Bundesverfassungsgericht zeigt dem Gesetzgeber Grenzen auf

Kernbrennstoffsteuer ist verfassungswidrig

Das Bundesverfassungsgericht hat Bund und Ländern klar aufgezeigt, dass es außerhalb der Vorgaben des Grundgesetzes kein Steuererfindungsrecht gibt. Mit diesem Merksatz erklärt das Bundesverfassungsgericht die Kernbrennstoffsteuer für mit dem Grundgesetz unvereinbar und nichtig. Der Gesetzgeber habe seine Kompetenzen überschritten, so das Gericht.

Mit dem Beschluss setzt das Gericht zudem seine Linie fort, verfassungswidrige Gesetze rückwirkend für nichtig zu erklären. Der jetzige Beschluss zur Kernbrennstoffsteuer lässt keine Übergangsregel zu. Bereits vor einigen Wochen hatte das Bundesverfassungsgericht in dem vom Bund der Steuerzahler unterstützten Musterverfahren zu § 8c KStG keine Weitergeltung für die Zukunft erlaubt.

Hintergrund:

Kernbrennstoff, der zur gewerblichen Erzeugung von elektrischem Strom verwendet wurde, unterlag nach dem Kernbrennstoffsteuergesetz vom 8. Dezember 2010 der Besteuerung. Das Bundesverfassungsgericht beurteilte die Steuer in seinem Beschluss vom 13. April 2017 als verfassungswidrig, da sie rechtlich keine Verbrauchsteuer sei. Deshalb hätte der Bund sie nicht erheben dürfen (Az. 2 BvL 6/13). Die Steuereinnahmen aus der Kernbrennstoffsteuer betrugen für den Bundeshaushalt in den Jahren 2011 bis 2016 insgesamt 6,285 Milliarden Euro.

Quelle: BdSt, Pressemitteilung vom 07.06.2017

 

LPG­ Autogas länger steuerbegünstigt

LPG ­Autogas bleibt doch länger steuerbegünstigt. Der Finanzausschuss änderte am Mittwoch den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Energiesteuer und des Stromsteuergesetzes (  18/11493,  18/11927), der ein Auslaufen dieser Steuerbegünstigung für LPG ­Autogas zum Jahresende 2018 vorgesehen hatte, in einigen Punkten. Die von den Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD eingebrachten Änderungsanträge sehen vor, dass die Steuerbegünstigung für Autogas bis Ende 2022 verlängert wird. Allerdings wird sie jährlich um 20 Prozent abgeschmolzen. Ab 2023 ist dann der reguläre Steuersatz von 409 Euro je 1.000 Kilogramm Flüssiggas anzuwenden. Auch andere Steuervergünstigungen werden verlängert. Für den Gesetzentwurf in geänderter Fassung stimmte neben den Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD auch die Fraktion Die Linke, die sich zuvor mit einem Änderungsantrag für die Verlängerung der Steuerbegünstigung von LPG ­Autogas stark gemacht hatte. Der Änderungsantrag war zurückgenommen worden. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen enthielt sich. Wie aus dem Änderungsantrag der Koalition hervorgeht, werden die Steuerausfälle durch die verlängerte Steuerermäßigung für LPG im Jahr 2019 auf 105,6 Millionen Euro beziffert. 2020 werden 79,2 Millionen, 21012 52,8 Millionen und 2022 noch 26,6 Millionen erwartet. Bereits im Ursprungsentwurf war vorgesehen, die Steuerbegünstigung für Compressed Natural Gas (CNG) und Liquefied Natural Gas (LNG) bis Ende 2026 zu verlängern, aber bereits ab 2024 sukzessive abzusenken. Diese Regelung wurde beibehalten. Ein Sprecher der CDU/CSU­Fraktion erklärte, mit den Änderungen würden nationale Steuerbegünstigungen an das EU­Beihilferecht angepasst. Er hob die Verständigung über die Verlängerung der Steuerermäßigung für LPGAutogas hervor und verwies auch auf die per Änderungsantrag eingefügte Verlängerung der Begünstigung für Flüssiggas für den öffentlichen Personennahverkehr bis zum 31. Dezember 2022. Die SPD­Fraktion erklärte, dass man mit dem Entwurf eine Ankündigung aus dem Koalitionsvertrag umsetze. Das Gesetz setze außerdem Lenkungsimpulse. Die Linksfraktion begrüßte, dass die Koalition ihr Anliegen aufgenommen habe, die Begünstigung von LPGAutogas zu verlängern. Sie hätte sich aber eine Gegenfinanzierung der Steuerausfälle durch eine entsprechende Streichung von Subventionen für Diesel gewünscht. Für Bündnis 90/Die Grünen geht der Gesetzentwurf zwar in die richtige Richtung, aber er habe aus ökologischer Sicht Mängel. Es sei notwendig, zu einer Besteuerung nach Energiegehalt und Ausstoß von Kohlendioxid zu kommen, forderte die Fraktion. Deutscher Bundestag, PuK 2 ­ Parlamentsnachrichten Finanzen/Ausschuss ­ 31.05.2017 (hib 345/2017) Berlin: (hib/HLE)

Rangrücktritt mit Tilgung aus Bilanzgewinn und Liquidationsüberschuss

Rangrücktritt mit Tilgung aus Bilanzgewinn und Liquidationsüberschuss

Kann ein Gesellschafterdarlehen, für das ein Rangrücktritt vereinbart wurde, erfolgswirksam ausgebucht werden? Zu dieser Frage bestätigte der Bundesfinanzhof seine bisherige Rechtsprechung und entschied, dass bei einer Verbindlichkeit, die aufgrund einer Rangrücktrittsvereinbarung nur aus einem zukünftigen Bilanzgewinn und aus einem etwaigen Liquidationsüberschuss zu tilgen ist, dem Passivierungsverbot unterliegt.

Hintergrund

In den Bilanzen der X-GmbH waren Gesellschafterdarlehen von mehreren Millionen EUR passiviert. Die Kapitalrücklage betrug durchgängig 1,7 Mio. EUR. Dem standen Verlustvorträge und nicht durch das Eigenkapital gedeckte Fehlbeträge gegenüber. Diese übertrafen die Rücklage um ein Mehrfaches. Deshalb vereinbarte die GmbH mit ihren Gesellschaftern einen Rangrücktritt. Danach traten die Gesellschafterforderungen hinter die Forderungen anderer Gläubiger zurück, deren Befriedigung konnte nur aus einem künftigen Bilanzgewinn oder aus einem etwaigen Liquidationsüberschuss verlangt werden.

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Gesellschafterdarlehen nicht passiviert werden dürfen, denn wegen der Wertlosigkeit der Darlehen im Zeitpunkt der Rangrücktrittsvereinbarung lag keine steuerfreie verdeckte Einlage vor.

Das Finanzgericht urteilte zugunsten der GmbH und entschied, dass das Passivierungsverbot nicht greift.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof widersprach dem Finanzgericht. Eine Verbindlichkeit, die nach einer im Zeitpunkt der Überschuldung getroffenen Rangrücktrittsvereinbarung nur aus einem zukünftigen Bilanzgewinn und einem etwaigen Liquidationserlös zu tilgen ist, unterliegt dem Passivierungsverbot.

Das Passivierungsverbot gilt nicht nur, wenn der Rangrücktritt eine Tilgung aus zukünftigen Jahresüberschüssen oder Steuerbilanzgewinnen vorsieht. Auch wenn eine im Zeitpunkt der Überschuldung getroffene Abrede getroffen wird, nach der Forderungen aus zukünftigen handelsrechtlichen Bilanzgewinnen zu begleichen sind und dass in den Bilanzgewinn auch Kapitalrücklagen eingehen können, greift das Passivierungsverbot. Der Gewinnbegriff stellt somit nicht nur auf den Steuerbilanzgewinn ab, sondern umfasst auch den Sachverhalt, dass die Verpflichtungen nur aus künftigen handelsrechtlichen Jahresüberschüssen zu erfüllen sind.

Leiharbeit: Betrieb des Entleihers ist keine erste Tätigkeitsstätte

Leiharbeit: Betrieb des Entleihers ist keine erste Tätigkeitsstätte

Ein Leiharbeitnehmer kann nicht dauerhaft einer ersten Tätigkeitsstätte zugeordnet sein. Deshalb darf er seine arbeitstäglichen Fahrten zum Entleihbetrieb als Dienstreisen ansetzen.

Hintergrund

Der Kläger war als Leiharbeitnehmer beschäftigt. Das Leiharbeitsverhältnis bestand immer nur auf ein halbes bis ein Jahr befristet und war vom Entleiher insgesamt 3 Mal verlängert worden. Der Arbeitsvertrag sah vor, dass er bundesweit eingesetzt und an andere Firmen zur Arbeitsleistung überlassen werden konnte. Seine Fahrten zum Entleihbetrieb machte der Kläger nach Reisekostengrundsätzen, also mit 0,30 EUR pro gefahrenem Kilometer geltend. Das Finanzamt stufte den Betrieb dagegen als erste Tätigkeitsstätte ein und gewährte für die Fahrten deshalb nur die Entfernungspauschale von 0,30 EUR pro Entfernungskilometer.

Entscheidung

Das Finanzgericht gab jedoch dem Kläger recht. Denn nach Ansicht der Richter hatte der Kläger im Entleihbetrieb keine erste Tätigkeitsstätte begründet. Zu dem jeweiligen Einsatzort bestand keine „dauerhafte Zuordnung“, die jedoch für die Annahme einer ersten Tätigkeitsstätte erforderlich ist.

Eine dauerhafte Zuordnung liegt insbesondere dann vor, wenn der Arbeitnehmer an einer Tätigkeitsstätte unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus tätig werden soll. Alle 3 Tatbestandsalternativen sah das Finanzgericht nicht als erfüllt an. Insbesondere liegt keine unbefristete Zuweisung vor, weil das Leiharbeitsverhältnis nur befristet begründet worden ist. Darüber hinaus musste der Kläger jederzeit mit einem Einsatz an verschiedenen Orten im ganzen Bundesgebiet rechnen. Weiterhin war auch die gesetzliche Obergrenze von 48 Monaten nicht erfüllt.

Arbeitszeitkonten von GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführern führen zu verdeckten Gewinnausschüttungen

Arbeitszeitkonten von GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführern führen zu verdeckten Gewinnausschüttungen

Eine Vereinbarung über ein Arbeitszeitkonto eines Gesellschafter-Geschäftsführers kann steuerlich nicht anerkannt werden. Das gilt auch dann, wenn eine GmbH mehrere Gesellschafter-Geschäftsführer hat.

Hintergrund

Die Klägerin hatte 3 Gesellschafter-Geschäftsführer. Mit diesen traf sie Vereinbarungen zur Entgeltumwandlung, um die Gestaltung der Lebensarbeitszeit durch bezahlte Freistellungen von der Arbeit zu ermöglichen. Aufgrund dessen verzichteten die Geschäftsführer auf die Auszahlung laufender Bezüge aus dem Anstellungsverhältnis, um diese in der Freistellungsphase erhalten zu können. Diese umgewandelten Bezüge wurden in Investmentfondsanteile investiert. Die Klägerin aktivierte diese Anteile und bildete für die Verpflichtungen aus den Verträgen mit den Geschäftsführern eine Rückstellung. Das Finanzamt ging jedoch von einer unverzinslichen Verbindlichkeit aus und zinste diese Rückstellung ab. Nach erfolglosem Einspruch erhob die Klägerin dagegen Klage.

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage jedoch als unbegründet zurück. Mit der Bildung der Rückstellungen liegen bereits verdeckte Gewinnausschüttungen vor, sodass sich die Frage, ob die Rückstellung abzuzinsen sind, nicht stellt. Denn der Bundesfinanzhof hat bereits entschieden, dass eine Ansammlung von Wertguthaben im Rahmen eines Zeitwertkontos nicht dem entspricht, was ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft mit einem Fremdgeschäftsführer vereinbaren würde. Da der Geschäftsführer sich in einem besonderen Maße für die Belange der Gesellschaft einzusetzen hat, passt eine feste Stundenzahl als Arbeitszeit nicht in das Bild des mit einer Allzuständigkeit ausgestatteten Geschäftsführers. Insoweit kommt ein Verzicht auf eine Entlohnung für später vergütete Freizeit nicht in Betracht. Das gilt auch, wenn es sich um 3 Gesellschafter-Geschäftsführer handelt.

Kapitalertragsteuer kann nur noch beschränkt angerechnet werden

Kapitalertragsteuer kann nur noch beschränkt angerechnet werden

Steuertricks mit sog. Cum/Cum-Deals sollen unterbunden werden. Zu diesem Zweck wurde der neue § 36a EStG geschaffen. Zu dieser Missbrauchsvermeidungsnorm gibt es nun ein ausführliches Anwendungsschreiben der Finanzverwaltung.

Hintergrund

Ausländische Besitzer deutscher Aktien zahlen auf ihre Dividenden rund 15 % Kapitalertragsteuer. Bei einer sog. Cum/Cum-Transaktion überträgt der ausländische Anteilseigner seine Aktien kurz vor dem Dividendenstichtag auf eine inländische Bank. Diese bezieht die Dividende. Kurz nach der Ausschüttung erwirbt der Anteilseigner die Aktien einschließlich Dividende zurück. Die Bank lässt sich die auf die Dividende abzuführende Kapitalertragsteuer anrechnen und teilt diese Steuerersparnis mit dem ausländischen Anleger.

Durch den neuen § 36a EStG ist eine Anrechnung von Kapitalertragsteuer nur noch unter bestimmten Voraussetzungen möglich.

Neues Anwendungsschreiben

Die Finanzverwaltung hat nun ein umfassendes Anwendungsschreiben zu § 36a EStG veröffentlicht. Die wichtigsten Aussagen im Überblick:

  • Der für die Steueranrechnung erforderliche Mindesthaltezeitraum umfasst 45 Tage vor und 45 Tage nach der Fälligkeit der Kapitalerträge.
  • Voraussetzung für die Steueranrechnung ist, dass der Steuerpflichtige die Anteile oder Genussscheine ununterbrochen an mindestens 45 Tagen innerhalb des Mindesthaltezeitraums gehalten hat. Die Haltedauer beginnt an dem Tag, an dem der Steuerpflichtige das wirtschaftliche Eigentum erlangt und endet an dem Tag, an dem er das wirtschaftliche Eigentum verliert. Bei der Berechnung der Haltedauer dürfen nur diejenigen Tage einbezogen werden, an denen das wirtschaftliche Eigentum während des gesamten Kalendertags bestand.
  • Der Steuerpflichtige muss während der Mindesthaltedauer ununterbrochen das sog. Mindestwertänderungsrisiko tragen.
  • Sind die Anrechnungsvoraussetzungen nicht erfüllt, ist eine Anrechnung von 3/5 der erhobenen Kapitalertragsteuer ausgeschlossen.
  • Bei Personengesellschaften wird die anrechenbare Kapitalertragsteuer gesondert und einheitlich vom Finanzamt festgestellt. Erfüllt eine Personengesellschaft die neuen Anrechnungsvoraussetzungen nicht, beinhaltet die gesonderte und einheitliche Feststellung nur, dass weder die Anrechnungsvoraussetzungen noch der Ausnahmetatbestand erfüllt sind. Die Kapitalertragsteuer muss deshalb betragsmäßig in anrechenbare und nicht anrechenbare Kapitalertragsteuer aufgeteilt werden. Auf Ebene der Gesellschafter wird im Rahmen der Veranlagung entschieden, ob die Anrechnung tatsächlich beschränkt ist.

Wenn ein Reiseveranstalter einen Rabatt gewährt: Kein Arbeitslohn

Wenn ein Reiseveranstalter einen Rabatt gewährt: Kein Arbeitslohn

Gewährt ein Reisebüro seinen Mitarbeitern Vergünstigungen für private Reisen, gehören diese zum steuerpflichtigen Arbeitslohn. Wenn jedoch ein Reiseveranstalter den Reisebüroangestellten einen Rabatt auf den Reisepreis einräumt, liegt kein Arbeitslohn vor.

Hintergrund

Die Klägerin war Angestellte eines Reisebüros. Sie nahm im Jahr 2008 zusammen mit ihrem Ehemann an einer 14-tägigen Hochseekreuzfahrt teil. Der Reisepreis betrug 1.540 EUR. Der Katalogpreis für diese Reise lag dagegen bei 6.330 EUR, abzüglich marktüblicher Rabatte. Die Klägerin konnte deshalb so günstig verreisen, weil der Veranstalter weltweiter Hochseekreuzfahrten Reisebüroinhabern und deren Angestellten – zur Sicherung der Geschäftsverbindung – Rabatte von über 80 % des Katalogpreises gewährte.

Das Finanzamt sah in dem Rabatt einen geldwerten Vorteil und behandelte ihn als Arbeitslohn von dritter Seite.

Entscheidung

Das Finanzgericht entschied jedoch, dass keine Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit in Gestalt der Zuwendung eines Dritten vorliegen. Bei von Dritten (Nicht-Arbeitgebern) gewährten Preisvorteilen liegt nach Auffassung der Richter nur dann Arbeitslohn vor, wenn der Dritte den Vorteil im Interesse des Arbeitgebers gewährt. Kein Arbeitslohn liegt dagegen vor, wenn der Dritte ein eigenwirtschaftliches Interesse an der Rabattgewährung hat oder den Rabatt aus eigenwirtschaftlichen Gründen gewährt. Letzteres war hier der Fall.

Diese eigenwirtschaftlichen Gründe bestanden in der Sicherung eines zusätzlichen attraktiven Kundenkreises, der Erwirtschaftung eines zusätzlichen Gewinns durch Synergieeffekte und zusätzliche Umsätze an Bord, der Auslastungsoptimierung sowie der Reduzierung der Kostenbelastung. Es bestanden keinerlei konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Reiseveranstalter die individuelle Arbeitsleistung der Klägerin entlohnen wollte. Auch der Umstand, dass die Klägerin die Vergünstigung nur aufgrund ihrer Tätigkeit als Reisebüroangestellte in Anspruch nehmen konnte, reichte nicht aus, um steuerpflichtigen Arbeitslohn anzunehmen.

Steuerliche Absetzbarkeit von Aufwendungen für die Erneuerung einer Einbauküche in einer vermieteten Wohnung

Der BFH hat mit Urteil IX R 14/15 vom 3. August 2016 entschieden, dass die Aufwendungen für die vollständige Erneuerung einer Einbauküche (Spüle, Herd, Einbaumöbel und Elektrogeräte) in einem vermieteten Immobilienobjekt grundsätzlich nicht sofort als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar sind. Die Einbauküche ist ein eigenständiges und einheitliches Wirtschaftsgut mit einer Nutzungsdauer von 10 Jahren, deren Anschaffungs- und Herstellungskosten im Wege der Absetzung für Abnutzung zu berücksichtigen sind.

An seiner bisherigen Rechtsauffassung (vgl. die Nachweise in Rz. 26, 30 und 32 des Urteils) hält der BFH nicht mehr fest.

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder sind die Grundsätze des BFH-Urteils IX R 14/15 – unter Beachtung des § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO – in allen offenen Fällen anzuwenden.

Bei Erstveranlagungen bis einschließlich des Veranlagungszeitraums 2016 wird nicht beanstandet, wenn auf Antrag des Steuerpflichtigen die bisherige Rechtsprechung (vgl. insbesondere das BFH-Urteil IX R 104/85 vom 13. März 1990, BStBl II S. 514) für die Erneuerung einer Einbauküche zugrunde gelegt wird, wonach die Spüle und der (nach der regionalen Verkehrsauffassung erforderliche) Herd als wesentliche Bestandteile des Gebäudes behandelt wurde und deren Erneuerung/Austausch zu sofort abzugsfähigem Erhaltungsaufwand führte.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 1 – S-2211 / 07 / 10005 :001 vom 16.05.2017

Hartz IV: Jobcenter streiten über Schulgeld für Trennungskinder

Das Schulgeld für Kinder von Langzeitarbeitslosen muss das Jobcenter zahlen, in dessen Bezirk die Schüler ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Dies gilt auch dann, wenn sie sich zum Stichtag am Beginn des Schulhalbjahres bei dem umgangsberechtigten Elternteil im Zuständigkeitsbereich eines anderen Jobcenters aufhalten.

Dies hat das Sozialgericht Dortmund im Falle von zwei Schülern entschieden, die bei ihrer Mutter in Iserlohn leben. Mehrmals im Monat halten sie sich bei ihrem Vater in Hagen auf. Als sie dies auch an einem 1. Februar taten, weigerten sich die Jobcenter Märkischer Kreis und Hagen, Leistungen zur Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf („Schulgeld“) für das folgende Schulhalbjahr zu erbringen, weil sie sich jeweils nicht für zuständig hielten.

Auf die Klage der Schüler verurteilte das Sozialgericht Dortmund das Jobcenter Märkischer Kreis, das Schulgeld zu zahlen. Zwar sei während des Aufenthalts von Minderjährigen beim Umgangsberechtigten für teilbare Geldleistungen zur Bestreitung des Lebensunterhalts das Jobcenter zuständig, in dessen Bezirk der Umgangsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt habe („temporäre Bedarfsgemeinschaft“). Dies gelte jedoch nicht für das einmalig im Schulhalbjahr geleistete Schulgeld von 30 bzw. 70 Euro, das nicht tageweise teilbar sei. Es sei wenig naheliegend, dass der umgangsberechtigte Elternteil, wenn sich das Kind am Stichtag bei ihm aufhalte, auch tatsächlich derjenige sei, der für das kommende Schulhalbjahr sämtlichen Schulbedarf anschaffe.

Quelle: SG Dortmund, Pressemitteilung vom 24.05.2017 zum Urteil S 19 AS 2534/15 vom 16.05.2017

 

 

Betrieb und Verkauf einer Photovoltaikanlage führen zu Einkünften aus Gewerbebetrieb

So entschied der 4. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg mit Urteil vom 5. April 2017 (Az. 4 K 3005/14).

Der Kläger war im Streitjahr 2012 zu einem Drittel Gesellschafter einer 2006 gegründeten Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die eine Photovoltaikanlage betrieb. Den produzierten Strom speiste diese in das Stromnetz eines Energieversorgers ein. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts verkaufte die Photovoltaikanlage 2012. Sie erzielte hierbei einen Gewinn von 92.660,88 Euro. Auf den Kläger entfielen ein Drittel des Veräußerungsgewinns in Höhe von 30.886,96 Euro sowie die anteiligen laufenden Kosten und Sonderbetriebsausgaben in Höhe von -4.397,82 Euro. Das beklagte Finanzamt berücksichtigte den Gewinn bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb. Der Kläger ist der Ansicht, er erziele Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und die Veräußerung der Photovoltaikanlage führe zu sonstigen Einkünften.

Der 4. Senat entschied, dass Betrieb und Verkauf einer Photovoltaikanlage zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führen. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts habe eine selbständige nachhaltige Betätigung mit der Absicht unternommen, Gewinn zu erzielen, und sich am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt. Ihre Betätigung überschreite den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung. Eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr setze voraus, dass die Tätigkeit gegen Entgelt am Markt erbracht und für Dritte äußerlich erkennbar angeboten wird, so im Streitfall mit der Einspeisung des Stroms in das Stromnetz eines Energieversorgers gegen Entgelt. Die Tätigkeit für einen bestimmten Vertragspartner reiche aus. Das Entgelt hierfür könne erfolgsabhängig bestimmt werden. Produziere die Gesellschaft bürgerlichen Rechts Strom und verkaufe diesen an einen Abnehmer, überschreite diese Tätigkeit den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung. Es werde nicht die Photovoltaikanlage an den Netzbetreiber vermietet. Dem stehe nicht entgegen, dass der Abnehmer des Stroms die jeweils abzunehmende Menge des produzierten Stroms mittels eines in die Photovoltaikanlage eingebauten Moduls steuern könne. Entgegen der Ansicht des Klägers komme es auf baurechtliche, zivilrechtliche oder arbeitsrechtliche Erwägungen, insbesondere die arbeitsrechtliche Rechtsprechung zur sog. „Scheinselbständigkeit“, für die steuerliche Behandlung nicht an. Daher könne u. a. dahin gestellt bleiben, ob der Kläger zivilrechtlich „Verbraucher“ sei. Die steuerliche Behandlung richte sich nach dem Einkommensteuergesetz und der finanzgerichtlichen Rechtsprechung.

Quelle: FG Baden-Württemberg, Pressemitteilung vom 03.05.2017 zum Urteil 4 K 3005/14 vom 05.04.2017

 

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin