Kein Besteuerungsrecht für Sondervergütungen an ausländische Gesellschafter

Kein Besteuerungsrecht für Sondervergütungen an ausländische Gesellschafter

Kernproblem

Vergütungen, die ein Gesellschafter von seiner gewerblichen Personengesellschaft erhält, gehören nach nationalem Recht regelmäßig zu den Einkünften aus Gewerbetrieb (sog. Sondervergütungen). Da solche im internationalen Kontext weitgehend unbekannt sind, bereitet die steuerliche Behandlung von grenzüberschreitend gezahlten Sondervergütungen häufig Probleme. Streitig war in der Vergangenheit insbesondere, ob das Besteuerungsrecht für Sondervergütungen an einen im Ausland ansässigen Gesellschafter abkommensrechtlich dem In- oder Ausland zusteht. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) 2007 zugunsten des Ansässigkeitsstaats des Gesellschafters entschieden. Dieser unliebsamen Entscheidung hat der Gesetzgeber durch die Einführung des § 50d Abs. 10 EStG entgegenzuwirken versucht.

Sachverhalt

Der Kläger hatte 2001 seinen Wohnsitz in den USA. Von 1967 bis 1984 war er unstreitig Mitunternehmer einer inländischen GmbH & Co. KG. Im 1984 geschlossenen Aufhebungsvertrag wurde vereinbart, dass der Kläger ab 1.1.2001 eine Pension erhalten sollte. In 1997 wurde die KG mehrfach veräußert und anschließend von einer GmbH übernommen. Nach Auffassung des beklagten Finanzamts waren die von der GmbH geleisteten Pensionszahlungen in 2001 als nachträgliche Sondervergütungen aus der GmbH & Co. KG zu behandeln, deren Besteuerungsrecht in Deutschland liege. Der Kläger obsiegte in allen Instanzen.

Entscheidung

Der BFH ließ ausdrücklich offen, ob es sich bei den Pensionszahlungen überhaupt um nachträgliche Sondervergütungen handele, da die Zahlungen nunmehr von einer GmbH erfolgten. Selbst bei einer Qualifikation als Sondervergütung stellte der BFH jedoch klar, dass das Besteuerungsrecht für diese Sondervergütungen in den USA liege und verwies zur Begründung auf sein Urteil aus 2007. Des Weiteren führte der BFH aus, dass die Einführung des § 50d Abs. 10 EStG durch das JStG 2009 hieran nichts ändere. Ungeachtet der grundsätzlich verfassungsrechtlich bedenklichen Rückwirkung der Regelung sowie deren unklaren Tatbestandsmerkmale und Reichweite, sei die Vorschrift auf solche Sondervergütungen, die erst nachträglich gezahlt werden, nicht anwendbar. Dies ergebe sich eindeutig aus dem Wortlaut der Vorschrift.

Konsequenzen

Zuletzt in 2010 hatte der BFH entschieden, dass die Einführung des § 50d Abs. 10 EStG nichts an der bisherigen Rechtslage ändere. Demnach liegt das Besteuerungsrecht für Vergütungen, die ein im Ausland ansässiger Gesellschafter einer deutschen Personengesellschaft z. B. für die Hingabe von Darlehen oder für seine Tätigkeit erhält, grundsätzlich weiterhin (nur) im Ausland. Eine baldige „Nachbesserung“ des Gesetzeswortlauts durch den Gesetzgeber ist indes zu befürchten. Inwieweit dies dann ein verfassungsrechtlich bedenklicher Verstoß gegen die völkerrechtlichen Verpflichtungen aus den Doppelbesteuerungsabkommen („treaty override“) ist, wird wohl vom BFH bzw. vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) geklärt werden müssen.

Missbrauch von Bonuspunkten rechtfertigt keine Kündigung

Missbrauch von Bonuspunkten rechtfertigt keine Kündigung

Rechtslage

Fehlverhalten von Arbeitnehmern, das unmittelbar zu Vermögensschäden beim Arbeitgeber führt, berechtigt den Arbeitgeber, das Arbeitsverhältnis zu kündigen. Streitig ist regelmäßig, ob eine fristlose Kündigung möglich ist oder ob vorher eine Abmahnung ausgesprochen werden musste. Das Landesarbeitsgericht Hessen hat in diesem Zusammenhang zum Missbrauch von Bonuspunkte entschieden.

Sachverhalt

Der klagende Tankstellenmitarbeiter hatte Umsätze von Kunden, die keine Bonuskarte bei dem Tankstellenunternehmen hatten, in mehreren Fällen (insgesamt 230 EUR) der Bonuskarte eines Kollegen gutgeschrieben, wobei die Bonuspunkte auf Dritte übertragbar waren. Der beklagte Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos und unterlag im anschließenden Kündigungsschutzprozess.

Entscheidung

Arbeits- und Landesarbeitsgericht urteilten, dass zwar eine schwerwiegende Pflichtverletzung vorgelegen habe, denn das Bonusprogramm war für jeden Mitarbeiter erkennbar darauf ausgerichtet, Kunden zu binden und nur hierfür die Umsätze gutzuschreiben. Allerdings wäre eine vorherige Abmahnung erforderlich gewesen; ferner konnte der Arbeitgeber nicht nachweisen, dass er den Angestellten die Eigennutzung untersagt hatte. Denn die Abmahnung wäre vor dem Hintergrund, dass die Bonuspunkt übertrag waren, geeignet gewesen, das Fehlverhalten zu vermeiden. In Ermangelung eines ausdrücklichen Verbotes konnte beim Mitarbeiter der Eindruck entstehen, eine Übertragung in kleinem Umfang sei zulässig.

Konsequenz

In der Sache erscheint die Entscheidung zutreffend. Nur das ausdrückliche Verbot führt zu ausreichender Klarheit und damit zur unmittelbaren Kündigungsmöglichkeit. Allerdings überrascht die Begründung, weil sie auch so verstanden werden könnte, dass kleineres Fehlverhalten noch nicht einmal abmahnfähig wäre.

Board of directors-Mitglieder sind nicht versicherungsfrei

Board of directors-Mitglieder sind nicht versicherungsfrei

Kernaussage

Die für die Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht geltenden Ausnahmebestimmungen zur Befreiung von der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung finden auf Mitglieder des board of directors einer US-Kapitalgesellschaft keine entsprechende Anwendung.

Sachverhalt

Die Kläger sind Mitglieder des board of directors der Fastfoodkette McDonald´s, die als Kapitalgesellschaft nach dem Recht des Staates Delaware/USA mit Zweigniederlassung in München organisiert ist. Die beklagte AOK zog die Kläger zur Zahlung von Beiträgen zur Renten- und Arbeitslosenversicherung heran. Die Kläger machten geltend, dass Vorstandsmitglieder deutscher Aktiengesellschaften wegen ihrer hohen Einkommen und ihrer faktischen Entscheidungsfreiheit in der Sozialversicherung wie selbstständige Unternehmer behandelt werden und daher nicht versicherungspflichtig seien. Eine Versicherungsfreiheit sei daher für sie ebenso begründet. Die Klage blieb in allen Instanzen ohne Erfolg.

Entscheidung

Die Kläger haben keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht (§ 1 Satz 4 SGB VI und § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III); die gesetzlichen Vorschriften finden nur auf Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht Anwendung. Eine Äquivalenzregel zu diesen Ausnahmevorschriften ist nicht existent. Eine Tatbestandsgleichbehandlung kann auch nicht aus dem Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag vom 29.10.1954 gemäß dem Gebot der Inländerbehandlung hergeleitet werden. Ferner ist die Niederlassungsfreiheit des Vertrages über die Arbeitsweise der EU auf Gesellschaften aus Drittstaaten nicht anwendbar.

Konsequenz

Ausgehend von einem Einkommen der Vorstandsmitglieder über der Beitragsbemessungsgrenze von derzeit 66.000 EUR jährlich führt die Versicherungspflicht zu einem Jahresbeitrag für die Renten- und Arbeitslosenversicherung von insgesamt 15.114 EUR, die für jedes Mitglied des board of directors zu zahlen sind.

Ausgleichspflichtige Unternehmervorteile beim Handelsvertretervertrag

Ausgleichspflichtige Unternehmervorteile beim Handelsvertretervertrag

Kernaussage

Auch bei besonders langlebigen Wirtschaftsgütern, die der Kunde erst nach 20 Jahren austauschen müsste, kann eine Stammkundeneigenschaft anzunehmen sein. Dem Unternehmer können diesbezüglich bei Beendigung des Handelsvertretervertrages ausgleichspflichtige Unternehmervorteile verbleiben.

Sachverhalt

Die Klägerin war für die Beklagte aufgrund vertraglicher Basis von Juli 1983 bis zur fristlosen Kündigung durch die Beklagten im Mai 2000 als Handelsvertreterin für Industrieböden tätig. Ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung lag nicht vor, weshalb das Handelsvertreterverhältnis aufgrund der hilfsweisen ordentlichen Kündigung beendet wurde. Die Klägerin begehrt die Zahlung von Provisionen sowie einen Handelsvertreterausgleich in Höhe von rund 48.000 EUR. Landgericht und Oberlandesgericht (OLG) gaben der Klage nur hinsichtlich der Provisionsansprüche teilweise statt. Auf die Revision der Klägerin, die auf den Handelsvertreterausgleichsanspruch beschränkt war, hob der Bundesgerichtshof (BGH) das Berufungsurteil auf und wies die Sache an das OLG zurück.

Entscheidung

Voraussetzung für den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters (§ 89b HGB) ist, dass dieser für den Unternehmer neue Stammkunden geworben hat. Als Stammkunden sind dabei die Kunden anzusehen, die in einem überschaubarer Zeitraum, in dem üblicherweise mit Nachbestellungen zu rechnen ist, mehr als nur ein Geschäft mit dem Unternehmer abgeschlossen haben oder voraussichtlich abschließen werden. Auch bei besonders langlebigen Wirtschaftsgütern (hier: Industrieböden mit einer Haltbarkeitsdauer von 25 Jahren) können Stammkunden und Folgeaufträge anzunehmen sein. Dies ist z. B. der Fall bei expandierenden Unternehmen oder bei reinen Reparaturaufträgen, die also über die bloßen Gewährleistungsarbeiten hinausgehen. Der Handelsvertreter muss daher darlegen, welcher Anteil seiner Provisionseinnahmen des letzten Vertragsjahres auf Folgegeschäfte mit von ihm geworbenen Stammkunden entfällt. Der Vortrag der Klägerin wurde diesen Anforderungen gerecht.

Konsequenz

Das Urteil stärkt die Rechte des Handelsvertreters. Lassen Produkte aufgrund ihrer Zweckbestimmung oder Langlebigkeit in der Regel nur eine einmalige Anschaffung erwarten, ist der Ausgleichsanspruch dennoch nicht von vornherein ausgeschlossen.

Erweiterter Informationsaustausch zwischen Deutschland und Österreich

Erweiterter Informationsaustausch zwischen Deutschland und Österreich

Einleitung

Das zwischen Deutschland und Österreich vereinbarte Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), dessen vorrangiges Ziel in der Vermeidung der Doppelbesteuerung von grenzüberschreitenden Aktivitäten liegt, ist aufgrund des am 29.12.2010 in Berlin unterzeichneten Revisionsprotokolls geändert worden. Gegenstand der Änderung ist Artikel 26 des DBA, der Bestimmungen über den Austausch steuerlicher Informationen zwischen den beiden Ländern beinhaltet. Hintergrund der Änderung ist die Umsetzung des aktuellen OECD-Standards für Transparenz und effektiven Informationsaustausch, wiedergegeben in Artikel 26 des aktuellen OECD-Musterabkommens für Doppelbesteuerungsabkommen.

Änderung der Informationsaustauschklausel (Artikel 26)

Nach dem geänderten Artikel 26 des DBA-Österreich sind nunmehr Informationen zu übermitteln, die für die Besteuerung im ersuchenden Staat voraussichtlich erheblich sind. Dies bedeutet für die Praxis, dass Österreich nach dem Inkrafttreten des Revisionsprotokolls auf deutsches Ersuchen hin steuererhebliche Bankinformationen übermitteln muss, ohne dass – wie bislang von der österreichischen Rechtsprechung gefordert – die Voraussetzung der förmlichen Einleitung eines Strafverfahrens in Deutschland erfüllt sein muss. Die konkreten Anforderungen an ein Auskunftsersuchen sind in einer Protokollklausel präzisiert, die Bestandteil des geänderten DBA wird. Die Protokollklausel verweist dabei ergänzend auf die Kommentare der OECD zum OECD-Muster für DBA und zum OECD-Muster für Steuerinformationsaustauschabkommen.

Inkrafttreten

Das Revisionsprotokoll bedarf der Ratifikation in beiden Ländern, die voraussichtlich zeitnah erfolgen wird. Nach seinem Inkrafttreten wird der erweiterte Informationsaustausch zu Bankinformationen für Steuerjahre bzw. Veranlagungszeiträume anzuwenden sein, die am oder nach dem 1.1.2011 beginnen.

Anforderung an den Ergebnisabführungsvertrag bei ertragsteuerlicher Organschaft

Anforderung an den Ergebnisabführungsvertrag bei ertragsteuerlicher Organschaft

Kernproblem

Vorteil einer ertragsteuerlichen Organschaft ist insbesondere die Möglichkeit der Verrechnung von Gewinnen und Verlusten zweier rechtlich selbstständigen Unternehmen für ertragsteuerliche Zwecke. Voraussetzung für dessen steuerliche Anerkennung ist aber u. a. der Abschluss und die tatsächliche Durchführung eines Gewinnabführungsvertrags für eine Mindestdauer von 5 Jahren. Ist die Tochter- bzw. Organgesellschaft eine GmbH, muss der Ergebnisabführungsvertrag zusätzlich eine Verlustübernahmeverpflichtung entsprechend den Vorschriften des Aktiengesetzes (§ 302 AktG) enthalten. Nach ständiger Spruchpraxis des Bundesfinanzhofs (BFH) erstreckt sich das Regelungserfordernis auf § 302 Abs. 1 und Abs. 3 AktG sowie auf die Vereinbarung der Verjährungsregelung entsprechend § 302 Abs. 4 AktG.

Sachverhalt

Die klagende GmbH verpflichtete sich vertraglich, ihren ganzen Gewinn an die Mutterkapitalgesellschaft abzuführen. Außerdem wurde eine Verlustübernahmeverpflichtung „entsprechend den Vorschriften des § 302 Abs. 1 und 3 des AktG“ vereinbart. Mangels ausdrücklicher Aufnahme der Verjährungsregel (§ 302 Abs. 4 AktG) vertrat das beklagte Finanzamt die Auffassung, dass ein ertragsteuerliches Organschaftsverhältnis nicht zustande gekommen sei. Gestritten wurde letztendlich um die Frage, ob die Vollziehung des Bescheids über den Gewerbesteuermessbetrag 2007 auszusetzen ist, weil ernstlichen Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit bestehen. Dies wurde vom Finanzgericht (FG) zunächst bejaht, vom BFH aber schließlich abgelehnt.

Entscheidung

Der BFH bestätigte seine bisherige Rechtsprechung, dass sich das Regelungserfordernis der „Verlustübernahme entsprechend den Vorschriften des § 302 AktG“ zwingend auf § 302 Abs. 1 und Abs. 3 AktG und nach Einfügung der Verjährungsbestimmung des § 302 Abs. 4 AktG durch Gesetz vom 15.12.2004 auch auf diesen erstreckt. Lediglich eine Bezugnahme auf Absatz 2 der Vorschrift, der sich mit (für die ertragsteuerliche Organschaft nicht relevanten) Betriebspacht- oder Betriebsüberlassungsverträgen befasst, sei entbehrlich.

Konsequenzen

Der Beschluss des BFH erging zwar „nur“ in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, eine für den Steuerpflichtigen günstigere Auffassung im Hauptsacheverfahren erscheint derzeit aber eher unwahrscheinlich. Zur Vermeidung unliebsamer steuerlicher Folgen ist daher in der Praxis auf eine sorgfältige Formulierung des Ergebnisabführungsvertrags zu achten. Hierfür bietet sich insbesondere eine (dynamische) Vertragsformulierung an, die auf die Anwendung des § 302 AktG in seiner jeweils gültigen Fassung verweist.

Gebäudeherstellungsverpflichtung ist keine Gegenleistung für Erbbaurecht

Gebäudeherstellungsverpflichtung ist keine Gegenleistung für Erbbaurecht

Kernaussage

Die Verpflichtung zur Bestellung eines Erbbaurechts an einem inländischen Grundstück unterliegt der Grunderwerbsteuer. Bemessungsgrundlage für die Steuer ist die Gegenleistung. Verpflichtet sich die Veräußererseite zur Errichtung eines Gebäudes, so liegt hierin eine Gegenleistung, die der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen ist.

Sachverhalt

Die Klägerin ist ein Immobilienfonds, der ein Erbbaurecht an einem unbebautem Grundstück erwarb. Sie war gemäß Erbbaurechtsvertrag berechtigt und verpflichtet, auf dem Erbbaugrundstück eine Wohnanlage nach Maßgabe einer bereits erteilten Baugenehmigung zu errichten. Für die Fertigstellung der Wohnanlage schloss die Klägerin mit einer ihrer Gesellschafterinnen mehrere Geschäftsbesorgungsverträge (u. a. einen Vertrag über die Baubetreuung) ab. Das beklagte Finanzamt sah in dem Erwerb des Erbbaurechts und der Herstellung des Gebäudes einen einheitlichen Erwerbsgegenstand und bezog die Geschäftsbesorgungsverträge in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer mit ein. Das Finanzgericht schloss sich der Meinung des Finanzamts an, der Bundesfinanzhof gab schließlich der Klägerin Recht.

Entscheidung

Finanzamt und Finanzgericht hatten zu Unrecht angenommen, dass das von der Klägerin erworbene Erbbaurecht einschließlich des von ihr errichteten Gebäudes ein grunderwerbsteuerrechtlich einheitlicher Erwerbsgegenstand war. Laut Vertrag schuldete aber nicht die Erbbaurechtsgeberin die Bebauung des Grundstücks, vielmehr war die Klägerin selbst zur Errichtung des Gebäudes verpflichtet. Eine Verpflichtung der Veräußererseite zur Gebäudeerrichtung ergab sich auch nicht aus den abgeschlossenen Geschäftsbesorgungsverträgen. Die Errichtung des Gebäudes auf dem Erbbaugrundstück war keine Gegenleistung der Klägerin für die Bestellung des Erbbaurechts, sondern kam dieser zugute. Denn die Klägerin hat bei Erlöschen des Erbbaurechts einen Anspruch auf Entschädigung.

Konsequenz

In der Verpflichtung zur Herstellung eines Gebäudes liegt in der Regel keine Gegenleistung für die Bestellung eines Erbbaurechts.

Keine Eigenbedarfskündigung durch Personenhandelsgesellschaft

Keine Eigenbedarfskündigung durch Personenhandelsgesellschaft

Kernaussage

Personenhandelsgesellschaften können einen Mietvertrag nicht wegen Eigenbedarfs ihrer Gesellschafter kündigen (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB).

Sachverhalt

Der Beklagte mietet seit 2001 Wohnraum von der Klägerin, einer GmbH & Co. KG. Kommanditisten und Gesellschafter der persönlich haftenden Gesellschafterin der GmbH & Co. KG (also ihrer Komplementär-GmbH) ist ein Seniorenehepaar. Der Ehemann ist gleichzeitig Geschäftsführer der Komplementär-GmbH. Die Klägerin sprach im Jahr 2009 gegenüber dem Beklagten die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses aus. Die Kündigung wurde damit begründet, dass das Seniorenehepaar die Wohnung selbst benötigen würde. Die Räumungsklage hatte in keiner Instanz Erfolg.

Entscheidung

Die Eigenbedarfskündigung war nicht wirksam. Einer Personenhandelsgesellschaft kann der Eigenbedarf ihrer Gesellschafter nicht zugerechnet werden. Anders verhält es sich bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die insoweit nicht schlechter zu stellen ist als eine einfache Vermietermehrheit. Ob die Vermieter auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage einen gemeinsamen Zweck verfolgen, hängt häufig vom Zufall ab, so dass eine andere Wertung als willkürlich erscheinen würde. Die Gründung einer Kommanditgesellschaft (KG) oder offenen Handelsgesellschaft (oHG) erfolgt hingegen nicht zufällig, sondern setzt eine umfangreiche organisatorische und rechtsgeschäftliche Tätigkeit voraus. Eine vergleichbare Interessenlage ist daher nicht gegeben. Auch die Teilrechtsfähigkeit der GbR rechtfertigt keine Gleichbehandlung mit anderen Personengesellschaften. Die betrieblich bedingte Notwendigkeit, die Wohnung Mitarbeitern oder Geschäftsführern zur Verfügung zu stellen, begründet nur ein berechtigtes Interesse aber keinen Eigenbedarf.

Konsequenz

Der BGH grenzt mit dieser Entscheidung den Kreis der von einer Eigenbedarfskündigung begünstigten Personen deutlich ein. Der spätere Eigennutzungswunsch der Gesellschafter ist bereits bei der Rechtsformwahl zu beachten.

Einmal die gesamte Kanzlei beauftragt heißt immer beauftragt?

Einmal die gesamte Kanzlei beauftragt heißt immer beauftragt?

Kernaussage

Sozietäten aus Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern und Rechtsanwälten konnten auch vor Inkrafttreten des Rechtsdienstleistungsgesetztes im Namen und mit Wirkung für die Sozietät Rechtsberatung anbieten und abrechnen, auch wenn die Leistung „Rechtsberatung“ nur von dem Partner erbracht werden kann, der die Anwaltszulassung besitzt. Hat ein Mandant eine Beratersozietät beauftragt, so kommt nach aktuellem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) das im engen zeitlichen Anschluss erteilte Mandat im Zweifel wieder mit der Sozietät zustande.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine Steuerkanzlei, die als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) organisiert ist. Die Beklagte hatte sich im Jahr 2005 von dieser Kanzlei in Person einer Rechtsanwältin, die dort Gesellschafterin war, mehrfach vertreten lassen. Im Mai 2008 ließ sich die Beklagte in erbrechtlich Fragen erneut von der Rechtsanwältin beraten. Diese schied im Juli 2008 aus der klagenden Kanzlei aus und rechnete das streitige Mandat gegenüber der Beklagten ab, die die Rechnung beglich. Wenige Tage später erteilte die Klägerin der Beklagten eine Rechnung, die nicht mehr bezahlt wurde. Erst vor dem Bundesgerichtshof hatte die Klägerin mit ihrer Zahlungsklage Erfolg.

Entscheidung

Der BGH entschied entgegen der Auffassung der Vorinstanzen, dass ein der Klägerin erteilter Rechtsberatungsauftrag nicht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig sei. Gemischte Sozietäten zur gemeinschaftlichen Berufsausübung sind im Rahmen der eigenen beruflichen Befugnisse seit langem anerkannt. Die entsprechende Vorschrift der Bundesrechtsanwaltsordnung (§ 59 a BRAO) ist verfassungskonform und mit Blick auf die Zwecke des gesetzlichen Berufsrechts dahin auszulegen, dass der Gesetzgeber den Weg zum Abschluss und zur Erfüllung anwaltlicher Mandate durch die gemischte Sozietät frei gemacht hat, sofern diese rechtsfähig sind. Lediglich die tatsächliche Erbringung dieser Dienstleistungen bleibt den Rechtsanwälten vorbehalten.

Konsequenz

Das neue Rechtsdienstleistungsgesetz ist am 1.7.2008 in Kraft getreten hat das Rechtsberatungsgesetz abgelöst. Mit dem vorliegenden Urteil ist eine Abkehr von der bisherigen restriktiven Rechtsprechung, wonach der Rechtsberatungsvertrag wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig sei, zugunsten größerer Vertrags- und Koalitionsfreiheit der Sozietäten zu verzeichnen.

Aktivierung von Wirtschaftsgütern in der Steuerbilanz

Aktivierung von Wirtschaftsgütern in der Steuerbilanz

Kernfrage

Wann sind Steuererstattungsansprüche zu bilanzieren? Diese Frage und dabei insbesondere die Klärung der einzunehmenden Perspektive (wirtschaftliche oder rechtliche Betrachtungsweise), beschäftigte kürzlich das Finanzgericht Düsseldorf.

Sachverhalt

Am 17.2.2005 entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass Erlöse aus dem Betrieb von Glücksspielautomaten umsatzsteuerfrei zu behandeln sind. Das beklagte Finanzamt berücksichtigte in der Folge eine Steuerforderung betreffend die Rückzahlung von Umsatzsteuer in der Steuerfestsetzung für die betroffene – klagende – GmbH in 2005. Es ging hierbei insbesondere um erst in 2006 erstattete Umsatzsteuer für 2004 in der Bilanz des Jahres 2005. Ein geänderter Umsatzsteuerbescheid für 2004 lag zum Aufstellungszeitpunkt nicht vor, wohl aber geänderte Umsatzsteuerbescheide der Vorjahre bis 2003.

Entscheidung

Steuerliche Brisanz hat die Berücksichtigung der zu erwartenden Umsatzsteuererstattungsansprüche des Jahres 2004 in der Bilanz 2005, obwohl bis zur Bilanzaufstellung noch kein entsprechender Bescheid ergangen war, der den Erstattungsanspruch dokumentierte. Das Finanzgericht Düsseldorf begründet die Entscheidung mit der Ermittlung des Gewinns der klagenden GmbH nach dem Betriebsvermögensvergleich, in dessen Rahmen eine nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten betrachtete, durchsetzbare Forderung zu aktivieren ist. Indiz für die Steuerforderung aus Umsatzsteuer 2004 waren die bereits vorliegenden geänderten Vorjahresbescheide zur Umsatzsteuer bis einschließlich 2003. In jedem Falle waren die Forderungen auf Umsatzsteuererstattung bis zu dem Zeitpunkt des EuGH-Urteils noch streitig und somit nicht anzusetzen. Nach dem EuGH-Urteil aber konnte die GmbH nach der Argumentation des Gerichts damit rechnen, dass in der Zukunft auch für das Jahr 2004 eine geänderte Umsatzsteuerfestsetzung ergehen würde.

Konsequenz

Die Finanzverwaltung hat sich, insoweit dies mit dem entschiedenen Fall vergleichbare Fälle betrifft, zur wirtschaftlichen Betrachtungsweise bekannt. Daher sind bei Aufstellung des Jahresabschlusses sowie der Steuerbilanz vorhandene Steuerbescheide ggf. auf ihre „Beständigkeit“ zu prüfen, insbesondere, wenn sie, wie im entschiedenen Fall, ertragsteuerlich relevante Steuern wie die Umsatzsteuer betreffen.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin