📅 Urteil vom 19.03.2025, BFH X R 20/23
📍 Quelle: Bundesfinanzhof, veröffentlicht am 20.06.2025
🔍 Hintergrund des Falls
Im Fokus des Urteils steht die Frage, ob und unter welchen Bedingungen ein Dritter, der eine fremde Steuerschuld bezahlt, seine Tilgungsbestimmung nachträglich anfechten kann – insbesondere, wenn er sich zur Zahlung durch Drohung gezwungen sah.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat hierzu in seinem Urteil vom 19. März 2025 grundlegende Aussagen zur Auslegung und Anfechtbarkeit von Tilgungsbestimmungen getroffen.
📌 Die Leitsätze im Überblick
- Eine Tilgungsbestimmung (§ 225 Abs. 1 AO) ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, auf die die Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB sowie die Vorschriften der §§ 116 ff. BGB entsprechend anwendbar sind.
- Auch ein Dritter, der auf eine fremde Steuerschuld leistet (§ 48 Abs. 1 AO), gibt eine solche Tilgungsbestimmung ab.
- Erfolgt die Zahlung aufgrund einer Drohung im Sinne des § 123 Abs. 1 Alt. 2 BGB, kann diese Tilgungsbestimmung angefochten werden. Wird wirksam angefochten, gilt sie gemäß § 142 BGB von Anfang an als nichtig.
- In diesem Fall kann dem Dritten ein Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO zustehen.
⚖️ Was bedeutet das für die Praxis?
1. Tilgungsbestimmungen sind rechtlich anfechtbar
Das Urteil bestätigt, dass Tilgungsbestimmungen – etwa zur Zuordnung einer Zahlung auf bestimmte Steuerarten oder Zeiträume – nicht rein verwaltungsintern sind, sondern zivilrechtlichen Anfechtungsregeln unterliegen.
2. Drohung durch Finanzverwaltung?
Sollte eine Finanzbehörde oder ein Dritter den Zahler unter unzulässigen Druck setzen, kann eine so entstandene Tilgungsweisung nachträglich aufgehoben werden – mit Rückforderungsanspruch.
3. Bedeutung für Geschäftsführer, Gesellschafter & Familienangehörige
In der Praxis kommt es häufiger vor, dass nahestehende Personen freiwillig (oder unter Druck) Schulden eines Unternehmens oder Familienangehörigen begleichen. Diese sollten künftig sorgfältig prüfen, ob und wie sie die Tilgungsbestimmung abgeben – und unter welchen Umständen ein Rückforderungsanspruch bestehen könnte.
💡 Mandantenhinweis
Wenn Sie als Dritter auf eine fremde Steuerschuld gezahlt haben – etwa als Gesellschafter, Bürge oder Ehepartner – und sich dabei unter Druck gesetzt fühlten, prüfen wir gern, ob eine Anfechtung möglich ist und ein Erstattungsanspruch gegenüber dem Finanzamt besteht.
✅ Unsere Leistungen für Sie
- Prüfung der Tilgungsbestimmungen in Steuerkonten
- Anfechtungs- und Rückerstattungsanträge gegenüber dem Finanzamt
- Vertretung bei strittiger Zahlung Dritter
- Schutz vor persönlichen Haftungs- und Zahlungsrisiken im Steuerverfahren
Hinweis: Dieser Beitrag dient der allgemeinen Orientierung und ersetzt keine individuelle rechtliche oder steuerliche Beratung. Für eine rechtssichere Einzelfallprüfung stehen wir Ihnen gern zur Verfügung.