Steuerhinterziehung: Automatischer Informationsaustausch über Finanzkonten beginnt

Am 30. September beginnt der erste automatische Informationsaustausch über Finanzkonten zwischen Deutschland und 49 Staaten und Gebieten nach dem gemeinsamen Meldestandard der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung). Weltweit bestehen zwischen allen an diesem Informationsaustausch teilnehmenden Staaten und Gebieten schon über 2000 bilaterale Austauschbeziehungen.

Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister der Finanzen:

„Internationale Steuerhinterziehung kann wirksam nur durch globale Zusammenarbeit bekämpft werden. Der automatische Informationsaustausch zu Finanzkonten stellt daher einen Meilenstein dar. In der ersten Runde nehmen neben Deutschland 49 Staaten teil, demnächst werden es über 100 sein. Wer Gelder ins Ausland verlagert hat, muss künftig noch stärker damit rechnen, dass die Finanzämter davon erfahren.“

Im Jahr 2014 verabschiedeten die OECD und die G20 den gemeinsamen Meldestandard CRS (Common Reporting Standard), der Grundlage für den jährlichen automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten ist. Auf der Berliner Steuerkonferenz im Oktober 2014 unterschrieben 51 Staaten eine Multilaterale Vereinbarung über diesen neuen Standard.

Mittlerweile haben sich über 100 Staaten und Gebiete dazu bekannt, den gemeinsamen Meldestandard einzuführen. Deutschland nimmt mit weiteren 49 Staaten und Gebieten von Beginn an am automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten teil. Weitere Staaten und Gebiete werden zum 30. September 2018 folgen.

Globalisierung und weltweite Vernetzung verlangen eine stärkere Zusammenarbeit der Steuerbehörden. Nur so kann verhindert werden, dass Gelder innerhalb kürzester Zeit auf andere Kontinente verschoben und damit vor nationalen Steuerbehörden verborgen werden können. Der automatische Informationsaustausch sorgt für mehr Transparenz und mehr Fairness.

Quelle: BMF, Pressemitteilung vom 29.09.2017

 

Einkommensteuer: Pflegeheimkosten von der Steuer absetzen

BdSt weist auf Gerichtsverhandlung beim Bundesfinanzhof am 04.10.2017 hin

Ehepaare müssen eine für sie nachteilige Berechnung bei der steuerlichen Anerkennung ihrer Pflegeheimkosten nicht hinnehmen, sagt der Bund der Steuerzahler. Deshalb unterstützen wir die Musterklage eines Ehepaars aus Regensburg. Am kommenden Mittwoch, 4. Oktober, wird der Fall beim Bundesfinanzhof verhandelt (Az. VI R 22/16). Zu klären ist, ob die sog. Haushaltsersparnis bei Ehepaaren doppelt abgezogen werden darf, wenn diese gemeinsam – aufgrund ihrer Pflegebedürftigkeit – in ein Heim umziehen.

Das steckt dahinter: Steuerzahler, die aus gesundheitlichen Gründen in einem Pflegeheim leben, können die Kosten für das Heim in der Einkommensteuererklärung als außergewöhnliche Belastung absetzen. Wird im Zusammenhang mit diesem Umzug der frühere Haushalt aufgelöst, kürzt das Finanzamt die abziehbaren Ausgaben um die Haushaltsersparnis. Damit sollen die Aufwendungen, die sich der Steuerzahler für das Unterhalten eines eigenen Hausstandes erspart, berücksichtigt werden. Bei Ehepaaren berechnen einige Finanzämter die Haushaltsersparnis zweimal, obwohl nur ein Haushalt aufgelöst wird.

Der konkrete Fall

Da die Klägerin nach einem Krankenhausaufenthalt nicht mehr in der Lage war, selbständig einen Haushalt zu führen, zog sie mit ihrem pflegebedürftigen Ehepartner (Pflegestufe 2) im Jahr 2013 in ein Heim. Der bisherige Haushalt der Eheleute wurde aufgelöst. Die Kosten für die Heimunterbringung machte das Paar in der Einkommensteuererklärung abzüglich einer einfachen Haushaltsersparnis geltend. Das Finanzamt reduzierte die abzugsfähigen Kosten jedoch bei jedem Ehepartner um die Haushaltsersparnis, sodass nur noch ein geringer Teil der Pflegeheimkosten steuerlich anerkannt wurde. Inzwischen sind die Kläger verstorben, der Rechtsstreit wird deshalb mit ihren Erben fortgesetzt.

