Weitere Entscheidungen im Überblick des FG Münster

Einkommensteuer

Zur Aufdeckung stiller Reserven aus der Übertragung von Grundstücken, die an Betriebsunternehmen überlassen werden (Urteil vom 24. Juni 2014, Az. 3 K 3886/12 F, Rev. BFH IV R 38/14)

Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen Vermögenszuwendungen einer Mandantin an ihren Rechtsanwalt Betriebseinnahmen darstellen (Urteil vom 26. Februar 2014, Az. 7 K 1183/10 U,F, Rev. BFH VIII R 41/14)

Zur Bewertung einer in ein Betriebsvermögen eingelegten Darlehensforderung und zur Schätzung des Erlöses aus der Veräußerung eines Flugzeugs (Urteil vom 12. Juni 2014, Az. 13 K 252/11 G,U,F) 

Körperschaftsteuer

Dürfen für das Jahr 2002 Teilwertabschreibungen auf Anteilsscheine an einem Wertpapier-Sondervermögen vorgenommen werden? (Urteil vom 22. Mai 2014, Az. 9 K 5096/07 K)

Verfahrensrecht

Wird der Ablauf der Festsetzungsfrist durch einen von der Bezirksregierung nach Eintritt der regulären Festsetzungsverjährung erlassenen Grundlagenbescheid gehemmt? (Urteil vom 3. September 2013, Az. 15 K 564/11, Rev. BFH V R 40/14)

Kindergeld

Zum Anspruch auf Kindergeld für die Dauer eines sog. dualen Studiums (Urteil vom 22. August 2014, Az. 4 K 1914/14 Kg)

Besteht ein Anspruch für ein Kind, das als Zeitsoldat bei der Bundeswehr unmittelbar als Stabsunteroffizier eingestellt wird, aber zunächst die für Anwärter vorgesehenen Ausbildungsabschnitte durchläuft? (Urteil vom 22. August 2014, Az. 4 K 4131/13 Kg)

Zu den Fragen, ob eine Erstattung von Kosten des Vorverfahrens auch für Abrechnungsbescheide in Kindergeldangelegenheiten gilt und auch Erledigungen des Einspruchsverfahrens erfasst, die nicht auf einer Abhilfe der Familienkasse beruhen (Urteil vom 21. August 2014, Az. 11 K 2070/13 Kg)

Quelle: FG Münster

Kein Werbungskostenabzug für Computerzeitschriften

Der 5. Senat des Finanzgerichts Münster hat mit rechtskräftig gewordenem Gerichtsbescheid vom 21. Juli 2014 (Az. 5 K 2767/13 E) entschieden, dass Aufwendungen für Computerzeitschriften keine Werbungskosten darstellen.

Der Kläger machte in seiner Einkommensteuererklärung Kosten für Computerzeitschriften (PC-Magazin, PC-Welt, c´t, ELV) als Fachliteratur geltend. Gegen die Versagung dieser Kosten wandte er sich mit der Begründung, dass seine Tätigkeit als Netzwerkadministrator in einem weltweit operierenden Unternehmen die ständige Fortbildung im IT-Bereich erfordere.

Dem folgte das Gericht nicht und wies die Klage ab. Der Kläger habe nicht ausreichend dargelegt, dass er die konkreten Zeitschriften weitaus überwiegend beruflich verwendet habe. Der allgemeine Hinweis auf die Notwendigkeit von Weiterbildung genüge hierfür nicht. Nach einer Begutachtung aktueller Ausgaben der benannten Zeitschriften kam der Senat zu dem Schluss, dass diese zu einem beachtlichen Teil Artikel enthielten, die auch für private Computernutzer von Interesse seien, etwa in Bezug auf Computerspiele oder E-Bay-Verkäufe. Auch die Artikel, die sich mit Fragen der Programmierung befassen, seien gleichermaßen für den Privatgebrauch von Interesse und in einer für Laien verständlichen Sprache abgefasst. Sie dienten daher nicht in erster Linie der Vermittlung von Fachwissen.

Quelle: FG Münster

Vorlageersuchen des Finanzamts hinsichtlich eines Due-Diligence-Berichts ernstlich zweifelhaft

Mit Beschluss vom 3. September 2014 (Az. 6 V 1932/14 AO) hat der 6. Senat des Finanzgerichts Münster zu den Voraussetzungen Stellung genommen, unter denen das Finanzamt im Rahmen einer Außenprüfung die Vorlage eines Due-Diligence-Berichts verlangen darf.

