Umsatzsteuerliche Organschaft bei Mehrheitsgesellschafter ohne Stimmrechtsmehrheit

Mit Urteil vom 6. Februar 2018 (Az. 4 K 35/17) hat der 4. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts entschieden, dass die für die umsatzsteuerliche Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG erforderliche finanzielle Eingliederung in das Unternehmen des Mehrheitsgesellschafters auch dann vorliegt, wenn der Mehrheitsgesellschafter nur über 50 % der Stimmrechte verfügt und in beiden Gesellschaften dieselbe Person als alleiniger Geschäftsführer tätig ist.

Die Klägerin ist eine GmbH, deren Gegenstand die Führung der Geschäfte ihrer Gesellschafter, der A und des C e.V. ist. Die Gesellschafter sind zu 51 % (A) und zu 49 % (C e.V.) an der Klägerin beteiligt. Alleiniger Geschäftsführer der Klägerin war im Streitjahr E, der zugleich alleiniger Geschäftsführer der A und geschäftsführender Vorstand des C e.V. war. Nach der im Streitjahr wirksamen Regelung des Gesellschaftsvertrags hatte jeder Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung sieben Stimmen und entsandte in die Gesellschafterversammlung bis zu sieben Vertreter/innen mit jeweils einer Stimme, die nach eigenem pflichtgemäßem Ermessen entscheiden konnten. Bei Entscheidungen, die unmittelbar das jeweils von einem Gesellschafter der Klägerin zur Verfügung gestellte Anlagevermögen betrafen, konnten die Stimmen pro Gesellschafter nur einheitlich abgegeben werden; die Vertreter/innen waren zudem an die Anweisungen des entsendenden Gesellschafters gebunden.

Das Finanzamt erkannte im Anschluss an eine Außenprüfung die umsatzsteuerliche Organschaft zwischen der A als Organträgerin und der Klägerin nicht an, da es an einer finanziellen Eingliederung der Klägerin fehlte. Die A sei zwar mehrheitlich an der Klägerin beteiligt, sei aber mangels Stimmrechtsmehrheit nicht in der Lage, Beschlüsse bei der Klägerin durchzusetzen. Mit ihrer Klage machte die Klägerin geltend, dass es für die Annahme einer umsatzsteuerlichen Organschaft nicht auf das Vorliegen einer Stimmenmehrheit des Organträgers ankomme. Das Kriterium der finanziellen Eingliederung setze nach der Rechtsprechung des EuGH nicht voraus, dass mit der Anteilsmehrheit auch eine Stimmrechtsmehrheit einhergehe.

Das Finanzgericht gab der Klage statt, da nach dem Gesamtbild der Verhältnisse von einer umsatzsteuerlichen Organschaft zwischen der A als Organträgerin und der Klägerin auszugehen war. Neben einer deutlich ausgeprägten wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung der Klägerin sah das Finanzgericht auch die finanzielle Eingliederung als erfüllt an. Die Mehrheitsbeteiligung der A an der Klägerin ermöglichte auch ohne Stimmrechtsmehrheit die rechtssichere Bestimmung der A als Organträgerin, da der C e.V. als Minderheitsgesellschafter von der Stellung als Organträger ausgeschlossen war.

Das Erfordernis einer Stimmrechtsmehrheit war im Streitfall nach Auffassung des Finanzgerichts auch nicht zur Verhinderung von Missbräuchen sowie der Vermeidung der Steuerhinterziehung oder -umgehung erforderlich, da es im Streitfall an konkreten Anhaltspunkten für derartige Verhaltensweisen fehlte. Die für das Vorliegen eines Über- und Unterordnungsverhältnisses zwischen dem Organträger und der Organgesellschaft erforderliche Durchgriffsmöglichkeit der A auf die Klägerin ergab sich aus der Identität des Alleingeschäftsführers der A und der Klägerin. Die A konnte durch ihren Alleingeschäftsführer unmittelbar in die laufende Geschäftsführung der Klägerin eingreifen und sich die für die Abgabe von Steueranmeldungen und Steuererklärungen notwendigen Informationen beschaffen sowie die zur Erfüllung von Steueransprüchen notwendigen Ausgleichsansprüche durchsetzen. Der C e.V. konnte als Minderheitsgesellschafter keine abweichende Willensbildung in der Gesellschafterversammlung herbeiführen, da die A insoweit über eine Sperrminorität von 50 % der Stimmrechte verfügte.

Gegen das Urteil hat das Finanzgericht die Revision zugelassen, da vom V. und vom XI. Senats des BFH abweichende Auffassungen zu den Voraussetzungen der finanziellen Eingliederung vertreten werden. Das Revisionsverfahren ist beim BFH unter dem Aktenzeichen XI R 16/18 anhängig.

Quelle: FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 02.07.2018 zum Urteil 4 K 35/17 vom 06.02.2018 (nrkr – BFH-Az.: XI R 16/18)

Verfassungsmäßigkeit der Verlustausgleichsregelung des § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG 2012

Der 5. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts hat in seinem Urteil vom 28. Februar 2018 (Az. 5 K 69/15) entschieden, dass die Beschränkung des Verlustausgleichs bei Verlusten aus der Veräußerung von Aktien gemäß § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG a. F. verfassungsgemäß ist.

Der Einkommensteuerbescheid für 2012 berücksichtigte die Einkünfte der Kläger aus Kapitalvermögen, die nach § 32d Abs. 1 EStG besteuert werden (Abgeltungssteuer) und nahm keine Verrechnung mit den Verlusten des Klägers aus der Veräußerung von Aktien in Höhe von 4.819,00 Euro vor. Mit Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2012 wurde der verbleibende Verlustvortrag nach § 10d Abs. 4 EStG für die Einkünfte aus Kapitalvermögen (Veräußerung von Aktien) festgestellt. Mit Einspruch und Klage wandten sich die Kläger gegen die Anwendung des § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG, da diese Regelung gegen Art. 3 GG verstoße und damit verfassungswidrig sei.

Der 5. Senat wies die Klage ab, weil das Finanzamt unter Anwendung des § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG (2012), der eine Verrechnung des Verlustes aus der Veräußerung von Aktien innerhalb der Einkunftsart des § 20 EStG ausschließt, die Einkommensteuer rechtmäßig festgesetzt habe. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gem. Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG i. V. m. § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG komme nicht in Betracht, weil der Senat nicht von der Verfassungswidrigkeit der Norm überzeugt sei. Der Gesetzgeber habe sich bei der Einschränkung des Verlustabzugs durch § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG a. F. auf den im Gesetzgebungsverfahren erteilten Hinweis auf eine Verhinderung von durch Spekulationsgeschäfte bedingten abstrakt drohenden qualifizierten Haushaltsrisiken als rechtfertigenden Grund für die Ungleichbehandlung grundsätzlich berufen können und er habe die Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit nicht willkürlich überschritten. Da kein vollständiger Ausschluss der Verlustverrechnung normiert worden sei und die Begründung für die unterschiedliche Behandlung von Aktien, Zertifikaten und Aktienfonds jedenfalls nicht evident unsachlich erscheine, sei die Einschätzung des Gesetzgebers hinzunehmen.

Der Senat hat die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr.1 FGO zugelassen. Das Revisionsverfahren ist beim BFH unter dem Aktenzeichen VIII R 11/18 anhängig.

Quelle: FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 02.07.2018 zum Urteil 5 K 69/15 vom 28.02.2018 (nrkr – BFH-Az.: VIII R 11/18)

Zur Bestandskraft eines ablehnenden Kindergeldbescheides wegen unrichtiger Rechtsbehelfsbelehrung

Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist unrichtig i. S. des § 356 Abs. 2 Satz 1 AO, wenn sie in einer der gemäß § 356 Abs. 1 AO wesentlichen Aussagen (Mindestanforderungen) unzutreffend oder derart unvollständig oder missverständlich gefasst ist, dass hierdurch – bei objektiver Betrachtung – die Möglichkeit zur Fristwahrung gefährdet erscheint.

Mit Urteil vom 21. März 2018 (Az. 1 K 205/15) hat der 1. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts einer Klage stattgegeben, mit der zuletzt noch die Bestandskraft eines ablehnenden Kindergeldbescheides mit dem Argument bestritten worden war, die Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheides sei unrichtig i. S. d. § 356 Abs. 2 Satz 1 AO gewesen.

Die Rechtsbehelfsbelehrung des angefochtenen Bescheides lautete auszugsweise wie folgt: „Der Einspruch ist bei der Familienkasse X mit Sitz in Y-Stadt schriftlich einzureichen, dieser elektronisch zu übermitteln oder dort zur Niederschrift zu erklären.“ Eine konkrete Postanschrift der Behörde ist in der Rechtsbehelfsbelehrung nicht benannt. Der Bescheid enthält in Kopf- und Fußzeile folgende Adressangaben: „Familienkasse X, A-Straße, Z-Stadt“. Die Besucheradresse ist ebenfalls mit „A-Straße, Z-Stadt“ angegeben. Eine Behördenadresse in Y-Stadt ist im Bescheid nicht angegeben.

Die Rechtsbehelfsbelehrung ist nach Auffassung des 1. Senats des Finanzgerichts unrichtig, weil in ihr eine der gemäß § 356 Abs. 1 AO wesentlichen Aussagen (Mindestanforderungen) derart missverständlich gefasst ist, dass hierdurch – bei objektiver Betrachtung – die Möglichkeit zur Fristwahrung gefährdet erscheint. Zwar sei die Angabe der postalischen Anschrift der Behörde in § 356 Abs. 1 AO für die Rechtsbehelfsbelehrung nicht vorgeschrieben. Eine entsprechende Verpflichtung ergebe sich auch nicht daraus, dass über den Sitz der Behörde zu belehren sei. Denn der Sitz der Behörde sei der geographische Ort, an dem sie räumlich untergebracht sei und an dem sich der Mittelpunkt ihrer Verwaltung befinde. Dieser Ort sei aber nicht gleichzusetzen mit der postalischen Anschrift einer Behörde. Hier sei in der Rechtsmittelbelehrung allerdings ein Behördensitz in Y-Stadt angegeben, während in dem Bescheid selbst nirgendwo eine Adresse in Y-Stadt angegeben sei. Es finde sich dort lediglich die Angabe einer genau bezeichneten Adresse in Z-Stadt. Bei dieser Ausgangslage bleibe unklar, ob der Einspruch in zulässiger Weise auch an die Adresse in Z-Stadt gesandt werden könne oder ob er an eine noch selbst herauszusuchende genaue Adresse in Y-Stadt zu senden sei. Diese Unklarheit werde auch aus dem Gesamtzusammenhang des Bescheides heraus nicht nachvollziehbar aufgelöst, so dass – gemessen am objektiven Empfängerhorizont – von einer insgesamt widersprüchlichen und damit objektiv unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung auszugehen sei.

Darauf, dass sich die widersprüchlichen Angaben in dem Bescheid, betreffend die Erreichbarkeit der Einspruchsbehörde, im Streitfall möglicherweise nicht konkret ausgewirkt haben, komme es nicht an. Die verlängerte Rechtsbehelfsfrist von einem Jahr gelte bereits dann, wenn die Angaben unvollständig oder missverständlich gefasst seien und hierdurch – bei objektiver Betrachtung – die Möglichkeit zur Fristwahrung gefährdet erscheine.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Quelle: FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 02.07.2018 zum Urteil 1 K 205/15 vom 21.03.2018 (rkr)

Einbringungsgewinn II gem. § 22 Abs. 2 UmwStG unterliegt nicht der GewSt, wenn die Erbringung der GmbH-Anteile zum gemeinen Wert nicht gewerbesteuerpflichtig gewesen wäre

Mit dem Urteil des 1. Senats des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 21. März 2018 ist – soweit ersichtlich – erstmals eine Entscheidung zu den gewerbesteuerlichen Folgen der Verletzung einer Sperrfrist gem. § 22 Abs. 2 UmwStG ergangen.

Die Klägerin war durch Verschmelzung Gesamtrechtsnachfolgerin der A GmbH & Co. KG (A-KG) geworden. An der A-KG waren die C-GmbH als Komplementärin ohne Kapitaleinlage und die Eheleute E und G mit einer Kapitaleinlage i. H. v. je 25,5 % sowie die I-GmbH mit einer Kapitaleinlage i. H. v. 49 % als Kommanditisten beteiligt. Auch an der C-GmbH waren E und G zu je 25,5 % und die I-GmbH zu 49 % beteiligt. Daneben hielten E, G und die I-GmbH im selben Beteiligungsverhältnis Anteile an der K-GmbH. Die Anteile an der C-GmbH und an der K-GmbH stellten notwendiges Sonderbetriebsvermögen II der Kommanditisten dar. Im März 2010 gründeten E und G die M-GmbH, deren Geschäftsanteile sie zu jeweils 50 % hielten. Im Mai 2010 brachten E und G ihre Anteile an der A-KG, der C-GmbH und der K-GmbH zum Buchwert – bezüglich des Kapitalkontos der Ergänzungsbilanz der A-KG zum Zwischenwert – gegen Gewährung neuer Gesellschaftsanteile gem. § 20 UmwStG in die M-GmbH ein. Außerdem legten sie Optionsrechte betreffend die genannten Beteiligungen in die M-GmbH ein, die aus einem bereits im Jahr 2005 geschlossenen Optionsvertrag resultierten. Daraus ergab sich insbesondere das Recht für E und G, ihre Gesellschaftsanteile mit Wirkung auf den 30.06.2010 der I-GmbH zu einem bestimmten Preis anzudienen (sog. Put-Option). Die M-GmbH übte die Optionsrechte aus und veräußerte die Kommanditanteile an der A-KG sowie die eingebrachten Geschäftsanteile an der C-GmbH und der K-GmbH an die I-GmbH. Aus der Veräußerung der Anteile an der K-GmbH ergab sich ein Einbringungsgewinn II i. H. v. ca. 2.500.000 Euro. Diesen erfasste das FA unter Anwendung des Teileinkünfteverfahrens gem. § 3 Nr. 40 EStG zu 60 % als gewerbesteuerpflichtigen Gewinn der Klägerin bei der Festsetzung des GewSt-Messbetrags für 2010 und berief sich in seiner Argumentation ausdrücklich auf Tz. 22.13 des BMF-Schreibens vom 11. November 2011 (BStBl I 2001 S. 1314). Daraus ergebe sich, dass der Einbringungsgewinn II zum Gewerbeertrag gehöre.

Dieser Sichtweise ist der 1. Senat in seiner Entscheidung entgegengetreten. In dem der Gewerbebesteuerung zu unterwerfenden Gewerbeertrag sei nur der Gewinn aus dem laufenden Gewerbebetrieb zu erfassen, während Gewinnbestandteile, die durch dessen Aufgabe oder Veräußerung entstanden seien, unberücksichtigt blieben, weil sie dem Wesen der GewSt als einer auf den tätigen Betrieb bezogenen Sachsteuer widersprächen. Der Einbringungsgewinn II i. S. d. § 22 Abs. 2 UmwStG sei kein laufender Gewinn und gehöre damit nicht zum Gewerbeertrag der Klägerin. Das UmwStG enthalte selbst keine Aussage darüber, ob der Einbringungsgewinn II in den Gewerbeertrag einzubeziehen sei. Insbesondere lasse sich eine solche nicht der in § 22 Abs. 2 UmwStG enthaltenen Formulierung entnehmen, dass es sich bei dem Einbringungsgewinn II um einen „Gewinn des Einbringenden aus der Veräußerung von Anteilen“ handele. Denn aus den Gesetzesmaterialien ergebe sich, dass dadurch nicht eine gesonderte Zuordnung des Gewinns geregelt werden solle; diese sollte sich vielmehr nach den allgemeinen Vorschriften richten. Dementsprechend sei der Einbringungsgewinn II gewerbesteuerlich so zu behandeln, wie eine Anteilseinbringung zum gemeinen Wert im Einbringungszeitpunkt zu versteuern gewesen wäre.

Danach sei der Einbringungsgewinn II vorliegend nicht dem Gewerbeertrag zuzurechnen, denn die eingebrachten Anteile an der K-GmbH seien als notwendiges Sonderbetriebsvermögen II Bestandteil der vollständig veräußerten Mitunternehmerschaft der Eheleute E und G an der A-KG gewesen. Da in den Gewerbeertrag insb. die nach dem ESt-Recht mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuernden Veräußerungsgewinne nicht einzubeziehen seien, wäre auch eine direkte Veräußerung der gesamten Mitunternehmerschaft zum gemeinen Wert für E und G nicht der GewSt zu unterwerfen gewesen. Denn zu den Bestandteilen des begünstigten Veräußerungsgewinns zählten auch solche, die zwar einkommensteuerrechtlich keine Veräußerungs- oder Aufgabegewinne darstellten, die aber doch in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe stehen und daher keinen „laufenden“ Gewinn darstellten. Das gelte nach der BFH-Rechtsprechung, der zu folgen sei, auch für Gewinne aus der Veräußerung einer im Sonderbetriebsvermögen II eines Mitunternehmers gehaltenen Beteiligung an einer GmbH (vgl. das BFH-Urteil vom 3. April 2008 IV R 54/04, BStBl II 2008, 742). Der erforderliche unmittelbare Zusammenhang sei dabei – wie hier – immer dann zu bejahen, wenn die Anteilsveräußerung Teil des einheitlichen wirtschaftlichen Vorgangs der Betriebsveräußerung oder -aufgabe bzw. der Veräußerung oder Aufgabe des Mitunternehmeranteils sei, welche zur Einstellung der werbenden Tätigkeit des Unternehmens führe (vgl. BFH-Urteil vom 3. Dezember 2015 IV R 4/13, BStBl II 2016, 544).

Gegen diese Sichtweise sprächen nicht die unterschiedlichen Formulierungen in § 22 Abs. 1 UmwStG einerseits und in Abs. 2 der Norm andererseits. Diese beruhten auf der unterschiedlichen ertragsteuerlichen Behandlung der jeweils geregelten Vorgänge und hätten keine Bedeutung für ihre gewerbesteuerliche Beurteilung. Sinn und Zweck der §§ 20 ff. UmwStG in der im Streitjahr geltenden Fassung sei es, im Interesse der Erleichterung von Unternehmensumstrukturierungen ein einheitliches und EU-konformes System für die steuerliche Behandlung von Einbringungsfällen zu schaffen (nachträgliche Einbringungsgewinnbesteuerung), das Doppelbesteuerungen von stillen Reserven weitgehend vermeidet. Es solle jedoch auch weiterhin sichergestellt werden, dass die im Zeitpunkt der Betriebseinbringung oder des Anteilstauschs aufgelaufenen und auf die Anteile der übernehmenden Gesellschaft übertragenen stillen Reserven bei einer Veräußerung der Anteile innerhalb der Sperrfrist letztlich im Zeitpunkt der Veräußerung der Anteile der (vollen) Besteuerung unterliegen (vgl. BT-Drucks. 16/2710 S. 42). Dementsprechend solle § 22 Abs. 1 UmwStG dazu dienen, eine als ungerechtfertigt angesehene Flucht in das Teileinkünfteverfahren zu vermeiden: durch die Erfassung des Einbringungsgewinns II werde bewirkt, dass bei der Einlage von Mitunternehmeranteilen in eine Kapitalgesellschaft. und die nachfolgende Veräußerung der Anteile an derselben keine Statusverbesserung von einer Besteuerung gem. § 16 EStG zu einer Teileinkünftebesteuerung erfolge. Letzteres wäre aber auch bei einer direkten Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen durch eine natürliche Person einschlägig. Ziel des § 22 Abs. 2 UmwStG sei es daher, eine „Flucht“ in das körperschaftsteuerliche Freistellungsverfahren gem. § 8b KStG zu verhindern.

Dieser Sichtweise stehe nicht entgegen, dass durch die Anwendung der Siebtel Regelung nicht zwangsläufig sämtliche stillen Reserven in den (Mitunternehmer-)Anteilen aufgedeckt würden. Vorliegend ergebe sich das schon daraus, dass die Weiterveräußerung bereits im ersten Jahr nach der Einbringung erfolgt sei. Hinweise auf eine missbräuchliche Vorgehensweise i. S. d. § 42 AO lägen nicht vor.

Der 1. Senat hat die Revision gegen sein Urteil zugelassen. Das Revisionsverfahren ist beim BFH unter dem Aktenzeichen I R 13/18 anhängig.

Quelle: FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 02.07.2018 zum Urteil 1 K 1/16 vom 21.03.2018 (nrkr – BFH-Az.: I R 13/18)

BETREFF Pauschalierung der Einkommensteuer bei Sachzuwendungen nach § 37b EStG

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder werden die Rdnrn. 9c, 9e und 38 des BMF-Schreibens vom 19. Mai 2015 (BStBl I S. 468) geändert und sind in folgender Fassung anzuwenden:

9c Bei Zuwendungen an Dritte handelt es sich regelmäßig um Geschenke i. S. d. § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 Satz 1 EStG und R 4.10 Absatz 4 Satz 1 bis 5 EStR oder Incentives (z. B. Reise oder Sachpreise aufgrund eines ausgeschriebenen Verkaufs- oder Außendienstwettbe-werbs). Geschenke in diesem Sinne sind auch Nutzungsüberlassungen. Zuzahlungen des Zuwendungsempfängers ändern nicht den Charakter als Zuwendung; sie mindern lediglich die Bemessungsgrundlage. Zuzahlungen Dritter (z. B. Beteiligung eines anderen Unternehmers an der Durchführung einer Incentive-Reise) mindern die Bemessungsgrundlage hingegen nicht. Aufmerksamkeiten i. S. d. R 19.6 Absatz 1 LStR, die dem Empfänger aus Anlass eines besonderen persönlichen Ereignisses zugewendet werden, führen nicht zu steuerbaren und steuerpflichtigen Einnahmen und gehören daher nicht zur Bemessungsgrundlage.

9e Gewinne aus Verlosungen, Preisausschreiben und sonstigen Gewinnspielen sowie Prämien aus (Neu)Kundenwerbungsprogrammen und Vertragsneuabschlüssen führen beim Empfänger regelmäßig nicht zu steuerbaren und steuerpflichtigen Einnahmen und fallen dann nicht in den Anwendungsbereich des § 37b Absatz 1 EStG.

38 Dieses Schreiben ersetzt das BMF-Schreiben vom 29. April 2008 (a. a. O.). Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen noch offenen Fällen anzuwenden.

Soweit die Änderungen von Rdnr. 9e durch das BMF-Schreiben vom 28. Juni 2018 (BStBl I S. ___) dazu führen, dass auch Sachzuwendungen pauschal nach § 37b EStG besteuert werden können, die zuvor nach Rdnr. 9e des BMF-Schreibens vom 19. Mai 2015 nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen gewesen wären, kann der Steuerpflichtige entscheiden, ob er die geänderte Fassung auch für vor dem 1. Juli 2018 verwirklichte Sachverhalte anwenden will.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht. Es steht ab sofort für eine Übergangszeit auf den Internet-Seiten des Bundesministeriums der Finanzen unter der Rubrik Themen – Steuern – Steuerarten – Einkommensteuer – ( http://www.bundesfinanzministerium.de ) zur Ansicht und zum Abruf bereit.

Das BMF-Schreiben vom 28. Juni 2018 ändert die Randnummern 9c, 9e und 38 des BMF-Schreibens vom 19. Mai 2015 (BStBl I S. 468).

Neuregelungen im Juli 2018

Zum 1. Juli steigen die Renten in Ost und West an. Verpackungen von verschreibungspflichtigen Medikamenten erhalten ein individuelles Erkennungsmerkmal. Energieausweise aus dem Jahr 2008 verlieren ihre Gültigkeit und sollten erneuert werden. Diese und andere Neuregelungen gelten ab Juli 2018.

Gute Nachrichten für Rentner: Zum 1. Juli steigen die Altersbezüge in Ost und West.

  • 1. Rente
  • 2. Arbeit
  • 3. Gesundheit
  • 4. Verbraucherschutz
  • 5. Verkehr
  • 6. Energie

1. Rente

Renten steigen in Ost und West

Ab dem 1. Juli 2018 erhalten die mehr als 20 Millionen Rentnerinnen und Rentner mehr Geld. Im Osten steigen die Altersbezüge um 3,4 Prozent, im Westen um 3,2 Prozent. Erstmals werden die Ost- und Westrenten gesetzlich angeglichen. 2018 erreicht der Rentenwert Ost fast 96 Prozent des Westwerts.

Weitere Informationen:
Renten steigen

2. Arbeit

Betriebsdaten werden Arbeitsschutzbehörden übermittelt

Die Bundesagentur für Arbeit leitet ab dem 1. Juli 2018 Betriebsdaten an die obersten Arbeitsschutzbehörden der Länder weiter. Dadurch soll der Arbeitsschutz in den Betrieben länderübergreifend besser überwacht werden.

Weitere Informationen:
Arbeitsschutz

3. Gesundheit

Warnhinweis auf Schmerzmittel-Verpackungen

„Bei Schmerzen oder Fieber ohne ärztlichen Rat nicht länger anwenden als in der Packungsbeilage oder vom Apotheker empfohlen!“ – diesen Warnhinweis müssen freiverkäufliche Schmerzmittel ab dem 1. Juli 2018 auf der Verpackung tragen. Das soll dazu beitragen, Überdosierungen und unerwünschte Nebenwirkungen zu verhindern.

Weitere Informationen:
Warnhinweis Schmerzmittel-Verpackungen

Verpackungen von Medikamenten werden fälschungssicherer

Ab dem 1. Juli 2018 bekommen alle Verpackungen von verschreibungspflichtigen Medikamenten ein individuelles Erkennungsmerkmal. Das verhindert, dass gefälschte Arzneimittel in den Handel gelangen. Außerdem werden Verpackungen gegen Manipulation gesichert.

Wissen, wer die leiblichen Eltern sind

Ab dem 1. Juli 2018 führt das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) das bundesweite Samenspender-Register. Es speichert Angaben von Samenspendern und -empfängerinnen nach künstlichen Befruchtungen. So können Kinder künftig erfahren, wer ihre leiblichen Eltern sind.

Weitere Informationen:
Auskunftsrecht für Kinder von Samenspendern

4. Verbraucherschutz

Neues EU-Reiserecht: Mehr Transparenz und Rechtssicherheit

Immer häufiger kombinieren Verbraucher einzelne Reiseleistungen – auch über das Internet. Die neue EU-Pauschalreise-Richtlinie greift diesen Wandel auf und sorgt ab dem 1. Juli 2018 für einen EU-weit einheitlichen Verbraucherschutz.

Weitere Informationen:
EU-Reiserecht

EU-weites Verbot von Dentalamalgam bei Risikogruppen

Ab dem 1. Juli 2018 dürfen Zahnärzte das quecksilberhaltige Dentalamalgam grundsätzlich nicht mehr für die Behandlung von Milchzähnen, von Kindern unter 15 Jahren und von Schwangeren oder Stillenden verwenden. Die sogenannte Minimata-Konvention von 2013, die 90 Staaten beschlossen haben, sieht vor, die Nutzung von Quecksilber soweit wie möglich zu reduzieren.

Weitere Informationen:
Verbot von Dentalamalgam

5. Verkehr

Lkw-Maut auf allen Bundesstraßen

Zum 1. Juli 2018 wird die Lkw-Maut auf alle deutschen Bundesstraßen ausgedehnt. Dadurch erweitert sich das mautpflichtige Streckennetz für Lkw ab 7,5 Tonnen auf 52.000 Kilometer. Die Maut leistet einen wichtigen Beitrag zur Finanzierung der Bundesfernstraßen und der Verkehrsinfrastruktur.

Weitere Informationen:
Lkw-Maut

6. Energie

Erste Energieausweise älterer Wohnhäuser werden ungültig

Im Laufe des Juli 2018 verlieren Energieausweise ihre Gültigkeit, die ab Juli 2008 für Häuser mit einem Baujahr vor 1966 ausgestellt worden sind. Hauseigentümer, die demnächst ihr Haus verkaufen, vermieten oder verpachten wollen, sollten sich mit Hilfe eines qualifizierten Energieberaters einen neuen, wieder zehn Jahre gültigen Energieausweis in Form eines „Bedarfsausweises“ erstellen zu lassen.

Weitere Informationen:
Erste Energieausweise

Donnerstag, 28. Juni 2018

Quelle: Bundesregierung

1%-Regelung bei einem Gesellschafter: Vereinbarung eines privaten Nutzungsverbots

1. Bei einem Gesellschafter ist die auf den Beweis des ersten Anscheins gestützte Annahme, er habe einen ihm zur Verfügung stehenden Dienst-Pkw privat genutzt, auch dann möglich, wenn formal ein Nutzungsverbot zwischen den Gesellschaftern vereinbart worden ist.
2. Bei einem Gesellschafter, der zu 96 % am Gewinn beteiligt ist, sind an den Nachweis fehlender Privatnutzung strenge Anforderungen zu stellen.
Urteil vom 6. Februar 2018 (6 K 172/17), NZB eingelegt, Az. BFH VIII B 38/18.

FG Hamburg Newsletter 02/2018

Übergang von UStNachschau zu USt-Sonderprüfung

1. Es besteht ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung der Rechtswidrigkeit der Durchführung einer USt-Sonderprüfung, wenn aus dieser Feststellung ein strafrechtliches Verwertungsverbot in einem bereits eingeleiteten Steuerstrafverfahren folgen kann und eine Klärung nicht über eine Anfechtung einer Prüfungsanordung bzw. einer Mitteilung des Übergangs zu einer Außenprüfung möglich ist.
2. Die Durchführung einer USt-Sonderprüfung ohne Prüfungsanordnung gem. § 196 AO oder
Mitteilung eines Übergangs zu einer Außenprüfung gem. § 27b Abs. 3 UStG ist rechtswidrig.
3. Zu nicht nachvollziehbaren Gründen für einen Übergang zu einer Außenprüfung gem. § 27b Abs. 3 UStG.
Urteil vom 9. Januar 2018 (1 K 168/17), rechtskräftig.

FG Hamburg Newsletter 02/2018

Kindergeld: Ausbildungswilligkeit im Sinne des § 32 Abs. 4 Nr. 2 Satz 1 Nr. 2c EStG

1. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH erfordert die Berücksichtigung eines Kindes gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2c EStG, dass sich dieses ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht hat.
2. Das Bemühen ist glaubhaft zu machen. Pauschale Angaben, das Kind sei im fraglichen Zeitraum ausbildungsbereit gewesen, habe sich ständig um einen Ausbildungsplatz bemüht oder sei stets bei der Agentur für Arbeit als ausbildungsplatzsuchend gemeldet gewesen, reichen nicht aus. Um einer missbräuchlichen Inanspruchnahme des Kindergeldes entgegenzuwirken, muss sich die Ausbildungsbereitschaft des Kindes durch belegbare Bemühungen um einen Ausbildungsplatz objektiviert haben.
Urteil vom 20. Februar 2018 (6 K 135/17), rechtskräftig.

FG Hamburg Newsletter 02/2018

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin