Ermäßigte Besteuerung für Abfindung bei niedrigeren Einkünften?

Ermäßigte Besteuerung für Abfindung bei niedrigeren Einkünften?

Kernaussage

Die Steuerermäßigung für außerordentliche Einkünfte (§ 34 EStG; z. B. Veräußerungsgewinne, Entschädigungen, Nutzungsvergütungen, Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten) ist auf eine Abfindung anlässlich der Beendigung einer nichtselbständigen Tätigkeit nicht anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige im Jahr des Zuflusses der Abfindung einschließlich der Abfindung weniger erhalten hat als er bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erhalten hätte.

Sachverhalt

Der Kläger ist Rechtsanwalt. Als Angestellter erhielt er bis zum 31.1.2009 ein monatliches Gehalt von über 10.000 EUR. Anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bekam er eine Abfindung von 43.000 EUR. Für 2009 erzielte der Rechtsanwalt aus einer selbständigen Tätigkeit Einkünfte in Höhe von 5.100 EUR sowie geringe Zuschüsse von der Bundesagentur für Arbeit. Das Finanzamt unterwarf die Abfindung der Regelbesteuerung. Nach erfolglosem Einspruch klagte der Rechtsanwalt vor dem Finanzgericht Köln.

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage ab und ließ keine Revision zu. Eine Anwendung der ermäßigten Besteuerung aufgrund außerordentlicher Einkünfte (§ 34 EStG, Fünftelregelung) kommt nicht in Betracht. Aus der gesetzlichen Bestimmung (§ 34 Abs. 2 EStG) folgt nicht, dass eine vereinnahmte Entschädigung ohne weiteres ermäßigt zu besteuern sei. Vielmehr ist der Wortlaut entsprechend dem Normzweck, die Auswirkungen des progressiven Tarifs abzuschwächen, auf solche Einkünfte zu beschränken, die „zusammengeballt“ zufließen. Davon ist auszugehen, wenn der Steuerpflichtige infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Veranlagungszeitraum einschließlich der Entschädigung insgesamt mehr erhält als bei ungestörter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Dabei ist es für die Erfüllung des Normzwecks gleichgültig, ob der Steuerpflichtige im Anschluss an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine selbständige oder erneut eine nichtselbständige Tätigkeit ergreift, so dass der Streitfall keinen Sonderfall darstellt, der eine Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert. Vorliegend hat der Rechtsanwalt in 2009 einschließlich der Abfindung lediglich 53.787 EUR erhalten, also weniger als bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Daher fehlt es an einer „Zusammenballung“ von Einkünften.

Konsequenz

Die Entscheidung zeigt, dass § 34 EStG mit dem Ziel, extreme Progressionseffekte abzumildern, nur dann eingreift, wenn auch außerordentlich hohe Einkünfte im Veranlagungsjahr erzielt werden.