Wann ist Heilmittelwerbung zulässig?

Wann ist Heilmittelwerbung zulässig?

Kernaussage
Eine Bezugnahme auf Studienergebnisse, die in der Werbung oder im Rechtsstreit als Beweis für gesundheitliche Aussagen vorgelegt werden, ist dann nicht irreführend, wenn diese nach anerkannten Regeln wissenschaftlicher Forschung durchgeführt und ausgewertet wurden.

Sachverhalt
Die Parteien vertreiben Arzneimittel zur Behandlung von Diabetes mellitus, die auf unterschiedlichen Wirkstoffen beruhen. Die Beklagte warb mit der Aussage, dass der von ihr verwendete Wirkstoff zu einer geringeren Gewichtszunahme führe. Diese Aussage wurde gestützt auf eine Studie in Form einer Zusammenfassung mehrerer wissenschaftlicher Untersuchungen (Metaanalyse). Die Klägerin meint, die Webeaussage sei irreführend und wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert. Sie wendet sich zum einen gegen die Werbeaussage unter Bezugnahme auf die Studie und zum anderen gegen die Werbeaussage ohne Bezugnahme darauf. Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Der Bundesgerichtshof (BGH) hob das Urteil auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung zurück.

Entscheidung
Der BGH gab der Klägerin Recht, soweit die Werbeaussage unter Bezugnahme auf die Studie erfolgt. Insofern kommt eine Irreführung unter dem Gesichtspunkt des Verstoßes gegen den Grundsatz der „Zitatwahrheit“ in Betracht. Studienergebnisse, die als Beleg einer gesundheitsbezogenen Aussage angeführt werden, sind nur dann aussagekräftig, wenn sie nach den anerkannten Regeln und Grundsätzen wissenschaftlicher Forschung durchgeführt und ausgewertet wurden. Ob die als Metaanalyse erstellte Studie die Werbeaussage tragen kann, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Jedenfalls muss hinreichend deutlich in der Werbeaussage auf die Besonderheit der Art, Durchführung und Auswertung sowie eingeschränkte wissenschaftliche Aussagekraft dieser Studie hingewiesen werden. Ohne Studien-Hinweis darf die Beklagte jedoch mit der geringeren Gewichtszunahme werben, da der Effekt von den Zulassungsbehörden überprüft und bestätigt wurde. Eine Irreführung liegt nur dann vor, wenn die Klägerin beweist, dass neuere wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, die diese Beurteilung nicht mehr tragen.

Konsequenz
Um die Gefahr einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung zu vermeiden, sollte in Werbeaussagen die Wirkungsweise mit angebotenen Waren nur dann in Verbindung gebracht werden, wenn diese wissenschaftlich belegt sind.

Gesetz zur Stärkung des Ehrenamts

Gesetz zur Stärkung des Ehrenamts

Kernaussage
Das „Gesetz zur Stärkung des Ehrenamts“ soll den steuerbegünstigten Körperschaften und den ehrenamtlich Tätigen die Arbeit erleichtern. Hierzu sollen die rechtlichen Rahmenbedingungen entbürokratisiert und flexibilisiert werden.

Ausgewählte Neuregelungen
– Vereinfachung des Nachweises der Hilfsbedürftigkeit für mildtätige Körperschaften. – Verlängerung der Frist zur zeitnahen Mittelverwendung auf 2 Jahre. – Zusammenfassung der Voraussetzungen zur Rücklagenbildung in einem einzigen Paragrafen. – Schaffung der Möglichkeit, dass eine steuerbegünstigte Körperschaft eine andere steuerbegünstigten Körperschaft mit zusätzlichem oder erstmalig mit Vermögen ausstattet. – Einführung eines neues Verwaltungsverfahrens zur Prüfung der Satzungen. – Anhebung der Umsatzgrenze bei Sportveranstaltungen auf 45.000 EUR. – Anhebung der Übungsleiterpauschale von 2.100 EUR auf 2.400 EUR pro Jahr; selbiger Betrag gilt für Vormünder, Betreuer und Pfleger. – Anhebung der Ehrenamtspauschale von 500 EUR auf 720 EUR. – Begrenzung der Haftung von Organmitgliedern, besonderen Vertretern, aber auch von Vereinsmitgliedern. – Aufnahme von Regelungen zur Verbrauchsstiftung im BGB. – Gemeinnützige GmbH’s dürfen Abkürzung „gGmbH“ verwenden.

Konsequenzen
Die Neuregelungen sind grundsätzlich zu begrüßen. Zu beachten ist, dass einige davon rückwirkend zum 1.1.2013 in Kraft treten. Manche treten am Tag nach der Verkündigung des Gesetzes, manche ab dem 1.1.2014 und eine erst ab dem 1.1.2015 in Kraft.

Arbeitslohn bei Betriebsveranstaltungen: 110 Euro-Grenze bleibt (noch)

Arbeitslohn bei Betriebsveranstaltungen: 110 Euro-Grenze bleibt (noch)

Kernproblem
Vom Arbeitgeber an seine Arbeitnehmer gewährte Bezüge und Vorteile können Arbeitslohn darstellen, wenn sie für die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft gewährt werden. Arbeitslohn liegt jedoch nicht vor, wenn die Bereicherung des Arbeitnehmers im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse erfolgt. Dies kann auch bei Leistungen aus Anlass von Betriebsveranstaltungen der Fall sein, denn hiermit ist zumeist die Förderung des Kontakts der Arbeitnehmer untereinander und damit des Betriebsklimas beabsichtigt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seiner bisherigen Rechtsprechung in typisierender Gesetzesauslegung eine Freigrenze geschaffen, bei deren Überschreitung Arbeitslohn als steuerpflichtig zu qualifizieren ist. Die zurzeit geltende Freigrenze beträgt seit dem Jahr 2002 unverändert 110 EUR je Veranstaltung und hat sich im Prinzip ab dem Jahr 1993 (200 DM) nicht verändert. Das war Streitpunkt vor dem BFH.

Sachverhalt
Eine Rechtsanwaltsgesellschaft führte jährlich ein Sommerfest und in der Adventszeit eine Weihnachtsfeier für ihre Mitarbeiter durch. Für das im Jahr 2007 stattgefundene Sommerfest mietete sie entsprechende Räumlichkeiten, organisierte Speisen, Getränke und Live-Musik sowie die An- und Abreise der Teilnehmer. Die Kosten beliefen sich auf durchschnittlich 175 EUR je Teilnehmer. Für den auf die Arbeitnehmer entfallenden Anteil erließ das Finanzamt einen Lohnsteuerbescheid. Hiergegen klagten die Rechtsanwälte erfolglos vor dem Finanzgericht und forderten den BFH im Revisionsverfahren auf, die Freigrenze an die Preisentwicklung anzupassen.

Entscheidung
Der BFH sah die Anpassung der Freigrenze an die Geldentwertung nicht als seine Aufgabe an und hielt zumindest noch für das Jahr 2007 an der Freigrenze von 110 EUR fest. In seiner Urteilsbegründung fordert der BFH jedoch die Finanzverwaltung praktisch dazu auf, „alsbald“ den Höchstbetrag auf der Grundlage von Erfahrungswissen neu zu bemessen. Im Übrigen behalte er sich vor, seine bisherige Rechtsprechung zur Bestimmung einer Freigrenze als Ausfluss typisierender Gesetzesauslegung zu überprüfen. Der BFH hat dem Streitfall trotz des Festhaltens an der Freigrenze an das Finanzgericht zurückverwiesen. Das soll jetzt sicherstellen, dass nur untrennbare Teile der Veranstaltung berücksichtigt werden, und nicht z. B. Kosten der Buchhaltung oder eines Event-Managers, weil der Arbeitnehmer insoweit nicht bereichert ist. Zudem sind direkt zuzurechnende Zuwendungen (z. B. Taxi bei An- und Abreise) nur einzelnen Arbeitnehmern zuzuordnen.

Konsequenz
Unabhängig von der Höhe der Freigrenze sollten die Hinweise des BFH zur Ermittlung der unmittelbaren Kosten beachtet werden. Auch die direkte Zuordnung einzelner Kosten, je nach Sachverhalt und Gesellschaftsform auch an den Unternehmer/Mitunternehmer persönlich, kann dazu beitragen, die Freigrenze zu unterschreiten. Die Mühe lohnt sich, denn sonst ist auch der Vorsteuerabzug dahin.

