Grunderwerbsteuer – Verfügung betr. Gegenstand des Erwerbsvorgangs bei einheitlichem Vertragswerk

Vom 10. Juli 2013 (GrESt-Kartei ND 1983 § 9 GrEStG Karte 25)
(OFD Niedersachsen S 4521-276-St 262)
Der für den Umfang der Gegenleistung i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG maßgebliche Gegenstand des Erwerbsvorgangs wird durch das von den Vertragsparteien gewollte wirtschaftliche Ergebnis bestimmt.
1. Maßgeblichkeit der vertraglichen Vereinbarungen
Ob Gegenstand des Erwerbsvorgangs das Grundstück in bebautem oder unbebautem Zustand ist, richtet sich nach den Vereinbarungen der Parteien. Haben sie das bebaute Grundstück zum Vertragsgegenstand gemacht, ist es in diesem Zustand zu besteuern, unabhängig davon, ob das Grundstück im Zeitpunkt des Abschlusses des Verpflichtungsgeschäfts noch unbebaut war.
Fehlen derartige Vereinbarungen – was häufig vorkommt –, ist grundsätzlich der Zustand maßgeblich, in dem sich das Grundstück bei Vertragsabschluss befindet (Boruttau, 17. Auflage, § 9 Rdnr. 136 bis 142; Pahlke/Franz, 4. Auflage, § 9 Rdnr. 4 ff.).
2. Künftiger Grundstückszustand als Gegenstand des Erwerbsvorgangs
Die Frage, in welchem Zustand ein Grundstück zu besteuern ist, stellt sich insbesondere dann, wenn getrennte Verträge über den Erwerb des Grundstücks und über die Errichtung eines Gebäudes abgeschlossen werden.
Solche Verträge können bereits zivilrechtlich verknüpft sein (Hinweis auf Ziffer 2.1), sie können aber auch nach den besonderen grunderwerbsteuerlichen Grundsätzen als Einheit zu behandeln sein (Hinweis auf Ziffer 2.2).
2.1. Zivilrechtliche Verknüpfung des Grundstückskaufvertrags mit dem Bauvertrag (rechtlicher Zusammenhang)
Vereinbaren die Parteien in einer Urkunde die Übertragung eines Grundstücks und die Errichtung eines Gebäudes durch den Verkäufer, so spricht dies für das Vorliegen eines (gemischten) Vertrags. Entscheidend ist aber nicht so sehr das Zusammenfassen der Vereinbarungen in einer Urkunde, sondern der aus den Gesamtumständen abzuleitende Parteiwille (Boruttau, a. a. O., § 9 Rdnrn. 161, 161 a). Indizien für einen dahingehenden Parteiwillen sind:
 – Bezeichnung im Vertragstext;
 – Zusammenfassung der Vereinbarungen in einer Urkunde;
 – ein einheitlicher Preis.
Der Bundesfinanzhof geht bei Vorliegen eines Vertrags davon aus, dass Gegenstand des Erwerbsvorgangs das bebaute Grundstück ist (BFH vom 13. April 1983 II R 53/81, BStBl. 1983 II S. 606).
Liegen zwei oder mehrere Verträge vor, sind sie als ein einheitlicher Vertrag zu werten, wenn ihre Gültigkeit ausdrücklich voneinander abhängig ist (BGH-Urteil vom 24. November 1983 VII ZR 34/83, NJW 1984 S. 869) oder – auch ohne ausdrückliche Bestandsverknüpfung –, wenn sie nach
dem Willen der Parteien derart voneinander abhängig sind, dass sie miteinander „stehen und fallen“ sollen.
Dabei reicht es aus, wenn nur eine der Vertragsparteien einen solchen Einheitswillen erkennen lässt und die andere Partei ihn anerkennt oder zumindest hinnimmt (BGH-Urteil vom 24. November 1983, NJW 1984 S. 869; Boruttau, a. a. O., § 9 Rdnr. 163). Ob die Vereinbarungen miteinander „stehen und fallen“, ist unter Berücksichtigung der Interessenslage der Vertragsparteien, ihrem Verhalten vor und bei Vertragsabschluss und dem tatsächlichen Geschehensablauf zu ermitteln (Boruttau, a. a. O., § 9 Rdnr. 164; BFH vom 13. August 2003 II R 52/01, BFH/NV 2004 S. 663, und BFH vom 21. September 2005 II R 49/04, BStBl. 2006 II S. 269).
Für eine Vertragsverknüpfung sprechen:
 – Baubeginn vor Vertragsabschluss (BFH-Urteil vom 21. Dezember 1981 II R 124/79, BStBl. 1982 II S. 330);
 – Fehlen einer Vereinbarung aller Erwerber über die gemeinsame Baufertigstellung (Boruttau, a. a. O., § 9 Rdnr. 164);
 – Grundstücksverkäufer veräußert nur an Erwerber, die vorher eine Treuhandvollmacht zum Abschluss der übrigen Verträge erteilt haben (Boruttau, a. a. O., § 9 Rdnr., 164; BFH vom 28. Oktober 1998 II R 36/96, BFH/NV 1999 S. 667).
Der Vertragsverknüpfung steht nicht entgegen,
 – dass die Vereinbarungen in unterschiedlichen Urkunden niedergelegt wurden (Boruttau, a. a. O., § 9 Rdnr. 164);
 – dass – wenn auf der Veräußererseite mehrere Personen beteiligt sind – der Verkäufer und das mit der Gebäudeerrichtung beauftragte Unternehmen nicht identisch sind.
Die rechtliche Einheit mehrerer Verträge hat zur Folge, dass alle Verträge beurkundungspflichtig sind (Boruttau, a. a. O., § 9 Rdnr. 162; Pahlke/Franz, a. a. O., § 9 Rdnr. 17). In der Praxis werden hiervon betroffene Bauverträge gleichwohl oft nicht beurkundet, ihre (zeitweilige) Unwirksamkeit nehmen die Beteiligten in Kauf. Sie wird nach § 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB n. F. (§ 313 Satz 2 BGB a. F.) durch Eintragung des Eigentümerwechsels im Grundbuch geheilt. Nach dem BFH-Urteil vom 19. Januar 1994 II R 52/90, BStBl. II S. 409, unterliegt ein infolge unvollständiger Beurkundung unwirksames (nichtiges) Rechtsgeschäft gleichwohl der Steuer (§ 41 Abs. 1 AO i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG), wenn die Beteiligten ihren Erklärungen gemäß auf die Erfüllung hinwirken (Pahlke/Franz a. a. O., § 9 Rdnr. 17).
Die zivilrechtliche Einheit von getrennten Verträgen führt zu einer Besteuerung des bebauten Grundstücks (Boruttau, a. a. O., § 9 Rdnr. 162). Die (schwierigen) Zivilrechtsfragen haben für die Grunderwerbsteuer jedoch an Bedeutung verloren, weil auch bei fehlender zivilrechtlicher Verknüpfung Gegenstand des Erwerbsvorgangs das bebaute Grundstück sein kann, wenn die Voraussetzungen eines objektiv engen sachlichen Zusammenhangs vorliegen (Hinweis auf Ziffer 2.2).
2.2. Objektiv enger sachlicher Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und dem Bauvertrag
Der Bundesfinanzhof hat an seiner ständigen Rechtsprechung mit Urteil vom 27. Oktober 1999 II R 17/99, BStBl. 2000 II S. 34, festgehalten: „Ob als Gegenstand eines Erwerbsvorgangs das
zukünftig bebaute Grundstück anzusehen ist, kann sich ’(auch)‚ aus dem tatbestandserfüllenden Rechtsgeschäft, d. h. aus dem Inhalt der zivilrechtlichen Übereignungsverpflichtung des Veräußerers oder aus mit diesem Rechtsgeschäft in rechtlichem oder objektiv engem sachlichem Zusammenhang stehenden Vereinbarungen oder Umständen ergeben, die insgesamt zu dem Erfolg führen, dass der Erwerber das Grundstück in bebautem Zustand erhält. Dies ist nach den Umständen des Einzelfalls zu ermitteln und kann auch aus dem Zusammenwirken mehrerer Personen auf der Veräußererseite folgen, wenn die Umstände des Zusammenwirkens ergeben, dass der Erwerber ein bebautes Grundstück erhält (BFH-Urteil vom 23. November 1994 II R 53/94, BFHE 176, 450, BStBl. 1995 II S. 331). Ist dies der Fall, so gehören alle Aufwendungen des Grundstückserwerbers zur grunderwerbsteuerrechtlichen Gegenleistung, die von ihm für die Verschaffung des bebauten Grundstücks gewährt werden.“
Danach kommt es entscheidend darauf an, aus welchen Kriterien das Vorliegen eines sachlichen Zusammenhangs abgeleitet werden kann. Ein objektiv enger sachlicher Zusammenhang kann vorliegen, wenn der Erwerber (spätestens) mit Abschluss des Grundstückskaufvertrags in seiner Entscheidung über das „Ob“ und „Wie“ einer Bebauung gegenüber der Veräußererseite nicht mehr frei war. Das ist der Fall, wenn er dem Veräußerer gegenüber rechtlich oder faktisch im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags an ein Bebauungskonzept gebunden ist.
Ein Bebauungskonzept liegt vor, wenn auf ein bestimmtes Grundstück ein bestimmtes Gebäude zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis gebaut werden soll (BFH-Urteil vom 30. April 2003 II R 29/01, BFH/NV S. 1446; BFH-Urteil vom 13. August 2003 II R 52/01, BFH/NV 2004 S. 663; BFH-Urteil vom 21. September 2005 II R 49/04, BStBl. 2006 II S. 269).
Rechtlicher Zusammenhang (= zivilrechtliche Verknüpfung der Verträge)
Objektiv enger sachlicher Zusammenhang (= tatsächliche Verknüpfung der Verträge)
A)
Pflicht zur Grundstücksübereignung und Gebäudeerrichtung aufgrund eines Vertrags oder
A
Einheitliches Vertragsangebot und
B)
Ausdrückliche Bestandsverknüpfung mehrerer Verträge oder
B
keine Entscheidungsmöglichkeit des Erwerbers über das „Ob“ und das „Wie“ einer Bebauung
C)
Vereinbarungen sind derart voneinander abhängig, dass sie miteinander „stehen und fallen“.
(Hinweis auch auf das Schaubild unter Ziffer 2.2.1)
2.2.1. Zeitliche Abfolge der Verträge
Hat sich der Erwerber schon vor Abschluss des Grundstückskaufvertrags oder zeitgleich mit ihm durch den Abschluss eines Gebäudeerrichtungsvertrages an die Bebauung des Grundstücks gebunden, so liegt immer ein objektiv enger sachlicher Zusammenhang zwischen den Vereinbarungen vor (BFH-Urteil vom 12. März 1997 II R 86/94, BFH/NV 1998 S 80; Pahlke/Franz, a. a. O.; § 9 Rdnr. 19 und 20; Boruttau a. a. O., § 9 Rdnr. 167).
Bei Abschluss des Bauvertrags nach Abschluss des Grundstückskaufvertrags ist ein sachlicher Zusammenhang z. B. gegeben
 – bei einem faktischen Zwang (Ziffer 2.2.2) oder
 – bei der Hinnahme eines von der Veräußererseite vorbereiteten Geschehensablaufs (Ziffer 2.2.3).
Der Bundesfinanzhof hat im Urteil vom 28. März 2012 II R 57/10 (BStBl. II S. 920) entschieden, dass auch ein Zeitraum von rund 19 Monaten der Annahme eines einheitlichen Vertragswerks nicht entgegensteht, wenn besondere Umstände hinzutreten. Im Entscheidungsfall war das Grundstück im Erwerbszeitpunkt noch vermietet und der Beginn der geplanten Bauarbeiten vom Auszug des Mieters abhängig.
Liegt nach objektiven Kriterien ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen Grundstückskaufvertrag und Bauvertrag vor und wird dieser vom Käufer bestritten, muss er nachweisen, dass er in der Auswahl des Bauunternehmers frei war und er hiervon auch Gebrauch gemacht hat. Innerhalb weniger Tage erstellte Angebote anderer Unternehmen sprechen für Gefälligkeitstatbestände.
2.2.2. Faktischer Zwang
Faktische Zwänge sind nach objektiven Kriterien zu bestimmen.
So kann eine Eigentumswohnung auf einem unbebauten Grundstück nicht für sich allein, sondern nur durch Errichtung des betreffenden Gesamtgebäudes hergestellt werden (Ausnahme: Pahlke/Franz, a. a. O., § 9 Rz. 22). Bei Reihenhäusern- und Doppelhaushälften kommt es darauf an, ob die einzelne Einheit für sich (also unabhängig von den benachbarten Einheiten) errichtet werden kann.
Ein faktischer Zwang kann auch in der Form bestehen, dass der Grundstückserwerber bei Nichtabschluss des Gebäudeerrichtungsvertrages (spürbare) wirtschaftliche Nachteile hinnehmen
müsste, z. B. wenn der Veräußerer das Grundstück zu einem überhöhten Preis anbietet und so die Errichtung des Gebäudes konkurrenzlos günstig anbieten kann (Mischkalkulation).
Ist der bisherige Grundstückseigentümer Bauunternehmer, besteht in aller Regel ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem mit ihm abgeschlossenen Werkvertrag zur Bebauung des Grundstücks. Der Grundstückshandel soll gerade diesem Zweck dienen; der Bauunternehmer hat ein wirtschaftliches Interesse am Abschluss aller Verträge. Das unbebaute Grundstück wird daher nur ausnahmsweise Gegenstand der Besteuerung sein, insbesondere bei einem nachgewiesenen Notverkauf zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit.
2.2.3. Hinnahme eines vorbereiteten Geschehensablaufs
Die Hinnahme eines von der Anbieterseite vorbereiteten Geschehensablaufs durch den Erwerber indiziert nach dem BFH-Urteil vom 23. November 1994 II R 53/94 (BStBl. 1995 II S. 331) – unabhängig von der zeitlichen Abfolge der Vertragsabschlüsse – einen objektiv engen sachlichen Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und dem Vertrag über die Gebäudeerrichtung. Ein vorbereiteter Geschehensablauf liegt vor, wenn der Grundstücksverkäufer dem Interessenten aufgrund einer konkreten und annähernd bis zur Baureife gediehenen Vorplanung ein bestimmtes Gebäude auf einem bestimmten Grundstück zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis anbietet und er dieses Angebot nur als einheitliches annehmen oder ablehnen kann. Für diese Beurteilung ist es unmaßgeblich, ob die bis (annähernd) zur Baureife gediehene Vorplanung inhaltlich maßgebend von der Erwerberseite mit beeinflusst oder gar veranlasst worden ist (BFH-Urteil vom 21. September 2005 II R 49/04, BStBl. 2006 II S. 269). Bloße Bebauungsvorschläge der Veräußererseite genügen jedoch nicht für die Annahme, dass ein vorbereiteter Geschehensablauf hingenommen wird.
Entscheidend ist, dass schon die Akzeptanz des von der Anbieterseite vorbereiteten Geschehensablaufs durch den Erwerber den objektiv engen sachlichen Zusammenhang indiziert.
Der Erwerber kann die indizierte Einheitlichkeit der Verträge widerlegen, indem er nachweist, dass entgegen dem ersten Anschein ein Zusammenhang nicht bestand. Ein bloßes Bestreiten reicht ebenso wenig aus wie die Vorlage von Gefälligkeitsangeboten anderer Bauuntemehmen (Pahlke/Franz, a. a. O., § 9 Rdnr. 25).
Der objektiv enge sachliche Zusammenhang wird nicht dadurch beseitigt, dass dem Erwerber nach dem Gebäudeerrichtungsvertrag freigestellt wird, bestimmte Bauleistungen in Eigenarbeit zu erbringen oder anderweitig freihändig zu vergeben. Auch die eigene Erledigung verwaltungstechnischer Arbeiten, z. B. die Einholung der Baugenehmigung oder die Durchführung des Teilungsverfahrens steht der Annahme eines einheitlichen Vertragswerkes nicht entgegen (Boruttau, a. a. O., § 9 Rdnr. 176).
2.2.4. Die Veräußererseite besteht aus mehreren Personen
Treten auf der Veräußererseite mehrere Personen auf (Grundstückseigentümer, Makler, Bauunternehmen, Initiator, Bevollmächtigte, Treuhänder usw.), reicht für den objektiv sachlichen Zusammenhang die Bindung an eine bestimmte Bebauung nicht aus (Boruttau, a. a. O., § 9 Rdnr. 167). Vielmehr muss eine Verbindung der Personen oder ein objektiv erkennbar
abgestimmtes Verhalten der Veräußererseite, das auf den Abschluss der Verträge hinwirkt, hinzutreten (Boruttau, a. a. O., § 9 Rdnr. 171).
Eine Verbindung der Personen liegt vor, wenn sie personell, wirtschaftlich oder gesellschaftsrechtlich eng miteinander verbunden sind.
Ein zu einem sachlichen Zusammenhang führendes Zusammenwirken der auf der Veräußererseite tätigen Vertragspartner liegt vor, wenn sie ihr Verhalten aufeinander abstimmen und dadurch bewirken, dass der Interessent das Grundstück nur erhält, wenn er auch die übrigen Verträge abschließt (Boruttau, a. a. O., § 9 Rdnrn. 171 – 173). Eines schriftlichen Vertrags zwischen den auf der Veräußererseite verbundenen bzw. auftretenden Personen bedarf es hierbei nicht. Es genügt ein tatsächliches, einvernehmliches Zusammenwirken, das bereits dann gegeben ist, wenn der im Übrigen passive Grundstückseigentümer dem Bauunternehmen das Grundstück „an die Hand“ gibt (BFH-Urteil vom 21. September 2005 II R 49/04, BStBl. 2006 II S. 269).
Für Absprachen sprechen folgende Indizien:
 – Das Bauunternehmen wirbt in Anzeigen/Prospekten/Internet unter Angabe des – Grundstücks;
 – die von einem Grundstückseigentümer verkauften Grundstücke eines Baugebiets werden von demselben oder einem ihm verbundenen Unternehmen bebaut;
 – das Bauunternehmen wurde dem Kunden vom Grundstückseigentümer benannt.
Darüber hinaus wird ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen Grundstückskauf- und Bauvertrag indiziert, wenn die Veräußererseite aufgrund einer in bautechnischer und finanzieller Hinsicht konkreten und bis (annähernd) zur Baureife gediehenen Vorplanung ein bestimmtes Gebäude auf einem bestimmten Grundstück zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis anbietet und der Erwerber dieses Angebot annimmt. Die Abgabe eines einheitlichen Angebots durch eine von mehreren auf der Veräußererseite handelnden Personen ist kaum denkbar, ohne dass diesem Angebot eine Abstimmung mit den übrigen Personen zugrunde liegt (BFH-Urteil vom 2. März 2006 II R 47/04, BFH/NV S. 1509). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Erwerber das einheitliche Angebot der Veräußererseite unverändert annimmt oder ob er der Veräußererseite konkrete Vorgaben macht, die dann zur Grundlage für das einheitliche, vom Erwerber akzeptierte Angebot über den Erwerb von Grundstück und Gebäude werden (BFH-Urteil vom 21. September 2005 II R 49/04, BStBl. 2006 II S. 269).
2.3. Fehlen der Gebäudeherstellungsverpflichtung auf der Veräußererseite
Fehlt es neben der Übereignungsverpflichtung an der Verpflichtung des Veräußerers der Veräußererseite zur Herstellung/Errichtung des Gebäudes, sondern wird das Gebäude vielmehr durch den Erwerber errichtet, liegt eine grunderwerbsteuerlich nicht relevante eigennützige Leistung des Erwerbers an sich selbst vor (Boruttau, a. a. O., § 9 Rdnrn. 47, 48). Gegenstand des Erwerbsvorgangs ist dann nicht das bebaute Grundstück, sondern nur das unbebaute Grundstück; es zählen somit nur die Anschaffungskosten des unbebauten Grundstücks zur grunderwerbsteuerlichen Gegenleistung. Das gilt auch dann, wenn der Veräußerer neben dem Grundstück Dienst- bzw. Sachleistungen anbietet, sich zur Lieferung beweglicher Gegenstände (Baumaterialien, Fertighausteile) oder zur Bereitstellung von Planungsunterlagen verpflichtet (BFH-Urteil vom 27. Oktober 2004 II R 12/03, BStBl. 2005 II S. 220).
Davon abzugrenzen sind die Fälle, in denen – nach den oben aufgezeigten Grundsätzen (Ziffern 2.1 und 2.2) – Erwerbsgegenstand das Grundstück mit zu errichtendem Gebäude ist und der Erwerber Eigenleistungen erbringt. In diesen Fällen gehört das Entgelt für die Gebäudeerrichtung zur Gegenleistung. Die erbrachten Eigenleistungen des Grundstückserwerbers sind allerdings nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen (Boruttau, a. a. O., § 9 Rdnrn. 217, 218; Pahlke/Franz, a. a. O., § 8 Rdnrn. 11, 12; § 9 Rdnr. 52).
2.4. Erwerb eines (teil)bebauten Grundstücks
Ist ein Grundstück bei Vertragsabschluss (teil)bebaut, unterliegt es mindestens in diesem Zustand der Grunderwerbsteuer. Für die Grunderwerbsteuer kann ein Grundstück nicht in dem Zustand zum Erwerbsgegenstand gemacht werden, den es nicht mehr hat und nicht mehr erhalten soll (BFH-Urteil vom 21. Dezember 1981 II R 124/79, BStBl. 1982 II S. 330 und BFH-Urteil vom 16. Januar 2002 II R 16/00, BStBl. II S. 431).
2.5. Erwerbe durch Funktionsträger (Treuhänder oder Projektanbieter)
Erwerben Funktionsträger mit bestimmendem Einfluss auf das „Ob“ und „Wie“ der Bebauung Teile des Objekts (z. B. weil sich nicht genügend Interessenten gefunden haben), dann ist das Grundstück in dem Zustand zu besteuern, in dem es sich bei Vertragsabschluss befindet. Die künftig anfallenden Baukosten sind nicht zu besteuern (Hinweis auf Karte 7 b zu § 9 GrEStG der GrESt-Kartei; Pahlke/Franz, a. a. O., § 9 Rdnr. 41).
2.6. Baubetreuung
Beschränkt sich die Tätigkeit des Baubetreuers darauf, die Bauplanung zu erstellen, die Baugenehmigung zu beantragen und die Finanzierung zu besorgen, dann ist das unbebaute Grundstück Besteuerungsgegenstand. Anders verhält es sich, wenn das Baubetreuungsunternehmen einen Festpreis garantiert oder/und Absprachen mit Bauunternehmen/dem Grundstückseigentümer getroffen hat, die bewirken, dass der Interessent das Grundstück nur zusammen mit der Bauleistung erhalten kann.
3. Umfang der Gegenleistung bei Bejahung des einheitlichen Vertragswerkes
Wird das einheitliche Vertragswerk bejaht, hat dies zur Folge, dass zur grunderwerbsteuerlichen Gegenleistung (Bemessungsgrundlage im Sinne des § 8 i. V. m. § 9 GrEStG) alle Leistungen des Erwerbers gehören, die dieser an den Grundstücksveräußerer und Dritte gewährt, um das Grundstück in seinem zukünftigen (bebauten) Zustand zu erwerben (Boruttau, a. a. O., § 9 Rdnr. 195 ff.).
Zur Bemessungsgrundlage gehören somit z. B.:
 – der Grundstückskaufpreis;
 – die Baukosten für das Gebäude (soweit die Bauleistungen von der Veräußererseite erbracht werden);
 – die auf die Bauleistungen für den Gebäudebestand entfallende Umsatzsteuer (Hinweis auf Karte 9 a zu § 9 GrEStG der GrESt-Kartei);
 – alle sonstigen Aufwendungen, die die Durchführung der Baumaßnahme betreffen (z. B. übernommene Makler- und Vermessungskosten, Hinweis auf Karte 4 und Karte 13 zu § 9 GrEStG der GrESt-Kartei);
 – vom Erwerber übernommene Erschließungskosten des Veräußerers (Hinweis auf Karte 15 zu § 9 GrEStG der GrESt-Kartei).
Nicht zur Bemessungsgrundlage zählen
 – die Eigenleistung des Erwerbers sowie
 – Leistungen, die dem Erwerber selbst aufgrund eigener Verpflichtung gegenüber Dritten entstanden sind (Grundbuch- und Notarkosten).
Betreffend die Einbeziehung von gesondert vereinbarten Bauleistungen weise ich auf meine Verfügung OFD Niedersachsen vom 12. Juli 2006 S 4521 – 146 – StO 262 – hin.
4. Umsatzsteuer
4.1. Einbeziehung der auf die Bauleistungen für den Gebäudebestand entfallenden Umsatzsteuer
Zu der Einbeziehung der auf die Bauleistungen für den Gebäudebestand entfallenden Umsatzsteuer gelten die unter Ziffer 4.1.1 und Ziffer 4.1.2 aufgeführten Grundsätze.
Allgemeine Hinweise
Die Einbeziehung der auf die Bauleistungen für den Gebäudebestand entfallenden Umsatzsteuer in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage im Rahmen des einheitlichen Vertragswerks ist weder verfassungsrechtlich zu beanstanden (Beschluss des BVerfG vom 27. Dezember 1991 2 BvR 72/90, BStBl. 1992 II S. 212; Boruttau, a. a. O., § 9 Rdnr. 204) noch verstößt diese Einbeziehung gegen geltendes Gemeinschaftsrecht (Beschluss des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 27. November 2008 C-156/08; Boruttau, a. a. O., § 9 Rdnr. 203).
Gegen die ständige Rechtsprechung des BFH zum einheitlichen Erwerbsgegenstand im Grunderwerbsteuerrecht bestehen keine unions- oder verfassungsrechtlichen Bedenken. Sie steht nicht im Widerspruch zu der Rechtsprechung der Umsatzsteuersenate des BFH (BFH-Urteil vom 27. September 2012 II R 7/12, BStBl. 2013 II S. 86).
§ 4 Nr. 9 a UStG grenzt die umsatzsteuerpflichtigen von den umsatzsteuerfreien Vorgängen ab und enthält kein Gesetzesverbot, ob und inwieweit in bestimmten Fällen Grunderwerbsteuer zu erheben ist. Die Frage, ob ein Vorgang grunderwerbsteuerpflichtig ist, richtet sich allein nach den Regeln des GrEStG, dem insoweit Vorrang gebührt (BFH-Urteil vom 27. Oktober 1999 II R 17/99, BStBl. 2000 II S. 34).
4.1.1. Eine Person auf der Veräußererseite
4.1.1.1. Vertragsgegenstand ist das bebaute Grundstück (Hinweis auf Ziffer 1)
Grunderwerbsteuerrechtlich ist das Grundstück in diesem (bebauten) Zustand zu besteuern, unabhängig davon, ob das Grundstück im Zeitpunkt des Abschlusses des Verpflichtungsgeschäfts noch unbebaut ist.
Umsatzsteuerlicher Leistungsgegenstand ist ebenfalls das bebaute Grundstück, sodass die Leistungen (Grundstückslieferung und Bauerrichtung) des Unternehmers insgesamt nach § 4 Nr. 9 a UStG umsatzsteuerfrei sind.
Wird in diesem Zusammenhang von der Möglichkeit der Option nach § 9 UStG Gebrauch gemacht, stellt die Umsatzsteuer keine Gegenleistung dar (Hinweis auf Karte 9 a zu § 9 GrEStG der GrESt-Kartei).
4.1.1.2. Vertragsgegenstand ist der künftige (bebaute) Grundstückszustand (Hinweis auf Ziffer 2)
Sind die mit derselben Person auf der Veräußererseite und getrennt voneinander abgeschlossenen Verträge grunderwerbsteuerrechtlich als einheitliches Vertragswerk zu qualifizieren, ist umsatzsteuerlicher Leistungsgegenstand regelmäßig ebenfalls das bebaute Grundstück, sodass die Leistungen (Grundstückslieferung und Bauerrichtung) des Unternehmers grundsätzlich insgesamt nach § 4 Nr. 9 a UStG umsatzsteuerfrei sind.
Wird in diesem Zusammenhang von der Möglichkeit der Option nach § 9 UStG für die Grundstückslieferung und Bauerrichtung Gebrauch gemacht, stellt die auf die Grundstückslieferung
und Bauerrichtung entfallende Umsatzsteuer keine Gegenleistung dar (Hinweis auf Karte 9 a zu § 9 GrEStG der GrESt-Kartei).
4.1.2. Mehrere Personen auf der Veräußererseite
Ist entsprechend der unter Ziffer 2.2.4 dargelegten Grundsätze grunderwerbsteuerlich von einem einheitlichen Vertragswerk auszugehen, ist die Leistung des grundstücksveräußernden Unternehmers gemäß § 4 Nr. 9 a UStG umsatzsteuerfrei, währenddessen die Leistungen der anderen Personen auf der Veräußererseite grundsätzlich der Umsatzsteuer unterliegen.
Wird in diesem Zusammenhang von der Möglichkeit der Option nach § 9 UStG für die Lieferung des Grundstücks Gebrauch gemacht, stellt die auf die Grundstückslieferung entfallende Umsatzsteuer keine Gegenleistung dar (Hinweis auf Karte 9 a zu § 9 GrEStG der GrESt-Kartei).
Die auf die Bauleistungen entfallende und in Rechnung gestellte Umsatzsteuer ist hingegen als Gegenleistung mit in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Es kann insoweit zu einer zulässigen Doppelbelastung der Bauleistungen mit Umsatz- und Grunderwerbsteuer kommen (Beschluss des EuGH vom 27. November 2008 C-156/08; Boruttau, a. a. O., § 9 Rdnr. 203).
5. Objektive Beweislast/Indizien
Die objektive Beweislast für das Vorliegen eines einheitlichen Vertragswerkes liegt bei der Finanzverwaltung. Zumeist kann der Beweis nur über Indizien erbracht werden.
Mögliche Indizien für ein einheitliches Vertragswerk können lt. Rechtsprechung z. B. sein:
 – Der gleichartige Geschehensablauf in Parallelfällen in demselben Baugebiet;
 – das Vorliegen eines einheitlichen Angebotes für Grundstück und Gebäude;
 – Stellung des Bauantrages durch die Veräußererseite;
 – Erteilung der Baugenehmigung an die Veräußererseite;
 – zeitliche Nähe der Vertragsabschlüsse/gemeinsamer Ort der Vertragsabschlüsse;
 – Beauftragung des Architekten und/oder der maßgeblichen Bauhandwerker durch die Veräußererseite;
 – Empfehlung bestimmter Bauleistender durch den Veräußerer;
 – Einholung weiterer Angebote von anderen Bauunternehmen spricht nicht gegen ein einheitliches Vertragswerk;
 – Vereinbarung eines Rücktrittsrechtes vom Grundstückskaufvertrag zugunsten des Käufers, wenn dieses Rücktrittsrecht bei Leistungsstörungen im Rahmen des Bauerrichtungsvertrages ausgeübt werden kann;
 – Provisionsversprechen/Zahlungen auf der Veräußererseite, in der Regel durch Bauunternehmer an Makler usw. (Aufklärung ggf. über KM durch Betriebsprüfung beim Bauunternehmer);
 – einheitliche Bauplanung für eine gesamte Reihenhauszeile oder ein Doppelhaus durch die Veräußererseite;
 – personelle Verflechtungen zwischen Veräußerer und Bauträger (insbesondere gleiche nahestehende Gesellschafter);
 – bei Bauherrengemeinschaften die Angabe einer Gesamtinvestitionssumme im Rahmen eines „Beteiligungsangebotes“.
In der Regel kann nur das Zusammentreffen mehrerer Indizien zur Bejahung eines einheitlichen Vertragswerkes führen.
6. Anzeigepflichten
Die Anzeigepflicht der Notare nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erstreckt sich auch auf Verträge, die (zivil-)rechtlich (Hinweis auf Ziffer 2.1) mit dem Grundstückskaufvertrag eine Einheit bilden (Boruttau, a. a. O., § 18 Rdnr. 21). Das gilt unabhängig davon, ob sie in derselben oder einer anderen Niederschrift beurkundet worden sind oder ob die Verträge mit dem Grundstückskaufvertrag im Wege einer Verknüpfungsabrede rechtlich verbunden sind (z. B. Treuhandvertrag, Baubetreuungsvertrag, Generalunternehmervertrag, Bauvertrag usw.; Hinweis auf das Merkblatt der Oberfinanzdirektion Hannover – ab 1. Januar 2010: Oberfinanzdirektion Niedersachsen – über die steuerlichen Beistandspflichten der Notare auf den Gebieten der Grunderwerbsteuer, der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie der Ertragsteuern, Stand: Juli 2005, Teil A, Ziffer 3). Etwas anderes gilt nur, wenn der Notar mit Gewissheit ausschließen kann, dass die Verträge für die Grunderwerbsteuer von Bedeutung sind (Hinweis auf Karte 7 zu § 18 GrEStG der GrESt-Kartei; Boruttau, a. a. O., § 18 Rdnr. 22).
Die Verletzung der Anzeigepflicht durch einen Notar führt nicht zur Anlaufhemmung im Sinne von § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO (BFH-Urteil vom 16. Februar 1994 II R 125/90, BStBl. II S. 866). Die Verletzung der Anzeigepflicht kann jedoch zu einer Verlängerung der Verjährungsfrist nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO von 4 auf 5 Jahre (bei leichtfertiger Steuerverkürzung) bzw. auf 10 Jahre (bei Steuerhinterziehung) führen (Boruttau, a. a. O., § 18 Rdnr. 42).
Die Beteiligten haben auch nicht notariell beurkundete Verträge (z. B. Werkverträge) gemäß § 19 GrEStG dem Finanzamt anzuzeigen (BFH-Urteil vom 30. Oktober 1996 II R 69/94, BStBl. 1997 II S. 85; Pahlke/Franz, a. a. O., § 19 Rdnr. 10). Die Verletzung der Anzeigepflicht der Beteiligten schiebt den Beginn der Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO hinaus.
Besteht sowohl eine Anzeigepflicht des Notars als auch der Parteien des Erwerbsvorgangs und hat der Notar seiner Anzeigepflicht nach § 18 GrEStG vollständig entsprochen, ist eine eventuelle Anzeigepflichtverletzung der Beteiligten für § 170 AO ohne Bedeutung (BFH-Urteil vom 6. Juli 2005 II R 9/04, BStBl. II S. 780).
Ferner weise ich auf meine Verfügung OFD Niedersachsen vom 2. Mai 2006 S 4603 – 1 –StO 262 hin.
7. Bearbeitungshinweise
7.1. Ermittlung des Sachverhalts
Liegt ein erworbenes unbebautes Grundstück in einem Baugebiet oder gibt es andere Hinweise auf eine beabsichtigte Bebauung, so ist der Erwerber durch Übersendung des Vordrucks GrESt 9 (Einzelsteuern_OFD/GrESt_09_Anfrage_Besteuerungsgegenstand_Erwerber) zu bitten, Angaben zur Bebauung zu machen. Für Anfragen beim Veräußerer ist der Vordruck GrESt 8 (Einzelsteuern_OFD/GrESt_08_Anfrage_Besteuerungsgegenstand_Veraeuss.) zu verwenden.
Bei einheitlichen Verträgen ist der Bauunternehmer, Initiator usw. nach dem BFH-Urteil vom 27. Oktober 1999 II R 17/99 (BStBl. 2000 II S. 34) nicht Schuldner der auf die Bauleistungen usw. entfallenden Grunderwerbsteuer. Diese Personen sind daher nicht nach §§ 88, 90 – 93 AO zur Auskunft verpflichtet. Bei ihrer Inanspruchnahme als auskunftspflichtige Dritte (§ 93 Abs. 1 Satz 3 AO) sind die gegebenenfalls anfallenden Kosten (§ 107 AO) zu bedenken.
Bestehen Anhaltspunkte für eine personelle/wirtschaftliche/gesellschaftsrechtliche Verbindung von Unternehmen, ist die Beziehung zu klären.
Wird die erbetene schriftliche Auskunft nicht erteilt oder führt sie nicht zu einer Klärung, sollte das Finanzamt nach § 93 Abs. 5 AO eine mündliche Auskunft an Amtsstelle anordnen.
Kann der Sachverhalt nicht aufgeklärt werden, ist das für die Außenprüfung zuständige Finanzamt zu ersuchen, die Prüfung auch auf die Grunderwerbsteuer zu erstrecken. Von einem Prüfungsersuchen ist abzusehen, wenn vor Ablauf der für die Grunderwerbsteuer geltenden Festsetzungsfrist nicht mit einem Prüfungsbeginn zu rechnen ist.
7.2. Auswertung von Zeitungsanzeigen
Die in der örtlichen Presse erscheinenden Anzeigen sind auszuwerten. Darüber hinaus können Indizien zur Bestimmung der grunderwerbsteuerlichen Gegenleistung auch aus den Bauschildern innerhalb eines Baugebiets (Nachweis über Foto/Digitalkamera des Finanzamts) gewonnen werden.
7.3. Steuerfestsetzung
Werden in demselben Baugebiet mehrere Grundstücke vom selben Eigentümer verkauft, ist – gleicher Sachverhalt unterstellt – für alle Erwerber eine einheitliche Besteuerung anzustreben. Bestehen Hinweise, dass Besteuerungsgegenstand das bebaute Grundstück ist, ist der Sachverhalt vollständig zu ermitteln. Gelingt das in absehbarer Zeit nicht, ist die Steuer unter Einbeziehung der Baukosten (gegebenenfalls schätzen) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) festzusetzen (nicht vorläufig nach § 165 AO).
7.4. Bescheidänderung
Wird nachträglich bekannt, dass ein Grundstückskaufvertrag in einem engen sachlichen Zusammenhang mit einem Bauvertrag steht und soll deshalb die Grunderwerbsteuerfestsetzung geändert werden, ist dem Steuerpflichtigen vor der Bescheidänderung Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu geben (AO-Kartei ND § 91 AO Karte 1).
Eine bereits bestandskräftige Steuerfestsetzung kann aufgrund neuer Tatsachen regelmäßig nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert werden. Der Steuerpflichtige kann sich nicht auf eine Verletzung der Ermittlungspflichten des Finanzamts berufen, da er seinerseits seine Anzeigepflicht nach § 19 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG nicht erfüllt hat, wenn er eine Gegenleistung erhöhende Tatsache (wie z. B. den Abschluss eines Generalunternehmervertrags) nicht angezeigt hat. Ob der Steuerpflichtige weiß, dass ein solcher Vertrag grunderwerbsteuerlich relevant ist, ist unerheblich (BFH-Urteil vom 25. März 1992 II R 46/89, BStBl. II S. 680; BFH-Urteil vom 14. Mai 2003 II R 25/01, BFH/NV S. 1395; BFH-Urteil vom 25. Januar 2006 II R 61/04, BFH/NV S. 1059).
Bei jeder Bescheidänderung (auch nach § 164 Abs. 2 AO) ist § 176 AO (Vertrauensschutz bei der Aufhebung und Änderung von Steuerbescheiden) zu beachten. Danach muss z. B. eine dem
Steuerpflichtigen günstige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, die bei der Erst-/Vorbehaltsfestsetzung berücksichtigt wurde, auch dann weiter angewendet werden, wenn der Bundesfinanzhof seine Rechtsprechung zum Nachteil des Steuerpflichtigen geändert hat (Hinweis auf AEAO zu § 176).
8. Steuerschuldnerschaft
Bei einheitlichen Verträgen ist der Bauunternehmer, der mit dem Grundstückserwerber nur einen Bauerrichtungsvertrag abschließt, nach dem BFH-Urteil vom 27. Oktober 1999 II R 17/99 (BStBl. 2000 II S. 34), nicht Schuldner der auf die Bauleistungen entfallenden Grunderwerbsteuer, wohl aber (neben dem Erwerber) auch der Grundstücksveräußerer für die gesamte Steuer (Hofmann, 9. Auflage, § 13 Rdnr. 6; Pahlke/Franz, a. a. O., § 13 Rdnr. 6; Karte 1, Ziffer 2.2 zu § 13 GrEStG der GrESt-Kartei).
GrESt-Kartei ND:
Folgende Karteiblätter sind auszusondern:
 – Karte 10 a zu § 1 GrEStG (Kontrollnummer 429),
 – Karte 10 b zu § 1 GrEStG (Kontrollnummer 378).