionsrecht, insbesondere mit Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL ; bis 31.12.2006 Art. 13 Teil B Buchst. f 6. EG.Richtlinie) vereinbar ist (EuGH-Urteile Metropol vom 24.10.2013 C-440/12, EU:C:2013:687; Leo-Libera vom 10.06.2010 C-58/09, EU:C:2010:333, Rz 39; vgl. hierzu auch das vom Kläger angeführte EuGH-Urteil Haderer vom 14.06.2007 C-445/05, ECLI:EU:C:2007:344 sowie BFH-Urteil vom 10.11.2010 XI R 79/07 , BStBl II 2011, 311 , Rz 29 und BFH-Beschlüsse vom 26.02.2014 V B 1/13, BFH/NV 2014, 915 , Rz 4; vom 30.09.2015 V B 105/14, BFH/NV 2016, 84 , Rz 3 ff. und vom 14.12.2015 XI B 113/14, BFH/NV 2016, 599 [BFH 14.12.2015 – XI B 113/14 ], Rz 15, 16),- nach der MwStSystRL die Mehrwertsteuer und eine innerstaatliche Sonderabgabe auf Glücksspiele kumulativ erhoben werden dürfen, sofern die Sonderabgabe nicht den Charakter einer Umsatzsteuer hat (EuGH-Urteil Metropol, EU:C:2013:687, Rz 32),- das Unionsrecht einer innerstaatlichen Regelung, wonach die geschuldete Mehrwertsteuer betragsgenau auf eine nicht harmonisierte Abgabe angerechnet wird, nicht entgegensteht (EuGH-Urteil Metropol, EU:C:2013:687, Rz 60),- Art. 135 Abs. 1 MwStSystRL es den Mitgliedstaaten gestattet, nur bestimmte Glücksspiele mit Geldeinsatz von der Steuer zu befreien (EuGH-Urteil Leo-Libera, EU:C:2010:333, Rz 39).

Zudem hatte der BFH bereits in seinem das Streitjahr 2007 betreffenden Urteil vom 10.11.2010 (XI R 79/07, BStBl II 2011, 311 [BFH 10.11.2010 – XI R 79/07 ]) klargestellt, dass die Umsätze eines gewerblichen Betreibers von Geldspielautomaten nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG steuerbar und aufgrund der am 06.05.2006 in Kraft getretenen Neuregelung des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG steuerpflichtig sind. Ferner hat der BFH einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz verneint, wenn für Umsätze aus dem Betrieb gleichartiger Geldspielgeräte (Glücksspiel mit Geldeinsatz) der gewerblichen Betreiber von Geldspielautomaten und der staatlichen Spielbanken die gleiche Bemessungsgrundlage gilt (BFH-Urteil vom 10.11.2010 XI R 79/07 , BStBl II 2011, 311 [BFH 10.11.2010 – XI R 79/07 ]). Die hiergegen eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde gemäß §§ 93a , 93b BVerfGG vom BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG-Beschluss vom 16.04.2012, 1 BvR 523/11 , BFH/NV 2012, 1405) . Das BVerfG hat dabei insbesondere ausgeführt, dass die angegriffene Entscheidung des BFH im Hinblick darauf, dass der BFH von einem zweiten Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH abgesehen habe, nicht die Garantie des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs 1 S 2 GG ) verletzt habe. Es sei nicht ersichtlich, dass der BFH die Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs 3 AEUV in unvertretbarer Weise gehandhabt hätte. Die Rechtsauffassung des BFH erscheine jedenfalls gut vertretbar. Auf diese Entscheidung des BVerfG hat der BFH in seiner Entscheidung 04.07.2016 (V B 115/15, BFH/NV 2016, 1592 [BFH 04.07.2016 – V B 115/15 ]) ausdrücklich Bezug genommen und vor diesem Hintergrund unter weiterer Bezugnahme auf das EuGH-Urteil – Leo-Libera (vom 10.06.2010 C-58/09, EU:C:2010:333, Leitsatz sowie Rz 39) erneut klargestellt, dass die sich hinsichtlich der Besteuerung von Geldspielautomatenumsätzen ergebenden umsatzsteuerrechtlichen Fragen durch die Rechtsprechung geklärt sind.

  1. cc) Soweit der Kläger sich zur Stützung seiner Rechtsposition auf § 6 Abs. 1 SpielbkV und auf die Fortgeltung dieser Norm auch im Zuge des Umsatzsteuergesetzes 1968 und nach Einführung des neuen § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG im Jahre 2006 stützt und insofern auf den Grundsatz lex specialis derogat legi generali sowie die fehlende Absicht des Bundes und der Länder, staatliche Spielbanken auch im Zuge der Herausnahme aus der Vorschrift des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG im Rahmen einer Doppelbelastung mit Umsatzsteuer zu belasten, abstellt, kann dies der Klage ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Gleiches gilt für den Einwand, entgegen der Auffassung des BFH sei § 6 Abs. 1 SpielbkV als lex inferior auch nicht von § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG 1967 als lex superior verdrängt worden, da § 6 Abs. 1 SpielbkV als „gesetzesverändernde“ Rechtsverordnung den Rang eines förmlichen Gesetzes habe, beide Normen mithin „ranggleich“ seien.

So hat der BFH insbesondere auch in seiner Entscheidung vom 04.07.2016 (V B 115/15, BFH/NV 2016, 1592 [BFH 04.07.2016 – V B 115/15 ]), welche vom Kläger in seinem Schriftsatz vom 12.05.2016 als vorgreiflich bezeichnet wurde, zunächst ausgeführt, dass durch die Rechtsprechung insbesondere auch geklärt sei, dass die Umsätze eines gewerblichen Betreibers von Geldspielautomaten aufgrund der am 06.05.2006 in Kraft getretenen Neuregelung des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG steuerpflichtig sind, dass diese Regelung sowohl unionsrechtskonform als auch verfassungsrechtlich unbedenklich ist und dass eine umsatzsteuerrechtliche Ungleichbehandlung von gewerblichen Betreibern von Geldspielautomaten im Verhältnis zu Spielbanken zulässig ist. Auch insofern hat der BFH ausdrücklich auf sein Urteil vom 10.11.2010 (XI R 79/07, BStBl II 2011, 311 [BFH 10.11.2010 – XI R 79/07 ]) und auf das EuGH- Urteil Leo-Libera vom 10.06.2010 (C-58/09, EU:C:2010:333; Leitsatz sowie Rz. 39) sowie auf den Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 16.04. 2012 (1 BvR 523/11 , BFH/NV 2012, 1405) verwiesen (vgl. hierzu auch BFH-Beschluss vom 22.02.2017 V B 122/16 , BFH/NV 2017, 77 -774). Zudem sei die Frage nach der Anwendbarkeit des § 6 SpielbkV schon deshalb nicht entscheidungserheblich, weil die Klägerin des dortigen Verfahrens – wie der Kläger im hiesigen Streitfall – nicht unter den Anwendungsbereich dieser Norm falle, da sie – wie der Kläger – keine Spielbank sei. Soweit der klägerische Vortrag dahin zu verstehen sei, dass eine umsatzsteuerrechtliche Ungleichbehandlung im Verhältnis zu Spielbanken geltend gemacht wird, sei auch deren Zulässigkeit durch die Rechtsprechung bereits geklärt (EuGH-Urteil Leo-Libera, EU:C:2010:333; BFH-Urteil in BFHE 231, 373, BStBl II 2011, 311 [BFH 10.11.2010 – XI R 79/07 ]). Die in § 6 SpielbkV vorgesehene Befreiung von der Umsatzsteuer durch Anrechnung auf die Spielbankabgabe führe zur Minderung der Spielbankabgabe, nicht – umgekehrt – zum Wegfall der Umsatzsteuer (so auch EuGH-Urteil Metropol Spielstätten vom 24.10.2013 C-440/12, UR 2013, 866 -872 [BFH 25.04.2013 – V R 7/11 ] unter Hinweis auf EuGH-Urteil vom 10.06.2010 Leo-Libera, C-58/09, BFH/NV 2010, 1590 -1593 [EuGH 10.06.2010 – Rs. C-58/09 ]). All diesen Erwägungen des BFH und EuGH schließt sich der erkennende Senat an.

Zudem ist mit dem BFH (Beschluss vom 14.07.2016 V B 17/16 , BFH/NV 2016, 1593 [BFH 14.07.2016 – V B 17/16 ]) darauf hinzuweisen, dass es zutreffend ist, dass § 6 Abs. 1 SpielbkV 1938 anordnete, dass der „Spielbankunternehmer … für den Betrieb der Spielbank von den laufenden Steuern des Reichs, die vom Einkommen, vom Vermögen und vom Umsatz erhoben werden, sowie von der Lotteriesteuer und von der Gesellschaftssteuer befreit“ ist. Für den Bereich der Umsatzsteuer wurde diese – gem. Art. 123 GG als Bundesrecht weitergeltende – Steuerbefreiung aber bereits durch § 4 Nr. 9 Buchst. a Satz 1 UStG 1967 eigenständig geregelt. Da § 4 Nr. 9 Buchst. a Satz 1 UStG 1967 eine Steuerfreiheit für „die Umsätze der zugelassenen öffentlichen Spielbanken, die durch den Betrieb der Spielbank bedingt sind“, anordnete, hat schon diese Norm die Umsatzsteuerfreiheit nach der SpielbkV als junges und spezielles Gesetz verdrängt. Soweit die Klägerin sich darauf beruft, § 6 Abs. 1 SpielbkV gelte als speziell geregelte Steuerbefreiung für Spielbanken entsprechend den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen fort, wonach eine Spezialvorschrift die allgemeine Regelung verdrängt, greift diese Überlegung nicht durch. Denn diese Auslegungsregel entfaltet im Streitfall schon deshalb keine Wirkung mehr, weil der BFH diesbezüglich bereits geklärt hat, dass nach einem hier einschlägigen anderen Auslegungsgrundsatz das spätere Gesetz die frühere Regelung verdrängt („lex posterior derogat legi priori“; vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2016, 1593 [BFH 14.07.2016 – V B 17/16 ], Rz 3).

