Erbschaftsteuerliche Immobilienbewertung: Verkehrswertnachweis nach dem GrStRefUG

Die Bewertung von Grundbesitz für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie der Grunderwerbsteuer steht oft im Spannungsfeld zwischen steuerlicher Regelbewertung und dem tatsächlichen Marktwert der Immobilie. Der Verkehrswert (Marktwert) spielt dabei eine zentrale Rolle, insbesondere wenn die standardisierten Bewertungsverfahren zu einer Überbewertung führen könnten. Dieser Artikel erläutert die Modalitäten beim Verkehrswertnachweis nach dem Grundsteuerreform-Umsetzungsgesetz (GrStRefUG) und den gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder vom 7. Dezember 2022.

Die Öffnungsklausel und ihre Bedeutung

Das GrStRefUG hat die Vorschriften zur steuerlichen Bewertung von Immobilien deutlich geändert und bietet nun explizit die Möglichkeit, den Verkehrswert durch ein Sachverständigengutachten oder einen stichtagsnahen Kaufpreis nachzuweisen. Diese Option steht Steuerpflichtigen offen, wenn die typisierte Bewertung zu einem überhöhten Wert führt. Die gesetzliche Öffnungsklausel in § 198 BewG ermöglicht es, in solchen Fällen einen niedrigeren Verkehrswert anzusetzen, um eine mögliche Übermaßbesteuerung zu vermeiden.

Anknüpfungspunkte für den Verkehrswertnachweis

Die Nutzung der Öffnungsklausel kann bei einer Vielzahl von Umständen angebracht sein, die in den standardisierten Verfahren nicht ausreichend berücksichtigt werden. Dazu zählen insbesondere:

  • Unvorteilhafte Lage des Grundstücks, wie z.B. Lärmbelastungen oder unattraktive Hanglagen
  • Altlasten, die den Wert des Grundstücks beeinträchtigen
  • Merkantile Minderwerte oder ein akuter Sanierungsbedarf

Nachweispflicht und ihre Ausgestaltung

Die Beweislast liegt beim Steuerpflichtigen, der den niedrigeren gemeinen Wert nachweisen muss. Hierbei ist zu beachten, dass einfache Auszüge aus Kaufpreissammlungen nicht ausreichen. Vielmehr muss der Nachweis durch ein fundiertes Sachverständigengutachten erfolgen, das den niedrigeren Wert schlüssig belegt.

Art der Beweisführung

Der Verkehrswert kann durch ein Gutachten eines Sachverständigen oder durch den Gutachterausschuss nachgewiesen werden. Hierzu zählen öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige oder zertifizierte Gutachter nach DIN EN ISO/IEC 17024. Alternativ kann auch ein stichtagsnaher Kaufpreis als Nachweis dienen, sofern dieser innerhalb eines Jahres vor oder nach dem Bewertungsstichtag zustande gekommen ist und die Verhältnisse sich nicht verändert haben.

Praktische Umsetzung und kritische Betrachtung

Die Finanzverwaltung prüft eingereichte Gutachten sehr genau auf ihre Schlüssigkeit und sachliche Richtigkeit. In der Praxis bedeutet dies, dass die Gutachten detailliert und nachvollziehbar sein müssen, um von den Behörden akzeptiert zu werden. Kritisch zu sehen ist hierbei, dass die strengen Anforderungen und die notwendige Fachexpertise hohe Hürden für die Steuerpflichtigen darstellen können.

Fazit

Die Anwendung der Öffnungsklausel und der Nachweis eines niedrigeren Verkehrswerts können erhebliche steuerliche Vorteile bringen, setzen jedoch eine sorgfältige und professionelle Vorbereitung voraus. Mit den Änderungen durch das GrStRefUG und die klaren Vorgaben der Finanzverwaltung hat der Verkehrswertnachweis an Bedeutung gewonnen, erfordert aber auch ein tiefes Verständnis der materiellen und formellen Anforderungen.

Dieser Beitrag bietet einen Überblick über die aktuellen Regelungen und soll als Leitfaden für die steuerliche Praxis dienen, um Überbewertungen und daraus resultierende Übermaßbesteuerungen effektiv zu vermeiden.