Archiv der Kategorie: Unternehmer und Freiberufler

Spirituelle Dienstleistungen: Kein Betriebsausgabenabzug

Spirituelle Dienstleistungen: Kein Betriebsausgabenabzug

Kernproblem
Betriebsausgaben sind Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Dabei kann der Steuerpflichtige frei entscheiden, welche Aufwendungen er für seinen Betrieb tätigen will. Die Höhe der Aufwendungen, die Notwendigkeit, Üblichkeit und Zweckmäßigkeit sind für die Anerkennung grundsätzlich ohne Bedeutung. Die Grenzen der betrieblichen Veranlassung liegen jedoch dort, wo nach objektiver Betrachtung ein sachlicher Zusammenhang mit dem Betrieb nicht mehr begründet werden kann. Das hat das Finanzgericht (FG) Münster auch für die Kontaktaufnahme zu Gott angenommen.

Sachverhalt
Der in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft (KG) betriebene Einzelhandel mit Uhren, Edelmetallwaren und Schmuck beantragte den Betriebsausgabenabzug für Zahlungen an einen spirituellen Dienstleister. Dieser habe nach den Ausführungen des Geschäftsführers in Zeiten schlechter Umsatzzahlen Kontakt zu Gott aufgenommen, damit mehr Kunden ins Geschäft kämen. So sei der geschäftliche Erfolg gerade in den Jahren der Wirtschaftskrise auf diese Leistungen zurückzuführen, zumal die KG in den betroffenen Jahren so gut wie keine anderen Werbemaßnahmen mehr durchgeführt habe. Zwar lasse sich die spirituelle Verbindung mit dem höchsten Gott kaum nach Dauer oder Erfolg aufzeichnen; bei der Frage, ob die Aufwendungen objektiv geeignet seien, käme es jedoch allein auf die Sicht des Steuerpflichtigen an. Das Finanzamt lehnte den Abzug aufgrund der langjährigen Kontakte zwischen dem Geschäftsführer und dem spirituellen Dienstleister sowie der damit verbundenen privaten (Mit-)Veranlassung ab.

Entscheidung
Das FG Münster wies die Klage der KG ab, weil ein objektiver Zusammenhang zwischen den Dienstleistungen und den Umsatzsteigerungen nicht erkennbar sei. Im Unterschied zu Werbemaßnahmen (z. B. Zeitungsinseraten oder TV-Spots) bestehe kein wissenschaftlich fundierter und empirisch belegter Erfahrungssatz, dass der geschäftliche Erfolg eines Unternehmens durch die Kontaktaufnahme mit einem spirituellen Wesen (z. B. Gott) beeinflusst werden könne. Entgegen der Auffassung der KG sei dabei nicht allein die subjektive Überzeugung ihres Geschäftsführers ausreichend. Auf die Frage einer etwaigen privaten (Mit-)Veranlassung komme es mangels objektiven Zusammenhangs mit dem Betrieb nicht mehr an.

Konsequenz
Das FG hat die private Mitveranlassung wahrscheinlich bewusst umschifft, um einer Aufteilungsproblematik aus dem Weg zu gehen. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Echte Rückwirkung: Klarstellung durch Gesetzgeber kann verfassungswidrig sein

Echte Rückwirkung: Klarstellung durch Gesetzgeber kann verfassungswidrig sein

Kernaussage
Eine klarstellende Feststellung geltenden Rechts durch den Gesetzgeber kann dann eine unzulässige echte Rückwirkung sein, wenn mit dem Gesetz eine in der Gerichtsbarkeit offene Auslegungsfrage entschieden oder eine davon abweichende Auslegung ausgeschlossen wird.

Sachverhalt
Die Klägerin des Ausgangsverfahrens ist eine Bank, die eine Beteiligung an einem Investmentfonds gewinnmindernd abschrieb. Fraglich war die steuerliche Berücksichtigung der Teilwertabschreibung auf Beteiligungen bei Kapitalanlagegesellschaften, denn im Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) fehlte ein Verweis zum Abzugsverbot solcher Verluste im Körperschaftsteuerrecht. Hierauf reagierte der Gesetzgeber im Jahr 2003, indem er rückwirkend bis einschließlich für das Jahr 2001 die Anwendbarkeit auch für Kapitalanlagegesellschaften statuierte. In der Begründung des Regierungsentwurfs heißt es, es handle sich nur um eine „redaktionelle Klarstellung“. Diese Regelung hielt das Finanzgericht als unzulässige echte Rückwirkung für verfassungswidrig und legte die Frage dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vor.

Entscheidung
Die Änderung ist eine unzulässige echte Rückwirkung, weil sie sich auf schon abgelaufene Veranlagungszeiträume auswirkt und in bereits entstandene Steuerschulden eingreift. Eine solche Rückwirkung ist nur ausnahmsweise erlaubt, wenn kein schutzwürdiges Vertrauen des Steuerpflichtigen in den Fortbestand der geltenden Rechtslage besteht. Dies kann dann der Fall sein, wenn das geltende Recht erkennbar verfassungswidrig war oder so verworren und unklar war, dass eine Klärung unmittelbar bevorstand. Unerheblich ist, dass der Gesetzgeber eine Änderung als Klarstellung bezeichnet, denn die Auslegung des Rechts obliegt ausschließlich den Gerichten. Klärt der Gesetzgeber eine Auslegungsfrage, so liegt darin eine Rechtsänderung, die sich an den strengen Anforderungen belastender rückwirkender Rechtsänderungen messen lassen muss. Allein die mangelnde Eindeutigkeit der Regelung erschüttert nicht das Vertrauen des Steuerpflichtigen in ihren Bestand. Die rückwirkende gesetzliche Regelung ist nichtig, so dass die Gerichte nach der alten Rechtslage durch Auslegung zu entscheiden haben.

Konsequenz
Das BVerfG hat die Anforderungen für rückwirkende Klarstellungen durch den Gesetzgeber verschärft und das Vertrauen des Steuerpflichtigen in die bestehende Rechtslage formuliert.

Liquidation der Gesellschaft: Zur Anwendung der Grundsätze der wirtschaftlichen Neugründung

Liquidation der Gesellschaft: Zur Anwendung der Grundsätze der wirtschaftlichen Neugründung

Kernaussage
Die Grundsätze der wirtschaftlichen Neugründung finden auch in der Liquidation der Gesellschaft Anwendung. Dies führt zu erheblichen Haftungsrisiken, sofern die wirtschaftliche Neugründung nicht gegenüber dem Registergericht offengelegt wird. Es besteht dann nämlich eine Unterbilanzhaftung, bezogen auf die Deckungslücke zwischen Stammkapital und dem Vermögen im Zeitpunkt der wirtschaftlichen Neugründung.

Sachverhalt
Im Juli 2002 wurde die GmbH durch den Ehemann der Beklagten mit einem Stammkapital von 25.000 EUR gegründet. Im Dezember 2004 wurde die Auflösung der Gesellschaft beschlossen, weshalb im Jahr 2005 der Geschäftsbetrieb ruhte. Im März 2006 wurde die Fortsetzung der GmbH beschlossen und die Geschäfte wurden wieder aufgenommen. Im Mai 2006 trat der Ehemann seinen Geschäftsanteil an die Beklagte ab, die sodann in einer Gesellschafterversammlung die Änderung der Firma der GmbH beschloss. Im Dezember 2009 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet und der Kläger wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. Er ist der Auffassung, die Beklagte hafte wegen fehlender Offenlegung einer wirtschaftlichen Neugründung für die Differenz zwischen dem Stammkapital und dem im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung vorhandenem Vermögen. Der Bundesgerichtshof hob die stattgebenden Entscheidungen der Untergerichte auf und verwies die Sache zurück.

