OLG Stuttgart spricht Versicherungsvertretern Grundrechte ab / Außerordentlicher Pressetermin zum spektakulären Fall Walter E.

Der von den proConcept-Anwälten betreute Fall Walter E. gegen die Allianz sorgt seit dem letzten Jahr für viel Aufsehen in der Lebensversicherungsbranche. Der Grund: Der ehemalige Allianz-Kunde hatte die Rückabwicklung seines Lebensversicherungsvertrages und die damit verbundene Rückzahlung sämtlicher einbezahlter Prämien nebst Zinsen gefordert und sich, unterstützt von proConcept, erfolgreich bis vor den Europäischen Gerichtshof geklagt.


Rückabwicklungsforderung aufgrund fehlerhafter Belehrung

Der ehemalige Versicherungskunde hatte während der Vertragslaufzeit rund 51.000 € Prämien einbezahlt. Als er sich entschloss, seinen Vertrag vorzeitig zu beenden, erstattete ihm die Assekuranz die Beiträge zurück, jedoch ohne Zinsen – nach gut 9  Jahren Laufzeit geschlagene 21.383 €. Infolgedessen fühlte er sich betrogen und erklärte, unterstützt von den proConcept-Anwälten, den Widerspruch. Die proConcept-Anwälte brachten den Fall bis vor den Bundesgerichtshof, welcher der Argumentation der Anwälte Recht gab und den Europäischen Gerichtshof um Entscheidung der europarechtlichen Frage bat, ob Walter E. denn nach 9 Jahren noch vom Vertragsabschluss zurücktreten könne. Die Luxemburger Richter teilten die Auffassung des Kunden, dass dieser aufgrund geltender europäischer Verbraucherschutzrichtlinien seinem Vertrag auch nach Jahren noch widersprechen kann.

Am 7. Mai entschied der Bundesgerichtshof, in Anlehnung an die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes, dass Walter E. seine eingezahlten Beiträge zurückerhält und ihm die von der Versicherung gezogenen Nutzungen ebenfalls zustehen und von der Versicherung auszukehren seien. Zur Aufklärung der Frage, welche Nutzungen von der Versicherung erzielt wurden und ob sich der Kläger eventuell Aufwendungen anrechnen lassen muss, und wenn ja, in welcher Höhe, verwies der Bundesgerichtshof den Fall an das Oberlandesgericht Stuttgart zurück.

Vor wenigen Tagen nun verkündeten die Stuttgarter Richter ihre Entscheidung und setzten dabei eine grundrechtsverletzende und der gängigen höchstrichterlichen Rechtssprechung in höchstem Maße zuwiderlaufende Urteilsbegründung unangreifbar in die Welt.

Verbraucherschutzrechte gelten auch für Vermittler

So wiesen die Stuttgarter Richter die geltend gemachten Ansprüche mit der Begründung ab, dass die Verbraucherschutzvorschriften des Versicherungsrechtes nicht für Versicherungsvertreter gelten würden – trotzdem  Bundesgerichtshof und Europäischer Gerichtshof diese bereits bejaht hatten. Schließlich verfügten Versicherungsvertreter über ausreichende Vorkenntnisse und müssten deshalb als Verbraucher nicht besonders geschützt werden. Diese Einschätzung verstößt jedoch sowohl gegen die Auffassung des Europäischen Gerichtshofes als auch gegen die des Bundesgerichtshofes. So befinden beide Instanzen, dass jede natürliche Person – völlig ungeachtet ihres intellektuellen oder ökonomischen Status – Verbraucher sein kann, wenn sie zu privaten Zwecken handelt. So wie Walter E. dies tat, als er sich selbst entsprechenden Vertrag vermittelte. Und da jeder Verbraucher das Recht hat, verbraucherschützende Rechtsbehelfe wie z.B. das Widerrufsrecht in Anspruch zu nehmen, kann Walter E. dieses Recht nicht einfach abgesprochen werden. Selbst dann nicht, wenn dieser über erhebliche Geschäftserfahrung verfügt.

Trotz Klageabweisung vollumfängliche Rückerstattung

In einem Punkt hat das Oberlandesgericht in seiner Urteilsbegründung jedoch recht: Durch zwei Zahlungen in Höhe von jeweils 17.061 € und 4.322 €, die Walter E. zusätzlich zur Ausschüttung des Rückkaufswertes in Höhe von 52.705 € erhalten hat, erlosch jeglicher einklagbarer Anspruch. Der ehemalige Allianz-Kunde hat somit nämlich sämtliche einbezahlte Prämien und alle beanspruchten Zinsen von der Versicherung erhalten. Insofern hat er mehr von der Versicherung erhalten, als er eigentlich gefordert hat und das Verfahren ist deshalb zu beenden.

Presse-Fix-Jour am Dienstag, den 25. November um 11 Uhr

Morgen findet dazu am Oberlandesgericht Stuttgart ein außerordentlicher Pressetermin statt, bei dem Richter Dirk Lennartz des entscheidenden Versicherungssenates neben dem Fall Walter E. auch zu weiteren zentralen Fragen der Lebensversicherung – unter anderem, welche Verträge generell widerrufen werden können und unter welchen Voraussetzungen – Stellung bezieht. Gerade im Hinblick auf die Rückerstattungsansprüche von Millionen von Lebensversicherungsnehmern dürfte dieser Termin interessant sein.

PM 24.11.2014 | proConcept

Siehe auch LV-Rechner