Zufluss und Bewertung bei Verwertung von Aktienoptionen

Zufluss und Bewertung bei Verwertung von Aktienoptionen

Kernaussage
Die Gewährung von Aktienoptionen an den Arbeitnehmer führt noch nicht zum Zufluss von Arbeitslohn. Der Zufluss erfolgt erst in dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitnehmer das gewährte Optionsrecht verwertet. Die Art der Verwertung ist hierbei unerheblich.

Sachverhalt
Dem Kläger waren von seiner Arbeitgeberin Aktienoptionen gewährt worden. Kurz darauf verkaufte er diese Optionsrechte unter Wert an eine GmbH, deren alleiniger Gesellschafter er war. Diese GmbH übte 2 Jahre später das Optionsrecht aus und erhielt die versprochenen Aktien. Im Rahmen einer Betriebsprüfung der Arbeitgeberin des Klägers fiel der Vorgang auf. Das beklagte Finanzamt änderte daraufhin den Einkommensteuerbescheid des Klägers für den Veranlagungszeitraum, in dem die GmbH die Option ausgeübt und die Aktien erhalten hatte. Das Finanzgericht wies die hiergegen gerichtete Klage ab.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof (BFH) hob das finanzgerichtliche Urteil auf und gab der Klage statt. Zu Recht sei das Finanzgericht zwar davon ausgegangen, dass die Gewährung des Optionsrechts durch den Arbeitgeber noch nicht zum Zufluss von Arbeitslohn führe. Demgegenüber führe allerdings jegliche Verwertung dieses Optionsrechts zum Zufluss von Arbeitslohn. Eine solche Verwertung sei insbesondere der Verkauf der Option an einen anderen Rechtsträger. Hierbei sei auch nicht erheblich, ob der Verkauf möglicherweise unter Wert erfolgte. Denn auch die damit verwirklichte verdeckte Einlage stelle einen Veräußerungsvorgang dar und führe als Verwertung des Optionsrechts zum Zufluss. Zugrunde zu legen sei im konkreten Fall also der Marktwert der Aktien im Zeitpunkt des Verkaufs an die GmbH des Klägers. Jedenfalls aber sei im streitgegenständlichen Jahr kein Zufluss beim Kläger festzustellen. Eine Besteuerung sei daher nicht möglich.

Konsequenz
Die Einräumung von Optionsrechten führt noch nicht zu einem steuerpflichtigen Zufluss, wohl aber deren Verwertung. Erfolgt die Verwertung durch Ausübung des Optionsrechts, liegt im Zeitpunkt der Einbuchung der Aktien im Depot ein Zufluss in Höhe des Marktwerts vor. Werden die Optionsrechte verkauft, so sind die Höhe des Kaufpreises sowie der Zeitpunkt der Kaufpreiszahlung maßgebend. Werden die Optionsrechte aufgrund gesellschaftsrechtlicher Veranlassung (verdeckt) eingelegt, so liegt auch insoweit ein Verwertungsvorgang vor, der im Zeitpunkt der Einlage zu einem Zufluss in Höhe des Marktwerts führt.

Entfernungspauschale bei Dreiecksfahrten

Entfernungspauschale bei Dreiecksfahrten

Kernproblem
Für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mindert sich die Einkommensteuer um die Entfernungspauschale. Die Pauschale von 30 Cent je Entfernungskilometer ist unabhängig vom tatsächlich genutzten Verkehrsmittel abzugsfähig. Ob die Strecke mit eigenem oder fremdem Pkw, öffentlichen Verkehrsmitteln, Moped, Fahrrad oder gar zu Fuß zurückgelegt wurde, ist irrelevant. Das gilt selbst für Tage, an denen z. B. wegen Nutzung einer Fahrgemeinschaft keine Kosten entstanden sind. Was für den einen von Vorteil ist, kann sich jedoch für den anderen als nachteilig erweisen. Aus Gleichheitsgrundsätzen gilt die Entfernungspauschale auch für Selbstständige. Haben diese einen Pkw im Betriebsvermögen, ergeben sich bei Ermittlung der tatsächlichen Kosten mit Abschreibungen, Reparaturen usw. zumeist wesentlich höhere Beträge, als die vom Gesetz gewährten 15 Cent je tatsächlich gefahrenem Kilometer zur Betriebsstätte und zurück. Der Abzug der tatsächlichen Kosten gilt dagegen für Reisekosten. Von daher ist entscheidend, wie so genannte „Dreiecksfahrten“ steuerlich behandelt werden.

Sachverhalt
Ein selbstständiger Steuerberater behandelte seine Dreiecksfahrten (entweder Wohnung-Mandant-Büro-Wohnung oder Wohnung-Büro-Mandant-Wohnung) komplett als betriebliche Fahrten mit vollem Kostenabzug. Das Finanzamt wollte das nur für die Teilstrecken akzeptieren, die unmittelbar beim Mandanten begannen oder endeten. Für die jeweils unmittelbare Fahrt zwischen Wohnung und Betrieb setzte es die hälftige Entfernungspauschale von 15 Cent an. Hiergegen klagte der Steuerberater auf Ansatz der tatsächlichen Kosten vor dem Finanzgericht Münster.

Entscheidung
Der Steuerberater konnte einen Teilerfolg erringen, denn das Gericht gewährte ihm zumindest die komplette Entfernungspauschale von 30 Cent. Einen darüber hinaus gehenden Abzug lehnte es ab, weil der vorherige oder nachgelagerte Mandantenbesuch die Eigenschaft der Fahrtstrecke als solche zwischen Wohnung und Betriebsstätte nicht automatisch aufhebe. Die typisierende Regelung gelte auch dann, wenn der gesetzgeberische Zweck zur Minderung der Wegekosten im Einzelfall nicht erreichbar sei. Wegen der pauschalierenden Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale sah das Finanzgericht allerdings auch keinen Raum für eine Halbierung, selbst wenn für einen der beiden Wege bereits ein voller Betriebsausgabenabzug gewährt wurde.

Konsequenz
Dass die Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängig geworden ist, wird zumindest das Renommee des klagenden Steuerberaters erhöhen. Materiell geht der Ansatz der kompletten Entfernungspauschale bereits weiter, als dies die Verwaltungsanweisungen im Lohnsteuerrecht vorsehen. Sollte die Entscheidung weiterhin Bestand haben, müsste sich das auch für Arbeitnehmer positiv auswirken.

Wann ist der Beitritt des Aufsichtsrats-Mitglieds bei Rechtsstreiten der AG zulässig?

Wann ist der Beitritt des Aufsichtsrats-Mitglieds bei Rechtsstreiten der AG zulässig?

Kernaussage
Eine Aktiengesellschaft (AG) wird im Rechtsstreit mit ihren Vorständen – auch künftige oder ausgeschiedene – durch den Aufsichtsrat vertreten. Die Vertretungsmacht steht dabei dem Gesamtaufsichtsrat als Organ zu. Ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied ist daher als eine „andere Person“ zu werten und kann zulässigerweise dem Rechtsstreit auf Seiten der AG beitreten, wenn hieran ein rechtliches Interesse besteht (sog. Nebenintervention).

Sachverhalt
Die Beklagte ist eine AG, an der 2 zerstrittene Familienstämme über eine Holding beteiligt sind. Die Kläger wurden wirksam zu Mitgliedern des Vorstandes berufen und wenden sich mit der Klage gegen einen Abberufungsbeschluss des Aufsichtsrates. Dieser stimmte mit 3:3 Stimmen ab. Gemäß der Satzung der beklagten AG führt Stimmgleichheit zur Ablehnung des Beschlussantrags. Der Aufsichtsratsvorsitzende entschied, dass die Stimmen gegen die Abberufung missbräuchlich ausgeübt wurden und damit nicht zu berücksichtigen seien. Infolge dessen waren die Vorstände mit 3:0 Stimmen abberufen. Das Landgericht gab den Klägern Recht. Die Berufung wurde als unzulässig verworfen, weil der Prozessbevollmächtigte der AG nur durch den Aufsichtsratsvorsitzenden bevollmächtigt wurde. Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde der AG, der ein Mitglied des Aufsichtsrats als Nebenintervenient beigetreten ist. Die Kläger haben beantragt, die Nebenintervention zurückzuweisen.

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof (BGH) ließ den Beitritt zu. Die Nebenintervention setzt einen zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit voraus. Der Streit, ob der gesetzliche Vertreter einer Partei im Verhältnis zu dieser eine andere Person im Rechtssinne ist, brauchte vorliegend nicht entschieden zu werden, denn das einzelne Aufsichtsratsmitglied ist nicht gesetzlicher Vertreter, sondern der Aufsichtsrat als Organ. Der Vorgang einheitlicher Willensbildung kann durch das einzelne Mitglied nicht ersetzt werden. Das rechtliche Interesse am Beitritt folgt aus der Verantwortung des Aufsichtsrats für die von ihm gefassten Beschlüsse.

Konsequenz
Bei der Prozessvertretung einer AG ist tunlichst auf die ordnungsgemäße Vertretungsbefugnis zu achten. Anderenfalls ist die Klage mangels Prozessfähigkeit bzw. ordnungsgemäßer Klageerhebung bereits als unzulässig abzuweisen.

Verletzung in der Raucherpause ist kein Arbeitsunfall

Verletzung in der Raucherpause ist kein Arbeitsunfall

Kernfrage
Bei Arbeitsunfällen tritt die gesetzliche Unfallversicherung ein, um den durch den Unfall verursachten Schaden zu regulieren. Oftmals ist aber streitig, ob es sich bei einem Unfall, der im Zusammenhang mit der Tätigkeit geschieht, auch tatsächlich um einen Arbeitsunfall handelt. Dies betrifft insbesondere solche Unfälle, die in Pausenzeiten geschehen. Das Sozialgericht Berlin hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob ein Unfall anlässlich einer Raucherpause einen Arbeitsunfall darstellt.

Sachverhalt
Die Kläger kehrte nach einer Raucherpause zurück zum Arbeitsplatz, stieß dabei mit einem Kollegen zusammen, der deshalb Wasser verschüttete, auf dem der Kläger ausrutschte und sich einen Arm brach. Nach seiner Auffassung handelte es sich um einen Arbeitsunfall, weil er den Weg, auf dem er sich befand, mehrmals am Tag zurücklegte.

Entscheidung
Das Sozialgericht Berlin wies die Klage ab. Arbeitsunfälle seien ausschließlich solche Unfälle infolge einer versicherten Tätigkeit. Mit anderen Worten, es müsse ein Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der Tätigkeit bestehen. Dies sei hier nicht der Fall, weil die Zurücklegung des Weges zwischen Arbeitsplatz und Raucherbereich nicht infolge der Tätigkeit sondern zum persönlichen Genuss erfolgt sei. Insoweit sei der private Entschluss zu rauchen anders zu beurteilen als der Gang zur Kantine. Dieser sei versichert, um die Arbeitskraft zu erhalten.

Konsequenz
Die Entscheidung fügt sich in eine Reihe von Entscheidungen der Sozialgerichte ein, die privat veranlasste Pausen (z. B. auch der Toilettengang) – ausgenommen die Mittagspause, soweit sie zum Erhalt der Arbeitskraft aufgewendet wird – nicht mehr der versicherten Tätigkeit und damit auch nicht dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung zurechnen. Ungeachtet dessen treibt die Rechtsprechung hier „Stilblüten“. So soll der Eisverzehr auf dem grundsätzlich versicherten Heimweg, nicht versichert sein, weil das Eisessen dem privaten Bereich zuzuordnen sei, wohingegen der Süßigkeitenkauf in der Mittagspause zum Verkehr am Arbeitsplatz versichert ist.

Erbschaftsteuerliche Lohnsummenregelung bei Beteiligungen

Erbschaftsteuerliche Lohnsummenregelung bei Beteiligungen

Hintergrund
Im Rahmen der Erbschaftsteuerreform in ihrer derzeit geltenden Fassung muss man, um in den Genuss der Privilegierungen für Betriebsvermögen zu gelangen, das sogenannten Lohnsummenkriterium einhalten. Je nachdem, ob man die Regelverschonung von 85 % oder die Vollverschonung anstrebt, müssen entweder über einen Zeitraum von 5 oder 7 Jahren hinweg die Lohnsummen des übertragenen Betriebsvermögens zu 400 % oder 700 % eingehalten werden. Die Finanzminister der Länder haben jetzt für alle Erwerbe, bei denen die Steuer nach dem 30.6.2011 entstanden ist, zu Einzelfragen dieses Lohnsummenkriteriums aus Sicht der Finanzverwaltung Stellung genommen.

Der Ländererlass
Der Länderlass nimmt dabei mit entsprechenden Berechnungsbeispielen insbesondere zu folgenden Zweifelsfragen des Lohnsummenkriteriums Stellung: Behandlung von Lohnsummen in Beteiligungsgesellschaften (Tochter-, Enkelgesellschaft usw.) des übertragenen Betriebsvermögens; und zwar unterteilt danach, ob in dem übertragenen Betriebsvermögen Beteiligungen (im In- und Ausland) in Form von Anteilen an Kapitalgesellschaften oder Personengesellschaften gehalten werden. Bei Kapitalgesellschaften spielt dabei insbesondere die Beteiligungsgrenze von 25 % eine Rolle, bei Personengesellschaften wird die Lohnsumme entsprechend der Beteiligungsquote zugerechnet. Behandlung von Lohnsummen, in Gesellschaften bzw. Beteiligung, die innerhalb der Behaltensfristen in das übertragene Betriebsvermögen hinzukommen; hierher gehören die Fälle der Unternehmensankäufe oder der Erhöhung von Beteiligungsquoten.

Hinweis
Der Erlass ist auf Erwerbe anwendbar, bei denen die Steuer nach dem 30.6.2011 entsteht; dies allerdings nur, soweit die Feststellungsbescheide noch nicht bestandskräftig sind. Sind Steuerbescheide mit vorherigem Steuerentstehungszeitpunkt noch nicht bestandskräftig, können die Grundsätze des Erlasses auch auf diese Erwerbe angewendet werden.

Zuweisung des Vorsteuerabzugsrechts an den Organträger

Zuweisung des Vorsteuerabzugsrechts an den Organträger

Kernaussage
Eine umsatzsteuerliche Organschaft liegt vor, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein anderes Unternehmen eingegliedert ist. Infolge dessen werden die Umsätze des Organkreises an den Organträger als Steuerschuldner gegenüber dem Finanzamt zugerechnet. Der Zweck dieser Zurechnung besteht allein in der Verwaltungsvereinfachung und stellt keinen zivilrechtlich tragfähigen Rechtsgrund der Vermögensverlagerung dar; diese bleibt grundsätzlich auszugleichen.

Sachverhalt
Die Beklagte war am Grundkapital der klagenden Aktiengesellschaft (AG) zu 75,03 % beteiligt. Ein Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag bestand nicht. Im Zeitraum von Januar bis Juni 2003 war die AG in einer umsatzsteuerlichen Organschaft mit der Beklagten als Organträger eingegliedert. Für diesem Zeitraum ergab sich ein Vorsteuerüberschuss zugunsten der AG von 123.253 EUR, den die Beklagte vereinnahmte. Mit der Klage begehrt die AG die Zahlung des Vorsteuerüberschusses. Das Berufungsgericht und der Bundesgerichtshof (BHG) gaben der AG Recht.

Entscheidung
Umfang und Grenzen eines Ausgleichsanspruchs richten sich gemäß bürgerlichem Recht nach der zivilrechtlichen Ausgestaltung des Innenverhältnisses der am Organkreis Beteiligten. Hierbei gilt der Grundsatz, dass derjenige, aus dessen Umsätzen die an das Finanzamt gezahlten Umsatzsteuerbeträge herrühren, im Innenverhältnis der Organschaft auch die Steuerlast zu tragen hat. Die umsatzsteuerliche Zurechnung der Umsätze auf den Organträger als Steuerschuldner dient im Wesentlichen der Vereinfachung der Steuererhebung und ist lediglich formeller Natur. Daneben hat ein zivilrechtlicher Innenausgleich aus dem Grundsatz der Belastungsneutralität zu erfolgen. Haben die Parteien den Ausgleich nicht geregelt, erfolgt die Verteilung nach dem Verursachungsprinzip. Die von der Beklagten behauptete Vereinbarung, wonach der AG wegen der organschaftlich bedingten Zuordnung kein Erstattungsanspruch zustehen solle, steht dem Ausgleichsanspruch nicht entgegen. Es besteht nämlich eine Pflicht zum Nachteilsausgleich.

Konsequenz
Der BGH stellt klar, dass die umsatzsteuerliche Organschaft mit der gewerbesteuerlichen Organschaft hinsichtlich der Innenausgleichspflicht nicht übertragbar ist. Das Umsatzsteuerrecht ist in seiner Grundstruktur im Unterschied zum Gewerbesteuerrecht nicht auf spezifische, auf der organschaftlichen Verbindung beruhende steuerliche Effekte ausgerichtet.

Rückforderung gewinnunabhängiger Ausschüttungen bei einer KG

Rückforderung gewinnunabhängiger Ausschüttungen bei einer KG

Kernaussage
Eine gesellschaftsvertraglich zugelassene gewinnunabhängige Ausschüttung an Kommanditisten eines in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG organisierten Schiffsfonds kann von der Gesellschaft nur zurückgefordert werden, wenn dies im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist. Soweit in den Ausschüttungen eine Rückzahlung der Kommanditeinlage zu sehen ist und damit die Einlage insoweit nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches (HGB) den Gläubigern gegenüber als nicht geleistet gilt, betrifft dies nur die Außenhaftung.

Sachverhalt
2 Beteiligungsgesellschaften mit dem jeweiligen Gesellschaftszweck des Betriebs eines Containerschiffs verlangten die Rückzahlung von Ausschüttungen von dem beklagten Kommanditisten. In den Gesellschaftsverträgen ist übereinstimmend geregelt, dass die Gesellschaft unabhängig von einem im Jahresabschluss ausgewiesenen Gewinn oder Verlust für den Fall, dass die Liquiditätslage es zulässt, in einem bestimmten Zeitraum nach Gründung des Fonds voraussichtlich Beträge in im Einzelfall angegebener Höhe eines prozentualen Anteils des Kommanditkapitals an die Gesellschafter ausschüttet, die auf „Darlehnskonto“ gebucht werden. Sofern ein Gesellschafter auf diese Entnahmen verzichtete, sollte „für ihn insoweit die Bildung der Darlehnsverbindlichkeit“ entfallen. An den Kommanditisten wurden Beträge i. H. v. rd. 61.000 EUR und 31.000 EUR als gewinnunabhängige Ausschüttungen gezahlt. Die Gesellschaften gerieten in wirtschaftliche Schwierigkeiten, weshalb die Rückforderung der an den Kommanditisten aufgrund der Satzungsregelung ausgezahlten Beträge beschlossen wurde. Der Bundesgerichtshof wies die hiergegen gerichtete Klage schließlich ab.

Entscheidung
Soweit in der gewinnunabhängigen Auszahlung eine Rückzahlung der Kommanditeinlage zu sehen ist und damit die Einlage den Gläubigern gegenüber als nicht geleistet gilt, betrifft dies nur die Außenhaftung des Kommanditisten. Im Innenverhältnis zur Gesellschaft sind die Gesellschafter dagegen frei, ob und mit welchen Rechtsfolgen sie Einlagen zurückgewähren. Werden Einlagen aufgrund einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung der Gesellschafter zurückbezahlt, entsteht daher ein Rückzahlungsanspruch der Gesellschaft nicht automatisch, sondern nur bei einer entsprechenden vertraglichen Abrede. Bei der gebotenen objektiven Auslegung der Gesellschaftsverträge der klagenden Beteiligungsgesellschaften war kein Anspruch der Gesellschaft auf Rückzahlung der Ausschüttung zu entnehmen.

Konsequenz
Sollte die Gesellschaft von ihren Kommanditist eine Rückzahlung einer laut Gesellschaftsvertrag zugelassenen gewinnunabhängigen Ausschüttungen verlangen, besteht hierfür nur dann eine Verpflichtung, wenn dieser Rückzahlungsanspruch der Gesellschaft ebenfalls im Gesellschaftsvertrag geregelt ist.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin