Begünstigtes Betriebsvermögen und Pflichtteilsverbindlichkeiten

Begünstigtes Betriebsvermögen und Pflichtteilsverbindlichkeiten

Rechtslage
Nachlassverbindlichkeiten sind im Rahmen der Erbschaftsteuer (zunächst) abzugsfähig. Gehört zum Nachlass aber steuerbefreites Vermögen (z. B. Betriebsvermögen) und stehen die Verbindlichkeiten mit dem erbschaftsteuerbefreiten Vermögen im Zusammenhang, dann sind diese Verbindlichkeiten nur in dem Verhältnis abzugsfähig, das dem Verhältnis von erbschaftsteuerfreiem Vermögen zum Gesamtnachlass entspricht. Vor diesem Hintergrund hatte das Finanzgericht Münster über die volle oder lediglich anteilige Abzugsfähigkeit von Pflichtteilsansprüchen zu entscheiden.

Sachverhalt
Ein Erblasser hatte seine Kinder lediglich zu Nacherben eingesetzt. Daher machten die Kinder gegenüber dem Vorerben ihre Pflichtteilsansprüche geltend. Da zum Nachlass steuerbefreites Betriebsvermögen gehörte, berücksichtigte das Finanzamt die in vollem Umfang als Nachlassverbindlichkeiten geltend gemachten Pflichtteilsansprüche anteilig. Hiergegen wandte sich der Vorerbe mit der Begründung, dass die Pflichtteilsansprüche zwar aus dem gesamten Nachlass zu berechnen seien, aber nicht im wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Betriebsvermögen stünden.

Entscheidung
Das Finanzgericht Münster gab dem Finanzamt Recht, ließ aber die Revision zum Bundesfinanzhof zu. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Verbindlichkeiten und erbschaftsteuerbefreitem Vermögen bestehe dann, wenn die Entstehung der Verbindlichkeit ursächlich und unmittelbar auf Vorgängen beruhe, die das privilegierte Vermögen betreffen. Diese unmittelbare Verknüpfung liege hier vor, da die wirtschaftliche Belastung des begünstigten Vermögens daraus resultiert, dass die Höhe der Verbindlichkeit nach dem begünstigten Vermögen bemessen wurde. Die Verknüpfung der Pflichtteilsverbindlichkeit mit der Erbschaft in ihrer Gesamtheit folge aus dem Charakter des Pflichtteilsrechts.

Konsequenz
Die Entscheidung hätte, wenn der Bundesfinanzhof sie bestätigt, weitreichende Folgen. Denn aus der Begründung folgt, dass der Pflichtteilsanspruch mit jedem einzelnen Nachlassbestandteil verknüpft ist. Soweit im Rahmen der Erbschaftsteuer Privilegien für einzelne Nachlassbestandteile gewährt werden, wäre die Verbindlichkeit aus einem Pflichtteilsanspruch also immer zu kürzen.

Erbschaftsteuer: Zum Billigkeitserlass

Erbschaftsteuer: Zum Billigkeitserlass

Kernaussage
Die Ablehnung einer abweichenden Steuerfestsetzung aus sachlichen oder persönlichen Billigkeitsgründen ist obgleich des im Erbschaftsteuerrecht geltenden Stichtagsprinzips nicht ermessensfehlerhaft, wenn die Erbschaftsteuer auf eine durch Vermächtnis zugewendeten Leibrente entfällt, die wegen Insolvenz des verpflichteten Erben nicht mehr gezahlt wird.

Sachverhalt
Die Klägerin war Vermächtnisnehmerin nach ihrem verstorbenen Lebensgefährten. Erben und Vermächtnisverpflichtete waren dessen Sohn und Tochter. Das Vermächtnis bestand aus einer Einmalzahlung, zahlbar in 5 gleichen Jahresraten und aus einer monatlichen Leibrente. Das Finanzamt (FA) setzte Erbschaftsteuer fest für Sachwerte und für die Rente in Form der beantragten Jahresversteuerung. Aufgrund einer Überschuldung der Vermächtnisverpflichteten erfolgen keine Rentenzahlungen mehr. Daher beantragte die Klägerin, ihr die entsprechende Erbschaftsteuer aus Billigkeitsgründen zu erlassen. Das FA lehnte den Antrag ab. Hiergegen klagt die Klägerin vor dem Finanzgericht (FG).

Entscheidung
Vor dem FG hatte die Klägerin ebenfalls keinen Erfolg. Ein Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen kommt in Betracht, wenn die Einziehung der Steuer zwar dem Gesetz entspricht, aber infolge eines Gesetzesüberhangs den Wertungen des Gesetzgebers derart zuwiderläuft, dass sie unbillig erscheint. Dies setzt voraus, dass der Gesetzgeber die mit der Einziehung der Steuer verbundene Härte nicht bewusst in Kauf genommen hat. Danach kommt ein Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen nicht in Betracht, da andernfalls das im Erbschaft- und Schenkungssteuerrecht geltende und vom Gesetzgeber bewusst eingeführte Stichtagsprinzip unterlaufen würde. Das Stichtagsprinzip führt dazu, dass erst nach dem Stichtag eintretende Entwicklungen, die den Umfang bzw. den Wert des empfangenen Vermögens betreffen, für die Steuerfestsetzung nicht zu berücksichtigen sind. Daher kann die nachträgliche Entreicherung der Vermächtnisverpflichteten hier nicht berücksichtigt werden.

Konsequenz
Es bleibt abzuwarten, ob das Urteil rechtskräftig wird. Das FG hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen. Dort stellt sich folgende Frage: Ist die festgesetzte Erbschaftsteuer für ein Vermächtnis, für das die Jahresversteuerung nach § 23 Abs. 1 ErbStG gewählt wurde nach Vermögensverfall des Vermächtnisverpflichteten wegen sachlicher oder persönlicher Billigkeitsgründe zu erlassen?

Die vorausgefüllte Steuererklärung

Die vorausgefüllte Steuererklärung

Begriff
Die vorausgefüllte Steuererklärung ist ein kostenloses elektronisches Serviceangebot der Steuerverwaltung. Es soll die Erstellung der Einkommensteuererklärung dadurch erleichtern, dass die zu der Person bei der Steuerverwaltung gespeicherten Informationen angezeigt werden. Fehlerhafte Angaben können damit bereits im Vorfeld durch eine Kontaktaufnahme beim Datenübermittler (z. B. Arbeitgeber, Krankenversicherung) bereinigt werden.

Was wird gespeichert? 
Folgende Informationen werden zunächst zur Verfügung gestellt: Vom Arbeitgeber bescheinigte Lohnsteuerdaten, Bescheinigungen über den Bezug von Rentenleistungen, Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherungen sowie Vorsorgeaufwendungen (z. B. Rürup- oder Riester-Verträge). Die Daten sollen jeweils ab dem 28.2. zur Verfügung stehen (erstmals für 2012) und werden 4 Jahre zum Datenabruf angeboten und nach Zeitablauf wieder gelöscht. Da die Steuerverwaltung keine Kenntnis über die Anzahl und Vollständigkeit der an sie zu übermittelnden Daten hat (z. B. Lohnsteuerbescheinigungen von mehreren Arbeitgebern zu einem Steuerfall), bleibt es auch bei Nutzung der vorausgefüllten Steuererklärung Aufgabe des Steuerpflichtigen bzw. seines Steuerberaters, die Daten der Steuererklärung auf Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen und gegebenenfalls entsprechende Änderungen und Ergänzungen vorzunehmen. Die Einführung der vorausgefüllten Steuererklärung wird daher nicht den Bedarf an steuerlicher Beratung verringern.

Anmeldung und Authentifizierung
Um die bei der Finanzverwaltung gespeicherten Daten abrufen zu können, muss sich der Steuerpflichtige im ElsterOnlinePortal anmelden und authentifizieren. Darüber hinaus kann er auch Dritte (z. B. seinen Steuerberater) bevollmächtigen, für ihn seine Daten einzusehen und bei Erstellung der Steuererklärung zu verwenden. Zusätzlich ist für Steuerberater bei deren Kammern eine Möglichkeit zur elektronischen Übermittlung der Vollmachtsdaten an die Finanzverwaltung eingerichtet worden (Vollmachtsdatenbank). Mit einem amtlich vorgeschrieben Vollmachtsformular erteilt der Mandant die Einwilligung zum Abruf seiner bei der Finanzverwaltung gespeicherten Steuerdaten. Nachdem die Vollmachtsdaten von den Beratern an die Finanzverwaltung übermittelt wurden, erhalten die entsprechenden Mandanten ein Informationsschreiben, in dem ihnen mitgeteilt wird, dass die jeweilige Kanzlei die Bevollmächtigung zum Datenabruf gegenüber der Steuerverwaltung angezeigt hat und sie der Erteilung der Berechtigung bis zu der datierten Frist widersprechen können.

Aussicht
Die Möglichkeit der Dateneinsicht erfordert Geduld, denn bei Nutzung der Vollmachtsdatenbank wird der Berater frühestens nach 36 Tagen freigeschaltet. Die Daten können als Ausfüllhilfe im Steuerformular verwendet werden. Der Name verspricht zurzeit mehr, als er hält.

Zur Unwirksamkeit des Kündigungsausschlusses einer „Nettopolice“

Zur Unwirksamkeit des Kündigungsausschlusses einer „Nettopolice“

Kernaussage
Die Vereinbarung der Unkündbarkeit einer Kostenausgleichsvereinbarung („Nettopolice“), welche ein Lebensversicherer zusammen mit dem Abschluss einer Lebens- und Rentenversicherung mit dem Versicherungsnehmer vereinbart, ist unzulässig.

Sachverhalt
Die Klägerin, ein in Lichtenstein ansässiger Lebensversicherer, bot den Abschluss fondsgebundener Rentenversicherungen an. Auf einem einheitlichen Formular wurden ein Versicherungsvertrag und eine sogenannte Kostenausgleichsvereinbarung abgeschlossen. In der Kostenausgleichsvereinbarung verpflichtet sich der Versicherungsnehmer einen bestimmten Betrag für Abschluss- und Einrichtungskosten in 48 monatlichen Raten zu zahlen. In ihr ist bestimmt, dass die Auflösung des Versicherungsvertrages nicht zur Beendigung der Kostenausgleichsvereinbarung führt und diese auch nicht kündbar ist. Die Beklagte widerrief den Versicherungsvertrag und stellte sämtliche Zahlungen ein.

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof entschied in der Revision, dass der Kündigungsausschluss unzulässig ist, da er den Versicherungsnehmer nach den Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen unangemessen benachteiligt. Obwohl kein Verstoß gegen die rechtlichen Rückkaufswertvorgaben vorliegt, kann eine Unkündbarkeit der Vereinbarung dazu führen, dass der Versicherungsnehmer mit Verbindlichkeiten belastet wird, die über dem Rückkaufswert liegen. Während ein Abzug bei der Verrechnung der Abschlusskosten mit den Prämien allenfalls dazu führen kann, dass der Versicherungsnehmer keinen oder einen nur geringfügigen Rückkaufswert erhält, erhält er hier trotz Kündigung der Versicherung nicht nur keinen Rückkaufswert, sondern er muss weitere Zahlungen an den Versicherer leisten. Dies stellt eine unangemessene Benachteiligung dar. Konkret hatte der Versicherungsnehmer den Versicherungsvertrag aufgrund des allgemeinen 30tägigen Widerrufsrechts bei Lebensversicherungen widerrufen und damit auch der Kostenausgleichsvereinbarung die Grundlage entzogen.

Konsequenz
Die Entscheidung setzt ein positives Signal für die Verbraucher. Renten- und Lebensversicherern wird es erschwert, unabhängig von der Beendigung der Renten- und Lebensversicherung, beispielsweise durch eine „unabhängige“ Kostenausgleichsvereinbarung, die Provisions- und Abschlussgebühren zu kassieren. Bei unüberlegt abgeschlossenen Verträgen sollte der Verbraucher das aus § 8 VVG folgende Widerrufsrecht nutzen.

Zuwendungszeitpunkt eines Kontoguthabens (Schenkungsteuer)

Zuwendungszeitpunkt eines Kontoguthabens (Schenkungsteuer)

Kernaussage
Eine Schenkung findet erst dann statt, wenn eine objektive Bereicherung des Versprechensempfängers festzustellen ist. Die bloße Abgabe eines Schenkungsversprechens ist noch keine freigebige Zuwendung.

Sachverhalt
Die Eltern des Klägers unterhielten bis Anfang 2004 bei 3 ausländischen Banken jeweils ein Gemeinschaftskonto, über das beide Elternteile unabhängig voneinander verfügen konnten. Nach dem Tod des Vaters, erbte die Mutter des Klägers das gesamte Vermögen. Das Guthaben der 3 Auslandskonten wurde nach dem Tod des Vaters auf ein jeweils neu eröffnetes Konto des Klägers bei der jeweiligen Bank gutgeschrieben. Die Überweisungen erfolgten aufgrund von Aufträgen, die ausschließlich von der Mutter des Klägers unterzeichnet waren. Die Ausstellungsdaten für die Aufträge datieren auf einen Zeitpunkt zu Lebzeiten des Vaters. Schriftliche beziehungsweise notariell gefasste Abreden gab es hierzu nicht. Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm das Vermögen bereits vor dem Tod seines Vaters durch beide Elternteile zugewendet worden ist. Das beklagte Finanzamt ist der Auffassung, dass das Vermögen nach dem Tod des Vaters vollständig auf die Mutter übergegangen ist und diese allein im Anschluss die Schenkung an den Kläger tätigte. Entsprechend wurde Schenkungsteuer festgesetzt.

Entscheidung
Die Klage vor dem Finanzgericht blieb erfolglos. Die Revision wurde nicht zugelassen. Die Abgabe eines Schenkungsversprechens stellt keine freigebige Zuwendung dar. Erst durch die Erfüllung des Versprechens findet eine objektive Bereicherung des Versprechensempfängers statt. Nicht der Wille der Beteiligten, sondern der tatsächliche Zeitpunkt der Vollziehung ist somit entscheidend. Wird die Schenkung mittels Überweisung vollzogen, so findet mit Ausführung des Überweisungsauftrages die tatsächliche Bereicherung des Zuwendungsempfängers und damit die Schenkung statt. Zu diesem Zeitpunkt war der Vater des Klägers bereits verstorben, so dass das Vermögen zunächst auf die Mutter des Klägers übergegangen war. Die Schenkung stammte somit ausschließlich aus dem Vermögen der Mutter des Klägers. Innerfamiliäre Abreden können keine Vermögensmehrung beim Kläger bewirken.

Konsequenz
Das Urteil verdeutlicht, dass eine Schenkung zu Lebzeiten des Erblassers vollständig vollzogen sein muss. Im Fall der Zuwendung eines Kontoguthabens ist auf den Zeitpunkt der objektiven Bereicherung zu achten.

Zur Veröffentlichung von schwerwiegenden berufsrechtlichen Verfehlungen unter Namensnennung

Zur Veröffentlichung von schwerwiegenden berufsrechtlichen Verfehlungen unter Namensnennung

Kernaussage
Die richterlich angeordnete, nichtanonymisierte Veröffentlichung einer berufsgerichtlichen Entscheidung, mit der besonders schwerwiegende berufsrechtliche Verfehlungen sanktioniert werden, verstößt nicht gegen das Persönlichkeitsrecht.

Sachverhalt
Der Beschwerdeführer ist niedergelassener Facharzt. Ihm wurde von der Ärztekammer vorgehalten, gegenüber Privatpatienten Rechnungen erstellt zu haben, die nicht in Einklang mit der Gebührenordnung für Ärzte stünden. Dabei ging es um die Abrechnung von „Sitzungen“ ohne persönliche Anwesenheit der Patienten in der Praxis. Die Verletzung der Berufspflichten stellte das Berufsgericht in allen 4 zur Verhandlung stehenden Fällen fest. Es entzog dem Beschwerdeführer das passive Berufswahlrecht und verhängte eine Geldbuße in Höhe von 25.000 EUR. Zudem ordnete das Gericht an, dass das Urteil nach Rechtskraft im Ärzteblatt der zuständigen Ärztekammer unter voller Namensnennung veröffentlicht werden darf. Das Landesberufungsgericht reduzierte die Geldbuße auf 20.000 EUR, bestätigte jedoch die weiteren Sanktionen. Gegen diese Entscheidungen legte der Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde ein. Diese blieb erfolglos.

Entscheidung
Die Veröffentlichung der Verurteilung unter voller Namensnennung setze den Arzt zwar in der Öffentlichkeit herab, jedoch hat die Öffentlichkeit ein berechtigtes Interesse an einer solchen Information. Es handelt sich um eine verfassungsgemäße Rechtsgrundlage, da die Vorschrift Fehlverhalten sanktionieren soll, welches das schützenswerte Vertrauen, das Angehörigen der Heilberufe entgegengebracht wird, erschüttert oder zu erschüttern droht. Das Interesse der Allgemeinheit, insbesondere der Gemeinschaft der Versicherten und der Kammerangehörigen, die ihr Verhalten nach Kenntnis des Fehlverhaltens ausrichten können, rechtfertigt eine nicht anonymisierte Veröffentlichung. Sofern es sich um die Veröffentlichung vereinzelter, herausgehobener Fälle handelt, ist dies verfassungsrechtlich unbedenklich. Die Verhältnismäßigkeit ist durch ausschließliche und einmalige Veröffentlichung in einem berufsrechtlichen Medium gewahrt.

Konsequenz
In insgesamt 8 Landes – Heilberufekammergesetzen ist vorgesehen, dass die berufsrechtliche Verurteilung eines Arztes mit einer Veröffentlichung des vollen Namens im Ärzteblatt einhergehen kann. Ärzte haben also je nachdem, in welchem Bundesland sie praktizieren, mit unterschiedlichen Konsequenzen durch ihre Verfehlungen zu rechnen.

Pferdezucht und Liebhaberei

Pferdezucht und Liebhaberei

Kernaussage
Eine nur mit 2 – 3 Zuchtstuten geführte Pferdezucht kann nicht mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden.

Sachverhalt
Der Kläger war in den Streitjahren nichtselbstständig tätig. Er erklärte erstmals im Jahr 2004 gegenüber dem Finanzamt (FA) Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (Pferdezucht im Nebenerwerb). Der Kläger hielt zwischen 1 bis 3 Zuchtstuten und veräußerte in einzelnen Jahren jeweils ein Fohlen. Teilweise wurden Fohlen aber auch tot geboren und es verendete auch mal eine Zuchtstute. In den Jahren 2004 bis 2010 erklärte der Kläger pro Jahr jeweils Verluste zwischen ca. 9.000 EUR und 16.500 EUR. Für 2004 bis 2009 berücksichtigte das FA die Verluste nach § 165 Abs. 1 AO. Der Kläger teilte auf eine Anfrage zur Gewinnerzielungsabsicht mit, dass er vor Aufnahme der Tätigkeit zwar keine Marktuntersuchung vorgenommen habe und er noch 2 Jahre lang mit Verlusten rechne, danach aber Gewinne erwarte. Werbemaßnahmen seien nicht durchgeführt worden. Der Tätigkeit widme er sich ca. 60 Stunden monatlich. Er gab am 21.9.2009 an, dass geplant sei, die Zucht auf 4 Zuchtstuten zu erweitern. Die 6 vorhandenen Ställe würden dann für Pensionspferde genutzt. Im Jahr 2004 sei eine Baugenehmigung für einen neuen Stall beantragt worden. Für das Wirtschaftsjahr 2009/2010 werde ein Gewinn von ca. 12.000 EUR erwartet. Nach dem Bau des Stalles sei mit einem Gewinn von 18.000 EUR bis 20.000 EUR zu rechnen. Dass der Bauantrag abgelehnt worden war, teilte der Kläger am 10.2.2012 mit. Daher fielen die Zusatzeinnahmen für Pensionspferde weg. Außerdem seien 2 tragende Zuchtstuten seien verendet, eine habe verfohlt. Die Pferdezucht werde zum 31.12.2010 aufgegeben. Durch Einkommensteuerbescheide aus 2012 erkannte das FA die Verluste 2004 – 2010 nicht mehr an. Im dagegen eingelegten Einspruch trug der Kläger vor, er habe die Land- und Forstwirtschaft beendet, als klar geworden sei, dass ein Überschuss nicht erzielt werde. Den Einsprüchen für 2004 bis 2006 gab das FA statt, die Einsprüche für 2007 bis 2010 wies es dagegen zurück.

Entscheidung
Das Finanzgericht Düsseldorf (FG) gab dem FA Recht. Es liege wegen fehlender Gewinnerzielungsabsicht eine steuerlich nicht relevante Liebhaberei vor. Obwohl die Verluste sogar noch stiegen, führte der Kläger den Betrieb unverändert fort. Nach Ansicht Richter konnte die Pferdezucht des Klägers von vornherein keinen Totalgewinn abwerfen. Mangels einer objektiven Gewinnerzielungsmöglichkeit hatte der Kläger auch keine Gewinnerzielungsabsicht. Zur Annahme einer Gewinnerzielungsabsicht genüge nicht, dass theoretisch eine Gewinnchance bestand. Die in den Jahren 2004 bis 2010 unterhaltene Pferdezucht führte insgesamt zu Verlusten von rund 70.000 EUR, ohne dass diese durch mögliche stille Reserven ausgeglichen gewesen waren. Hinzu käme, dass die Pferdezucht auch nicht nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen betrieben wurde. Die Verkäufe der Fohlen erfolgten nicht auf Auktionen, sondern über Bekannte bzw. Inserate in Pferdezeitschriften. Die erhofften hohen Preise für Fohlen entsprachen nicht einer realistischen Einschätzung der Marktsituation. So könnten auf Fohlen-Auktionen erzielte Preise nicht als Vergleichspreise herangezogen werden. Um wirtschaftlich mit Gewinn züchten zu können, werde die Pferdezucht auf einer zu schmalen Basis betrieben. Bei der Pferdezucht komme die Qualität im Ganzen aus der Quantität. Hohe Verkaufspreise seien regelmäßig nur zu erzielen, wenn aus einer genügend großen Zahl von Fohlen die Besten ausgewählt werden können. Nur dann sei ein entsprechender Gewinn zu erwarten. Dieser müsse nicht nur die beträchtlichen Aufzucht- und Ausbildungskosten der verkauften Tiere decken, sondern züchterische Fehlschläge bei nicht abgesetzten Pferden ausgleichen. Bereits vor 2004 wurden Pferde aus privaten Gründen gehalten. Der Plan, Pferde zu züchten, beruhe darauf, dass die Tochter krankheitsbedingt nicht mehr Turniere reiten konnte, so dass – teilweise mit dem vorhandenen Pferdebestand – eine Zucht aufgebaut werden sollte. Im vorliegenden Fall konnte nach Ansicht des Gerichts auch nicht angenommen werden, dass der Kläger die fehlende Gewinnerzielungsmöglichkeit verkannt hat. Spätestens ab dem Jahr 2007 sei ihm bewusst gewesen, dass auf der bisherigen Basis ein Totalgewinn nicht zu erzielen sei. Soweit er ursprünglich geplant habe, Pensionspferde in neu zu errichtenden Boxen aufzunehmen und damit die Verluste auszugleichen, war dieser Plan jedenfalls mit der abschlägigen Bescheidung ihres Bauantrags gescheitert. Bei einem Pferdezuchtbetrieb müsse mit Rückschlägen wie genetisch bedingten Fehlzüchtungen oder Verletzungen bei der Fohlenaufzucht gerechnet werden. Außerdem müssten erhebliche Tierarztkosten berücksichtigt werden. Es gelte auch hier, dass die Folgen einzelner züchterischer Fehlschläge nur durch Quantität ausgeglichen werden können. Es sei nicht ersichtlich, dass Maßnahmen ergriffen worden seien, um den Betrieb wirtschaftlicher zu führen. Vielmehr sei in einigen Jahren sogar gänzlich darauf verzichtet worden, die Stuten decken zu lassen, um Kosten zu sparen. Dadurch seien Einnahmen aus zu erwartenden Fohlen aber gerade nicht mehr zu erzielen.

Konsequenz
Die Entscheidung zeigt auf, welche Voraussetzungen zu erfüllen sind, um eine Pferdezucht nicht als Liebhaberei, sondern mit Gewinnerzielungsabsicht zu betreiben.

Vollstreckungsaufschubvoraussetzungen

Vollstreckungsaufschubvoraussetzungen

Kernaussage
Soweit im Einzelfall die Vollstreckung eine unbillige Härte darstellt, kann die Vollstreckungsbehörde sie einstweilen einstellen oder beschränken oder eine Vollstreckungsmaßnahme aufheben. Ob dieses Ermessen der Behörde im vorläufigen Rechtsverfahren auch dem Gericht zusteht, wenn keine Ermessensreduzierung auf null vorliegt, ist umstritten. Das Finanzgericht geht von einem gerichtlichen Interimsermessen aus.

Sachverhalt
Die Antragstellerin beantragt im Wege der einstweiligen Anordnung den Vollstreckungsaufschub. Sie sei seit 25 Jahren selbständig tätig und in der Vergangenheit ihren steuerlichen Verpflichtungen nachgekommen. Ende 2012 sei sie unverschuldet in eine finanzielle Schieflage geraten, weil Aufträge nach Erbringung erheblicher Vorleistungen durch sie storniert worden seien. Daher konnte sie die Ende 2012 fällig gewordenen Steuern nicht aufbringen. Die Antragstellerin rechnet jedoch in naher Zukunft mit der Generierung von Aufträgen. Das Finanzamt betreibt die Vollstreckung wegen Forderungen in Höhe von 41.000 EUR. Die Antragstellerin beantragt Vollstreckungsaufschub.

Entscheidung
Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet. Das Gericht kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, notwendig ist, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Da es dem Gericht grundsätzlich verwehrt ist, anstelle der Verwaltung eine Ermessensentscheidung zu treffen, bestehen lediglich in den Fällen der Ermessensreduzierung auf null keine Bedenken gegen eine einstweilige Anordnung. Das Finanzgericht geht von der gerichtlichen Befugnis aus, im Rahmen der einstweiligen Anordnung im Hinblick auf Billigkeitsentscheidungen wie Stundung, Erlass oder Vollstreckung Interimsermessen auszuüben. Der zulässige Antrag war jedoch unbegründet, da die weiteren Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht vorlagen. Insbesondere war eine kurzfristige Tilgung bei der Antragstellerin nicht zu erwarten. Vielmehr hatte sie lediglich zur vagen Hoffnung auf die Erteilung lukrativer Aufträge vorgetragen.

Konsequenz
Um Vollstreckungsschutz zu erlangen, müssen der Höhe nach angemessene Raten angeboten werden, um somit eine kurzfristige Tilgung der Steuerschulden zu dokumentieren. Der Antrag kann auch im gerichtlichen Verfahren gestellt werden.

Finalität ausländischer Betriebsstättenverluste

Finalität ausländischer Betriebsstättenverluste

Kernfrage
Die Entscheidung behandelt die Frage, wann finale Betriebsstättenverluste vorliegen, die ausnahmsweise im Staat des Stammhauses steuerlich zu berücksichtigen sind, obwohl die sogenannte Symmetriethese ansonsten eine ausschließliche Berücksichtigung im Quellenstaat vorsieht.

Sachverhalt
Zwischen der Klägerin, einer deutschen GmbH, und dem Finanzamt (FA) war die Berücksichtigung ausländischer Betriebsstättenverluste strittig, die die Klägerin durch ihre gewerbliche Tätigkeit in einer belgischen Betriebsstätte erlitten hatte. Die Betriebsstätte wurde ohne Nutzbarmachung der im Quellenstaat entstandenen Betriebsstättenverluste an eine belgische Kapitalgesellschaft veräußert. Das Finanzgericht gab der Klage statt, die Revision des FA vor dem Bundesfinanzhof (BFH) blieb erfolglos.

Entscheidung
Der BFH verweist auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof (EuGH), nach der sogenannte finale Verluste in Deutschland trotz der prinzipiellen Freistellung ausnahmsweise abzugsfähig sind, wenn sie im Quellenstaat definitiv nicht mehr verwertet werden können und deswegen die unionsrechtlich verbürgte Niederlassungsfreiheit einzufordern ist. Ohne Bedeutung ist nach Auffassung des Gerichts in diesem Zusammenhang, dass die streitgegenständlichen Betriebstättenverluste danach womöglich bei einem neuerlichen Engagement der Klägerin in Belgien in irgendeiner Weise – beispielsweise durch Wiedereröffnung einer Betriebstätte – steuerlich zukünftig nutzbar wären, bzw. dass die Finalität durch einen „willkürlichen“ Verkauf der Betriebstätte generiert worden wäre. Im letzteren Fall ist zwar zu prüfen, ob ein Verstoß gegen den allgemeinen abgabenrechtlichen Missbrauchsvorbehalt (§ 42 Abgabenordnung (AO)) vorliegt; jedoch ließ sich aus dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt ableiten, dass für den Verkauf eindeutig betriebswirtschaftliche Gründe sprachen.

Konsequenz
Durch den Verkauf einer verlustbehafteten Einkunftsquelle können finale Betriebsstättenverluste entstehen, die eine Berücksichtigung im Stammhausstaat erforderlich machen. Von einem Missbrauch kann dabei nur ausnahmsweise ausgegangen werden, soweit § 42 AO einschlägig ist.

„In camera“-Verfahren: Kostenentscheidung?

„In camera“-Verfahren: Kostenentscheidung?

Kernaussage
Das Verfahren nach § 86 Abs. 3 FGO (sogenanntes in camera-Verfahren) ist jedenfalls dann ein unselbständiges Zwischenverfahren ohne eigenständige Kostenentscheidung, wenn der Antrag nach § 86 Abs. 3 FGO erfolglos geblieben und/oder die im Rahmen des § 86 Abs. 3 FGO in Anspruch genommene Behörde Beteiligte auch des Hauptsacheverfahrens ist.

Sachverhalt
Der Antragsteller beantragte in dem seine Geschäftsführerhaftung wegen Umsatzsteuer 2002 und 2003 betreffenden Klageverfahren beim Finanzgericht (FG) durch den Bundesfinanzhof (BFH) festzustellen, dass die Weigerung der Vorlage des vollständigen Berichts zum Umsatzsteuerbetrug aus 2011 durch das beklagte Finanzamt (FA) rechtswidrig war. Dieser Bericht, den das FG nicht angefordert hatte, war ihm zusammen mit anderen Akten versehentlich übermittelt und auf entsprechenden Hinweis des FA zurückgesandt worden. Dies erfolgte zugleich mit dem Hinweis an die Beteiligten, dass der Bericht nicht Bestandteil der Akten sei, die das Gericht der Entscheidungsfindung zugrunde legen würden.

Entscheidung
Der BFH wies den Antrag als unzulässig zurück. Nach § 86 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) sind Behörden grundsätzlich zur Vorlage von Urkunden und Akten, zur Übermittlung elektronischer Dokumente und zu Auskünften verpflichtet. Nach Abs. 2 der Vorschrift kann die Vorlage von Urkunden oder Akten, die Übermittlung elektronischer Dokumente und die Erteilung von Auskünften verweigert werden, wenn die Vorgänge aus bestimmten Gründen geheim gehalten werden müssen. Nach Abs. 3 der Vorschrift stellt der BFH auf Antrag eines Beteiligten in den Fällen der Abs. 1 und 2 ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss fest, ob die Verweigerung der Vorlage der Urkunden oder Akten, die Übermittlung elektronischer Dokumente oder die Verweigerung der Erteilung von Auskünften rechtmäßig ist. Vorliegend waren jedoch durch das FG gar keine Auskünfte oder Unterlagen angefordert worden. Die Vorschrift ist auch nicht auf Fälle anzuwenden, in denen das FA versehentlich übersandte Unterlagen zurückfordert. Eine Kostenentscheidung erfolgt infolge des Antrags nicht, da es sich um ein unselbständiges Zwischenverfahren handelt, das keiner eigenen Kostenentscheidung bedarf. Diese erfolgt mit der Hauptsache.

Konsequenz
Hinsichtlich der Kostenentscheidung hat sich die Rechtsprechung geändert. Bislang wurde der Zwischenstreit nach § 86 Abs. 3 FGO als selbstständiges Nebenverfahren qualifiziert, so dass der Beschluss eine Kostenentscheidung enthalten musste. Dies ist jetzt nicht mehr der Fall.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin