Kraftfahrt-Bundesamt muss Akteneinsicht in VW-Dieselgate-Akte gewähren

Deutsche Umwelthilfe obsiegt erneut vor Gericht gegen die Bundesregierung

VG Schleswig kritisiert ungeprüfte Übernahme von Behauptungen der Volkswagen AG durch das Kraftfahrt-Bundesamt – Berufung wurde nicht zugelassen – DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch forderte Kanzlerin Angela Merkel dazu auf, die Fernsteuerung ihrer Bundesregierung durch die Dieselkonzerne nicht länger zu akzeptieren.

Das Verwaltungsgericht Schleswig hat am 20.04.2018 der Deutschen Umwelthilfe (DUH) in ihrer Klage auf Akteneinsicht in vollem Umfang Recht gegeben (Az. 6 A 48/16). Streitgegenstand waren alle beim Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) vorhandenen Unterlagen, die im Ergebnis zum Rückruf der VW-Modelle am 15.10.2015 geführt haben. Die Klage richtete sich gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA).

Mit dem Urteil erhält der Umwelt- und Verbraucherschutzverband auf Grundlage des Umweltinformationsgesetzes Einsicht in den gesamten Schriftverkehr, der im Herbst 2015 zur Anordnung des Rückrufs von Betrugs-Diesel-Pkw führte.

„Das heutige Urteil ist ein Sieg für den Rechtsstaat über eine Bundesregierung, die auch 30 Monate nach Aufdeckung des größten Industrieskandals der deutschen Nachkriegsgeschichte eine konspirative Zusammenarbeit mit betrügerischen Autobauern weiterführt. Ich fordere Kanzlerin Angela Merkel dazu auf, die Fernsteuerung ihrer Bundesregierung durch die Dieselkonzerne nicht länger zu akzeptieren“, so Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.

Das KBA ist verpflichtet, Einsicht in alle Aktenbestandteile, die zur Rückrufanordnung gegen VW am 15.10.2015 geführt haben, zu gewähren. VW und KBA können sich nicht auf Betriebsgeheimnisse oder die aktuell noch laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen berufen. Das Gericht kritisierte, dass das KBA die Schwärzungen der kompletten Unterlagen unter anderem wegen Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen „völlig ungeprüft“ von VW übernommen habe. Nach Auffassung des Gerichts überwiege aber das öffentliche Interesse, selbst wenn Geschäftsgeheimnisse vorliegen sollten.

Bereits vor mehr als zwei Jahren hatte das Verwaltungsgericht Schleswig die Herausgabe der VW-Akte verfügt. Daraufhin übersandte die Behörde der DUH eine nahezu komplett geschwärzte Akte mit 581 Seiten, die es mehrfach sogar in die Satiresendung „heute show“ als Beleg der versprochenen Transparenzoffensive von Bundesregierung und Volkswagen schaffte. Diese Akte ist nun nach dem Urteil komplett ungeschwärzt der DUH auszuhändigen.

Das KBA hatte die Herausgabe der ungeschwärzten Seiten mit Verweis auf laufende strafrechtliche Ermittlungen sowie Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse von VW über mehr als zwei Jahre abgelehnt. Der Vorsitzende Richter sagte heute in der mündlichen Verhandlung, man könne sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass jeder Satz in der Akte ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis beinhalte.

Eine Berufung wurde nicht zugelassen. Alle Unterlagen zwischen dem Bekanntwerden des Dieselskandals am 18.09.2015 und dem Erlass der Rückrufanordnung am 15.10.2015 sind davon betroffen, sofern sie das KBA führt. Die DUH erhofft sich durch die Offenlegung Aufklärung darüber, wie es zu der VW begünstigenden Beschränkung eines millionenfachen Betrugs von VW-Kunden auf bloße Software-Updates kam.

Rechtsanwalt Remo Klinger, der die DUH in dem Rechtsstreit vertritt, sagt: „Nun kommt endlich Licht in den Dieselskandal. Ein Rechtsstaat lebt von Transparenz und Öffentlichkeit, nicht von Kumpanei zwischen Aufsichtsbehörde und Unternehmen. Dies hat das Verwaltungsgericht heute eindrucksvoll bestätigt.“

Hintergrund

Nach dem Bekanntwerden des VW-Abgasskandals im September 2015 ordnete das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) am 15.10.2015 einen amtlichen Rückruf der betroffenen VW-Fahrzeuge an. Details über die Rückrufaktion, wie die Veränderungen der Leistungs-, Spritverbrauchs-, CO2- sowie sonstiger Emissionswerte die mit der Nachrüstung verbunden sind, sind nicht bekannt. Da auf Anfrage der DUH keine Informationen zum Rückruf herausgegeben wurden, hat die DUH am 22.01.2016 auf Grundlage des Umweltinformationsgesetzes gegen das KBA eine Untätigkeitsklage wegen Anspruchs auf Informationserteilung gestellt. Sie fordert die Beklagte auf, Einsicht in die Rückrufanordnung sowie den gesamten dazu vorliegenden Schriftverkehr zu gewähren. Nachdem dem Antrag der DUH teilweise stattgegeben wurde, erhielt die DUH 2016 vom Kraftfahrt-Bundesamt eine nahezu komplett geschwärzte Akte mit 581 Seiten. Die Rückrufanordnung als solche ist der DUH mittlerweile bekannt.

Quelle: DUH, Pressemitteilung vom 20.04.2018 zur Entscheidung 6 A 48/16 des VG Schleswig vom 20.04.2018

 

Renten steigen zum 1. Juli im Westen um 3,2 Prozent, im Osten um 3,4 Prozent

Gute Beschäftigungs- und Lohnentwicklung führt zu höheren Altersbezügen; Anpassung im Osten leicht über gesetzlich festgelegtem Anpassungsschritt.

Das Bundeskabinett hat am 25. April 2018 die Rentenwertbestimmungsverordnung 2018 beschlossen. Damit werden die gesetzlichen Renten – vorbehaltlich der Zustimmung des Bundesrates – zum 1. Juli 2018 erhöht. In Westdeutschland steigt die Rente um 3,22 Prozent, in den neuen Ländern um 3,37 Prozent. Der aktuelle Rentenwert (Ost) steigt damit auf 95,8 Prozent des aktuellen Rentenwerts West (bisher: 95,7 Prozent).

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil: „Auch in diesem Jahr führen die gute Lage am Arbeitsmarkt und die Lohnsteigerungen der Vergangenheit zu besseren Renten. Das ist eine erfreuliche Nachricht für die über 20 Millionen Rentnerinnen und Rentner. Und es zeigt: Die gesetzliche Rente ist und bleibt die zentrale Säule der Alterssicherung in Deutschland. Diese Säule werden wir nun weiter stärken: mit einer Grundrente, die jahrzehntelangen Einsatz im Arbeitsleben, bei der Pflege und in der Kindererziehung honoriert; mit der Stabilisierung von Rentenniveau und Beitragssatz; und mit einer weiteren deutlichen Verbesserung der Absicherung bei Erwerbsminderung. Auf dem Weg zu gleichen Rentenwerten in Ost und West kommen wir mit der Rentenanpassung 2018 somit gut voran. Der Rentenwert (Ost) erreicht 95,8 Prozent des Westwerts. Bis spätestens zur Rentenanpassung 2024 wird der aktuelle Rentenwert (Ost) auf 100 Prozent des Westwerts ansteigen.

Einzelheiten:

Grundlage der Rentenanpassung ist die Lohnentwicklung. Neu in der diesjährigen Anpassung ist, dass in diesem Jahr für die neuen Bundesländer die Regelungen des Rentenüberleitungsabschlussgesetzes greifen, wonach der aktuelle Rentenwert (Ost) mindestens so anzupassen ist, dass er 95,8 Prozent des Westwerts erreicht. Kommt es unter Berücksichtigung der Lohnentwicklung in den neuen Ländern in der Anpassungsformel jedoch zu einem günstigeren Ergebnis, wird dieses angewendet. Das ist in diesem Jahr der Fall, denn der mit der Lohnentwicklung berechnete aktuelle Rentenwert (Ost) fällt um einen Cent höher aus.

Mit dem Rentenüberleitungsabschlussgesetz wurde geregelt, dass der aktuelle Rentenwert (Ost) spätestens am 1. Juli 2024 100 Prozent erreichen wird, sodass ab dann in ganz Deutschland ein einheitlicher aktueller Rentenwert gelten wird. Sofern die Lohnentwicklung in den neuen Ländern positiver ausfällt, könnte dies aber schon früher der Fall sein. Steigende Löhne und ein hoher Beschäftigungsstand sorgen weiterhin für eine gute Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherung. Die gesetzliche Rente bleibt dadurch ein solides Fundament der Alterssicherung in Deutschland.

Die für die Rentenanpassung relevante Lohnsteigerung beträgt 2,93 Prozent in den alten Ländern und 3,06 Prozent in den neuen Ländern. Sie basiert auf der vom Statistischen Bundesamt gemeldeten Lohnentwicklung nach den volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR), wobei der Einfluss der Arbeitsgelegenheiten mit Entschädigungen für Mehraufwendungen („Ein-Euro-Jobs“) außer Acht bleibt. Darüber hinaus wird die beitragspflichtige Entgeltentwicklung der Versicherten berücksichtigt, die für die Einnahmensituation der gesetzlichen Rentenversicherung entscheidend ist.

Neben der Lohnentwicklung wird durch den Nachhaltigkeitsfaktor die Entwicklung des zahlenmäßigen Verhältnisses von Rentenbeziehenden zu Beitragszahlenden bei der Anpassung der Renten berücksichtigt. In diesem Jahr wirkt sich der Nachhaltigkeitsfaktor mit +0,29 Prozentpunkten positiv auf die Rentenanpassung aus. Außerdem wird durch den sog. Faktor Altersvorsorgeaufwendungen die Veränderung der Aufwendungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beim Aufbau ihrer Altersvorsorge auf die Anpassung der Renten übertragen. Da sich der Beitragssatz in der allgemeinen Rentenversicherung 2017 jedoch nicht verändert hat und die sog. „Riester-Treppe“ bereits 2013 letztmals zur Anwendung kam, wirkt sich der Faktor Altersvorsorgeaufwendungen in diesem Jahr nicht auf die Rentenanpassung aus.

Auf Basis der vorliegenden Daten ergibt sich damit ab dem 1. Juli 2018 eine Anhebung des aktuellen Rentenwerts von gegenwärtig 31,03 Euro auf 32,03 Euro und eine Anhebung des aktuellen Rentenwerts (Ost) von gegenwärtig 29,69 Euro auf 30,69 Euro. Dies entspricht einer Rentenanpassung von 3,22 Prozent in den alten Ländern und von 3,37 Prozent in den neuen Ländern. Der aktuelle Rentenwert (Ost) erreicht damit 95,8 Prozent des Westwerts.

Zum Vergleich: Mit einer Anhebung gemäß dem ersten Schritt der Rentenangleichung wäre der aktuelle Rentenwert (Ost) um 3,33 Prozent angepasst worden und läge bei 30,68 Euro. Die Berücksichtigung der tatsächlichen Lohnentwicklung Ost bei der Rentenanpassung in den neuen Ländern führt also zu einem geringfügig günstigeren Ergebnis. Damit kommt in diesem Jahr die mit dem Rentenüberleitungsabschlussgesetz eingeführte Vergleichsprüfung zum Tragen.

Anbei finden Sie hierzu den vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales vorgelegten Referentenentwurf zur Rentenwertbestimmungsverordnung 2018. Die Rentenwertbestimmungsverordnung 2018 tritt – vorbehaltlich der erforderlichen Zustimmung des Bundesrates und der abschließenden Verkündung im Bundesgesetzblatt – am 1. Juli 2018 in Kraft.

Quelle: BMAS, Pressemitteilung vom 25.04.2018

 

BRAK-Präsidentenkonferenz: Schwachstellen des Anwaltspostfachs „beA“ können behoben werden

Auf der BRAK-Präsidentenkonferenz am 15.04.2018 hat die secunet Security Networks AG den Präsidentinnen und Präsidenten der 28 Rechtsanwaltskammern einen Zwischenbericht zur Sicherheit des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) erstattet.

Die secunet, eine durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zertifizierte IT-Sicherheitsdienstleisterin, prüft zurzeit die beA-Anwendung. Die BRAK hatte diese wegen Sicherheitsrisiken im Dezember 2017 vom Netz genommen.

Auftragsgemäß hat secunet eine technische Analyse der beA Client Security und eine konzeptionelle Prüfung der Gesamtlösung des beA inklusive Hardware Security Modul (HSM) vorgenommen.

Secunet bestätigt, dass sie nach aktuellem Untersuchungsstand keine Fehler gefunden haben, die den grundlegenden Aufbau des beA-Systems in Frage stellen. Die bisher festgestellten Schwachstellen des beA-Systems können, so secunet, behoben werden. Die BRAK hat den Entwickler des beA über das vorläufige Zwischenergebnis informiert.

Die Präsidentinnen und Präsidenten waren sich auf ihrer Sitzung einig, keine inhaltlichen Details zum vorläufigen Zwischenbericht zu veröffentlichen. Die Präsidentenkonferenz folgt damit der ausdrücklichen Empfehlung der Gutachterin, um Risiken z. B. für die IT-Sicherheit der Anwaltschaft auszuschließen, wie sie insbesondere bei nicht erfolgter Deinstallation älterer Versionen der beA-Client Security auf den Rechnern der Nutzer entstehen könnten.

Das umfassende Gutachten der secunet wird nicht vor Mitte Mai vorliegen. Die BRAK wird dann über die weitere Vorgehensweise beraten.

Quelle: BRAK, Pressemitteilung vom 15.04.2018

 

RVG: Angemessene Anpassung der Anwaltsgebühren notwendig

Die Rechtsanwaltsvergütung bedarf dringend einer angemessenen Anpassung. Orientierungsmaßstab muss die allgemeine Lohnentwicklung der vergangenen Jahre sein. Die Präsidenten des Deutschen Anwaltvereins und der Bundesrechtsanwaltskammer übergaben dazu am 16. April 2018 einen gemeinsamen Forderungskatalog an die Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz Dr. Katarina Barley. Er beinhaltet eine Kombination aus strukturellen Verbesserungen und einer moderaten linearen Anpassung der Gebührentabellen.

Seit der letzten Gebührenerhöhung 2013 sind allein die Tariflöhne um insgesamt 13 Prozent gestiegen. „Eine lineare Anhebung der Gebührensätze der Vergütungstabellen ist dringend notwendig, um die Rechtsanwaltskanzleien an der positiven wirtschaftlichen Entwicklung teilhaben zu lassen. Sie müssen schließlich auch die gestiegenen Kosten für Mitarbeiter, Mieten, Energie und vieles mehr tragen“, macht BRAK-Präsident Ekkehart Schäfer deutlich. Nur bei einer entsprechenden Anpassung könne das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) auch weiter die wirtschaftliche Grundlage für die anwaltliche Tätigkeit sein.

„Wir brauchen eine Orientierung der Rechtsanwaltsvergütung an der allgemeinen Tariflohnentwicklung“, hebt Ulrich Schellenberg, DAV-Präsident, hervor. Sie müsse sich an der jährlichen Entwicklung von 2,6 Prozent orientieren1. Bei Verfahren mit mehreren Terminen und einer längeren Dauer seien auch strukturelle Verbesserungen, wie z. B. die Anpassung der Zusatzgebühr2 erforderlich. „Wir brauchen eine bessere Kompensation der anwaltlichen Arbeit“ fordert Schellenberg.

Einig sind sich die Organisationen, dass die Gerichtsgebühren nicht weiter steigen müssen. Der Zugang zum Recht für alle Bürgerinnen und Bürger dürfe nicht durch überzogene Verfahrenskosten gefährdet werden. Das Vorhalten einer leistungsfähigen Justiz sei eine Aufgabe der Daseinsvorsorge und müsse sich daher nicht komplett selbst finanzieren. „Wir brauchen die Anhebung, um gerade auch im ländlichen Bereich den Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten ein auskömmliches Einkommen zu sichern und damit den Zugang zum Recht zu gewährleisten“, hebt Schellenberg hervor.

Zukünftig muss gewährleistet werden, dass eine regelmäßige Gebührenanpassung in überschaubaren Zeitabständen erfolgt. „Angemessen wäre dabei ein Zeitraum von vier bis fünf Jahren“, so Schäfer.

Im weiteren Gesetzesverfahren werden sich BRAK und DAV im Dialog mit den Parlamentariern und den Ländern auch für diese Forderung einsetzen.

„Das Gesetzgebungsverfahren muss jetzt zügig durchgeführt werden. Nur eine schnelle Anpassung der Vergütung hilft unseren Kolleginnen und Kollegen wirklich“, so die Präsidenten beider Anwaltsorganisationen.

Fußnoten

1Für den zurückliegenden Zeitraum seit der letzten Gebührenanpassung vor fünf Jahren (1. August 2013 bis 31. Juli 2018) errechnet sich das angemessene Gesamtanpassungsvolumen damit auf 13 Prozent. Bei einer späteren Gesetzesänderung, beispielsweise erst zum Sommer 2019 – also für dann sechs Jahre seit der letzten Anpassung – wäre daher eine Anpassung von ca. 15,5 Prozent angemessen.

2Die Terminsgebühr nach Nr. 1010 VV RVG sollte dahingehend geändert werden, dass diese unabhängig von der Durchführung einer Beweisaufnahme bei der Teilnahme an mehr als zwei gerichtlichen Terminen mit einer Gesamtdauer von insgesamt mehr als zwei Stunden (120 Minuten) entsteht.

Quelle: BRAK und DAV, gemeinsame Presseerklärung vom 16.04.2018

 

EU-Kommission gibt grünes Licht für Irlands Steuer auf zuckerhaltige Getränke

 Die Europäische Kommission ist zu dem Schluss gelangt, dass Irlands Besteuerung zuckerhaltiger Getränke nicht als staatliche Beihilfe zu betrachten ist. Die Kommission stellte insbesondere fest, dass der Anwendungsbereich und die Ausgestaltung der Maßnahme im Einklang mit den gesundheitspolitischen Zielen Irlands stehen, nämlich der Bekämpfung von Fettleibigkeit und anderer zuckerbedingter Erkrankungen.
Im Februar 2018 teilte Irland der Kommission Pläne zur Einführung einer Steuer auf zuckerhaltige Getränke mit, um Rechtssicherheit darüber zu erlangen, dass die Maßnahme keine staatliche Beihilfe im Sinne der EU-Vorschriften darstellt. Diese Steuer wird in Irland insbesondere zuckerhaltige Getränke (soft drinks) betreffen, d. h. gezuckerte Getränke auf Wasser- oder Fruchtsaftbasis mit einer Zuckermenge von mindestens 5 Gramm.

Zwar hat jeder Mitgliedstaat das Recht, selbst über die Ziele der verschiedenen Steuern und Abgaben zu entscheiden, jedoch müssen die Mitgliedstaaten ihre Steuern gleichzeitig diskriminierungsfrei gestalten, um den EU-Beihilfevorschriften nachzukommen.

Die Kommission kam zu der Auffassung, dass zuckerhaltige Getränke im Hinblick auf die gesundheitspolitischen Ziele anders als andere zuckerhaltige Erzeugnisse behandelt werden können. So berücksichtigte die Kommission beispielsweise den Umstand, dass zuckerhaltige Getränke die größte Kalorienquelle darstellen, die keinen Nährwert hat, und folglich gesundheitlich besonders bedenklich sind. Zudem regen zuckerhaltige Getränke im Vergleich zu anderen zuckerhaltigen Getränken und Lebensmitteln in besonderem Maße zu einem übermäßigen Konsum an und stellen daher eine größere Gefahrenquelle für Fettleibigkeit dar.

Unter Berücksichtigung dieser Erkenntnisse kommt die Kommission zu dem Schluss, dass der Anwendungsbereich und die Ausgestaltung der irischen Steuer auf zuckerhaltige Getränke im Einklang mit den verfolgten gesundheitspolitischen Zielen stehen und den Wettbewerb nicht übermäßig beeinträchtigen.

Hintergrund

Die Besteuerung zuckerhaltiger Getränke ist eine von mehreren Maßnahmen der irischen Behörden im Rahmen einer allgemeinen Politik zur Bekämpfung von Fettleibigkeit bei Kindern und Erwachsenen. Diese Politik beruht auf den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO), den Konsum zuckerhaltiger Getränke zur Bekämpfung von Fettleibigkeit zu reduzieren

EU-Kommission, Pressemitteilung vom 24.04.2018

 

Mehr Zeit zur Abgabe der Steuererklärung

Abgabefrist für authentifiziert übermittelte elektronische Steuererklärung in Bayern verlängert

Wer seine Steuererklärung authentifiziert elektronisch an das Finanzamt übermittelt, erspart sich nicht nur Aufwand und Postversand. Auch in diesem Jahr bekommen Bürgerinnen und Bürger in Bayern für die Abgabe ihrer elektronisch authentifizierten Steuererklärung zwei Monate mehr Zeit. „Für all diejenigen, die authentifiziert per ELSTER ihre Steuererklärung abgeben, wird eine Neuregelung in Bayern vorgezogen und es gilt schon in diesem Jahr eine verlängerte Frist. Mit dem teilweisen Vorziehen der gesetzlichen Neuregelung schaffen wir einen zusätzlichen Anreiz zur weiteren Digitalisierung der Steuerveranlagung“, teilte Finanzminister Albert Füracker auf der Amtsleitertagung der bayerischen Finanzämter am Mittwoch (25.4.) in Bayreuth mit.

Stichtag für die Abgabe der selbst erstellten Steuererklärung mit elektronischer Authentifizierung für das Jahr 2017 ist damit der 31. Juli 2018, nicht mehr der 31. Mai 2018. „Das kommt allen zugute: den Bürgerinnen und Bürgern, die damit einen papierlosen, unkomplizierten Zugang zu ihrem Finanzamt haben, und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Finanzverwaltung, die die elektronischen Steuererklärungen schneller bearbeiten können“, betonte Füracker. Für die Authentifizierung ist eine einmalige kostenlose Registrierung auf www.elster.de   erforderlich. Bei Abgabe einer nicht authentifizierten elektronischen Steuererklärung bleibt die gesetzliche Abgabefrist 31. Mai 2018 bestehen. Für Steuerpflichtige, die zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet sind und diese von einem Angehörigen der steuerberatenden Berufe oder einem Lohnsteuerhilfeverein erstellen lassen, bleibt es bei der bislang schon gültigen Frist Ende Dezember 2018.

Die bayerische Steuer- und Staatsfinanzverwaltung genießt bundesweit einen hervorragenden Ruf. „Wir setzen weiterhin auf eine starke und effizient arbeitende Verwaltung. Wir haben für die Zukunft vorgesorgt. Die Einstellungszahlen bleiben auf hohem Niveau. Mit der Rekordzahl von derzeit über 2.850 Anwärter/innen läuft die Ausbildung in Steuer und Staatsfinanz auf Hochtouren“, betonte Füracker. Die Ausbildung der Nachwuchskräfte wird auch in den kommenden Jahren eine zentrale Aufgabe bleiben. In den letzten Jahren wurden zahlreiche neue Anwärter- und Planstellen geschaffen. Damit wurden auch die neu gegründete „Sondereinheit Zentrale Steueraufsicht (SZS)“ sowie die „Sonderkommission schwerer Steuerbetrug (SKS)“, das „Steuer-FBI“, gestärkt. Der Doppelhaushalt 2017/2018 enthält weitere Verbesserungen für die Steuerverwaltung. Neben 800 neuen Anwärterstellen wurden unter anderem 30 neue Planstellen für die SKS und rund 74 Stellen für das Landesamt für Steuern geschaffen, insbesondere für den Bereich IuK. Im Nachtragshaushalt 2018 sind insgesamt weitere 25 Planstellen für den IuK-Bereich des Landesamts für Steuern vorgesehen. „Damit wurden insgesamt fast 2.500 neue Stellen allein in den letzten fünf Jahren geschaffen. Wir werden den Weg neuer Stellen in der Steuerverwaltung in den nächsten Haushalten weitergehen“, kündigte Füracker an.

Bayerisches Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat

Gesellschafter haben kein Zurückbehaltungsrecht gegen GmbH-Ansprüche

Gesellschafter haben kein Zurückbehaltungsrecht gegen GmbH-Ansprüche

 

GmbH-Gesellschafter, die gegen die Treuepflicht verstoßen, können kein Zurückbehaltungsrecht gegen Herausgabeansprüche der Gesellschaft geltend machen. Die auf Herausgabe gerichtete Klage der Gesellschaft benötigt keinen separaten Gesellschafterbeschluss.

 

Hintergrund

Die Beklagte war zusammen mit ihrer minderjährigen Tochter Miterbin ihres Mannes. Dieser war Minderheitsgesellschafter der klagenden GmbH. Im Frühjahr 2016 überwies die Beklagte einen mittleren 6-stelligen Betrag vom Geschäftskonto der Klägerin auf ihr Privatkonto, obwohl sie weder Geschäftsführungsbefugnis noch Kontovollmacht besaß. Die Beklagte begründete dies mit einer treuhänderischen Sicherung in Anbetracht einer möglichen Liquidation der Klägerin.

Der Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter der Klägerin verlangte von der Beklagten die Rückzahlung des abgebuchten Betrags. Die Beklagte war dagegen der Ansicht, dass ihr ein Zurückbehaltungsrecht zustand. Außerdem fehlte es an einem ihrer Meinung nach erforderlichen Gesellschafterbeschluss.

 

Entscheidung

Das Oberlandesgericht verurteilte die Klägerin zur Zahlung des von der Klägerin geforderten Betrags.

Ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten wegen nicht erfüllter Auskunftsansprüche verneinte das Gericht. Die Geltendmachung der Auskunftsansprüche war ohne Mitwirkung der Tochter als Miterbin ausgeschlossen. Da diese Ansprüche zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses gehörten, konnten sie von der Erbengemeinschaft nur gemeinschaftlich geltend gemacht werden.

Darüber hinaus war die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts ausgeschlossen, da es sich vorliegend um Ansprüche wegen Verletzung der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht handelte.

Die Klage war zudem nicht mangels Gesellschafterbeschlusses unbegründet. Ein solcher ist nur bei Ersatzansprüchen notwendig, die aus der Gründung oder Geschäftsführung resultierten. Vorliegend handelte es sich jedoch um einen Anspruch wegen rechtsgrundlosem Handeln. Der klare Wortlaut des Gesetzes erlaubte es nicht, das Erfordernis eines Gesellschafterbeschlusses im Wege einer Analogie auf jegliche Ansprüche der Gesellschaft gegen einen Gesellschafter, der nicht Geschäftsführer ist, auszudehnen.

Wann ist eine GmbH zahlungsunfähig?

Wann ist eine GmbH zahlungsunfähig?

 

Bei der Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit einer GmbH sind nicht nur die in den kommenden 3 Wochen fällig werdenden Forderungen zu berücksichtigen, sondern auch die innerhalb dieser Zeit fällig werdenden Verbindlichkeiten.

 

Hintergrund

Der Beklagte war Geschäftsführer einer GmbH und wurde von deren Insolvenzverwalter in Anspruch genommen. Denn nach der gesetzlichen Regelung haftet ein Geschäftsführer für Zahlungen und sonstige Abflüsse aus dem Vermögen der Gesellschaft, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit erfolgen. Der Insolvenzverwalter verlangte u. a. Ersatz für Zahlungen, die im letzten Jahr vor dem Insolvenzantrag veranlasst worden waren. Er begründete dies damit, dass die Gesellschaft schon 1 Jahr vor der Antragstellung zahlungsunfähig war.

 

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof entschied, dass auch die Verbindlichkeiten (Passiva II) bei der 3-Wochen-Vorschau berücksichtigt werden mussten.

Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, seine fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen. Reichen die vorhandenen flüssigen Mittel aus, um wenigstens 90 % der fälligen Verbindlichkeiten zu bedienen, liegt allerdings nur eine sog. Zahlungsstockung und noch keine Zahlungsunfähigkeit vor. Voraussetzung ist jedoch, dass die Deckungslücke in den kommenden 3 Wochen geschlossen werden kann.

Bisher war unklar, ob auch die innerhalb von 3 Wochen fällig werdenden und eingeforderten Verbindlichkeiten (Passiva II) auf der Passivseite einzustellen sind.

Der Bundesgerichtshof stellte jetzt klar: Es ist nicht ausreichend, dass die am Stichtag bestehende Lücke durch die in den kommenden 3 Wochen flüssig zu machenden Mittel geschlossen werden kann. Die Vorschau muss vielmehr zeigen, dass im 3-Wochen-Zeitraum die Lücke auch unter Berücksichtigung bzw. Bezahlung der neu fällig werdenden Verbindlichkeiten vollständig geschlossen werden kann.

Veräußerung an Schwesterpersonengesellschaft und Gewinnübertragung

Veräußerung an Schwesterpersonengesellschaft und Gewinnübertragung

Wird eine Personengesellschaft an eine Schwesterpersonengesellschaft veräußert, kann der Veräußerungsgewinn, der auf den Doppelgesellschafter entfällt, im Umfang seines Anteils an der Schwestergesellschaft übertragen werden. Der fiktive Buchwert im Zeitpunkt der Veräußerung richtet sich nach den Regelungen über die Wertaufholung.

Hintergrund

An der R-KG war die R-GmbH als Komplementärin zu 1 % und R zu 99 % als Kommanditist beteiligt. Im Jahr 1996 schrieb die R-KG ihre 50 %ige Beteiligung an der D-GmbH auf einen ganz geringen Teilwert ab. 1997 erwarb sie den fast wertlosen anderen Geschäftsanteil hinzu und leistete zur Sanierung der GmbH eine Kapitalrücklage. 1998 beschloss sie die Zusammenlegung der beiden Geschäftsanteile zu einem Geschäftsanteil. Anschließend erfolgte eine vereinfachte Kapitalherabsetzung. Das Nennkapital wurde mit dem Verlustvortragskonto der GmbH verrechnet. Sodann wurde eine Kapitalerhöhung beschlossen und die R-KG zur Übernahme zugelassen. Ihre Einlage erbrachte sie durch Verrechnung mit der in 1997 eingezahlten Kapitalrücklage und Zahlung des Restbetrags. Im Jahr 2006 veräußerte die R-KG ihre Beteiligung auf der Grundlage eines Wertgutachtens zu einem hohen Verkaufspreis an die E-KG. An ihr ist R zu 100 % als Kommanditist beteiligt. Der Veräußerungsgewinn wurde zu 1 % der R-GmbH und zu 99 % R zugewiesen. Für R wurde in Höhe der Gewinnzuweisung in einer Ergänzungsbilanz ein Posten für die Übertragung des Gewinns auf die Anschaffungskosten der Anteile an der D-GmbH durch die E-KG gebildet.

Das Finanzamt nahm in 2006 eine Wertaufholung der Teilwertabschreibung aus 1996 vor, erhöhte den Buchwert der GmbH-Anteile und setzte den für eine gewinnneutrale Übertragung zur Verfügung stehenden Veräußerungsgewinn herab. Die R-KG vertrat dagegen die Auffassung, dass keine Gesellschaftsanteile mehr vorhanden waren, für die eine Wertaufholung möglich war. Vor dem Finanzgericht hatte die Klage keinen Erfolg.

Entscheidung

Das erlaubt u. a. die Übertragung eines dem Gesellschafter zuzurechnenden Veräußerungsgewinns auch auf Wirtschaftsgüter eines Einzel- oder Sonderbetriebsvermögens des Gesellschafters sowie in Höhe des auf den Gesellschafter entfallenden ideellen Anteils auf Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens einer anderen Personengesellschaft, an der der Gesellschafter ebenfalls als Mitunternehmer beteiligt ist. Das gilt auch dann, wenn das Wirtschaftsgut an eine Schwestergesellschaft veräußert wird.

Der übertragbare Gewinn ergibt sich aus dem Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Buchwert übersteigt, mit dem das veräußerte Wirtschaftsgut im Zeitpunkt der Veräußerung anzusetzen gewesen wäre. Bei der danach erforderlichen Ermittlung des fiktiven Buchwerts auf den Zeitpunkt der Veräußerung sind die Bewertungsregeln und das Wertaufholungsgebot zu beachten. Teilwertabschreibungen aus den Vorjahren sind durch eine Zuschreibung bis zur Obergrenze der Anschaffungskosten rückgängig zu machen, soweit nicht auch für das jeweilige Folgejahr ein niedriger Teilwert nachgewiesen werden kann.

Maßstab für die Bewertung der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft sind die Anschaffungskosten, zu denen auch Nachschüsse und sonstige Kapitalzuführungen durch die Gesellschafter gehören. Die Anschaffungskosten mindern sich jedoch nicht bei einer vereinfachten Kapitalherabsetzung. Auch die Zusammenlegung der Geschäftsanteile lässt die Anschaffungskosten unberührt.

Der Gewinn, soweit er im Umfang der Wertaufholung nicht gewinnneutral übertragen werden konnte, war als laufender Gesamthandsgewinn und nicht als begünstigter Veräußerungsgewinn festzustellen. Denn der Buchwert der Beteiligung bestimmt sich auch in diesem Fall nach dem Veräußerungszeitpunkt, sodass ebenfalls nur der anteilige geringe Betrag als begünstigt beurteilt werden könnte und es hinsichtlich der Wertaufholung bei der Erfassung als laufender Gewinn verbleibt.

6 % Zinsen für Pensionsrückstellungen: Ist das verfassungsgemäß?

6 % Zinsen für Pensionsrückstellungen: Ist das verfassungsgemäß?

Für die Ermittlung der Pensionsrückstellungen (Abzinsung der künftigen Pensionszahlungen) ist im Gesetz ein Zinssatz von 6 % vorgeschrieben. Ob dieser noch realitätsgerecht und verfassungsgemäß ist, muss jetzt das Bundesverfassungsgericht entscheiden.

Hintergrund

Ein mittelständisches Unternehmen in der Rechtform einer GmbH sagte seinen Arbeitnehmern im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung Pensionszahlungen zu. Für die Handelsbilanz errechnete es eine Pensionsrückstellung von knapp 11 Mio. EUR. In der Steuerbilanz war dieser Wertansatz wegen der höheren Abzinsung auf ca. 7,5 Mio. EUR zu kürzen. Das Unternehmen hielt den damit geforderten Gewinnausweis und die resultierenden Steuerforderungen für nicht gerechtfertigt und erhob Klage.

Entscheidung

Das Finanzgericht war ebenfalls der Ansicht, dass der Zinssatz von 6 % seit mehreren Jahren nicht mehr realitätsgerecht ist. Dies insbesondere im Vergleich zu dem Kapitalmarktzins und der Rendite für Unternehmensanleihen. Auch ein typisierend festgelegter Zinssatz muss sich ihrer Auffassung nach an der wirtschaftlichen Realität orientieren. Dass die überhöhte Abzinsung bei Ausweis einer Rückstellung lediglich zu einer zeitlich begrenzten Mehrbelastung führte, rechtfertigte die realitätsferne Abzinsung jedenfalls nicht.

Zur Klärung der Verfassungsmäßigkeit des Zinssatzes legte das Finanzgericht die Sache dem Bundesverfassungsgericht vor.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin