Erbschaft-/Schenkungsteuer: Verdeckte Gewinnausschüttungen lösen keine Schenkungsteuer aus

Eine verdeckte Gewinnausschüttung in Form von überhöhten Mietzahlungen stellt keine Schenkung dar. Dies hat der 3. Senat des Finanzgerichts Münster mit Urteil vom 22. Oktober 2015 (Az. 3 K 986/13 Erb) entschieden.

Der Kläger ist Geschäftsführer einer GmbH, deren Alleingesellschafterin seine Ehefrau ist. Er vermietete ein Grundstück und verschiedene Maschinen an die GmbH zu einem – wie sich nach einer Betriebsprüfung herausstellte – überhöhten Mietpreis. Dies führte zum Ansatz verdeckter Gewinnausschüttungen in den Körperschaftsteuerbescheiden der GmbH.

Das Finanzamt nahm in Höhe der verdeckten Gewinnausschüttungen zudem freigiebige Zuwendungen der GmbH an den Kläger an und setzte diesbezüglich Schenkungsteuer fest. Hiergegen wandte sich der Kläger mit dem Argument, dass eine steuerliche Doppelbelastung vorliege.

Die Klage hatte in vollem Umfang Erfolg. Der Senat führte aus, dass die Schenkungsteuer nur freigiebige Zuwendungen erfasse, nicht hingegen Vermögensvorteile, die durch eine Erwerbshandlung am Markt erzielt werden und deshalb der Einkommensteuer unterliegen. Die Mietzahlungen stellten jedoch beim Kläger in voller Höhe Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung dar. Da hierauf Einkommensteuer entfiele, dürften die Beträge nicht erneut der Schenkungsteuer unterworfen werden. Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof aus Gründen der Rechtsfortbildung zugelassen. Diese ist dort unter dem Aktenzeichen II R 54/15 anhängig.

Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 15.12.2015 zum Urteil 3 K 986/13 vom 22.10.2015 (nrkr – BFH-Az.: II R 54/15)

 

Umsatzsteuer: Umsatzsteuer-Anwendungserlass – Änderungen zum 31. Dezember 2015 (Einarbeitung von Rechtsprechung und redaktionelle Änderungen)

Der Umsatzsteuer-Anwendungserlass berücksichtigt zum Teil noch nicht die seit dem BMF-Schreiben vom 10. Dezember 2014 – IV D 3 – S-7015 / 14 / 10001 (2014/1073025), BStBl I S. 1622, ergangene Rechtsprechung, soweit diese im Bundessteuerblatt Teil II veröffentlicht worden ist. Außerdem enthält der Umsatzsteuer-Anwendungserlass in gewissem Umfang redaktionelle Unschärfen, die beseitigt werden müssen. Da das Schreiben somit lediglich redaktionelle Änderungen des UStAE ohne materiell-rechtliche Auswirkungen beinhaltet, bedarf es keiner Anwendungsregelung.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Umsatzsteuer-Anwendungserlass vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 8. Dezember 2015 – III C 3 – S-7163 / 0 :002 (2015/1118924), BStBl I Seite xxx, geändert worden ist, wie folgt geändert: 1. Abschnitt 1.1 Abs. 16 Satz 2 wird wie folgt geändert:  …

Das vollständige Schreiben finden Sie auf der Homepage des BMF.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 3 – S-7015 / 15 / 10003 vom 15.12.2015

Einkommensteuer: Versorgungsausgleichszahlungen als Werbungskosten

Mit am 15.12.2015 veröffentlichtem Urteil vom 11.11.2015 (Az. 7 K 453/15 E) hat der 7. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden, dass Ausgleichszahlungen an den geschiedenen Ehegatten im Rahmen des Versorgungsausgleichs als Werbungskosten abzugsfähig sein können.

Der Kläger hatte mit seiner geschiedenen Ehefrau eine Scheidungsfolgenvereinbarung getroffen, die u. a. vorsah, dass der Kläger an diese eine Zahlung leisten sollte, um seine betriebliche Altersversorgung aus dem Versorgungsausgleich auszuschließen. Der Kläger beantragte beim Finanzamt die Berücksichtigung des gezahlten Betrages als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Das Finanzamt lehnte dies mit der Begründung ab, dass es sich um einen Vorgang auf der privaten Vermögensebene handele.