Entscheidung
Auch bei der Reaktivierung von Liquidationsgesellschaften besteht die Gefahr einer Umgehung der Gründungsvorschriften. Entsprechend einer werbenden Gesellschaft kommt eine wirtschaftliche Neugründung allerdings nur bei der Wiederbelebung einer inaktiven Liquidationsgesellschaft in Betracht. Allein die Zweckänderung von der Abwicklungsgesellschaft hin zu einer werbenden Gesellschaft ist als solche keine wirtschaftliche Neugründung. Werden während der Abwicklungsphase noch nennenswerte Liquidationstätigkeiten wahrgenommen, die auf den Schluss der Liquidation zusteuern, kann nicht von einem Gesellschaftsmantel ausgegangen werden. Auf ein nach außen gerichteten Geschäftsbetrieb komme es insoweit nicht an. Eine Haftung besteht zudem nur im Falle einer Unterbilanz im Zeitpunkt der Anmeldung der Fortsetzung der Gesellschaft zum Handelsregister.

Konsequenz
Bei der Verwendung des „Mantels“ einer inaktiven Abwicklungsgesellschaft sind wie bei der Wiederbelebung einer ehemals werbenden Gesellschaft die Gründungsvorschriften zu beachten. Stets ist zu prüfen, ob die Gründungsvorschriften entsprechend Anwendung finden

Neue Frist für SEPA-Überweisung

Neue Frist für SEPA-Überweisung

Kernaussage
Die Frist für die Umstellung von Lastschriften und Überweisungen auf das europäische SEPA-System ist um 6 Monate verlängert worden. Banken und Zahlungsdienstleister dürfen daher innerhalb dieser verlängerten Frist weiterhin Zahlungen bearbeiten, die nicht im SEPA-Format getätigt worden sind.

Hintergrund
SEPA steht für „Single Euro Payments Area“, die Schaffung eines einheitlichen europäischen Zahlungsverkehrsraum. In der im Jahr 2012 verabschiedeten SEPA-Verordnung war vorgesehen, dass ab dem 1.2.2014 sämtliche Überweisungen und Lastschriften in Euro nur noch in einem Format erfolgen sollten, als SEPA-Überweisungen und SEPA-Lastschriften. Statistiken zeigten jedoch, dass ein reibungsloser Übergang zu SEPA vor allem bei kleineren und mittleren Unternehmen bis zu diesem Termin nicht gewährleistet war. Auf Vorschlag der Europäischen Kommission stimmten zunächst die EU-Regierungen und schließlich auch das EU-Parlament einer Verlängerung der Umsetzungsfrist zu. Durch SEPA sollen Zahlungen in Euro innerhalb der Europäischen Union schneller und kostengünstiger durchgeführt werden, in dem das kostenintensive Nebeneinander von inländischen Zahlungsverkehrsprodukten und SEPA-Produkten entfällt.

Konsequenz
Die Umstellungsfrist ist zwar verlängert worden, jedoch haben insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen in dieser Zeit dafür Sorge zu tragen, alles Erforderliche für eine fristgerechte Umstellung zu veranlassen. Denn ab dem 1.8.2014 dürfen Banken und Zahlungsdienstleister dann wohl endgültig keine Zahlungen mehr bearbeiten, die nicht im SEPA-Format getätigt worden sind, sollte es nicht zu einer weiteren Verlängerung der Frist kommen.

Gewerbesteuermessbetrag: Gewerbesteuerpflicht durch Beteiligungserträge?

Gewerbesteuermessbetrag: Gewerbesteuerpflicht durch Beteiligungserträge?

Kernaussage
Trotz dauerhaftem Defizit kann der Betrieb eines Freibades durch Beteiligungserträge körperschaftsteuerpflichtig werden. Gewinnerzielungsabsicht liegt auch dann vor, wenn zur Verbesserung der Ertragslage Aktien in den Betrieb eingelegt werden, um Verluste aus vorangegangenen Jahren mit zukünftigen Erträgen verrechnen zu können.

Sachverhalt
Das gemeindliche Freibad erwirtschaftete erhebliche Verluste. Um dieses Defizit auszugleichen, legte die Klägerin Beteiligungen an 2 Körperschaften ein. Die Beteiligungen waren jeweils geringer als 15 %. Der per Saldo entstandene Gewinn wurde durch das Finanzamt der Gewerbesteuer unterworfen. Durch die geringe Beteiligungshöhe erfolgte keine Kürzung der Dividendenerträge für gewerbesteuerliche Zwecke. Da durch die Einlage nach Ansicht des Finanzamts insgesamt Gewinnerzielungsabsicht bestand, erfolgte die Feststellung eines Gewerbesteuermessbetrags. Die Klägerin hielt dagegen, dass der Betrieb objektiv dauerhaft defizitär sei und daher auch durch die Einlage von Beteiligungen, die im Rahmen der Vermögensverwaltung gehalten wurden, nicht geeignet sei, einen steuerpflichtigen Betrieb gewerblicher Art zu begründen.

Entscheidung
Die gegen die Feststellung des Gewerbesteuermessbetrags erhobene Klage hatte vor dem Finanzgericht (FG) Köln keinen Erfolg. Gewinnerzielungsabsicht liege auch dann vor, wenn zur Verbesserung der Ertragslage Aktien in einen Betrieb eingelegt werden, um die in der Vergangenheit erwirtschafteten Verluste mit künftigen Erträgen aus Dividenden verrechnen zu können. Mit Einlage der Beteiligungen ändere sich die Ertragslage des Betriebs grundlegend. Zudem könnten die Anteile gewillkürtes Betriebsvermögen darstellen. Wegen grundsätzlicher Bedeutung wurde die Revision vor dem Bundesfinanzhof (BFH)zugelassen.

Konsequenz
Die Entscheidung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des BFH. Im Jahr 2006 hatte das FG Düsseldorf noch gegenteilig mit der Begründung entschieden, die Einlage von Aktien stelle aus betriebswirtschaftlicher Sicht keine geeignete Maßnahme zur Strukturverbesserung des originären Betriebes dar. Es bleibt abzuwarten, ob der BFH seine Meinung zu einem späteren Zeitpunkt den Düsseldorfer Richtern anpasst.

Künstler und Umsatzsteuer

Künstler und Umsatzsteuer

Einführung
Die Erbringung kultureller Leistungen wird im Regelfall im Umsatzsteuergesetz (UStG) begünstigt, sei es durch die Gewährung von Steuerbefreiungen oder des ermäßigten Steuersatzes (7 %). Allerdings bedeutet dies nicht, dass bestimmte Tätigkeiten im Kulturbetrieb nicht auch dem Regelsteuersatz (19 %) unterliegen können. Details können hier den Ausschlag geben. Die Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt a. M. zeigt dies in einer aktuellen Verfügung auf.

Neue Verwaltungsanweisung
Die OFD gibt Hinweise zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Solisten, der Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten etc. Auf Leistungen von Dirigenten ist der ermäßigte Steuersatz anzuwenden, sofern diese nicht befreit sind. Während u. a. Intendanten, Regisseure sowie Tontechniker grundsätzlich dem allgemeinen Steuersatz unterliegen, ist bei Bühnen- und Kostümbildnern neuerdings zu differenzieren: Erfolgt der Auftrag ein bestimmtes Bühnenbild oder Kostüm zu entwerfen, so kommt der ermäßigte Steuersatz zum Zuge, weil dies als begünstigte Übertragung eines Urheberrechtes angesehen wird. Erfolgt die Arbeit jedoch nach konkreten Vorgaben, entfällt die Begünstigung. Die Leistungen von Artisten, Zauberern etc. sind ebenso grundsätzlich dem Regelsteuersatz zu unterwerfen; Ausnahmen sind jedoch möglich. Die Veranstaltung von Konzerten ist nur dann begünstigt, wenn durch weitere Leistungen, die in Verbindung hiermit erbracht werden, der Charakter der Veranstaltung als Konzert nicht beeinträchtigt wird. Dabei ist nur die Leistung des einzelnen Unternehmers zu betrachten, nicht hingegen die seines Auftraggebers.

Konsequenzen
Künstler haben verständlicherweise ein Interesse daran, dass ihre Leistungen begünstigt besteuert werden. Da die Begünstigung oftmals von „Kleinigkeiten“ abhängt, ist eine genaue Prüfung erforderlich, um steuerliche Risiken durch eine Fehlbeurteilung zu vermeiden. Die Verfügung kann hierzu als Hilfe herangezogen werden.

Vorsteuerabzug bei Betrug durch Lieferant

Vorsteuerabzug bei Betrug durch Lieferant

Einführung
Nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) steht es dem Vorsteuerabzug nicht entgegen, wenn der Lieferant zivilrechtlich nicht Eigentümer des gelieferten Gegenstandes war und zudem noch beabsichtigte den Gegenstand in betrügerischer Absicht noch an andere Erwerber zu „veräußern“. Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist demnach nicht die zivilrechtliche Betrachtung, sondern ob dem Erwerber der Liefergegenstand so übertragen worden ist, dass dieser faktisch wie ein Eigentümer hierüber verfügen kann.

Neue Verwaltungsanweisung
Das Bundesfinanzministerium (BMF) folgt nun der Entscheidung des BFH.

Konsequenzen
Das BMF weist nun auf die Entscheidung des BFH im Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) hin. Dass dies aber nur widerwillig geschieht wird deutlich, wenn auch die ergänzenden Aussagen des zugehörigen Schreibens aufmerksam gelesen werden. Demnach steht dem Vorsteuerabzug entgegen, wenn der Abnehmer vom Betrug des Lieferanten wusste bzw. hiervon hätte wissen müssen. Dies entspricht zwar den Aussagen des BFH, problematisch ist jedoch, dass die Beweislast hierfür den Erwerber trifft, sobald die Finanzverwaltung „objektive“ Umstände vorlegt, dass er dies hätte wissen können. Der Erwerber muss dann nachweisen, dass er alle Maßnahmen ergriffen hat, um nicht in einen Betrug einbezogen zu werden. Hierzu soll er dokumentieren, dass er sich über die Unternehmereigenschaft des Lieferanten versichert hat. Ebenso sollen die Geräteidentifikationsnummern der Ware aufgezeichnet werden. Wer die Praxis kennt, muss befürchten, dass ein Betriebsprüfer z. B. sehr schnell „objektive“ Umstände findet, die zu einer Umkehr der Beweislast führen. Gerade Unternehmer, die tatsächlich nicht wussten, dass sie in einen Betrug involviert sind, dürften dann selten derartige Aufzeichnungen besitzen. Hier sollte dann auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zurückgegriffen werden, die nur in bestimmten Fällen Nachweise der Erwerber fordert, also weniger restriktiv ist, als die Vorstellungen der deutschen Verwaltung.

Neues zur Organschaft und zum Vorsteuerabzug bei Holdinggesellschaften

Neues zur Organschaft und zum Vorsteuerabzug bei Holdinggesellschaften

Einführung
Sowohl die Organschaft als auch der Vorsteuerabzug bei Holdinggesellschaften sind regelmäßig Gegenstand von Gerichtsverfahren. Nun hat der Bundesfinanzhof (BFH) dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) 3 grundsätzliche Fragen vorgelegt, deren Beantwortung von erheblicher Bedeutung sein wird.

Vorlagen des BFH
Die erste Frage betraf den Vorsteuerabzug einer Führungsholding. Diese hält nicht nur die Beteiligungen an ihren Tochtergesellschaften, sondern erbringt auch entgeltliche Dienstleistungen an die Töchter. Die Dienstleistungen berechtigen grundsätzlich zum Vorsteuerabzug, das reine Halten von Beteiligungen hingegen nicht. Der BFH sieht hier die Notwendigkeit die Vorsteuern aus Eingangsleistungen, die keinem der genannten Bereiche direkt zuzuordnen sind, aufzuteilen. Der EuGH soll klären, welcher Maßstab dieser Aufteilung zugrunde zu legen ist. Mit der zweiten Frage möchte der BFH klären, ob entgegen den Vorgaben des nationalen Umsatzsteuergesetzes (UStG) auch Personengesellschaften Organgesellschaften sein können. Das nationale UStG sieht hier nur juristische Personen als Organgesellschaften vor, während die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL) insoweit keine Vorgaben enthält, was gegebenenfalls als Verstoß gegen das Gebot der Rechtsformneutralität zu werten ist. Sollte der EuGH hierin einen Verstoß gegen das Unionsrecht sehen, so soll er die dritte Frage klären, ob Holdinggesellschaften sich dann unmittelbar auf das Unionsrecht berufen können.

Konsequenzen
Die Entscheidung des EuGH wird mit Spannung abzuwarten sein. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Antwort des EuGH auf die zweite Frage. Sollte der EuGH die Ausweitung der Organschaft auf Personengesellschaften als Organgesellschaften befürworten, so wird dies zu gravierenden Änderungen führen. Unternehmen die von der Entscheidung des EuGH profitieren können, also Holdinggesellschaften, die einen höheren Vorsteuerabzug für sich reklamieren oder für die ein Einbezug einer Personengesellschaft als Organgesellschaft vorteilhaft wäre, sollten die entsprechenden Veranlagungen offen halten.

Neues zur Umkehr der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen

Neues zur Umkehr der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen

Einführung
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte jüngst festgestellt, dass die deutschen Regelungen zur Umkehr der Steuerschuldnerschaft in wesentlichen Teilen nicht mit den Vorgaben des Gemeinschaftsrechtes vereinbar sind. Insbesondere für Bauträger hat dies zur Konsequenz, dass diese nicht (mehr) Steuerschuldner für die an sie erbrachten Bauleistungen sind. Das Bundesfinanzministerium (BMF) folgt mittlerweile dem BFH. Für die Praxis sind aber dennoch viele Fragen offen, zumal das BMF noch ein weiteres Schreiben zu der Thematik angekündigt hat.

Neue Verwaltungsanweisung
Wie es weitergehen könnte, zeigt eine Information der Oberfinanzdirektion (OFD) Nordrhein-Westfalen. Demnach wird Bauträgern die Umsatzsteuer auch für die Vergangenheit erstattet, wenn sie diese unter Berufung auf die geänderte Rechtslage geltend machen, sofern die entsprechenden Veranlagungen noch zu ändern sind. Die Behandlung der Subunternehmer hingegen, die bisher im Vertrauen auf die bisherige Verwaltungsauffassung netto gegenüber den Bauträgern abgerechnet haben, wird noch vom BMF geprüft. Fraglich ist, ob diesen Vertrauensschutz für die Vergangenheit gewährt wird, falls die Bauträger eine Korrektur beantragen. Bis zur Klärung dieser Frage soll jedoch nicht gegen die betroffenen Subunternehmer vorgegangen werden.

Konsequenzen
Sowohl Bauträger als auch ihre Subunternehmer müssen prüfen wie nun vorzugehen ist. Für die Vergangenheit können sich Bauträger die Umsatzsteuer vom Finanzamt zurückholen. Dabei müssen sie aber berücksichtigen, dass das Finanzamt in einem solchen Fall versuchen wird die Umsatzsteuer vom Subunternehmer wiederzuholen, es sei denn das BMF ringt sich dazu durch, den Subunternehmern Vertrauensschutz zu gewähren. Die Subunternehmer hingegen werden dann versuchen, die Umsatzsteuer gegenüber dem Bauträger abzurechnen. Ob dies zivilrechtlich in allen Fällen möglich sein wird, ist fraglich. Insbesondere Festpreisvereinbarungen dürften hier problematisch sein. Es ist daher nicht auszuschließen, dass die Subunternehmer auf der Umsatzsteuer sitzen bleiben und erheblichen wirtschaftlichen Schaden, bis hin zur Insolvenz, erleiden. Es ist daher zu hoffen, dass das BMF den Subunternehmern entgegenkommt und diese nicht dafür abstraft, dass diese sich an die Verwaltungsanweisungen gehalten haben. Wie es auch weiter gehen wird, die Betroffenen sollten auf jeden Fall ihre nächsten Schritte mit ihren steuerlichen Beratern abstimmen, um kostspielige Fehler zu vermeiden.

Zur Prognose drohender Zahlungsunfähigkeit

Zur Prognose drohender Zahlungsunfähigkeit

Kernaussage
Im Rahmen der insolvenzrechtlichen Vorsatzanfechtung ist eine Prognose der drohenden Zahlungsunfähigkeit anzustellen. Hierbei sind nicht nur Verbindlichkeiten aus einem Darlehen zu berücksichtigen, wenn bereits eine Kündigung erfolgt und der Rückzahlungsanspruch auf einen bestimmten zukünftigen Zeitpunkt fällig gestellt ist, sondern auch dann, wenn deren Fälligkeit im Prognosezeitraum überwiegend wahrscheinlich ist.

Sachverhalt
Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem im Dezember 2003 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen einer GmbH. Diese hatte bei der Beklagten, einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), deren Gesellschafter im Wesentlichen mit denen der GmbH identisch sind, ein Gebäude gemietet. Die Schuldnerin hatte von ihrer Bank einen Geschäftskredit in Höhe von 630.000 EUR und ein Hypothekendarlehen in Höhe von 110.000 EUR in Anspruch genommen. Bereits im Dezember 2002 bat die Bank um weitere Sicherheiten und drohte Anfang Februar mit der Kündigung der Kredite. Mitte Februar kam es zu einer Teilkündigung. Es folgte eine Stillhaltevereinbarung im März, die die Schuldnerin hinsichtlich der vereinbarten Rückführung und Sicherheitenverstärkung nicht einhalten konnte. Im Juni kündigte die Bank schließlich den gesamten Kredit. Der Kläger verlangt im Wege der Vorsatzanfechtung die Rückzahlung der im Jahr 2003 gezahlten Mieten. Das Landgericht gab der Klage statt. Das Berufungsgericht wies die Klage hinsichtlich der Mieten für Januar und Februar ab.

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof (BGH) sah die Klage im vollen Umfang als begründet an. Die dem Schuldner bekannte drohende Zahlungsunfähigkeit stellt bereits ein starkes Beweisanzeichen für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners dar. Zwar war der Kredit im Zeitpunkt der Mietzahlungen für Januar und Februar noch nicht gekündigt, doch hatte die Bank dies bereits angekündigt. Im Rahmen der zur erstellenden Prognose zur Prüfung der drohenden Zahlungsunfähigkeit muss dies mit einbezogen werden. Die Darlehensverbindlichkeiten können mithin eine drohende Zahlungsunfähigkeit begründen, wenn aufgrund gegebener Umstände überwiegend wahrscheinlich ist, dass eine Fälligstellung im Prognosezeitraum erfolgt.

Konsequenz
Die Entscheidung des BGH könnte dazu führen, dass in einer Vielzahl von Fällen die Insolvenzreife wegen drohender Zahlungsunfähigkeit vorzulagern ist. Im Hinblick auf mögliche Insolvenzanfechtungstatbestände ist daher Vorsicht geboten.