Kleinunternehmerregelung: Was Existenzgründer wissen müssen

Liebe Leserin, lieber Leser,

Die Kleinunternehmerregelung bietet für viele Selbstständige und kleine Unternehmen erhebliche steuerliche Erleichterungen. Um diese Regelung in Anspruch nehmen zu können, dürfen Unternehmen im vorigen Kalenderjahr einen Umsatz von maximal 22.000 € erwirtschaftet haben und im laufenden Kalenderjahr darf der Umsatz 50.000 € voraussichtlich nicht überschreiten. In diesem Fall sind Kleinunternehmer von der Umsatzsteuerpflicht befreit. Doch wie sieht es aus, wenn die unternehmerische Tätigkeit gerade erst beginnt? Hierzu hat das Finanzgericht München am 27.02.2024 (Aktenzeichen 5 K 1794/22) ein interessantes Urteil gefällt.

Der Fall: Ein Geschäftsführer auf dem Weg zum Unternehmer

In dem verhandelten Fall wurde ein Mann zum Geschäftsführer einer GmbH bestellt. Zuvor hatte er bereits einige Monate unentgeltlich für die GmbH gearbeitet. Später entschied er sich jedoch, für seine Leistungen als Geschäftsführer eine Rechnung über 40.000 € zu stellen, die dann auch basierend auf einem Gesellschafterbeschluss bezahlt wurde.

Die Position des Finanzamts

Das Finanzamt war der Meinung, dass es sich hierbei um eine unternehmerische Tätigkeit handelte und setzte auf den Betrag die Umsatzsteuer fest. Aus Sicht des Finanzamts war der Geschäftsführer also nicht als Kleinunternehmer anzusehen, da der Umsatz die damalige Umsatzgrenze von 22.000 € überschritten hatte.

Die Entscheidung des Finanzgerichts München

Das Finanzgericht München stellte klar, dass der Geschäftsführer tatsächlich unternehmerisch tätig war und daher grundsätzlich auch die Umsatzsteuer in seinen Rechnungen ausweisen musste. Jedoch profitierte er in diesem Fall von der Kleinunternehmerregelung.

Für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung kommt es auf den Umsatz des Vorjahres an. Da der Geschäftsführer seine Tätigkeit erst aufgenommen hatte und es im Vorjahr keinen Umsatz gab, war nicht der tatsächliche Umsatz von 40.000 € relevant, sondern der prognostizierte Umsatz. In der Prognose war die Tätigkeit des Geschäftsführers zunächst unentgeltlich geplant, weshalb die Umsatzgrenze von 22.000 € in der Prognose nicht überschritten wurde. Dass er später eine Entlohnung für seine Tätigkeit erhielt, war nicht vorhersehbar und führte daher nicht zum Verlust der Kleinunternehmerregelung.

Wichtige Leitsätze des Finanzgerichts

Das Urteil des Finanzgerichts München enthält einige wesentliche Leitsätze, die für alle Unternehmer, die sich mit der Kleinunternehmerregelung auseinandersetzen, von Bedeutung sind:

  1. Voraussichtlicher Umsatz zählt: Für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung im Jahr der Aufnahme der Tätigkeit ist ausschließlich der voraussichtliche Umsatz des laufenden Kalenderjahres entscheidend. Hierbei darf die Grenze von 22.000 € nicht überschritten werden.
  2. Prognose im „Erstjahr“: Im ersten Jahr der unternehmerischen Tätigkeit wird die Kleinunternehmerregelung auf Basis der prognostizierten Umsatzzahlen festgestellt. Die Prognose erfolgt dabei zum Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeit.

Fazit: Vorausschau ist entscheidend

Die Entscheidung des Finanzgerichts München verdeutlicht, wie wichtig eine realistische Prognose der Umsatzzahlen im ersten Jahr der Selbstständigkeit ist. Unternehmen und Selbstständige sollten von Anfang an einen klaren Überblick über ihre zu erwartenden Umsätze haben, um von der Kleinunternehmerregelung profitieren zu können.

Haben Sie Fragen zur Kleinunternehmerregelung oder benötigen Sie Hilfe bei der Prognose Ihrer Umsätze? Kontaktieren Sie uns! Als Ihr Steuerberater unterstützen wir Sie dabei, die Regelungen optimal für Ihr Unternehmen zu nutzen.

Herzliche Grüße
Ihr Steuerberater-Team