Bei der Erbschaftsteuer ist die Frage, welche Schulden des Erblassers vom steuerpflichtigen Erwerb abgezogen werden können, von zentraler Bedeutung. Durch den Abzug von Nachlassverbindlichkeiten wird die Bereicherung des Erwerbers und damit die Steuerlast gemindert. Doch nicht jede Schuld ist abzugsfähig – hier kommt es auf die genaue Herkunft und den Zusammenhang mit dem Erbfall an.
1. Gesetzlicher Tatbestand
Nach § 10 Abs. 5 ErbStG sind vom Erblasser herrührende Schulden abzugsfähig, wenn sie:
- durch den Erbfall auf den Erwerber übergegangen sind,
- wirtschaftlich nicht bereits bei der Bewertung des Erwerbs berücksichtigt wurden.
Zu diesen Schulden gehören beispielsweise:
- Hypotheken oder Darlehensschulden des Erblassers.
- Steuerschulden, die bis zum Tod des Erblassers entstanden sind.
- Vertragliche Verpflichtungen, die der Erblasser eingegangen ist.
2. Schulden, die nicht abzugsfähig sind
Nicht abzugsfähig sind Schulden, die nicht im Zusammenhang mit dem Erbfall stehen, wie:
- Schuldübernahmen durch den Erwerber: Übernimmt der Erwerber nach dem Erbfall freiwillig eine Schuld, fehlt der erforderliche Zusammenhang mit dem Erblasser und dem Erbfall (BFH-Urteil vom 26.7.2023, II R 4/21).
- Schulden, die bereits bei der Bewertung eines Gewerbebetriebs oder Anteils berücksichtigt wurden (§ 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG).
3. Besonderheiten bei betrieblichem Vermögen
Ein Sonderfall ergibt sich bei Schulden, die mit betrieblichem Vermögen im Zusammenhang stehen:
- Schulden, die den Betrieb betreffen, werden bei der Bewertung des Betriebsvermögens berücksichtigt und können nicht separat abgezogen werden.
- Private Schulden des Erblassers, die in keinem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Betrieb stehen, können hingegen unter § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG fallen und vom Erwerb abgezogen werden.
4. Aktuelle Rechtsprechung und praktische Hinweise
Das Urteil des BFH vom 26.7.2023 (II R 4/21) hat die Bedeutung des Begriffs „herrühren“ betont. Entscheidend ist, dass:
- Die Schulden durch den Erbfall auf den Erwerber übergehen.
- Es keine freiwillige Schuldübernahme durch den Erwerber gibt.
Praxistipps:
- Dokumentation prüfen: Überprüfen Sie die Herkunft der Schulden und dokumentieren Sie deren Zusammenhang mit dem Erbfall.
- Abgrenzung betrieblicher und privater Schulden: Klären Sie, ob Schulden bereits bei der Bewertung des Betriebsvermögens berücksichtigt wurden.
- Beratung einholen: Bei komplexen Sachverhalten sollten Sie steuerlichen Rat einholen, um Streitigkeiten mit dem Finanzamt zu vermeiden.
Fazit: Präzise Prüfung ist entscheidend
Die Abzugsfähigkeit der vom Erblasser herrührenden Schulden ist ein wichtiger Aspekt bei der Erbschaftsteuer. Entscheidend ist, dass die Schulden im Zusammenhang mit dem Erbfall stehen und nicht bereits bei der Bewertung des Vermögens berücksichtigt wurden. Eine sorgfältige Prüfung und Dokumentation sind essenziell, um die steuerliche Begünstigung korrekt in Anspruch zu nehmen.
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