Quelle: Bund der Steuerzahler, Pressemitteilung vom 28.09.2017

 

Sozialversicherungsrecht: U2-Umlage auch von Mitarbeiter-Entgelten von Rundfunkanstalten

Rundfunkanstalten müssen von Entgelten der Mitarbeiter, die sie als Angestellte melden und für die sie Sozialversicherungsbeiträge entrichten, auch die Umlage für Mutterschaftsaufwendungen entrichten, selbst wenn sie diese Personen arbeitsrechtlich als „freie Mitarbeiter“ einstufen. Das hat der 1. Senat des Bundessozialgerichts am 26.09.2017, entschieden (Az. B 1 KR 31/16 R).

Der klagende Hessische Rundfunk, eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt, stufte eine Vielzahl bei ihm tätiger Personen arbeitsrechtlich als „freie Mitarbeiter“ ein. Er meldete sie als Angestellte und entrichtete für sie Gesamtsozialversicherungsbeiträge, bezog ihre Entgelte aber nicht in die Berechnung der Umlage U2 für Mutterschaftsaufwendungen ein. Die Beklagte gab dem Kläger aufgrund einer Betriebsprüfung durch Summenbescheid auf, 198.881,14 Euro Umlage U2 für die Zeit von 2006 bis Ende 2008 zu zahlen. Sie schätzte nach den gemeldeten Gesamtbeträgen die rentenversicherungspflichtigen Arbeitsentgelte für die „freien Mitarbeiter“ ohne Einmalzahlungen und forderte die Rundfunkanstalt auf, ab 2009 rückwirkend selbst eine Korrekturberechnung vorzunehmen.

Während das Sozialgericht gemeint hat, die Entgelte der „freien Mitarbeiter“ seien nicht in die Umlage einzubeziehen, hat das Hessische Landessozialgericht die Klage abgewiesen. Zu Recht, wie der 1. Senat des Bundessozialgerichts entschieden hat: Wer sozialversicherungsrechtlich beim Kläger Beschäftigter ist, ist selbst unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlich verbürgten Rundfunkfreiheit arbeitsrechtlich Arbeitnehmer. Da die klagende Rundfunkanstalt Einmalzahlungen an die „freien Mitarbeiter“ nicht auswies, diese aber in die U2-Umlage nicht einzubeziehen sind, Einzelermittlungen unverhältnismäßig großen Aufwand verursacht hätten und kein Nachteil für die Mitarbeiter entstand, durfte die Beklagte die Höhe der Umlage schätzen.

Hinweise zur Rechtslage

§ 7 Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG)

(1) Die Mittel zur Durchführung der U1- und U2-Verfahren werden von den am Ausgleich beteiligten Arbeitgebern jeweils durch gesonderte Umlagen aufgebracht, die die erforderlichen Verwaltungskosten angemessen berücksichtigen.

(2) Die Umlagen sind jeweils in einem Prozentsatz des Entgelts (Umlagesatz) festzusetzen, nach dem die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer, Arbeitnehmerinnen und Auszubildenden bemessen werden oder bei Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu bemessen wären. Bei der Berechnung der Umlage für Aufwendungen nach § 1 Abs. 1 sind Entgelte von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen, deren Beschäftigungsverhältnis bei einem Arbeitgeber nicht länger als vier Wochen besteht und bei denen wegen der Art des Beschäftigungsverhältnisses auf Grund des § 3 Abs. 3 des Entgeltfortzahlungsgesetzes kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall entstehen kann, sowie einmalig gezahlte Arbeitsentgelte nach § 23a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch nicht zu berücksichtigen. …

§ 10 AAG

Die für die gesetzliche Krankenversicherung geltenden Vorschriften finden entsprechende Anwendung, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.

§ 7 SGB IV

(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. ….

Quelle: BSG, Pressemitteilung vom 26.09.2017 zum Urteil B 1 KR 31/16 R vom 26.09.2017
 

Sozialversicherung: Beitragsbemessungsgrenzen steigen 2018

2016 sind Löhne und Gehälter wieder gestiegen. Deshalb wird 2018 die Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung angepasst. Auch andere Rechengrößen für die Sozialversicherung ändern sich. Das Kabinett hat die Verordnung dazu beschlossen.

Die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung (West) liegt ab 1. Januar 2018 bei 6.500 Euro pro Monat (2017: 6.350 Euro pro Monat). Die Beitragsbemessungsgrenze (Ost) steigt auf 5.800 Euro pro Monat (2017: 5.700 Euro pro Monat).

Die Beitragsbemessungsgrenze markiert das Maximum, bis zu dem in den Sozialversicherungen Beiträge erhoben werden. Der über diesen Grenzbetrag hinausgehende Teil eines Einkommens ist beitragsfrei.

In der knappschaftlichen Rentenversicherung werden die Beitragsbemessungsgrenzen angepasst: Auf 8.000 Euro im Monat in den alten sowie 7.150 Euro im Monat in den neuen Ländern.

Diese Werte ergeben sich, da die Löhne in den alten Bundesländern um 2,33 Prozent und in den neuen Bundesländern um 3,11 Prozent gestiegen sind.

Grenze bei gesetzlicher Krankenversicherung angehoben

Die Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) wird bundeseinheitlich festgesetzt. Sie beträgt ab 1. Januar 2018 59.400 Euro im Jahr (2017: 57.600 Euro). Die Beitragsbemessungsgrenze in der GKV erhöht sich von 52.200 Euro im Jahr (2017) auf 53.100 Euro im Jahr.

Wer über die Versicherungspflichtgrenze hinaus verdient, kann sich, wenn er möchte, bei einer privaten Krankenversicherung versichern. Die Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung ist zugleich die Jahresarbeitsentgeltgrenze.

Bezugsgröße in der Sozialversicherung festgelegt

Für viele Werte in der Sozialversicherung ist die Bezugsgröße ein wichtiger Faktor. Sie dient etwa für freiwillige Mitglieder der GKV oder für Selbständige in der gesetzlichen Rentenversicherung als Grundlage der Beitragsberechnung.

Für 2018 beträgt die Bezugsgröße 3.045 Euro pro Monat in den alten und 2.695 Euro pro Monat in den neuen Bundesländern.

Die Bezugsgröße hat für viele Werte in der Sozialversicherung Bedeutung. In der gesetzlichen Krankenversicherung wird danach die Mindestbeitragsbemessungsgrundlage für freiwillige Mitglieder sowie für das Mindestarbeitsentgelt festgelegt. In der gesetzlichen Rentenversicherung hängt von ihr ab, wie viel Beitrag Selbständige oder pflegende Angehörige zahlen müssen.

Die Rechengrößen ab 1. Januar 2018 im Überblick (West- und Ostdeutschland)

Rechengröße – West – Ost

  • Beitragsbemessungsgrenze für die allg. Rentenversicherung
    West: 6.500 Euro/Monat – Ost: 5.800 Euro/Monat
  • Beitragsbemessungsgrenze für die knappschaftliche Rentenversicherung
    West: 8.000 Euro/Monat – Ost: 7.150 Euro/Monat
  • Versicherungspflichtgrenze in der GKV
    West und Ost: 59.400 Euro/Jahr (4.950 Euro/Monat)
  • Beitragsbemessungsgrenze in der GKV
    West und Ost: 53.100 Euro/Jahr (4.425 Euro/Monat)
  • Vorläufiges Durchschnittsentgelt für 2018 – allg. Rentenversicherung
    West: 37.873 Euro/Jahr – Ost: Hochwertung um 1,1248
  • Bezugsgröße in der Sozialversicherung
    West: 3.045 Euro/Monat – Ost: 2.695 Euro/Monat

Rechengrößen in der Sozialversicherung: Diese Werte werden jährlich neu ermittelt und festgesetzt. Sie beeinflussen die Beiträge zur Sozialversicherung. Das betrifft die Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung.

Vorläufiges Durchschnittsentgelt: In der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht es dem durchschnittlichen Brutto-Lohn oder Brutto-Gehalt eines beschäftigten Arbeitnehmers. Für 2018 wird der Wert so ermittelt: Das Durchschnittsentgelt 2016 wird um das Doppelte des Prozentsatzes erhöht, um den sich das Durchschnittsentgelt 2015 zum Jahr 2016 erhöht hat.

Quelle: Bundesregierung, Pressemitteilung vom 27.09.2017

 

Mandantenbrief Oktober 2017

Ab sofort finden Sie den aktuellen Mandantenbrief für den Monat Oktober 2017 online auf Ihrer Internetseite.

Lesen Sie in dieser Ausgabe u.a. einen Beitrag über

– Steuerermäßigung im Pflegeheim,

– die Besteuerung einer Abfindung bei Trennung im gegenseitigen Einvernehmen,

– das nachträgliche Bekanntwerden von haushaltsnahen Dienstleistungen,

– rückwirkende Rechnungsberichtigung u.v.m.

Schauen Sie doch einfach einmal rein …

Viel Spaß bei der Lektüre!

Auch schon vor Weihnachten: Süßer die Kassen nie klingeln?

Bargeld und damit auch Kassen, über die Bargeld abgerechnet wird, scheinen als „Einladung zu Schwarzgeschäften“ verstanden zu werden. Nach den Feststellungen des BFH und des Bundesrechnungshofs seien elektronische Kassensysteme in nahezu beliebiger Weise manipulierbar – und würden auch in erheblichem Umfang manipuliert werden. Der Bundesrechnungshof geht davon aus, dass deshalb dem Staat jährlich bis zu 10 Milliarden Euro Steuereinnahmen entgehen.

Die Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung ist daher in den letzten Jahren vermehrt Schwerpunktthema in Betriebsprüfungen geworden. Statistisch wird die Kassenführung bei 95 Prozent der Betriebe verworfen. Auswertungen der Oberfinanzdirektion Niedersachsen haben ergeben, dass gewisse Bargeld-Branchen eine bis zu 400 Prozent höhere Quote an Steuerfahndungsfällen aufweisen. Angehörige der steuerberatenden Berufe, die bargeldintensive Betriebe betreuen, beklagen in diesem Zusammenhang ein zunehmend härteres Prüfungsklima.

Vor diesem Hintergrund zeigte Dr. Norbert Bolz, Rechtsanwalt und Steuerberater aus Hannover, beim Steuerfach- und Zukunftskongress Celle 2017 mit insgesamt 250 Teilnehmern die gesetzlichen Neuregelungen bis zum 31.12.2019 und ab dem 01.01.2020 auf. Verstöße gegen die neuen Pflichten werden mit neuen Steuergefährdungstatbeständen sanktioniert.

Entsprechen die Buchführung und die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen den §§ 140 bis 148 Abgabenordnung (AO), sind sie der Besteuerung zu Grunde zu legen. Dabei gilt gemäß § 158 AO die Vermutung, dass eine formell korrekte Buchführung auch sachlich richtig ist.

Allerdings könne die Vermutung, dass eine formell korrekte Buchführung richtig sei, in der Praxis durch verschiedene Verprobungsmethoden erschüttert werden. Die Richtigkeit könne auch durch gezielte Stichprobenprüfungen widerlegt werden, z. B. durch die Auswertung von Kontrollmaterial über einzelne Geschäftsvorfälle. Werden hierbei nur einzelne, eindeutig zu beziffernde Sachverhalte festgestellt, die die Ordnungsmäßigkeit der übrigen Buchführung nicht infrage stellen, kann auch eine punktuelle Schätzung zu einem richtigen Buchführungsergebnis führen.

Mutmaßungen und Behauptungen reichen jedenfalls zur Entkräftung des § 158 AO nicht aus.

Bei den Verprobungsmethoden wird unterschieden zwischen äußerem Betriebsvergleich, wie sie beispielsweise die (finanz-)amtliche Richtsatzsammlung darstellt, und innerem Vergleich, wie z. B. die Aufschlagkalkulation, die Vermögenszuwachsrechnung oder die Geldverkehrsrechnung. Bolz wies darauf hin, dass auch lediglich diese Drei als in jeder Hinsicht gerichtsfest gelten, um eine Hinzuschätzung bei einer formell ordnungsmäßigen Kassenbuchführung zu rechtfertigen.

Sonst jedoch, wenn also die Nichtordnungsmäßigkeit der Buchführung zwar nachgewiesen wird, wenn aber die Verprobung allenfalls geringe Differenzen zeigt, geben sich die Fiskalprüfer meist mit – aus ihrer Sicht – „moderaten“ Sicherheitszuschlägen zufrieden. Bei diesen Zuschlägen handelt es sich um eine Schätzung, die in einem – in Abhängigkeit vom Standpunkt – „vernünftigen“ Verhältnis zu den erklärten oder nicht verbuchten Umsätzen stehen sollte.

Wie hoch der Sicherheitszuschlag ausfällt, könne sich auch nach dem Grad des Verschuldens des Steuerpflichtigen richten – dies signalisiere jedenfalls die Bandbreite der hierzu ergangenen Finanzrechtsprechung.

Bolz zeigte in seinem weiteren Vortrag Verteidigungsstrategien für Steuerberater auf, die mit Mehrergebnissen in Betriebsprüfungen auf der Basis bestimmter Schätzungsmethoden konfrontiert werden. Hierbei stellte er beispielhaft den Zeitreihenvergleich, die 30/75-Methode und den Chi-Quadrat-Test vor. Anschließend analysierte er die Schwachstellen der einzelnen Verprobungsmethoden und gab Gestaltungstipps unter Berücksichtigung der hierzu ergangenen Rechtsprechung.

Quelle: Steuerberaterverband Niedersachsen Sachsen-Anhalt, Pressemitteilung vom 24.09.2017

 

Versandhändler: unfreiwillig international – mit weitreichenden Steuerfolgen

Neben Otto und Zalando gehört zweifelsfrei auch Amazon zu den „Riesen“ des Versandhandels. Diese drei Unternehmen dominieren den Versandhandel und diktieren damit auch die Geschäftsbedingungen – zumindest im Fall Amazon mit erschreckenden umsatzsteuerlichen Folgen für Steuerpflichtige und ihre Berater, wie Robert Hammerl, Steuerberater aus München, beim Steuerfach- und Zukunftskongress Celle 2017 mit insgesamt 250 Teilnehmern aufzeigte und damit für gespannte Aufmerksamkeit sorgte.

Amazon nimmt sich das Recht heraus, Waren dorthin umzulagern, wo es seiner Meinung nach am ehesten zum Verkauf kommen kann. Das kann aber dann dazu führen, dass die Ware, die ein deutscher Versandhändler an einen deutschen Abnehmer über Amazon versenden lässt, gar nicht aus Deutschland kommt, sondern beispielsweise aus einem Amazon-Lager in Polen. Der Versandhändler unterliegt mit den lokalen Lieferungen in den Lagerländern (DE, PL, CZ, IT, ES, FR, UK) bereits mit dem ersten Umsatz der Besteuerungspflicht. Soweit das Lagerland nicht Deutschland ist, steht Deutschland kein Besteuerungsrecht zu. Ob der Versandhändler im jeweiligen Lagerland aufgrund der lokalen Lieferungen registrierungspflichtig und zur Abgabe von Erklärungen verpflichtet ist, ist für jedes Land gesondert zu prüfen, da die einzelnen Mitgliedstaaten Art. 194 MwStSystRL (Reverse-Charge-Verfahren für Umsätze von im Ausland ansässigen Unternehmern) unterschiedlich umsetzen.

Versandhandelslieferungen an Nichtunternehmer (oder diesen gleichgestellte Personen) unterliegen grundsätzlich im Abgangsland der Besteuerung. Die Besteuerung erfolgt jedoch ab Überschreiten der Lieferschwelle im Bestimmungsland. Die Lieferschwelle ist gesondert für jeden einzelnen Mitgliedstaat zu bestimmen. Dabei sind alle Lieferungen eines Unternehmens in einen Mitgliedstaat zusammen zu rechnen.

Hammerl warnte davor, die steuerliche Problematik des Versandhandels zu unterschätzen. Er wies darauf hin, dass allein in der bayerischen Finanzverwaltung 30 Leute ausschließlich mit den Steuerfragen rund um den Versandhandel beschäftigt seien.

Ein weiterer umsatzsteuerlicher Problemkreis mit erheblicher Nähe zur (unfreiwilligen) Steuerhinterziehung, den Hammerl ansprach, sind „Querprüfungen“ oder „Anforderungsschreiben“. So ist beispielsweise der österreichische Fiskus nach § 27 Abs. 6 öUStG berechtigt, die Postdienstleister zu kontaktieren. Diese müssen dem Fiskus Auskunft darüber erteilen, welche nicht in Österreich ansässigen Unternehmer an österreichische Abnehmer Waren liefern. Dabei hat der Postdienstleister Name und Adresse der liefernden Unternehmer und der Empfänger sowie die Anzahl der Lieferungen anzugeben. Im nächsten Schritt schreibt der österreichische Fiskus die deutschen Versandhändler an und fragt nach, ob die Lieferschwelle überschritten wurde oder nicht. Die Auswahl der deutschen Unternehmer erfolgt wohl aufgrund der Anzahl der in Auftrag gegebenen Pakete beim Postdienstleister. Der Fiskus stellt so zahlreiche Versandhändler sicher, für deren Lieferungen bereits österreichische Umsatzsteuer geschuldet wird, da die Lieferschwellen bereits weit in die Vergangenheit hinein überschritten wurden.

Quelle: Steuerberaterverband Niedersachsen Sachsen-Anhalt, Pressemitteilung vom 24.09.2017

 

Grenzen der Zahlungsbereitschaft – Möglichkeiten zur Neutralisierung von Mehrergebnissen aus Betriebsprüfungen

Trotz aller Anstrengungen, steuerliche Außenprüfungen näher an die Veranlagungszeiträume zu rücken, sind in der Bundesrepublik Deutschland im internationalen Vergleich die Zeiträume zwischen dem abgeschlossenen Geschäftsjahr, in dem die steuerlich relevanten Sachverhalte realisiert wurden, und dessen Überprüfung durch die Finanzverwaltung sehr lang. Universitäts-Prof. Dr. Bert Kaminski, Helmut Schmidt Universität – Universität der Bundeswehr Hamburg, wies im Rahmen seines Fachvortrags beim Steuerfach- und Zukunftskongress Celle 2017 mit insgesamt 250 Teilnehmern gleich zu Beginn seines Fachvortrags darauf hin, dass sich aufgrund der zeitlichen Lücke in den letzten Jahren die Zinsbelastung nach § 238 AO dann als großes Problem herauskristallisiert hat, wenn die Betriebsprüfung Mehrergebnisse zeitigt. Sechs Prozent Verzinsung ist gut, sofern man Gläubiger ist. Sechs Prozent Verzinsung dagegen ist aber schlecht, wenn man der Schuldner ist. Unabhängig von der ohnehin schon vergleichsweise hohen (nominellen) Belastung, die auch wegen des Zeitlaufs zu Unmut bei den Steuerpflichtigen führt, ist nach Ansicht Kaminskis zu beachten, dass es sich hierbei um nicht abzugsfähige Betriebsausgaben handelt. Folglich sind die Mehrsteuern aus dem bereits versteuerten Einkommen zu bestreiten. Dies führt zu einer effektiven Verzinsung vor Steuern von acht Prozent bei Kapitalgesellschaften und von rund neun Prozent bei Personengesellschaften mit Gesellschaftern im Spitzensteuersatz und einem gewerbesteuerlichen Hebesatz von 470 Prozent.

Vor diesem Hintergrund wird mehr als deutlich, dass es im Interesse eines geprüften Steuerpflichtigen liegt, mögliche Mehrergebnisse zu neutralisieren. Kaminski zeigte dazu mehrere Möglichkeiten auf. Neben einer Bilanzänderung kommen hier vor allem auch die Bildung eines Investitionsabzugsbetrags und die Nutzung der Thesaurierungsbegünstigung (§ 34a EStG) in Frage. Nach der Rechtsprechung (BFH IV R 9/14 vom 23.03.2016 und I R 31/15 vom 28.04.2016) darf ein Investitionsabzugsbetrag auch erst im Rahmen einer Außenprüfung gebildet, beantragt oder erhöht werden. Da meist zum Zeitpunkt der Außenprüfung bereits etliche Jahre seit dem Zeitpunkt der Korrektur vergangen sind, kann im Rahmen einer (gegebenenfalls berichtigten) Steuererklärung eine Auflösung dieses Postens erfolgen und damit die Belastung infolge der Einkunftskorrektur erheblich verringert werden.

Sind die Voraussetzungen für eine nachträgliche Bildung oder Erhöhung des Investitionsabzugsbetrages nicht erfüllt oder erscheint das Risiko als zu groß, dass die Finanzverwaltung die nachträgliche Bildung akzeptiert, regt Kaminski an, bei Einzelunternehmen und Mitunternehmern einer Personengesellschaft die Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG ins Auge zu fassen. Die Begünstigung ermöglicht es auf Antrag – der ebenfalls bis zur Bestandskraft des Steuerbescheides gestellt werden kann – den Gewinn oder einen Teil davon mit dem ermäßigten Steuersatz von 28,25 Prozent zu besteuern. Gelten diese ermäßigt besteuerten Beträge später als entnommen, erfolgt eine erneute Belastung in Höhe von 25 Prozent (plus Solidaritätszuschlag und mögliche Kirchensteuer). Das Wahlrecht ist unabhängig von der Größe des Unternehmens und kann individuell von jedem Mitunternehmer ausgeübt werden.

Quelle: Steuerberaterverband Niedersachsen Sachsen-Anhalt, Pressemitteilung vom 24.09.2017

 

Sanierung: wirtschaftlich und rechtlich erfolgreich – steuerlich das Aus?

Der Begriff „Sanierungssteuerrecht“ werde immer häufiger verwendet, konstatierte Universitäts-Prof. Dr. Bert Kaminski, Helmut Schmidt Universität – Universität der Bundeswehr Hamburg, beim Steuerfach- und Zukunftskongress Celle 2017 mit insgesamt 250 Teilnehmern. Dabei sei er weder gesetzlich definiert noch handele es sich hierbei um ein eigenständiges Steuerrechtsgebiet. Vielmehr wird hierunter eine Vielzahl von Problemen verstanden, die sich aus steuerrechtlicher Sicht aus zivilrechtlichen Maßnahmen ergeben, die auf eine Sanierung oder wirtschaftliche Gesundung von Unternehmen zielen. Neben den bekannten wirtschaftlichen Sanierungsbemühungen zeigte Kaminski erhebliche Haftungsrisiken für Steuerberater auf. Es sei ein Gebot des eigenen Schutzes vor Haftung auch bei einer noch so umfassenden Analyse einer möglichen Sanierungsstrategie und der damit einhergehenden Würdigung von betriebswirtschaftlichen, rechtlichen und steuerlichen Fragestellungen, die Grenze zur unzulässigen Rechtsberatung zu beachten. § 5 Abs. 1 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) sieht hierzu vor, dass eine Rechtsdienstleistung zulässig ist, wenn sie im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erbracht wird.

Ein weiteres, in seiner Konsequenz noch nicht vollständig durchleuchtetes Haftungsproblem wirft die Rechtsprechung des BGH (vom 26.01.2017 – IX ZR 285/14) zur fehlerhaften Going-Concern-Bilanzierung auf. Nach diesem Urteil muss zu Zerschlagungswerten bilanziert werden, wenn wahrscheinlich ist, dass eine insolvenzreife Kapitalgesellschaft noch innerhalb des Prognosezeitraums oder kurz nach der Insolvenzeröffnung stillgelegt werden wird. In solchen Fällen darf der Steuerberater nicht zu Fortführungswerten (going concern) bilanzieren.

Für einen Steuerberater ergibt sich damit die Wahl zwischen Pest und Cholera: Bilanziere er trotz der Wahrscheinlichkeit der baldigen Stilllegung zu Fortführungswerten, werde der Insolvenzberater das Honorar zurückfordern – eine in der Regel verschmerzbare Folge – aber vor allem werde er versuchen, den Berater für Drittschäden haftbar zu machen, was den Ruin des Steuerberaters zur Folge haben könne.

Bilanziere der Berater dagegen zu Zerschlagungswerten, würden mit Sicherheit die Fremdkapitalgeber Kredite kündigen und neue nicht mehr gewähren. Auch hier drohe eine Haftung des Beraters, da er für den Rückzug und die Verweigerung der Fremdkapitalgeber verantwortlich gemacht werden wird.

Quelle: Steuerberaterverband Niedersachsen Sachsen-Anhalt, Pressemitteilung vom 24.09.2017

 

Auslagerung Pensionszusage auf „Rentner-GmbH“

Gerade in mittelständischen GmbHs nahm und nimmt die Pensionszusage an Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH als „Dauerproblem-Baustelle“ einen der ersten Plätze ein.

Prof. Dr. Hans Ott, Steuerberater und vereidigter Buchprüfer aus Köln, warnte beim Steuerfach- und Zukunftskongress Celle 2017 mit insgesamt 250 Teilnehmern einmal mehr davor, dass im Zusammenhang mit einer entgeltlichen oder unentgeltlichen Übertragung von GmbH-Anteilen Pensionszusagen ein Übertragungshindernis darstellten. Daher trete auch in der Praxis bei der Übergabe oder Übernahme von GmbHs regelmäßig die Frage nach der Entsorgung von Pensionsverpflichtungen auf. In Betracht kommt die Abfindung der Ansprüche, der Pensionsverzicht oder die Übertragung auf eine andere Gesellschaft, einmal im Rahmen eines „echten“ Arbeitgeberwechsels oder der Übertragung auf eine „Rentner-GmbH“.

Im Fall des echten Arbeitgeberwechsels kann der Wert einer vom Arbeitnehmer erworbenen unverfallbaren Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG auf den neuen Arbeitgeber übertragen werden, wenn dieser eine wertgleiche Zusage erteilt. Der geleistete Übertragungswert führt zu einem Lohnzufluss, der nach § 3 Nr. 55 Einkommensteuergesetz (EStG) steuerfrei bleibt. Die späteren Pensionsleistungen gehören nach § 3 Nr. 55 Satz 3 EStG zu den Einkünften, zu denen die Leistungen gehören würden, wenn eine Übertragung nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG nicht stattgefunden hätte. § 3 Nr. 55 EStG findet – so auch die Auffassung der Finanzverwaltung – grundsätzlich auch auf einen beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer Anwendung. Ott wies aber darauf hin, dass dennoch Zweifel blieben, wenn der Steuerpflichtige ein Auszahlungswahlrecht habe – ein Problem, das sich bei der „Rentner-GmbH“ nicht stelle.

Nach der Rechtsprechung des BFH (VI R 18/13 und VI R 46/13 vom 18.08.2016) führt die Auslagerung von Pensionsverpflichtungen zusammen mit entsprechenden finanziellen Mitteln auf eine neu gegründete „Rentner-GmbH“ oder eine bereits bestehende GmbH im Wege der befreienden Schuldübernahme beim Arbeitnehmer nur dann zu einem Zufluss von Arbeitslohn, wenn der Ablösungsbetrag auf Verlangen des Arbeitnehmers – nach der Ausübung eines zuvor eingeräumten Wahlrechts – zur Übernahme der Pensionsverpflichtung an einen Dritten gezahlt wird. Hat der Arbeitnehmer jedoch kein Wahlrecht, den Ablösungsbetrag alternativ an sich auszahlen zu lassen, werde mit der Zahlung des Ablösungsbetrags an den die Pensionsverpflichtung übernehmenden Dritten der Anspruch des Arbeitnehmers auf die künftigen Pensionszahlungen (noch) nicht wirtschaftlich erfüllt. Ein Zufluss von Arbeitslohn liege mangels Verfügungsmacht noch nicht vor.

Nach Ott bleibt es allerdings abzuwarten, ob die Finanzverwaltung sich dem BFH anschließen werde. Bislang jedenfalls seien die beiden positiven BFH-Urteile noch nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht worden.

Quelle: Steuerberaterverband Niedersachsen Sachsen-Anhalt, Pressemitteilung vom 24.09.2017

 

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin