Archiv der Kategorie: Steuern & Recht

Dienstzimmer eines Försters unbeschränkt steuerlich absetzbar

Ein Förster, der im überwiegenden Interesse seines Arbeitgebers ein Dienstzimmer in seinem Wohnhaus unterhält, kann die hierfür entstehenden Kosten in vollem Umfang von der Steuer absetzen. Die Abzugsbeschränkung für häusliche Arbeitszimmer kommt in diesen Fällen nicht zur Anwendung. Dies entschied der 7. Senat des Finanzgerichts Köln in seinem Urteil vom 27.08.2014 (Az. 7 K 3561/10).

Geklagt hatte ein Diplom-Forstwirt, der im Streitjahr 2008 für den Landesbetrieb Wald und Holz NRW als Betreuungsförster einen Forstbezirk leitete. Die Forstbehörde legte besonderen Wert darauf, dass er in der Nähe seines Betreuungsreviers wohnte und in seinem Wohnhaus ein Dienstzimmer einrichtete. In dem Dienstzimmer sollten regelmäßige Sprechzeiten abgehalten werden. Außerdem stellte die Behörde die technische Büroausstattung zur Verfügung. Das Zimmer musste im Krankheitsfall für einen Vertreter des Klägers zugänglich sein. Die Funktionsfähigkeit des Dienstzimmers konnte von der Forstbehörde vor Ort überprüft werden. Für die Unterhaltung des Zimmers erhielt der Kläger monatlich eine steuerfreie Entschädigung von 81,81 Euro. Die darüber hinausgehenden Kosten für das Zimmer von 3.417 Euro wollte der Kläger als Werbungskosten geltend machen. Das Finanzamt berücksichtigte im Hinblick auf die Abzugsbeschränkung für häusliche Arbeitszimmer lediglich einen Betrag von 1.250 Euro.

Dies sah der 7. Senat anders und gab der Klage insoweit statt. Das Dienstzimmer sei als externes Büro des Dienstherrn zu beurteilen und unterliege nicht der Regelung für häusliche Arbeitszimmer. Unerheblich sei insoweit, dass zwischen dem Kläger und der Forstbehörde kein Mietvertrag über das Dienstzimmer geschlossen worden sei und der Kläger eine steuerfreie Nutzungsentschädigung erhalten habe. Entscheidend sei vielmehr, dass das Interesse des Klägers, zur Erledigung büromäßiger Arbeiten einen Raum in der eigenen Wohnung zur Verfügung zu haben, von den Belangen der Behörde überlagert worden sei.

Die Entscheidung des 7. Senates ist mittlerweile rechtskräftig.

Quelle: FG Köln, Pressemitteilung vom 04.03.2015 zum Urteil 7 K 3561/10 vom 27.08.2014 (rkr)

 

Auslegungsfragen zu § 1 Abs. 1b Nr. 3 InvStG

Zur Auslegung des § 1 Abs. 1b Nr. 3 InvStG nehme ich nach Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wie folgt Stellung:

1. Allgemeines
Merkmal eines Investmentfonds ist u. a., dass der objektive Geschäftszweck auf die Anlage und Verwaltung seiner Mittel für gemeinschaftliche Rechnung der Anteils- oder Aktieninhaber beschränkt ist. Diese Beschränkung des Geschäftszwecks muss aus der Satzung, dem Gründungsstatut oder sonstigen vergleichbaren Unterlagen eindeutig hervorgehen.

Zudem muss eine aktive unternehmerische Bewirtschaftung der Vermögensgegenstände ausgeschlossen sein (§ 1 Abs. 1b Nr. 3 Satz 1 InvStG).

Als Ausnahme von diesem Grundsatz ist eine aktive unternehmerische Bewirtschaftung dagegen nicht schädlich bei unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften im Sinne des § 1 Abs. 19 Nr. 22 des Kapitalanlagegesetzbuchs (§ 1 Abs. 1b Nr. 3 Satz 2 InvStG).

Die allgemeinen Grundsätze zur Abgrenzung einer gewerblichen von einer vermögensverwaltenden Tätigkeit, die durch die Rechtsprechung und die Finanzverwaltung entwickelt wurden, sind bei der Beurteilung einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung der Vermögensgegenstände von Investmentfonds nicht unmittelbar anwendbar. Sofern sich jedoch aus den allgemeinen Grundsätzen ergibt, dass eine Tätigkeit vermögensverwaltenden und keinen gewerblichen Charakter hat, dann liegt auch keine aktive unternehmerische Bewirtschaftung vor. Umgekehrt ist trotz Vorliegen von Merkmalen einer gewerblichen Tätigkeit unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Investmentanlage zu prüfen, ob darin auch eine aktive unternehmerische Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 1b Nr. 3 Satz 1 InvStG zu sehen ist.

Die professionelle, standardisierte, kollektive Verwaltung eines Vermögens für die Anleger stellt die Aufgabe und das Wesensmerkmal eines Investmentfonds dar.

Hierbei ist die berufliche Expertise des Verwalters immanenter Bestandteil der Vermögensverwaltung im Rahmen der Investmentanlage und kein Merkmal für eine aktive unternehmerische Bewirtschaftung der Vermögensgegenstände. Auch der wert- und zahlenmäßige Umfang der Geschäfte eines Investmentfonds stellt kein Indiz für eine aktive unternehmerische Tätigkeit dar.

Alle Tätigkeiten, die einem Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren im Sinne der Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) erlaubt sind, wird die Finanzverwaltung nicht als aktive unternehmerische Tätigkeiten betrachten.

2. Wertpapiergeschäfte
Die Umschichtung von Wertpapieren – selbst in erheblichem Umfang – gehört regelmäßig noch zur privaten Vermögensverwaltung. Danach ist der bloße – auch kurzfristige – Umschlag von Wertpapieren als privates Geschäft zu betrachten. Dies gilt erst recht im Rahmen der Investmentanlage, so dass die Häufigkeit der Umschichtung kein Merkmal einer aktiven unternehmerischen Tätigkeit darstellt.

Von einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung ist jedoch auszugehen, wenn Umschichtungen im Rahmen des Hochfrequenzhandels (§ 1 Abs. 1a Nr. 4d KWG) als Geschäftsfeld eines Fonds erfolgen oder wenn die wesentliche Anlagestrategie des Fonds auf die kurzfristige Ausnutzung von Preisunterschieden an verschiedenen Börsenplätzen ausgerichtet ist. Ein Kriterium für die Wesentlichkeit kann in diesem Zusammenhang die Anzahl der durchgeführten Transaktionen darstellen.

Umschichtungen, die weder im Rahmen des Hochfrequenzhandels noch im Rahmen der wesentlichen Anlagestrategie zur kurzfristigen Ausnutzung von Preisunterschieden an verschiedenen Börsenplätzen getätigt werden, führen nicht zu einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung.

3. Unternehmensbeteiligungen
Ein Investmentfonds darf sich nicht am aktiven Management von Portfolio-Gesellschaften (auch nicht über verbundene Dritte) beteiligen (vgl. BFH-Urteil vom 25. Juli 2001, BStBl II S. 809). Es darf auch keine rechtliche oder faktische Weisungsbefugnis gegenüber Zielunternehmen, die selbst operativ tätig sind, bestehen. Die Wahrnehmung von Aufsichtsratsfunktionen in den gesellschaftsrechtlichen Gremien der Portfolio-Gesellschaften und die Wahrnehmung von Gesellschafterrechten sind dagegen unschädlich.

4. Immobilienanlage
Offene Immobilienfonds sind ihrem Wesen nach Bestandshalter, d. h., das Halten von Immobilien und Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften (§ 230 ff. KAGB bzw. § 1 Abs. 1b Nr. 5 e bis g InvStG), die regelmäßige bzw. dauernde Einnahmen erwarten lassen, muss im Vordergrund der Geschäftstätigkeit stehen.

Die Vermietung und Verpachtung von Grundvermögen bzw. das Halten von Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften hat grundsätzlich vermögensverwaltenden Charakter, auch dann, wenn der vermietete Grundbesitz sehr umfangreich ist und der Verkehr mit vielen Mietern erhebliche Verwaltungsarbeit erforderlich macht (BFH-Urteil vom 21. August 1990, BStBl 1991 II, S. 126) oder die vermieteten Räume gewerblichen Zwecken dienen (BFH-Urteil vom 17. Januar 1961, BStBl III, S. 233).

a. Einzelfragen im Rahmen der Vermietungstätigkeit
Es ist nicht von einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung auszugehen bei:

  • Zusatzleistungen oder Nebenleistungen des Vermieters gegenüber dem Mieter. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn sie das bei langfristigen Vermietungen übliche Maß überschreiten.
  • einer Vereinbarung von Umsatzmieten.
  • einem häufigen Mieterwechsel bei dem Grunde nach langfristigen Vermietungen.
  • Marketing-/Werbeleistungen, es sei denn, die vorgenommenen Werbemaßnahmen führen aufgrund ihres Umfangs und ihrer Qualität zur Gewerblichkeit.
  • geringfügigen Einnahmen aus Nebentätigkeiten, die nicht im Rahmen des Mietverhältnisses gegenüber dem Mieter erbracht werden, wie zum Beispiel der Energieerzeugung mittels Photovoltaik-Anlagen, Blockheizkraftwerken, Geothermieanlagen und vergleich-baren Anlagen. Von einer Geringfügigkeit ist auszugehen, wenn die jährlichen Einnahmen 5 % der jährlichen laufenden Einnahmen im Sinne des § 3 Abs. 3 Satz 3 InvStG ohne Berücksichtigung der Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG unterschreiten.

b. Veräußerung
Der Bereich der Vermögensverwaltung wird überschritten, wenn sich die Geschäftstätigkeit als Grundstückshandel darstellt. Dies wäre der Fall, wenn Immobilien bereits mit dem Ziel der kurzfristigen Weiterveräußerung erworben würden. Der Umschlag von Immobilien darf nicht prägend für die Tätigkeit des Investmentfonds sein.

Unschädlich ist

  • die Veräußerung einer Immobilie, an der Baumaßnahmen durchgeführt wurden, deren Aufwand als Herstellungskosten zu qualifizieren ist, wenn
    • die Immobilie nach Abschluss einer solchen Baumaßnahme noch mindestens drei Jahre gehalten wird, bevor die Immobilie veräußert wird, oder
    • die Immobilie vor Beginn einer solchen Baumaßnahme mindestens drei Jahre gehalten wurde, oder
    • innerhalb der letzten drei Jahre vor Veräußerung der Immobilie die Kosten für die durchgeführten oder abgeschlossenen Baumaßnahmen 15 % des zuletzt festgestellten Verkehrswerts der Immobilie nicht übersteigen, oder
  • die Konzeption oder die Entwicklung einer Immobilie, wenn die Absicht besteht, die Immobilie zu vermieten und im Bestand zu halten, um dauerhaft Erträge zu erwirtschaften. Hiervon ist auszugehen, wenn die einzelne Immobilie mindestens drei Jahre nach Fertigstellung gehalten wird.

Wurden hinsichtlich jeder einzelnen Immobilie keine schädlichen Tätigkeiten im Sinne des vorstehenden Satzes ausgeübt, ist im nächsten Prüfungsschritt bei Betrachtung des gesamten Portfolios nicht von einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung auszugehen,

  • wenn die Erlöse aus dem Verkauf von Immobilien in den letzten fünf Jahren 50 % des Wertes des durchschnittlichen Immobilienbestands desselben Zeitraums nicht über-steigen; sind seit Auflage des Investmentfonds weniger als 5 Jahre vergangen, ist dieser kürzere Zeitraum maßgebend, oder
  • wenn die durchschnittliche Haltedauer der in den letzten fünf Jahren veräußerten Immobilien mindestens fünf Jahre beträgt.

Generell bleiben Objekte unberücksichtigt, deren Verkauf zwingend erforderlich war, um dem Rückgabeverlangen von Anlegern nachkommen zu können sowie Veräußerungen im Rahmen der Liquidation eines Investmentfonds.

c. Immobilien-Gesellschaften
Die vorstehend unter Tz. 4. bis 4b. genannten Grundsätze finden auf Immobilien-Gesellschaften keine Anwendung, sondern gelten nur für Direktinvestitionen, da die aktive unternehmerische Bewirtschaftung bei Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften gemäß § 1 Abs. 1b Satz 2 Nr. 3 Satz 2 InvStG nicht schädlich ist. Infolge dessen können Investmentfonds Tätigkeiten, wie beispielsweise das Betreiben von energieerzeugenden Anlagen in Immobilien-Gesellschaften auslagern. Das Tätigkeitsfeld von Immobilien-Gesellschaften wird in den §§ 234 – 238 KAGB aufsichtsrechtlich geregelt. Da es sich bei diesen um steuerpflichtige Gesellschaften handelt, sind weitere steuerliche Vorgaben entbehrlich.

5. Übergangsregelung
Das Schreiben ist erstmalig auf das Geschäftsjahr eines Investmentfonds anzuwenden, das nach der Veröffentlichung dieses Schreibens beginnt. Es sind daher nur Veräußerungen von Immobilien zu betrachten, die nach der Veröffentlichung dieses Schreibens schuldrechtlich vereinbart werden. Für die Prüfung, ob eine zukünftige Veräußerung unter die in 4.b. genannten Voraussetzungen fällt, sind auch die Zeiträume vor der Veröffentlichung dieses Schreibens einzubeziehen.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 1 – S-1980-1 / 13 / 10007 :003 vom 03.03.2015

 

Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastung?

Das Niedersächsische Finanzgericht hat durch Urteil vom 18. Februar 2015 (Az. 3 K 297/14) entschieden, dass Scheidungskosten im Streitjahr 2013 nicht mehr als außergewöhnliche Belastungen steuerlich geltend gemacht werden können. Die Scheidung stelle nach den gesellschaftlichen Verhältnissen des Streitjahres jedenfalls kein außergewöhnliches Ereignis mehr dar. Das Gericht hat sich insoweit auf die Daten des Statistischen Bundesamtes gestützt, nach denen zurzeit jährlich rund 380.000 Eheschließungen jährlich rund 190.000 Ehescheidungen gegenüber stehen; also rund 50 % der Anzahl der Eheschließungen erreichen.

Das Gericht hat überdies die Neufassung des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz so ausgelegt, dass der Gesetzgeber mit Wirkung ab dem Jahr 2013 die Abzugsfähigkeit der Scheidungskosten als Prozesskosten generell abgeschafft hat (so auch die rechtskräftige Entscheidung des Sächsischen Finanzgerichts vom 13. November 2014 2 K 1399/14). Der Senat weicht damit von der Rechtsprechung des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 16. Oktober 2014 (Az. 4 K 1976/14, EFG 2015, 39; Revision eingelegt: VI R 66/14) und des Finanzgerichts Münster vom 21. November 2014 (Az. 4 K 1829/14 E; Revision eingelegt: VI R 81/14) ab. Die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) wurde zugelassen.

Ein Aktenzeichen des BFH liegt noch nicht vor.

Quelle: FG Niedersachsen, Pressemitteilung vom 03.03.2015 zum Urteil 3 K 297/14 vom 18.02.2015

 

Umsatzsteuerliche Behandlung von Preisnachlässen durch Verkaufsagenten/Vermittler (Änderung der Verwaltungsauffassung)

EuGH-Urteil vom 16. Januar 2014, C-300/12, (Ibero Tours) und BFH-Urteile vom 27. Februar 2014, V R 18/11, sowie vom 3. Juli 2014, V R 3/12

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat mit seinem Urteil vom 16. Januar 2014, C-300/12, (BStBl II 20xx S. …) entschieden, dass die Grundsätze, die der EuGH im Urteil vom 24. Oktober 1996, C-317/94, (BStBl II 2004 S. 324), zur Bestimmung der Besteuerungsgrundlage der Mehrwertsteuer aufgestellt hat, nicht anzuwenden sind, wenn ein Reisebüro als Vermittler dem Endverbraucher aus eigenem Antrieb und auf eigene Kosten einen Nachlass auf den Preis der vermittelten Leistung gewährt, die von dem Reiseveranstalter erbracht wird.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich mit dem Folgeurteil vom 27. Februar 2014, V R 18/11, (BStBl II 20xx S. …) dieser Rechtsauffassung unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung (BFH-Urteile vom 12. Januar 2006,V R 3/04, BStBl II S. 479, vom 13. Juli 2006, V R 46/05, BStBl II 2007 S. 186, sowie vom 13. März 2008, V R 70/06, BStBl II S. 997) angeschlossen. Danach kommt es nicht zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage, wenn ein Vermittler dem Empfänger des von ihm vermittelten Umsatzes einen Teil des Preises für den vermittelten Umsatz vergütet. Dementsprechend führt der Preisnachlass auch nicht zu einer Berichtigung des Vorsteuerabzugs beim Kunden (BFH-Urteil vom 3. Juli 2014, V R 3/12, BStBl II 20xx S. …).

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die umsatzsteuerrechtliche Behandlung der Gewährung eines Preisnachlasses Folgendes:

I. Grundsätzliches
Nach den Grundsätzen des EuGH-Urteils vom 24. Oktober 1996 (a. a. O.) liegt eine Entgeltminderung vor, wenn der erste Unternehmer aufgrund seiner Lieferung eine Erstattung an einen der nachfolgenden Abnehmer in der Leistungskette vornimmt. Es kommt nicht darauf an, ob der begünstigte Abnehmer in einer unmittelbaren Leistungsbeziehung zu dem ersten Unternehmer steht. Erstattet danach der erste Unternehmer in einer Leistungskette dem Endabnehmer einen Teil des von diesem gezahlten Leistungsentgelts oder gewährt er ihm einen Preisnachlass, mindert sich dadurch die Bemessungsgrundlage für den Umsatz des ersten Unternehmers (an seinen Abnehmer der nächsten Stufe). Ist der Endabnehmer ein in vollem Umfang oder teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigter Unternehmer, mindert sich sein Vorsteuerabzug aus der Leistung um den in der Erstattung oder in dem Preisnachlass enthaltenen Steuerbetrag (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG). Auf die Abschnitte 10.3, 17.1 und 17.2 UStAE wird hingewiesen.

Entgegen der bisherigen Rechtsprechung des BFH finden diese Grundsätze keine Anwendung, wenn nicht ein an der Leistungskette beteiligter Unternehmer, sondern lediglich ein Vermittler dem Empfänger des von ihm vermittelten Umsatzes einen Teil des Preises für den vermittelten Umsatz vergütet (BFH-Urteil vom 27. Februar 2014, V R 18/11, a. a. O.). Dieser von den Beteiligten regelmäßig als „Preisnachlass“ bezeichnete Vergütungsbetrag mindert daher nicht das Entgelt für die Leistung des Vermittlers an seinen Auftraggeber und führt dementsprechend auch nicht zu einer Berichtigung des Vorsteuerabzuges aus der vom Kunden empfangenen (vermittelten) Leistung (BFH-Urteil vom 3. Juli 2014, a. a. O.).

Sofern im Ausnahmefall der „Preisnachlass“ des Vermittlers jedoch nicht für die vermittelte Leistung, sondern vielmehr auf Grundlage einer bestehenden Leistungsbeziehung zum Kunden gewährt wird, unterliegt dieser „Nachlass“ einer gesonderten Würdigung. So können die vom sog. Zentralregulierer eingeräumten „Preisnachlässe“ an seine sog. Anschlusskunden u. U. Entgelte für eine Leistung des Anschlusskunden an den Zentralregulierer oder eine Minderung des Entgelts für eine Leistung des Zentralregulierers an den Anschlusskunden sein. Demgegenüber stellen „Preisnachlässe“ des Zentralregulierers für den Bezug von Waren von bestimmten Lieferanten Nachlässe i. S. d. o. g. Rechtsprechung dar.

An der in den BMF-Schreiben vom 8. Dezember 2006 (a. a. O.) sowie vom 12. Dezember 2008 (a. a. O.) vertretenen Rechtsauffassung wird nicht mehr festgehalten; sie werden daher aufgehoben.

II. Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses
Der Umsatzsteuer-Anwendungserlass vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 19. Februar 2015 – IV D 3 – S-7183 / 14 / 10002 (2015/0130558), BStBl I S. …., geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. Abschnitt 10.3 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 Satz 6 wird der Klammerzusatz wie folgt gefasst:
„(vgl. EuGH-Urteil vom 24.10.1996, C-317/94, BStBl 2004 II S. 324)“.

b) In Absatz 4 werden im Einleitungssatz vor dem Wort „Preisnachlässe“ das Wort „Sog.“ eingefügt und im Beispiel 2 die Sätze 4 und 5 wie folgt gefasst:

4In diesem Fall mindert der vom Agenten eingeräumte Preisnachlass weder das Entgelt der Lieferfirma noch die Provision des Agenten (vgl. BFH-Urteil vom 27.2.2014, V R 18/11, BStBl 2015 II S. XXX, und Abschnitt 17.2 Abs. 10). 5Der Agent ist nicht berechtigt, dem Abnehmer eine Abrechnung über den Preisnachlass mit Ausweis der Umsatzsteuer zu erteilen und einen entsprechenden Vorsteuerabzug vorzunehmen, weil zwischen ihm und dem Abnehmer kein Leistungsaustausch stattfindet (vgl. auch BFH-Beschluss vom 14.4.1983, V B 28/81, BStBl II S 393).“

c) Absatz 5 wird wie folgt gefasst:

„(5) Sog. Preisnachlässe, die ein Zentralregulierer seinen Anschlusskunden für den Bezug von Waren von bestimmten Lieferanten gewährt, mindern nicht die Bemessungsgrundlage für die Leistungen, die der Zentralregulierer gegenüber den Lieferanten erbringt, und führen dementsprechend auch nicht zu einer Berichtigung des Vorsteuerabzuges beim Anschlusskunden aus den Warenbezügen (BFH-Urteil vom 3.7.2014, V R 3/12, BStBl 20XX II S. XXX).“

2. Abschnitt 17.2 Abs. 10 wird wie folgt geändert:

a) Die Sätze 3 bis 12 werden wie folgt gefasst:

3Durch die Minderung der Bemessungsgrundlage der Leistung des ersten Unternehmers wird die von ihm erteilte Rechnung an seinen Abnehmer nicht unrichtig. 4Insbesondere findet in diesen Fällen § 14c Abs. 1 UStG keine Anwendung. 5Auch ein möglicher Vorsteuerabzug dieses Abnehmers ändert sich dadurch nicht (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG). 6Ist der Endabnehmer ein in vollem Umfang oder teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigter Unternehmer und bezieht er die Leistung für sein Unternehmen, mindert sich sein Vorsteuerabzug aus der Leistung um den in der Erstattung oder in dem Preisnachlass enthaltenen Steuerbetrag (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG). 7Der Unternehmer, der dem Endabnehmer einen Teil des von diesem gezahlten Leistungsentgelts erstattet oder einen Preisnachlass gewährt und dafür eine Minderung der Bemessungsgrundlage geltend macht, hat das Vorliegen der Voraussetzungen nachzuweisen (vgl. Absätze 7 und 8). 8Eine Minderung der Bemessungsgrundlage kommt hingegen nicht in Betracht, wenn nicht ein an der Leistungskette beteiligter Unternehmer, sondern lediglich ein Vermittler dem Kunden der von ihm vermittelten Leistung einen sog. Preisnachlass gewährt (BFH-Urteil vom 27.2.2014, VR 18/11, BStBl 2015 II S. XXX). 9Danach mindern beispielsweise Preisnachlässe, die dem Abnehmer von Reiseleistungen vom Reisebüro für eine vom Reisebüro lediglich vermittelte Reise gewährt werden, nicht die Bemessungsgrundlage des Umsatzes der vom Reisebüro dem Reiseveranstalter gegenüber erbrachten Vermittlungsleistung. 10Auch Preisnachlässe, die dem Telefonkunden vom Vermittler des Telefonanbietervertrages gewährt werden, mindern nicht die Bemessungsgrundlage des Umsatzes der vom Vermittler dem Telefonunternehmen gegenüber erbrachten Vermittlungsleistungen. 11Da der vom Vermittler gewährte Preisnachlass nicht das Entgelt für die Leistung des Vermittlers an seinen Auftraggeber mindert, führt dieser auch nicht zu einer Berichtigung des Vorsteuerabzugs aus der vermittelten Leistung beim (End-) Kunden (BFH-Urteil vom 3.7.2014, V R 3/12, BStBl 20XX II S. XXX). 12Zur Behandlung von Preisnachlässen bei Verkaufsagenten vgl. Abschnitt 10.3 Abs. 4 und bei Zentralregulierern vgl. Abschnitt 10.3 Abs. 5).“

b) Die Sätze 13 bis 20 werden gestrichen.

III. Anwendungsregelung
Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Es wird jedoch nicht beanstandet, wenn die Vermittler bzw. Verkaufsagenten für Preisnachlässe, die bis zur Veröffentlichung der o. g. BFH-Urteile im Bundessteuerblatt Teil II gewährt wurden, von einer Entgeltminderung ausgegangen sind. Bei der Berechnung der Umsatzsteuerminderung ist von dem Steuersatz auszugehen, der für den vermittelten Umsatz maßgeblich ist. Für Preisnachlässe, die ab dem Tag nach der Veröffentlichung gewährt werden, ist daher keine Minderung der Bemessungsgrundlage beim Vermittler bzw. Verkaufsagent vorzunehmen.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV D 2 – S-7200 / 07 / 10003 vom 27.02.2015

 

Arbeitszimmer eines Pensionärs im Keller

Der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hatte sich im Urteil vom 11. November 2014 VIII R 3/12 mit der Frage zu befassen, ob Aufwendungen für ein im Keller belegenes häusliches Arbeitszimmer in voller Höhe als Betriebsausgaben bei Einkünften aus selbständiger Tätigkeit abzuziehen sind, wenn der Kläger neben Einkünften aus dieser Tätigkeit Versorgungsbezüge als Pensionär bezieht; weiter war streitig, wie der Flächenschlüssel für die auf das Arbeitszimmer entfallenden Gebäudekosten zu berechnen ist.

Der Kläger hatte nach seiner Pensionierung eine selbständige Tätigkeit als Gutachter aufgenommen. Neben seinen Versorgungsbezügen sowie den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit erzielte er noch geringfügige weitere Einkünfte aus der Vermietung einer Eigentumswohnung sowie aus Kapitalvermögen. Für seine Gutachtertätigkeit nutzte er ein Arbeitszimmer im Keller seines privaten Einfamilienhauses. Das Arbeitszimmer verfügte über zwei Fenster, die zur besseren Tageslichtausnutzung ausgekoffert und mit Lichtschächten versehen waren. Der mit Büromöbeln ausgestattete Raum war an das Heizungssystem des Hauses angeschlossen und mit für Wohnräume üblichen Boden- und Wandbelägen versehen.

Der Kläger machte bei der Ermittlung seiner Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit nach einer Gegenüberstellung der Fläche des Arbeitszimmers zur Wohnfläche des Erdgeschosses zuzüglich des Arbeitszimmers 16,51 v. H. der gesamten Gebäudekosten als auf das Arbeitszimmer entfallende Betriebsausgaben geltend. Das Finanzamt erkannte die Aufwendungen nur in Höhe von 1.250 Euro an, da das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Klägers gebildet habe. Das Finanzgericht (FG) ließ dagegen Aufwendungen in Höhe von 2.242,89 Euro zum Abzug zu. Dabei ging es davon aus, dass das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Klägers darstelle, aber lediglich 10,98 v. H. der gesamten Gebäudekosten abzugsfähig seien. Neben der Wohnfläche des Erdgeschosses sei auch die gesamte Kellerfläche – nicht nur die Fläche des Arbeitszimmers selbst – bei der Ermittlung des Kostenanteils des Arbeitszimmers zu berücksichtigen.

Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer können im Grundsatz nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden. Dies besagt § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 des Einkommensteuergesetzes. Eine Ausnahme gilt nach Satz 2 dieser Vorschrift, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht; in diesem Fall ist der Abzug allerdings auf 1.250 Euro begrenzt. Diese Beschränkung der Abzugshöhe gilt wiederum dann nach Satz 3 der Vorschrift nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bildet.

BFH, Pressemitteilung Nr. 16/15 vom 24.02.2015 zum Urteil VIII R 3/12 vom 11.11.2014

 

Steuerfreie Heilbehandlungen durch Privatkrankenhäuser

Mit Urteil vom 23. Oktober 2014 V R 20/14 hat der V. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) entschieden, dass Behandlungsleistungen von Privatkrankenhäusern unabhängig von sozialversicherungsrechtlichen Zulassungen umsatzsteuerfrei sein können.

Die Entscheidung hat große Bedeutung für die Betreiber privater Krankenhäuser. Deren Leistungen sind nach den Regelungen des nationalen Rechts (§ 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 2 Doppelbuchst. aa des Umsatzsteuergesetzes) nur steuerfrei, wenn es sich um eine Hochschulklinik, ein in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommenes Krankenhaus oder um ein Krankenhaus handelt, das über einen Versorgungsvertrag mit den Verbänden der gesetzlichen Krankenkassen verfügt.

Damit steht die Steuerfreiheit für Heilbehandlungsleistungen durch Privatkrankenhäuser unter einem faktischen Bedarfsvorbehalt, da die Kassenverbände Versorgungsverträge nur abschließen dürfen, wenn dies für die bedarfsgerechte Krankenhausbehandlung der gesetzlich Versicherten erforderlich ist.

Dieser Bedarfsvorbehalt ist nach dem Urteil des BFH mit den für den nationalen Gesetzgeber verbindlichen Vorgaben des Unionsrechts im Bereich der Mehrwertsteuer, der Mehrwertsteuersystemrichtlinie, nicht vereinbar. Das Unionsrecht enthält für den nationalen Gesetzgeber keine Befugnis zur Kontingentierung von Steuerbefreiungen.

Damit sich der Betreiber eines Privatkrankenhauses auf die Steuerfreiheit nach dem Unionsrecht berufen kann, obwohl er keinen Versorgungsvertrag abgeschlossen hat, muss er aber über eine sog. Anerkennung verfügen. Diese kann sich daraus ergeben, dass er in nicht unerheblichem Umfang Patienten behandelt, die als gesetzlich Versicherte Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch haben oder beihilfeberechtigt sind. Da dies auf den Streitfall (Quote über 35 %) zutraf, bestätigte der BFH das Urteil der Vorinstanz, die ebenfalls eine aus dem Unionsrecht abgeleitete Steuerfreiheit bejaht hatte.

BFH, Pressemitteilung Nr. 15/15 vom 24.02.2015 zum Urteil V R 20/14 vom 23.10.2014

 

Keine Versicherungsteuer auf Sportinvaliditätsversicherungen

Der II. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 17. Dezember 2014 II R 18/12 entschieden, dass Sportinvaliditätsversicherungen auch dann nicht der Versicherungsteuer unterliegen, wenn ein Sportverein eine solche Versicherung abschließt und damit das Risiko der Sportinvalidität eines bei ihm angestellten Sportlers versichert.

In dem Streitfall hatten Vereine der Fußball-Bundesliga mit einer Versicherungsgesellschaft Sportinvaliditätsversicherungen abgeschlossen. Versicherte Personen waren Profispieler dieser Vereine. Die vereinbarten Versicherungssummen waren an die Sportvereine zu zahlen, sofern ihre Profispieler aufgrund eines Unfalls oder einer Krankheit ihre sportliche Tätigkeit nicht mehr ausüben konnten.

Der BFH hat entschieden, dass auch eine solche Sportinvaliditätsversicherung von der Versicherungsteuer gemäß § 4 Nr. 5 des Versicherungsteuergesetzes befreit ist. Nach dieser Vorschrift ist das Versicherungsentgelt u. a. für eine Versicherung, durch die Ansprüche auf Kapitalleistungen im Falle der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit begründet werden, von der Versicherungsteuer ausgenommen. Dazu hat der BFH ausgeführt, dass für die Steuerbefreiung der mit einer solchen Versicherung verfolgte wirtschaftliche Zweck ohne Bedeutung ist. Deshalb sind nicht nur Sportinvaliditätsversicherungen steuerbefreit, durch die sich ein Sportler selbst gegen das finanzielle Risiko seiner Sportinvalidität absichert. Ebenso befreit sind auch von Sportvereinen abgeschlossene Sportinvaliditätsversicherungen, mit denen sich der Sportverein gegen seine mit der Sportinvalidität des Sportlers verbundenen finanziellen Einbußen (beispielsweise Ertragsausfälle oder Verlust von Ablösesummen) absichert.

BFH, Pressemitteilung Nr. 14/15 vom 24.02.2015 zum Urteil II R 18/12 vom 17.12.2014

 

Aktuelle Steuertermine

Nicht vergessen! Demnächst ist wieder ein wichtiger Termin fällig.

10.03.2015

  • vierteljährliche Einkommensteuervorauszahlung
  • vierteljährliche Körperschaftsteuervorauszahlung
  • Umsatzsteuer für den Zeitraum Februar bzw. mit Dauerfristverlängerung für Januar fällig
  • Lohnsteuer
  • Kirchensteuer zur Lohnsteuer
  • Kirchensteuer

Zahlungs-Schonfrist:13.03.2015

Zwanzigjährige in der Berufsvorbereitung – keine gesteigerte Unterhaltspflicht der Eltern

Der Besuch einer primär der Verbesserung der allgemeinen Fähigkeiten dienenden berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme durch ein volljähriges Kind begründet keine gesteigerte Erwerbspflicht der Eltern. Das hat der 2. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm am 03.12.2014 beschlossen und damit die erstinstanzliche Entscheidung des Amtsgerichts – Familiengericht – Dorsten bestätigt.

Die 20-jährige Antragstellerin aus Dorsten ist die Tochter der Antragsgegnerin. Sie lebt bei ihrem Vater, der selbst erwerbsunfähig ist und Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II bezieht. Die Antragsgegnerin ist geringfügig beschäftigt und erhält ergänzend Leistungen nach dem SGB II. Die Antragstellerin hat die Hauptschule ohne Abschluss beendet. Sie möchte eine Berufsschule besuchen, dort den Hauptschulabschluss und darauf aufbauend den Realschulabschluss erreichen, um Altenpflegerin zu werden. Derzeit absolviert sie eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme der Stadt, um ihre Lese-, Rechtschreib- und Lernkompetenzen zu verbessern. Sie erhält eine monatliche Ausbildungsbeihilfe von ca. 250 Euro. Von der Antragsgegnerin begehrt sie monatlichen Volljährigenunterhalt in Höhe von ca. 300 Euro und meint, ihre Mutter treffe eine gesteigerte Erwerbspflicht, weil sie, die Antragstellerin, sich noch in der allgemeinen Schulbildung befinde. Mit dieser Begründung hat sie Verfahrenskostenhilfe für eine Unterhaltsklage gegen die Antragsgegnerin begehrt.

Der Antrag der Zwanzigjährigen ist erfolglos geblieben. Nach der einschlägigen gesetzlichen Vorschrift des § 1603 Abs. 2 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches, so der 2. Senat für Familiensachen, sei die Antragstellerin bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres nur dann privilegiert und einem minderjährigen unverheirateten Kind gleichzustellen, wenn sie im Haushalt eines Elternteils lebe und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinde. Letzteres sei nicht der Fall. Die Tochter absolviere eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme, mit der sie gerade nicht primär auf den nachträglichen Erwerb des Hauptschulabschlusses oder eines gleichwertigen Schulabschlusses vorbereitet werden solle. Die Maßnahme diene vorrangig der beruflichen Integration und solle es der Antragstellerin ermöglichen, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Interessen für die Aufnahme einer beruflichen Ausbildung zu überprüfen, zu bewerten und zu erweitern und eine Berufswahlentscheidung zu treffen. Es gehe mithin um eine allgemeine Verbesserung vorhandener Fähigkeiten der Antragstellerin und nicht primär darum, dass sie die Schulzeit mit einem qualifizierten Abschluss beende. Im Übrigen enthalte die Maßnahme auch einen Berufsschulteil, der nicht mehr zur allgemeinen Ausbildung zähle, weil berufsbezogene Ausbildungsinhalte vermittelt würden.

Aufgrund ihrer Einkommenssituation sei die Antragsgegnerin gegenüber der somit nicht privilegierten, volljährigen Antragstellerin wegen des dann geltenden höheren Selbstbehalts nicht leistungsfähig und schulde keinen Unterhalt.

Quelle: OLG Hamm, Pressemitteilung vom 24.02.2015 zum Beschluss 2 WF 144/14 vom 03.12.2014 (rkr)

 

Für einfache und übersichtliche Steuerformulare! BdSt-Stellungnahme zu Vordrucken 2015

Der Bund der Steuerzahler hält die Steuerformulare für verbesserungswürdig. Bürgern sollte das Ausfüllen erleichtert werden! Dies sollte durch zusätzliche Hinweise oder ergänzende Erklärungen erreicht werden, die zudem unnötige Einspruchsverfahren oder Nachfragen vom Finanzamt vermeiden könnten. Entsprechende Änderungsvorschläge unterbreitet der BdSt jetzt in einer Stellungnahme.

Das Steuerrecht in Deutschland ist kompliziert. Auch die grau-grünen Vordrucke machen wenig Freude, sich mit seiner Einkommensteuererklärung zu befassen. Dennoch ist die Abgabe der Einkommensteuererklärung für viele Bürger wichtig. Um die Aufgabe gut bewältigen zu können, müssen die Formulare verständlich und übersichtlich gestaltet sein. Deshalb unterbreitet der BdSt regelmäßig Vorschläge, um die Formulare zu verbessern. So sollte zum Beispiel auf den Vordrucken darauf hingewiesen werden, wenn Originalbelege wie Spendenbescheinigungen im Original eingereicht werden müssen. Auch sollten aktuelle Änderungen etwa zur Besteuerung der „Mütterrente“ oder zum neuen automatischen Kirchsteuerabzugsverfahren in den Anleitungen kurz erläutert werden.

Die Formulare zur Abgabe der Einkommensteuererklärung werden jährlich überarbeitet. Zurzeit werden die Vordrucke für das Jahr 2015 beim Bundesfinanzministerium auf Basis der Formulare des Vorjahres entworfen.

Hier gelangen Sie zu der Stellungnahme des BdSt.

Quelle: Bund der Steuerzahler Deutschland e.V. 23.01.2015, Pressemitteilung