  • 4 Nr. 9 Buchst. a Satz 1 UStG 1967 verdrängt im Bereich der Umsatzsteuer mithin die Steuerfreiheit nach der SpielbkV. Damit ist entschieden, dass die Regelung in § 6 SpielbkV heute für den Bereich der Umsatzsteuer nicht mehr gilt (so auch der für die Streitjahre 2007 bis 2010 ergangene BFH-Beschluss vom 22.02.2017 V B 122/16 , BFH/NV 2017, 772 -774 und der diesem nachfolgende Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 07.11.2017, 1 BvR 1006/17 ; ebenso Huschens, in Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG , § 4 Nr. 9 Rz 153 und Klenk in Rau/Dürrwächter, UStG , § 4 Nr. 9 Anm. 133.2 unter Hinweis auf das Gutachten des BFH vom 21.01.1954 V D 1/53 S , BStBl. III 1954, 122 sowie zur Berechtigung der Bundesrepublik Deutschland, die Spielbankumsätze im Rahmen des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG i.d.F. des Gesetzes vom 28.04.2006 nicht mehr von der Umsatzsteuer zu befreien). Die Annahme des Klägers, § 6 Abs. 1 SpielbkV könne neben § 4 Nr. 9 Buchst. a Satz 1 UStG bestehen geblieben sein, ist überdies mit dem Wortlaut des § 4 Nr. 9 Buchst. a Satz 1 UStG 1967 nicht vereinbar.

Die somit seit dem UStG 1967 ausschließlich nach den Spezialregelungen des Umsatzsteuerrechts bestehende Steuerfreiheit für Spielbanken entfiel dann aufgrund der Neuregelung des § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG durch Art. 2 und 4 des Gesetzes zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen vom 28.04.2006 (BGBl I 2006, 1095 , BStBl I 2006, 353 ) mit Wirkung ab dem 06.05.2006 (vgl. hierzu auch BFH-Urteil vom 10.11.2010 XI R 79/07 , BStBl II 2011, 311 ).

Da es wegen der fehlenden Fortgeltung der Regelung in § 6 Abs. 1 SpielbkV demnach nicht zu einer Ungleichbehandlung von Spielbanken und gewerblichen Betreibern von Geldspielautomaten kommt, scheidet auch der von der Klägerin für denkbar gehaltene Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz von vornherein aus (BFH-Beschluss vom 22.02.2017 V B 122/16 , BFH/NV 2017, 772 -774).

  1. dd) Soweit sich der Kläger als Unternehmer angesichts der Umsatzsteuerbefreiung für Spielbanken in § 6 SpielbkV 1938 unter Berücksichtigung des Neutralitätsgrundsatzes auf die Steuerbefreiung in Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL als unmittelbar anwendbares Recht beruft, vermag er hiermit auch nicht durchzudringen. Das wird bestätigt durch § 31 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 UStG 1967 , wonach die in anderen als den in § 31 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 UStG aufgeführten Rechtsvorschriften enthaltenen umsatzsteuerrechtlichen Vorschriften, soweit sie dem UStG 1967 widersprachen und nicht auf völkerrechtlichen Verträgen beruhten, außer Kraft gesetzt wurden (BGBl I 1967, 545, 560 ). Das galt gemäß § 31 Nr. 7 Satz 2 UStG 1967 insbesondere für die nicht in das UStG 1967 übernommenen Steuerbefreiungen und Steuerermäßigungen. Denn die auf vorkonstitutionellem Recht beruhende Umsatzsteuerbefreiung für Spielbanken in § 6 SpielbkV ist jedenfalls spätestens mit dem Inkrafttreten des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG i.d.F. durch Art. 2 des Gesetzes zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen vom 28.04.2006 (BGBl I 2006, 1095 ) am 06.05.2006 entfallen. Der Gesetzgeber hat damit zum Ausdruck gebracht, dass die „beabsichtigte Änderung des § 4 Nr. 9 Buchstabe b UStG Folge des Urteils des EuGH vom 17.02.2005 (verbundene Rechtssachen C-453/02 und C-462/02) und der Anschluss-Urteile des BFH vom 12.05.2005 V R 7/02 und vom 19.05.2005 V R 50/01 ist, wonach es unzulässig ist, Umsätze gewerblicher Glücksspielanbieter zu besteuern, während Umsätze zugelassener öffentlicher Spielbanken steuerbefreit sind. Die bislang umsatzsteuerfreien Umsätze der zugelassenen öffentlichen Spielbanken, die durch den Betrieb der Spielbank bedingt sind, werden in die Umsatzsteuerpflicht einbezogen“ (BTDrucks 16/634, S. 7; vgl. auch S. 11 f.). Auch deshalb besteht für den erkennenden Senat kein Zweifel daran, dass die Regelung in § 6 Abs. 1 SpielbkV für den Bereich der Umsatzsteuer im Streitzeitraum keine Wirkung mehr entfaltete und sich folglich die Frage eines Neutralitätsverstoßes wegen einer nicht im UStG geregelten Umsatzsteuerbefreiung für Spielbanken nicht stellt (so auch im Einzelnen mit weiterer Begründung BFH-Beschluss vom 22.05.2017 V B 133/16 , BFH/NV 2017, 1999 -1202). Deshalb kommt auch die insofern vom Kläger beantragte Vorlage an das BVerfG zur Frage nach der Geltung des § 6 Abs. 1 SpielbkV als vorkonstitutionelles Recht nicht in Betracht. Es liegt auch kein Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit und Klarheit vor.
  2. d) Die Klage hat auch keinen Erfolg, soweit der Kläger in seinen Schriftsätzen vom 19.12.2016, 14.02.2018 und 19.02.2018 sinngemäß die Frage für grundsätzlich bedeutsam hält, ob die betragsgenaue Anrechenbarkeit der Umsatzsteuer bei der Erhebung der Spielbankenabgabe gegen den Neutralitätsgrundsatz, das Diskriminierungsverbot oder das Transparenzgebot verstößt und ob sich hieraus das Gebot einer Umsatzsteuerfreistellung bei gleichzeitigem Erhalt des Rechts auf Vorsteuerabzug ergibt (vgl. hierzu u.a. BFH-Beschlüsse vom 08.07.2017 V B 24/17 BFH/NV 2017, 1337 -1339 [BFH 06.07.2017 – V B 24/17 ] und vom 27.06.2017 V B 162/16, BFH/NV 2017, 1336 -1337 [BFH 27.06.2017 – V B 162/16 ]). Dabei kann offen bleiben, ob der Kläger dabei die BFH-Rechtsprechung zutreffend wiedergegeben hat. Denn der BFH verweist zur Anrechenbarkeit der Umsatzsteuer bei der Erhebung der Spielbankenabgabe in gefestigter Rechtsprechung (u.a. BFH-Beschlüsse vom 08.07.2017 V B 24/17 BFH/NV 2017, 1337 -1339 [BFH 06.07.2017 – V B 24/17 ][BFH 06.07.2017 – V B 24/17 ] und vom 27.06.2017 V B 162/16, BFH/NV 2017, 1336 -1337) darauf, dass der EuGH bereits entschieden hat, dass Art. 1 Abs. 2 der MWStSystRL dahin auszulegen ist, dass er einer innerstaatlichen Regelung, wonach die geschuldete Mehrwertsteuer betragsgenau auf eine nicht harmonisierte Abgabe angerechnet wird, nicht entgegensteht. Ferner verpflichtet der Grundsatz der steuerlichen Neutralität im Bereich der Mehrwertsteuer nur im Rahmen dieses harmonisierten Systems zur Gewährleistung von Gleichbehandlung und Neutralität (EuGH-Urteil vom 24.10.2013 C-440/12 , Metropol Spielstätten, EU:C:2013:687). Nach der Rechtsprechung des EuGH ist es damit ohne Belang, dass die Höhe einer nicht harmonisierten Abgabe auf Spiele, zu der bestimmte mehrwertsteuerpflichtige Veranstalter und Betreiber von Glücksspielen mit Geldeinsatz ebenfalls herangezogen werden, an die für diese Tätigkeit anfallende Mehrwertsteuer angepasst wird, da der Grundsatz der steuerlichen Neutralität auf eine solche Abgabe keine Anwendung findet (EuGH-Urteil Leo-Libera vom 10.06.2010 C-58/09, EU:C:2010:333, Rz 38; vgl. auch BFH-Beschluss vom 04.07.2016 V B 115/15 , BFH/NV 2016, 1592 , Rz 5, m.w.N.). Es sind insoweit auch im hiesigen Verfahren keine neuen Gesichtspunkte ersichtlich oder vorgetragen, die der EuGH in seine Betrachtung nicht einbeziehen konnte.

Der von dem Kläger – auch unter Vorlage diverser Unterlagen in der mündliche Verhandlung – angeregten Aufklärung und Würdigung der bestehenden oder beabsichtigten Besteuerungspraxis bei den öffentlichen Spielbanken bedarf es nicht, weil es für die steuerrechtliche Beurteilung des Streitfalls hierauf nicht ankommt (vgl. BFH-Beschlüsse vom 06.07.2017 V B 24/17, BFH/NV 2017, 1337 -1339, vom 14.07.2016 V B 17/16, BFH/NV 2016, 1593 und vom 30.09.2015 V B 105/14, BFH/NV 2016, 84 -87 [BFH 30.09.2015 – V B 105/14 ], Rz. 8 f., 33 und FG Hamburg, Urteil vom 07.01.2016 3 K 264/15 , juris). Im Übrigen hat das BVerfG auch die Verfassungsbeschwerden gegen die Beschlüsse des BFH in BFH/NV 2016, 1592 [BFH 04.07.2016 – V B 115/15 ][BFH 04.07.2016 – V B 115/15 ] und vom 13.01.2016 V B 58/15 (nicht veröffentlicht), in denen ebenfalls die Ungleichbehandlung der Besteuerung der Umsätze von Geldspielautomatenbetreibern im Verhältnis zu Betreibern öffentlicher Spielbanken streitig war, nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG-Beschlüsse vom 24.04.2017 1 BvR 2229/16 und vom 19.04.2017 1 BvR 2100/16). Auch die vom Kläger gerügte Ungleichbehandlung von gewerblichen Geldspielgerätebetreibern im Verhältnis zu öffentlichen Spielbanken unter dem Aspekt einer unzulässigen Beihilfe nach Art. 107 AEUV führt die vorliegende Klage nicht zum Erfolg. Denn es handelt sich bei der von der Klägerin beanstandeten Begünstigung nicht um umsatzsteuerrechtliche Bestimmungen, weshalb der BFH eine EuGH-Vorlage abgelehnt hat (vgl. BFH-Beschlüsse vom 06.07.2017 V B 24/17, BFH/NV 2017, 1337 -1339 [BFH 06.07.2017 – V B 24/17 ]; V B 26/17, BFH/NV 2017, 1339 -1340 [BFH 06.07.2017 – V B 26/17 ][BFH 06.07.2017 – V B 26/17 ]; V B 27/17, BFH/NV 2017, 1340 -1341 [BFH 06.07.2017 – V B 27/17 ] sowie V B 28/17, BFH/NV 2017, 1341 -1343 [BFH 06.07.2017 – V B 28/17 ] und vom 30.05.2017 II R 62/14, BFH/NV 2017, 1133) .

Auch die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob Art. 135 Abs. 1 Buchst. i, Art. 401 MwStSystRL dahingehend auszulegen sind, dass Mehrwertsteuer und nationale Sonderabgabe auf Glückspiele nur alternativ, nicht kumulativ erhoben werden dürfen, wenn auch bei der Mehrwertsteuererhebung nicht alle wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer erfüllt werden, hat keine grundsätzliche Bedeutung, weil sie durch das EuGH-Urteil Metropol bereits entschieden ist (vgl. hierzu im Einzelnen BFH-Urteil vom 22.05.2017 V B 133/16 , BFH/NV 2017, 1199 -1202).

Dasselbe gilt für das Diskriminierungsverbot, das im Zeitpunkt des EuGH-Urteils Metropol Spielstätten (EU:C:2013:687) im Jahr 2013 nicht nur als allgemeiner Grundsatz bestand, sondern in Art. 20, 21 der am 01.12.2009 in Kraft getretenen Charta der Grundrechte der Europäischen Union – EUGrdRCh – (2010/C 83/02) bereits ausdrücklich kodifiziert war und das vom EuGH in anderen Verfahren (z.B. EuGH-Urteil Glatzel vom 22.05.2014 C-356/12, EU:C:2014:350) in seine Entscheidung einbezogen worden ist. Es ist deshalb davon auszugehen, dass der EuGH auch das Diskriminierungsverbot in seinem Urteil Metropol Spielstätten bereits berücksichtigt und als nicht verletzt gewürdigt hat (so auch BFH-Beschluss vom 06.07.2017 V B 24/17 , BFH/NV 2017, 1337 – 1339) . Auch beide Umsatzsteuersenate des BFH haben die Frage, ob die betragsgenaue Anrechnung der geschuldeten Mehrwertsteuer auf eine nicht harmonisierte Abgabe dem Unionsrecht entgegensteht, bereits als nicht mehr klärungsbedürftig beurteilt (BFH-Beschlüsse vom 14.12.2015 XI B 113/14, BFH/NV 2016, 599 und vom 10.06.2016 V B 97/15, BFH/NV 2016, 1497) . Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerden gegen diese BFH-Beschlüsse nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG-Beschluss vom 26.03.2017 1 BvR 1951/16 zum Beschluss des V. Senats in BFH/NV 2016, 1497 [BFH 10.06.2016 – V B 97/15 ] und BVerfG-Beschluss vom 21.03.2017 1 BvR 1025/16 zum Beschluss des XI. Senats in BFH/NV 2016, 599 [BFH 14.12.2015 – XI B 113/14 ]). Hierzu hätte aber für den Fall, dass das BVerfG Zweifel hinsichtlich einer Verletzung des Neutralitätsgrundsatzes oder des Diskriminierungsverbotes gehabt haben sollte, Veranlassung bestanden, denn das BVerfG sieht das Diskriminierungsverbot als zum Kernbestand der Unionsbürgerschaft gehörend an und geht davon aus, dass es unmittelbar von mitgliedstaatlichen Gerichten anzuwenden ist (so auch u.a. BFH-Beschlüsse vom 08.07.2017 V B 24/17 BFH/NV 2017, 1337 -1339 [BFH 06.07.2017 – V B 24/17 ] und vom 27.06.2017 V B 162/16, BFH/NV 2017, 1336 -1337; vgl. auch BVerfG-Beschluss Le Corbusier vom 19. Juli 2011 1 BvR 1916/09, BVerfGE 129, 78, Rz 76).

Im Übrigen hat das BVerfG auch die Verfassungsbeschwerden gegen die Beschlüsse des BFH in BFH/NV 2016, 1592 [BFH 04.07.2016 – V B 115/15 ] und vom 13. Januar 2016 V B 58/15 (nicht veröffentlicht), in denen ebenfalls die Ungleichbehandlung der Besteuerung der Umsätze von Geldspielautomatenbetreibern im Verhältnis zu Betreibern öffentlicher Spielbanken streitig war, nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG-Beschlüsse vom 24. April 2017 1 BvR 2229/16, und vom 19. April 2017 1 BvR 2100/16).

Soweit der Kläger eine Ungleichbehandlung darin sehen möchte, dass bei Spielbanken die Umsatzsteuer auf die von diesen, nicht aber von dem Kläger zu entrichtende Spielbankenabgabe angerechnet wird, liegt auch kein Verstoß gegen Art. 3, 12, 14 GG vor. Zu beurteilen ist vorliegend die Umsatzsteuer und nicht die Spielbankenabgabe.

Der Kläger kann sich mangels Entscheidungserheblichkeit auch nicht auf Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL berufen, soweit er rügt, nach deutschem Recht berechtigt bzw. verpflichtet zu sein, für jeden einzelnen Umsatz dem Dienstleistungsempfänger eine Rechnung auszustellen, dieses Recht aber durch die nationale Verwaltungspraxis vereitelt werde und eine Möglichkeit zur Abwälzung fehle. Es ist nicht erkennbar, in welchem Zusammenhang die Steuerbefreiung in Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL mit der faktischen Möglichkeit des Klägers zur Ausstellung von Rechnungen stehen soll. Vorliegend ist über die Steuerpflicht der durch den Kläger erbrachten Leistungen zu entscheiden, während die Frage der Rechnungserteilung das zivilrechtliche Verhältnis zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger betrifft. Die Pflichten über die Erteilung von Rechnungen beeinflussen nicht die Bestimmung des Anwendungsbereichs der materiell-rechtlichen Befreiungstatbestände (BFH-Beschlüsse vom 22.05.2017 V B 133/16, BFH/NV 2017, 1199 -1202 und vom 30.09.2015 V B 105/14, BFH/NV 2016, 84) . Überdies ist die Berechtigung zur Ausstellung einer Rechnung eine Selbstverständlichkeit und daher keine Ausprägung des Grundrechts auf freie Berufsausübung gemäß Art. 12 GG (so auch FG Hamburg, Urteil vom 07.01.2016 3 K 264/15 , juris, m. w. N.).

Das Transparenzgebot ist vorliegend ebenfalls nicht berührt. Das Transparenzgebot ergibt sich aus den Grundsätzen der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung und betrifft im Wesentlichen das öffentliche Auftragswesen und die Erteilung behördlicher Erlaubnisse (vgl. EuGH-Urteile Impresa Edilux und SICEF vom 22.102015 C-425/14, EU:C:2015:721; Sporting Exchange vom 03.06 2010 C-203/08, EU:C:2010:307, Rz 39, 47; Wall vom 13.04.2010 C-91/08, EU:C:2010:182, Rz 33; Telaustria und Telefonadress vom 07.12.2000 C-324/98, EU:C:2000:669, Rz 60 bis 62; Eurawasser vom 10.09.2009 C-206/08, EU:C:2009:540, Rz 44; Serrantoni und Consorzio stabile edili vom 23.12.2009 C-376/08, EU:C:2009:808, Rz 31 und 32; Michaniki vom 16.12.2008 C-213/07, EU:C:2008:731, Rz 44).

Soweit dem klägerischen Vortrag zu entnehmen ist, dass dieser die Frage für grundsätzlich bedeutsam ansieht, ob die Richtlinie 98/34/EG dahin auszulegen ist, dass die Steuervorschrift eines Mitgliedstaats, durch die eine Mehrwertsteuer auf Umsätze aus Geldspielgeräten mit Gewinnmöglichkeit faktisch (wieder) eingeführt wird, eine notifizierungspflichtige „technische Defacto-Vorschrift“ darstellt, ist mit dem BFH (Urteil vom 30.09.2015 V B 105/14 , BFH/NV 2016, 84 -87 [BFH 30.09.2015 – V B 105/14 ]) darauf hinzuweisen, dass die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage durch das – zur Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.06.1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften L 204, S. 37) ergangene – EuGH-Urteil Berlington Hungary vom 11.06. 2015 C-98/14 (EU:C:2015:386, Rz 97) entfallen ist. Danach „können steuerrechtliche Vorschriften …, die von keiner technischen Spezifikation oder sonstigen Vorschrift begleitet werden, deren Einhaltung sie sicherstellen sollen, nicht als technische Defacto-Vorschriften eingestuft werden“.

Nach den vorstehenden Ausführungen liegen im Hinblick auf Art. 131, 135 Abs. 1 Buchst. i, 137 i.V.m. Art. 167, 168, 169, 173, 174, 192 ff., 199, 401 MwStSystRL schließlich auch nicht die Voraussetzungen für die Durchführung eines Dispensverfahrens nach Art. 395 Abs. 1 MwStSystRL vor.

Da die den Streitfall betreffenden gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen bereits Gegenstand einer Auslegung durch den EuGH waren, hat der BFH auch keine Verpflichtung zu einer (erneuten) Vorlage gesehen. Zudem sei die Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum bleibe (BFH-Beschlüsse vom 06.07.2017 V B 24/17, BFH/NV 2017, 1337 -1339 [BFH 06.07.2017 – V B 24/17 ]; V B 26/17, BFH/NV 2017, 1339 -1340 [BFH 06.07.2017 – V B 26/17 ][BFH 06.07.2017 – V B 26/17 ]; V B 27/17, BFH/NV 2017, 1340 -1341 [BFH 06.07.2017 – V B 27/17 ] sowie V B 28/17, BFH/NV 2017, 1341 -1343 [BFH 06.07.2017 – V B 28/17 ]). Auch dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat an.

  1. Da die vom Kläger erzielten Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten den steuerpflichtigen Umsätzen i. S. d. § 1 Abs. 1 Satz 1 UStG zuzurechnen sind und nicht unter die Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG fallen, sowie im Rahmen der klägerischen Einkünfte aus Gewerbebetrieb vereinnahmt wurden, war die Umsatzsteuer auf Glückspielumsätze einkommensteuerrechtlich als Betriebseinnahmen nach § 4 Abs. 3 EStG und die – ebenfalls betrieblich veranlassten – Vorsteuerbeträge als Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG anzusetzen. Da insoweit bzgl. der Höhe zwischen den Beteiligten kein Streit besteht und auch nach Aktenlage keine Anhaltspunkte für eine rechtswidrige Steuerfestsetzung bestehen, war auch die Klage wegen Einkommensteuer abzuweisen. Auch insoweit ist kein Verstoß gegen gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen ersichtlich.
  2. Die Klage ist unter Berücksichtigung sämtlicher Einwendungen des Klägers unbegründet. Eine Grundrechtsverletzung nach Art. 3, 12, 14 GG liegt nicht vor. Alleine dass der Kläger im Ergebnis lediglich anderer Auffassung als der EuGH, das BVerfG und der BFH ist, kann der vorliegenden Klage nicht zum Erfolg verhelfen.

Angesichts der vorstehenden Rechtsausführungen bedurfte es auch keiner Beweiserhebung durch Inaugenscheinnahme der streitgegenständlichen Geldspielgeräte und durch Sachverständigengutachten über die vom Kläger angeführten Fragen, ob sich nämlich seit der Abschaffung einer festen Einbehaltensquote vom Spieleinsatz die Höhe der Kassenzuflüsse der Geldspielautomaten nicht mehr oder jedenfalls nicht mehr im Vorhinein bestimmen lässt und ob das Geld, welcher der Spieler am Geldspielgerät des Klägers für das Initiieren eines Spielvorganges einwirft und einsetzt, unabhängig davon, ob der Spieler einen Gewinn erspielt oder nicht, immer dasselbe ist, während gleichzeitig der Betrag, den der Spielhallenbetreiber erhält, jedes Mal unterschiedlich und mitunter auch negativ ausfällt. Die genannten Beweisfragen sowie die benannten Beweismittel sind angesichts der vorstehenden Rechtsausführungen für die hier zu reffende Entscheidung unerheblich. Gleiches gilt für die beantrage Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber, dass bzw. ob durch die Einführung der Umsatzsteuerpflicht 2006 ein deutlich geringerer Gewinn ausgewiesen wird. Auch dies ist für die hier zu treffende Entscheidung unerheblich.

  1. Das Verfahren war nicht gemäß § 74 FGO auszusetzen. Die beantragte Aussetzung im Hinblick auf die von der Klägerin angeregte Vorlage an den EuGH nach Art. 267 AEUV kam aus den dargelegten Gründen nicht in Betracht. Gleiches gilt für eine etwaige Vorlage an das BVerfG.
  2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO .
  3. Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts und insofern im Hinblick auf die Frage zuzulassen, ob der für einen Leistungsaustausch erforderliche unmittelbare Zusammenhang zwischen der Leistung eines Glückspielautomatenaufstellers und der tatsächlich von ihm empfangenen Gegenleistung im Hinblick auf das BFH-Urteil vom 30.08.2017 (XI R 37/14 , BFH/NV 2017, 1689) auch dann besteht, wenn der Glückspielautomatenaufsteller zwar tatsächlich eine vom jeweiligen Spielausgang unabhängige Vergütung durch den einzelnen Spieler erhält, die Höhe der verbleibenden Kasseneinnahmen jedoch letztlich ebenso einer Ungewissheit unterliegen wie der Erfolg des jeweiligen Spielers.
Hessisches FG  v.  – 6 K 2400/17

Gesetzgebung: Neuregelungen im Juni 2018

Während der Fußball-WM können auch bei späten Anstoßzeiten die Spiele auf Großleinwänden im Freien verfolgt werden. Die neue Datenschutz-Grundverordnung schafft in der EU einen einheitlichen Rechtsrahmen für den Umgang mit personenbezogenen Daten. Diese und weitere Neuerungen sind nun in Kraft getreten.

Auch in diesem Jahr können Fußball-Fans die WM-Spiele bis zum Abpfiff beim Public Viewing live verfolgen.

1. Inneres

Ein modernes Datenschutzrecht für alle Europäer

Die Datenschutz-Grundverordnung schafft einen einheitlichen Rechtsrahmen, der den freien Verkehr personenbezogener Daten in der EU gewährleistet. Zugleich wird das Grundrecht auf Schutz der personenbezogenen Daten aus Artikel 8 der Europäischen Grundrechtecharta gestärkt. Ergänzend tritt das neue Bundesdatenschutzgesetz in Kraft.

Das neue Datenschutzrecht gilt seit dem 25. Mai in Deutschland und in der gesamten EU.

Weitere Informationen:

Datenschutz-Grundverordnung

Zukunft deutscher Polizeiarbeit gestärkt

Das Bundeskriminalamt wird neu und zukunftssicher aufgestellt. Die Regelungen zur Neustrukturierung des Bundeskriminalamtgesetzes sind am 25. Mai 2018 in Kraft getreten. Die Befugnis zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung für sogenannte Gefährder gilt bereits seit Juni 2017.

Weitere Informationen:

Bundeskriminalamtgesetz

2. Justiz

Mehr Sicherheit in Europa

Daten von Flugreisenden können künftig zur Bekämpfung von Terrorismus und schwerer Kriminalität verwendet werden. Dazu wird der Informationsaustausch zwischen den EU-Staaten verbessert. Das Gesetz setzt eine EU-Richtlinie um und ist schon teilweise in Kraft. Weitere Teile sind am 25. Mai 2018 in Kraft getreten.

Weitere Informationen:

Fluggastdaten

3. Lärmschutz

Fußball-Weltmeisterschaft: Public Viewing auch abends

Während der Fußball-Weltmeisterschaft in Russland kann der Lärmschutz gelockert werden. So ist es möglich, auch in den Abendstunden die Fußballspiele öffentlich und im Freien zu übertragen. Über diese Ausnahmen entscheiden die Behörden vor Ort. Die Verordnung ist am 5. Mai in Kraft getreten.

Weitere Informationen:

Public Viewing

4. Soziales

Deutsch-philippinisches Abkommen zur sozialen Sicherheit

Das deutsch-philippinische Sozialversicherungsabkommen stellt den sozialen Schutz im Bereich der jeweiligen Rentenversicherungssysteme sicher. Das gilt insbesondere für den Fall, dass sich Versicherte im jeweils anderen Vertragsstaat aufhalten. Das Sozialversicherungsabkommen zwischen Deutschland und den Philippinen tritt am 1. Juni 2018 in Kraft.

Weitere Informationen:

Deutsch-philippinisches Sozialversicherungsabkommen

Quelle: Bundesregierung, Pressemitteilung vom 31.05.2018

Keine sog. „tatsächliche Verständigung“ mit dem Finanzamt über Hinterziehungszinsen möglich

Mit Urteil vom 12. April 2018 (6 K 2254/17) hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz (FG) entschieden, dass wegen einer Steuerhinterziehung festzusetzende Hinterziehungszinsen nicht Gegenstand einer sog. „tatsächliche Verständigung“ zwischen Steuerpflichtigem und Finanzamt sein können.

Der Kläger betreibt in der Vorderpfalz einen Handel mit gebrauchten Fahrzeugen. Im Rahmen einer Steuerfahndungsprüfung wurde festgestellt, dass der Kläger in den Jahren 2004 bis 2009 Steuern hinterzogen hatte, deren Höhe allerdings nicht mehr zweifelsfrei aufklärbar war. Der Kläger und das Finanzamt einigten sich daher in einer schriftlich dokumentierten sog. „tatsächlichen Verständigung“ dahingehend, dass nicht verbuchte Einnahmen anzusetzen und die Gewinne um die vereinbarten Beträge (rund 100.000 Europro Jahr) zu erhöhen seien. Nach Bestandskraft der entsprechend geänderten Einkommensteuerbescheide setzte das beklagte Finanzamt Hinterziehungszinsen fest (rund 9.800 Euro). Dagegen legte der Kläger Einspruch ein, weil nach seiner Auffassung im Rahmen der tatsächlichen Verständigung ein Zahlungsbetrag festgelegt worden sei, der auch die Hinterziehungszinsen habe beinhalten sollen. Der Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen. Dagegen erhob der Kläger Klage (über die noch nicht entschieden ist) und stellte außerdem einen Antrag beim Finanzamt auf Erlass der Hinterziehungszinsen. Gegen die Ablehnung dieses Erlassantrags hat der Kläger (nach erfolglosem Einspruchsverfahren) ebenfalls Klage erhoben, die vom FG mit folgender Begründung abgewiesen wurde:

Die schriftlich abgefasste tatsächliche Verständigung enthalte keine Vereinbarung zu den Hinterziehungszinsen. Eine wie auch immer geartete mündliche Zusage sei ebenfalls nicht nachgewiesen. Unabhängig davon wäre eine solche (mündliche wie schriftliche) Vereinbarung auch gar nicht zulässig und daher -jedenfalls für das Gericht -ohnehin nicht bindend. Denn eine tatsächliche Verständigung oder Zusage sei allenfalls in Bezug auf einen unklaren Sachverhalt oder bei Entscheidungen zulässig, bei denen der Finanzverwaltung ein Ermessens- oder Beurteilungsspielraum zustehe. Bei reinen Rechtsfragen hingegen könnten solche Vereinbarungen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes nicht getroffen werden. Die Rechtsfolge, dass bei Vorliegen einer Steuerhinterziehung -die hier aufgrund der bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide feststehe -zwingend Hinterziehungszinsen festgesetzt werden müssten, ergebe sich bereits aus dem Gesetz und sei daher einer Einigung nicht zugänglich.

Kontext der Entscheidung

Im Zuge einer Steuerfahndungsprüfung bei Verdacht einer Steuerhinterziehung kann es zu einer schriftlichen tatsächlichen Verständigung über die Besteuerungsgrundlagen zwischen dem Steuerpflichtigen und dem Finanzamt kommen, weil die Sachverhalte teils lange zurückliegen und mitunter sehr schwierig zu ermitteln sind (z. B. bei Auslandssachverhalten).

Bei diesem Verfahren ist zu berücksichtigen, dass Gegenstand einer tatsächlichen Verständigung weder schriftlich noch mündlich der Verzicht des Finanzamtes auf die Festsetzung von Hinterziehungszinsen sein kann. Bei der Auslotung der Möglichkeit einer tatsächlichen Verständigung sollte der Steuerpflichtige in der wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung – zur Vermeidung späterer Rechtsstreitigkeiten vor dem Finanzgericht – daher berücksichtigen, dass bei Vorliegen einer Steuerhinterziehung zwingend noch Hinterziehungszinsen festzusetzen sind.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Quelle: FG Rheinland-Pfalz, Pressemitteilung vom 30.05.2018 zum Urteil 6 K 2254/17 vom 12.04.2018 (nrkr)

Entsenderichtlinie: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort

Das Europäische Parlament hat heute (Dienstag) in Straßburg die am 1. März erzielte politische Einigung über die Überarbeitung der Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern bestätigt. Damit kann der Vorschlag der Kommission für gleiches Entgelt für gleiche Arbeit am gleichen Ort und mehr Rechtssicherheit für entsendete Arbeitnehmer und für Arbeitgeber europaweit gültig werden. Die Kommission begrüßt das Votum des Europäischen Parlaments.

Marianne Thyssen, die für Beschäftigung, Soziales, Qualifikationen und Arbeitskräftemobilität zuständig EU-Kommissarin, erklärte: „Die heutige Abstimmung im Europäischen Parlament ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einem faireren Binnenmarkt. Ich danke insbesondere den beiden Mitberichterstatterinnen des Europäischen Parlaments, Elisabeth Morin Chartier und Agnes Jongerius, denen wir die Einigung verdanken. Die politische Einigung, die das Europäische Parlament heute angenommen hat, stellt eine wesentliche Verbesserung gegenüber den Vorschriften der Richtlinie von 1996 sowohl für entsandte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen als auch für Unternehmen dar. Im Mittelpunkt steht der Grundsatz des gleichen Entgelts für gleiche Arbeit am selben Ort. Ich bin überzeugt, dass wir mit dieser überarbeiteten Richtlinie gemeinsam einen wichtigen Beitrag zur Wahrung der Fairness im Binnenmarkt leisten.“

Jedes Jahr werden über 2 Millionen Arbeitnehmer von ihrem Arbeitgeber in ein anderes EU-Land entsendet -Deutschland belegt dabei europaweit Platz 2: über 260.000 Arbeitnehmer wurden 2016 von ihrem Arbeitgeber in ein anderes europäisches Land geschickt. Umgekehrt wurden die meisten Arbeitnehmer aus anderen EU-Ländern zur Arbeit nach Deutschland entsendet: 440.000 im Jahr 2016. Die Richtlinie wird seit 2016 überarbeitet. Seitdem hat es eine Reihe von Trilogen zwischen Parlament und Rat gegeben. Der heute im Plenum des Europäischen Parlaments angenommene Text ist das Ergebnis einer Einigung, die im Anschluss an die 7. Trilog-Sitzung des Rates am 1. März 2018 erzielt wurde. Er enthält die wichtigsten Elemente des ursprünglichen Vorschlags der Kommission, einschließlich des Grundsatzes des gleichen Entgelts für gleiche Arbeit am selben Ort.

Mit der überarbeiteten Richtlinie wird die Entsendung von Arbeitnehmern, die in einem Mitgliedstaat beschäftigt sind und von ihrem Arbeitgeber zur Erbringung einer Arbeitsleistung vorübergehend in einen anderen Mitgliedstaat entsandt werden, erleichtert. Ziel sind gerechte Entlohnungs- und gleiche Wettbewerbsbedingungen für entsendende wie lokale Unternehmen im Aufnahmeland.

Hauptpunkte der Reform sind:

  • Alle Regeln des Gastmitgliedstaates für die Entlohnung, die gesetzlich oder in bestimmten Tarifverträgen festgelegt sind, gelten auch für entsandte Arbeitnehmer.
  • Der Arbeitgeber muss für Reise-, Verpflegungs- und Unterbringungskosten aufkommen (statt Abzug vom Lohn der Arbeitnehmer).
  • Die maximale Entsendungsdauer wurde auf 12 Monate festgelegt, wobei dieser Zeitraum um sechs Monate verlängert werden kann. Danach kommen alle arbeitsrechtlichen Bestimmungen des Gastlandes zur Anwendung.
  • Leiharbeitsunternehmen müssen ihren entsandten Arbeitnehmern die gleichen Bedingungen garantieren wie sie für Leiharbeitnehmer im Mitgliedstaat, in dem die Arbeit erbracht wird, gelten.
  • Die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Betrug wird verstärkt.
  • Die neuen Elemente der Richtlinie gelten im Verkehrssektor, sobald die geplanten sektorspezifischen Rechtsvorschriften in Kraft getreten sind.

Hintergrund

Die Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern stammt aus dem Jahr 1996. Sie enthält eine Reihe von Mindestbedingungen, einen „harten Kern“ von Arbeitnehmerrechten, wie Mindestlohnsätze, Höchstarbeitszeiten, bezahlter Mindestjahresurlaub oder Bedingungen für die Überlassung von Arbeitskräften durch Leiharbeitsunternehmen, auf die die entsandten Arbeitnehmer Anspruch haben.

Im Laufe der vergangenen 20 Jahre hat sich die wirtschaftliche und arbeitsmarktpolitische Lage in der Europäischen Union jedoch stark verändert und eine Überarbeitung der derzeitigen Bestimmungen erforderlich gemacht. Lohnunterschiede und divergierende Gesamtlohnkosten konnten finanzielle Anreize für die Entsendung von Arbeitnehmern schaffen. Rechtsunsicherheit und Schlupflöcher in den Bestimmungen haben zudem zu einem Anstieg von missbräuchlichen und betrügerischen Praktiken wie beispielsweise die Nutzung von Briefkastenfirmen oder fingierten Untervergabeketten geführt, die die Ausbeutung entsandter Arbeitnehmer nach sich zieht.

Nächste Schritte

Nachdem die Richtlinie in Kraft getreten ist, haben die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, um diese in nationales Recht umzusetzen.

Quelle: EU-Kommission, Pressemitteilung vom 29.05.2018

Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Bauleistungen nach § 13b Abs. 5 Satz 2 i. V. m. Abs. 2 Nr. 4 UStG

Anzahlungen/Änderungen der Abschnitte 13.5, 13b.12 und 15.3 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses

I.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) vom 1. Oktober 2010 (BStBl I S. 846), der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 23. April 2018 – III C 3 – S-7103-a / 17 / 10001 (2018/0248550), BStBl I S. xxx, geändert worden ist, wie folgt geändert:

1. In Abschnitt 13.5 wird nach Absatz 7 folgender Absatz 8 angefügt:

(8) Zur Behandlung von Anzahlungen für Leistungen im Sinne des § 13b UStG, wenn die Voraussetzungen für die Steuerschuld des Leistungsempfängers im Zeitpunkt der Vereinnahmungen der Anzahlungen noch nicht vorlagen, vgl. Abschnitt 13b.12 Abs. 3.

2. Abschnitt 13b.12 Abs. 3 wird wie folgt geändert:

a) Nach Satz 2 werden folgende neue Sätze 3 und 4 eingefügt:

3Liegen die Voraussetzungen für die Steuerschuld des Leistungsempfängers im Zeitpunkt der Vereinnahmung der Anzahlungen nicht vor, schuldet der leistende Unternehmer die Umsatzsteuer. 4Erfüllt der Leistungsempfänger im Zeitpunkt der Leistungserbringung die Voraussetzungen als Steuerschuldner, bleibt die bisherige Besteuerung der Anzahlungen beim leistenden Unternehmer bestehen (vgl. BFH-Urteil vom 21. 6. 2001, V R 68/00, BStBl 2002 II S. 255).“

b) Der bisherige Satz 3 wird neuer Satz 5.

3. In Abschnitt 15.3 wird nach Absatz 5 folgender Absatz 6 angefügt:

(6) Für Anzahlungen, bei denen erst im Zeitpunkt der Leistungserbringung der Leistungsempfänger die Voraussetzungen als Steuerschuldner nach Maßgabe des § 13b UStG erfüllt, vgl. Abschnitt 13b.12 Abs. 3 Sätze 3 und 4.

II.

Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Es wird nicht beanstandet, wenn Steuerpflichtige für bis zum 31. Dezember 2018 geleistete Anzahlungen die bisherige Fassung der Abschnitte 13.5, 13b.12 und 15.3 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses anwenden.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht und steht ab sofort für eine Übergangszeit auf den Internet-Seiten des Bundesministeriums der Finanzen (http://www.bundesfinanzministerium.de ) unter der Rubrik Themen – Steuern – Steuerarten – Umsatzsteuer – Umsatzsteuer-Anwendungserlass zum Herunterladen bereit.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 3 – S-7279 / 11 / 10002-10 vom 18.05.2018

Anwendungsfragen zum InvStG 2018

Wertpapierdarlehen (Wertpapierleihe) und Wertpapierpensionsgeschäfte mit Investmentfonds, Ausgabenabzug im Zusammenhang mit Investmenterträgen

Nach Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder beantworte ich Ihre Fragen wie folgt

1. Zu § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 und Satz 2 InvStG 2018 (Wertpapierdarlehen und echte Wertpapierpensionsgeschäfte)

a. Umfang der steuerpflichtigen Einkünfte

Zu den inländischen Beteiligungseinnahmen gehören nach § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 InvStG 2018

  • Entgelte für die Überlassung von Anteilen an einer inländischen Kapitalgesellschaft im Rahmen eines Wertpapierdarlehens (§ 2 Nummer 2 Buchstabe a KStG),
  • Entgelte für die Übertragung von Anteilen an einer inländischen Kapitalgesellschaft im Rahmen eines echten Wertpapierpensionsgeschäfts i. S. d. § 340b Absatz 2 HGB (§ 2 Nummer 2 Buchstabe b KStG) und
  • Einnahmen und Bezüge der in § 8b Absatz 10 Satz 2 KStG genannten Art für die Überlassung von Anteilen an einer inländischen Kapitalgesellschaft (§ 2 Nummer 2 Buchstabe c KStG).

Der Begriff der Entgelte, Einnahmen und Bezüge umfasst alle Leistungen, die aufgrund der Überlassung oder Übertragung von Anteilen an einer inländischen Kapitalgesellschaft erbracht werden. Dies sind sowohl das Darlehens- oder Pensionsentgelt als auch der Ausgleich für die dem Darlehens- oder Pensionsgeber entgangenen Dividenden oder sonstigen Beteiligungseinnahmen (Kompensationszahlungen) und etwaige sonstige Leistungen (z. B. Zinsen oder sonstige Erträge aus einem als Sicherheit überlassenen Wertpapier).

Sinn der Besteuerung der Entgelte, Einnahmen und Bezüge nach § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 InvStG 2018 ist es, Steuerumgehungen im Hinblick auf die inländischen Beteiligungseinnahmen zu verhindern. Aus diesem Grund sind die Entgelte, Einnahmen und Bezüge nicht der Besteuerung nach § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 InvStG 2018 zu unterwerfen, wenn in dem Zeitraum der Überlassung oder Übertragung keine Ansprüche auf inländische Beteiligungseinnahmen i. S. d. § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 InvStG 2018 aus den überlassenen oder übertragenen Anteilen entstehen. Darüber hinaus ist die Höhe der nach § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 InvStG 2018 steuerpflichtigen Entgelte, Einnahmen und Bezüge begrenzt auf die Höhe der dem Investmentfonds entgangenen Einnahmen nach § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 InvStG 2018 einschließlich etwaiger Steuerabzugsbeträge („Brutto-Dividende“).

b. Steuerabzug

Auf Entgelte, Einnahmen und Bezüge aus Wertpapierdarlehen und echten Wertpapierpensionsgeschäften finden gemäß § 6 Absatz 3 Satz 2 InvStG 2018 die Regelungen des § 32 Absatz 3 KStG entsprechende Anwendung.

Für den Steuerabzug in den Fällen des § 2 Nummer 2 Buchstabe a und b KStG gelten die für den Kapitalertragsteuerabzug nach § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 1a EStG maßgeblichen Vorschriften entsprechend. Der Entrichtungspflichtige für den Steuerabzug ist damit nach § 44 Absatz 1 Satz 3 EStG der Schuldner der Kapitalerträge. In den Anwendungsfällen des § 2 Nummer 2 Buchstabe c KStG obliegt der Steuerabzug nach § 6 Absatz 3 Satz 2 InvStG 2018 i. V. m. § 32 Absatz 3 Satz 4 KStG der die Einnahmen oder Bezüge leistenden Körperschaft.

Grundsätzlich würde die Verpflichtung zum Steuerabzug auch ausländische Schuldner der Kapitalerträge und ausländische leistende Körperschaften treffen. Da eine Erhebung und Abführung der Steuerabzugsbeträge bei ausländischen Personen nicht durch die deutschen Finanzbehörden sichergestellt werden kann, ist in diesen Fällen generell kein Steuerabzug vorzunehmen.

Inländische Entrichtungspflichtige haben generell einen Steuerabzug vorzunehmen. Zu den inländischen Entrichtungspflichtigen gehören auch inländische Zweigniederlassungen aus-ländischer Kreditinstitute. Bei ausländischen Zweigniederlassungen inländischer Kreditinsti-tute besteht grundsätzlich keine Verpflichtung zum Steuerabzug.

Ein Steuerabzug ist auch dann vorzunehmen, wenn der Investmentfonds, dem die Entgelte, Einnahmen und Bezüge aus Wertpapierdarlehen oder echten Wertpapierpensionsgeschäften zufließen, aufgrund eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (Doppelbesteuerungsabkommen – DBA -) einen Anspruch auf Erstattung der einbehaltenen Steuerabzugsbeträge besitzt oder eine Erklärung abgibt, dass er einen Erstattungsanspruch besitzen würde. Ein etwaiger Erstattungsanspruch des Investmentfonds entbindet den inländischen Entrichtungspflichtigen nicht von der Verpflichtung zum Steuerabzug.

Wenn nicht zweifelsfrei feststellbar ist, ob es sich bei dem Wertpapierdarlehensgeber oder dem Wertpapierpensionsgeber um einen Investmentfonds oder einen SpezialInvestmentfonds handelt oder nicht, ist ein Steuerabzug vorzunehmen. Das für die Einkommensbesteuerung des Entrichtungspflichtigen zuständige Finanzamt erstattet nach § 37 Absatz 2 AO auf Antrag die einbehaltenen Steuerabzugsbeträge, wenn der Wertpapierdarlehens- oder Wertpapierpensionsgeber kein Investmentfonds oder Spezial-Investmentfonds ist.

Für die Höhe des Steuerabzugs sind die Modifikationen des § 7 Absatz 1 und 3 InvStG 2018 gegenüber § 32 Absatz 3 Satz 2 KStG zu beachten.

c. Übertragung von Rechten und Pflichten aus einem Wertpapierdarlehen oder einem echten Wertpapierpensionsgeschäft

Die Rechte und Pflichten aus einem Wertpapierdarlehen können im Wege der Novation auf eine zentrale Gegenpartei (z. B. Eurex Clearing AG) übertragen werden. Die zentrale Gegenpartei tritt dabei aus Sicht des Darlehensnehmers in die Rechtsstellung des ursprünglichen Darlehensgebers und aus Sicht des Darlehensgebers in die Rechtsstellung des ursprünglichen Darlehensnehmers ein. Der ursprüngliche Darlehensgeber hat die dem Darlehen zu Grunde liegenden Wertpapiere zunächst an die zentrale Gegenpartei zu liefern und die zentrale Gegenpartei hat die Wertpapiere ihrerseits an den ursprünglichen Darlehensnehmer zu liefern. Umgekehrt hat der ursprüngliche Darlehensnehmer die zu stellenden Sicherheiten, das Darlehensentgelt und etwaige sonstige Leistungen (z. B. die Kompensationszahlung) sowie die Rückgabe der Wertpapiere gegenüber der zentralen Gegenpartei zu erbringen und die zentrale Gegenpartei muss in gleicher Art und Umfang gegenüber dem ursprünglichen Darlehensgeber leisten. Für die zentrale Gegenpartei stellen die jeweiligen Leistungen nur durchlaufende Posten dar. Die zentrale Gegenpartei verfolgt nur insoweit ein eigenes wirtschaftliches Interesse an dem Wertpapierdarlehen, dass sie Gebühren aus den Transaktionen erzielt. Im Übrigen werden von der zentralen Gegenpartei keine wirtschaftlichen Vorteile gezogen und keine Lasten getragen.

In gleicher Weise wie bei einem Wertpapierdarlehen können auch bei einem echten Wertpapierpensionsgeschäft die daraus resultierenden Rechte und Pflichten auf eine zentrale Gegenpartei übertragen werden.

Bei der Frage, wer Schuldner und Gläubiger aus einem Wertpapierdarlehen oder einem echten Wertpapierpensionsgeschäft ist, ist nicht ausschließlich auf die formale zivilrechtliche Rechtsposition abzustellen. Aufgrund der im Steuerrecht gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise ist zu berücksichtigen, wem aus dem Rechtsgeschäft die wirtschaftlichen Vorteile zustehen und wer die wirtschaftlichen Lasten zu tragen hat. Da in dem oben beschriebenen Fall der „Zwischenschaltung“ einer zentralen Gegenpartei die Vorteile und Lasten weiterhin ausschließlich bei den ursprünglichen Vertragsparteien verbleiben, sind nur diese als Schuldner und Gläubiger aus dem Wertpapierdarlehen oder dem echten Wertpapierpensionsgeschäft zu betrachten. Die zentrale Gegenpartei ist dagegen aus steuerrechtlicher Sicht keine Vertragspartei und mithin nicht zum Steuerabzug verpflichtet. Die Steuerabzugsverpflichtung verbleibt vielmehr bei dem ursprünglichen Darlehensnehmer oder Pensionsnehmer, der das Vertragsverhältnis mit einem Investmentfonds als Darlehensgeber oder Pensionsgeber begründet hat. Dies setzt jedoch voraus, dass die zentrale Gegenpartei Abrechnungspapiere erstellt, in denen die ursprünglichen Vertragsparteien angegeben sind. Darüber hinaus hat die zentrale Gegenpartei gegenüber den ursprünglichen Vertragsparteien schriftlich in den Abrechnungsunterlagen darauf hinzuweisen, dass die Verpflichtung zum Steuerabzug nicht auf die zentrale Gegenpartei übergangen ist, sondern beim ursprünglichen inländischen Darlehensnehmer oder inländischen Pensionsnehmer verbleibt. Abrechnungsunterlagen sind ins-besondere die von der zentralen Gegenpartei erstellten Belege bei Zahlung der Entgelte, Einnahmen und Bezüge aus Wertpapierdarlehen und echten Wertpapierpensionsgeschäften. Es ist nicht ausreichend, wenn die zentrale Gegenpartei lediglich in ihren Vertragsbedingungen darauf hinweist, dass die Verpflichtung zum Steuerabzug beim ursprünglichen inländischen Darlehensnehmer oder inländischen Pensionsnehmer verbleibt.

Die o. a. Grundsätze sind auf die Vermittlung von Wertpapierdarlehens- und Wertpapierpensionsgeschäften (sog. Agency Lending) zu übertragen, sofern

  • die Rechtsstellung des Vermittlers (Agency Lender) mit der der zentralen Gegenpartei vergleichbar ist,
  • die ursprünglichen Vertragsparteien sich kennen und
  • der Vermittler die ursprünglichen Vertragsparteien schriftlich in den Abrechnungsunterlagen darauf hinweist, dass die Verpflichtung zum Steuerabzug nicht auf den Vermittler übergangen ist, sondern beim ursprünglichen inländischen Darlehensnehmer oder inländischen Pensionsnehmer verbleibt.

d. Mitteilungspflicht und Steuererhebung bei fehlendem Steuerabzug

Ein Investmentfonds hat die nach § 4 InvStG 2018 zuständige Finanzbehörde zu informieren, wenn er Einkünfte nach § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 InvStG 2018 erzielt, bei denen kein Steuerabzug oder ein zu niedriger Steuerabzug vorgenommen wurde oder ein Steuerabzug zu Unrecht erstattet wurde. Dies gilt unabhängig davon, ob für diese Einkünfte Deutschland nach einem Doppelbesteuerungsabkommen im Ergebnis das Besteuerungsrecht zusteht. Befindet sich die Geschäftsleitung des gesetzlichen Vertreters im Ausland und erzielt der Investmentfonds ausschließlich inländische Einkünfte, die einem Steuerabzug unterliegen, hat er seine Mitteilung nach § 4 Absatz 2 Nummer 2 InvStG 2018 beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) abzugeben. Dies gilt auch in den Fällen, in denen der Investmentfonds Einkünfte nach § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 InvStG 2018 erzielt, bei denen aufgrund eines ausländischen Schuldners der Kapitalerträge oder einer ausländischen leistenden Körperschaft generell vom Steuerabzug abgesehen wird.

Die nach § 4 InvStG 2018 zuständige Finanzbehörde kann die auf Einkünfte nach § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 InvStG 2018 entfallende Steuer durch Nachforderung nach § 44 Absatz 5 Satz 2 EStG i. V. m. § 167 Absatz 1 AO und § 155 AO oder im Rahmen der Körperschaftsteuerveranlagung erheben. Bei beiden Erhebungsformen ist § 7 Absatz 1 Satz 3 InvStG 2018 anzuwenden bzw. entsprechend anzuwenden, so dass die Summe aus der geminderten Kapitalertragsteuer oder Körperschaftsteuer und dem Solidaritätszuschlag 15 Prozent der Einkünfte nach § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 InvStG 2018 beträgt.

e. Anwendung von Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

Ob ein ausländischer Investmentfonds bei einem tatsächlich erfolgten Steuerabzug auf die Leistungen i. S. d. § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 InvStG 2018 einen Erstattungsanspruch aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens besitzt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und ist im Rahmen des Erstattungsverfahrens nach § 50d EStG durch das BZSt zu klären. Sofern kein Steuerabzug vorgenommen wurde, kann im Rahmen der Nachforderung nach § 44 Absatz 5 Satz 2 EStG i. V. m. § 167 Absatz 1 AO und § 155 AO oder im Rahmen der Körperschaftsteuerveranlagung von einer Steuererhebung abgesehen werden, soweit sich bei einer Steuererhebung ein Erstattungsanspruch aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens ergeben würde. Auf Ersuchen eines Finanzamtes wirkt das BZSt im Wege der Amtshilfe bei der Prüfung des Besteuerungsanspruchs nach dem einschlägigen DBA mit.

2. Zu § 21 InvStG 2018

§ 21 InvStG 2018 überträgt die Rechtsgedanken des § 3c Absatz 2 EStG auf das Teilfreistel-lungsverfahren bei Aktien-, Misch- oder Immobilienfonds. Die Regelung führt zu einer anteiligen Kürzung der mit dem Erwerb, dem Halten und der Veräußerung von Investmentanteilen an Aktien-, Misch- oder Immobilienfonds in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Ausgaben im Umfang des jeweils anwendbaren Teilfreistellungssatzes.

Der Begriff des „wirtschaftlichen Zusammenhangs“ ist gleichermaßen wie in § 3c Absatz 2 Satz 1 EStG als Veranlassungszusammenhang auszulegen.

§ 21 InvStG 2018 ist u. a. auf solche Finanzierungsaufwendungen anzuwenden, die aus Ver-bindlichkeiten stammen, die durch die Anschaffung von Investmentanteilen veranlasst sind, die dem Teilfreistellungsverfahren unterliegen. Bei Kreditinstituten ist von einem wirtschaftlichen Zusammenhang i. S. d. § 21 InvStG 2018 zwischen teilfreigestellten Investmenterträgen und den Zinsausgaben für Kundeneinlagen, für Interbankeinlagen, für Schuldverschreibungen und für vergleichbare allgemeine Zinsaufwendungen (sog. Poolrefinanzierungskosten) auszugehen.

Weitere Fragen zur Auslegung der §§ 21 und 44 InvStG 2018 befinden sich noch in der Abstimmung zwischen den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 1 – S-1980-1 / 16 / 10010 :013 vom 15.05.2018

Händler muss gebrauchten VW-Diesel zurücknehmen

Mit Beschluss vom 28.05.2018 hat der 27. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln unter Leitung von Frau Vorsitzender Richterin am Oberlandesgericht Dr. Morawitz entschieden, dass ein Kölner Autohaus einen VW Eos 2,0 TDI mit dem Motor des Typs EA 189 mit Abschaltvorrichtung zurücknehmen und den Kaufpreis erstatten muss. Damit wurde im Beschlussverfahren gem. § 522 Abs. 2 ZPO eine erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts Köln bestätigt.

Der Kläger hatte das im Jahr 2011 erstmals zugelassene Gebrauchtfahrzeug im April 2015 zu einem Preis von 22.000 Euro gekauft. Im November 2015 forderte er das Autohaus dazu auf, innerhalb von ca. 3,5 Wochen ein mangelfreies Fahrzeug gleichen Typs nachzuliefern, hilfsweise das ausgelieferte Fahrzeug nachzubessern. Nachdem das Autohaus auf die für Anfang des Jahres 2016 geplante Rückrufaktion zur Behebung des Mangels hingewiesen hatte, erklärte der Kläger Mitte Januar 2016 den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte die Rückabwicklung. Seit September 2016 steht eine technische Lösung für das Software-Update für das Fahrzeug des Klägers zur Verfügung.

