Entkräftung des Anscheinsbeweises bei privater KFZ-Nutzung

Kernproblem

Die private KFZ-Nutzung eines zu mehr als 50 % betrieblich genutzten Pkw ist nach der 1 %-Regel zu bemessen. Das setzt jedoch voraus, dass eine private KFZ-Nutzung überhaupt stattgefunden hat. Im Normalfall spricht der Beweis des ersten Anscheins für eine private KFZ-Nutzung, wenn dienstliche oder betriebliche Fahrzeuge auch für private Zwecke zur Verfügung stehen. Das gilt nur nicht für Fahrzeuge, die typischerweise nicht zum privaten Gebrauch geeignet sind, z. B. ein Werkstattwagen oder Lkw. Eine Entkräftung des ersten Anscheins einer Privatnutzung ist in der Vergangenheit nur selten gelungen, da die Rechtsprechung nur wenige Ausnahmen zugelassen hat. Mittlerweile scheint sich das Blatt zu wenden. Unternehmer, die über vergleichbare Privatfahrzeuge verfügen, können womöglich die Gewinnerhöhung durch Privatanteile umgehen.

Sachverhalt

Der Fall klingt klassisch für einen Freiberufler: Im Betriebsvermögen eines Rechtsanwalts befand sich ein 911er Porsche, der etwa ein halbes Jahr ab Mai 1999 auf die Praxis zugelassen war. Das Finanzamt wollte hierfür einen privaten KFZ-Nutzungsanteil ansetzen. Dagegen klagte der Rechtsanwalt, denn er besaß noch weitere Fahrzeuge im Privatvermögen: Einen Porsche 928 (für Autokenner: heute ein Oldtimer, damals noch nicht) und zumindest ab Juli 1999 einen Volvo-Kombi V70 T5 (auch hochmotorisiert). Eher nebensächlich: Auch die Ehefrau besaß noch ein Fahrzeug. Was für die Entscheidung nicht unwichtig war: Der Anwalt war Vater von 5 minderjährigen Kindern (4-11 Jahre), mit denen man gewöhnlich nicht in einem Porsche den Familienausflug antritt. Das Finanzamt sah den Anscheinsbeweis durch das Vorhandensein der anderen Fahrzeuge als nicht widerlegt an, weil für Luxusgüter wirtschaftliche Gründe nur eine untergeordnete Rolle spielten. „Wer Luxusautos fahre, mache das aus Neigung“, war deren Argumentation. Die Richter des Finanzgerichts sahen das weniger emotional und den Anscheinsbeweis als widerlegt an.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Revision des Finanzamts zurück. Für die Richter war der Beweis des ersten Anscheins einer Privatnutzung entkräftet, weil für private Fahrten andere Fahrzeuge zur Verfügung standen, die mit dem betrieblichen Fahrzeug in Status und Gebrauchswert vergleichbar waren. Mit viel (Auto-)Sachverstand stellte der BFH dar, dass der Porsche 928 mit einer Motorleistung von 235 kW, 4898 ccm Hubraum und einer Höchstgeschwindigkeit von 270 km/h dem im Betriebsvermögen befindlichen Porsche 911 sowohl in Ausstattung, Fahrleistung und unter Prestigegesichtspunkten in etwa vergleichbar war. Auch eine KFZ-Nutzung durch die Ehefrau und Mutter von 5 Kindern sei nach allgemeiner Lebenserfahrung unwahrscheinlich, weil Transportaufgaben oder größere Einkäufe eher mit dem Volvo-Kombi durchgeführt würden, als dem Sportwagen.

Konsequenz

Mit dem 2. hat man´s leichter.