Die Antragstellerin, eine Holding-GmbH, ließ zum Zwecke der gemeinsam mit einer Geschäftspartnerin geplanten Erschließung neuer Geschäftsfelder eine Due-Diligence-Prüfung bei sich durchführen. Im Folgejahr veräußerte sie einen Anteil an einer Beteiligungsgesellschaft an ihren Alleingesellschafter. Im Rahmen einer Außenprüfung bei der Unternehmensgruppe der Antragstellerin beabsichtigte das Finanzamt, die Angemessenheit des Kaufpreises für die Anteilsübertragung zu überprüfen und verlangte hierfür die Vorlage des Due-Diligence-Berichts.

Nachdem die Antragstellerin lediglich einen „geweißten“ Bericht vorgelegt hatte, erließ das Finanzamt ein Vorlageersuchen hinsichtlich des vollständigen Berichts. Zur Begründung führte es aus, dass sich hieraus Anhaltspunkte für den Wert der veräußerten Beteiligung entnehmen ließen und diese von einem ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter bei der Kaufpreisfindung auch herangezogen worden wären. Die Antragstellerin führte demgegenüber an, dass keine Vorlagepflicht bestehe, weil der Due-Diligence-Bericht keine Tatsachen, sondern ausschließlich Ergebnisse eines wertenden Vorgangs enthalte. Für Zwecke des Anteilsverkaufs sei eine gesonderte Unternehmensbewertung vorgenommen worden.

Der Senat gab dem gerichtlichen Antrag der Antragstellerin auf Aussetzung der Vollziehung statt. Er äußerte bereits Zweifel daran, dass ein Due-Diligence-Bericht überhaupt zu den im Rahmen einer Außenprüfung vorlagepflichtigen Unterlagen gehöre.

Da in einem solchen Bericht Tatsachen regelmäßig nicht nur wiedergegeben, sondern auch juristisch bewertet würden, sei fraglich, ob es sich dabei um eine Urkunde handele. Selbst wenn dies so wäre, bestünden Zweifel, ob der gesamte Bericht vorzulegen ist. Jedenfalls erfordere aber das Vorlageersuchen des Finanzamts eine differenzierte Einzelfallabwägung im Rahmen der Ermessensausübung. Hierbei seien die berechtigten Informationsinteressen der Finanzverwaltung gegen die schutzwürdigen Belange des Unternehmens abzuwägen. Dies gelte im Streitfall vor allem vor dem Hintergrund, dass das Bewertungsverfahren für die Kaufpreisfindung von der Antragstellerin offengelegt worden und der Bericht in einem anderen Zusammenhang zu einem früheren Zeitpunkt erstellt worden sei.

Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 15.09.2014 zum Beschluss 6 V 1932/14 AO vom 03.09.2014, Newsletter 09/2014

Antrag auf Anwendung des Teileinkünfteverfahrens muss mit Abgabe der Steuererklärung gestellt werden

Wer private Beteiligungserträge erzielt, muss den Antrag, das Teileinkünfteverfahren anstelle des Abgeltungssteuersatzes anzuwenden, spätestens mit Abgabe der Einkommensteuererklärung stellen. Dies hat der 7. Senat des Finanzgerichts Münster mit Urteil vom 21. August 2014 (Az. 7 K 4608/11 E) entschieden.

Die Klägerin war im Jahr 2009 zu 90 % an einer GmbH beteiligt. Die hieraus erzielten Kapitalerträge gab sie in der gemeinsam mit ihrem Ehemann abgegebenen Einkommensteuererklärung an, ohne hierzu weitere Anträge zu stellen. Das Finanzamt wandte daher den Abgeltungssteuersatz von 25 % an. Nach abschließender Freigabe, aber noch vor Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheids, beantragten die Kläger, die Kapitalerträge zu 60 % nach dem Regelsteuersatz zu besteuern (sog. Teileinkünfteverfahren). Diesen Antrag lehnte das Finanzamt als verspätet ab. Die Kläger führten demgegenüber aus, dass sie ihre Steuererklärung mindestens bis zur Bekanntgabe des Bescheids um den erforderlichen Antrag ergänzen dürften.

Dem folgte das Gericht nicht und wies die Klage ab. Die Kläger hätten zwar grundsätzlich die Möglichkeit, die Anwendung des Teileinkünfteverfahrens nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG zu beantragen, weil die Klägerin zu mindestens 25 % an der GmbH beteiligt war. Die Vorschrift sehe jedoch ausdrücklich vor, dass der Antrag spätestens zusammen mit der Einkommensteuererklärung gestellt werde. Sinn dieser strengen Fristregelung sei es, klare und praktikable Voraussetzungen für die Ausübung des Wahlrechts zu schaffen. Demgegenüber sehe das Gesetz für die Ausübung anderer Wahlrechte (z. B. in Bezug auf die Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG) gerade keine derartige Ausschlussfrist vor. Im Hinblick auf die Ausübung eines Wahlrechts stehe den Klägern auch nicht das Recht zu, ihre Steuererklärung zu berichtigen, weil die Erklärung nicht unrichtig oder unvollständig gewesen sei. Es komme daher nicht darauf an, ob der Bescheid bereits bekannt gegeben wurde oder nicht. Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 15.09.2014 zum Urteil 7 K 4608/11 vom 21.08.2014, Newsletter 09/2014

Versicherungsteuer auch bei konzerninterner Absicherung des Forderungsausfallrisikos

Übernimmt eine Muttergesellschaft für ihre Vertriebstöchter gegen Bezahlung das Risiko eines Forderungsausfalls, so kann hierdurch Versicherungsteuer anfallen. Dies hat der 2. Senat des Finanzgerichts Köln in einem nunmehr veröffentlichten Urteil vom 06.05.2014 (Az. 2 K 430/11) entschieden. Dabei stellt er klar, dass hieran auch die Bezeichnung der Vereinbarung als „Ausfallbürgschaft“ nichts ändert, wenn es sich dem Wesen nach um einen Versicherungsvertrag handelt.

Die klagende GmbH hielt Beteiligungen an in- und ausländischen Vertriebsgesellschaften. Diese Töchter sicherten sich ursprünglich durch Warenkreditversicherungen bei einer Versicherungsgesellschaft gegen Forderungsausfälle ab. Später ersetzten sie die Versicherungen durch „Ausfallbürgschaften“ der Klägerin. Die hierfür an die Klägerin gezahlten Prämien unterwarf die Finanzverwaltung der Versicherungsteuer. Mit ihrer Klage machte die Klägerin geltend, dass es sich aufgrund des Verlustausgleichs bzw. der Verlustverrechnung innerhalb der Unternehmensgruppe wirtschaftlich betrachtet um keinen Risikoausgleich handele. Vielmehr trage sie als Konzernmutter letztendlich alle Verluste selbst. Daher entstehe auch keine Versicherungsteuer. Dieser Argumentation folgte der 2. Senat nicht. Entscheidend für die Beurteilung der Versicherungsteuerpflicht sei, dass die Klägerin ein fremdes Wagnis übernehme und eine Gefahrengemeinschaft der Tochtergesellschaften bilde. Dabei sei nur das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und den Vertriebsgesellschaften von Bedeutung. Eine Konzernbetrachtung könne nicht erfolgen.

Gegen die Entscheidung hat die Klägerin Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof in München erhoben. Das Verfahren wird dort unter dem Aktenzeichen II B 79/14 geführt.

Quelle: FG Köln, Pressemitteilung vom 15.09.2014 zum Urteil 2 K 430/11 vom 06.05.2014 (nrkr)

Kraftfahrzeugsteuer – Übergang der Kfz-Steuerverwaltung auf den Zoll

Die Kraftfahrzeugsteuer wurde in der Vergangenheit als Ländersteuer von den Landesfinanzbehörden verwaltet. Zum 1. Juli 2009 ging die Ertrags- und Verwaltungshoheit von den Ländern auf den Bund über. Im ersten Halbjahr 2014 übernahm die Zollverwaltung schrittweise die Daten- und Aktenbestände und damit die Verwaltung der Kraftfahrzeugsteuer.

Mit dem vollständigen Übergang der Kfz-Steuerverwaltung seit dem 1. Juli 2014 auf den Zoll sind nun ausschließlich die Hauptzollämter Ansprechpartner für Bürgerinnen und Bürger in Kraftfahrzeugsteuer-Angelegenheiten. Die Finanzämter in den Bundesländern sind nicht mehr zuständig.

Quelle: BMF, Mitteilung vom 11.09.2014

Fachsymposium im BMF zur Bekämpfung internationaler Steuergestaltungen

Am 11. September 2014 hat im Bundesministerium der Finanzen ein weiteres Symposium zur internationalen Steuerpolitik stattgefunden. Im Fokus dabei standen die ersten Ergebnisse der internationalen Arbeiten zur Bekämpfung internationaler Steuergestaltungen (sogenannter „Base Erosion and Profit Shifting (BEPS)-Aktionsplan).

Das Bundesministerium der Finanzen hat diese zum Anlass genommen, um über die bisherigen Erkenntnisse zu informieren und sich der Diskussion mit Vertretern internationaler Organisationen sowie von Wirtschaft und Wissenschaft zu stellen. Über 250 Teilnehmer haben die Veranstaltung in den Räumlichkeiten des Bundesministeriums der Finanzen verfolgt.

In einer Ausgabe von „BMF im Gespräch“ beantwortet der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Michael Meister Fragen der BMF-Internetredaktion zu den Erkenntnissen des Fachsymposiums.

Frage: Sehr geehrter Herr Staatssekretär, wie bewerten Sie den Stand der Arbeiten zur Bekämpfung internationaler Steuergestaltungen?

Antwort: Es ist ein großer Erfolg, dass die internationale Staatengemeinschaft sich innerhalb kurzer Zeit auf erste Ergebnisse einigen konnte. Die Probleme, um die es geht, haben internationale Ursachen. Sie resultieren aus den internationalen Wirtschaftsbeziehungen, während das Steuerrecht eine nationale Kompetenz ist. Daher ist es so wichtig, dass wir hier zu international abgestimmten Lösungen kommen. Wir benötigen einen gemeinsamen internationalen Ordnungsrahmen, den die einzelnen Staaten in ihrer Gesetzgebung beachten. Die bisher vorliegenden Ergebnisse sind meiner Meinung nach geeignet, die internationale Steuergerechtigkeit deutlich zu verbessern.

Frage: Wie geht es nun weiter?

Antwort: Die internationalen Arbeiten sollen bis zum Ende des Jahres 2015 fortgeführt werden. Dann wird abschließend feststehen, an welchen Punkten das internationale Regelwerk Schwächen aufweist und geändert werden muss. Bis dahin werden noch intensive Diskussionen stattfinden – aber ich bin zuversichtlich, dass wir im Geist der internationalen Kooperation auch dieses ehrgeizige Ziel erreichen werden.

Frage: Welche Rolle spielt die Bundesregierung dabei?

Antwort: Die Bundesregierung zählt – und hier kann ich namentlich Herrn Minister Dr. Schäuble nennen – zu den frühesten und wichtigsten Unterstützern dieses großen Projekts. Wir werden weiterhin mit großem Engagement dafür eintreten, dass internationale Steuergestaltungen eingeschränkt werden und die Wettbewerbsgleichheit aller Unternehmen erhalten bleibt. Da wo es nötig ist, werden wir auch vorschlagen, das nationale Recht den weiteren Entwicklungen anzupassen.

Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage des BMF.

Quelle: BMF, Mitteilung vom 12.09.2014

 

Tanzsteuer historisch überholt

Bund der Steuerzahler NRW fordert Abschaffung eines „Relikts aus grauer Vorzeit“

Tanzen ist ein Vergnügen, und Vergnügungen sind steuerpflichtig. Nicht überall, aber noch viel zu oft. Der Bund der Steuerzahler (BdSt) NRW hat die Höhe der Vergnügungssteuer auf gewerbliche Tanzveranstaltungen in den kreisfreien Städten und allen Städten mit mehr als 60.000 Einwohnern untersucht. Mit dem Ergebnis: „Die ,Tanzsteuer‘ ist ein Relikt aus grauer Vorzeit“, kritisiert Eberhard Kanski, stellvertretender Vorsitzender des BdSt NRW. „Sie bringt den Kommunen keinen nennenswerten Ertrag und sollte abgeschafft werden.“

Grundsätzlich erheben die meisten Kommunen die Vergnügungssteuer mit einem Pauschalsteuersatz je 10 qm Veranstaltungsfläche pro Veranstaltung. Aachen und Dortmund kassieren jeweils drei Euro je 10 qm Veranstaltungsfläche und liegen damit bei den kreisfreien Städten an der Spitze. Düsseldorf, Herne, Leverkusen und Oberhausen dagegen berechnen nur einen Euro pro 10 qm. Der Durchschnittswert in den kreisfreien Städten beträgt 1,87 Euro.

Die kreisangehörigen Städte verlangen im Durchschnitt weniger: 1,34 Euro. Doch der Spitzenreiter, Düren, ist genauso teuer wie die beiden teuersten kreisfreien Städte und nimmt drei Euro je 10 qm Veranstaltungsfläche. Mit 2,50 Euro folgt Detmold. Den niedrigsten Steuersatz bei den kreisangehörigen Städten hat Gladbeck mit 0,50 Euro.

Alternativ gibt es noch die „Kartensteuer“, d. h. die Vergnügungssteuer wird nach verkauften Eintrittskarten und Eintrittspreis berechnet. Hier ist der niedrigste Steuersatz in Hagen mit 15 Prozent zu verzeichnen, die höchsten Steuersätze haben Gelsenkirchen und Düren mit jeweils 30 Prozent.

13 Städte erheben gar keine Tanzsteuer: Dormagen, Hamm, Kerpen, Lüdenscheid, Lünen, Minden, Mönchengladbach, Neuss, Remscheid, Unna, Viersen, Witten und Wuppertal. „Historisch gesehen wurde die Vergnügungssteuer im 19. Jahrhundert als ,Lustbarkeitsteuer‘ eingeführt“, erklärt Kanski. „Das ist längst überholt. Die steuererhebenden Kommunen sollten sich ein Beispiel an den 13 Städten nehmen, die die Tanzsteuer abgeschafft haben, und sich fiskalisch von der Tanzfläche verabschieden.“

Quelle: BdSt NRW, Pressemitteilung vom 12.09.2014

16,7 % Mehrwertsteuer auf alle Umsätze wäre transparenter und effizienter

Mit einem einheitlichen Mehrwertsteuersatz von 16,7 % könnte man das deutsche Umsatzsteuersystem aufkommensneutral transparenter und effizienter gestalten. Das haben Berechnungen des RWI ergeben. Bei der Vereinheitlichung des Steuersatzes würden Geringverdiener zwar durchschnittlich einen etwas größeren Anteil ihres Einkommens als Umsatzsteuer zahlen als im Status quo. Dies könnte jedoch durch eine Anpassung des einkommensteuerlichen Grundfreibetrags ausgeglichen werden. Gleichzeitig würden einkommensstarke Haushalte nicht länger durch ermäßigte Umsatzsteuersätze subventioniert.

Aktuelle Berechnungen des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) zeigen, dass es ökonomisch sinnvoll ist, den ermäßigten Umsatzsteuersatz vollständig abzuschaffen und gleichzeitig den Regelsatz aufkommensneutral zu senken. Das für die Berechnungen auf Grundlage des Rechtsstands aus dem Jahr 2012 simulierte Aufkommen der Umsatzsteuer, die in Deutschland auch unter dem Namen „Mehrwertsteuer“ bekannt ist, betrug knapp 195 Milliarden Euro. Bei aufkommensneutraler Abschaffung der Ermäßigungstatbestände würde sich daraus ein neuer einheitlicher Umsatzsteuersatz von 16,7 % ergeben.

Die regressive Wirkung der Umsatzsteuer, also der Effekt, dass mit steigendem Haushaltseinkommen ein geringerer Anteil des Einkommens als Steuer gezahlt wird, bliebe bei einem einheitlichen Steuersatz bestehen. Die Belastung der einkommensschwächsten Gruppen würde dabei 16,4 % des Haushaltsnettoeinkommens betragen, während sie bei der einkommensstärksten Gruppe mit 7,5 % zu Buche schlagen würde. Dies entspricht einer Mehrbelastung von Haushalten mit den niedrigsten Einkommen gegenüber dem Status quo um 70 Euro im Jahr bzw. um 0,7 %-Punkte.

Dieser moderate Anstieg bei Einführung eines einheitlichen Steuersatzes rechtfertigt jedoch keine Beibehaltung der zurzeit tatsächlich stattfindenden Subventionierung der nicht-bedürftigen Haushalte durch den ermäßigten Umsatzsteuersatz. Die zusätzliche Belastung einkommensschwacher Haushalte könnte zudem durch eine Anhebung des einkommensteuerlichen Grundfreibetrags ausgeglichen werden.

Bisherige Mehrwertsteuer-Regelung ist kompliziert und nicht nachvollziehbar
Schnittblumen ja, Mineralwasser nein – was aktuell im deutschen Umsatzsteuerrecht als „Gut des täglichen Bedarfs“ eingestuft wird, ist selbst bei näherer Betrachtung nicht nachvollziehbar. Hinzu kommt die unterschiedliche Besteuerung von vermeintlich gleichen Gütern oder Leistungen: Verspeist ein Gast eine Currywurst an einem Tisch sitzend, unterliegt das Nahrungsmittel dem Regelsatz von 19 % Umsatzsteuer. Nimmt der Kunde seine Mahlzeit hingegen im Stehen ein, werden nur 7 % Mehrwertsteuer fällig.

Das ursprüngliche Ziel, vor allem Geringverdiener durch eine geringere Besteuerung von Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs zu entlasten, wird dabei in der heutigen komplizierten Ausgestaltung nicht erreicht: Die Steuerbelastung durch die Mehrwertsteuer – gemessen in Prozent des Haushaltsnettoeinkommens – beträgt in der einkommensschwächsten Gruppe 15,7 %, während die einkommensstärkste Gruppe für ihren Verbrauch nur Umsatzsteuer in Höhe von 7,4 % des Einkommens zahlt.

Umsatzsteuer ist eine der wichtigsten Einnahmequellen des Staates
Die Umsatzsteuer gehört in Deutschland zu den wichtigsten Einnahmequellen des Staates. Im Jahr 2012 steuerte sie knapp ein Drittel zum Gesamtsteueraufkommen bei. Sie fällt immer dann an, wenn Unternehmen im Inland Dienstleistungen erbringen oder Waren veräußern. Steuerschuldner sind die Unternehmen, die Steuerlast trägt jedoch der Endverbraucher. Neben dem regulären Umsatzsteuersatz von derzeit 19 % gibt es eine Reihe von Dienstleistungen und Waren, die einem ermäßigten Steuersatz von 7 % unterliegen oder sogar ganz von der Umsatzsteuer befreit sind.

Datengrundlage für die Berechnungen mit dem USt-Mikrosimulationsmodell des RWI ist eine 80 %-Unterstichprobe der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 2008. Die EVS ist eine Befragung von 0,2% aller in Deutschland lebenden privaten Haushalte, die u. a. detaillierte Informationen über die Einnahmen- und Ausgabenstruktur sowie über die Vermögenssituation der Befragten liefert.

Quelle: RWI, Pressemitteilung vom 10.09.2014

Anfertigung von Buch-Kopien auf elektronischen Bibliotheks-Leseplätzen unter bestimmten Voraussetzungen

Ein Mitgliedstaat darf Bibliotheken gestatten, bestimmte Bücher aus ihrem Bestand ohne Zustimmung der Rechtsinhaber zu digitalisieren, um sie an elektronischen Leseplätzen bereitzustellen

Die Mitgliedstaaten dürfen innerhalb bestimmter Grenzen und unter bestimmten Voraussetzungen, darunter die Zahlung eines gerechten Ausgleichs an die Rechtsinhaber, den Nutzern gestatten, von der Bibliothek digitalisierte Bücher auf Papier auszudrucken oder auf einem USB-Stick zu speichern.

Nach der Urheberrechtsrichtlinie (Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. L 167, S. 10)) haben die Urheber das ausschließliche Recht, die Vervielfältigung und die Wiedergabe ihrer Werke zu erlauben oder zu verbieten. Die Mitgliedstaaten können jedoch bestimmte Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf dieses Recht vorsehen. Eine solche Befugnis besteht insbesondere im Hinblick auf öffentlich zugängliche Bibliotheken, die Werke aus ihrem Bestand den Nutzern zu Zwecken der Forschung und privater Studien auf eigens hierfür eingerichteten Terminals zugänglich machen. In der vorliegenden Rechtssache ersucht der deutsche Bundesgerichtshof den Gerichtshof um Klärung der Tragweite dieser Befugnis, von der Deutschland Gebrauch gemacht hat.

Der Bundesgerichtshof hat über einen Rechtsstreit zwischen der Technischen Universität Darmstadt und der Eugen Ulmer KG, einem deutschen Verlagshaus, zu entscheiden. Die Bibliothek der Universität hatte ein von Eugen Ulmer herausgegebenes Buch („Einführung in die neuere Geschichte“ von Winfried Schulze) digitalisiert, um es an ihren elektronischen Leseplätzen bereitzustellen. Auf das Angebot des Verlagshauses, die von ihm herausgegebenen Lehrbücher (darunter das in Rede stehende Buch) als elektronische Bücher („E-Books“) zu erwerben und zu nutzen, ist die Universität nicht eingegangen. Die Eugen Ulmer KG wendet sich vor Gericht dagegen, dass die Universität das in Rede stehenden Buch digitalisiert hat und dass Nutzer der Bibliothek von elektronischen Leseplätzen aus das Buch ausdrucken oder auf einem USB-Stick speichern und/oder solche Vervielfältigungen aus der Bibliothek mitnehmen können.

In seinem Urteil vom 11.09.2014 stellt der Gerichtshof zunächst fest, dass sich eine Bibliothek auch dann, wenn der Rechtsinhaber ihr den Abschluss von Lizenzverträgen über die Werknutzung zu angemessenen Bedingungen anbietet, auf die für eigens eingerichtete Terminals vorgesehene Ausnahme berufen kann, weil sie sonst nicht die Möglichkeit hätte, ihrer grundlegenden Zweckbestimmung zu entsprechen und die Forschung und private Studien zu fördern.

Sodann befindet der Gerichtshof, dass die Richtlinie es den Mitgliedstaaten nicht verwehrt, Bibliotheken das Recht einzuräumen, Werke aus ihren Beständen zu digitalisieren, wenn es zu Zwecken der Forschung und privater Studien erforderlich ist, diese Werke Mitgliedern der Öffentlichkeit auf eigens hierfür eingerichteten Terminals zugänglich zu machen. Das Recht der Bibliotheken, die in ihren Sammlungen befindlichen Werke auf eigens eingerichteten Terminals zugänglich zu machen, drohte nämlich einen großen Teil seines sachlichen Gehalts und sogar seiner praktischen Wirksamkeit zu verlieren, wenn sie kein akzessorisches Recht zur Digitalisierung der betroffenen Werke besäßen.

Dieses Recht zur Wiedergabe, das öffentlich zugänglichen Bibliotheken eingeräumt werden kann, kann jedoch nicht einzelnen Mitgliedern der Öffentlichkeit gestatten, Werke von eigens hierfür eingerichteten Terminals aus auf Papier auszudrucken oder auf einem USB-Stick zu speichern. Das Ausdrucken eines Werks auf Papier oder sein Speichern auf einem USB-Stick sind nämlich Vervielfältigungshandlungen, da damit eine neue Kopie der einzelnen Mitgliedern der Öffentlichkeit zugänglich gemachten digitalen Kopie des Werks erstellt werden soll. Solche Vervielfältigungshandlungen sind nicht erforderlich, um das Werk für die Nutzer auf eigens hierfür eingerichteten Terminals wiederzugeben, und sind daher nicht durch das Recht zur Wiedergabe auf eigens hierfür eingerichteten Terminals gedeckt, zumal sie von den einzelnen Mitgliedern der Öffentlichkeit und nicht von der Bibliothek selbst vorgenommen werden.

Die Mitgliedstaaten können allerdings innerhalb der Grenzen und unter den Voraussetzungen, die in der Richtlinie festgelegt sind, eine Ausnahme oder eine Beschränkung vom ausschließlichen Vervielfältigungsrecht der Rechtsinhaber vorsehen und auf diese Weise den Nutzern einer Bibliothek gestatten, Werke von eigens hierfür eingerichteten Terminals aus auf Papier auszudrucken oder auf einem USB-Stick zu speichern. Hierfür muss an die Rechtsinhaber ein angemessener Ausgleich gezahlt werden.

Quelle: EuGH, Pressemitteilung vom 11.09.2014 zum Urteil C-117/13 vom 11.09.2014

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin