Insolvenzverwalter bittet Bank zur Kasse

Der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg hat der Berufung eines Insolvenzverwalters stattgegeben und eine Bank zur Rückzahlung von mehr als 8.000 Euro verpflichtet.

Der Insolvenzverwalter wurde vom Amtsgericht eingesetzt, nachdem das Privatinsolvenzverfahren über das Vermögen eines Schuldners eröffnet worden war. Bei dem Schuldner drohte bereits seit Jahren die Zahlungsunfähigkeit. Auf Druck einiger Gläubiger leistete der Schuldner ihnen gegenüber Teilzahlungen. Zu diesen Gläubigern gehörte auch die Bank, die in den Jahren 2006 bis 2010 unter Vermittlung des Gerichtsvollziehers vom Schuldner 8.640 Euro erhielt.

Diesen Betrag muss die Bank jetzt an den Insolvenzverwalter zurückzahlen. Dieser habe, so der Senat, in Anwendung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes erfolgreich die Rückzahlungen des Schuldners an die Bank angefochten. Danach bestehe eine Rückzahlungsverpflichtung für alle in den letzten 10 Jahren vor Insolvenzeröffnung geleisteten Zahlungen. In diesen Zeitraum fielen die seit Juni 2006 geflossenen Raten. Durch die Rückzahlung erhöht sich die Insolvenzmasse und es profitieren alle Gläubiger des Schuldners entsprechend ihrer Quoten im Insolvenzverfahren.

Der Senat zeigte sich nach Durchführung einer Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Schuldner mit den Zahlungen an die Bank seine übrigen Gläubiger habe benachteiligen wollen. Der Schuldner habe gewusst, dass er seine Schulden nicht vollständig wird begleichen können und, nur an die Gläubiger gezahlt, die den größten Druck auf ihn ausgeübt hätten. Andere erhielten hingegen kein Geld.

Die Bank wiederum habe Kenntnis davon gehabt, dass der Schuldner mit der Rückzahlung an sie die übrigen Gläubiger benachteiligen wollte, urteilten die Richter. Ein einzelner Gläubiger, der von seinem Schuldner Leistungen erhält, wird zunächst nicht wissen können, wie es um das Vermögen des Schuldners im Übrigen bestellt ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs soll jedoch eine Kenntnis von drohender Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und einer Gläubigerbenachteiligung dann regelmäßig anzunehmen sein, wenn die Verbindlichkeiten des Schuldners über einen längeren Zeitraum hinweg ständig in beträchtlichem Umfang nicht ausgeglichen werden. Die Bank kündigte den Kontokorrentkredit des Schuldners bereits im Jahr 2005. Sie verweigerte sich danach den Bemühungen des Schuldners zur Bewilligung weiterer Kreditmittel zur Umschuldung und Zusammenfassung seiner Verbindlichkeiten. Ferner habe ein Vollstreckungsversuch wegen einer Forderung von 12.000 Euro im Jahr 2006 lediglich zu einer Zahlung von knapp 350 Euro geführt. Danach musste es sich der Bank aufdrängen, dass beim Schuldner eine Zahlungsunfähigkeit drohte und weitere Gläubiger vorhanden waren.

Die Ansicht der Bank, die Verbindlichkeiten seien durch den Gerichtsvollzieher vollstreckt worden und müssten deshalb nicht zurückgezahlt werden, teilte der Senat nicht. Nur im Falle der Zwangsvollstreckung sei eine Anfechtung nicht möglich. Hier habe der Schuldner die Zahlungen aber freiwillig geleistet. Der Gerichtsvollzieher habe die Ratenzahlung lediglich vermittelt und nicht vollstreckt.

Das Urteil ist nicht anfechtbar.

