Bundestag macht Weg zu Bürokratieabbau für den Mittelstand und bessere Wagniskapitalbedingungen frei

Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken

Der Bundestag hat am 27.04.2017 mit dem Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen zwei wichtige Vorhaben des BMWi umgesetzt: die Anhebung der Schwelle für geringwertige Wirtschaftsgüter und die Steuerfreistellung der Zuschüsse für Business Angels im Rahmen des INVEST-Förderprogramms.

Bundesministerin Zypries: „Der Bundestag hat ein wichtiges Signal für bessere Investitionsbedingungen für Start-ups und weniger Bürokratie gesetzt. Wir konnten erfolgreich die Grenze für die Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter anheben. Das entlastet vor allem kleine und mittlere Unternehmen deutlich und schafft Anreize für Investitionen. Die Unternehmen und Arbeitnehmer können künftig Anschaffungen, wie Tablets und Büromaterial, direkt im Jahr der Anschaffung steuerlich abschreiben, statt sie bürokratisch aufwendig über viele Jahre erfassen zu müssen. Der Bundestag macht auch den Weg für eine verbesserte Förderung von privatem Wagniskapital frei. Das unterstützt junge innovative Unternehmen noch stärker bei der Suche nach einem privaten Kapitalgeber für das benötigte Startkapital. So können wir auch bei den Produkten von Morgen noch wettbewerbsfähig sein.“

Die bisherige steuerliche Freistellung der Zuschüsse des INVEST-Programms hatte sich nur auf das Altprogramm bis Ende 2016 bezogen. Zum 1. Januar 2017 wurden jedoch die Förderbedingungen des INVEST-Programms deutlich verbessert. U. a. wurde die förderfähige Investitionssumme für den 20 %-igen Erwerbszuschuss verdoppelt und ein 25 %-iger EXIT-Zuschuss zur Kompensation der Steuern auf Veräußerungsgewinne eingeführt. Mit seiner heutigen Entscheidung macht der Deutsche Bundestag den Weg dafür frei, dass Investoren in vollem Maße – steuerfrei – von diesen Verbesserungen profitieren können. Damit gewinnen Investitionen in Start-ups weiter an Attraktivität.

Die Anhebung der Schwelle für geringfügige Wirtschaftsgüter wird nach mehr als 50 Jahren nun von 410 Euro auf 800 Euro angehoben.

Quelle: BMWi, Pressemitteilung vom 27.04.2017

 

 

Gesetze gegen schädliche Steuerpraktiken und Steu­er­umgehung beschlossen

Die Bundesregierung unterbindet Gewinnverlagerungen und schränkt die steuerliche Abzugsmöglichkeit für Lizenzaufwendungen ein. Die Abgeordneten haben am Donnerstag, 27. April 2017, mit breiter Mehrheit bei Enthaltung der Fraktion Die Linke einen Gesetzentwurf gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen (18/11233, 18/11531, 18/11683 Nr. 8) in der Ausschussfassung angenommen. Ebenfalls in der Ausschussfassung bei Enthaltung der Oppositionsfraktionen und Zustimmung der Koalition angenommen wurde ein Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (18/11132, 18/11184), mit dem die Bundesregierung, Konsequenzen aus den im Frühjahr 2016 bekannt gewordenen „Panama Papers“ zieht und gezielter gegen Steuerbetrug über Briefkastenfirmen vorgehen will.

Zur Abstimmung lagen ferner Stellungnahmen des Bundesrates und die Gegenäußerungen der Bundesregierung (18/11531, 18/11184) als Unterrichtung sowie Beschlussempfehlungen des Finanzausschusses (18/12128, 18/12127) vor. Zum Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken haben außerdem die Grünen einen Änderungsantrag (18/12148) vorgelegt, der keine Mehrheit fand. Darin hatte die Fraktion gefordert, dass geringwertige Wirtschaftsgüter künftig bis zur Höhe von 1.000 Euro sofort abgeschrieben werden können. Derzeit liegt die Grenze bei 410 Euro.

Anträge der Opposition abgelehnt

Abschließend beraten und mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen abgelehnt wurden auch ein Antrag der Linken (18/8132) bei Enthaltung der Grünen, der wirksame Maßnahmen gegen illegale Finanzbeziehungen forderte, sowie ein Antrag von Bündnis 90/Die Grünen (18/2877, 18/12127) bei Zustimmung der Linksfraktion, der die Einrichtung einer einheitlichen Bundessteuerverwaltung verlangte.

Damit dürfte Steuerhinterziehung durch Nutzung von Briefkastenfirmen in fernen Ländern und durch überhöhte Lizenzgebühren im Ausland in Zukunft kaum noch oder gar nicht mehr möglich sein. Nach der Aufsehen erregenden Veröffentlichung der „Panama Papers“ über das gigantische Ausmaß von Steuersparkonstrukten mit Briefkastenfirmen in dem mittelamerikanischen Land zog der Deutsche Bundestag die Konsequenzen.

CDU/CSU würdigt Effizienz des Informationsaustauschs

Die Koalition habe bereits eine ganze Serie von Gesetzen gegen Steuerhinterziehung beschlossen, erinnerte Dr. Mathias Middelberg (CDU/CSU) und hob besonders hervor, dass über 100 Staaten inzwischen dem Abkommen über den automatischen  Informationsaustausch in Steuersachen beigetreten seien. „In Zukunft wird es nicht mehr möglich sein, dass ein deutscher Steuerbürger ein Auslandskonto eröffnet und wir in Deutschland nichts davon erfahren“, freute sich Middelberg.

Steuerfälle wie Uli Hoeness oder Alice Schwarzer seien in Zukunft nicht mehr möglich. Das Abkommen zum Informationsaustausch sei das bisher „effizienteste Vorgehen“ gegen den internationalen Steuerbetrug. Auch gegen Absprachen in Steuersachen (zum Beispiel „Lux Leaks“) seien in Zukunft nicht mehr möglich.

Linke rügt „Straferlass für bisherige Steuersünder“

Für die Opposition haben die Maßnahmen dagegen noch klare Schwächen. Die Bundesregierung habe zu spät reagiert und regelrecht zum Jagen getragen werden müssen, kritisierte Susanna Karawanskij (Die Linke). Die Anzeigepflicht über Geschäftsbeziehungen in Nicht-EU-Staaten greife erst für ab 2017 verwirklichte Sachverhalte. Die Koalition schaffe damit einen „Straferlass für bisherige Steuersünder, und das ist mit uns Linken nicht zu machen“.

Bußgeldrahmen von 25.000 und 50.000 Euro würden Milliardäre nicht beeindrucken. Die Regelung zu Lizenzgebühren werde kaum etwas bewirken, weil die Koalition den „Tricksern und Täuschern“ viel zu viel Spielraum lasse. Die Linke fordere eine Bundessteuerpolizei, die der „Steueroasen-Mafia“ entgegentreten könne.

Grüne: Malta und Zypern werden nicht erfasst

Dr. Thomas Gambke (Bündnis 90/Die Grünen) sagte, mit den Maßnahmen gegen Lizenzboxen habe die Koalition eine alte Forderung seiner Fraktion aufgegriffen. Es sei sehr wichtig, dass diese Maßnahmen ergriffen würden.

Wie Susanna Karawanskij kritisierte auch Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen), dass die Meldepflichten nur für Briefkastenfirmen außerhalb EU gelten und damit Malta und Zypern nicht erfasst würden. Außerdem gelte die Meldepflicht nur für Banken und nicht für andere Firmen, die ebenfalls Briefkastenfirmen vermitteln würden. So könnten die Steuersümpfe nicht trockengelegt werden.

SPD fordert Allianz gegen große globalisierte Konzerne

Carsten Schneider (SPD) sagte, der Kampf gegen Steuerhinterziehung und Steuerumgehung sei noch lange nicht zu Ende. Zugleich warnte er vor einem Steuerdumping durch Briten und Amerikaner wegen des Brexits und den angekündigten Steuersenkungen in den USA. „Wir brauchen eine Allianz der Völker gegen große globalisierte Konzerne“, forderte der SPD-Politiker. Es dürfe nicht dazu kommen, dass große Konzerne ihre Steuerschuld loswerden und nur noch die kleinen Leute zahlen würden.

Schneider und auch Lothar Binding (SPD) ließen Kritik am Koalitionspartner durchblicken. Binding sprach sogar von einem „Desaster“, dass wichtige Maßnahmen wie die Registrierkassenpflicht immer noch nicht umgesetzt worden seien.

Regierung: Keine falschen Erwartungen schüren

Für Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble (CDU) ist der Kampf gegen Steuerhinterziehung und exzessive Steuervermeidung ein „immerwährender Kampf“, der auch ungeheuer mühsam sei. Man dürfe keine falsche Erwartungen schüren, „weil man dann hinter der Komplexität der Wirklichkeit zurückbleibt, und das ist dann der Nährboden für die Demagogen“, warnte der Minister.

Zu den ganz großen Herausforderungen gehört für Schäuble neben der  praktischen Umsetzung des automatischen Informationsaustauschs mit anderen Staaten die Besteuerung international tätiger digitaler Unternehmen.

Gesetz gegen Steuerumgehung

Mit dem Gesetz sollen Steuerumgehungsmöglichkeiten mittels der Gründung und Nutzung von Briefkastenfirmen verhindert werden. Durch zusätzliche Auskunfts- und Informationspflichten sollen die Möglichkeiten der Finanzbehörden zur Feststellung von im Ausland angesiedelten Domizilgesellschaften (wie Briefkastenfirmen auch genannt werden) verbessert werden.

Durch die Herstellung von mehr Transparenz durch Anzeigepflichten von Unternehmen und Finanzinstituten über bestimmte Beteiligungen und Geschäftsbeziehungen werde aufgrund des Entdeckungsrisikos eine präventive Wirkung eintreten, erwartet die Regierung. Die Regelung betrifft nicht nur Domizilgesellschaften ohne Geschäftsbetrieb, sondern soll für alle „Drittstaat-Gesellschaften“ gelten.

Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken

Das Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen sieht zur Unterbindung von Gewinnverlagerungen eine Einschränkung der steuerlichen Abzugsmöglichkeit für Lizenzaufwendungen vor. Dazu heißt es, immaterielle Wirtschaftsgüter wie Patente, Lizenzen, Konzessionen oder Markenrechte würden sich besonders einfach über Staatsgrenzen hinweg übertragen lassen.

Dies habe in der Vergangenheit zu einem Steuerwettbewerb zwischen Staaten (zum Beispiel mit „Lizenzboxen“) geführt. „Multinationale Konzerne können diese Präferenzregime zur Gewinnverlagerung nutzen“, argumentierte die Bundesregierung und forderte: „Steuern sollen jedoch dem Staat zustehen, in dem die der Wertschöpfung zugrundeliegende Aktivität stattfindet, und nicht dem Staat, der den höchsten Steuerrabatt bietet.“

Rückwirkende Zahlung von Kindergeld eingeschränkt

Die beschlossenen Gesetzentwürfe enthalten noch weitere steuerliche Maßnahmen. So soll Kindergeld in Zukunft nicht mehr für mehrere Jahre rückwirkend gezahlt werden können. Der Finanzausschuss hatte einen entsprechenden Passus in den Gesetzentwurf eingefügt.

Abweichend von der regulären Festsetzungsfrist von vier Jahren nach Paragraf 169 der Abgabenordnung sieht die Neuregelung vor, dass Kindergeld nur noch sechs Monate rückwirkend ausgezahlt werden kann. Das Kindergeld soll im laufenden Kalenderjahr die steuerliche Freistellung des Existenzminimums sicherstellen. Hierfür sei eine mehrjährige Rückwirkung nicht erforderlich, da Anträge auf Kindergeld „regelmäßig zeitnah“ gestellt würden.

Sofortabschreibung auf 800 Euro angehoben

Zudem wird die Sofortabschreibung für geringwertige Wirtschaftsgüter erhöht, besonders den Mittelstand entlasten soll. gewürdigt. Diese Sofortabschreibung wird von bisher 410 Euro auf 800 Euro angehoben. Angewendet werden sollen die neuen Wertgrenzen auf nach dem 31. Dezember 2017 angeschaffte Wirtschaftsgüter. Die öffentlichen Haushalte dürften mit etwa 935 Millionen Euro pro Jahr belastet werden.

Die Steuerfreiheit von Wagniskapitalzuschüssen für junge Unternehmen wird ausgeweitet. Die Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen wird gesetzlich festgelegt. Außerdem wird das bisher in Paragraf 30a der Abgabenordnung (AO) geregelte steuerliche Bankgeheimnis aufgehoben. Damit wird den Finanzbehörden ermöglicht, künftig ohne die bisherigen Einschränkungen Auskunftsersuchen an Finanzinstitute zu richten. (sas/27.04.2017)

Quelle: Deutscher Bundestag, Mitteilung vom 27.04.2017

 

Umsatzsteuerbefreiung von Nachhilfeinstituten: keine Mindestquote von Lehrkräften mit Lehramtsbefähigung

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am 27.04.2017 den Revisionen zweier Betreiber von Nachhilfeinstituten in Unterfranken stattgegeben. Es hat den Freistaat Bayern verpflichtet, für die betreffenden Institute jeweils Bescheinigungen nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG zu erteilen.

Diese Bescheinigungen sind Voraussetzung für eine Befreiung der Nachhilfekurse von der Umsatzsteuer. Sie sind zu erteilen, wenn die jeweiligen Einrichtungen ordnungsgemäß auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereiten. Die ordnungsgemäße Prüfungsvorbereitung durch Nachhilfeeinrichtungen setzt dabei unter anderem voraus, dass die eingesetzten Lehrkräfte die erforderliche Eignung besitzen. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist diese Voraussetzung nur dann erfüllt, wenn mindestens 25 v. H. der vorgehaltenen Nachhilfekräfte die Befähigung für das Lehramt an öffentlichen Schulen besitzen, die übrigen Nachhilfelehrkräfte jedenfalls fachlich geeignet sind und sichergestellt ist, dass die voll ausgebildeten Lehrkräfte für pädagogische Fragen der übrigen Lehrkräfte unterstützend zur Verfügung stehen. Auf dieser Grundlage wies der Verwaltungsgerichtshof die Berufungen der Kläger zurück.

Die Revisionen der Kläger hatten Erfolg. Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass die erforderliche Eignung der für Nachhilfeunterricht eingesetzten Lehrkräfte nicht von einer Mindestquote an Personal mit Lehramtsbefähigung abhängig gemacht werden darf. Diese Voraussetzung findet keine Grundlage im Gesetz. Der Nachhilfeunterricht unterscheidet sich vom Schulunterricht, den er lediglich ergänzt. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass die jeweiligen Lehrkräfte geeignet sind, den konkreten Nachhilfeunterricht zu erteilen. Hier waren diese Mindestanforderungen aufgrund der im Einzelnen belegten Auswahl und Vorbildung der Lehrkräfte nach der Überzeugung des Bundesverwaltungsgerichts erfüllt. Danach bestand ein Anspruch auf Erteilung der begehrten Bescheinigungen.

Quelle: BVerwG, Pressemitteilung vom 27.04.2017 zu den Urteilen 9 C 5.16 und 9 C 6.16 vom 27.04.2017

 

BMF zum Sanierungserlass

Zum Beschluss des Großen Senats des BFH vom 28. November 2016 (GrS 1/15)

Mit dem am 8. Februar 2017 veröffentlichten Beschluss vom 28. November 2016 (GrS 1/15) hat der Große Senat des BFH entschieden, dass das BMF-Schreiben vom 27. März 2003 (BStBl I S. 240), ergänzt durch das BMF-Schreiben vom 22. Dezember 2009 (BStBl I 2010 S. 18) – sog. Sanierungserlass – gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt.

Der Bundesrat hat im Rahmen des Entwurfs eines Gesetzes gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen um Prüfung einer gesetzlichen Regelung zur steuerlichen Behandlung von Sanierungsgewinnen (mit verfassungsrechtlich zulässiger steuerlicher Rückwirkung) gebeten.

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt zur Anwendung der Grundsätze des vorgenannten BFH-Beschlusses aus Gründen des Vertrauensschutzes Folgendes:

1. Schuldenerlass bis zum 8. Februar 20171

In den Fällen, in denen der Forderungsverzicht der an der Sanierung beteiligten Gläubiger bis (einschließlich) zum 8. Februar 2017 endgültig vollzogen wurde, sind die BMF-Schreiben vom 27. März 2003 (a. a. O.) und 22. Dezember 2009 (a. a. O.) weiterhin uneingeschränkt anzuwenden. Ist der Forderungsverzicht Gegenstand eines Insolvenzplanes, gilt er mit der Rechtskraft des Beschlusses des Insolvenzgerichtes über die Bestätigung des Insolvenzplanes als endgültig vollzogen.

2. Vorliegen einer verbindlichen Auskunft oder verbindlichen Zusage

In den Fällen, in denen eine verbindliche Auskunft (§ 89 Abs. 2 AO) oder verbindliche Zusage (§§ 204 ff. AO) zur Anwendung des Sanierungserlasses bis (einschließlich) zum 8. Februar 2017 erteilt wurde, ist diese nicht nach § 2 Abs. 3 Steuer-Auskunftsverordnung (StAuskV) aufzuheben und nicht nach § 130 Abs. 2 Nr. 4 AO zurückzunehmen, wenn der Forderungsverzicht der an der Sanierung beteiligten Gläubiger bis zur Entscheidung über die Aufhebung oder Rücknahme der verbindlichen Auskunft oder verbindlichen Zusage ganz oder im Wesentlichen vollzogen wurde oder im Einzelfall anderweitige Vertrauensschutzgründe vorliegen (z. B. der Vollzug des in Umsetzung befindlichen Sanierungsplans / des Forderungsverzichts der an der Sanierung beteiligten Gläubiger kann vom Steuerpflichtigen nicht mehr beeinflusst werden).

In den Fällen, in denen eine verbindliche Auskunft oder verbindliche Zusage zur Anwendung des Sanierungserlasses nach dem 8. Februar 2017 erteilt wurde, ist diese nur dann nicht nach § 130 Abs. 2 Nr. 4 AO zurückzunehmen, wenn der Forderungsverzicht der an der Sanierung beteiligten Gläubiger bis zur Entscheidung über die Rücknahme vollzogen wurde.

3. Billigkeitsmaßnahmen unter Widerrufsvorbehalt

In allen übrigen Fällen (kein Forderungsverzicht aller an der Sanierung beteiligten Gläubiger bis zum 8. Februar 2017 und keine vorliegende verbindliche Auskunft oder verbindliche Zusage) gilt zur Anwendung der BMF-Schreiben vom 27. März 2003 (a. a. O.) und 22. Dezember 2009 (a. a. O.) im Vorgriff auf eine gesetzliche Regelung Folgendes:

Billigkeitsmaßnahmen in Form von abweichenden Steuerfestsetzungen nach § 163 Abs. 1 Satz 2 AO und Stundungen nach § 222 AO sind nur noch unter Widerrufsvorbehalt vorzunehmen. Erlassentscheidungen (§ 227 AO) sind zurückzustellen.

Ein etwaiger Bescheid über die abweichende Steuerfestsetzung (§ 163 Abs. 1 Satz 2 AO) oder die Stundung (§ 222 AO) ist mit folgendem Widerrufsvorbehalt zu versehen:

  • „Diese abweichende Festsetzung / Diese Stundung ergeht unter dem Vorbehalt des Widerrufs. Die abweichende Festsetzung / Stundung ist zu widerrufen, wenn eine gesetzliche Regelung zur steuerlichen Behandlung von Sanierungserträgen in Kraft tritt oder bis zum 31. Dezember 2018 nicht in Kraft getreten ist (vgl. BMF-Schreiben vom 27. April 2017 – IV C 6 – S-2140 / 13 / 10003, DOK 2017/0322100 -).“

4. Verbindliche Auskünfte nach der Veröffentlichung dieses Schreibens

Die Erteilung verbindlicher Auskünfte in Sanierungsfällen ist nach Maßgabe der Nummer 3 grundsätzlich weiterhin möglich.

5. Billigkeitsmaßnahmen im Einzelfall

Die Gewährung von Billigkeitsmaßnahmen aus besonderen, außerhalb des sog. Sanierungserlasses liegenden sachlichen oder persönlichen Gründen des Einzelfalls bleibt unberührt.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Fußnote

1 Tag der Veröffentlichung des Beschlusses des Großen Senats vom 28. November 2016 (GrS 1/15) auf den Internetseiten des BFH

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 6 – S-2140 / 13 / 10003 vom 27.04.2017

 

 

Kohlendioxidwerte von neuen Pkw werden neu berechnet – Kraftfahrzeugsteuergesetz

Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes

Die Kohlendioxidwerte von neuen Personenkraftwagen werden ab dem 1. September 2018 nach einem anderen Verfahren ermittelt. Einen entsprechenden Entwurf eines sechsten Gesetzes der Bundesregierung zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (18/11234, 18/11683 Nr. 9) hat der Bundestag am Donnerstag, 27. April 2017, bei Enthaltung der Opposition angenommen. Zur Abstimmung lagen eine Stellungnahme des Bundesrates und die Gegenäußerung der Bundesregierung (18/11532) sowie die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (18/12143) vor. Die Reden wurden zu Protokoll gegeben.

Neues Verfahren zur Messung der Abgasemissionen

Der Stichtag, der 1. September 2018, soll laut Entwurf auch für die Bemessung der Kraftfahrzeugsteuer gelten. Zur Anwendung komme in Zukunft eine weltweit harmonisierte Testprozedur zur Ermittlung der Abgasemissionen leichter Kraftfahrzeuge („Worldwide harmonized light duty test procedure“ – WLTP), so die Bundesregierung. Ohne die Übernahme des neuen Verfahrens wäre eine sachgerechte, gleichmäßige Besteuerung nicht möglich. (sas/27.04.2017)

Quelle: Deutscher Bundestag, Mitteilung vom 27.04.2017

 

Streitwertbegrenzung in Kindergeldsachen – Gerichtskostengesetz

Der 11. Senat des Finanzgerichts hat mit Beschluss vom 15. März 2017 (Az. 11 KO 3702/16) entschieden, dass bei der Streitwertbemessung in Kindergeldsachen nicht der Jahresbetrag des Kindergeldes anzusetzen ist, wenn die in die Zukunft reichenden Wirkungen der angegriffenen Behördenentscheidung auf eine Dauer von weniger als einem Jahr begrenzt sind.

Der Erinnerungsführer hatte gegen die Aufhebung einer Kindergeldfestsetzung ab Januar 2015 und die Rückforderung von bezahltem Kindergeld der Monat Januar bis April 2015 (736 Euro) geklagt, weil sein Sohn vor dem Beginn seines Studiums im Wintersemester 2015/16 noch eine work-and-travel-tour mache. Für die zurückgenommene Klage ging die Kostenbeamtin von einem Streitwert in Höhe von 3.776 Euro aus. Der Streitwert setzte sich aus dem Jahresbetrag des Kindergeldes (12 x 184 Euro = 2.272 Euro) und der bis zur Klageerhebung im August 2015 zu zahlenden Kindergeldbeträge (8 x 188 Euro = 1.504 Euro) zusammen.

Das Finanzgericht verminderte die vom Kläger zu tragenden Gerichtskosten auf der Grundlage eines auf 1.656 Euro reduzierten Streitwertes. Der Streitwert sei nicht in Höhe eines Jahresbetrags des Kindergelds zuzüglich der für Zeiträume beanspruchten Beträge, die auf Zeiträume vor Klageerhebung entfallen, zu bemessen. Vielmehr sei es dem Kläger um Kindergeld für seinen Sohn für die Zeiträume Januar bis September 2015 gegangen. Das darauf bezogene Interesse sei mit 9 x 184 Euro (1.656 Euro) zu bemessen. Der Kläger habe schon im Einspruchsverfahren darauf hingewiesen, dass sein Sohn im Wintersemester 2015/16 ein Studium beginnen und damit eine Berufsausbildung aufnehmen werde, die einen Kindergeldanspruch begründe. Da sich damit eine Änderung der für die Kindergeldgewährung erheblichen Umstände bereits bei Klageerhebung konkret abzeichnete, wäre es verfehlt, das wirtschaftliche Interesse des Klägers mit einem Jahresbetrag (zuzüglich des Betrags der für zurückliegende Zeiträume mit der Klage geltend gemachten Ansprüche) zu bemessen. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die in § 52 Abs. 3 Satz 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG) für entsprechend anwendbar erklärten Regelungen in § 42 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 GKG dazu dienen, die durch § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG in die Wertbemessung miteinbezogene Zukunftsbedeutung einer Klage zu quantifizieren. Die Zukunftsbedeutung sei allerdings nach § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG nur insofern von Belang, als sie „offensichtlich absehbar“ ist. Im Streitfall waren mit der Klage offensichtlich absehbare Auswirkungen über den September 2015 hinaus nicht verbunden.

Quelle: FG Baden-Württemberg, Mitteilung vom 28.04.2017 zum Beschluss 11 KO 3702/16 vom 15.03.2017

 

Einkommensteuer auf Kirchensteuererstattungen

Mit Urteil vom 2. Februar 2017 (Az. 3 K 834/15) hat der 3. Senat des Finanzgerichts entschieden, dass bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens der Verlustabzug gemäß § 10d Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht von dem um den Erstattungsüberhang aus Kirchensteuern erhöhten Gesamtbetrag der Einkünfte vorzunehmen ist.

Die verheirateten Kläger wurden im Streitjahr 2012 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger gehört der römisch-katholischen, die Klägerin der evangelischen Kirche an. Aufgrund von geänderten Einkommensteuerbescheiden der Vorjahre hatten die Kläger im Jahr 2012 einen Erstattungsüberhang aus Kirchensteuern in Höhe von 166.744 Euro erhalten, den sie in ihrer Einkommensteuererklärung als Einnahmen erklärten. Diesen Betrag berücksichtigte das Finanzamt bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens und setzte die Einkommensteuer auf 61.686 Euro fest. Die von den Klägern neben der Kirchensteuererstattung erklärten Einkünfte hatten sich beim Gesamtbetrag der Einkünfte nicht ausgewirkt, weil sie durch einen Verlustvortrag neutralisiert wurden. Der verbleibende Verlustvortrag zum 31. Dezember 2011 belief sich auf 13.251.836 Euro. Die Kläger machten geltend, dass auch ihre Kirchensteuererstattungen den Gesamtbetrag ihrer Einkünfte erhöhe, durch einen entsprechend erhöhten Verlustabzug aber keine Einkommensteuer anfalle.

Dem folgte das Finanzgericht nicht. Die Höhe des Gesamtbetrags der Einkünfte werde durch die Hinzurechnung des Erstattungsüberhangs nicht beeinflusst. Der Gesetzgeber habe in § 10 Abs. 4b EStG die Behandlung von erstatteten Sonderausgaben mit Wirkung ab dem 1. Januar 2012 erstmals geregelt. Danach sind Erstattungsüberhänge bei den Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG (Kirchensteuern) dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen (§ 10 Abs. 4b Satz 3 EStG). Diese Hinzurechnung bewirke aber nicht, dass sich der Gesamtbetrag der Einkünfte durch die Hinzurechnung mit steuerlichen Folgen für den Verlustabzug erhöhe. Der Gesetzgeber habe den Verlustabzug in § 10d Abs. 1 und 2 EStG so geregelt, dass nicht ausgeglichene negative Einkünfte vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen sind. Dies habe zur der Folge, dass sich diese Abzugsbeträge im Falle eines Verlustabzugs nicht mehr steuermindernd auswirken. Es seien keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber bei der Neuregelung des Erstattungsüberhangs dies ändern wollte. Zwar erscheine im Streitfall das Ergebnis der Hinzurechnung des Erstattungsüberhangs, dass nämlich Einkommensteuer nicht auf Einkünfte, sondern auf Kirchensteuererstattungen erhoben werde, die sich bei den Klägern im Zahlungsjahr nicht steuermindernd im Sonderausgabenabzug ausgewirkt hätten, angesichts der Gesetzesmaterialien fragwürdig. Eine teleologische Reduktion der Vorschrift im Sinne einer Beschränkung der Hinzurechnung auf solche Fälle, in denen sich die Erstattungsbeträge im Jahr der Zahlung tatsächlich steuermindernd ausgewirkt haben, sei jedoch nicht zulässig.

Quelle: FG Baden-Württemberg, Mitteilung vom 28.04.2017 zum Urteil 3 K 834/15 vom 02.02.2017

 

 

Verdeckte Einlage kann der Schenkungsteuer unterliegen

Der 7. Senat hat mit Beschluss vom 1. März 2017 (Az. 7 V 2515/16) entschieden, dass verdeckte Einlagen in eine Personengesellschaft bei deren Gesellschaftern als Zuwendungsempfänger der Schenkungsteuer unterliegen können, wenn die verdeckte Einlage ohne Gegenleistung oder gesellschaftsrechtliche Veranlassung erfolgt.

Ausgangspunkt des Rechtsstreits war die Umstrukturierung eines Immobilienvermögens, bei der ein früher privat gehaltenes Immobilienportfolio eines Ehepaares auf eine Vermögensverwaltung GmbH & Co KG übertragen wurde. Die Kaufpreisforderungen aus den Grundstücksverkäufen an die Vermögensverwaltung GmbH & Co KG waren bei den Eheleuten einkommensteuerrechtlich Sonderbetriebsvermögen im Rahmen ihrer Beteiligung an einer Holding. Diese Beteiligungen der Eheleute wurden zusammen mit dem hierzu zuzuordnenden Sonderbetriebsvermögen (vor allem den Kaufpreisforderungen) in die Vermögensverwaltung GmbH & Co KG eingebracht. Nach einer schriftlichen Vereinbarung über eine verdeckte Einlage wurden nach Durchführung von Verrechnungen die Restkaufpreisforderungen der Eheleute in die gesamthänderische Rücklage der Vermögensverwaltung GmbH & Co KG eingelegt. An der Vermögensverwaltung GmbH & Co KG sind die Eheleute und deren Kinder beteiligt. Wegen der verdeckten Einlage des Ehemannes setzte das Finanzamt gegen seine Ehefrau Schenkungsteuer fest. Hiergegen wandte die Ehefrau ein, nicht sie, sondern allenfalls die Vermögensverwaltung GmbH & Co KG sei durch die verdeckte Einlage bereichert. Aufgrund der Rechtsprechung zur Teilrechtsfähigkeit von Personengesellschaften sei die Vermögensverwaltung GmbH & Co KG als Personengesellschaft auch schenkungsteuerrechtlich ein Steuersubjekt. Im Übrigen sei es zu einer Konfusion der Kaufpreisforderungen (im Sonderbetriebsvermögen der Eheleute) und der Kaufpreisschulden (Verbindlichkeiten der Vermögensverwaltung GmbH & Co KG) gekommen. Dieses Erlöschen der beiderseitigen Forderungen schließe eine Bereicherung der an der Vermögensverwaltung GmbH & Co KG beteiligten Gesellschafter aus.

Der 7. Senat lehnte den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Schenkungsteuerbescheids ab. Es bestünden keine ernstlichen Zweifel, dass im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht bei Zuwendungen an eine Personengesellschaft deren Gesellschafter und nicht die Gesellschaft selbst Zuwendungsempfänger seien. Auch nach Ergehen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Teilrechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Zivilrecht sei im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht die Personengesellschaft als transparent zu behandeln und damit deren Gesellschafter die Bereicherungsempfänger. Sei eine Gesamthandsgemeinschaft zivilrechtlich als Beschenkte am Schenkungsvorgang beteiligt, ergebe eine eigenständige schenkungsteuerrechtliche Prüfung, dass nicht die Gesamthand, sondern die Gesamthänder durch die freigebige Zuwendung schenkungsteuerrechtlich als bereichert anzusehen sind. Die Personengesellschaft sei von der Persönlichkeit der Gesellschafter nicht – wie eine juristische Person – zu trennen. Gehe deshalb durch Erbanfall oder Schenkung Vermögen auf eine Gesamthandsgemeinschaft über, werde dieses stets gesamthänderisches Vermögen der Gesamthänder, die allein durch den Vermögensübergang bereichert werden. Die verdeckte Einlage der Eheleute in die Vermögensverwaltung GmbH & Co KG seien daher als Zuwendung an die Gesellschafter der Vermögensverwaltung GmbH & Co KG zu werten.

Die Zuwendung sei auch unentgeltlich gewesen. Eine der Schenkungsteuerpflicht entgegenstehende gesellschaftsrechtliche Veranlassung sei nicht erkennbar. Die verdeckte Einlage der Eheleute in die Vermögensverwaltung GmbH & Co KG sei nicht gesellschaftsrechtlich veranlasst, weil sich die Gewinnverteilung an der Beteiligungshöhe orientiert habe und Nachschusspflichten, insbesondere für die Kinder der Eheleute, im Gesellschaftsvertrag nicht vorgesehen waren. Es habe auch sonst keine gesellschaftsvertraglich angelegten Ausgleichsmechanismen gegeben, die die verdeckten Einlagen der Eheleute wieder aufgewogen hätten.

Quelle: FG Baden-Württemberg, Mitteilung vom 28.04.2017 zum Beschluss 7 V 2515/16 vom 01.03.2017

 

Schweizer Kinderrente schließt deutsches Kindergeld nicht aus

Der 11. Senat hat mit Urteil vom 13. Dezember 2016 (Az. 11 K 387/15) entschieden, dass eine dem Kindesvater nach Schweizer Recht gezahlte Kinderrente nicht dazu führt, dass die in Deutschland lebende Kindesmutter keinen Anspruch auf Kindergeld hat.

Die Klägerin ist die Mutter einer 1994 geborenen Tochter, mit der sie gemeinsam in Deutschland lebt. Für ihre Tochter erhielt sie vom Mai 2010 bis zum März 2012 Kindergeld. Im gleichen Zeitraum bezog der Vater und geschiedene Ehemann der Klägerin für seine Tochter eine „Ordentliche Kinderrente“ i. H. v. 659 CHF zu seiner Invalidenrente. Die Familienkasse ging davon aus, dass die Schweizer Kinderrente eine dem deutschen Kindergeld vorrangige Familienleistung sei und der Mutter daher kein Kindergeld zustehe. Die Familienkasse hob die Kindergeldfestsetzung auf und forderte von der Mutter Kindergeld in Höhe von 4.232 Euro zurück. Hiergegen hat sie Klage erhoben.

Das Finanzgericht gab der Klage statt. Die Tatsache, dass für denselben Zeitraum und für dasselbe Kind dem Vater in der Schweiz eine Kinderrente zur Invalidenrente gezahlt wird, stehe dem Anspruch der Klägerin auf Kindergeld nicht entgegen. Weder § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) noch die im Verhältnis zur Schweiz anwendbare Verordnung Nr. 1408/71 und die hierzu ergangene Durchführungsverordnung Nr. 574/72 würden den Anspruch der Klägerin auf deutsches Kindergeld ausschließen. Zwar träfen der deutsche Kindergeldanspruch der Mutter und der Anspruch des Vaters auf Schweizer Kinderrente zusammen, was nach nationalem Recht die Nichtzahlung des Kindergeldes zur Folge hätte. Die Kollisionsnorm des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG werde aber von den europarechtlichen Regelungen überlagert. Zwar handele es sich sowohl beim deutschen Kindergeld als auch der Schweizer Kinderrente um Familienbeihilfen im Sinne des Art. 10 Abs. 1 der DVO Nr. 574/72, jedoch nicht um Leistungen gleicher Art i. S. d. Art. 12 Abs. 1 Satz 1 der VO Nr. 1408/71, weil sie sich erheblich bei den Anspruchsvoraussetzungen und bei der Berechnung unterschieden.

Gegen das Urteil ist Revision beim Bundesfinanzhof anhängig (III R 3/17).

Quelle: FG Baden-Württemberg, Mitteilung vom 28.04.2017 zum Urteil 11 K 387/15 vom 13.12.2016 (nkr – BFH-Az.: III R 3/17)

 

Mindestlöhne in der Pflege sollen steigen

Am 25.04.2017 hat sich die Pflegekommission auf höhere Mindestlöhne für Beschäftigte in der Pflege geeinigt: Ab 1. Januar 2018 soll der Mindestlohn auf 10,55 Euro pro Stunde im Westen und 10,05 Euro im Osten steigen. In zwei Schritten soll er bis Januar 2020 weiter wachsen und dann 11,35 Euro pro Stunde im Westen und 10,85 Euro im Osten betragen. Davon profitieren gerade Pflegehilfskräfte.

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles:

„Ich freue mich, dass sich die Pflegekommission auf höhere Mindestlöhne geeinigt hat. Pflege ist kein Beruf wie jeder andere. Sie ist Dienst vom Menschen am Menschen und zentral für unsere älter werdende Gesellschaft. Der Bedarf an guter, qualifizierter und motivierter Arbeit wächst in allen Pflegebereichen. Der Mindestlohn ist ein Beitrag dazu, die Qualität in diesem Berufsfeld zu sichern und faire Wettbewerbsbedingungen für die Einrichtungen zu schaffen.“

Rainer Brückers, Beauftragter des BMAS für die Pflegekommission:

„Diese Empfehlung wurde von der Kommission einstimmig getroffen. Der in 2010 in der Pflegebranche eingeführte Mindestlohn hat sich bewährt. Das haben die Erfahrungen in den vergangenen Jahren gezeigt. Es ist daher ein wichtiges Signal für die Branche, dass die Pflegekommission wiederum ein einvernehmliches Ergebnis zur Anpassung der Pflegemindestlöhne erzielt hat. Dafür möchte ich allen Beteiligten danken. Von diesem Mindestlohn werden sowohl Beschäftigte und Unternehmen als auch die Pflegebedürftigen profitieren. Gute Pflege soll auch angemessen entlohnt werden.“

In Einrichtungen, die unter den Pflegemindestlohn fallen, arbeiten derzeit rund 900.000 Beschäftigte. Dort, wo der spezielle Pflegemindestlohn nicht gilt (zum Beispiel in Privathaushalten), gilt der allgemeine gesetzliche Mindestlohn.

Die geplanten Erhöhungsschritte im Einzelnen:

West

  • ab 01.11.2017: 10,20 Euro (Steigerung: 0 %)
  • ab 01.01.2018: 10,55 Euro (Steigerung: 3,4 %)
  • ab 01.01.2019: 11,05 Euro (Steigerung: 4,7 %)
  • ab 01.01.2020: 11,35 Euro (Steigerung: 2,7 %)

Ost

  • ab 01.11.2017: 9,50 Euro (Steigerung: 0 %)
  • ab 01.01.2018: 10,05 Euro (Steigerung: 5,8 %)
  • ab 01.01.2019: 10,55 Euro (Steigerung: 5,0 %)
  • ab 01.01.2020: 10,85 Euro (Steigerung: 2,8 %)

Die bereits begonnene Angleichung der Löhne in Ost und West wird damit weitergeführt.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales strebt an, auf Grundlage der Empfehlung der Pflegekommission auf dem Weg einer Verordnung den neuen Pflegemindestlohn zu erlassen.

Der Pflegekommission nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz gehören Vertreter der privaten, öffentlich-rechtlichen sowie kirchlichen Pflegeeinrichtungen an. Arbeitgeber bzw. Dienstgeber und Arbeitnehmer bzw. Dienstnehmer sind paritätisch vertreten.

Quelle: BMAS, Pressemitteilung vom 25.04.2017

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