Der 27. Zivilsenat bestätigte die Entscheidung des Landgerichts Köln, wonach der Händler das Fahrzeug zurücknehmen muss und den Kaufpreis abzüglich eines Nutzungswertersatzes in Höhe von 8 Cent pro gefahrenem Kilometer zu erstatten hat. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, der vernünftige Durchschnittskäufer erwarte, dass der Hersteller die für den Fahrzeugtyp erforderliche Genehmigung nicht durch eine Täuschung erwirkt habe. Das Fahrzeug sei mangelhaft, da eine Software installiert gewesen sei, die für den Betrieb des Fahrzeugs auf einem Prüfstand einen hinsichtlich geringer Stickoxid-Emissionen optimierten Betriebsmodus sowie eine Erkennung des Prüf-Betriebes und eine Umschaltung in den optimierten Betriebsmodus vorsehe. Allein die Installation der Software führe dazu, dass das Fahrzeug nicht die übliche Beschaffenheit aufweise. Der Kläger habe bei Abschluss des Kaufvertrages noch davon ausgehen dürfen, dass sich der Hersteller rechtmäßig verhalten würde. Der Käufer habe daher nach Setzung einer Frist vom Vertrag zurücktreten können. Ihm sei nicht zuzumuten gewesen, für einen damals nicht absehbar langen Zeitraum zuzuwarten, da zum einen das Gelingen und der Zeitpunkt eines genehmigten Software-Updates nicht festgestanden hätten und damit die für den Kläger bedeutsame Zulassung weiter in Frage gestanden habe und zum anderen in der Zwischenzeit die Veräußerbarkeit des erworbenen Pkw sowie sein Verkehrswert in Frage gestanden hätten. Zwar könnte die vom Kläger gesetzte Frist zu kurz gewesen sein. Indes setze eine zu kurz bemessene Frist in der Regel eine angemessene Frist – hier von sieben Wochen – in Lauf.

Obwohl das Softwareupdate nach Beklagtenangaben einen Aufwand von weniger als 100 Euro verursache, sei der Rücktritt nicht wegen Unerheblichkeit des Mangels ausgeschlossen. Dies ergebe eine umfassende Interessenabwägung. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Rücktritterklärung sei das Softwareupdate weder vom Kraftfahrt-Bundesamt geprüft und genehmigt gewesen noch habe es überhaupt zur Verfügung gestanden. Schon mit Rücksicht auf diese ganz erhebliche Ungewissheit zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung könne ein unerheblicher Sachmangel mit Blick auf die möglichen Folgen für den Käufer nicht angenommen werden.

Nicht zu beanstanden sei ferner, dass das Landgericht bei der Ermittlung des Nutzungsersatzes von 8 Cent pro gefahrenem Kilometer eine Laufleistung des Fahrzeugs von 275.000 Kilometern angenommen habe.

Der Senat hat die Berufung im Wege des Beschlusses gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen, weil der Fall sich in der Anwendung höchstrichterlich geklärter abstrakter Rechtssätze auf den vorliegenden Einzelfall erschöpft. Eine Revision ist damit nicht zugelassen. Für die unterlegene Partei besteht die Möglichkeit, Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision einzulegen.

Der Hersteller des Fahrzeugs war in dem Verfahren nicht als beklagte Partei beteiligt. Dem Hersteller wurde jedoch vom Autohaus der Streit verkündet und er ist auf Seiten des Autohauses als Streithelfer dem Rechtsstreit beigetreten.

Quelle: OLG Köln, Pressemitteilung vom 11.06.2018 zum Beschluss 27 U 13/17 vom 28.05.2018

BFH: Keine Kapitalertragsteuer auf Rücklagen bei Regiebetrieben

Gemeinden dürfen bei ihren Regiebetrieben Rücklagen bilden, die bis zu ihrer Auflösung die Kapitalertragsteuer mindern. Damit wendet sich der Bundesfinanzhofs (BFH) mit Urteil vom 30. Januar 2018 VIII R 42/15 gegen die Auffassung der Finanzverwaltung, die dies von weiteren Voraussetzungen abhängig macht. Das Urteil ist für die öffentliche Hand im Rahmen des Wettbewerbs ihrer wirtschaftlichen Tätigkeiten mit privatwirtschaftlichen Unternehmen von großer praktischer Bedeutung.

Im Streitfall hatte die klagende Stadt die handelsrechtlichen Jahresüberschüsse ihres Betriebs gewerblicher Art (BgA) Schwimmbäder, der als Regiebetrieb geführt wurde, in den Jahren 2005 und 2006 als Gewinnvortrag ausgewiesen. Die Gewinne stammten maßgeblich aus Dividendeneinnahmen, die zwar auf das Bankkonto der Klägerin flossen, aber vom BgA in einem verzinsten Verrechnungskonto erfasst waren. Die Klägerin ging davon aus, dass insoweit keine der Kapitalertragsteuer unterliegenden Einkünfte aus Kapitalvermögen vorlagen. Zu diesen gehört nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b des Einkommensteuergesetzes (EStG) nur der nicht den Rücklagen zugeführte Gewinn eines BgA ohne eigene Rechtspersönlichkeit. Das Finanzamt und das Finanzgericht (FG) erkannten demgegenüber die Gewinnvorträge nicht als Rücklage i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG an, so dass es zu einer Nachforderung von Kapitalertragsteuer kam.

Der BFH hob das FG-Urteil und die angegriffenen Nachforderungsbescheide auf. Er entschied, dass Regiebetriebe eine Rücklage bilden dürfen, auch wenn ihre Gewinne – abweichend zu Eigenbetrieben – unmittelbar in den Haushalt der Trägerkörperschaft fließen. Denn das Gesetz sehe keine Differenzierung zwischen Eigen- und Regiebetrieben vor und die Ausschüttungsbesteuerung der BgA habe ohnehin nur fiktiven Charakter. Damit wendet sich der BFH gegen die Auffassung der Finanzverwaltung (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 9. Januar 2015 IV C 2 -S-2706- a / 13 / 10001, BStBl I 2015, 111). Danach sollte im Gegensatz zu Eigenbetrieben bei Regiebetrieben eine Rücklagenbildung nur zulässig sein, wenn die Zwecke des BgA ohne die Rücklagenbildung nicht erfüllt werden können. Nach dem Urteil des BFH ist dem nicht zu folgen, da hierfür keine gesetzliche Grundlage besteht. Darüber hinaus kommt es auch nicht auf eine haushaltsrechtliche Mittelreservierung an. Für die steuerliche Anerkennung reicht vielmehr jedes „Stehenlassen“ der handelsrechtlichen Gewinne als Eigenkapital aus, sofern anhand objektiver Umstände nachvollzogen und überprüft werden kann, dass dem Regiebetrieb die entsprechenden Mittel weiterhin als Eigenkapital zur Verfügung stehen. Kommt es in diesem Zusammenhang zu Liquiditätsabflüssen an die Trägerkörperschaft, sind die für Kapitalgesellschaften und deren Alleingesellschafter entwickelten Grundsätze über verdeckte Gewinnausschüttungen entsprechend anwendbar.

Die Fortentwicklung der Rechtsprechung zum Kapitalertragsteuerabzug bei BgA wird durch zwei weitere Urteile des BFH vom 30. Januar 2018 ergänzt. Zum einen hat der BFH im Urteil VIII R 75/13 entschieden, dass bei dem Regiebetrieb einer kommunalen Gebietskörperschaft die Gewinne des Jahres 2001 auch dann steuerfrei bleiben, wenn sie zunächst in die Rücklagen eingestellt, dann aber in einem späteren Veranlagungszeitraum wieder aufgelöst werden. Diese nur für die Gewinne des Jahres 2001 geltende Steuerfreiheit folge aus der Formulierung der zeitlichen Anwendungsregelung bei Einführung des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchs. b EStG. Zum anderen hat der BFH im Urteil VIII R 15/16 entschieden, dass die für Regiebetriebe kommunaler Gebietskörperschaften entwickelten Grundsätze zur Bildung von Rücklagen auch bei Regiebetrieben einer Verbandskörperschaft Anwendung finden.

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 26 vom 23.05.2018 zu den Urteilen VIII R 75/13, VIII R 42/15 und VIII R 15/16 vom 30.01.2018

 

Umsatzsteuer in landwirtschaftlichen Betrieben wird oft pauschaliert – „rechtskonform“

Von den 2016 existierenden rund 270.00 landwirtschaftlichen Betrieben machen rund 181.000 von der Möglichkeit der Umsatzsteuerpauschalierung Gebrauch. Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort ( 19/2062 ) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion der FDP ( 19/1793 ) mitteilt, hat sie die Regelung aufgrund einer Kritik des Bundesrechnungshofes und vor dem Hintergrund eines möglichen Vertragsverletzungsverfahrens der EU-Kommission überprüft „und erachtet sie nach wie vor als rechtskonform“. Eine Änderung der umsatzsteuerlichen Sonderbehandlung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe sei nicht geplant.

Lt. Bundesregierung machten von den in 2016 existierenden rund 270.00 landwirtschaftlichen Betrieben rund 181.000 von der Möglichkeit der Umsatzsteuerpauschalierung Gebrauch. Aufgrund einer Kritik des Bundesrechnungshofes und vor dem Hintergrund eines möglichen Vertragsverletzungsverfahrens der EU-Kommission wurde die Pauschalierung überprüft. Die Regierung erachtet sie nach wie vor als rechtskonform.

Quelle: Deutscher Bundestag, Mitteilung vom 22.05.2018