Berufsringer ist sozialversicherungspflichtig: Keine Selbstständigkeit laut SG Mainz

Mit Urteil vom 26. Juni 2025 (Az. S 2 BA 24/22) hat das Sozialgericht Mainz entschieden: Ein Berufsringer, der für einen Verein in der Ringer-Bundesliga antritt, ist nicht selbstständig, sondern als abhängig beschäftigt anzusehen. Damit unterliegt er der Sozialversicherungspflicht, insbesondere in der Renten- und Krankenversicherung. Das Urteil hat weitreichende Bedeutung – auch über den Einzelfall hinaus.


⚖️ Der Fall im Überblick

Ein Berufsringer hatte 2022 für einen Verein im Ligabetrieb der Ringer-Bundesliga gekämpft und dafür ein festes Honorar pro Kampf erhalten. Die Deutsche Rentenversicherung stellte fest, dass es sich um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis handelte – und nicht um eine selbstständige Tätigkeit.

Der Verein klagte – erfolglos. Das Gericht bestätigte die Einschätzung der Rentenversicherung: Sozialversicherungspflicht liegt vor.


📌 Entscheidungsgründe des Gerichts

Das SG Mainz stützt seine Entscheidung auf mehrere Argumente:

  • Vertragliche Bindung über eine reine Vereinsmitgliedschaft hinaus
    ➜ Der Sportler war zur Teilnahme an Wettkämpfen verpflichtet
  • Feste, erfolgsunabhängige Vergütung pro Kampf
    ➜ Kein unternehmerisches Risiko → Indiz gegen Selbstständigkeit
  • Eingliederung in die Vereinsorganisation
    ➜ Vorgaben zur Sportkleidung, Aufstellung durch den Trainer, Pflicht zur Teilnahme an Trainingseinheiten
  • Keine eigene unternehmerische Gestaltungsmöglichkeit
    ➜ Der Ringer war funktional in den „sportlichen Geschäftsbetrieb“ des Vereins eingegliedert
  • Fachliche Weisungsgebundenheit
    ➜ Entscheidungen über Einsätze erfolgten durch Trainer und Vereinsführung

⚠️ Bedeutung für die Praxis

Dieses Urteil betrifft nicht nur den Ringsport – sondern ist grundsätzlich übertragbar auf andere Berufssportarten, bei denen Einzelathleten in Vereinsstrukturen eingebunden sind. Auch in Fußball, Handball oder Basketball können ähnliche Konstellationen auftreten.

Vereine und Verbände sollten ihre Verträge mit Sportlern und deren tatsächliche Ausgestaltung sozialversicherungsrechtlich prüfen lassen – insbesondere, wenn Honorare gezahlt und bestimmte Leistungspflichten vereinbart werden.


❓ FAQ zum Urteil und seinen Folgen

Ist ein Sportler automatisch selbstständig, wenn er auf Honorarbasis tätig ist?

Nein. Maßgeblich ist nicht die Vertragsform, sondern die tatsächliche Ausgestaltung der Tätigkeit. Eine Honorarzahlung allein begründet keine Selbstständigkeit.


Gilt das Urteil nur für Ringer?

Nein. Es kann auf alle Einzelsportler übertragen werden, die regelmäßig im Auftrag eines Vereins tätig sind und dabei in dessen Organisation eingebunden sind.


Welche Rolle spielt die Vereinsmitgliedschaft?

Die Mitgliedschaft im Verein ändert nichts an der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung, wenn vertragliche Pflichten über das übliche Maß hinausgehen (z. B. Teilnahmepflicht, Vergütung, Weisungsbindung).


Wie erkenne ich, ob ein Sportler sozialversicherungspflichtig ist?

Typische Merkmale einer abhängigen Beschäftigung:

  • Feste Vergütung unabhängig vom Erfolg
  • Weisungsgebundenheit (z. B. Aufstellung, Trainingspflicht)
  • Keine unternehmerische Tätigkeit oder Außenauftritt
  • Keine eigene Preisgestaltung, kein Werbeauftritt unter eigener Marke

Was sollten Vereine jetzt tun?

  • Laufende Verträge prüfen lassen (auch rückwirkend!)
  • Bei Unsicherheiten eine Statusfeststellung bei der DRV beantragen
  • Klare Abgrenzung bei selbstständigen Tätigkeiten sicherstellen (z. B. durch zusätzliche unternehmerische Merkmale)

📝 Fazit

Das Urteil des SG Mainz verdeutlicht: Auch im Sport gilt das allgemeine Sozialversicherungsrecht. Scheinselbstständigkeit kann für Vereine teuer werden – etwa durch Nachzahlungen von Arbeitgeberbeiträgen. Wer sicher gehen will, sollte die vertraglichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen professionell prüfen lassen.


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Gesetzliche Neuregelungen ab Juli 2025 – Was sich jetzt ändert

Zum 1. Juli 2025 treten zahlreiche neue gesetzliche Regelungen in Kraft – von höheren Mindestlöhnen in der Altenpflege über Änderungen bei der Pflegeversicherung bis hin zur Rückkehr zu den regulären Steuererklärungsfristen. Hier finden Sie die wichtigsten Änderungen im Überblick – kompakt zusammengefasst und ergänzt um praxisrelevante Hinweise für Steuerberater, Arbeitgeber und Privatpersonen.


📌 Die wichtigsten Neuregelungen im Überblick

💶 Mindestlohn in der Altenpflege steigt

  • Pflegefachkräfte: mindestens 20,50 €/Stunde (brutto)
  • Pflegehilfskräfte: mindestens 16,10 €/Stunde (brutto)
    Diese Erhöhung betrifft insbesondere Pflegeeinrichtungen und ambulante Dienste – sowohl hinsichtlich der Lohnkostenplanung als auch der Abrechnung mit Pflegekassen.

👥 Höhere Vergütung für Betreuer und Vormünder

  • Neue Vergütungssätze, orientiert an der Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst
  • Einführung eines neuen, vereinfachten Vergütungssystems
  • Ziel: Bürokratieabbau bei Amtsgerichten und Berufsbetreuern

🏥 Zusammenlegung von Verhinderungs- und Kurzzeitpflege

  • Ab dem 1. Juli 2025 wird ein gemeinsamer Jahresleistungsbetrag für beide Pflegearten eingeführt
  • Keine Mindest-Vorpflegezeit mehr nötig für erstmaligen Anspruch
  • Mehr Flexibilität für pflegende Angehörige und Pflegebedürftige

🧾 Digitaler Nachweis der Kinderzahl in der Pflegeversicherung

  • Neu ab 1. Juli: Verpflichtendes digitales Verfahren zur Angabe der Kinderzahl
  • Wichtig für: korrekte Beitragssätze zur Pflegeversicherung
    (z. B. Kinderlose zahlen einen höheren Beitrag)

🛡️ Mehr Entschädigung für Gewaltopfer, Kriegsopfer und Impfgeschädigte

  • Entschädigungsleistungen steigen um 3,79 %
  • Etwa 47.000 Personen profitieren
  • SED-Opfer erhalten vereinfachte Anerkennungsverfahren, höhere Renten (400 €/Monat) und Einkommensunabhängige Leistungen

🚨 Neuregelung gegen sexuellen Kindesmissbrauch

  • Einrichtung einer Unabhängigen Bundesbeauftragten-Stelle
  • Parlamentarische Wahl, Einrichtung eines Betroffenenrats und einer Aufarbeitungskommission
  • Ziel: Aufarbeitung, Prävention und bessere Hilfeangebote

📈 Rentenerhöhung zum 1. Juli 2025

  • +3,74 % für Rentnerinnen und Rentner
  • Anpassung basiert auf der Lohnentwicklung des Vorjahres

🗓️ Frist für die Abgabe der Steuererklärung 2024 endet am 31. Juli 2025

  • Rückkehr zur regulären Abgabefrist nach Auslaufen der Corona-Sonderregelungen
  • Wer einen Steuerberater beauftragt hat: verlängerte Frist bis 30. April 2026

❓ FAQ zu den Änderungen im Juli 2025

Wer ist vom neuen Mindestlohn in der Pflege betroffen?

Alle Beschäftigten in der Altenpflegebranche, unabhängig von Einrichtungsträger oder Arbeitsort.


Wie wird die Kinderzahl in der Pflegeversicherung digital nachgewiesen?

Über ein zentralisiertes elektronisches Verfahren der Sozialversicherungsträger – voraussichtlich über das Elster- oder Rentenportal. Details folgen durch Mitteilung der Krankenkassen.


Was bedeutet die Zusammenlegung von Verhinderungs- und Kurzzeitpflege konkret?

Statt getrennter Budgets gibt es nun einen gemeinsamen Jahrestopf zur flexiblen Verwendung – je nach individueller Situation und Bedarf der Pflegeperson.


Welche Steuerpflichtigen müssen jetzt handeln?

Alle, die nicht beratungsunterstützt sind, müssen ihre Einkommensteuererklärung für 2024 bis zum 31. Juli 2025 einreichen. Die Frist gilt wieder regulär – kein weiterer Coronaaufschub.


Wie werden SED-Opfer künftig besser unterstützt?

  • Automatisierte Anerkennung bestimmter Krankheiten
  • Opferrente steigt auf 400 €
  • Keine Bedürftigkeitsprüfung mehr

📝 Fazit

Der Juli 2025 bringt eine Reihe relevanter gesetzlicher Änderungen – mit Auswirkungen für Privathaushalte, Unternehmen und Berater. Besonders Pflegeeinrichtungen, Betreuungsdienste und Arbeitgeber im Niedriglohnbereich sollten ihre Abrechnungs- und Vertragsstrukturen überprüfen. Auch Privatpersonen sollten die Fristen zur Steuererklärung im Blick behalten und ggf. digitale Nachweise zur Pflegeversicherung vorbereiten.


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Ob Pflegeversicherung, Steuerpflicht oder Mindestlohn – wir unterstützen Sie mit pragmatischen Lösungen.

DStV zum Investitionssofortprogramm: Impulse ja – aber noch viele Baustellen

Am 27. Juni 2025 hat der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) in einer Mitteilung Stellung zur aktuellen Fassung des sogenannten Investitionsbooster-Gesetzes bezogen. Trotz positiver Grundtendenz zeigt der Verband deutliche Kritik an der Halbherzigkeit der steuerpolitischen Umsetzung.

🚀 Was steckt im Investitionssofortprogramm?

Der Bundestag hat das Gesetz zum steuerlichen Investitionssofortprogramm (BT-Drs. 21/323, später 21/629) beschlossen – ein Kernbaustein der aktuellen Regierungsstrategie zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland. Ziel ist es, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) durch steuerliche Anreize zu Investitionen zu motivieren.

Der DStV begrüßt grundsätzlich die Stoßrichtung des Programms – kritisiert jedoch unzureichende Umsetzungsdetails, insbesondere bei zentralen Maßnahmen wie der degressiven Abschreibung und der Thesaurierungsbegünstigung.


🔍 Kritikpunkte des DStV im Überblick

📉 Degressive Abschreibung bleibt befristet

  • Die Wiedereinführung der degressiven AfA ist ein positiver Schritt – jedoch nur befristet.
  • Der DStV fordert stattdessen eine dauerhafte Lösung für mehr Investitionssicherheit.
  • Befristungen wirken investitionshemmend und erzeugen erneut unnötige Komplexität.

🧾 Thesaurierungsbegünstigung bleibt reformbedürftig

  • Zwar wird der Steuersatz nach § 34a EStG ab 2028 abgesenkt – aber nur als Folge der Körperschaftsteuersenkung.
  • Die versprochene strukturelle Reform – insbesondere zur Verwendungsreihenfolge und Rücklagenflexibilität – bleibt aus.

🧱 Vernachlässigte Expertenvorschläge

  • Die Empfehlungen der Expertenkommissionen „Vereinfachte Unternehmenssteuer“ und „Bürgernahe Einkommensteuer“ aus 2023/2024 werden nicht aufgegriffen.
  • Damit bleiben zahlreiche vereinfachende und praxisnahe Vorschläge ungenutzt in der Schublade.

📂 Weitere Kritikpunkte

  • Keine Vereinfachungen beim Abschreibungsaufwand.
  • Keine Arbeitstagepauschale als praktikable Alternative zur Einzelnachweispflicht im Homeoffice.
  • Keine Fortschritte bei der Rentenbesteuerung, insbesondere im Hinblick auf die Doppelbesteuerungsproblematik.

❓ FAQ zum Investitionssofortprogramm und den DStV-Positionen

Was ist das Investitionssofortprogramm?

Ein Gesetzespaket mit steuerlichen Maßnahmen zur Förderung von Unternehmensinvestitionen – insbesondere durch Abschreibungsverbesserungen und Steuererleichterungen.


Wann tritt das Gesetz in Kraft?

Nach der geplanten Zustimmung des Bundesrats am 11. Juli 2025 wird es kurzfristig verkündet und tritt teils rückwirkend, teils zum 1. Januar 2026 in Kraft.


Was ist neu bei der degressiven AfA?

Sie wird wieder eingeführt, aber nur zeitlich befristet. Der genaue Anwendungszeitraum und die betroffenen Wirtschaftsgüter müssen dem finalen Gesetzestext entnommen werden.


Was fordert der DStV zur Thesaurierungsbegünstigung?

  • Flexible Verwendungsreihenfolge
  • Bessere Einbindung in Umstrukturierungen
  • Tatsächliche Attraktivitätssteigerung für inhabergeführte Unternehmen

Warum ist die Arbeitstagepauschale so wichtig?

Sie könnte Bürokratie bei der Homeoffice-Abrechnung massiv abbauen und wäre ein pragmatischer Schritt zur Vereinfachung der Einkommensteuer.


Was empfiehlt der DStV in Zukunft?

  • Mehr Verlässlichkeit bei steuerlichen Investitionsanreizen
  • Strukturreformen statt nur punktueller Tarifsenkungen
  • Umfassendere Vereinfachung und Digitalisierung der Steuerpraxis

📝 Fazit

Das Investitionssofortprogramm bringt erste Impulse, bleibt aber hinter den Erwartungen der Steuerberatungspraxis zurück. Der DStV sieht Reformbedarf bei der langfristigen Ausgestaltung der steuerlichen Rahmenbedingungen – insbesondere in puncto Planungssicherheit, Bürokratieabbau und echter Systemreformen. Für Unternehmen und Berater bleibt der Anpassungsaufwand hoch, während zentrale Vereinfachungspotenziale ungenutzt bleiben.

Umwandlungssteuer-Erlass 2025: Was ändert sich für die Gestaltungspraxis?

Mit dem neuen Umwandlungssteuererlass (UmwStErl) 2025 und den Neuregelungen im Jahressteuergesetz 2024 (JStG 2024) haben sich zentrale Rahmenbedingungen für Umstrukturierungen in Unternehmen geändert. Dieses FAQ beleuchtet die wichtigsten Neuerungen und deren Auswirkungen auf die steuerliche Gestaltungspraxis – insbesondere im Kontext von Einbringungen, Verschmelzungen und Ketteneinbringungen.


1. Gesamtplanannahme bleibt – aber BFH setzt Grenzen

Die Finanzverwaltung hält weiterhin an der sogenannten Gesamtplanannahme fest. Das bedeutet: Stehen mehrere Maßnahmen – etwa die Einbringung eines Teilbetriebs und die spätere Übertragung wesentlicher Betriebsgrundlagen – in einem wirtschaftlichen oder zeitlichen Zusammenhang, erfolgt eine Gesamtbetrachtung.

Allerdings hat der BFH die Anwendung der Gesamtplanannahme eingeschränkt, insbesondere wenn die Übertragung wesentlicher Betriebsgrundlagen endgültig und nicht nur vorübergehend erfolgt. Eine steuerlich motivierte Gestaltungsabfolge kann damit nicht pauschal als Gestaltungsmissbrauch gewertet werden, sondern muss im Einzelfall gewürdigt werden.


2. Holdingstrukturen bleiben zulässig – Missbrauchsverdacht bei Wertaufstockung

Die Zwischenschaltung von Holdinggesellschaften bei Umwandlungen ist weiterhin erlaubt, sofern sie dauerhaft angelegt ist und ihre spätere Auflösung keinen wirtschaftlichen Zweck erfüllt.

Wichtig: Wertaufstockungen, die durch die Zwischenschaltung erzielt werden, können eine besondere Missbrauchsrelevanz entfalten. Der BFH lässt zwar offen, ob § 42 AO durch das UmwStG verdrängt wird – doch in der Praxis ist Vorsicht geboten: Die Struktur muss wirtschaftlich plausibel und langfristig angelegt sein.


3. Neue Frist für steuerliche Schlussbilanzen

Mit dem JStG 2024 wurde eine Frist für die Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz in das Umwandlungssteuergesetz aufgenommen:

  • Gilt für Umwandlungen von Kapital- auf Personengesellschaften sowie für Verschmelzungen zwischen Körperschaften
  • Die neue Frist ist an die Abgabefrist der Körperschaftsteuererklärung gekoppelt (§ 3 Abs. 2a bzw. § 11 Abs. 3 UmwStG)
  • Das Bewertungswahlrecht nach § 3 Abs. 2 UmwStG bleibt erhalten
  • Es genügt, die Steuerbilanz nach §§ 4/5 EStG als „Umwandlungsbilanz zugleich Jahresabschluss“ zu deklarieren

Fazit: Mehr Planungssicherheit, aber auch mehr Aufmerksamkeit bei Fristversäumnissen.


4. Keine Änderung beim Wertansatz auf Anteilseignerebene

Der Regierungsentwurf des JStG 2024 sah ursprünglich vor, dass bei Verschmelzungen Anteile auf Anteilseignerebene zum Buchwert angesetzt werden, wenn die Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 UmwStG vorliegen.

Der Bundestag hat diese Neuregelung verworfen. Es bleibt also dabei:
→ Der gemeine Wert ist anzusetzen, sofern kein Antrag auf Buch- oder Zwischenwert gestellt wird.

Die Antragsfrist für den niedrigeren Ansatz gilt bis zur erstmaligen Abgabe der Steuererklärung.


5. § 18 UmwStG und das Ende des Doppelstockmodells

Mit § 18 Abs. 3 UmwStG wird die Gewerbesteuerpflicht auf Veräußerungs- oder Aufgabegewinne innerhalb von fünf Jahren nach einer Umwandlung erheblich ausgeweitet – auch bei natürlichen Personen.

Das bisher vielfach genutzte „Doppelstockmodell“, bei dem Anteile zunächst in eine Mitunternehmerschaft eingebracht wurden, um die Gewerbesteuer zu vermeiden, wurde durch das JStG 2024 faktisch abgeschafft:

  • § 18 Abs. 3 Satz 3 UmwStG stellt mittelbare Veräußerungen der unmittelbaren gleich
  • Gilt für Umwandlungen mit steuerlichem Übertragungsstichtag nach dem 17. Mai 2024

Gestaltungen über Zwischengesellschaften sind künftig gewerbesteuerlich weitgehend entwertet.


6. Rückwirkungszeitraum: Entnahmen werden bilanziell erfasst

Mit dem neuen § 20 Abs. 2 Satz 5 UmwStG wurde die Verwaltungsauffassung zur Rückwirkungsfiktion bei Einbringungen in Körperschaften gesetzlich verankert.

Entnahmen und Einlagen im Rückwirkungszeitraum sind bei der Ermittlung des eingebrachten Betriebsvermögens verbindlich zu berücksichtigen.
→ Bei negativem Betriebsvermögen entsteht dadurch ein zusätzlicher Aufstockungsbedarf – das führt zu einer einheitlichen Aufstockung der aktiven Wirtschaftsgüter.

Achtung: Diese Regelung gilt für Einbringungen, bei denen der Einbringungsvertrag nach dem 31.12.2023 geschlossen wurde.


7. Ketteneinbringungen und Einbringungsgewinn II: Verschärfung greift

Durch das JStG 2024 und den neuen UmwStErl 2025 wurde der Einbringungsgewinn II bei Ketteneinbringungen verschärft.

➡️ § 22 Abs. 2 Satz 5 UmwStG wurde ergänzt:
Eine Veräußerung im Sinne der Norm liegt nur noch vor, wenn dabei die stillen Reserven vollständig aufgedeckt werden.

➡️ Der neue Erlass (Rn. 22.17) legt zudem fest, dass eine weitere Einbringung zu Buchwerten nicht mehr zur Sperrfrist-Verkürzung genutzt werden kann, wenn die stillen Reserven nicht aufgedeckt wurden.

Die praktische Folge: Gestaltungsreihen mit aufeinanderfolgenden Einbringungen verlieren deutlich an steuerlicher Attraktivität.


Fazit: Mehr Komplexität, aber auch mehr Klarheit

Der Umwandlungssteuererlass 2025 bringt in Kombination mit dem Jahressteuergesetz 2024 erhebliche Veränderungen für Berater und Unternehmen. Viele frühere Gestaltungsmodelle – etwa das Doppelstockmodell oder die mehrstufige Einbringungskette – sind steuerlich erschwert oder neutralisiert.

Gleichzeitig schafft der neue Erlass mehr Rechtssicherheit bei Fristen, Bilanzierung und Antragsvoraussetzungen – vorausgesetzt, sie werden konsequent umgesetzt und sauber dokumentiert.


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„Investitions-Booster“ beschlossen: Bundestag gibt grünes Licht für steuerliches Investitionssofortprogramm

Am 26. Juni 2025 hat der Bundestag das neue Investitionssofortprogramm zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland beschlossen. Das Maßnahmenpaket – auch „Investitions-Booster“ genannt – soll gezielt steuerliche Impulse setzen, um Unternehmen zu Investitionen zu ermutigen und damit die Konjunktur zu stabilisieren.

Was im Gesetzespaket steckt, wer davon profitiert – und was jetzt zu tun ist:


1. Was ist der Investitions-Booster?

Das Programm beruht auf einem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen und wurde nun in geänderter Fassung verabschiedet. Der zentrale Gedanke: Investitionen sollen steuerlich sofort attraktiver werden, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Ziel ist es, das Investitionsklima in Deutschland zu verbessern und den Wirtschaftsstandort dauerhaft zu stärken.


2. Was umfasst das Investitionssofortprogramm? (erwartete Kernpunkte)

Die offizielle Gesetzesfassung liegt zwar noch nicht im Wortlaut vor, aus den bisherigen Entwürfen und Ausschussberichten zeichnen sich folgende Maßnahmen ab:

🔹 Verbesserte Abschreibungen:
Erhöhung der Abschreibungsmöglichkeiten für neue Wirtschaftsgüter, z. B. durch Sonderabschreibungen oder degressive AfA

🔹 Investitionsfreibetrag oder Investitionsprämie:
Neue steuerliche Anreize für klimafreundliche oder digitale Investitionen, evtl. auch rückwirkend anwendbar

🔹 Verlängerung steuerlicher Erleichterungen:
Bereits bestehende Maßnahmen wie der verlängerte Verlustrücktrag oder der erweiterte Investitionsabzugsbetrag (§ 7g EStG) könnten erweitert oder verlängert werden

🔹 Digitalisierung und Transformation im Fokus:
Gezielte Förderung von Investitionen in digitale Infrastruktur, KI, Automatisierung oder klimaneutrale Technologien


3. Wer profitiert vom Investitions-Booster?

Mittelständische Unternehmen und Freiberufler
Kapitalgesellschaften mit Investitionsplänen ab 2025
Start-ups und technologieorientierte Betriebe
Unternehmen mit Investitionen in Nachhaltigkeit und Digitalisierung

Gerade Betriebe, die in den nächsten Jahren Modernisierungen, Ersatzbeschaffungen oder Erweiterungen planen, können durch beschleunigte Abschreibungen oder steuerfreie Investitionsanreize profitieren.


4. Politische Bewertung & Kontext

Das Gesetz wurde mit Stimmen der Koalitionsfraktionen und der CDU/CSU sowie der SPD verabschiedet. Die Grünen und Die Linke stimmten dagegen, die AfD enthielt sich.

Ein alternativer Antrag der Grünen zur Schließung von Gerechtigkeitslücken im Steuersystem wurde abgelehnt.

💬 Der politische Streit zeigt: Der Fokus der Mehrheit liegt derzeit auf Wirtschaftsbelebung durch Steueranreize, weniger auf Umverteilungsmaßnahmen.


5. Was Unternehmen jetzt tun sollten

📌 Investitionspläne prüfen: Geplante Anschaffungen, Maschinen, Software, Fahrzeuge oder Gebäudemaßnahmen analysieren

📌 Förderfähigkeit klären: Ist die Maßnahme z. B. klimarelevant oder digitalisierungsnah?

📌 Steuerplanung 2025/2026 anpassen: Neue Abschreibungsmöglichkeiten und Freibeträge rechtzeitig einplanen

📌 Beratung in Anspruch nehmen: Nutzen Sie die kommenden Wochen für ein steuerliches Investitions-Check-up


Fazit: Investieren wird steuerlich wieder attraktiver

Das Investitionssofortprogramm setzt steuerliche Impulse genau dort, wo Unternehmen aktuell zögern: bei Zukunftsinvestitionen. Wer frühzeitig plant, profitiert doppelt – steuerlich und wirtschaftlich.


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BFH zur Günstigerprüfung bei Riester-Beiträgen: So ist die Reihenfolge der Rechenschritte

Mit Urteil vom 09. April 2025 (Az. X R 11/21) hat der Bundesfinanzhof die Rechensystematik bei der Günstigerprüfung nach § 10a Abs. 2 EStG präzisiert. Das Urteil ist vor allem für Berater relevant, die regelmäßig Riester-Verträge im Rahmen der Einkommensteuer prüfen – und hilft dabei, Fehlberechnungen bei der Steuerfestsetzung zu vermeiden.


Worum geht es bei der Günstigerprüfung?

Steuerpflichtige mit einem zertifizierten Riester-Vertrag haben grundsätzlich zwei mögliche Förderwege:

  1. Zulageförderung (direkte staatliche Zulage)
  2. Sonderausgabenabzug der Altersvorsorgebeiträge in der Einkommensteuererklärung

§ 10a Abs. 2 Satz 1 EStG regelt, dass das Finanzamt automatisch prüft, welche Variante günstiger ist – die sog. Günstigerprüfung.


Was hat der BFH nun konkret entschieden?

🔹 1. Vergleich auf Basis der tariflichen Einkommensteuer

Die Günstigerprüfung erfolgt nicht auf Basis der festzusetzenden Einkommensteuer, sondern durch Vergleich zweier Rechengrößen:

  • ESt ohne Sonderausgabenabzug
  • ESt mit Sonderausgabenabzug

Diese Differenz wird mit dem Zulageanspruch verglichen. Ist der Steuervorteil höher als die Zulage, wird der Sonderausgabenabzug gewährt.


🔹 2. Rechenschritte zur Einkommensteuer-Festsetzung – das ist die richtige Reihenfolge

Ist der Sonderausgabenabzug günstiger, geht es mit diesen Schritten weiter:

  1. Ermittlung der tariflichen Einkommensteuer
  2. Abzug von Steuerermäßigungen nach § 35a EStG (z. B. Handwerkerleistungen, haushaltsnahe Dienstleistungen)
  3. Hinzurechnung der Zulage nach § 2 Abs. 6 Satz 2 EStG – um eine doppelte Förderung zu vermeiden

Diese Reihenfolge ist zwingend – und führt in Einzelfällen zu komplexen Ergebnissen.


🔹 3. Ausnahmefall: Wenn die Günstigerprüfung „ungünstig“ wird

Der BFH erkennt einen teleologischen Ausnahmefall an: Wenn die tarifliche Steuer mit Sonderausgabenabzug zwar niedriger als mit Zulage ist, aber die festzusetzende Steuer durch die Hinzurechnung der Zulage höher ausfällt als ohne Abzug, muss der Sonderausgabenabzug unterbleiben.

Das heißt: Keine Günstigerprüfung „mit Verlust“, wenn sie tatsächlich zu einer höheren Steuerlast führen würde.


Praxisrelevanz für Berater und Riester-Sparer

✅ Die Entscheidung bringt Klarheit zur Reihenfolge der Rechenschritte – insbesondere bei Mandanten mit Handwerkerleistungen oder haushaltsnahen Dienstleistungen (§ 35a EStG).
Teleologische Einschränkung beugt steuerlichen Nachteilen bei gut gemeinter Günstigerprüfung vor.
✅ Die Prüfung erfolgt automatisch durch das Finanzamt, sollte aber bei Auffälligkeiten (z. B. Steuermehrbelastung trotz Riester-Abzug) unbedingt im Steuerbescheid kontrolliert werden.


Fazit: Günstigerprüfung bleibt komplex – genau hinschauen lohnt sich

Das BFH-Urteil unterstreicht: Nicht immer ist der Sonderausgabenabzug tatsächlich günstiger – auch wenn es auf den ersten Blick so scheint. Gerade bei steuerlichen Ermäßigungen nach § 35a EStG kann die Kombination mit der Riesterförderung unerwartete Effekte haben.


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BFH-Urteil: Kein Zins-Erlass trotz langem Erbscheinverfahren – Was Erben jetzt wissen müssen

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seinem Urteil vom 9. April 2025 (Az. X R 12/21) entschieden, dass Nachzahlungszinsen auf Einkommensteuer auch dann zu zahlen sind, wenn sich die Klärung der Erbenstellung – etwa durch ein langwieriges Erbscheinverfahren – über viele Jahre hingezogen hat. Ein Billigkeitserlass der Zinsen komme laut BFH nicht in Betracht.

Worum ging es im Streitfall?

Ein Steuerpflichtiger war als Erbe eines verstorbenen Unternehmers betroffen. Aufgrund eines komplexen Erbscheinverfahrens konnte er die steuerpflichtigen Einkünfte des Erblassers nicht rechtzeitig ermitteln oder versteuern. Das Finanzamt setzte später auf Grundlage eines Grundlagenbescheids rückwirkend die Einkommensteuer fest – inklusive Nachzahlungszinsen nach § 233a AO.

Der Erbe beantragte einen Billigkeitserlass der Zinsen, da er während des Erbscheinverfahrens weder auf den Nachlass zugreifen noch die Steuern vorausberechnen konnte. Der BFH wies diese Argumentation zurück.


Kernaussagen des BFH (Urteil vom 09.04.2025 – X R 12/21)

🔹 Zinsen sind auch dann zu zahlen, wenn der zugrunde liegende Bescheid erst Jahre nach dem Veranlagungszeitraum ergeht – maßgeblich bleibt die gesetzliche Karenzzeit nach § 233a Abs. 2 AO.
🔹 Eine unverschuldete Unkenntnis der Einkünfte wegen erbrechtlicher Unsicherheiten führt nicht zu einer sachlichen Unbilligkeit.
🔹 Der Steuerpflichtige hatte durch die verspätete Festsetzung einen typisierend unterstellten Zins- und Liquiditätsvorteil – auch wenn er faktisch keinen Zugriff auf das Vermögen hatte.
🔹 Die fehlende Nutzungsmöglichkeit des Nachlasses während des Erbscheinverfahrens sei nicht relevant für die Frage der Zinsfestsetzung.


Was bedeutet das für die Praxis?

Das Urteil zeigt deutlich:
➡️ Zinsfestsetzungen lassen sich kaum mit Billigkeitsgründen angreifen, selbst wenn der Steuerpflichtige ohne eigenes Verschulden handlungsunfähig war.
➡️ Auch langjährige Erbscheinverfahren entbinden nicht von der Pflicht, sich frühzeitig steuerlich zu organisieren.
➡️ Erben müssen damit rechnen, dass sie Zinsen auf verspätet festgesetzte Steuern tragen – auch wenn sie den Nachlass noch gar nicht verwerten konnten.


Praxistipp für Erben und steuerliche Berater

Frühzeitig steuerlichen Rat einholen, sobald ein Erbfall mit steuerlich relevanten Einkünften eintritt
✅ Auch ohne Erbschein kann in vielen Fällen eine vorläufige Besteuerung erfolgen – ggf. unter Vorbehalt
Zinsschonende Vorauszahlungen sind möglich – insbesondere bei bekannten oder schätzbaren Einkünften
✅ Frühzeitig mit dem Finanzamt kommunizieren und auf mögliche Verzögerungen hinweisen


Fazit

Der BFH macht deutlich: Die gesetzliche Zinsregelung gilt auch in Härtefällen. Steuerpflichtige – auch Erben – müssen sich frühzeitig um die Besteuerung kümmern, selbst wenn rechtlich noch keine volle Klarheit besteht. Eine unverschuldete Verzögerung im Erbscheinsverfahren schützt nicht vor Nachzahlungszinsen.


Sie haben geerbt und wissen nicht, was steuerlich zu tun ist?

Wir unterstützen Sie bei allen steuerlichen Pflichten im Erbfall – von der Einkommensteuer des Erblassers bis zur Erbschaftsteuer und Zinsvermeidung. Sprechen Sie uns frühzeitig an – damit Sie nicht unnötig draufzahlen.

📘 Mini-Leitfaden: Erben und Steuer – 5 Dinge, die Sie sofort klären sollten

  1. Wer erbt?
    → Erbengemeinschaft? Testament? Noch unklar? → Trotzdem steuerlich handeln.
  2. Was wird geerbt?
    → Immobilien, GmbH-Anteile, Vermietung, Kapitalerträge? → Besteuerung prüfen.
  3. Gab es steuerpflichtige Einkünfte?
    → Einkommensteuer des Verstorbenen kann auch nach dem Tod nachgefordert werden – mit Zinsen!
  4. Was tun ohne Erbschein?
    → Möglich: Vorläufige Erklärung abgeben & Zinsen durch Vorauszahlung vermeiden.
  5. Zinsbescheid erhalten?
    → Schnell prüfen lassen – Erlassanträge sind oft aussichtslos, aber Fehler passieren.

📌 Kurz gesagt: Auch wer noch nicht sicher Erbe ist, kann steuerpflichtig werden. Lassen Sie sich rechtzeitig beraten!

Mandanten-Checkliste: Erbfall und Einkommensteuer – So vermeiden Sie Nachzahlungszinsen

Was tun nach dem Erbfall? Diese Schritte helfen, steuerliche Risiken zu vermeiden:

  1. Steuerberater kontaktieren, sobald ein Erbfall mit unternehmerischen oder vermieteten Einkünften bekannt wird
  2. Einkünfte des Erblassers schätzen oder ermitteln (ggf. mit Einsicht in Bankunterlagen oder Jahresabschlüsse)
  3. Kontakt zum Finanzamt aufnehmen, auf ungeklärte Erbsituation hinweisen
  4. Vorläufige Steuererklärung abgeben (ggf. unter dem Vorbehalt der Erbenfeststellung)
  5. Möglichkeit von Vorauszahlungen prüfen, um Nachzahlungszinsen nach § 233a AO zu vermeiden
  6. Dokumentation sichern, z. B. Schriftverkehr mit Nachlassgericht und Mitteilungen an das Finanzamt
  7. Zinsbescheide prüfen lassen – ein Erlassantrag hat selten Erfolg, kann aber in Ausnahmefällen versucht werden

📌 Tipp: Lassen Sie sich steuerlich begleiten – die Zinsfalle bei Erbschaften ist ein häufiger, vermeidbarer Kostenfaktor.

Steuerfragen für Anwältinnen und Anwälte: BRAK aktualisiert Steuer-ABC und Handlungshinweise

Am 26. Juni 2025 hat der Ausschuss Steuerrecht der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) sein „Steuer-ABC für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte“ umfassend aktualisiert. Die Neuerungen betreffen u. a. Betriebsprüfungen in Kanzleien, das Fahrtenbuch sowie die umsatzsteuerliche Behandlung grenzüberschreitender Mandate.

Wir geben einen kompakten Überblick über die wichtigsten Änderungen – und was sie für die Praxis bedeuten.


1. Betriebsprüfung in der Kanzlei: Neue Pflichten und Rechte

Die aktualisierten Handlungshinweise enthalten konkrete Ergänzungen zur Mitwirkungspflicht gem. § 200 AO. Neu aufgenommen wurden unter anderem:

  • Erläuterungen zur Mitwirkungspflicht bei Kanzleiprüfungen
  • Hinweise zu den Konsequenzen bei unterlassener Mitwirkung
  • Hinweis auf den Teilabschlussbericht (§§ 180 Ia, 202 AO), der auf Antrag auch bei laufender Prüfung verlangt werden kann – ein strategisches Instrument zur Eingrenzung von Prüfungsrisiken

💡 Praxistipp: Kanzleien sollten frühzeitig prüfen, wer in welcher Form auskunftspflichtig ist – und welche Dokumente von der Mitwirkungspflicht nicht erfasst sind.


2. Fahrtenbuch: Erleichterungen und Klarstellungen

Im Bereich des Fahrtenbuchs (§ 8 Abs. 2 Satz 4 EStG) wurden Zusatzhinweise zur Schwärzung sensibler Daten aufgenommen. So ist es in bestimmten Fällen zulässig, etwa Mandantennamen oder besonders vertrauliche Fahrtziele im Fahrtenbuch zu schwärzen – ohne dass dies zur steuerlichen Verwerfung des Fahrtenbuchs führt.

Voraussetzung: Die betriebliche Veranlassung muss durch andere Angaben weiterhin eindeutig belegbar sein (Datum, Strecke, Anlass etc.).


3. Umsatzsteuer bei Auslandsmandaten: Neue Fallbeispiele und Klarstellungen

Umfassend überarbeitet wurden die Hinweise zur umsatzsteuerlichen Behandlung anwaltlicher Leistungen mit Auslandsbezug, insbesondere zu:

  • Mandant im Drittland
  • Mandant als Nichtunternehmer im EU-Ausland
  • Mandant als Unternehmer im EU-Ausland
  • Rechtsberatung mit Grundstücksbezug (Ort der Leistung nach § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG)

Ergänzt wurden weitere Fallvarianten samt klarer Einordnung der umsatzsteuerlichen Rechtsfolgen – inklusive Pflichten zur Zusammenfassenden Meldung gem. § 18a UStG.

💡 Praxistipp: Bei grenzüberschreitender Beratung sollten Anwältinnen und Anwälte regelmäßig die Voraussetzungen für Reverse-Charge-Verfahren, Ortsbestimmung und Meldepflichten prüfen – idealerweise vor Rechnungsstellung.


4. Steuer-ABC für Anwältinnen und Anwälte: Alles an einem Ort

Das „Steuer-ABC“ stellt sämtliche vom BRAK-Ausschuss Steuerrecht erarbeiteten Inhalte überblicksartig dar – inklusive:

  • Handlungshinweise
  • BRAK-Magazin-Artikel
  • Verlinkungen zu weiterführenden Informationen

So lassen sich steuerlich relevante Themen wie Gewerblichkeit der anwaltlichen Tätigkeit, Rechnungslegungspflichten, Kanzleikosten, Umsatzsteuerpflichten oder Anforderungen bei Auslandsmandaten gezielt recherchieren.


Fazit: Aktuelle steuerliche Informationen für die Anwaltskanzlei-Praxis

Die aktualisierten Hinweise der BRAK bieten einen wertvollen Leitfaden für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, um steuerliche Risiken im Berufsalltag frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden. Insbesondere im Bereich der Umsatzsteuer und bei Betriebsprüfungen kann die Kenntnis aktueller Regelungen über Erfolg oder Misserfolg entscheiden.


Unterstützung gewünscht?

Sie sind unsicher, ob Ihre Kanzlei bei Betriebsprüfungen optimal vorbereitet ist oder ob Ihre Mandatsstruktur umsatzsteuerlich korrekt abgebildet ist? Wir beraten seit Jahren Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte – mit einem klaren Blick auf berufsrechtliche und steuerliche Besonderheiten.

Sprechen Sie uns gerne an – diskret und individuell.

Umsatzsteuer-Sonderprüfung 2024: Mehrergebnis von 1,63 Mrd. Euro – Was das für Unternehmen bedeutet

Die Umsatzsteuer bleibt ein Hochrisikobereich in der steuerlichen Betriebsprüfung – das zeigen die aktuellen Zahlen der Finanzverwaltung deutlich: 2024 führten Umsatzsteuer-Sonderprüfungen zu einem Mehrergebnis von rund 1,63 Milliarden Euro. Doch was steckt hinter diesen Prüfungen – und wie können sich Unternehmen schützen?


1. Was ist eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung überhaupt?

Im Gegensatz zur allgemeinen Betriebsprüfung ist die Umsatzsteuer-Sonderprüfung ein gezielt und kurzfristig eingesetztes Prüfungsinstrument, das außerhalb eines regulären Prüfturnus stattfindet – unabhängig von der Unternehmensgröße. Ziel ist es, Unregelmäßigkeiten oder Fehler bei der Umsatzsteuer frühzeitig zu erkennen und zu korrigieren.

Geprüft werden unter anderem:

  • Vorsteuerabzüge
  • Innergemeinschaftliche Lieferungen und Leistungen
  • Umsatzsteuer bei Anzahlungen
  • Rechnungsanforderungen und Leistungszeitpunkt
  • Reverse-Charge-Sachverhalte

2. Die Zahlen im Überblick: Prüfungsjahr 2024

Laut Statistik der obersten Finanzbehörden der Länder:

  • 63.733 Sonderprüfungen wurden 2024 bundesweit durchgeführt
  • 1.630 Prüferinnen und Prüfer waren im Einsatz
  • Jeder Prüfer führte im Schnitt 39 Prüfungen durch
  • Das durchschnittliche Mehrergebnis pro Prüfer: ca. 1 Mio. Euro
  • Das Gesamt-Mehrergebnis: rund 1,63 Milliarden Euro
  • Nicht enthalten sind dabei noch die Ergebnisse aus anderen Prüffeldern (z. B. Steuerfahndung oder Betriebsprüfung)

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Die Finanzverwaltung nutzt Umsatzsteuer-Sonderprüfungen zielgerichtet und effektiv, um Steuerausfälle zu vermeiden – mit beachtlichem Erfolg.


3. Wer wird geprüft – und warum?

Eine Sonderprüfung kann jedes Unternehmen treffen, wenn z. B.:

  • wiederholt Unstimmigkeiten bei Voranmeldungen auffallen
  • größere Vorsteuerüberschüsse geltend gemacht werden
  • Auslandsbeziehungen bestehen (z. B. innergemeinschaftliche Lieferungen)
  • häufig Korrekturen oder Verspätungen bei Steueranmeldungen auftreten
  • ein besonderes Risikoprofil vorliegt (z. B. Branchenfokus)

💡 Praxistipp: Selbst kleinere Unternehmen oder Freiberufler können im Fokus stehen, wenn das Meldesystem der Finanzverwaltung Auffälligkeiten registriert.


4. Wie bereite ich mich auf eine Sonderprüfung vor?

Die gute Nachricht: Wer seine Unterlagen sorgfältig führt, steuerliche Prozesse dokumentiert und frühzeitig Rücksprache mit dem Steuerberater hält, muss eine Sonderprüfung nicht fürchten.

Unsere Empfehlungen:

✅ Sorgfältige Prüfung von Eingangs- und Ausgangsrechnungen
✅ Klare Dokumentation von grenzüberschreitenden Leistungen
✅ Frühzeitige Aufklärung bei Abweichungen zwischen Ist und Soll
✅ Interne Prozesse regelmäßig auf Plausibilität prüfen
✅ ELSTER-Voranmeldungen auf Konsistenz prüfen
✅ Bei Unsicherheiten: Rechtzeitig steuerlichen Rat einholen


5. Fazit: Umsatzsteuer bleibt Top-Prüffeld der Finanzverwaltung

Das Mehrergebnis von 1,63 Mrd. Euro im Jahr 2024 zeigt: Die Umsatzsteuer ist und bleibt einer der schärfsten Prüfungsbereiche. Unternehmen sollten dieses Risiko nicht unterschätzen und ihre Prozesse konsequent absichern.


Wir begleiten Sie sicher durch jede Prüfung

Ob Umsatzsteuer-Sonderprüfung, Betriebsprüfung oder steuerliche Selbstanzeige – wir stehen Ihnen mit Fachwissen, Erfahrung und Weitblick zur Seite. Fragen Sie uns frühzeitig – damit Prüfungen keine bösen Überraschungen bringen.

Zwangsgeld: So entsteht es – und so wird es (rückwirkend!) vermieden

Ob bei nicht abgegebenen Steuererklärungen, ignorierten Auskunftsersuchen oder verzögerten Bilanzen: Das Zwangsgeld ist ein beliebtes Druckmittel der Finanzbehörden. Doch nicht jede Zwangsgeldfestsetzung ist rechtmäßig – und in vielen Fällen lässt sich die Zahlung sogar nachträglich noch vermeiden. Wir erklären, wie das Zwangsgeld entsteht, welche Spielräume es gibt und wer bei steuerlich beratenen Mandanten im Zweifel haftet.


1. Wann wird ein Zwangsgeld festgesetzt? – Der verfahrensrechtliche Hintergrund

Zwangsgelder sind keine Strafen, sondern sog. Erzwingungsmittel im Besteuerungsverfahren. Die rechtliche Grundlage bildet § 328 Abs. 1 Abgabenordnung (AO). Danach darf das Finanzamt mit einem Zwangsgeld drohen und es festsetzen, wenn Sie einer Verpflichtung aus einem Verwaltungsakt nicht nachkommen – z. B.:

  • Abgabe einer Steuererklärung (§ 149 AO)
  • Erteilung einer angeforderten Auskunft (§ 93 AO)
  • Übermittlung der E-Bilanz (§ 150 Abs. 8 AO i. V. m. § 5b EStG)
  • Duldung einer Betriebsprüfung (§ 193 ff. AO)

Wichtig:

Die Anwendung des Zwangsgelds setzt voraus, dass die Handlung oder Duldung durch Verwaltungsakt angeordnet wurde. Eine bloße Erinnerung oder Bitte reicht nicht!


2. Verfahrensablauf: So läuft eine Zwangsgeldfestsetzung ab

Der klassische Ablauf sieht so aus:

  1. Anordnung der Mitwirkung (z. B. durch Bescheid zur Abgabe der Steuererklärung)
  2. Androhung des Zwangsgelds – i. d. R. mit angemessener Frist
  3. Festsetzung des Zwangsgelds, wenn keine Reaktion erfolgt
  4. Einziehung des Betrags, sofern weiter keine Mitwirkung erfolgt

Dabei sind formale Anforderungen einzuhalten – z. B. muss die Zwangsgeldandrohung ein konkretes Zwangsgeld benennen und eine Frist zur Handlung setzen.


3. Zwangsgeld bereits festgesetzt – was nun?

Gute Nachricht: Das Zwangsgeld kann rückwirkend vermieden werden, auch wenn der Festsetzungsbescheid bereits ergangen ist.

Voraussetzung:

Die angeordnete Handlung wird nachträglich, aber vor Einziehung des Zwangsgelds doch noch erbracht. In diesem Fall erlischt das Zwangsgeld (§ 332 Abs. 1 AO).

💡 Praxistipp: Reichen Sie fehlende Unterlagen schnellstmöglich nach – das kann zur Aufhebung der Zwangsgeldfestsetzung führen, auch wenn die Frist abgelaufen ist!


4. Wer haftet für das Zwangsgeld – Steuerberater oder Mandant?

Grundsätzlich haftet der Steuerpflichtige selbst für das Zwangsgeld, selbst wenn ein Steuerberater beauftragt wurde. Aber es gibt Ausnahmen, insbesondere wenn:

  • der Berater schuldhaft (z. B. durch Fristversäumnis) die Mitwirkungspflicht verletzt hat
  • der Mandant nachweislich keine Möglichkeit hatte, die Pflicht selbst zu erfüllen

In der Praxis kann ein Beratungsfehler zu Regressansprüchen führen. Das gilt auch für Lohnsteuerhilfevereine – hier sind Fristen, Zuständigkeiten und Kommunikationsverläufe besonders genau zu dokumentieren.


5. Fazit: So vermeiden Sie Zwangsgelder – auch rückwirkend

  • Reagieren Sie frühzeitig auf Aufforderungen vom Finanzamt – Fristen ernst nehmen!
  • Achten Sie auf den Zugang von Verwaltungsakten – z. B. im ELSTER-Postfach.
  • Wenn ein Zwangsgeld angedroht wurde: Handeln Sie schnell!
  • Auch bei bereits festgesetztem Zwangsgeld lohnt sich oft noch ein nachträgliches Tätigwerden.
  • Im Zweifel: Sprechen Sie rechtzeitig mit Ihrer steuerlichen Vertretung – bevor es teuer wird.

Sie haben Post vom Finanzamt erhalten?

Wenn Sie eine Zwangsgeldandrohung oder einen entsprechenden Bescheid bekommen haben, sollten Sie sofort reagieren – wir helfen Ihnen gerne bei der rechtlichen Einordnung und erarbeiten mit Ihnen eine effektive Verteidigungsstrategie. Sprechen Sie uns an.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin