Erweiterter Informationsaustausch zwischen Deutschland und Österreich

Erweiterter Informationsaustausch zwischen Deutschland und Österreich

Einleitung

Das zwischen Deutschland und Österreich vereinbarte Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), dessen vorrangiges Ziel in der Vermeidung der Doppelbesteuerung von grenzüberschreitenden Aktivitäten liegt, ist aufgrund des am 29.12.2010 in Berlin unterzeichneten Revisionsprotokolls geändert worden. Gegenstand der Änderung ist Artikel 26 des DBA, der Bestimmungen über den Austausch steuerlicher Informationen zwischen den beiden Ländern beinhaltet. Hintergrund der Änderung ist die Umsetzung des aktuellen OECD-Standards für Transparenz und effektiven Informationsaustausch, wiedergegeben in Artikel 26 des aktuellen OECD-Musterabkommens für Doppelbesteuerungsabkommen.

Änderung der Informationsaustauschklausel (Artikel 26)

Nach dem geänderten Artikel 26 des DBA-Österreich sind nunmehr Informationen zu übermitteln, die für die Besteuerung im ersuchenden Staat voraussichtlich erheblich sind. Dies bedeutet für die Praxis, dass Österreich nach dem Inkrafttreten des Revisionsprotokolls auf deutsches Ersuchen hin steuererhebliche Bankinformationen übermitteln muss, ohne dass – wie bislang von der österreichischen Rechtsprechung gefordert – die Voraussetzung der förmlichen Einleitung eines Strafverfahrens in Deutschland erfüllt sein muss. Die konkreten Anforderungen an ein Auskunftsersuchen sind in einer Protokollklausel präzisiert, die Bestandteil des geänderten DBA wird. Die Protokollklausel verweist dabei ergänzend auf die Kommentare der OECD zum OECD-Muster für DBA und zum OECD-Muster für Steuerinformationsaustauschabkommen.

Inkrafttreten

Das Revisionsprotokoll bedarf der Ratifikation in beiden Ländern, die voraussichtlich zeitnah erfolgen wird. Nach seinem Inkrafttreten wird der erweiterte Informationsaustausch zu Bankinformationen für Steuerjahre bzw. Veranlagungszeiträume anzuwenden sein, die am oder nach dem 1.1.2011 beginnen.

Anforderung an den Ergebnisabführungsvertrag bei ertragsteuerlicher Organschaft

Anforderung an den Ergebnisabführungsvertrag bei ertragsteuerlicher Organschaft

Kernproblem

Vorteil einer ertragsteuerlichen Organschaft ist insbesondere die Möglichkeit der Verrechnung von Gewinnen und Verlusten zweier rechtlich selbstständigen Unternehmen für ertragsteuerliche Zwecke. Voraussetzung für dessen steuerliche Anerkennung ist aber u. a. der Abschluss und die tatsächliche Durchführung eines Gewinnabführungsvertrags für eine Mindestdauer von 5 Jahren. Ist die Tochter- bzw. Organgesellschaft eine GmbH, muss der Ergebnisabführungsvertrag zusätzlich eine Verlustübernahmeverpflichtung entsprechend den Vorschriften des Aktiengesetzes (§ 302 AktG) enthalten. Nach ständiger Spruchpraxis des Bundesfinanzhofs (BFH) erstreckt sich das Regelungserfordernis auf § 302 Abs. 1 und Abs. 3 AktG sowie auf die Vereinbarung der Verjährungsregelung entsprechend § 302 Abs. 4 AktG.

Sachverhalt

Die klagende GmbH verpflichtete sich vertraglich, ihren ganzen Gewinn an die Mutterkapitalgesellschaft abzuführen. Außerdem wurde eine Verlustübernahmeverpflichtung „entsprechend den Vorschriften des § 302 Abs. 1 und 3 des AktG“ vereinbart. Mangels ausdrücklicher Aufnahme der Verjährungsregel (§ 302 Abs. 4 AktG) vertrat das beklagte Finanzamt die Auffassung, dass ein ertragsteuerliches Organschaftsverhältnis nicht zustande gekommen sei. Gestritten wurde letztendlich um die Frage, ob die Vollziehung des Bescheids über den Gewerbesteuermessbetrag 2007 auszusetzen ist, weil ernstlichen Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit bestehen. Dies wurde vom Finanzgericht (FG) zunächst bejaht, vom BFH aber schließlich abgelehnt.

Entscheidung

Der BFH bestätigte seine bisherige Rechtsprechung, dass sich das Regelungserfordernis der „Verlustübernahme entsprechend den Vorschriften des § 302 AktG“ zwingend auf § 302 Abs. 1 und Abs. 3 AktG und nach Einfügung der Verjährungsbestimmung des § 302 Abs. 4 AktG durch Gesetz vom 15.12.2004 auch auf diesen erstreckt. Lediglich eine Bezugnahme auf Absatz 2 der Vorschrift, der sich mit (für die ertragsteuerliche Organschaft nicht relevanten) Betriebspacht- oder Betriebsüberlassungsverträgen befasst, sei entbehrlich.

Konsequenzen

Der Beschluss des BFH erging zwar „nur“ in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, eine für den Steuerpflichtigen günstigere Auffassung im Hauptsacheverfahren erscheint derzeit aber eher unwahrscheinlich. Zur Vermeidung unliebsamer steuerlicher Folgen ist daher in der Praxis auf eine sorgfältige Formulierung des Ergebnisabführungsvertrags zu achten. Hierfür bietet sich insbesondere eine (dynamische) Vertragsformulierung an, die auf die Anwendung des § 302 AktG in seiner jeweils gültigen Fassung verweist.

Gebäudeherstellungsverpflichtung ist keine Gegenleistung für Erbbaurecht

Gebäudeherstellungsverpflichtung ist keine Gegenleistung für Erbbaurecht

Kernaussage

Die Verpflichtung zur Bestellung eines Erbbaurechts an einem inländischen Grundstück unterliegt der Grunderwerbsteuer. Bemessungsgrundlage für die Steuer ist die Gegenleistung. Verpflichtet sich die Veräußererseite zur Errichtung eines Gebäudes, so liegt hierin eine Gegenleistung, die der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen ist.

Sachverhalt

Die Klägerin ist ein Immobilienfonds, der ein Erbbaurecht an einem unbebautem Grundstück erwarb. Sie war gemäß Erbbaurechtsvertrag berechtigt und verpflichtet, auf dem Erbbaugrundstück eine Wohnanlage nach Maßgabe einer bereits erteilten Baugenehmigung zu errichten. Für die Fertigstellung der Wohnanlage schloss die Klägerin mit einer ihrer Gesellschafterinnen mehrere Geschäftsbesorgungsverträge (u. a. einen Vertrag über die Baubetreuung) ab. Das beklagte Finanzamt sah in dem Erwerb des Erbbaurechts und der Herstellung des Gebäudes einen einheitlichen Erwerbsgegenstand und bezog die Geschäftsbesorgungsverträge in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer mit ein. Das Finanzgericht schloss sich der Meinung des Finanzamts an, der Bundesfinanzhof gab schließlich der Klägerin Recht.

Entscheidung

Finanzamt und Finanzgericht hatten zu Unrecht angenommen, dass das von der Klägerin erworbene Erbbaurecht einschließlich des von ihr errichteten Gebäudes ein grunderwerbsteuerrechtlich einheitlicher Erwerbsgegenstand war. Laut Vertrag schuldete aber nicht die Erbbaurechtsgeberin die Bebauung des Grundstücks, vielmehr war die Klägerin selbst zur Errichtung des Gebäudes verpflichtet. Eine Verpflichtung der Veräußererseite zur Gebäudeerrichtung ergab sich auch nicht aus den abgeschlossenen Geschäftsbesorgungsverträgen. Die Errichtung des Gebäudes auf dem Erbbaugrundstück war keine Gegenleistung der Klägerin für die Bestellung des Erbbaurechts, sondern kam dieser zugute. Denn die Klägerin hat bei Erlöschen des Erbbaurechts einen Anspruch auf Entschädigung.

Konsequenz

In der Verpflichtung zur Herstellung eines Gebäudes liegt in der Regel keine Gegenleistung für die Bestellung eines Erbbaurechts.

Keine Eigenbedarfskündigung durch Personenhandelsgesellschaft

Keine Eigenbedarfskündigung durch Personenhandelsgesellschaft

Kernaussage

Personenhandelsgesellschaften können einen Mietvertrag nicht wegen Eigenbedarfs ihrer Gesellschafter kündigen (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB).

Sachverhalt

Der Beklagte mietet seit 2001 Wohnraum von der Klägerin, einer GmbH & Co. KG. Kommanditisten und Gesellschafter der persönlich haftenden Gesellschafterin der GmbH & Co. KG (also ihrer Komplementär-GmbH) ist ein Seniorenehepaar. Der Ehemann ist gleichzeitig Geschäftsführer der Komplementär-GmbH. Die Klägerin sprach im Jahr 2009 gegenüber dem Beklagten die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses aus. Die Kündigung wurde damit begründet, dass das Seniorenehepaar die Wohnung selbst benötigen würde. Die Räumungsklage hatte in keiner Instanz Erfolg.

Entscheidung

Die Eigenbedarfskündigung war nicht wirksam. Einer Personenhandelsgesellschaft kann der Eigenbedarf ihrer Gesellschafter nicht zugerechnet werden. Anders verhält es sich bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die insoweit nicht schlechter zu stellen ist als eine einfache Vermietermehrheit. Ob die Vermieter auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage einen gemeinsamen Zweck verfolgen, hängt häufig vom Zufall ab, so dass eine andere Wertung als willkürlich erscheinen würde. Die Gründung einer Kommanditgesellschaft (KG) oder offenen Handelsgesellschaft (oHG) erfolgt hingegen nicht zufällig, sondern setzt eine umfangreiche organisatorische und rechtsgeschäftliche Tätigkeit voraus. Eine vergleichbare Interessenlage ist daher nicht gegeben. Auch die Teilrechtsfähigkeit der GbR rechtfertigt keine Gleichbehandlung mit anderen Personengesellschaften. Die betrieblich bedingte Notwendigkeit, die Wohnung Mitarbeitern oder Geschäftsführern zur Verfügung zu stellen, begründet nur ein berechtigtes Interesse aber keinen Eigenbedarf.

Konsequenz

Der BGH grenzt mit dieser Entscheidung den Kreis der von einer Eigenbedarfskündigung begünstigten Personen deutlich ein. Der spätere Eigennutzungswunsch der Gesellschafter ist bereits bei der Rechtsformwahl zu beachten.

Einmal die gesamte Kanzlei beauftragt heißt immer beauftragt?

Einmal die gesamte Kanzlei beauftragt heißt immer beauftragt?

Kernaussage

Sozietäten aus Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern und Rechtsanwälten konnten auch vor Inkrafttreten des Rechtsdienstleistungsgesetztes im Namen und mit Wirkung für die Sozietät Rechtsberatung anbieten und abrechnen, auch wenn die Leistung „Rechtsberatung“ nur von dem Partner erbracht werden kann, der die Anwaltszulassung besitzt. Hat ein Mandant eine Beratersozietät beauftragt, so kommt nach aktuellem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) das im engen zeitlichen Anschluss erteilte Mandat im Zweifel wieder mit der Sozietät zustande.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine Steuerkanzlei, die als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) organisiert ist. Die Beklagte hatte sich im Jahr 2005 von dieser Kanzlei in Person einer Rechtsanwältin, die dort Gesellschafterin war, mehrfach vertreten lassen. Im Mai 2008 ließ sich die Beklagte in erbrechtlich Fragen erneut von der Rechtsanwältin beraten. Diese schied im Juli 2008 aus der klagenden Kanzlei aus und rechnete das streitige Mandat gegenüber der Beklagten ab, die die Rechnung beglich. Wenige Tage später erteilte die Klägerin der Beklagten eine Rechnung, die nicht mehr bezahlt wurde. Erst vor dem Bundesgerichtshof hatte die Klägerin mit ihrer Zahlungsklage Erfolg.

Entscheidung

Der BGH entschied entgegen der Auffassung der Vorinstanzen, dass ein der Klägerin erteilter Rechtsberatungsauftrag nicht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig sei. Gemischte Sozietäten zur gemeinschaftlichen Berufsausübung sind im Rahmen der eigenen beruflichen Befugnisse seit langem anerkannt. Die entsprechende Vorschrift der Bundesrechtsanwaltsordnung (§ 59 a BRAO) ist verfassungskonform und mit Blick auf die Zwecke des gesetzlichen Berufsrechts dahin auszulegen, dass der Gesetzgeber den Weg zum Abschluss und zur Erfüllung anwaltlicher Mandate durch die gemischte Sozietät frei gemacht hat, sofern diese rechtsfähig sind. Lediglich die tatsächliche Erbringung dieser Dienstleistungen bleibt den Rechtsanwälten vorbehalten.

Konsequenz

Das neue Rechtsdienstleistungsgesetz ist am 1.7.2008 in Kraft getreten hat das Rechtsberatungsgesetz abgelöst. Mit dem vorliegenden Urteil ist eine Abkehr von der bisherigen restriktiven Rechtsprechung, wonach der Rechtsberatungsvertrag wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig sei, zugunsten größerer Vertrags- und Koalitionsfreiheit der Sozietäten zu verzeichnen.

Aktivierung von Wirtschaftsgütern in der Steuerbilanz

Aktivierung von Wirtschaftsgütern in der Steuerbilanz

Kernfrage

Wann sind Steuererstattungsansprüche zu bilanzieren? Diese Frage und dabei insbesondere die Klärung der einzunehmenden Perspektive (wirtschaftliche oder rechtliche Betrachtungsweise), beschäftigte kürzlich das Finanzgericht Düsseldorf.

Sachverhalt

Am 17.2.2005 entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass Erlöse aus dem Betrieb von Glücksspielautomaten umsatzsteuerfrei zu behandeln sind. Das beklagte Finanzamt berücksichtigte in der Folge eine Steuerforderung betreffend die Rückzahlung von Umsatzsteuer in der Steuerfestsetzung für die betroffene – klagende – GmbH in 2005. Es ging hierbei insbesondere um erst in 2006 erstattete Umsatzsteuer für 2004 in der Bilanz des Jahres 2005. Ein geänderter Umsatzsteuerbescheid für 2004 lag zum Aufstellungszeitpunkt nicht vor, wohl aber geänderte Umsatzsteuerbescheide der Vorjahre bis 2003.

Entscheidung

Steuerliche Brisanz hat die Berücksichtigung der zu erwartenden Umsatzsteuererstattungsansprüche des Jahres 2004 in der Bilanz 2005, obwohl bis zur Bilanzaufstellung noch kein entsprechender Bescheid ergangen war, der den Erstattungsanspruch dokumentierte. Das Finanzgericht Düsseldorf begründet die Entscheidung mit der Ermittlung des Gewinns der klagenden GmbH nach dem Betriebsvermögensvergleich, in dessen Rahmen eine nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten betrachtete, durchsetzbare Forderung zu aktivieren ist. Indiz für die Steuerforderung aus Umsatzsteuer 2004 waren die bereits vorliegenden geänderten Vorjahresbescheide zur Umsatzsteuer bis einschließlich 2003. In jedem Falle waren die Forderungen auf Umsatzsteuererstattung bis zu dem Zeitpunkt des EuGH-Urteils noch streitig und somit nicht anzusetzen. Nach dem EuGH-Urteil aber konnte die GmbH nach der Argumentation des Gerichts damit rechnen, dass in der Zukunft auch für das Jahr 2004 eine geänderte Umsatzsteuerfestsetzung ergehen würde.

Konsequenz

Die Finanzverwaltung hat sich, insoweit dies mit dem entschiedenen Fall vergleichbare Fälle betrifft, zur wirtschaftlichen Betrachtungsweise bekannt. Daher sind bei Aufstellung des Jahresabschlusses sowie der Steuerbilanz vorhandene Steuerbescheide ggf. auf ihre „Beständigkeit“ zu prüfen, insbesondere, wenn sie, wie im entschiedenen Fall, ertragsteuerlich relevante Steuern wie die Umsatzsteuer betreffen.

Konkludente Genehmigung einer Einzugsermächtigungslastschrift?

Konkludente Genehmigung einer Einzugsermächtigungslastschrift?

Kernaussage

Die Tatsache, dass ein Schuldner einer Belastungsbuchung trotz Kenntnis bei Weiternutzen des Kontos nicht widerspricht, enthält noch keine Billigung der Buchung. Der Bundesgerichtshof entschied nun, dass im unternehmerischen Geschäftsverkehr im Einzelfall das Schaffen einer ausreichenden Kontodeckung für weitere Dispositionen für eine stillschweigende (konkludente) Genehmigung sprechen kann.

Sachverhalt

Der Kläger verlangt als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin von der Rechtsvorgängerin der beklagten Bank die Auszahlung von Beträgen, die im Oktober und November 2006 als Lastschrift von dem Girokonto der Schuldnerin abgebucht wurden. Gemäß den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Beklagten mussten Einwendungen gegen Abbuchungen binnen 6 Wochen nach Zustellung des vierteljährlich erfolgenden Rechnungsabschlusses erhoben werden. Ein Unterlassen rechtzeitiger Einwendungen galt als Genehmigung. Die Beklagte hatte einen Kontoabschluss zum 31.10.2006, danach nur eine Monatsübersicht für November 2006 erstellt. Anfang 2007 teilte der Kläger der Beklagten mit, noch nicht genehmigte Lastschriften nicht mehr zu genehmigen. Die Beklagte, die eine stillschweigende Vereinbarung monatlicher Abschlüsse behauptet, reichte nur die ab Dezember 2006 eingelösten Lastschriften zurück und verweigerte die Rückbuchung der beiden vorangegangenen. Die hiergegen gerichtete Klage blieb schließlich erfolglos.

Entscheidung

Die Schuldnerin hat die Buchungen von Oktober und November 2006 durch schlüssiges Verhalten genehmigt. Zwar genügt zur Annahme einer konkludenten Genehmigung vor Fristablauf nicht allein die Tatsache, dass das Konto ohne Einwendungen weiter genutzt wird, d. h. mindestens einen Monat lang weitere Dispositionen auf dem Konto vorgenommen werden. Auch dürfen Banken nicht nur aufgrund des Charakters als wiederkehrende Lastschrift darauf vertrauen, dass diese genehmigt werden. Im Einzelfall kann jedoch für eine Genehmigung sprechen, dass von dem Kontoinhaber nach einer Belastung für ausreichend Deckung gesorgt wird, um andere Abbuchungen zu ermöglichen. Hier wollte der Kontoinhaber ersichtlich eine Unterdeckung des Kontos vermeiden. Da der einfachste Weg dafür ein Zurückweisen der Belastung gewesen wäre, war aus Sicht der beklagten Bank der Schluss gerechtfertigt, die Lastschrift würde genehmigt.

Konsequenz

Im Geschäftsverkehr kann ein Ausgleich fehlender Deckung aus eigenen Mitteln für eine Genehmigung ungewollter Lastschriften sprechen. Mindestens zeitgleich mit dem Ausgleich muss der Bank daher ein Widerspruch zugehen, da die Genehmigung auch vor dem gemäß Banken-AGB vereinbarten Fristablauf erfolgen kann.

AGB-Kontrolle: Pauschale Abgeltung von Überstunden kann unwirksam sein

AGB-Kontrolle: Pauschale Abgeltung von Überstunden kann unwirksam sein

Kernfrage

Die Vergütung von Überstunden ist häufiger Streitpunkt in Arbeitsverhältnissen. Insbesondere ist streitig, ab welchem Umfang und in welcher Form Überstunden zu vergüten sind. Häufig enthalten Arbeitsverträge daher Klauseln, die die Überstundenvergütung oftmals in pauschaler Form regeln sollen. Über eine solche Klausel hatte das Bundesarbeitsgericht in einer jüngeren Entscheidung zu befinden.

Sachverhalt

Der Kläger erhielt ein monatliches Bruttogehalt von 3.000 EUR. Hierzu sah der Standard-Arbeitsvertrag des Arbeitgebers folgende Klausel vor: „Das Bruttogehalt bezieht sich auf 45 Arbeitsstunden wöchentlich. Davon sind 38 Normalstunden und 7 Mehrarbeitsstunden (…). Mit der vorstehenden Vergütung sind erforderliche Überstunden des Arbeitnehmers mit abgegolten.“ Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses wies das Arbeitszeitkonto des Klägers ein Guthaben von 102 Stunden aus, die der Kläger ausgezahlt zu bekommen verlangte. Zuletzt gab dem Kläger das Bundesarbeitsgericht Recht.

Entscheidung

Das Gericht urteilte, zwar sehe der Arbeitsvertrag vor, dass etwaige Überstunden bereits mit dem regulären Monatsgehalt abgegolten seien. Diese Vertragsklausel sei jedoch unklar und missverständlich. Eine pauschale Überstundenklausel könne nur dann Bestand haben, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergebe, welche Arbeitsleistungen von ihr erfasst werden sollen. Der Arbeitnehmer müsse bereits bei Vertragsschluss erkennen können, was „auf ihn zukomme“ und welche Leistung er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen müsse. Diesen Anforderungen genüge die konkrete Klausel nicht.

Konsequenz

Mit der Entscheidung setzt das Bundesarbeitsgericht erste Maßstäbe an die Konkretisierung von Überstundenklauseln. Zum einen darf eine Überstundenvergütung nicht kategorisch ausgeschlossen werden. Zum anderen muss hinreichend deutlich werden, welche Maximalarbeitszeit für das feste Grundgehalt zu leisten ist.

Änderungen von Versorgungsverträgen müssen schriftlich erfolgen

Änderungen von Versorgungsverträgen müssen schriftlich erfolgen

Kernfrage

Gerade bei Gestaltungen der vorweggenommenen Erbfolge erfolgt die Übertragung von Vermögen auf die nächste Generation zur Versorgung der Übergeber gegen vertraglich vereinbarte Versorgungsleistungen, die der Empfänger leisten muss. Diese Versorgungsleistungen sind beim Erwerber unter Umständen ertragsteuerlich als Sonderausgaben abziehbar. Der Bundesfinanzhof hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob der Sonderausgabenabzug gefährdet ist, wenn die vertraglich vereinbarten Versorgungsleistungen zwischen den Parteien (formlos) abgeändert werden.

Sachverhalt

Der Kläger hatte insbesondere ein Unternehmen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge gegen Zahlung einer monatlichen Rente von den Eltern erhalten, die nach dem Vertrag unter bestimmten Voraussetzungen abänderbar war. Obwohl der Kläger wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten über knapp 2 Jahre keine Rentenzahlungen leistete, machte er die Versorgungsleistungen als Sonderausgaben steuerlich geltend. Das beklagte Finanzamt erkannte diese Praxis nicht an, weil die Änderung der vertraglichen Versorgungsleistungen willkürlich erfolgt sei. Das Finanzgericht in erster Instanz gab dem Kläger zunächst Recht, weil die wirtschaftlichen Schwierigkeiten einer willkürlichen Abänderung entgegen stünden, wurde aber vom Bundesfinanzhof korrigiert.

Entscheidung

Zwar ließ es der Bundesfinanzhof zu, dass die Aussetzung vereinzelter Zahlungen von Versorgungsleistungen nicht zur Versagung des Sonderausgabenabzugs führen könne, soweit wenigstens durch tatsächliches Verhalten (konkret zeitnahe Wiederaufnahme und Fortsetzung der Zahlungen) erkennbar sei, dass die Parteien an der Vereinbarung festhalten wollten. Bei einer „Aussetzung“ der Zahlungen über einen längeren Zeitraum hinweg sei es aber erforderlich, dass eine schriftliche Vereinbarung über die Änderungen in den Versorgungsleistungen vorliege. Anderenfalls müsse der Sonderausgabenabzug versagt werden.

Konsequenz

Nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofs wird man sicherheitshalber jede Art der Veränderung in Versorgungsleistungen schriftlich fixieren müssen, um die steuerliche Anerkennung nicht zu gefährden.

Veröffentlichungspflicht von EU-Agrarbeihilfeempfänger

Veröffentlichungspflicht von EU-Agrarbeihilfeempfänger

Kernaussage

Bislang haben die EU-Mitgliedsstaaten jedes Jahr nachträglich Informationen über die Empfänger von Mitteln aus dem Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft sowie dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums veröffentlicht. Dies erfolgte durch Nennung des Begünstigten, seiner Niederlassung bzw. seines Wohnorts mit Postleitzahl sowie durch Angabe der aus dem Fonds erhaltenen Jahresbeträge.

Sachverhalt

Gegen die Veröffentlichung der sie betreffenden Daten haben vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden 2 Landwirte Klage erhoben und begehrt, das Land Hessen zu verpflichten, die Veröffentlichung zu unterlassen. Insbesondere vor dem Hintergrund des nicht gerechtfertigten Eingriffs in das Grundrecht auf Schutz der personenbezogenen Daten ersuchte das Verwaltungsgericht den Europäischen Gerichtshof, die Gültigkeit der Bestimmung zu prüfen.

Entscheidung

Der EuGH sieht in der Veröffentlichungspflicht eine Verletzung der Achtung des Privatlebens im Allgemeinen. Durch Veröffentlichung der Namen der Mittelempfänger sowie der Höhe der erhaltenen Beträge können auch Dritte die Daten ohne Zugangsbeschränkungen einsehen. Diese Tatsachen überwiegen derart, dass das Schutzbedürfnis nicht durchbrochen werden darf. Damit sind die veröffentlichten Daten in der bisherigen Form unverhältnismäßig, so dass einer öffentlichen Information über die Verwendung von Steuergeldern widersprochen werden muss.

Konsequenz

Damit beschränkt der EuGH die Veröffentlichung der Empfänger von EU-Agrarhilfen. Das Urteil hat Wirkung ab dem Tag der Verkündigung. Zurückliegende Veröffentlichungen sollen demnach nicht in Frage gestellt werden.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin