Kein Teil des Nachlasses: Trustvermögen aus Guernsey unterliegt nicht der Erbschaftsteuer

FG Schleswig-Holstein entscheidet zur Intransparenz eines wirksam errichteten anglo-amerikanischen Trusts – Urteil rechtskräftig


Trusts nach anglo-amerikanischem Recht werfen im deutschen Steuerrecht regelmäßig schwierige Fragen auf – insbesondere im Erbfall. Mit seinem Urteil vom 10. Oktober 2024 (Az. 3 K 41/17) hat das Finanzgericht Schleswig-Holstein nun für Klarheit in einem besonders praxisrelevanten Fall gesorgt:
Vermögen in einem nach dem Recht von Guernsey errichteten Trust fällt nicht in den Nachlass des verstorbenen Errichters – und unterliegt somit nicht der deutschen Erbschaftsteuer, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.

Das Urteil ist rechtskräftig.


Worum ging es im konkreten Fall?

Ein anglo-amerikanischer Trust wurde im Jahr 1997 nach dem Recht von Guernsey errichtet. Nach dem Tod einer der Trust-Errichter:innen stellte sich die Frage, ob das im Trust befindliche Vermögen als Teil des steuerpflichtigen Nachlasses anzusehen ist.

Das Finanzamt hatte genau dies angenommen – mit der Begründung, die Errichterin habe sich zu weitgehende Herrschaftsbefugnisse über das Vermögen vorbehalten. In der Folge sollte der Trust als transparent behandelt und das Vermögen der Erbschaftsteuer unterworfen werden.

Die Erben klagten – mit Erfolg.


Die Entscheidung des Finanzgerichts

Der 3. Senat des FG Schleswig-Holstein verneinte eine erbschaftsteuerliche Zurechnung des Trustvermögens zum Nachlass der verstorbenen Errichterin. Maßgeblich war:

  1. Das anwendbare Recht war das Trustrecht von Guernsey, nicht das deutsche Erbrecht.
  2. Nach dem eingeholten Rechtsgutachten war der Trust wirksam errichtet und die Errichter:innen hatten sich keine schädlichen Herrschaftsbefugnisse vorbehalten.
  3. Weder die Gründungsdokumente noch ein „Memorandum of Wishes“ führten zu einer tatsächlichen Verfügungsmacht.
  4. Dass die Trustees den Anregungen der Errichterin in der Praxis gefolgt seien, reichte nicht für eine steuerliche Durchgriffsanalyse.
  5. Es gab keine Hinweise auf eine Steuerumgehungsabsicht im Sinne des deutschen ordre public (Art. 6 EGBGB).

Ergebnis: Der Trust war als intransparente, selbstständige Vermögensmasse zu behandeln – das Vermögen gehörte nicht zum Nachlass und war nicht der Erbschaftsteuer zu unterwerfen.


Was bedeutet das Urteil für die Praxis?

Das Urteil unterstreicht:

  • Trusts können erbschaftsteuerlich anerkannt werden, wenn sie nach dem jeweils geltenden ausländischen Recht ordnungsgemäß errichtet wurden.
  • Entscheidend ist, dass sich der/die Errichter:in keine Verfügungsmacht über das Vermögen vorbehält – auch nicht faktisch.
  • Eine rein steuerliche Durchgriffstheorie auf Trustvermögen wird – zumindest in solchen Fällen – nicht gestützt.

Vorsicht: Die steuerliche Anerkennung ist stets einzelfallabhängig. Nur wenn keine schädlichen Einfluss- oder Rückforderungsrechte bestehen, ist eine Nichtzuordnung zum Nachlass möglich.


Fazit: Planungssicherheit für internationale Nachlassgestaltungen

Das Urteil des FG Schleswig-Holstein bietet Rechtssicherheit für Erblasser:innen, die mit einem Trust (z. B. in Guernsey oder Jersey) Vermögen verwalten und an Nachkommen weitergeben möchten – ohne automatische Einbeziehung in den deutschen Nachlass.

Dennoch ist größte Sorgfalt bei der Errichtung und Ausgestaltung des Trusts erforderlich. Insbesondere:

  • Keine versteckten Verfügungsrechte oder Einflussnahme,
  • Dokumentation der Unabhängigkeit der Trustees,
  • Beachtung des ordre public.

Tipp: Lassen Sie bestehende oder geplante Trust-Strukturen frühzeitig prüfen – insbesondere im Hinblick auf deutsche Erbschaftsteuer– und Anzeigepflichten.