Quelle: OLG Oldenburg, Pressemitteilung vom 23.10.2014 zum Urteil 1 U 9/14 vom 16.10.2014

Beendigung alternierender Telearbeit

Der Kläger war bei der Beklagten, einer überregional tätigen Bank, zuletzt als Firmenkundenbetreuer tätig. Die Parteien vereinbarten im Jahr 2005 alternierende Telearbeit. Ausweislich dieser Vereinbarung war der Kläger zu mindestens 40 % an der häuslichen Arbeitsstätte tätig. Die betriebliche Arbeitsstätte war die Niederlassung der Beklagten, die je nach Verkehrsweg 70 bis 90 km vom Wohnort des Klägers entfernt lag. In der Vereinbarung zur Telearbeit hieß es, dass ein Rechtsanspruch auf einen alternierenden Telearbeitsplatz nicht begründet wird. Weiter war vereinbart, dass die häusliche Arbeitsstätte von beiden Parteien mit einer Ankündigungsfrist von vier Wochen aufgegeben werden kann. Nachdem die Parteien im Herbst 2013 erfolglos über die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses verhandelt hatten, kündigte die Beklagte die Vereinbarung der Telearbeit. Dabei beteiligte sie den Betriebsrat nicht.

Der Kläger ist der Ansicht, die Beendigung der Telearbeit sei unwirksam. Diese sei nur erfolgt, weil er sich nicht auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingelassen habe. Die Beklagte ist der Ansicht, die Beendigung der Telearbeit sei nach der Vereinbarung wirksam. Sie habe zudem eine Umstrukturierung des Vertriebs vorgenommen. Das neue Vertriebskonzept stehe der Telearbeit entgegen.

Das Landesarbeitsgericht hat der Klage ebenso wie das Arbeitsgericht stattgegeben und festgestellt, dass die Beendigung der alternierenden Telearbeit unwirksam ist und die Beklagte verurteilt, den Kläger weiter zu mindestens 40 % an seiner häuslichen Arbeitsstätte zu beschäftigen. Eine Abrede in allgemeinen Arbeitsvertragsbedingungen, welche die Beendigung einer vereinbarten alternierenden Telearbeit für den Arbeitgeber voraussetzungslos ermöglicht und nicht erkennen lässt, dass dabei auch die Interessen des Arbeitnehmers zu berücksichtigen sind, ist wegen Abweichung von dem gesetzlichen Leitbild, wonach die Bestimmung des Arbeitsortes durch den Arbeitgeber nach billigem Ermessen zu erfolgen hat (§ 106 Satz 1 GewO), unwirksam. Es fehlte zudem an der Zustimmung des Betriebsrats. Die Beendigung alternierender Telearbeit stellt regelmäßig eine Versetzung im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes dar. Dies gilt auch dann, wenn ein Ortswechsel für das Arbeitsverhältnis typisch ist, weil der Arbeitnehmer als Marktverantwortlicher seine Arbeit zu einem Großteil bei den Kunden erbrachte. Die Einbindung des Arbeitnehmers in den Betriebsablauf und die Aufgabenerfüllung ist auch bei teilweiser Telearbeit aufgrund von deren Besonderheiten eine völlig andere als ohne Telearbeit, so dass sich bei der Beendigung der Telearbeit das Bild der Tätigkeit grundsätzlich ändert.

Das Landesarbeitsgericht hat die Revision zugelassen.

Quelle: LAG Düsseldorf, Pressemitteilung vom 23.10.2014 zum Urteil 12 Sa 505/14 vom 10.09.2014

Unfall bei einem Fußmarsch zu einer weiter entfernten Bushaltestelle als Arbeitsunfall anzuerkennen

Urteil des Sozialgerichts Heilbronn rechtskräftig: Unfall auf längerem Fußmarsch zu weiter entfernt liegender Bushaltestelle als Arbeitsunfall anerkannt, obwohl deutlich nähere Haltestelle am Wohnort liegt

Der in Schwieberdingen im Kreis Ludwigsburg wohnende Kläger war im Februar 2013 zu Fuß zur mehr als 1 km entfernten B-Haltestelle unterwegs. Von dort wollte er mit dem Bus zur Arbeit fahren. Beim Überqueren des Zebrastreifens wurde er von einem Auto erfasst und auf den Gehweg geschleudert. Hierbei brach er sich mehrfach den rechten Unterschenkel. Seine Berufsgenossenschaft (BG) lehnte die Anerkennung dieses Ereignisses als Arbeitsunfall ab: Der Kläger habe nicht den unmittelbaren Weg zur Arbeit genommen, da er auch von der A-Haltestelle hätte abfahren können. Diese sei nur 290 m vom Wohnort entfernt.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg: Das Sozialgericht Heilbronn hat (wie nunmehr feststeht: rechtskräftig) die BG verpflichtet, den Unfall als Arbeitsunfall anzuerkennen. Zwar hätte der Kläger schneller von der deutlich näheren A-Haltestelle mit dem Bus zur Arbeit fahren können. Die Gesamtwegstrecke sei jedoch bei beiden Varianten ungefähr gleich. Im Übrigen könne ein Versicherter sein Fortbewegungsmittel frei aussuchen; auch müsse er nicht grundsätzlich die schnellste Fortbewegungsart wählen, um auf seinem Arbeitsweg gesetzlich unfallversichert zu sein. Dass sich der Kläger aufgrund seiner Herzerkrankung täglich bewegen müsse und deshalb den Weg zur Arbeit mit einem Spaziergang zur weiteren B-Haltestelle habe verbinden wollen, ändere nichts daran, dass er am Unfallmorgen unmittelbar zum Ort seiner Beschäftigung habe gelangen wollen.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Hinweis zur Rechtslage

§ 8 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VII]
(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2 (…) begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. (…).

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch 1. das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit, (…).

Die Anerkennung als Arbeitsunfall hat weitreichende Folgen:
So hat die zuständige Berufsgenossenschaft dem Betroffenen unter bestimmten Voraussetzungen u. a. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (z. B. eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme oder eine Umschulung) zu erbringen, Verletzten-/Übergangsgeld oder eine Verletztenrente zu zahlen.

Quelle: SG Heilbronn, Pressemitteilung vom 23.10.2014 zum Urteil S 13 U 4001/11 vom 23.07.2014 (rkr)

Einkommensteuer: Aufgepasst beim Kauf renovierungsbedürftiger Immobilien (BDL) 

Der Bundesverband der Lohnsteuerhilfevereine (BDL) weist in einer aktuellen Meldung auf Steuerfallen für private Vermieter beim Kauf renovierungsbedürftiger Immobilien hin.


Erwirbt jemand eine ältere Immobile, um sie privat zu vermieten und renoviert das Objekt umfassend, kann er die Erhaltungsaufwendungen regelmäßig als Werbungskosten entweder im Jahr der Verausgabung oder gleichmäßig verteilt auf die nächsten zwei bis fünf Jahre von der Steuer absetzen. Unter Erhaltungsaufwendungen versteht man Ausgaben, die notwendig sind, um vorhandene Teile, Einrichtungen und Anlagen zu erneuern.

Unter dem Stichwort „anschaffungsnaher Aufwand“ verbergen sich zwei einkommensteuerliche Probleme, mit denen sich der Erwerber auseinandersetzen muss: Überschreiten die Erhaltungsaufwendungen in den ersten drei Jahren nach Anschaffung des Objektes ohne Umsatzsteuer 15% der Anschaffungskosten des Gebäudes, werden sie als anschaffungsnahe Herstellkosten des Gebäudes behandelt mit der Folge, dass nur 2% als AfA pro Jahr steuerlich berücksichtigt werden. Die Drei-Jahresfrist beginnt mit Datum des Eigentumsüberganges, also mit dem Datum, das im Kaufvertrag als „Übergang von Nutzen und Lasten“ bezeichnet wird. Umfasst sind alle innerhalb der Frist erbrachten Leistungen, unabhängig davon, ob sie sich schon bezahlt wurden.“

1. Problem (Anschaffungspreis des Gebäudes)

Als Basis gilt der Anschaffungspreis des Gebäudes. Der für das Objekt einheitliche Kaufpreis ist in Anschaffungskosten des Grundstücks und des Gebäudes nach den Verkehrswerten von Grundstück und Gebäude aufzuteilen. Ermittelt das Finanzamt einen niedrigeren Wert für das Gebäude als der Steuerpflichtige, kann das Ziel, sofort abzugsfähige Werbungskosten zu erreichen, verfehlt werden.

Beispiel: Der Erwerber einer Immobilie tätigt Erhaltungsaufwendungen in Höhe von 24.990 € (21.000 € plus USt). Er hat die Anschaffungskosten des Gebäudes ohne Nebenkosten des Erwerbs auf 150.000 € beziffert. Das Finanzamt erhöht den Anteil für das Grundstück und kommt bei den Anschaffungskosten des Gebäudes nur auf einen Betrag von 130.000 €.

Während nach Auffassung des Steuerpflichtigen 21.000 € (14% der Anschaffungskosten) Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung angefallen sind, die sofort oder verteilt auf fünf Jahre steuerlich geltend gemacht werden können, kommt das Finanzamt (16% der Anschaffungskosten) zu anschaffungsnahem Aufwand, mit der Folge, dass lediglich 3.100 € (2% von 130.000 € plus 2% aus 24.990 €) geltend gemacht werden können.

Erich Nöll, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Lohnsteuerhilfevereine e.V. hierzu:
„Ein Streit lässt sich vermeiden, wenn im notariellen Kaufvertrag der Gesamtpreis eindeutig in Anschaffungswert des Grundstücks und Anschaffungswert des Gebäudes aufgeteilt wird, wobei aber das Finanzamt eine missbräuchliche, weil lebensfremde Aufteilung nicht akzeptieren wird.“

2. Problem (Herstellungskosten, die den Gebrauchswert erhöhen)

Unstreitig sind Aufwendungen für die Erweiterung der nutzbaren Fläche (Anbau, Aufstockung) einschließlich der Substanzvermehrung (was bislang nicht vorhanden war wie zum Beispiel Einbau eines Kachelofens, einer Treppe, einer Alarmanlage, Anbau eines Balkons) originäre Herstellkosten. Sie werden nicht in die Berechnung des anschaffungsnahen Aufwandes einbezogen.

Anders verhält es sich bei Aufwendungen, die den Standard des Gebäudes (den Gebrauchswert) in den Bereichen Heizung, Sanitär, Elektroinstallation und Fenster deutlich verbessern. Der Gebrauchswert einer Immobilie wird gesteigert, wenn innerhalb von fünf Jahren in drei dieser Bereiche, bei Erweiterungen in zwei Bereichen die Funktionen deutlich erweitert werden.

Beispiele:

  • Einbau einer witterungsgeführten mit Thermostaten ausgestatteten Zentralheizung, die erstmals das ganze Gebäude mit Warmwasser versorgt,
  • Einbau eines neuen Bades mit vermehrten Funktionen wie barrierefreie Dusche, Eckwanne mit Whirlpool, Bidet und Pissoir,
  • Einbau einer Elektroanlage, deren Kapazität durch einen stärkeren Sicherungskasten und durch dreiphasige anstelle zweiphasiger Leitungen maßgeblich gesteigert wird,
  • Ersatz der einfach verglasten Fenster durch wärmegedämmte Fenster.

Obwohl diese Aufwendungen als Herstellkosten gelten, werden sie in die Berechnung der 15%-Grenze einbezogen. Erhaltungsaufwendungen, die für sich allein die 15%-Grenze nicht übersteigen, sondern erst zusammen mit Ausgaben, die den Standard verbessern, werden dadurch zu Herstellkosten umqualifiziert. Zu Erhaltungsaufwendungen, die also den Standard nicht steigern, rechnen z.B. die Erneuerung von Dach und Fußböden, Dämm-Maßnahmen, Austausch von Türen, Einbau einer solarthermischen Anlage zur Heizungsunterstützung, der Austausch alter Heizkörper, des alten Brenners, der alten Einrichtungen und Fliesen im Bad, von alten Steckdosen, Elektroleitungen, Steckdosen und Lichtschaltern, des alten Sicherungskasten.

Erich Nöll: „Der BFH muss im Revisionsverfahren IX R 25/14 entscheiden, ob solche Ausgaben, die den Standard des Gebäudes anheben und daher von vornherein als Herstellkosten zu klassifizieren sind, in die 15%-Grenze einbezogen werden dürfen oder nicht. Wenn reine Erhaltungsaufwendungen erst zusammen mit Maßnahmen zur Verbesserung des Standards die 15%-Grenze übersteigen, sollten Betroffene Einspruch gegen den Steuerbescheid einlegen und mit Hinweis auf die obige Revision die Zwangsruhe des Verfahrens beantragen (§ 363 Abs. 2 Satz 2 AO).“

Quelle: BDL, Pressemitteilung v. 24.10.2014

Steueransprüche: Weiter fester Zinssatz

Bei der Verzinsung von Steueransprüchen hält die Bundesregierung an einem festen monatlichen Zinssatz von 0,5 Prozent fest. Eine Anpassung an den jeweiligen Marktzins oder an den Basiszins nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuches würde wegen dessen Schwankungen auch zu erheblichen praktischen Schwierigkeiten führen, da im Einzelnen für die Vergangenheit festgestellt werden müsste, welche Zinssätze für den jeweiligen Zinszeitraum zugrunde zu legen wären, heißt es in der Antwort der Bundesregierung (18/2795) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/2595). Der für alle Zinsen nach der Abgabenordnung geltende einheitliche Zinssatz von 0,5 Prozent habe sich trotz des über die Jahrzehnte wechselnden Zinsniveaus in mehr als 50 Jahren Praxis bewährt.

Berlin: (hib/HLE) , Finanzen/Antwort – 24.10.2014

Schönheitsoperation nicht steuerlich absetzbar

Mit inzwischen rechtskräftigem Urteil vom 20. Mai 2014 (5 K 1753/13) hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz (FG) entschieden, dass Operationskosten für eine Bruststraffung und Brustverkleinerung keine sog. außergewöhnlichen Belastungen darstellen und daher auch nicht steuerlich berücksichtigt werden können.

Die Kläger machten in ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2011 Operationskosten (rd. 4.600 Euro) für eine Bruststraffung und Brustverkleinerung bei ihrer damals 20-jährigen Tochter als außergewöhnliche Belastungen geltend. Sie legten ein ärztliches Attest der Frauenärztin vor, mit dem die Tochter seinerzeit die Kostenübernahme bei ihrer Krankenkasse beantragt hatte. In diesem Attest wird bescheinigt, dass die deutliche Ungleichheit der Brüste bei der Tochter der Kläger zu einer gravierenden psychosomatischen Belastung mit Störungen des Körperbildes und des Selbstwertgefühls führe. Sie sei stark gehemmt mit depressiven Zügen. Es komme zu großen Problemen in der Partnerschaft und einer Störung des Sexuallebens. Die Krankenkasse hatte allerdings ein Gutachten des Medizinischen Dienstes eingeholt, der zu dem Ergebnis gekommen war, dass die Beeinträchtigungen keinen Krankheitswert besäßen, der eine Kostenübernahme rechtfertige. Ein solcher Krankheitswert sei nur dann gegeben, wenn der Betroffene in seiner Körperfunktion beeinträchtigt werde oder an einer Abweichung vom Regelfall leide, die entstellend wirke. Die hierfür erforderliche objektive erhebliche, die Reaktion von Mitmenschen hervorrufende Auffälligkeit sei hier nicht gegeben.

Das beklagte Finanzamt lehnte daher eine Berücksichtigung der geltend gemachten Operationskosten ab, weil die medizinische Indikation für den Eingriff nicht nachgewiesen sei.

Mit der dagegen erhobenen Klage machten die Kläger geltend, es habe sich nicht um eine Schönheitsoperation gehandelt, denn wenn der Eingriff nicht durchgeführt worden wäre, hätte eine langfristige psychologische Behandlung mit nicht unerheblichen Kosten, allerdings fraglichem Behandlungserfolg, durchgeführt werden müssen.

Die Klage blieb ohne Erfolg.

Auch das FG kam in seinem (inzwischen rechtskräftigen) Urteil vom 20. Mai 2014 (5 K 1753/13) zu dem Ergebnis, dass die Operationskosten nicht als außergewöhnliche Belastung qualifiziert werden könnten. Vorbeugende Aufwendungen – so das FG – beruhten auf einer freien Willensentschließung und seien deshalb den nicht abzugsfähigen Kosten der Lebenshaltung zuzurechnen. Nur bei Beschwerden mit Krankheitswert komme eine Berücksichtigung der Behandlungskosten in Betracht. Nach der Rechtsprechung der Sozialgerichte liege ein solcher Krankheitswert in Fällen der vorliegenden Art nur unter folgenden Voraussetzungen vor:

Die Betroffene müsse in ihren Körperfunktionen beeinträchtigt sein oder an einer Abweichung vom Regelfall leiden, die entstellend wirke. Eine entstellende Wirkung sei gegeben, wenn es sich objektiv um eine erhebliche Auffälligkeit handele, die nahe liegende Reaktionen der Mitmenschen wie Neugier oder Betroffenheit und damit zugleich erwarten lasse, dass die Betroffene ständig viele Blicke auf sich ziehe, zum Objekt besonderer Beachtung anderer werde und sich deshalb aus dem Leben in der Gemeinschaft zurückzuziehen und zu vereinsamen drohe, so dass die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gefährdet sei. Die körperliche Auffälligkeit müsse dabei in einer solchen Ausprägung vorhanden sein, dass sie sich schon bei flüchtiger Begegnung in alltäglichen Situationen quasi „im Vorbeigehen“ bemerkbar mache und regelmäßig zur Fixierung des Interesses anderer auf den Betroffenen führe.

Diese Grundsätze – so das FG – seien auch steuerrechtlich maßgeblich. Deshalb könne dem auch aus Sicht des Gerichts schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten des MDK gefolgt werden, wonach keine Beschwerden mit Krankheitswert festzustellen seien. Aus diesem Grund seien auch etwaige psychische Belastungen bzw. Folgen mit den Mitteln der Psychotherapie zu lindern und rechtfertigten keine Operation. Dass eine psychotherapeutische Behandlung möglicherweise ähnlich hohe Kosten zur Folge haben könne, sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts unerheblich.

Quelle: FG Rheinland-Pfalz, Pressemitteilung vom 27.10.2014 zum Urteil 5 K 1753/13 vom 20.05.2014 (rkr.)

Abschaffung der kalten Progression: Heißen Debatten sollen Taten folgen

In kaum einer steuerpolitischen Diskussion bleibt es dieser Tage unausgesprochen: das Thema kalte Progression. Zu Recht, meint auch DStV-Präsident Harald Elster und fordert anlässlich des 37. Deutschen Steuerberatertags 2014 in München ein zügiges Ende der staatlichen Bereicherung zulasten der Steuerpflichtigen. Denn obgleich sich die Politiker zurzeit unter chorischem Atmen parteiübergreifend darin bestätigen, diese gesetzliche Ungerechtigkeit beseitigen zu müssen, warten die Steuerbürger nun seit fast drei Jahren auf eine Verwirklichung des Vorhabens.

Nach schier endlosen Debatten im Vermittlungsausschuss scheiterte Ende 2012 der schwarz-gelbe Gesetzentwurf zum Abbau der kalten Progression an der rot-grünen Bundesratsblockade. Damit blieb es bei der ohnehin verfassungsrechtlich gebotenen Anhebung des Grundfreibetrags und der Tatsache, dass der Staat weiterhin bedenkenlos an Gehaltssteigerungen der Bürger mitverdient.

Der Effekt der kalten Progression ist dem Zusammenspiel von Steuertarif und Inflation geschuldet. Aufgrund des progressiven Einkommensteuertarifs sind Arbeitnehmer, die eine Gehaltsanpassung lediglich in Höhe des Preisanstiegs erhalten, steuerlich überproportional stark belastet und haben am Monatsende real weniger Geld zur Verfügung als vor der Lohnerhöhung.

Zwar nimmt die Diskussion um eine Abmilderung der kalten Progression aktuell erneut an Fahrt auf, ausgebremst wird diese nun jedoch von der CDU-Spitze selbst. Eine erstaunliche Odyssee, die mit einem vom Deutschen Steuerberaterverband e.V. (DStV) von Beginn an geforderten „Tarif auf Rädern“ längst in geordneten Bahnen laufen könnte. Noch Ende dieses Jahres ist ein Bericht der Bundesregierung zur Entwicklung der kalten Progression zu erwarten.

www.dstv.de

Quelle: DStV, Pressemitteilung vom 27.10.2014

Rechtssicherheit beim ersetzenden Scannen!

Die steuerberatenden und wirtschaftsprüfenden Berufe in Deutschland verstehen sich traditionell als Partner des Mittelstands bei der praktischen Umsetzung von IT-gestützten Prozessen. Darauf wies der Präsident des Deutschen Steuerberaterverbands (DStV), Harald Elster, am 27. Oktober 2014 anlässlich des 37. Deutschen Steuerberatertages in München hin. Eine besondere Bedeutung komme dabei dem sog. ersetzenden Scannen zu, bei dem Papierbelege nach Durchführung eines strukturierten und dokumentierten Scanprozesses vernichtet, also nur noch in platzsparender und wirtschaftlich günstiger elektronischer Form vorgehalten werden.

Bisweilen, so Elster, bestehe bei Unternehmen und ihren Beratern aber noch eine große Unsicherheit, ob sie die Papierbelege nach dem Scannen risikolos vernichten dürfen. Es werde befürchtet, dass die Finanzbehörden die Vorlage der Originalbelege z. B. im Falle einer steuerlichen Betriebsprüfung doch noch verlangen könnten. Dies führe in der Praxis häufig zu einer Verdopplung des Aufwandes, da sowohl die Papier – als auch die gescannten Belege aufbewahrt werden.

Die Lösung biete hier die vom DStV gemeinsam mit der Bundessteuerberaterkammer (BStBK) entwickelte „Muster-Verfahrensdokumentation zur Digitalisierung und elektronischen Aufbewahrung von Belegen inkl. Vernichtung der Papierbelege“. Sie gebe ein Verfahren vor, das insbesondere auch für kleine und mittlere Unternehmen umsetzbar und praktikabel sei.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat bereits erklärt, auf der Grundlage dieser Verfahrensdokumentation gemeinsam mit dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) weitere Hilfestellungen für Unternehmen anbieten zu wollen.

In dieser Situation wäre es nach Ansicht des DStV sinnvoll, wenn das Bundesministerium der Finanzen offiziell bestätigen könnte, dass Belege, die nach dieser Verfahrensdokumentation gescannt und bereit gehalten werden, für steuerliche Zwecke nicht noch auf Papier vorgehalten werden müssen. Dies wäre nach Ansicht des Verbandes ein wichtiger Beitrag zum Bürokratieabbau.

www.dstv.de

Quelle: DStV, Pressemitteilung vom 27.10.2014

Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf Betriebsstätten nach § 1 Absatz 5 des Außensteuergesetzes (Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung-BsGaV)

§ 1 Absatz 6 AStG in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz – AmtshilfeRLUmsG) vom 26. Juni 2013 (BGBl. I S. 1809) enthält die Ermächtigung des Bundesministeriums der Finanzen zum Erlass einer Rechtsverordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes, die sich über die bisherige Ermächtigung in § 1 Absatz 3 Satz 13 AStG hinaus auch auf die Einkünfteaufteilung bzw.Einkünfteermittlung in grenzüberschreitenden Betriebsstättenfällen erstreckt. § 1 Absatz 3 Satz 13 AStG wurde deshalb aufgehoben. Durch die Rechtsverordnung soll, noch konkreter als durch das Gesetz möglich, sichergestellt werden, dass von Steuerpflichtigen und Verwaltung wettbewerbsneutrale und im internationalen Kontext akzeptable Lösungen gefunden werden, die auf den international anerkannten Grundsätzen für die Einkünfteaufteilung von Betriebsstätten basieren. Dies sichert deutsche Besteuerungsrechte und hilft, internationale Besteuerungskonflikte zu vermeiden.

Die Rechtsverordnung wurde am 17. Oktober 2014 im Bundesgesetzblatt Teil I Nr. 47, S. 1603 veröffentlicht. Sie ist am 18. Oktober 2014 in Kraft getreten.

 Quelle: BMF

Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf Betriebsstätten nach § 1 Absatz 5 des Außensteuergesetzes (Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung-BsGaV) (PDF, 144 KB)

Finanzminister folgen niedersächsischer Initiative – Kommunalpolitiker sollen Tablet-PCs steuerfrei nutzen können

Die Finanzministerinnen und Finanzminister der Bundesländer sind am 23.10.2014 einem Antrag des Landes Niedersachsen zur steuerlichen Erleichterung kommunaler Mandatsträger gefolgt und haben dem Bundesrat eine entsprechende Änderung des Einkommensteuergesetzes (EStG) empfohlen.

Der niedersächsische Finanzminister Peter-Jürgen Schneider zeigte sich zufrieden und freute sich über die Unterstützung der niedersächsischen Initiative: „Durch die geplante gesetzliche Änderung leisten wir einen Beitrag zur Steuervereinfachung und unterstreichen die besondere Wertschätzung für die zeit- und kostenintensive ehrenamtliche Tätigkeit kommunaler Mandatsträger.“

Hintergrund ist die einkommensteuerrechtliche Behandlung der privaten Mitbenutzung von mobilen Endgeräten wie z. B. Tablet-PCs, die kommunalen Mandatsträgern im Rahmen ihrer Mandatstätigkeit zur Verfügung gestellt werden. Die private Nutzungsmöglichkeit stellt nach geltendem Recht einen Sachbezug dar und ist demnach als steuerpflichtige Betriebseinnahme zu erfassen. Arbeitnehmer hingegen nutzen die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Geräte steuerfrei (§ 3 Nr. 45 EStG). „Die aktuelle Rechtslage ist nicht nur gesellschaftspolitisch unbefriedigend, sondern behindert auch die digitale Umstellung in den Landkreisen, Städten und Kommunen“, so Finanzminister Schneider.

Der Antrag des Landes Niedersachsen sieht daher vor, dass die bestehende Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 45 EStG auf Steuerpflichtige erweitert wird, die im Rahmen ihrer Tätigkeit eine Aufwandsentschädigung im Sinne des § 3 Nr. 12 EStG erhalten – und damit insbesondere die kommunalen Mandatsträger erfassen wird.

Gleichzeitig unterstützen die Finanzministerinnen und Finanzminister der Länder damit das Anliegen der Innenministerkonferenz, Verbesserungen der steuerlichen Rahmenbedingungen für ehrenamtlich Tätige, insbesondere für Mandatsträger, herbeizuführen.

Quelle: FinMin Niedersachsen, Pressemitteilung vom 23.10.2014

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin