Umtausch in virtuelle Währung Bitcoin von Mehrwertsteuer befreit

Der Umtausch konventioneller Währungen in Einheiten der virtuellen Währung „Bitcoin“ ist von der Mehrwertsteuer befreit.

Nach der Mehrwertsteuerrichtlinie1 unterliegen Lieferungen von Gegenständen sowie Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt tätigt bzw. erbringt, der Mehrwertsteuer. Die Mitgliedstaaten müssen jedoch u. a. die Umsätze von der Steuer befreien, die sich auf „Devisen, Banknoten und Münzen beziehen, die gesetzliches Zahlungsmittel sind“.

David Hedqvist, ein schwedischer Staatsbürger, beabsichtigt die Erbringung von Dienstleistungen, die im Umtausch konventioneller Währungen in die virtuelle Währung „Bitcoin“ und umgekehrt bestehen. „Bitcoins“ sind eine virtuelle Währung, die im Internet für Zahlungen zwischen Privatpersonen sowie in bestimmten Internetshops, die diese Währung akzeptieren, verwendet wird. Die Nutzer können diese Währung auf der Grundlage eines Wechselkurses kaufen und verkaufen. Vor der Durchführung solcher Umsätze beantragte Herr Hedqvist beim schwedischen Steuerrechtsausschuss einen Vorbescheid, um in Erfahrung zu bringen, ob beim An- und Verkauf von „Bitcoin“-Einheiten Mehrwertsteuer zu entrichten ist. Nach Auffassung dieser Kommission sind „Bitcoins“ ein Zahlungsmittel, das wie gesetzliche Zahlungsmittel verwendet wird. Die von Herrn Hedqvist geplanten Umsätze müssten daher von der Mehrwertsteuer befreit werden.

Das Skatteverk, die schwedische Steuerbehörde, hat gegen den Bescheid der Steuerrechtskommission beim Högsta förvaltningsdomstol (Oberstes Verwaltungsgericht, Schweden) Klage erhoben. Es macht geltend, dass die von Herrn Hedqvist geplanten Umsätze nicht unter die in der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehenen Steuerbefreiungen fielen. Unter diesen Umständen hat der Högsta förvaltningsdomstol dem Gerichtshof die Frage vorgelegt, ob solche Umsätze der Mehrwertsteuer unterliegen und, falls dies der Fall sein sollte, ob sie von dieser Steuer befreit sind.

In seinem Urteil geht der Gerichtshof davon aus, dass Umsätze in Form des Umtauschs konventioneller Währungen in Einheiten der virtuellen Währung „Bitcoin“ (und umgekehrt) Dienstleistungen gegen Entgelt im Sinne der Richtlinie darstellen, da sie im Umtausch verschiedener Zahlungsmittel bestehen und ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der von Herrn Hedqvist erbrachten Dienstleistung und dem von ihm erhaltenen Gegenwert besteht, d. h. der Spanne, die durch die Differenz zwischen dem Preis, zu dem er die Währungen ankauft, und dem Preis, zu dem er sie seinen Kunden verkauft, gebildet wird.

Der Gerichtshof ist ferner der Auffassung, dass diese Umsätze nach der Bestimmung, die sich auf Umsätze mit „Devisen, Banknoten und Münzen …, die gesetzliches Zahlungsmittel sind“ bezieht, von der Mehrwertsteuer befreit sind. Diese Bestimmung würde nämlich – im Hinblick auf den Zweck der Steuerbefreiung, der darin besteht, die Schwierigkeiten zu beseitigen, die im Rahmen der Besteuerung von Finanzgeschäften bei der Bestimmung der Bemessungsgrundlage und der Höhe der abzugsfähigen Mehrwertsteuer auftreten – einen Teil ihrer Wirkungen verlieren, wenn Umsätze wie die von Herrn Hedqvist geplanten aus ihrem Anwendungsbereich ausgeschlossen würden.

1 Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347, S.1).

Quelle: EuGH, Pressemitteilung vom 22.10.2015 zum Urteil C-264/14 vom 22.10.2015

 

Inflationserwartung kann Ausgabebereitschaft der Verbraucher erhöhen

Studie zeigt Zusammenhang zwischen Mehrwertsteuererhöhung als Inflationstreiber und Anschaffungsneigung

Wenn Verbraucher eine steigende Inflation erwarten, sind sie eher bereit, aktuell mehr Geld für langlebige Güter auszugeben. Das belegt eine Studie, die Wissenschaftler vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT), der University of Chicago und der University of Maryland gemeinsam mit GfK durchgeführt haben. Die Ergebnisse der Studie zeigen krisengeplagten Ländern wie Italien, Spanien oder Griechenland eine weitere Option auf, um den privaten Konsum und somit das Wirtschaftswachstum insgesamt zu steigern.

Inflationserwartungen haben für Haushalte eine besondere Bedeutung. Die erwartete Teuerungsrate fließt in die Konsum- und Sparentscheidungen von Haushalten ein. Die Studie von Dr. Daniel Hoang (KIT), Prof. Michael Weber (Chicago), Prof. D’Acunto (Maryland) und GfK belegt nun erstmals wissenschaftlich, dass höhere Inflationserwartungen bei konstanten Zinsen die Konsumneigung vor allem für langlebige Güter wie Häuser, Autos oder Elektrogeräte positiv beeinflussen.

Inflationserwartung und Ausgabebereitschaft hängen zusammen
Die Studie nutzt ein „natürliches Experiment“. Im November 2005 kündigte die damalige große Koalition in Deutschland überraschenderweise an, im Januar 2007 die Mehrwertsteuer um 3 Prozentpunkte zu erhöhen. Dieser unerwartete „Schock“ erhöhte die Inflationserwartungen im Jahr 2006 und die tatsächliche Inflation im Jahr 2007. Prof. Michael Weber von der renommierten Booth School of Business der University of Chicago erklärt: „Eine Mehrwertsteuererhöhung erhöht künftige Verbraucherpreise und Haushalte passen in Erwartung steigender Preise ihre Inflationserwartungen an. Die Tatsache, dass die Ankündigung unerwartet war und unabhängig von künftigen Konjunkturerwartungen erfolgte, erlaubt es, einen kausalen Zusammenhang zwischen Inflationserwartungen und Ausgabebereitschaft von Verbrauchern herzustellen“. Die Studie analysiert, wie sich die Konsumneigung der deutschen Verbraucher vor und nach der überraschenden Ankündigung verändert hat. Als Kontrollgruppe dienten Verbraucher aus Großbritannien, Schweden und Frankreich. Dort wurde in diesem Zeitraum keine Mehrwertsteuererhöhung diskutiert oder durchgeführt.

Bevor die deutsche Regierung die Mehrwertsteuererhöhung im November 2005 ankündigte, waren die Trends von Inflationserwartungen und Konsumneigung in beiden Gruppen vergleichbar. „Man kann also annehmen, dass sich die deutschen Verbraucher ohne die angekündigte Mehrwertsteuererhöhung ähnlich wie die Verbraucher in den Kontrollländern verhalten hätten“, erklärt Dr. Daniel Hoang vom KIT. „Direkt nach der Ankündigung entkoppelten sich aber die durchschnittlichen Inflationserwartungen in Deutschland von denen der Kontrollgruppe. Und die Konsumneigung der deutschen Verbraucher stieg im Vergleich zur Kontrollgruppe deutlich an.“

„Bereits im Januar 2006, also weniger als zwei Monate nach Ankündigung der Steuererhöhung, aber immer noch zwölf Monate bevor die Produktpreise durch die höhere Mehrwertsteuer tatsächlich stiegen, erhöhte sich die Konsumneigung in Deutschland im Vergleich zur Kontrollgruppe deutlich. Dieser Effekt nahm kontinuierlich zu und erreichte seinen Höhepunkt im November 2006. Zu diesem Zeitpunkt war die Bereitschaft der Verbraucher, hochwertige Produkte zu kaufen, um mehr als 33 Prozent höher als bei der Kontrollgruppe“, erklärt Rolf Bürkl, GfK-Konsumklima-Experte. Als die Mehrwertsteuer im Januar 2007 tatsächlich um die angekündigten 3 Prozent stieg, fiel die Anschaffungsneigung nahezu auf den gleichen Wert, auf dem sie vor der Ankündigung der Steuererhöhung lag. Hervorzuheben ist, dass die Konsumbereitschaft der deutschen Verbraucher nach der Steuererhöhung nicht unter das Niveau vor der Ankündigung sank. Die Verbraucher gaben also nach der Steuererhöhung nicht weniger Geld für hochwertige Waren aus als vor ihrer Ankündigung im Vergleich zu Haushalten in den Vergleichsländern.

„Die Verbraucher sind eher bereit, Geld für hochwertige Produkte auszugeben, wenn sie davon ausgehen müssen, dass diese Produkte in der Zukunft teurer werden“, ergänzt Bürkl. Konsumenten, die eine höhere Inflation erwarten, haben demnach eine um 8 Prozent höhere Konsumneigung. Bei Verbrauchern, die in Städten leben, ein höheres Bildungsniveau sowie ein höheres Einkommen besitzen, ist dieser Zusammenhang sogar noch stärker ausgeprägt.

Bedeutung für die Praxis
„Zentralbanken auf der ganzen Welt versuchen derzeit, auch mit unkonventionellen Mitteln die Inflationserwartungen und somit auch die Ausgabebereitschaft der Verbraucher zu erhöhen“, so Weber von der University of Chicago. „Die ausgeprägten Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank sind hier das aktuellste Beispiel. Allerdings hat bislang ein wissenschaftlicher Beleg für den Zusammenhang zwischen Inflationserwartung und Anschaffungsneigung gefehlt.“

Die Forschungsergebnisse des Forschungsteams und von GfK sprechen für die Wirksamkeit solcher unkonventionellen Maßnahmen in der Fiskalpolitik. Sie erweitern sozusagen den politischen Werkzeugkasten. Die Studie liefert wichtige neue Ansatzpunkte für politische Entscheidungsträger. Besonders Länder wie Italien, Spanien oder Griechenland, die sich noch immer in einer wirtschaftlichen Stagnation bei gleichzeitig hoher Staatsverschuldung befinden, könnten von diesem Zusammenhang profitieren.

Die deutsche Regierung setzte die Mehrwertsteuererhöhung zur Haushaltskonsolidierung, nicht aber als Maßnahme zur Konjunkturbelebung ein. Soll mit Hilfe dieser Maßnahme die Binnenkonjunktur während einer wirtschaftlichen Rezession oder Stagnation angekurbelt werden, müssten die Verbraucher gleichzeitig in Lage versetzt werden, die höheren Konsumpreise auch zahlen zu können. So legen die Studienergebnisse nahe, dass eine Reihe koordinierter und gestaffelter Erhöhungen der Konsumsteuern bei gleichzeitiger Entlastung der privaten Haushalte, indem beispielsweise die Einkommensteuern gesenkt werden, eine geeignete Maßnahme darstellen können, um den aktuellen Konsum zu steigern. Diese Maßnahmen könnten es erlauben, die Volkswirtschaft als Ganzes zu stimulieren, ohne die öffentlichen Haushalte zusätzlich zu belasten. „Wenn die Rezession überwunden ist, sollten diese Maßnahmen jedoch wieder rückgängig gemacht werden“, fügt Bürkl hinzu. „Durch die dann wieder niedrigeren Preise ließe sich möglicherweise sogar noch einmal ein Schub für den privaten Konsum auslösen.“

Die vollständigen Forschungsergebnisse sind über das Social Science Research Network abrufbar.

Quelle: GfK, Pressemitteilung vom 23.10.2015

 

Nicht anerkannte Behandlungsmethode: Können die Kosten steuerlich berücksichtigt werden?

Nicht anerkannte Behandlungsmethode: Können die Kosten steuerlich berücksichtigt werden?

 Krankheitskosten gehören zu den steuerlich abzugsfähigen außergewöhnlichen Belastungen. Aber gehören auch Aufwendungen für die operative Beseitigung von Lipödemen (Fettabsaugung an den Beinen) dazu? Entscheidend ist, ob eine wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode vorliegt.

 Hintergrund

A machte für das Streitjahr 2010 Aufwendungen für eine Operation zur Beseitigung von Lipödemen (Fettabsaugung an den Beinen) in Höhe von 5.500 EUR als außergewöhnliche Belastung geltend. Sie reichte dazu verschiedene ärztliche Bescheinigungen aus 2010 und 2012 sowie ein fachärztliches Gutachten aus 2011 ein, das eine Liposuktion als geeignete Behandlungsmethode ansah.

Das Finanzamt und danach auch das Finanzgericht lehnten den Abzug ab. Es handelte sich ihrer Ansicht nach um eine wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode, für die A nicht den erforderlichen formalisierten Nachweis erbracht hatte.

 Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hat die Entscheidung des Finanzgerichts nicht beanstandet. Bei krankheitsbedingten Aufwendungen ist für wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden die Zwangsläufigkeit in formalisierter Form nachzuweisen, und zwar durch ein vor Beginn der Behandlung ausgestelltes amtsärztliches Gutachten oder eine vorherige ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Diensts der Krankenversicherung (MDK). Wissenschaftlich anerkannt ist eine Behandlungsmethode, wenn Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen.

Um zu beurteilen, ob eine wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode vorliegt, kann sich das Finanzgericht auf allgemein zugängliche Fachgutachten oder solche Gutachten stützen, die in Verfahren vor anderen Gerichten herangezogen wurden. Das Finanzgericht stützte sich im vorliegenden Fall auf ein früheres Urteil eines Oberverwaltungsgerichts in einer Beihilfesache. Nach einem in diesem Verfahren vorgelegten Sachverständigengutachten aus 2009 (also vor der hier streitigen Behandlung in 2010) ist wissenschaftlich nicht hinreichend bewiesen, dass mit einer Liposuktion eine nachhaltige Reduktion der Lipödembeschwerden einhergeht. Die Methode war daher bereits vor der Durchführung der Behandlung nicht anerkannt. Zudem wurde dieses Sachverständigengutachten durch ein dem Oberverwaltungsgericht vorliegendes Gutachten einer Expertengruppe aus 2011 bestätigt. Die Revision wurde daher zurückgewiesen.

Abgeltungsteuer: Bis zu welchem Zeitpunkt kann der Antrag auf Günstigerprüfung gestellt werden?

Abgeltungsteuer: Bis zu welchem Zeitpunkt kann der Antrag auf Günstigerprüfung gestellt werden?

 Bei Einkünften aus Kapitalvermögen fahren die allermeisten Steuerpflichtigen mit der 25 %igen Abgeltungsteuer günstiger. Liegt der individuelle Steuersatz doch mal unter 25 %, sollte der Antrag auf Anwendung der tariflichen Einkommensteuer (Günstigerprüfung) rechtzeitig gestellt werden.

 Hintergrund

Die Klägerin erzielte Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und aus einer Leibrente. Zudem hatte sie Kapitalerträge. Diese gab sie aber nicht in ihrer Einkommensteuererklärung an, da dafür schon die Abgeltungsteuer von 25 % abgeführt worden war. Im Einkommensteuerbescheid blieben die Kapitaleinkünfte daher unberücksichtigt. Nach Ablauf der Einspruchsfrist stellte die Klägerin einen Antrag auf Günstigerprüfung. Da ihr individueller Steuersatz unter 25 % lag, wollte sie mit dem Antrag eine niedrigere Einkommensteuer erreichen. Finanzamt und Finanzgericht lehnten eine Änderung des bestandskräftigen Einkommensteuerbescheids jedoch ab.

Entscheidung

Auch beim Bundesfinanzhof hatte die Klägerin keinen Erfolg; er hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen. Seine Begründung: Eine zeitliche Befristung für den Antrag auf Günstigerprüfung ergibt sich aus der Bestandskraft der Steuerfestsetzung. Die Voraussetzungen für die Korrektur eines bestandskräftigen Steuerbescheids liegen hier nicht vor. Zwar wurde dem Finanzamt erst nach der Steuerfestsetzung bekannt, dass die Klägerin Kapitaleinkünfte erzielt hatte, die bei der Gesamtbetrachtung der Besteuerungsgrundlagen zu einer niedrigeren Steuer geführt hätten. Eine Korrekturmöglichkeit für derartige “neue Tatsachen” ist jedoch nur möglich, wenn den Steuerpflichtigen an dem nachträglichen Bekanntwerden kein Verschulden trifft. Ein Verschulden liegt hier aber nach Ansicht des Bundesfinanzhofs vor, da die Klägerin die Steuerbescheinigung über die einbehaltene Kapitalertragsteuer bereits vor der Abgabe der Einkommensteuererklärung erhalten hatte. Deshalb konnte der Antrag auf Günstigerprüfung hier nicht mehr gestellt werden.

Impfung durch Betriebsarzt: Ist ein Impfschaden ein Arbeitsunfall?

Impfung durch Betriebsarzt: Ist ein Impfschaden ein Arbeitsunfall?

Die nächste Grippesaison steht bevor und viele Arbeitgeber bieten wieder für ihre Mitarbeiter Impfungen an. Kommt es dabei zu einem Impfschaden, stellt sich die Frage, ob dieser als Arbeitsunfall anzusehen ist.

 Hintergrund

Eine Museumsmitarbeiterin ließ sich vom Betriebsarzt gegen Grippe impfen. Daraufhin erkrankte sie an einem Guillan-Barre-Syndrom. Sie verklagte die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft auf Anerkennung eines Arbeitsunfalles, weil ihr die betriebsärztliche Impfung von ihrem Arbeitgeber angeboten worden sei. Sie habe sich angesichts des Publikumsverkehrs im Museum vor einer besonderen Ansteckungsgefahr schützen wollen.

 Entscheidung

Das Sozialgericht Dortmund wies die Klage ab. Die Begründung: Nur wenn die mit der Tätigkeit verbundene Gefährdung eine Grippeschutzimpfung über die allgemeine Gesundheitsfürsorge hinaus erforderlich macht, kommt die Anerkennung eines Arbeitsunfalles in Betracht. Dies sei bei der Klägerin im Museum nicht der Fall gewesen. Zwar habe sie Kontakt zu Besuchergruppen gehabt. Die Ansteckungsgefahr sei aber nicht größer gewesen als an anderen Arbeitsplätzen mit Kontakt zu Kollegen und Publikum oder im privaten Bereich, wie z. B. beim Einkaufen.

Kommission stellt Unvereinbarkeit der selektiven Steuervorteile für Fiat in Luxemburg und für Starbucks in den Niederlanden mit dem EU-Beihilferecht fest

Die Europäische Kommission hat per Beschluss festgestellt, dass Luxemburg und die Niederlande Fiat Finance and Trade bzw. Starbucks selektive Steuervergünstigungen gewährt haben, die gegen das EU-Beihilferecht verstoßen.

Die für Wettbewerbspolitik zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager erklärte dazu:„Steuervorbescheide, die die Steuerlast eines Unternehmens künstlich verringern, stehen nicht mit den EU-Beihilfevorschriften im Einklang. Sie sind illegal. Ich hoffe, dass diese Botschaft durch die heutigen Beschlüsse bei den Regierungen der Mitgliedstaaten und den Unternehmen Gehör findet. Alle Unternehmen, kleine wie große, multinational oder auch nicht, müssen ihren gerechten Anteil an den Steuern zahlen.“

Nach eingehenden Untersuchungen, die im Juni 2014 eingeleitet wurden, ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass Luxemburg der Finanzierungsgesellschaft von Fiat und die Niederlande der Kaffeerösterei der Starbucks-Gruppe selektive Steuervorteile gewährt haben. In beiden Fällen wurde der Steuerbetrag, den das Unternehmen entrichten musste, durch einen von der betreffenden nationalen Steuerbehörde erteilten Steuervorbescheid künstlich verringert.

Steuervorbescheide als solche sind absolut legal. Sie werden von den Steuerbehörden ausgestellt, um einem Unternehmen Klarheit über die Berechnung der von ihm zu entrichtenden Körperschaftsteuer oder die Anwendung bestimmter Steuervorschriften zu verschaffen. Mit den beiden geprüften Steuervorbescheiden wurden für die Ermittlung der steuerpflichtigen Unternehmensgewinne jedoch künstliche und komplexe Methoden genehmigt, die diewirtschaftliche Realität außer Acht lassen. Dabei werden für Waren und Dienstleistungen, die ein Unternehmen einer Gruppe bei einem anderen Unternehmen derselben Gruppe kauft, Verrechnungspreise festgelegt, die nicht den Marktbedingungen entsprechen. Auf diese Weise wird der Großteil der Gewinne der Starbucks-Kaffeerösterei ins Ausland verlagert, wo sie ebenfalls nicht besteuert werden. Die Finanzierungsgesellschaft von Fiat zahlte deshalb nur auf zu niedrig angesetzte Gewinne Steuern.

Dies ist nach den EU-Beihilfevorschriften rechtswidrig: Bei Steuervorbescheiden dürfen keine noch so komplexen Methoden verwendet werden, um wirtschaftlich nicht gerechtfertigte Verrechnungspreise festzulegen, mit denen Gewinne zu Unrecht verlagert werden, damit Unternehmen weniger Steuern zahlen müssen. Dadurch würde den betreffenden Unternehmen ein unfairer Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Unternehmen (in der Regel KMU) verschafft, die auf der Grundlage ihrer tatsächlichen Gewinne besteuert werden, weil sie für die von ihnen verwendeten Waren und Dienstleistungen Marktpreise zahlen.

Die Kommission hat daher angeordnet, dass Luxemburg und die Niederlande die von Fiat bzw. Starbucks nicht entrichtete Steuer einfordern müssen, um die von den beiden Gruppen in Anspruch genommenen unfairen Wettbewerbsvorteile zu beseitigen und die Gleichbehandlung mit anderen Unternehmen, die sich in einer ähnlichen Lage befinden, wiederherzustellen. Jedes der beiden Unternehmen muss 20 – 30 Mio. EUR nachzahlen. Außerdem kommen sie nun nicht mehr in den Genuss der Steuervorteile, die sie aufgrund der Steuervorbescheide erhielten.

Die Kommission setzt ihre Untersuchung der Steuervorbescheidpraxis in allen EU-Mitgliedstaaten fort. Dies könnte zur Einleitung weiterer förmlicher Prüfverfahren führen, wenn es Anzeichen für Verstöße gegen die EU-Beihilfevorschriften gibt. Die förmlichen Untersuchungen von in Belgien, Irland und Luxemburg erteilten Steuervorbescheiden sind noch nicht abgeschlossen. Da jeder Fall für sich betrachtet wird, greifen die heutigen Beschlüsse dem Ausgang der laufenden Untersuchungen nicht vor.

Fiat

Fiat Finance and Trade, das seinen Sitz in Luxemburg hat, erbringt unterschiedliche Finanzdienstleistungen (z. B. konzerninterne Darlehen) für andere Unternehmen des Automobilkonzerns in Europa.

Die Untersuchung der Kommission ergab, dass ein 2012 von den luxemburgischen Behörden erteilter Steuervorbescheid der Fiat-Tochter einen ungerechtfertigten selektiven Vorteil verschaffte, der ihre Steuerlast seit 2012 um 20 – 30 Mio. EUR vermindert hat.

Da die Tätigkeiten von Fiat Finance and Trade mit Banktätigkeiten vergleichbar sind, können die steuerpflichtigen Gewinne des Unternehmens ähnlich wie bei Banken durch Berechnung der Kapitalrendite seiner Finanzierungstätigkeiten bestimmt werden. Mit dem Steuervorbescheid wurde jedoch eine künstliche und äußerst komplexe Methode gebilligt, die nicht für die Berechnung des steuerpflichtigen Gewinns zu Marktbedingungen geeignet ist. Die von Fiat Finance and Trade gezahlten Steuern wurden in zweierlei Hinsicht künstlich gesenkt:

  • Aufgrund einer Reihe von wirtschaftlich nicht gerechtfertigten Annahmen und Anpassungen nach unten ist die im Steuervorbescheid geschätzte Eigenkapitalausstattung wesentlich geringer als das tatsächliche Eigenkapital des Unternehmens.
  • Die für steuerliche Zwecke geschätzte Vergütung für dieses bereits viel zu niedrig angesetzte Kapital liegt ebenfalls weit unter den marktüblichen Sätzen.

Daher hat Fiat Finance and Trade nur auf einen geringen Teil seiner tatsächlichen buchmäßigen Eigenmittel und auf eine sehr niedrige Vergütung Steuern gezahlt. Generell muss ein Unternehmen, dessen steuerbarer Gewinn auf der Grundlage des Eigenkapitals berechnet wird, über eine nach den Normen der Finanzwirtschaft angemessene Kapitalausstattung verfügen. Außerdem muss die Vergütung seiner Tätigkeiten den Marktbedingungen entsprechen. Die beihilferechtliche Prüfung ergab, dass die in Luxemburg versteuerten Gewinne von Fiat Finance and Trade 20 Mal höher gewesen wären, wenn sein Kapital und seine Vergütung auf der Grundlage der Marktbedingungen geschätzt worden wären.

Fiat

Starbucks

Starbucks Manufacturing EMEA BV ist die einzige Kaffeerösterei der Starbucks-Gruppe in Europa. Sie verkauft und vertreibt gerösteten Kaffee und zusammen mit Kaffee angebotene Produkte (z. B. Becher, verpackte Lebensmittel, Gebäck) an Starbucks-Verkaufsstellen in Europa, im Nahen Osten und in Afrika.

Die Untersuchung der Kommission ergab, dass Starbucks Manufacturing durch einen 2008 von den niederländischen Behörden erteilten Steuervorbescheid ein ungerechtfertigter selektiver Vorteil entstand, der die Steuerlast des Unternehmens seit 2008 um 20 – 30 Mio. EUR vermindert hat. Die von Starbucks Manufacturing gezahlten Steuern wurden in zweierlei Hinsicht künstlich gesenkt:

  • Die Kaffeerösterei zahlt Alki, einem im Vereinigten Königreich ansässigen Unternehmen der Starbucks-Gruppe, sehr hohe Lizenzgebühren für das Know-how.
  • Ferner zahlt es der in der Schweiz ansässigen Starbucks Coffee Handel SARL einen überhöhten Preis für grüne Kaffeebohnen.

Die Untersuchung der Kommission ergab, dass die Höhe der Lizenzgebühren, die Starbucks Manufacturing an Alki entrichtete, nicht gerechtfertigt ist, da sie den Marktwert nicht angemessen widerspiegelt. Nur Starbucks Manufacturing muss für dieses Know-how zahlen – kein anderes Unternehmen der Gruppe und kein unabhängiges Unternehmen, das für Starbucks Kaffee röstet, muss für die Nutzung desselben Know-hows in mehr oder weniger der gleichen Situation Lizenzgebühren entrichten. Im Falle von Starbucks Manufacturing bedeutet die Existenz und die Höhe der Lizenzgebühren jedoch, dass ein großer Teil seiner steuerbaren Gewinne zu Unrecht Alki zugewiesen wird, das weder im Vereinigten Königreich noch in den Niederlanden Körperschaftsteuer entrichten muss.

Die Untersuchung ergab darüber hinaus, dass die Steuergrundlage von Starbucks Manufacturing auch durch den stark überhöhten Preis, den es der schweizerischen Starbucks Coffee Handel SARL für grüne Kaffeebohnen zahlt, ungerechtfertigterweise verringert wird. Seit 2011 hat sich die Marge für die Bohnen mehr als verdreifacht. Aufgrund des hohen Preises dieses für eine Kaffeerösterei wichtigen Kostenfaktors würden die Geschäftstätigkeiten von Starbucks Manufacturing in diesem Bereich alleine nicht genügend Gewinn abwerfen, um Alki die Lizenzgebühren für das Know-how zu zahlen. Mit der Lizenzgebühr werden daher vor allem Gewinne aus dem Verkauf anderer Erzeugnisse in den Starbucks-Verkaufsstellen (z. B. Tee, Gebäck und Becher), auf die der größte Teil des Umsatzes von Starbucks Manufacturing entfällt, auf Alki verlagert.

Starbucks

Rückforderung

Mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfen müssen nach den EU-Beihilfevorschriften grundsätzlich zurückgefordert werden, um die durch die Beihilfen verursachten Wettbewerbsverfälschungen zu verringern. In den beiden Beschlüssen hat die Kommission die Methode zur Berechnung des Werts des ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteils von Fiat und Starbucks dargelegt. Zu diesem Zweck wird die Differenz zwischen den von den Unternehmen jeweils gezahlten Beträgen und den Beträgen, die sie ohne den Steuervorbescheid hätten zahlen müssen, herangezogen. Dementsprechend müssen sowohl Fiat als auch Starbucks 20 – 30 Mio. EUR nachzahlen. Die genauen Rückforderungsbeträge müssen nun von der luxemburgischen und der niederländischen Steuerverwaltung auf der Grundlage der in den Kommissionsbeschlüssen festgelegten Methode ermittelt werden.

Neue Ermittlungsinstrumente

In den beiden Untersuchungen hat die Kommission für die Einholung von Auskünften erstmals neue Instrumente verwendet, die durch eine Verordnung des Rates im Juli 2013 (Verordnung Nr. 734/2013) geschaffen wurden. In Ausübung dieser Befugnisse kann die Kommission, wenn die Auskünfte des von der beihilferechtlichen Prüfung betroffenen Mitgliedstaats nicht ausreichen, einen anderen Mitgliedstaat oder Unternehmen (einschließlich des Beihilfeempfängers und seiner Wettbewerber) auffordern, ihr alle für die vollumfängliche Würdigung erforderlichen Marktauskünfte zu übermitteln.Diese neuen Instrumente (nach der Verordnung Nr. 734/2013) sind Teil der Initiative zur Modernisierung der Beihilfenkontrolle, die die Kommission 2012 eingeleitet hat, damit sie ihre Durchsetzungsmaßnahmen auf die Beihilfen konzentrieren kann, die den Wettbewerb am stärksten verfälschen können.

Weitere Hintergrundinformationen

Die Kommission untersucht seit Juni 2013, wie die Mitgliedstaaten in der Praxis bei Steuervorbescheiden vorgehen. Im Dezember 2014 richtete sie an alle MitgliedstaatenAuskunftsersuchen. Derzeit führt die Kommission drei weitere eingehende Prüfungen durch, weil sie beihilferechtliche Bedenken wegen Steuervorbescheiden hat, die Apple in Irland, Amazon in Luxemburg und im Rahmen einer belgischen Steuerregelung erteilt wurden.

Die Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steuerbetrug zählt zu den wichtigsten Prioritäten dieser Kommission. Im Juni 2015 stellte die Kommission eine Reihe von Initiativen zur Bekämpfung der Steuervermeidung, zur Sicherung nachhaltiger Steuereinnahmen und zur Verbesserung des Geschäftsumfelds im Binnenmarkt vor. Die geplanten Maßnahmen, die Teil des Aktionsplan der Kommission für eine faire und effiziente Unternehmensbesteuerung in der EU sind, sollen eine erhebliche Verbesserung bewirken und eine gerechtere, effizientere und wachstumsfreundlichere Gestaltung der steuerlichen Rahmenbedingungen für Unternehmen in Europa ermöglichen. Kernpunkte des Aktionsplans sind eine Regelung, die die effektive Besteuerung am Ort der Wertschöpfung sicherstellen soll, sowie eine Neuauflage des Vorschlags zur Einführung der gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB), der im Laufe des Jahres 2016 wiederaufgegriffen werden soll. Für das im März von der Kommission vorgestellteMaßnahmenpaket zur Steuertransparenz konnte im Oktober 2015 ein erster Erfolg verbucht werden, als die Mitgliedstaaten nach nur siebenmonatigen Verhandlungen eine politische Einigung über den automatischen Austausch von Informationen über Steuervorbescheide erzielten. Diese Rechtsvorschriften tragen zu einer wesentlich höheren Transparenz bei und werden von der missbräuchlichen Nutzung der Steuervorbescheide abschrecken. Das sind gute Nachrichten für Unternehmen und Verbraucher, die die sehr nützlichen Vorbescheide weiterhin erhalten können. Künftig wird dies jedoch genau kontrolliert, um einen Rahmen für fairen Steuerwettbewerb zu gewährleisten.

Sobald alle Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz vertraulicher Daten geklärt sind, werden die nichtvertraulichen Fassungen der Beschlüsse über das Beihilfenregister auf der Website der GD Wettbewerb unter den Nummern SA.38375 (Fiat) und SA.38374 (Starbucks) zugänglich gemacht. Über neu im Internet und im Amtsblatt der EU veröffentlichte Beihilfebeschlüsse informiert der elektronische Newsletter State aid Weekly e-News.

Quelle: EU-Kommission

Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Saunaleistungen

Aufteilung eines Gesamtentgeltes für Übernachtungsleistungen und Saunanutzung – Änderung des Abschnitts 12.16 Umsatzsteuer-Anwendungserlass

I. Vereinfachungsregelung zur Rechnungsausstellung
Nach dem BMF-Schreiben vom 28. Oktober 2014, BStBl I, S. 1439, sind Saunaleistungen, die nach dem 30. Juni 2015 erbracht werden, mit dem Regelsteuersatz zu besteuern.

Werden nach diesem Zeitpunkt Beherbergungsleistungen, die gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG ermäßigt zu besteuern sind, zusammen mit Saunaleistungen zu einem pauschalen Gesamtentgelt erbracht, ist das einheitliche Entgelt sachgerecht auf die einzelnen Leistungen aufzuteilen. Dabei kann der Anteil des Entgelts, der auf die nicht ermäßigte Leistung entfällt, im Wege der Schätzung ermittelt werden. Schätzungsmaßstab kann beispielsweise der kalkulatorische Kostenanteil zuzüglich eines angemessenen Gewinnaufschlags sein.

Zu Übernachtungsleistungen, die mit verschiedenen anderen Leistungen zu einem Pauschalpreis angeboten werden, enthält Abschnitt 12.16 Abs. 12 UStAE eine Vereinfachungsregelung. Danach wird es nicht beanstandet, wenn die in einem Pauschalangebot enthaltenen nicht begünstigten Leistungen in der Rechnung zu einem Sammelposten (z. B. „Business-Package“, „Servicepauschale“) zusammengefasst und der darauf entfallende Entgeltanteil in einem Betrag ausgewiesen werden. Diese Vereinfachungsregelung gilt auch für Saunaleistungen, die nach dem 30. Juni 2015 erbracht werden.

II. Änderung des Anwendungserlasses
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird im Umsatzsteuer-Anwendungserlass vom 1. Oktober 2010 (BStBl I S. 846), der zuletzt durch BMF-Schreiben vom 14. Oktober 2015 – IV C 5 – S-2332 / 15 / 10001 (2015/0581477) – geändert worden ist, in Abschnitt 12.16 Abs. 12 Satz 1 nach dem fünften Spiegelstrich folgender Spiegelstrich eingefügt:

„- Nutzung von Saunaeinrichtungen;“.

III. Anwendungsregelung
Die Grundsätze dieses Schreibens sind auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 30. Juni 2015 ausgeführt werden.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 2 – S-7243 / 07 / 10002-03 vom 21.10.2015

 

Aufwendungen eines Arbeitnehmers für die Feier des Geburtstags und der Bestellung zum Steuerberater

Der VI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 8. Juli 2015 entschieden, dass Aufwendungen eines Arbeitnehmers für eine Feier aus beruflichem und privatem Anlass hinsichtlich der Gäste aus dem beruflichen Umfeld als Werbungskosten abziehbar sein können.
Der Kläger wurde im Februar des Streitjahres zum Steuerberater bestellt. Im April desselben Jahres war sein 30. Geburtstag. Zur Feier beider Ereignisse lud er Kollegen, Verwandte und Bekannte in die Stadthalle seines Wohnorts ein. Er teilte die für Hallenmiete und Bewirtung entstandenen Aufwendungen nach Köpfen auf und begehrte den Abzug als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, soweit sie auf die dem beruflichen Bereich zugeordneten Gäste entfielen.

Der BFH entschied, dass der als Werbungskosten abziehbare Betrag im Falle einer Feier aus beruflichem und privatem Anlass anhand der Herkunft der Gäste aus dem beruflichen oder privaten Umfeld des Steuerpflichtigen abgegrenzt werden kann, wenn die Einladung der Gäste aus dem beruflichen Umfeld (nahezu) ausschließlich beruflich veranlasst ist. Hiervon kann insbesondere dann auszugehen sein, wenn nicht nur ausgesuchte Gäste aus dem beruflichen Umfeld eingeladen werden, sondern die Einladungen nach abstrakten berufsbezogenen Kriterien (z. B. alle Auszubildenden, alle Zugehörigen einer bestimmten Abteilung) ausgesprochen werden.

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 73/15 vom 21.10.2015 zum Urteil VI R 46/14 vom 08.07.2015

 

Kein Abzug tatsächlich nicht angefallener Gewerbesteuer bei der Bemessung des Solidaritätszuschlags

Bereits mit Urteilen vom 28. April 2014 – 13 K 1894/13 – und vom 26. Juni 2014 – 12 K 1045/13 – haben sowohl der 13. Senat als auch der 12. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg entschieden, dass ein Abzug „fiktiver“ Gewerbesteuer von anderen Einkünften als denen aus Gewerbebetrieb bei der Berechnung des Solidaritätszuschlags nicht in Betracht kommt.

Die Kläger der beiden Streitfälle erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung. Gewerbesteuer – die ausschließlich bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb anfällt – hatten sie auf diese Erträge nicht zu zahlen. Die Kläger begehrten beim Finanzamt dennoch – soweit es um den Solidaritätszuschlag ging – die Anrechnung einer fiktiven Gewerbesteuerbelastung nach § 35 EStG mit der Begründung, dass Steuerpflichtige mit nichtgewerblichen Einkünften anderenfalls gegenüber Gewerbetreibenden benachteiligt seien. Nach § 35 Abs. 1 EStG vermindert sich die tarifliche Einkommensteuer – und damit nach § 3 Abs. 2 SolZG auch die Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag – um einen bestimmten Prozentsatz des Gewerbesteuermessbetrags.

Beide Senate des FG haben die Klagen abgewiesen. Sie sehen in dem Umstand, dass die Steuerermäßigung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb nach § 35 EStG nicht auf andere Einkunftsarten anwendbar ist, eine Kompensation für die Zusatzbelastung, die bei Steuerpflichtigen mit gewerblichen Einkünften mit der Erhebung der Gewerbesteuer einhergeht. Dass die Ungleichbehandlung gerechtfertigt sei und dass dies ausdrücklich auch für die an die Minderung der Einkommensteuer anknüpfende Minderung der Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag gelte, habe der BFH bereits entschieden (BFH-Urteil vom 21. Juli 2011 – II R 52/10, BStBl II 2012, 43).

Der BFH hat gegen beide Urteile inzwischen die Revision zugelassen (Az. der Revision gegen das Urteil des 13. Senats: VIII R 25/15; Az. der Revision gegen das Urteil des 12. Senats: X R 22/15).

Quelle: FG Baden-Württemberg, Mitteilung vom 20.10.2015 zu den Urteilen 13 K 1894/13 vom 28.04.2014 und 12 K 1045/13 vom 26.06.2014

 

Hinzurechnungsbesteuerung im Verhältnis zur Schweiz ernstlich zweifelhaft

Der 3. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg hat mit Beschluss vom 12. August 2015 – 3 V 4193/13 – in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ernstliche Zweifel daran angemeldet, ob die sog. Hinzurechnungsbesteuerung bei Einkünften aus in der Schweiz ansässigen Zwischengesellschaften europarechtskonform ist.

Der in Deutschland wohnende Antragsteller hielt Anteile an einer schweizerischen AG, deren Geschäftsführer er auch war. Die AG betrieb in der Schweiz ein Maklerbüro, das sich mit dem An- und Verkauf, der Vermittlung und der Vermietung von Geschäftsimmobilien in Fußgängerzonen befasste. Das Finanzamt sah die AG als sog. Zwischengesellschaft an und rechnete deren Einkünfte dem Antragsteller persönlich zu. Den Gegenbeweis des Antragstellers, dass die AG in der Schweiz einer tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachging (sog. Motivtest), ließ das Finanzamt nicht zu. Auch Aussetzung der Vollziehung (AdV) der Steuerforderung wollte das Finanzamt für die Dauer des Einspruchsverfahrens nicht gewähren.

Diese Verfahrensweise hält der 3. Senat für problematisch. Die Vereinbarkeit der Hinzurechnungsbesteuerung mit den einschlägigen EU-Grundfreiheiten sei höchstrichterlich noch nicht geklärt. Soweit es um die Kapitalverkehrsfreiheit mit der Schweiz gehe, sei dazu vor dem BFH ein Revisionsverfahren anhängig (Az. des BFH: I R 78/14; Vorinstanz: Finanzgericht Münster, Urteil vom 30. Oktober 2014 – 2 K 618/11 F), bis zu dessen Abschluss das Einspruchsverfahren des Antragstellers ruhen könne. Außerdem sei im Verhältnis zur Schweiz das 2002 in Kraft getretene Freizügigkeitsabkommen zu beachten, zu dessen Bedeutung für das Steuerrecht bislang nur wenige Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ergangen seien. Nach Auffassung des Senats ist daher eine Vorlage der streitigen Rechtsfrage an den EuGH in Betracht zu ziehen.

Mit dieser Begründung hat das Finanzgericht die auf die Hinzurechnungsbesteuerung entfallende Einkommensteuer des Antragstellers von der Vollziehung ausgesetzt. Die dagegen zugelassene Beschwerde zum BFH hat die Finanzverwaltung nicht eingelegt.

Quelle: FG Baden-Württemberg, Mitteilung vom 20.10.2015 zum Beschluss 3 V 4193/13 vom 12.08.2015

 

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