Der 7. Senat des Finanzgerichts Münster gab der hiergegen erhobenen Klage statt. Versorgungsausgleichszahlungen bei Ehescheidung gehören, so der Senat, zuabziehbaren Werbungskosten, wenn dem Inhaber des Anspruchs auf betriebliche Altersversorgung ohne die Ausgleichsvereinbarung bei Renteneintritt geringere Versorgungsbezüge zufließen würden. Die Ausgleichszahlung diene dann der Erhaltung der eigenen Versorgungsansprüche. Im Streitfall sei diese Voraussetzung gegeben. Nach den zum 01.01.2009 geänderten gesetzlichen Regelungen zum Versorgungsausgleich wäre ohne die Ausgleichszahlung das Versorgungsanwartschaftsrecht des Klägers zwischen ihm und seiner geschiedenen Ehefrau aufzuteilen gewesen. Diese Aufteilung hätte zur Folge gehabt, dass dem Kläger bei Renteneintritt von vornherein geringere Versorgungsbezüge zugeflossen wären.

Der Senat hat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Quelle: FG Münster, Pressemitteilung vom 15.12.2015 zum Urteil 7 K 453/15 vom 11.11.2015

 

Bundesrat stimmt für Informationsaustausch im Kampf gegen Steuerhinterziehung

Grenzüberschreitender Steuerbetrug und grenzüberschreitende Steuerhinterziehung stellen erhebliche Herausforderungen für die Finanzverwaltungen dar. Diesem Problem wird künftig mit einem automatischen Informationsaustausch über Konten zwischen mehreren Staaten begegnet. Der Bundesrat stimmte dem entsprechenden Gesetz in seiner Sitzung vom 18. Dezember 2015 zu.
Anpassung an internationale StandardsEs überführt den von der OECD entwickelten Standard zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in das deutsche Recht. Damit sind die ausgetauschten Daten eindeutig einem Steuerpflichtigen zuzuordnen und die Finanzbehörden können sie in einem Besteuerungsverfahren verwenden.

Das Gesetz wird nun dem Bundespräsidenten zur Unterschrift zugeleitet und tritt größtenteils am Tag nach seiner Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft.

 Das Gesetz zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen und zur Änderung weiterer Gesetze finden Sie auf der Homepage des Bundesreates.
Quelle: Bundesrat, Mitteilung vom 18.12.2015
 

Umsatzsteuer: Fahrschulunterricht vorerst von der Umsatzsteuer befreit

Umsätze, die im Zusammenhang mit der Erteilung von Fahrschulunterricht stehen, sind von der Umsatzsteuer befreit. Dies entschied das Finanzgericht Berlin-Brandenburg in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Beschluss vom 10. November 2015, Az. 5 V 5144/15).

Der 5. Senat hat in seiner Entscheidung ausgeführt, dass die Fahrausbildung nicht darauf beschränkt sei, verkehrstechnische Fähigkeiten zu schulen, sondern den Teilnehmern auch weitere, dem Gemeinwohl dienende Kenntnisse vermitteln solle. So habe der Verordnungsgeber in § 1 der Fahrschüler-Ausbildungsordnung bestimmt, dass die Bereitschaft und Fähigkeit zum rücksichtsvollen und partnerschaftlichen Verhalten gefördert, das Bewusstsein für die Bedeutung von Emotionen beim Fahren geschult und die Verantwortung für Leben und Gesundheit, Umwelt und Eigentum im Unterricht behandelt werden sollen.

Damit spreche bei summarischer Prüfung vieles dafür, dass Fahrschulunterricht nach den europarechtlichen Vorgaben der Mehrwertsteuersystemrichtline und deren Art. 132 Abs. 1 Buchst. j umsatzsteuerfrei sei. Die Vorschrift, nach der der von Privatlehrern erteilte Schulunterricht von der Umsatzsteuer befreit ist, schließe Tätigkeiten ein, bei denen in Schulen und Hochschulen die Kenntnisse und Fähigkeiten von Schülern und Studenten entwickelt würden, sofern diese nicht den Charakter einer Freizeitgestaltung hätten. In seiner neueren Rechtsprechung habe auch der Bundesfinanzhof etwa ein Fahrsicherheitstraining, den Schülern erteilten Schwimmunterricht oder Kurse an einer Kampfsportschule und in einem Ballettstudio als umsatzsteuerfreie Leistungen eingeordnet.

Eine endgültige Entscheidung steht noch aus, da zunächst die Finanzbehörde in dem noch laufenden Einspruchsverfahren entscheiden muss, ob sie der Auffassung des Gerichts folgt. Sollte sie dies nicht tun, wird die Rechtsfrage in einem nachfolgenden Klageverfahren endgültig zu klären sein.

Quelle: FG Berlin-Brandenburg, Pressemitteilung vom 18.12.2015 zum Beschluss 5 V 5144/15 vom 10.11.2015

 

BAföG-Darlehen als Einkommen

Kommt es für die Berechnung von Gebühren für Kindertagesstätten auf die Höhe des von den Eltern erzielten Einkommens i. S. d. Sozialhilferechts (§ 82 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch – SGB XII) an, so gehört zu diesem Einkommen auch der als öffentlich-rechtliches Darlehen gewährte Teil der Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am 17.12.2015 entschieden.

Der Sohn der Kläger wurde in einer von der beklagten Stadt betriebenen Kindertagesstätte betreut. Dafür zog die Beklagte die Kläger zu einer Teilnahmegebühr heran. Für die Ermittlung der Höhe der Teilnahmegebühr kommt es unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit auf die Höhe des anrechenbaren Familieneinkommens an. Hierzu zählte die Beklagte auch den der Klägerin als Darlehen gewährten Teil der individuellen Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz. Die Klägerin bezog als Studierende solche Leistungen, die ihr jeweils zur Hälfte als Zuschuss und als öffentlich-rechtliches Darlehen bewilligt wurden. Widerspruch, Klage und Berufung der Kläger gegen die Höhe der Teilnahmegebühr blieben insoweit ohne Erfolg.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision der Kläger gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts zurückgewiesen. Einkommen i. S. d. für die Feststellung der zumutbaren Belastung mit der Gebühr entsprechend geltenden § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII sind grundsätzlich Einkünfte in Geld oder Geldeswert, die zu einem wertmäßigen Zuwachs bei demjenigen führen, der solche Einkünfte hat. Daran fehlt es regelmäßig, wenn die Einkünfte von vornherein mit einer Rückzahlungsverpflichtung belastet sind. Zwar ist auch das als Teil der individuellen Ausbildungsförderung gewährte öffentlich-rechtliche Darlehen grundsätzlich, wenngleich unter günstigeren Bedingungen, zurückzuzahlen. Seine Berücksichtigung als Einkommen i. S. d. § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ist mit Blick auf die mit der individuellen Ausbildungsförderung verknüpften Ziele und die Ausgestaltung des Förderungssystems gleichwohl gerechtfertigt. Durch die Förderung seiner Ausbildung wird der Auszubildende typischerweise in die Lage versetzt, einen Mehrwert zu generieren, der sich in dem Abschluss der Ausbildung und der Aufnahme einer qualifizierten Berufstätigkeit mit besseren Verdienstmöglichkeiten widerspiegelt und der die Erwartung rechtfertigt, dass eine Rückzahlung des Darlehens innerhalb einer angemessenen Zeit ohne Beeinträchtigung des Lebensunterhalts zumutbar ist. Das Darlehen stellt sich insoweit als eine Art Vorfinanzierung der verbesserten Einkommensaussichten dar. Die im Ausbildungsförderungsrecht angelegte Aussicht auf diesen Mehrwert rechtfertigt es, das öffentlich-rechtliche Darlehen als Einkommen zu behandeln.

Quelle: BVerwG, Pressemitteilung vom 17.12.2015 zum Urteil 5 C 8.15 vom 17.12.2015

 

Gründungsverhalten der ausländischen Mitbürger weist deutliche Unterschiede auf

IfM Bonn geht davon aus, dass sich die Existenzgründungszahlen von Deutschen und Ausländern angleichen

Zwischen 2004 und 2013 hat sich das gewerbliche Gründungsgeschehen unter deutschen und ausländischen Staatsangehörigen gegenläufig entwickelt: Während die Anzahl der ausländischen Gründer von Einzelunternehmen um 64 % stieg, ging diejenige der deutschen Gründer deutlich zurück (-66 %). Dies hatte einen stetigen Anstieg des Ausländeranteils an allen Existenzgründungen von gewerblichen Einzelunternehmen von 15,3 % auf 46,5 % zur Folge. Im vergangenen Jahr ist hingegen der Ausländeranteil wieder leicht gesunken. Der Grund: Seit Januar 2014 haben nun auch Bulgaren und Rumänen auf dem deutschen Arbeitsmarkt Zugang zu abhängigen Beschäftigungsangeboten.Da allen Bürgern aus den ost- und mitteleuropäischen EU-Beitrittsstaaten von 2004 (EU-8-Staaten: Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn) und 2007 (EU-2-Staaten: Bulgarien, Rumänien) zunächst die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit verwehrt war, starteten sie oftmals in die Selbstständigkeit. Dabei kam ihnen auch die Novellierung der Handwerksordnung von 2004 zu Gute: So stieg im Baugewerbe der Gründungsanteil der Bürger aus den ost- und mitteleuropäischen EU-Beitrittsstaaten von 13,1 % in 2009 auf 33,9 % in 2013.“Bei den übrigen ausländischen Existenzgründern von gewerblichen Einzelunternehmen ist, wie bei den deutschen Existenzgründern seit 2004 ein rückläufiger Trend zu beobachten. Alles in allem gehen wir davon aus, dass sich die Entwicklung der Existenzgründungen von Deutschen und Ausländern auf mittlere Sicht angleicht. Wie sich zukünftig der Flüchtlingsstrom auf das Gründungsgeschehen im gewerblichen Bereich auswirken wird, lässt sich aktuell noch nicht absehen“, erklärt Dr. Rosemarie Kay, stellvertretende Geschäftsführerin des IfM Bonn.

Aus volkswirtschaftlicher Sicht besitzen Betriebsgründungen von Hauptniederlassungen eine höhere Bedeutung, da diese in der Regel mit neuen Arbeitsplätzen verbunden sind. Während deren Anteil in den Jahren 2004, 2009 und 2013 unter deutschen Gründern nahezu konstant bei 11 % lag, sank dieser bei den Ausländern kontinuierlich (2013: 5,2 %). Auch der Anteil der Übernahmen durch Ausländer hat sich im betrachteten Zeitraum mehr als halbiert (2004: 16,4 %, 2013: 7,3 %). Dagegen verdoppelte sich fast der Anteil der Übernahmen durch Deutsche (2004: 8,7 %, 2013: 14,1 %). „Die Entwicklungen gehen nahezu ausschließlich auf die Gründer aus den ost- und mitteleuropäischen EU-Beitrittsstaaten von 2004 und 2007 zurück. Diese starteten meist mit einem Kleingewerbe und damit ohne Beschäftigte“, so Dr. Rosemarie Kay.

Mehr Informationen finden Sie auf der Homepage des IfM Bonn.
Quelle: IfM Bonn, Pressemitteilung vom 15.12.2015

Klage einer EU-Bürgerin auf BAföG-Leistungen erfolgreich

Die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Osnabrück hat der Klage einer bulgarischen Staatsangehörigen auf Ausbildungsförderungsleistungen mit Urteil vom 10.12.2015 stattgegeben. Die Klägerin habe teils aufgrund europarechtlicher Vorschriften, teils aus dem aktuellen nationalen Recht, dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG), einen Anspruch darauf.

Die Ende 2013 in die Bundesrepublik eingereiste Klägerin nahm Anfang Oktober 2014 ein Studium an der Universität Osnabrück (Beklagte) auf, für das sie im September 2014 Leistungen nach dem BAföG beantragte. Diesen Antrag lehnte das zuständige Amt für Ausbildungsförderung der Beklagten ab, weil die für einen EU-Bürger erforderlichen persönlichen Voraussetzungen für BAföG-Leistungen nicht gegeben seien. Die Klägerin war seit Juli 2014 als Fitnesstrainerin bei einem Fitnessstudio angestellt. In dem zugrundeliegenden Arbeitsvertrag hatte sie mit ihrem Arbeitgeber eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von ca. 11 Stunden sowie eine Vergütung von 8,00 Euro pro Stunde vereinbart. Außerdem garantierte ihr der Arbeitsvertrag einen Urlaubsanspruch sowie eine Entgeltfortzahlung bei einer Arbeitsunfähigkeit infolge unverschuldeter Krankheit. Nach Beendigung dieses Arbeitsverhältnisses zu Ende Februar 2015 hat sich die Klägerin mit einem eigenen Tanzstudio selbständig gemacht.

Laut Urteilsbegründung ergebe sich der Anspruch der Klägerin für den Bewilligungszeitraum vor dem 01.01.2015 aus der unmittelbaren Anwendung der sog. EU-Freizügigkeitsrichtlinie, die die Bundesrepublik versäumt habe, rechtzeitig umzusetzen. Die maßgebliche Bestimmung der Richtlinie sehe vor, dass ein Unionsbürger, der eine Ausbildung absolviere und daneben ein Arbeitsverhältnis bekleide oder selbständig tätig sei, eine Ausbildungsförderung wie einem deutschen Staatsangehörigen zu gewähren sei. Bei der Prüfung der Arbeitnehmereigenschaft folgte das Gericht nicht den Vorgaben eines ministeriellen Erlasses aus dem Jahr 2015, wonach eine EU-Arbeitnehmereigenschaft nur zu bejahen sei, wenn die Mindestwochenarbeitszeit 12 Wochen im Monatsdurchschnitt betrage und die Tätigkeit bei der erstmaligen BAföG-Antragstellung bereits seit mindestens 10 Wochen bestehe. Vielmehr genüge der von der Klägerin vorgelegte Arbeitsvertrag den Anforderungen einer EU-Arbeitnehmereigenschaft. Für den nachfolgenden Zeitraum ergebe sich der Anspruch der Klägerin aus dem BAföG in der aktuellen Fassung, wonach Unionsbürger dann persönlich anspruchsberechtigt seien, wenn sie, wie die Klägerin, als Arbeitnehmer oder Selbständige tätig seien.

Das Urteil (4 A 253/14) ist noch nicht rechtskräftig. Die Kammer hat die Berufung gegen das Urteil wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Quelle: VG Osnabrück, Pressemitteilung vom 14.12.2015 zum Urteil 4 A 253/14 vom 10.12.2015 (nrkr)

 

 

Zivilrecht: Neue „Düsseldorfer Tabelle“ ab 1. Januar 2016

Zum 1. Januar 2016 wird die „Düsseldorfer Tabelle“ geändert. Die neue Fassung ist auf der Internetseite des Oberlandesgerichts Düsseldorf veröffentlicht.

Die „Düsseldorfer Tabelle“, die seit 1962 zunächst vom Landgericht Düsseldorf und seit dem 1. Januar 1979 vom Oberlandesgericht Düsseldorf herausgegeben wird, dient als Richtlinie zur Bemessung des angemessenen Kindesunterhalts im Sinne des § 1610 BGB.

Die Erhöhung der Bedarfssätze unterhaltsberechtigter Kinder, die zuletzt zum 1. August 2015 geändert worden sind, beruht auf der Verordnung zur Festlegung des Mindestunterhalts minderjähriger Kinder nach § 1612a BGB (Mindestunterhaltsverordnung).

Der Unterhalt nach der ersten Einkommensgruppe der „Düsseldorfer Tabelle“ entspricht dem in der Mindestunterhaltsverordnung festgesetzten Mindestunterhalt. Die Unterhaltssätze der höheren Einkommensgruppen bauen hierauf auf.

Der Mindestunterhalt minderjähriger Kinder beträgt ab dem 1. Januar 2016 nach § 1 der Mindestunterhaltsverordnung bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres (1. Altersstufe) 335 Euro statt bisher 328 Euro, für die Zeit vom siebten bis zur Vollendung des zwölften Lebensjahres (2. Altersstufe) 384 Euro statt bisher 376 Euro und für die Zeit vom 13. Lebensjahr bis zur Volljährigkeit (3. Altersstufe) 450 Euro statt bisher 440 Euro monatlich.

Auf den Bedarf des Kindes ist nach § 1612b BGB das Kindergeld anzurechnen. Das Kindergeld beträgt ab dem 1. Januar 2016 für ein erstes und zweites Kind 190 Euro, für ein drittes Kind 196 Euro und für das vierte und jedes weitere Kind 221 Euro. Das Kindergeld ist bei minderjährigen Kindern in der Regel zur Hälfte auf den Unterhaltsbedarf anzurechnen. Der sich dann ergebende Zahlbetrag ist aus den Tabellen im Anhang der „Düsseldorfer Tabelle“ ablesbar.

Zum 1. Januar 2016 wird auch der Bedarfssatz eines studierenden volljährigen Kindes, das nicht bei seinen Eltern oder einem Elternteil wohnt, angehoben. Er beträgt ab dem 1. Januar 2016 735 Euro, darin enthalten ist ein Wohnkostenanteil von 300 Euro. Der bisherige Bedarfssatz von 670 Euro war seit dem 1. Januar 2011 unverändert und bedurfte der Anpassung. Der Betrag von 735 Euro orientiert sich an dem Höchstsatz nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz, der im Herbst 2016 gleichfalls auf 735 Euro steigen soll.

Ab dem 1. Januar 2017 steigt der Mindestunterhalt minderjähriger Kinder gemäß § 1 der Mindestunterhaltsverordnung in der ersten Altersstufe auf 342 Euro, in der zweiten Altersstufe auf 393 Euro und in der dritten Altersstufe auf 460 Euro. Dies wird zu einer erneuten Änderung der „Düsseldorfer Tabelle“ führen.

Zusatzinformation zum Hintergrund der Mindestunterhaltsverordnung

Der Mindestunterhalt wurde durch die Unterhaltsreform vom 1. Januar 2008 als zentrale Bezugsgröße für den Unterhalt minderjähriger Kinder geschaffen. Er richtet sich bis zum 31. Dezember 2015 nach dem steuerlichen Kinderfreibetrag, der seinerseits an dem steuerfrei zu stellenden sächlichen Existenzminimum minderjähriger Kinder ausgerichtet ist. Diese Anknüpfung an den steuerlichen Kinderfreibetrag ist mit Wirkung ab dem 1. Januar 2016 durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts und des Unterhaltsverfahrensrechts sowie zur Änderung der Zivilprozessordnung und kostenrechtlicher Vorschriften vom 20. November 2015 aufgehoben worden. Nunmehr richtet sich der Mindestunterhalt unmittelbar nach dem Existenzminimum des minderjährigen Kindes. Der konkrete Betrag des Mindestunterhalts wird erstmals zum 1. Januar 2016 und dann alle zwei Jahre durch Rechtsverordnung festgelegt.

 Die ab 01.01.2016 geltende neue Düsseldorfer Tabelle finden Sie auf der Homepage des OLG Düsseldorf.
Quelle: OLG Düsseldorf, Pressemitteilung vom 10.12.2015

 

Einkommensteuer: Abzinsung von Schadenrückstellungen der Versicherungsunternehmen

Nach dem BMF-Schreiben vom 16. August 2000 (BStBl I S. 1218) können Versicherungsunternehmen Schadenrückstellungen nach einem Pauschalverfahren abzinsen. Die Anwendbarkeit dieser Pauschalregelung ist zeitlich begrenzt (vgl. BMF-Schreiben vom 12. Juli 2005, BStBl I S. 819, vom 9. September 2009, BStBl I S. 930, und vom 4. November 2013, BStBl I S. 1332).

In Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird die zeitliche Anwendbarkeit der Pauschalregelung zur Abzinsung von Schadenrückstellungen der Versicherungsunternehmen nochmals verlängert. Randnummer 15 des BMF-Schreibens vom 16. August 2000 (a. a. O.) wird wie folgt gefasst:

„III. Zeitliche Anwendung

Die Pauschalregelung kann für Wirtschaftsjahre in Anspruch genommen werden, die vor dem 1. Januar 2017 enden.“

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 6 – S-2175 / 07 / 10001 vom 08.12.2015

 

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin