Lohnsteuerliche Behandlung von Aufwendungen für eine Feier des Arbeitgebers anlässlich einer Arbeitnehmer-Verabschiedung

FG Niedersachsen, Mitteilung vom 21.06.2024 zum Urteil 8 K 66/22 vom 23.04.2024

Der 8. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat sich in einem Urteil vom 23. April 2024 (Az. 8 K 66/22) gegen die Auffassung der Finanzverwaltung gestellt, wonach Aufwendungen für eine Verabschiedungsveranstaltung eines Arbeitnehmers insgesamt als Arbeitslohn zu behandeln sind, wenn sie die Freigrenze von 110 Euro pro Teilnehmer überschreiten.

Hintergrund der Entscheidung

Nach der in R 19.3 Abs. 3 Nr. 3 der Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) niedergelegten Verwaltungsauffassung werden die Kosten für Verabschiedungen dem Arbeitnehmer unabhängig davon als steuerpflichtiger Arbeitslohn zugerechnet, ob die Veranstaltung im betrieblichen Interesse liegt oder nicht. Im Gegensatz dazu wird bei Geburtstagsfeiern nach R 19.3. Abs. 3 Nr. 4 LStR nur der auf den Arbeitnehmer und seine Gäste entfallende Anteil als Arbeitslohn behandelt, wenn die Freigrenze überschritten wird. Diese Regelung wurde von der Finanzverwaltung als Folge einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs aus dem Jahr 2003 in die LStR aufgenommen.

Der konkrete Fall

Im vorliegenden Fall entschied das Niedersächsische Finanzgericht, dass die Klägerin, ein Geldinstitut, zu Unrecht für die Lohnsteuer auf die Aufwendungen für eine Veranstaltung anlässlich der Verabschiedung ihres bisherigen Vorstandsvorsitzenden in Haftung genommen wurde. Die Veranstaltung fand in den Geschäftsräumen der Klägerin statt und wurde von dieser organisiert und finanziert, wobei auch der neue Vorstandsvorsitzende vorgestellt wurde.

Der Lohnsteueraußenprüfer hatte die Veranstaltung nicht als Betriebsveranstaltung anerkannt und die Kosten dem bisherigen Vorstandsvorsitzenden als Arbeitslohn zugerechnet, da nicht alle Mitarbeiter eingeladen waren und die Aufwendungen die Freigrenze von 110 Euro je Teilnehmer überschritten.

Entscheidungsgründe des Gerichts

Das Gericht stellte fest, dass es sich um ein Fest der Klägerin handelte, da die Gästeliste überwiegend nach geschäftlichen Gesichtspunkten erstellt wurde und die Klägerin als Gastgeberin auftrat. Die Teilnahme privater Gäste des bisherigen Vorstandsvorsitzenden war nur in geringem Umfang erfolgt. Nach Auffassung des Gerichts war der Empfang im überwiegenden betrieblichen Interesse der Klägerin, da neben der Verabschiedung des bisherigen Vorstandsvorsitzenden auch die Einführung seines Nachfolgers stattfand.

Kritik an der Verwaltungsauffassung

Die Verwaltungsauffassung, wonach die Aufwendungen bei Verabschiedungen von Arbeitnehmern insgesamt als Arbeitslohn zu behandeln seien, wenn sie die Freigrenze von 110 Euro überschreiten, während bei Geburtstagsfeiern nur die auf den Arbeitnehmer und seine Gäste entfallenden Kosten als Arbeitslohn gelten, wurde vom Gericht als nicht sachgerecht verworfen. Der Empfang stellte sich unter Berücksichtigung aller Umstände als betriebliche Veranstaltung dar, und nur die auf den bisherigen Vorstandsvorsitzenden und seine Familienangehörigen entfallenden Aufwendungen seien als Arbeitslohn zu werten.

Ausblick und Revision

Das Gericht ließ die Revision zur Rechtsfortbildung zu, da die Unterscheidung in den Lohnsteuerrichtlinien zwischen Verabschiedung und Geburtstag eines Arbeitnehmers nicht gerechtfertigt erscheine.

Fazit

Das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts bringt Klarheit in die lohnsteuerliche Behandlung von Aufwendungen für Verabschiedungsfeiern und stellt die bisherige Verwaltungsauffassung in Frage. Arbeitgeber sollten bei der Planung und Durchführung solcher Veranstaltungen die Entscheidung des Gerichts berücksichtigen und gegebenenfalls steuerlichen Rat einholen, um unnötige Lohnsteuerbelastungen zu vermeiden.


Quelle: Niedersächsisches Finanzgericht, Newsletter 7/2024