Elektronische Datenübermittlung: Wann liegt eine neue Tatsache vor?

Elektronische Datenübermittlung: Wann liegt eine neue Tatsache vor?

Übermittelt der Arbeitgeber der Finanzverwaltung elektronische Lohnsteuerdaten vor Erlass eines Einkommensteuerbescheids und werden diese bei der Veranlagung nicht berücksichtigt, darf der Steuerbescheid später grundsätzlich nicht wegen neuer Tatsachen geändert werden.

Hintergrund

Der Arbeitgeber hatte der Finanzverwaltung den Arbeitslohn des Klägers elektronisch übermittelt. Bei seiner Einkommensteuererklärung gab der Kläger diesen nicht an, weil sein Steuerberater der Auffassung war, dieser Arbeitslohn sei steuerfrei.

Nachdem der Steuerbescheid bereits bestandskräftig war, änderte das Finanzamt ihn wegen neuer Tatsachen und setzte die bisher nicht berücksichtigten Lohneinkünfte an. Das Finanzamt war der Meinung, die elektronische Datenübermittlung müsse erst nach Erlass des Erstbescheids erfolgt sein, da bei der Einkommensteuerfestsetzung kein Prüfhinweis ausgegeben worden sei. Tatsächlich sei jedoch nicht feststellbar, wann genau die Lohndaten von der zentralen Stelle an die Finanzverwaltung weitergeleitet worden seien.

Entscheidung

Das Finanzgericht war anderer Meinung als das Finanzamt. Es hob deshalb den Änderungsbescheid auf.

Steuerbescheide können aufgehoben oder geändert werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen. Im Streitfall lässt sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass die Lohndaten dem Finanzamt erst bekannt wurden, nachdem die Veranlagung der Steuerpflichtigen für das Streitjahr abgeschlossen war.

Bekannt sind dem zuständigen Finanzamt der Inhalt der dort geführten Akten und sämtliche Informationen, die dem Sachbearbeiter von vorgesetzten Dienststellen über ein elektronisches Informationssystem zur Verfügung gestellt werden. Die individuelle Kenntnis des jeweiligen Bearbeiters ist nicht maßgeblich. Das Finanzamt muss sich die Kenntnis der zur Verfügung stehenden elektronischen Daten über den Steuerfall zurechnen lassen.

Darüber hinaus kann es nicht zu Lasten des Steuerpflichtigen gehen, dass sich das Datum, zu dem die übermittelten Lohndaten dem Finanzamt zur Verfügung standen, nicht genau feststellen lässt. Die erforderlichen Informationen stammen aus dem Verantwortungsbereich des Finanzamts und dieses trägt die Feststellungslast für das Vorliegen einer neuen Tatsache.