Archiv der Kategorie: Steuern & Recht

Keine Umsatzsteuerfreiheit für Konkurrenz-unternehmen der Deutschen Post AG

Der 2. Senat des Finanzgerichts Köln hat am 11.03.2015 die Klagen von vier Konkurrenzunternehmen der Deutschen Post AG auf Gleichbehandlung bei der Umsatzsteuerbefreiung abgewiesen. Die Unternehmen übten keine Post-Universaldienstleistungen aus und könnten daher die Umsatzsteuerbefreiung des § 4 Nr. 11b UStG nicht in Anspruch nehmen (Az. 2 K 2529/11, 2 K 1707/11, 2 K 1708/11 und 2 K 1711/11).

In dem Verfahren 2 K 2529/11 klagte ein Unternehmen, das sich zwar gegenüber dem zuständigen Bundeszentralamt für Steuern in Bonn (BZSt) verpflichtete, bundesweit Postdienstleistungen jeder Art anzubieten, wie sie auch die Deutsche Post AG erbringt. Allerdings bietet es den Brief- und Paketversand lediglich dienstags bis samstags an. Einen Teilbereich der Postbeförderung führte es selbst aus, für einen weiteren Teil kooperiert es mit anderen Postunternehmen. Für den restlichen Bereich (ca. 20 Prozent) bedient es sich der Deutschen Post AG. Dies reicht nach Ansicht des 2. Senats nicht aus, um die Steuerbefreiung zu erlangen. Bei seiner Klageabweisung stellte der Senat entscheidend darauf ab, dass das Unternehmen eine flächendeckende Postdienstleistung nur durch Inanspruchnahme der Infrastruktur der Deutschen Post AG realisieren könne. Unwirtschaftliche Kostenstrukturen im Zusammenhang mit der flächendeckenden Versorgung entlegener Gebiete blieben ihm damit erspart. Dies sei mit der Intention der Steuerbefreiung nicht vereinbar. Das Gericht störte sich in diesem Verfahren außerdem daran, dass die Brief- und Paketversendung nur an fünf Tagen erfolge.

In den drei Verfahren 2 K 1707/11, 2 K 1708/11 und 2 K 1711/11 hatten die Klägerinnen sich jeweils verpflichtet, im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland förmliche Postzustellungsaufträge zu erbringen. In diesen Verfahren stützte der 2. Senat die Klageabweisung darauf, dass die förmliche Postzustellung nicht der sog. Daseinsvorsorge diene. Diese Dienstleistung sei nämlich nur für Behörden und Gerichte zugänglich. Für die Verbraucher zeige sich ein Nutzen lediglich mittelbar in Form einer effektiv funktionierenden Rechtspflege.

Der Senat hat in allen Fällen die Revision zum Bundesfinanzhof in München zugelassen.

Quelle: FG Köln, Pressemitteilung vom 25.06.2015 zum Urteil 2 K 2529/11 u. a. vom 11.03.2015

 

Warnung vor irreführenden Angeboten auf kostenpflichtige Registrierungen von Umsatzsteuer-Identifikationsnummern

Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) warnt erneut im Zusammenhang mit der USt-IdNr. vor amtlich aussehenden Schreiben, in denen eine kostenpflichtige Registrierung, Erfassung und Veröffentlichung von USt-IdNrn. angeboten wird.

Das BZSt weist darauf hin, dass diese im Umlauf befindlichen Schreiben weder vom BZSt noch einer anderen amtlichen Stelle stammen.

Die Vergabe der USt-IdNr. durch das BZSt erfolgt stets kostenfrei.

Siehe dazu auch die Pressemitteilung des Landesamtes für Steuern Rheinland-Pfalz vom 02.06.2015 (s.u.).

Quelle: BZSt, Mitteilung vom 25.06.2015

Abzocke mit Umsatzsteuer-Identifikationsnummer

Registrierung erfolgt ausschließlich durch das Bundeszentralamt für Steuern und ist stets kostenfrei

Aktuell befinden sich wieder Schreiben im Umlauf, in denen Firmen eine kostenpflichtige Erfassung, Registrierung und Veröffentlichung von Umsatzsteuer-Identifikationsnummern (USt-IdNr.) angeboten wird. Die Schreiben erwecken einen amtlichen Eindruck. Sie weisen zwar im Kleingedruckten darauf hin, dass es sich um eine nicht amtliche, jedoch kostenpflichtige Eintragung handelt. Unternehmen sollten keinesfalls das Schreiben ausfüllen und zurücksenden.

Die Vergabe von USt-IdNr. ist stets kostenfrei und erfolgt in Deutschland ausschließlich durch das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt). In der Regel beantragen die Unternehmen bei ihrem zuständigen Finanzamt die Erteilung der USt-IdNr.. Diese übermitteln die Anträge dann intern an das BZSt.

Die USt-IdNr. ist eine eindeutige Kennzeichnung eines Unternehmens im umsatzsteuerlichen Sinne. Sie wird benötigt von Unternehmen, die innerhalb der Europäischen Union (EU) am Waren- und Dienstleistungsverkehr zwischen den Mitgliedsstaaten teilnehmen.

Weitere Informationen auch unter www.bzst.de.

 

 

Elektronische Einkommensteuererklärung – Korrektur bei schlichtem „Vergessen“

Der IX. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat durch Urteil vom 10. Februar 2015 (IX R 18/14) entschieden, dass das schlichte „Vergessen“ des Übertrags selbst ermittelter Besteuerungsgrundlagen – im Urteilsfall ein Verlustbetrag – in die entsprechende Anlage zu einer elektronischen Einkommensteuererklärung nicht grundsätzlich als „grob fahrlässig“ anzusehen ist. Danach könnten solche, die Steuerlast mindernden Tatsachen nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) auch dann noch berücksichtigt werden, wenn sie dem Finanzamt (FA) erst nach Bestandskraft der Steuerveranlagung mitgeteilt werden.

Der Kläger hatte im Jahr 2007 aus der Auflösung einer GmbH einen steuerlich berücksichtigungsfähigen Verlust erzielt, über den er seinen Steuerberater zutreffend informiert hatte. In den vom Berater gefertigten elektronischen Steuererklärungen fehlten jedoch Angaben zu diesem Verlust; denn obwohl der Berater den Verlustbetrag persönlich berechnet hatte, vergaß er, den ermittelten Betrag in das entsprechende Feld des EDV-Programms zu übertragen. Das FA, das somit von dem Verlust keine Kenntnis erlangte, veranlagte den Kläger erklärungsgemäß.

Im Jahr 2011 beantragte der Kläger nachträglich, den Verlust noch zu berücksichtigen. Das FA lehnte dies ab; denn nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO sei eine Änderung nur möglich, wenn den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran treffe, dass die vorgebrachten „neuen“ Tatsachen, die zu einer niedrigeren Steuer führten, erst nachträglich bekannt werden. Auch wenn dem Kläger selbst im Streitfall kein schuldhaftes Handeln vorzuwerfen sei, so habe doch der steuerliche Berater des Klägers grob fahrlässig gehandelt, indem er den Übertrag des bereits berechneten Verlustbetrages in die entsprechende Anlage zur Einkommensteuererklärung schlicht „vergessen“ habe. Die hiergegen gerichtete Klage wies das Finanzgericht (FG) als unbegründet ab.

Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies den Rechtsstreit an das FG zurück. Der BFH stellte zunächst klar, dass der Begriff des Verschuldens i. S. von § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO bei elektronisch gefertigten Steuererklärungen in gleicher Weise auszulegen sei wie bei schriftlich gefertigten Erklärungen. Allerdings seien Besonderheiten der elektronischen Steuererklärung hinsichtlich ihrer Übersichtlichkeit bei der notwendigen Beurteilung des „individuellen Verschuldens“ des Steuerpflichtigen oder seines Beraters ebenso zu berücksichtigen wie der Umstand, dass am Computerbildschirm ein Überblick über die ausfüllbaren Felder der elektronischen Steuererklärung mitunter schwieriger zu erlangen sei, als in einer Steuererklärung in Papierform.

Gerade ein solches individuelles Fehlverhalten, für das das FA die Beweislast trage, habe das FG im Streitfall jedoch nicht festgestellt. Die Nachlässigkeit, die im Streitfall dazu geführt habe, dass der Verlust erst nachträglich bekannt wurde, habe lediglich darin bestanden, dass der errechnete Verlustbetrag nicht in das elektronische Formular übertragen worden war. Darin liege ein unbewusster – mechanischer – Fehler, der jederzeit bei der Verwendung eines Steuerprogramms unterlaufen könne, welches den Finanzämtern die mechanische Erfassungsarbeit von Steuererklärungsdaten abnehme. Solche bloßen Übertragungs- oder Eingabefehler zählten zu den Nachlässigkeiten, die üblicherweise vorkämen und mit denen immer gerechnet werden müsse; sie seien jedenfalls dann nicht als grob fahrlässig zu werten, wenn sie selbst bei sorgfältiger Arbeit nicht zu vermeiden seien.

Im zweiten Rechtszug wird nun das FG erneut prüfen, ob den Steuerberater ggf. aus anderen Gründen ein grobes Verschulden daran trifft, dass der Verlust des Klägers dem FA erst nachträglich bekannt geworden ist.

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 45/15 vom 24.06.2015 zum Urteil IX R 18/14 vom 10.02.2015

 

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 10.2.2015, IX R 18/14

Zum Begriff der groben Fahrlässigkeit i.S. von § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO

Leitsätze

1. Der Begriff des Verschuldens i.S. von § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO ist bei elektronisch gefertigten Steuererklärungen in gleicher Weise auszulegen wie bei schriftlich gefertigten Erklärungen.

2. Das schlichte Vergessen des Übertrags selbst ermittelter Besteuerungsgrundlagen in die entsprechende Anlage zur Einkommensteuererklärung ist nicht grundsätzlich grob fahrlässig i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 23. Januar 2014  8 K 2198/11 F aufgehoben.

Die Sache wird an das Finanzgericht Münster zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

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I. Streitig ist, ob der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) es zu Recht abgelehnt hat, den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2007 nach § 173 der Abgabenordnung (AO) zu ändern und dabei einen vom Kläger und Revisionskläger (Kläger) nachträglich geltend gemachten Verlust i.S. des § 17 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen.
2
Der Kläger war mit zuletzt 75 % am Stammkapital der 1988 gegründeten P-GmbH beteiligt. Im Jahr 1999 wurde die P-GmbH aufgelöst und der Kläger zum alleinvertretungsberechtigten Liquidator bestellt. Nach Durchführung der Liquidation wurde die P-GmbH im Streitjahr 2007 aus dem Handelsregister gelöscht; der Verlust des Klägers aus der Auflösung der P-GmbH betrug 209.195 EUR. Unter dem 9. März 2009 übersandte der Kläger seinem steuerlichen Berater –welcher auch für die steuerlichen Angelegenheiten der P-GmbH zuständig war– eine E-Mail, in der er u.a. auf die für ihn noch ungeklärte Frage einer zeitlich zutreffenden steuerrechtlichen Berücksichtigung des Auflösungsverlusts hinwies.
3
Die von dem steuerlichen Berater gefertigten und im April 2009 bei dem FA eingereichten Erklärungen des Klägers zur Einkommensteuer und zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages enthielten für das Streitjahr 2007 Angaben zu Einkünften aus selbständiger Arbeit, aus Gewerbebetrieb betreffend eine Beteiligung an der X GmbH & Co. KG, aus Kapitalvermögen sowie aus Vermietung und Verpachtung. Angaben zu einem Verlust aus der Auflösung der P-GmbH enthielten die Erklärungen demgegenüber nicht. Nach den in diesem Zusammenhang zum Geschehensablauf getroffenen Feststellungen des Finanzgerichts (FG) lagen dem steuerlichen Berater des Klägers zwar alle Fakten vor, aus denen sich ergab, dass der entstandene Auflösungsverlust im Jahr 2007 zu erfassen war. Er war im Rahmen der Erstellung der Einkommensteuererklärung auch zu dem Ergebnis gekommen, dass der geltend gemachte Auflösungsverlust im Streitjahr zu erfassen war, hatte den Verlust persönlich berechnet und beabsichtigte, ihn in den Erklärungsvordruck einzutragen. Allerdings hatte der steuerliche Berater des Klägers es „schlicht vergessen“, den errechneten Verlust in das von ihm genutzte elektronische DATEV-Formular zu übertragen.
4
Unter dem 12. Juni 2009 erließ das FA einen Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr, in dem es den Angaben des Klägers in seiner Einkommensteuererklärung folgte und die Einkommensteuer auf 0 EUR festsetzte. Gleichzeitig erließ das FA einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2007, in dem die Besteuerungsgrundlagen aus dem Einkommensteuerbescheid berücksichtigt wurden. Der verbleibende Verlustvortrag wurde auf 2.673.816 EUR festgestellt. Unter dem 14. Mai 2010 erließ das FA Änderungsbescheide betreffend die Einkommensteuer 2007 und den verbleibenden Verlustvortrag zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2007. Die Änderungsbescheide sind formell bestandskräftig.
5
Mit Schreiben vom 15. Januar 2011 beantragte der Kläger erstmals, den geänderten Verlustfeststellungsbescheid vom 14. Mai 2010 nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO dahin zu ändern, dass ein Verlust i.S. des § 17 Abs. 4 EStG aus der Auflösung der P-GmbH in Höhe von 209.195 EUR berücksichtigt wird. Das FA lehnte den Antrag unter dem 26. Januar 2011 ab; es ging davon aus, dass die Nichtberücksichtigung des Verlustes in den ursprünglichen, bestandskräftigen Bescheiden auf einem groben Verschulden des Klägers beruhe. Dabei könne offenbleiben, ob der Steuerpflichtige selbst grob schuldhaft gehandelt habe oder ob ein grobes Verschulden des ihn und die GmbH betreuenden steuerlichen Beraters vorliege, welches dem Steuerpflichtigen zuzurechnen sei.
6
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das FG ging in seiner in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2014, 1748 veröffentlichten Entscheidung zwar davon aus, dass den Kläger selbst kein grobes Verschulden am nachträglichen Bekanntwerden des Auflösungsverlusts treffe. Der Kläger müsse sich jedoch ein grobes Verschulden seines steuerlichen Beraters zurechnen lassen. Diesem hätten alle Fakten vorgelegen, aus denen sich ergab, dass der entstandene Auflösungsverlust im Streitjahr steuerlich zu berücksichtigen war. Der steuerliche Berater sei auch im Rahmen der Erstellung der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr zu dem Ergebnis gekommen, dass der Verlust in diesem Jahr zu erfassen sei; dieser habe daher den entsprechenden Verlustbetrag berechnet und beabsichtigt, ihn in den (elektronischen) DATEV-Erklärungsvordruck einzutragen. Der Umstand, dass der steuerliche Berater es versäumt habe, die Übertragung des bereits berechneten Verlustbetrags in den Vordruck vorzunehmen, stelle ein die Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO ausschließendes Verschulden dar, da „das schlichte Vergessen des Eintragens des bei der Prüfung festgestellten Verlustbetrages in die entsprechende Anlage GSE zur Einkommensteuererklärung grundsätzlich –wenn nicht ganz besondere Umstände vorlägen, die den Steuerberater vom Eintragen abgehalten haben könnten– grob fahrlässig“ sei. Solche besonderen Umstände seien indes nicht dargetan und auch sonst nicht ersichtlich.
7
Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers. Der Kläger vertritt die Auffassung, dass ein „schlichtes Vergessen“ der Eintragung durch den steuerlichen Berater lediglich den Tatbestand der leichten Fahrlässigkeit, nicht aber den der groben Fahrlässigkeit erfüllen könne. Denn Voraussetzung für die Annahme einer groben Fahrlässigkeit sei, dass der Steuerpflichtige die ihm zumutbare Sorgfalt in ungewöhnlichem Maße und in nicht entschuldbarer Weise verletzt habe. Im Streitfall sei der zu beurteilende Übertragungsfehler weder ungewöhnlich noch unentschuldbar; ein vergleichbares Fehlverhalten auf Seiten der Finanzbehörde führe regelmäßig zu einer Berichtigung nach § 129 AO.
8
Der Kläger beantragt sinngemäß,das angefochtene Urteil des FG vom 23. Januar 2014 8 K 2198/11 F sowie den Bescheid des FA vom 26. Januar 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. Mai 2011 aufzuheben und den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2007 dahin zu ändern, dass der verbleibende Verlustvortrag auf 2.882.143 EUR festgestellt wird.
9
Ferner beantragt der Kläger, die Hinzuziehung eines Vertreters für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
10
Das FA beantragt,die Revision zurückzuweisen.
11
Das FA geht davon aus, dass die Änderungsvoraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO im Streitfall nicht vorliegen und mithin die Klage zu Recht abgewiesen wurde.

Entscheidungsgründe

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II. Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Nach den bisherigen Feststellungen des FG kann nicht abschließend entschieden werden, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO für eine Änderung des bestandskräftigen Bescheides über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2007 vorliegen oder nicht.
13
1. Nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Im Streitfall sind mit dem Verlust aus der Auflösung der P-GmbH Tatsachen nachträglich bekannt geworden, die zu einem höheren Verlustvortrag und mithin zu einer niedrigeren Steuer führen. Allein streitig ist, ob den Kläger am nachträglichen Bekanntwerden dieser Tatsachen ein grobes Verschulden trifft.
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a) Als grobes Verschulden hat der Steuerpflichtige Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Steuerpflichtige die ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Verhältnissen zumutbare Sorgfalt in ungewöhnlichem Maße und in nicht entschuldbarer Weise verletzt hat (ständige Rechtsprechung, z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 9. November 2011 X R 53/09, BFH/NV 2012, 545; vom 16. Mai 2013 III R 12/12, BFHE 241, 226, m.w.N.). Nach der Rechtsprechung hat der Steuerpflichtige auch ein Verschulden seines steuerlichen Beraters, dessen er sich zur Ausarbeitung der Steuererklärung bedient, bei der Anfertigung der Steuererklärung zu vertreten; dabei werden an einen solchen Berater erhöhte Sorgfaltsanforderungen hinsichtlich der von diesem zu erwartenden Kenntnis und sachgemäßen Anwendung der steuerrechtlichen Vorschriften gestellt (z.B. BFH-Urteile vom 3. Februar 1983 IV R 153/80, BFHE 137, 547, BStBl II 1983, 324; vom 28. Juni 1983 VIII R 37/81, BFHE 139, 8, BStBl II 1984, 2; vom 9. Mai 2012 I R 73/10, BFHE 238, 1, BStBl II 2013, 566; Klein/Rüsken, AO, 12. Aufl., § 173 Rz 126). Der Begriff des Verschuldens i.S. von § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO ist bei elektronisch gefertigten Steuererklärungen in gleicher Weise auszulegen wie bei schriftlich gefertigten Erklärungen. Allerdings sind Besonderheiten der elektronischen Steuererklärung hinsichtlich ihrer Übersichtlichkeit bei der Beurteilung des individuellen Verschuldens ebenso zu berücksichtigen wie der Umstand, dass am Computerbildschirm ein Überblick über die ausfüllbaren Felder der elektronischen Steuererklärung mitunter schwieriger zu erlangen ist, als in einer Steuererklärung in Papierform (vgl. BFH-Urteile vom 20. März 2013 VI R 9/12, BFHE 240, 507; vom 18. März 2014 X R 8/11, BFH/NV 2014, 1347, und in BFHE 241, 226).
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Grob fahrlässiges Handeln nimmt die Rechtsprechung insbesondere dann an, wenn ein Steuerpflichtiger seiner Erklärungspflicht nur unzureichend nachkommt, indem er unvollständige Steuererklärungen abgibt. Beruht die unvollständige Steuererklärung auf einem Rechtsirrtum wegen mangelnder Kenntnis steuerrechtlicher Vorschriften, ist dies dem Steuerpflichtigen in der Regel nicht als grobes Verschulden anzulasten (BFH-Urteile vom 4. Februar 1993 III R 78/91, BFH/NV 1993, 641; vom 23. Oktober 2002 III R 32/00, BFH/NV 2003, 441; vom 20. März 2013 VI R 5/11, BFHE 240, 504; in BFHE 241, 226, und in BFH/NV 2014, 1347). Auf einen die grobe Fahrlässigkeit ausschließenden, entschuldbaren Rechtsirrtum kann sich der Steuerpflichtige –auch wenn ihm steuerrechtliche Kenntnisse fehlen– andererseits nicht berufen, wenn er eine im Steuererklärungsformular ausdrücklich gestellte, auf einen bestimmten Vorgang bezogene und für ihn verständliche Frage   bewusst  nicht beantwortet (so ausdrücklich BFH-Urteil vom 9. August 1991 III R 24/87, BFHE 165, 454, BStBl II 1992, 65).
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b) Demgegenüber stellen Fehler und Nachlässigkeiten, die üblicherweise vorkommen und mit denen immer gerechnet werden muss, keine grobe Fahrlässigkeit dar; insbesondere bei   unbewussten  –mechanischen– Fehlern, die selbst bei sorgfältiger Arbeit nicht zu vermeiden sind, kann grobe Fahrlässigkeit –nicht stets, aber im Einzelfall– ausgeschlossen sein (so ausdrücklich BFH-Urteil vom 13. September 1990 V R 110/85, BFHE 162, 488, BStBl II 1991, 124, zur Nichtberücksichtigung von Vorsteuerbeträgen aus einer Voranmeldung; s. auch Sächsisches FG, Urteil vom 5. Mai 2010  8 K 553/05, juris, zur irrtümlich unterlassenen Umrechnung von DM in EUR als mechanischen Fehler; FG Köln, Urteil vom 7. August 2002  11 K 406/02, EFG 2003, 209, zur fehlenden Angabe der Geburt des vierten Kindes; FG Köln, Urteil vom 5. September 1991  7 K 4769/90, EFG 1992, 171, zur versehentlichen Nichtangabe einer als Werbungskosten abziehbaren Vorauszahlung). Nicht als grobes Verschulden anzusehen ist es etwa, wenn der Steuerpflichtige grundsätzlich um die steuerliche Berücksichtigungsfähigkeit von Aufwendungen weiß, die Eintragung im Steuererklärungsformular aber aufgrund eines bloßen –mechanischen– Versehens unter erschwerten Arbeitsbedingungen unterbleibt (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. August 2011  3 K 2674/10, EFG 2012, 15, zu unterbliebenen Eintragungen in einem elektronischen Formular).
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Dies bedeutet andererseits nicht, dass jeder „mechanische Fehler“ i.S. des § 129 AO auch i.S. des § 173 AO „entschuldbar“ ist; denn die Änderungsnorm des § 173 AO geht von anderen Tatbestandsvoraussetzungen aus als die (vom Verschulden der Finanzbehörde unabhängige) Berichtigungsnorm des § 129 AO (so zutreffend Klein/Rüsken, a.a.O.,  § 173 Rz 113; s. auch BFH-Urteil in BFHE 162, 488, BStBl II 1991, 124).
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c) Anhaltspunkte, die auf ein grobes Verschulden des Steuerpflichtigen hindeuten, sind von der Finanzbehörde darzulegen und ggf. zu beweisen. Denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass Fehler des Steuerpflichtigen im Regelfall auf einem Versehen, also auf leichter Fahrlässigkeit, beruhen; verbleibende Zweifel hieran gehen daher zu Lasten der Behörde, die insoweit die Feststellungslast trägt (BFH-Urteil vom 22. Mai 1992 VI R 17/91, BFHE 168, 221, BStBl II 1993, 80; FG Köln in EFG 2003, 209; FG Düsseldorf, Urteil vom 22. April 2009  7 K 1951/07 F, EFG 2011, 19; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Oktober 1996  14 K 95/92, EFG 1997, 112; Loose in Tipke/ Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 173 AO Rz 85).
19
d) Ob ein Beteiligter grob fahrlässig gehandelt hat, ist im wesentlichen Tatfrage. Allerdings muss der Tatbestand des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO im Rahmen der tatrichterlichen Würdigung einer konkreten Prüfung unterzogen werden, die eine Differenzierung zwischen einfachem Pflichtverstoß –als Ausdruck leichter Fahrlässigkeit– und schwerem Pflichtverstoß –als Ausdruck grober Fahrlässigkeit– hinreichend deutlich erkennen lässt (v. Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler –HHSp–, § 173 AO Rz 295; s. ferner Loose in Tipke/Kruse, a.a.O., § 173 AO Rz 78). Hierzu sind tatrichterliche Feststellungen hinsichtlich eines   individuellen  Verschuldens  des Steuerpflichtigen erforderlich; denn es gilt der subjektive Verschuldensbegriff (s. BFH-Urteile in BFHE 240, 507; vom 19. Dezember 2006 VI R 59/02, BFH/NV 2007, 866; in BFH/NV 2003, 441; v. Groll in HHSp, § 173 AO Rz 275; v. Wedelstädt in Beermann/Gosch, § 173 AO Rz 86; Anwendungserlass zur Abgabenordnung 2014 –AEAO– Nr. 5.1 zu § 173). Ein dahin gehendes individuelles Fehlverhalten kann sich indes nicht allein schon aus äußeren Fallumständen –wie dies das FG etwa in der fehlenden Komplexität des Steuerfalles gesehen hat– ergeben. Derartigen äußeren Umständen –wozu etwa auch ein irreführendes Verhalten der Behörde zählen kann– wird allenfalls eine einzelfallbezogene Bedeutung für das Maß des Verschuldens des Steuerpflichtigen zuzumessen sein (vgl. BFH-Urteil vom 5. Dezember 1990 I R 21/88, BFH/NV 1991, 785; AEAO Nr. 5.1.4 zu § 173). Dies bedeutet andererseits aber nicht, dass es insoweit auf das individuelle –schuldhafte– Verhalten des Steuerpflichtigen oder seines Beraters nicht mehr ankommen kann (und mithin Feststellungen hierzu entbehrlich wären).
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Hat das FG die im Einzelfall maßgeblichen Feststellungen getroffen und darauf eine rechtliche Würdigung gegründet, kann dies –abgesehen von zulässigen und begründeten Verfahrensrügen– von der Revisionsinstanz nur darauf überprüft werden, ob der Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit und die aus ihm abzuleitenden Sorgfaltspflichten richtig erkannt worden sind und ob die Würdigung der Umstände hinsichtlich des individuellen Verschuldens den Denkgesetzen und Erfahrungssätzen entspricht (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 20. November 2008 III R 107/06, BFH/NV 2009, 545, und in BFHE 241, 226, m.w.N.).
21
2. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben, weil es diesen Grundsätzen nicht in vollem Umfang entspricht.
22
a) Zwar hat das FG rechtsfehlerfrei ein eigenes grobes Verschulden des Klägers verneint. Nach den nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und daher das Revisionsgericht nach § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG hat der Kläger seine Sorgfaltspflichten im ausreichenden Maße erfüllt und das Seine dazu beigetragen, dass der maßgebliche Verlust in den später von ihm unterschriebenen Erklärungen zur Einkommensteuer und zur Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zum 31. Dezember 2007 hätte berücksichtigt werden können. Insbesondere kann dem Kläger auch kein grobes Verschulden bei der Unterzeichnung der von seinem steuerlichen Berater vorausgefüllten Steuererklärung angelastet werden.
23
b) Die vom FG vorgenommene Gesamtwürdigung, wonach den steuerlichen Berater des Klägers ein grobes Verschulden am nachträglichen Bekanntwerden des Auflösungsverlusts trifft, welches sich der Kläger zurechnen lassen muss, wird indes von den Feststellungen im Tatbestand des angefochtenen Urteils nicht getragen.
24
aa) Nach den insoweit getroffenen tatrichterlichen Feststellungen bestand die Nachlässigkeit, die dazu geführt hat, dass der bei der Prüfung festgestellte Verlustbetrag nicht in die entsprechende Anlage GSE zur Einkommensteuererklärung eingetragen wurde, lediglich darin, dass der steuerliche Berater des Klägers es –so das FG– „schlicht vergessen“ habe, den errechneten Verlust in das elektronische Formular zu übertragen. Das im Streitfall maßgebliche Versäumnis stellt einen unbewussten –rein mechanischen– Fehler dar, der jederzeit bei der Verwendung eines Steuerprogramms unterlaufen kann, welches den Finanzämtern die mechanische Erfassungsarbeit von Steuererklärungsdaten abnimmt und auf die Steuerpflichtigen verlagert. Solche bloßen Übertragungs- oder Eingabefehler zählen zu den Nachlässigkeiten, die üblicherweise vorkommen und mit denen immer gerechnet werden muss; sie sind nicht als grob fahrlässig zu werten, wenn sie selbst bei sorgfältiger Arbeit nicht zu vermeiden sind (vgl. BFH-Urteil in BFHE 162, 488, BStBl II 1991, 124). Denn nach der Rechtsprechung des BFH ist in einem solchen Zusammenhang nicht grundsätzlich, wie das FG annimmt, sondern eben nur dann von einer groben Fahrlässigkeit auszugehen, wenn der Steuerpflichtige bzw. sein steuerlicher Berater in Steuerformularen gestellte Fragen –bewusst– nicht beantwortet oder klare und ausreichend verständliche Hinweise und Angaben –bewusst– unbeachtet lässt (so BFH-Urteil in BFHE 165, 454, BStBl II 1992, 65); im letztgenannten Fall wird sich der Steuerpflichtige indes nicht wegen eines bei der Anfertigung der Erklärung unterlaufenen Eingabefehlers, sondern wegen einer vorangegangenen Verletzung steuerlicher Pflichten den Vorwurf grober Fahrlässigkeit gefallen lassen müssen (so auch AEAO Nr. 5.1.1 zu § 173).
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bb) Im Streitfall hat das FG weder ein bewusstes Außerachtlassen entsprechender Angaben noch einen Verstoß des steuerlichen Beraters gegen die an ihn zu stellenden erhöhten Sorgfaltsanforderungen hinsichtlich der Kenntnis und sachgemäßen Anwendung steuerrechtlicher Vorschriften noch andere objektive Umstände festgestellt, die zweifelsfrei ein individuelles grobes Verschulden des steuerlichen Beraters nahelegen; verbleiben aber Zweifel, ob ein Fehlverhalten als „grob fahrlässig“ i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO anzusehen ist, gehen diese zu Lasten der Behörde.
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cc) Der Senat weist in diesem Zusammenhang ergänzend darauf hin, dass auch die –im Urteil des FG erkennbar nur hilfsweise vorgenommene– Würdigung, wonach den steuerlichen Berater des Klägers auch deshalb ein grobes Verschulden am nachträglichen Bekanntwerden des Auflösungsverlusts treffe, weil er vor Weiterleitung der Einkommensteuererklärung an seinen Mandanten nicht nochmals auf Fehler bzw. auf fehlende Angaben durchgegangen sei, durch keinerlei tatsächliche Feststellungen zu einem individuellen Fehlverhalten unterlegt ist.
27
3. Die Sache ist nicht spruchreif. Der Senat kann mangels ausreichender Feststellungen nicht selbst beurteilen, ob den steuerlichen Berater des Klägers ein grobes Verschulden am nachträglichen Bekanntwerden des Auflösungsverlusts trifft.
28
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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5. Der Antrag der Kläger, die Hinzuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, ist im Revisionsverfahren unzulässig. Die Entscheidung nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO gehört sachlich zum Kostenfestsetzungsverfahren. Zuständig ist deshalb das FG als Gericht des ersten Rechtszugs (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 19. Februar 2013 IX R 7/10, BFHE 240, 258, BStBl II 2013, 436, m.w.N.).

Umsatzsteuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchst. a, § 6 UStG)

Anerkennung von Ausgangsvermerken aus dem europäischen Ausland

Nach dem EU-Zollrecht sind folgende Fallkonstellationen zulässig, in denen die Ausfuhranmeldung nicht in dem Mitgliedstaat des Ausführers abzugeben ist:

  1. Der Ort des Verpackens oder Verladens der Waren zur Ausfuhr befindet sich in einem anderen Mitgliedstaat. Diese Abwicklung ist mit und ohne „einzige Bewilligung“ möglich.
  2. Nach Artikel 794 Abs. 1 ZK-DVO kann die Ausfuhranmeldung bei der Ausgangszollstelle abgegeben werden, wenn der Wert der Ausfuhrsendung 3.000 Euro nicht überschreitet und die Waren keinen Verboten oder Beschränkungen unterliegen. Dies gilt auch, wenn sich die Ausgangszollstelle in einem anderen Mitgliedstaat befindet.
  3. In begründeten Fällen kann die Ausfuhranmeldung gemäß Artikel 791 ZK-DVO bei einer anderen Zollstelle abgegeben werden als der, in deren Bezirk der Ausführer seinen Sitz hat oder die Waren zur Ausfuhr verpackt oder verladen werden.

In diesen Fällen bescheinigt ausschließlich die Zollbehörde des Mitgliedstaates den Ausgang der Waren aus dem Zollgebiet der EU, bei der die Ausfuhranmeldung abgegeben wurde. Die hierbei erzeugten Ausgangsvermerke aus dem europäischen Ausland sind als Ausfuhrnachweise für Umsatzsteuerzwecke anzuerkennen, wenn sich aus der Gesamtheit der Belege die tatsächlich erfolgte Ausfuhr hinreichend nachvollziehen lässt.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt Folgendes:

I. Führung des Ausfuhrnachweises bei Abgabe der Ausfuhranmeldung in einem Mitgliedstaat des übrigen Gemeinschaftsgebiets

  1. Hat die ausländische Zolldienststelle der von ihr übermittelten elektronischen Nachricht (z. B. EDIFACT-Nachricht) das PDF-Dokument „Ausgangsvermerk“ beigefügt, ist der Ausfuhrnachweis mit diesem Ausgangsvermerk, der den Regelungen in § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStDV und § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStDV entspricht, zu führen.
  2. Wurde dem Ausführer von der ausländischen Zolldienststelle lediglich eine elektronische Nachricht übersandt, ist der Ausfuhrnachweis wie folgt zu führen und unter folgenden Voraussetzungen anzuerkennen:
    1. der Unternehmer weist den körperlichen Ausgang der Waren mit der von der ausländischen Zolldienststelle erhaltenen elektronischen Nachricht nach,
    2. er verfügt über Aufzeichnungen/Dokumentationen, dass er die Nachricht von der ausländischen Zolldienststelle erhalten hat,
    3. er zeichnet die Verbindung der Nachricht mit der entsprechenden Ausfuhranmeldung bei der ausländischen Zolldienststelle auf und
    4. es bestehen keine Zweifel bezüglich des ordnungsgemäßen Ausgangs der Waren aus dem Zollgebiet der EU.

II. Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses

Im Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 17. Juni 2015 – IV D 3 – S-7279 / 13 / 10002 (2015/0519072), BStBl I S. xxx, geändert worden ist, wird Abschnitt 6.9 wie folgt geändert:

  1. In Absatz 15 wird im Beispiel 1 der Satz 4 wie folgt gefasst:

    4In diesen Fällen ist die von der ausländischen Zolldienststelle erhaltene EDIFACT-Nachricht über den körperlichen Ausgang der Waren als Beleg im Sinne des § 9 Abs. 1 UStDV oder des § 10 Abs. 1 UStDV und als Nachweis für Umsatzsteuerzwecke anzuerkennen, wenn der Unternehmer zusammen mit der Nachricht über Aufzeichnungen/Dokumentationen verfügt, dass er diese von der ausländischen Zolldienststelle erhalten hat.“

  2. Nach Absatz 15 wird folgende Zwischenüberschrift und folgender Absatz 16 angefügt:

    „Abgabe der Ausfuhranmeldung in einem Mitgliedstaat des übrigen Gemeinschaftsgebiets

    (16) Wurde die Ausfuhranmeldung zulässigerweise ohne einzige Bewilligung in einem Mitgliedstaat des übrigen Gemeinschaftsgebiets abgegeben, gilt Folgendes:

    1. Hat die ausländische Zolldienststelle der von ihr übermittelten elektronischen Nachricht (z.B. EDIFACT-Nachricht) das PDF-Dokument „Ausgangsvermerk“ beigefügt, ist der Ausfuhrnachweis mit diesem Ausgangsvermerk, der den Regelungen in § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStDV und § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStDV entspricht, zu führen.

    2. Wurde dem Ausführer von der ausländischen Zolldienststelle lediglich eine elektronische Nachricht übersandt, ist der Ausfuhrnachweis wie folgt zu führen und unter folgenden Voraussetzungen anzuerkennen:

    a) der Unternehmer weist den körperlichen Ausgang der Waren mit der von der ausländischen Zolldienststelle erhaltenen elektronischen Nachricht nach,

    b) er verfügt über Aufzeichnungen/Dokumentationen, dass er die Nachricht von der ausländischen Zolldienststelle erhalten hat,

    c) er zeichnet die Verbindung der Nachricht mit der entsprechenden Ausfuhranmeldung bei der ausländischen Zolldienststelle auf und

    d) es bestehen keine Zweifel bezüglich des ordnungsgemäßen Ausgangs der Waren aus dem Zollgebiet der EU.“

III. Anwendungsregelung

Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV D 3 – S-7134 / 14 / 10001 vom 19.06.2015

 

Kirchensteuer auf Abgeltungsteuer geht in die 2. Runde: Und endlich wird’s einfacher!

Die Neuregelung des Kirchensteuerabzugsverfahrens hat im vergangenen Jahr für viel Wirbel gesorgt. Insbesondere das komplizierte Registrierungs- und Zulassungsverfahren über das Portal des Bundeszentralamts für Steuern (BZSt) hat Steuerberatern und deren betroffenen Mandanten (u. a. ausschüttende Kapitalgesellschaften) den Büroalltag enorm erschwert. Wer diesem Prozedere bislang entgehen konnte – der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) hatte bereits in 2014 verschiedene Ausnahmeregelungen zur Entlastung von Kapitalgesellschaften erreichen können – hat nunmehr die Möglichkeit, einen vereinfachten Verfahrensweg zu nutzen.

Sie haben die Wahl: Papier oder Portal
Grundsätzlich müssen auch in 2015 alle zum Steuerabzug vom Kapitalertrag verpflichteten Stellen, wie bspw. Kreditinstitute, Versicherungen, Kapitalgesellschaften und Genossenschaften, zur Vorbereitung des automatischen Kirchensteuerabzugs die Religionszugehörigkeit ihrer Kunden, Versicherten oder Anteilseigner beim BZSt abfragen. Der hierfür vorgesehene Regelabfragezeitraum erstreckt sich vom 01.09.2015 bis 31.10.2015. Die Durchführung der Abfrage ist jedoch an folgende Voraussetzungen geknüpft:

a) Zertifizierung für das BZStOnline-Portal nebst elektronischer Verfahrenszulassung (Vollzugang – insbesondere für „Selbst“abfrager)
Diese Möglichkeit stand allen Beteiligten bereits in 2014 zur Verfügung. Hierfür müssen sich die Unternehmensverantwortlichen im 1. Schritt im BZSt-Portal registrieren und ein Elster- bzw. BOP-Zertifikat beantragen. Im 2. Schritt kann und muss sodann die Beantragung der Zulassung zum KiStA-Verfahren über das Portal erfolgen, bevor die Abfrage der Religionsmerkmale realisiert werden kann.

Künftig sollten diese Variante vor allem Abzugsverpflichtete nutzen, die eigenständig die Religionsmerkmale ihrer Anteilseigner über das Portal abfragen möchten. Ausführliche Hinweise zum sog. Vollzugang finden Sie auf der Homepage des BZSt sowie in der Arbeitshilfe zum automatischen Kirchensteuerabzugsverfahren, die der DStV bereits im vergangenen Jahr für Steuerberater und Mandanten ausgearbeitet hat. (Die Broschüre steht allen in den Steuerberaterverbänden organisierten Steuerberater/-innen auf der Internetplattform StBdirekt unter der Rubrik „DStV aktuell/Praxis-Tipps“ zum Download zur Verfügung.)

b) Papierantrag zwecks Zuteilung einer Zulassungsnummer [NEU]
(Eingeschränkter Verfahrenszugang – nur zur Abfrage über beauftragten Datenübermittler, z. B. Steuerberater)
Abzugsverpflichtete, die die Abfrage der Religionsmerkmale ihrer Anteilseigner ausschließlich über einen Dritten (z. B. Steuerberater oder IT-Dienstleister) vornehmen lassen möchten, können unter Nutzung der Vorzüge des analogen Mediums „Papier“ die hierfür erforderliche Zulassungsnummer auf vereinfachtem Weg beantragen.

Anstelle der Registrierung und Zulassung über das BZStOnline-Portal können betroffene Unternehmen über die Homepage des BZSt den Papierantrag zur Zuteilung einer Zulassungsnummer downloaden, ausfüllen und unterschrieben an das BZSt senden. Nach Erfassung der Angaben übermittelt das BZSt den Abzugsverpflichteten sodann die Zulassungsnummer zum KiStA-Verfahren zur Weiterleitung an den von ihm beauftragten Datenübermittler.

Wichtig: Die Abzugsverpflichteten haben in diesem Fall keinen eigenständigen Zugriff auf die Datenbank des BZSt. Die Abfrage muss daher zwingend über einen Dritten vorgenommen werden, der – im Gegensatz zum Abzugsverpflichteten – über die Registrierung und Zulassung im BZStOnline-Portal verfügen muss.

Darüber hinaus ist die Beantragung der Zulassungsnummer nur für Abzugsverpflichtete erforderlich, die bislang noch nicht am Verfahren teilnehmen.

Zugangsvarianten im Überblick

Vollzugang

  • für Selbst“abfrager“
  • elektronische Registrierung im BZStOnline-Portal (Zertifizierung) + elektronische Verfahrenszulassung
  • vollumfängliche Nutzbarkeit des BZStOnline-Portals

Beschränkter Zugang

  • nur bei Abfrage der KiStAM über einen beauftragten Datenübermittler
  • Papierantrag zwecks Zuteilung der Zulassungsnummer
  • kein eigenständiger Zugriff auf das BZStOnline-Portal

Datenrücklieferung via csv-Format [NEU]
Eine weitere Erleichterung konnte für die Regel- bzw. Anlassabfrage von Gesellschaften mit vielen Beteiligten im csv-Verfahren erreicht werden. Während derzeit nur der Hinweg zum BZSt elektronisch unterstützt wird (csv-Datei), erfolgt die Rücklieferung der Kirchensteuerabzugsmerkmale (KiStAM) per E-Mail in Form einer nicht weiter verarbeitbaren pdf-Datei. Die Fehleranfälligkeit im Hinblick auf die anschließende Weiterverwendung der KiStAM ist entsprechend hoch.

Zum 01.09.2015 ist daher an dieser Stelle des Verfahrens eine Umstellung geplant. Bei KiStAM-Abfragen unter Verwendung einer csv-Datei sollen künftig auch die KiStAM im csv-Format zurückgeliefert werden. Der DStV begrüßt diese Anpassung ausdrücklich; erleichtert sie doch zum einen die Auswertbarkeit der erhaltenen Daten und verringert zugleich das Fehlerrisiko auf Seiten der Abzugsverpflichteten.

Gesetzgeber plant Reduzierung der Mitteilungspflichten [NEU]
Schließlich weist der DStV darauf hin, dass mit dem sog. Bürokratieentlastungsgesetz auch eine erste gesetzliche Änderung zum Kirchensteuerabzugsverfahren zu erwarten ist. Demnach sollen zum Kirchensteuerabzug verpflichtete Unternehmen ihre Gesellschafter bzw. Kunden künftig nicht mehr jährlich, sondern nur noch einmal je Geschäftsbeziehung auf die Datenabfrage zur Kirchensteuerpflicht beim Bundeszentralamt für Steuern hinweisen müssen. Die damit im Gesetzentwurf vorgesehene Reduzierung der Mitteilungspflichten für Kirchensteuerabzugsverpflichtete greift einen zentralen Kritikpunkt des DStV auf und ist klar zu unterstützen (siehe auch: DStV-Stellungnahme S 04/15 an das BMWi).

Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage des DStV.

Quelle: DStV, Mitteilung vom 23.06.2015

 

Bonuszahlungen der Krankenkasse mindern den Sonderausgabenabzug für Krankenversicherungsbeiträge nicht

Mit Urteil vom 28. April 2015 (Az. 3 K 1387/14) hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz als bundesweit erstes Finanzgericht entschieden, dass der für Krankenversicherungsbeiträge vorzunehmende Sonderausgabenabzug nicht um Zahlungen zu kürzen ist, die von der Krankenkasse im Rahmen eines „Bonusprogramms“ geleistet werden. Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache wurde die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen.

Die Kläger machten in ihrer Einkommensteuererklärung für 2012 Arbeitnehmerbeiträge der Klägerin zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung (Basisabsicherung) als Sonderausgaben geltend (2.663 Euro). Im Einkommensteuerbescheid wurden diese Beiträge vom beklagten Finanzamt gekürzt, weil die Klägerin im Rahmen eines Bonusprogramms von ihrer Krankenkasse 150 Euro erhalten hatte.

Dagegen legten die Kläger Einspruch ein und machten geltend, bei der Zahlung handle es sich nicht um eine Beitragsrückerstattung. Es handle sich vielmehr um einen Zuschuss der Krankenkasse, weil die Klägerin an dem Bonusmodell „Vorsorge PLUS“ teilgenommen habe. Danach erhalte derjenige, der bestimmte Vorsorgemaßnahmen (z. B. Krebsvorsorgeuntersuchung) durchgeführt habe, am Jahresende einen Zuschuss der Krankenkasse von bis zu 150 Euro jährlich zu seinen Kosten für Gesundheitsmaßnahmen, die privat zu zahlen und nicht im Versicherungsumfang enthalten seien (z. B. Massagen, homöopathische Arzneimittel, Nahrungsergänzungsmittel, Gesundheitsreisen, Eigenleistungen zur Gesundheitsvorsorge wie z. B. Fitness-Studio oder Sportverein).

Das Finanzamt wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 20. Februar 2014 als unbegründet zurück. Die dagegen erhobene Klage der Kläger hatte Erfolg. Das FG kam zu dem Ergebnis, dass die Krankenversicherungsbeiträge der Klägerin zur Basisabsicherung in voller Höhe als Sonderausgaben abzugsfähig sind und nicht um den von der Krankenkasse gezahlten Bonus gekürzt werden dürfen.

Zur Begründung führte das Gericht Folgendes aus:

Nach der seit Januar 2010 geltenden Neuregelung zur Berücksichtigung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen seien die Beiträge zur privaten oder gesetzlichen Krankenversicherung für eine Absicherung auf sozialhilfegleichem Versorgungsniveau (Basisabsicherung) in vollem Umfang als Sonderausgaben abziehbar.

Zwar dürften nur solche Ausgaben als Sonderausgaben berücksichtigt werden, durch die der Steuerpflichtige tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet sei. Eine Verrechnung von Krankenversicherungsbeiträgen mit Erstattungen oder Zuschüssen setze allerdings deren „Gleichartigkeit“ voraus. Eine solche „Gleichartigkeit“ bestehe zwischen den Krankenversicherungsbeiträgen der Klägerin und der Bonuszahlung der Krankenkasse nicht. Die Krankenversicherungsbeiträge dienten der Absicherung des Risikos, Kosten im Krankheitsfall selbst tragen zu müssen, allerdings nur in Bezug auf solche Kosten, die die Basisversorgung betreffen würden, weil nur diese versichert sei. Mit diesem (begrenzten) Versicherungsschutz stehe die Bonuszahlung nicht im Zusammenhang. Da nämlich alle Versicherungsmitglieder – ob sie nun an dem Bonusmodell teilnehmen würden oder nicht – Anspruch auf sämtliche Versicherungsleistungen (zur Basisversorgung) hätten, sei der Versicherungsschutz (Basisabsicherung) unabhängig von der Teilnahme am Bonusprogramm gegeben. Es fehle daher an der erforderlichen „Gleichartigkeit“ zwischen der Bonuszahlung und den Beiträgen der Klägerin zu ihrer Basis-Krankenversicherung, weil die Bonuszahlung nicht der Erlangung des Versicherungsschutzes diene. Außerdem könnten die Bonuszahlungen der Krankenkasse auch deshalb nicht als Rückerstattung von Beiträgen zur Basis-Krankenversicherung qualifiziert werden, weil mit dieser Zahlung lediglich solche Krankheitskosten erstattet worden seien, die außerhalb des Versicherungsschutzes angefallen und daher von der Klägerin selbst zu tragen gewesen seien. Eine Gleichartigkeit von solchen Bonuszahlungen mit Sonderausgaben würde voraussetzen, dass der Versicherungsschutz auch die selbst getragenen Aufwendungen umfasst hätte. Dies sei hier nicht der Fall.

Im Übrigen sei auch das Bundesministerium der Finanzen der Auffassung, dass Basis-Krankenversicherungsbeiträge nur durch Beitragsrückerstattungen bzw. Bonuszahlungen gemindert werden könnten, „soweit sie auf die Basis-Absicherung entfallen“ würden. Da die Bonuszahlung im vorliegenden Fall allerdings keine Aufwendungen erstattet habe, die von der Basis-Absicherung umfasst würden (s. o.), könnten die Bonuszahlungen die abziehbaren Basis-Krankenversicherungsbeiträge nicht mindern.

Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, weil noch keine Entscheidung des BFH dazu vorliegt, ob der Sonderausgabenabzug für Beiträge eines Steuerpflichtigen zur Basis-Krankenversicherung um Bonuszahlungen der hier vorliegenden Art (Zahlung der Krankenkasse im Rahmen eines „Bonusprogramms“) gekürzt werden darf.

Quelle: FG Rheinland-Pfalz, Pressemitteilung vom 22.06.2015 zum Urteil 3 K 1387/14 vom 28.04.2015

 

Zweites Gesetz zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes und des Versicherungsteuergesetzes

Zweites Verkehrsteueränderungsgesetz – 2. VerkehrStÄndG

Mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) und des Versicherungsteuergesetzes vom 8. Juni 2015 (BGBl I S. 901) wird das Kraftfahrzeugsteuergesetz geändert und das Versicherungsteuergesetz wird hinsichtlich eines Verkündungsfehlers berichtigt.

Im Kraftfahrzeugsteuergesetz wurden Rechtsbereinigungen durchgeführt, die nach Übernahme der Verwaltung durch den Zoll erforderlich waren. So wurden Ermächtigungsgrundlagen für die Landesregierungen und Regelungen für den abgelaufenen Zeitraum der Organleihe gestrichen.

Die Beantragung der Ermäßigung für schwerbehinderte Fahrzeughalter (§ 3a KraftStG) wird erleichtert, da die Ermäßigung nicht mehr auf dem Schwerbehindertenausweis vermerkt und der Vermerk bei Wegfall der Ermäßigung nicht mehr gelöscht werden muss.

Zudem wird ein bei der Verkündung des Verkehrsteueränderungsgesetzes vom 5. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2431) aufgetretener Fehler bereinigt, der das Versicherungsteuergesetz betrifft.

Die vorstehenden Regelungen traten am 12. Juni 2015 in Kraft.

Im Kraftfahrzeugsteuergesetz wird eine Steuerermäßigung durch Berücksichtigung eines Entlastungsbetrages aufgenommen werden, die es vermeiden soll, dass die Steuerpflichtigen durch die Einführung einer Infrastrukturabgabe doppelt belastet werden.

Die Steuerermäßigung wird für in- und ausländische Kraftfahrzeugsteuerpflichtige gelten, die in den Anwendungsbereich der Infrastrukturabgabe fallen. Die Steuerermäßigung tritt erst ab dem Beginn der Erhebung der Infrastrukturabgabe in Kraft. Hierzu wird zu gegebener Zeit eine gesonderte Bekanntmachung des Bundesministeriums der Finanzen im Bundesanzeiger erfolgen.

Das Gesetz im Volltext finden Sie auf der Homepage des BMF.

Quelle: BMF, Mitteilung vom 18.06.2015

Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG) beschlossen

Bei Enthaltung der Opposition hat der Bundestag am 18. Juni den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates (18/4050, 18/4351), das sog. Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG), in der vom Rechtsausschuss geänderten Fassung (18/5256) beschlossen.

Ziel der EU-Bilanzrichtlinie ist es, die Belastung kleiner und mittlerer Unternehmen in der EU mit Bürokratie zu verringern. Die Änderungen am Regierungsentwurf betreffen im Wesentlichen die Vorschriften zur Befreiung von Tochterunternehmen, Personenhandelsgesellschaften und Mutterunternehmen von Vorgaben der Rechnungslegung. Zu der im Regierungsentwurf vorgesehenen Ausschüttungssperre für noch nicht vereinnahmte Beteiligungserträge wurden mit Blick auf die phasengleiche Gewinnvereinnahmung Erläuterungen angefügt. Zudem ist die Streichung des Unternehmenswahlrechts zur vorgezogenen Anwendung aller neuen Vorschriften in der Übergangsvorschrift im Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch, im Publizitätsgesetz sowie in den Einführungsgesetzen zum Aktiengesetz und zum Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung vorgesehen. Ebenfalls bei Enthaltung der Opposition verabschiedete der Bundestag eine Entschließung, in der die Bundesregierung aufgefordert wird zu prüfen, ob die bei der Verabschiedung des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes 2009 zugrunde gelegten Annahmen im Hinblick auf die Dauer des Bezugszeitraums für den Diskontierungszinssatz gemäß Paragraf 253 Abs. 2 Satz 1 des Handelsgesetzbuches angepasst werden müssen. Gegebenenfalls solle die Regierung dem Bundestag eine „angemessene Neuregelung“ des Paragrafen 253 Abs. 2 vorschlagen.

Der Gesetzgeber sei gefordert, heißt es in der Entschließung, seine damaligen Annahmen zu überprüfen und gegebenenfalls für Altersversorgungsverpflichtungen der Unternehmen eine angemessene Verlängerung des Bezugszeitraumes für die Ermittlung des Durchschnittszinssatzes vorzusehen. Falls erforderlich, müsse die Verlängerung mit einer Gewinnausschüttungssperre verbunden werden. Dabei könnten die mit dem weiteren Absinken des Durchschnittszinssatzes verbundenen bilanziellen Belastungen von Unternehmen abgemildert werden.

Quelle: Deutscher Bundestag, Mitteilung vom 19.06.2015
Bundestagsbeschlüsse am 18. und 19. Juni

 

Entlastung für Steuerzahler: Familienleistungs-Paket beschlossen

Der Bundestag hat das Familienleistungs-Paket beschlossen. Demnach steigen der Grundfreibetrag, der Kinderfreibetrag, das Kindergeld und der Kinderzuschlag an. Neben den höheren Steuerfreibeträgen für Erwachsene und Kinder werden die Einkommensteuertarife angepasst. Auch das entlastet den Steuerzahler.

Zum 1. Januar 2016 soll der Einkommensteuertarif um 1,48 Prozent „nach rechts“ verschoben werden. Dadurch wird die vom Bundesfinanzminister erwartete Inflationsrate 2014 und 2015 ausgeglichen. Das heißt konkret: Bürgerinnen und Bürger werden ab 2016 jährlich um 1,5 Milliarden Euro entlastet. So werden auch „heimliche Steuererhöhungen“ im Zuge der Kalten Progression eingedämmt.

Mehr Netto vom Brutto
Der Grundfreibetrag für Erwachsene steigt in zwei Schritten von 8.354 auf 8.652 Euro. Durch diese Anpassung greifen steigende Steuersätze des progressiven Einkommensteuertarifs erst bei etwas höherem Einkommen. Damit bleibt etwas mehr Netto vom Brutto. Der Abbau der Kalten Progression ist möglich, weil die geschätzten Steuereinnahmen den nötigen Spielraum bieten.

Nach aktuellen Prognosen rechnet der Bund in diesem Jahr mit Steuereinnahmen von 280,3 Milliarden Euro. Das sind exakt 6,3 Milliarden Euro mehr als bei der Steuerschätzung im November. Bis 2019 summieren sich die zusätzlichen Einnahmen auf mehr als 38 Milliarden Euro. Grund dafür ist die gute wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland.

Entlastung für Familien und Geringverdiener
Der steuerliche Kinderfreibetrag beträgt aktuell 7.008 Euro. Ab Juli 2015 wird er um 144 Euro je Kind erhöht sowie 2016 um weitere 96 Euro auf 7.248 Euro. Der Kinderzuschlag für Geringverdiener wird zum Juli kommenden Jahres um 20 Euro auf bis zu 160 Euro pro Monat steigen.

Entlastung für Alleinerziehende
Auch Alleinerziehende werden stärker unterstützt. Der Entlastungsbetrag wird angehoben und steigt rückwirkend für 2015 auf 1.608 Euro im Jahr bei einem Kind. Das sind 300 Euro mehr als bisher. Für jedes weitere Kind gibt es zusätzlich 240 Euro. Ab 2016 steigt der Freibetrag für Alleinerziehende mit einem Kind dann nochmals um 300 Euro – auf insgesamt 1.908 Euro im Jahr. Alleinerziehende mit zwei Kindern werden dann mit 2.148 Euro pro Jahr entlastet.

Der Entlastungsbetrag trägt der besonderen Lebenssituation und der daraus resultierenden Mehrbelastung für Alleinerziehende Rechnung.

Quelle: Bundesregierung, Pressemitteilung vom 18.06.2015

 

Erbschaftsteuerbefreiung bei Wohnungseigentum

Ein Alleinerbe erhält keine Erbschaftsteuerbefreiung bezüglich eines Wohnungs-Miteigentumsanteils, wenn er die Wohnung nach dem Erbfall nicht selbst zu eigenen Wohnzwecken nutzt, sondern den vom Vater geerbten Wohnungs-Miteigentumsanteil unentgeltlich an die dort weiterhin wohnende Mutter überlässt. Das hat das Hessische Finanzgericht entschieden (Az. 1 K 118/15).

Geklagt hatte eine Frau, die Alleinerbin ihres im Jahre 2010 verstorbenen Vaters geworden war, nachdem ihre Mutter als testamentarisch eingesetzte Erbin die Erbschaft ausgeschlagen hatte. In ihrer Erbschaftsteuererklärung machte die Klägerin für den im Nachlassvermögen befindlichen hälftigen Miteigentumsanteil an dem elterlichen Wohnungseigentum eine Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) geltend. Denn nach dem Tod des Erblassers (Vater) handele es sich weiterhin um ein Familienwohnheim, da das vor dem Erbfall von beiden Eltern genutzte Objekt nunmehr von der Mutter allein genutzt werde. Die unentgeltliche Überlassung des zum Nachlass des Vaters gehörenden Miteigentumsanteils durch die Klägerin an ihre Mutter stelle eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken dar, was zur Erbschaftsteuerbefreiung führe.

Dagegen verneinte das Finanzamt im Streitfall eine Selbstnutzung der Klägerin zu eigenen Wohnzwecken im Sinne der erbschaftsteuerlichen Befreiungsvorschrift und setzte deshalb – unter Hinzurechnung des übrigen Nachlassvermögens – Erbschaftsteuer in Höhe von ca. 50.000 Euro fest.

Das Hessische Finanzgericht wies die Klage ab. Nach dem Gesetzestext und nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung erfordere die Steuerbefreiung stets, dass die Wohnung als sog. Familienheim beim Erben unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt sei und dass sich in dieser Wohnung der Mittelpunkt des familiären Lebens des Erben befinde. Hierfür sei es nicht ausreichend, dass die Klägerin nach dem Erbfall nur gelegentlich zwei Räume genutzt und die Wohnung im Übrigen unentgeltlich ihrer Mutter überlassen habe. Denn auch die unentgeltliche Überlassung zu Wohnzwecken an die Mutter als Angehörige stelle keine Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken der Klägerin dar.

Die Klägerin könne sich auch nicht darauf berufen, dass sie nur den hälftigen Miteigentumsanteil geerbt habe, der sie nicht zur alleinigen und uneingeschränkten Nutzung der Wohnung berechtige. Auch sei es nicht entscheidend, dass sie täglich in die Wohnung gekommen und gelegentlich dort in einem Zimmer übernachtet habe, um ihre Mutter, die das 80. Lebensjahr weit überschritten habe, zu betreuen und zu versorgen. Gleiches gelte für den Umstand, dass die Klägerin ein weiteres Zimmer der Wohnung genutzt habe, um dort Nachlassunterlagen zu lagern und um von dort den Nachlass zu verwalten. Denn die Steuerbefreiungsvorschrift des § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG sei einschränkend auszulegen und setze auch beim Erwerb eines Miteigentumsanteils voraus, dass das Wohnungsobjekt den Mittelpunkt des familiären Lebens des Erben bilde.

Das Hessische Finanzgericht hat gegen das Urteil vom 24.03.2015 die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts zugelassen. Das Verfahren ist beim Bundesfinanzhof (BFH) unter dem Az. II R 32/15 anhängig.

Hintergrundinformation:
Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 1 ErbStG bleibt u. a. der erbschaftsteuerrechtliche Erwerb des Miteigentums an einem bebauten Grundstück durch Kinder des Erblasser von der Erbschaftsteuer befreit, soweit der Erblasser darin bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat oder bei der er aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert war. Weitere Voraussetzung der Steuerbefreiung nach dieser Vorschrift ist, dass die Wohnung zum einen beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist (Familienheim) und zum anderen deren Fläche die Größe von 200 Quadratmetern nicht übersteigt. Die Steuerbefreiung fällt mit Wirkung für die Vergangenheit weg, wenn der Erwerber das Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb nicht mehr zu Wohnzwecken selbst nutzt, es sei denn, er ist aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert (§ 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 5 ErbStG).

Quelle: FG Hessen, Pressemitteilung vom 17.06.2015 zum Urteil 1 K 118/15 vom 17.06.2015