Einkommensteuer: BFH: Ermittlung des Gewinns aus privaten Veräußerungsgeschäften nach der BVerfG-Entscheidung „Rückwirkung im Steuerrecht I“

Leitsatz

  1. Wird eine Immobilie nach Ablauf der ursprünglichen Spekulationsfrist von zwei Jahren und vor Ablauf der neuen Spekulationsfrist von zehn Jahren steuerbar veräußert, sind Sonderabschreibungen und AfA-Beträge, die in der Zeit bis zur Verkündung des StEntlG 1999/2000/2002 zum 1. April 1999 in Anspruch genommen worden sind, dem nicht steuerbaren Zeitraum zuzuordnen.
  2. Die in Ziff. II.1. des BMF-Schreibens vom 20. Dezember 2010 (BStBl I 2011, 14) vorgesehene Vereinfachungsregel, wonach bei der Ermittlung des Gewinns aus privaten Veräußerungsgeschäften i. S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG der Umfang des steuerbaren Wertzuwachses entsprechend dem Verhältnis der Besitzzeit nach dem 31. März 1999 im Vergleich zur Gesamtbesitzzeit linear (monatsweise) zu ermitteln ist, entspricht insoweit nicht der Rechtsprechung des BVerfG, als dadurch Wertsteigerungen, die im Fall einer Veräußerung vor dem 1. April 1999 nicht steuerverhaftet waren, nachträglich in die Besteuerung einbezogen werden (BVerfG-Beschluss vom 7. Juli 2010 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76).
  3. Veräußerungskosten sind bei der Ermittlung der Einkünfte aus Veräußerungsgeschäften nach § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG nicht aufzuteilen, sondern als Werbungskosten in vollem Umfang vom steuerbaren Veräußerungsgewinn abzuziehen (Anschluss an die frühere Auffassung der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben in BStBl I 2011, 14, unter II.1.; entgegen der späteren Auffassung in der Verfügung des Bayerischen Landesamts für Steuern S-2256.1.1 4/8 St 32 vom 20. April 2011).

Die Entscheidung ist im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil IX R 39/13 vom 06.05.2014. Die Entscheidung wurde nachträglich zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt; sie war seit dem 03.09.2015 als NV-Entscheidung abrufbar.

Abgabenordnung: BFH zum Auskunftsersuchen an Dritte: Ohne vorherige Sachverhaltsaufklärung beim Steuerpflichtigen nur sehr eingeschränkt möglich

Mit Urteil vom 29. Juli 2015 X R 4/14 hat der X. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) darüber entschieden, wann sich eine Finanzbehörde unmittelbar an andere Personen als den Steuerpflichtigen (sog. Dritte) wenden darf.

Im Streitfall richtete das Finanzamt (FA) – ohne den Kläger hierzu vorab um Auskunft zu ersuchen – ein Auskunftsersuchen betreffend Provisionszahlungen an einen Dritten, nachdem ein anderer Lieferant des Klägers „Ausgleichszahlungen“ an diesen mitgeteilt hatte. Das Auskunftsersuchen diente aus Sicht des FA der „Vervollständigung der Prüfung“. Das Finanzgericht (FG) hatte einen Ermessensfehler des FA darin gesehen, dass das FA nicht zuvor den Kläger um Auskunft gebeten hatte, und der Klage stattgegeben.

Der X. Senat des BFH folgte dem FG und hat die Revision zurückgewiesen. Zwar genüge es, wenn aufgrund konkreter Umstände oder aufgrund allgemeiner Erfahrung ein Auskunftsersuchen an einen Dritten angezeigt sei. Nach § 93 Abs. 1 Satz 3 der Abgabenordnung sollten Dritte aber erst dann zur Auskunft angehalten werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch den Steuerpflichtigen nicht zum Ziel führe oder keinen Erfolg verspreche. Hiervon dürfe die Finanzbehörde nur in atypischen Fällen abweichen. Ein solcher läge vor, wenn aufgrund des bisherigen Verhaltens des Steuerpflichtigen feststehe, dass er nicht mitwirken werde und damit die Erfolglosigkeit seiner Mitwirkung offenkundig sei. Hieran fehlte es im Streitfall.

 

Zweitwohnungsteuer: BFH zur Hamburger Zweitwohnungsteuer: Befreiung für aus beruflichen Gründen gehaltene Nebenwohnung eines Verheirateten verfassungsgemäß

Mit Urteil vom 30. September 2015 hat der II. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) entschieden, dass eine aus beruflichen Gründen in Hamburg gehaltene Nebenwohnung eines nicht dauernd getrennt lebenden Ehepartners unabhängig vom zeitlichen Umfang der Nutzung von der Hamburgischen Zweitwohnungsteuer befreit ist. Diese Befreiung von Erwerbszweitwohnungen Verheirateter führt nicht zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung gegenüber Ledigen.

Der seit 2009 verheiratete Kläger hatte seinen Hauptwohnsitz zunächst in Hamburg, wo er eine freiberufliche Tätigkeit ausübte. Später verlegte er seinen Hauptwohnsitz an den Wohnort seiner Ehefrau, die dort gewerblich tätig ist. Im Mai 2011 meldete er in Hamburg einen Nebenwohnsitz an. Die Nebenwohnung nutzte er aus beruflichen Gründen an zwei bis drei Tagen in der Woche. Das Finanzamt ging davon aus, dass der Kläger die Wohnung nur sporadisch und damit nicht überwiegend beruflich genutzt habe. Es setzte für das Innehaben der Nebenwohnung Zweitwohnungsteuer fest. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Der BFH hob nun die Steuerfestsetzung auf. Nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 5 Buchst. c des Hamburgischen Zweitwohnungsteuergesetzes wird nur vorausgesetzt, dass ein Ehepartner die Wohnung aus überwiegend beruflichen Gründen innehat. Die Steuerbegünstigung hängt nicht davon ab, dass die Nebenwohnung in Hamburg von dem dort gemeldeten Ehepartner auch überwiegend genutzt wird. Eine wortlauteinschränkende Auslegung ist weder nach dem Sinn und Zweck noch im Hinblick auf die Entstehungsgeschichte der Steuerbegünstigung geboten. Auch verfassungsrechtliche Gründe sprechen nicht dagegen, dass die zeitlich nicht überwiegend genutzte Erwerbszweitwohnung eines Verheirateten steuerbegünstigt ist. Die aus der ehelichen Lebensgemeinschaft resultierenden Verpflichtungen rechtfertigen eine Ungleichbehandlung gegenüber unverheirateten Personen.

 Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 82/15 vom 09.12.2015 zum Urteil II R 13/14 vom 30.09.2015

 

Einkommensteuer: BFH: Differenzkindergeld für einen vom persönlichen Anwendungsbereich der VO (EWG) Nr. 1408/71 erfassten Selbständigen bei Gewährung von Familienleistungen im EU-Ausland

Leitsatz

Unterliegt der Selbständige dem persönlichen Anwendungsbereich der VO (EWG) Nr. 1408/71, steht ihm ein Anspruch auf Differenzkindergeld auch dann zu, wenn Deutschland nach Art. 13 ff. der VO (EWG) Nr. 1408/71 der für die Gewährung der Familienleistungen zuständige Mitgliedstaat und die Konkurrenz zu den im EU-Ausland gewährten Familienleistungen nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu lösen sein sollte.

Steuervermeidung: BEPS in aller Munde – Sind deutsche KMU betroffen?

Im Jahre 2012 baten die G20-Regierungschefs die OECD um Vorschläge, wie der Steuervermeidung durch „Base Erosion and Profit Shifting“ (BEPS) entgegen gewirkt werden kann. Ausschlaggebend war die anhaltende Debatte um Steuervermeidungsstrategien multinational tätiger Konzerne. Im Oktober dieses Jahres stellte die OECD die finalen Abschlussberichte zum Aktionsplan gegen BEPS vor. Den Regierungschefs der G20 wurde der Bericht bei Ihrem Jahrestreffen am 15./16. November vorgelegt und von ihnen gebilligt. Damit ist das Thema in Deutschland angekommen und wird seitdem intensiv erörtert.

In Berlin fanden kürzlich gleich zwei Veranstaltungen zu dem Thema BEPS und deren aktueller Entwicklung statt. So wurde ein Symposium am 27.11.2015 im Bundesministerium der Finanzen (BMF) sowie am 30.11.2015 ein Symposium des DWS-Instituts veranstaltet.

Noch nie zuvor gab es in der internationalen Steuerpolitik eine derart enge Verständigung über internationale Besteuerungsstandards. Die Verbindlichkeit der erarbeiteten Ergebnisse reichen von (verbindlichen) „Mindeststandards“ über eine „gemeinsame steuerpolitische Gesamtausrichtung“ hin zu bloßen „best-practice“-Empfehlungen.

Deutlich ist, der Aktionsplan gegen BEPS hat nicht nur Auswirkungen für Großkonzerne. Auch für kleinere- und mittelständische Unternehmen (KMU) kann der Aktionsplan überraschende Neuerungen bringen.

Absenkung der Betriebsstätten-Schwelle

Die Kriterien für die Begründung einer Betriebsstätte sollen sinken, um derzeitige Gestaltungsmöglichkeiten zu minimieren. Diese Neuerung bei der Definition der Betriebsstätte, mit der zwar vornehmlich mögliche steuervermeidende Gestaltungen verhindert werden sollen, kann zu einer unerwarteten Begründung einer Betriebsstätte führen. Auch KMUs können hier betroffen sein.

Durch die Anpassung des Betriebsstättenbegriffs soll unter anderem vermieden werden, dass durch die Wahl geschickt formulierter Vertragsgestaltungen das Entstehen einer Betriebsstätte umgangen werden kann.

Eine Neuerung betrifft sog. Vertreterbetriebsstätten. Es ist derzeit möglich, Waren mittels Kommissionären – die in eigenem Namen für Rechnung des beauftragenden Unternehmens arbeiten – in einem Land zu verkaufen, ohne dass das Unternehmen dadurch eine Betriebsstätte in diesem Land begründet. Eine Änderung des Betriebsstättenbegriffs wird wie folgt angedacht:

Wenn eine Person in einem Vertragsstaat im Auftrag des Unternehmens gewöhnlich Verträge schließt oder gewöhnlich die wesentliche Rolle zum Abschluss von Verträgen innehat, die dann regelmäßig ohne materielle Änderungen vom Unternehmen geschlossen werden, und die Verträge

  • im Namen des Unternehmens geschlossen werden oder
  • den Austausch von Waren oder Nutzungsrechten des Unternehmens oder
  • Dienstleistungen des Unternehmens zum Inhalt haben,

soll grundsätzlich eine Betriebsstätte begründet werden.

So können nun auch Geschäfte erfasst werden, die der Kommissionär in eigenem Namen schließt. Bisherige Gestaltungsmöglichkeiten werden somit deutlich eingeschränkt. Bestehende Vertriebsverträge sollten daher überprüft werden, um sicher zu gehen, dass eine Betriebsstätte nicht unerkannt bleibt.

Als weiteres Schlupfloch zur Steuervermeidung wird darüber hinaus der derzeit normierte Katalog ausgemacht, der die für eine Begründung einer Betriebsstätte unschädlichen Tätigkeiten beinhaltet. Dieser umfasst zum Beispiel Einrichtungen, die zur Lagerung oder Auslieferung von Gütern benutzt werden. Künftig soll der Katalog insofern eine Einschränkung erfahren, als dass die Ausnahmen für die Begründung einer Betriebsstätte nur vorliegen, wenn es sich um eine vorbereitende oder um eine Hilfstätigkeit handelt. Insbesondere für KMUs in Grenznähe, die regelmäßig Warenlager im Ausland unterhalten, gilt hier zu prüfen, ob es sich bei den Einrichtungen um solche handelt, die nur vorbereitende oder Hilfstätigkeiten ausüben. Das Risiko, eine Betriebsstätte zu begründen, steigt durch die Einschränkung zumindest deutlich an.

Die geplante Regelung zur Betriebsstätte versucht außerdem Gestaltungen im Bereich der Bauausführung und Montage entgegenzuwirken. Bislang begründen Bauausführungen oder Montagen nur dann eine Betriebsstätte, wenn ihre Dauer länger als zwölf Monate beträgt. Durch die künstliche Aufspaltung der Leistungen in Verträge mit kürzeren Laufzeiten und der Verteilung der Aufträge auf verbundene Unternehmen kam es zu unerwünschter Steuergestaltung. Es ist angedacht, hier künftig einen sog. Principal Purpose Test (PPT) durchzuführen. Der Test verbietet im Ergebnis dann einen steuerlichen Vorteil aus einem Doppelbesteuerungsabkommen, wenn vertretbare Gründe dafür vorliegen, dass die Vereinbarung bzw. Durchführung nur um dieses Vorteils willen durchgeführt wurde. Außerdem soll eine Klarstellung dahingehend erfolgen, dass in die Berechnung der Zwölf-Monats-Frist Zeiten unterschiedlicher Verträge addiert werden, wenn dies der tatsächlichen Sachlage entspricht. Daher wäre es künftig geboten, bestehende Verträge im Bereich der Bauausführung und Montage genau zu überprüfen. Insbesondere bei mehreren Verträgen für das gleiche Projekt besteht das Risiko für die Begründung einer Betriebsstätte.

Zur Umsetzung dieses Aktionspunkts mit sämtlichen Änderungen, was die Begründung einer Betriebsstätte betrifft, bedarf es grundsätzlich der Änderung bestehender Doppelbesteuerungsabkommen. Um diesen Prozess zu beschleunigen, soll ein sog. Multilateraler Vertrag erarbeitet werden, der bestehende Doppelbesteuerungsabkommen „überschreibt“ bzw. ergänzt. Ein konkreter Entwurf eines solchen Abkommens soll Ende 2016 vorliegen. Die USA zählen derzeit nicht zu den 90 Nationen, die an der Entwicklung des Multilateralen Vertrags mitwirken. Wie sich dieser Umstand auswirkt, bleibt abzuwarten.

Country-by-Country Reporting

In der öffentlichen Diskussion um BEPS steht als Abwehrmaßnahme maßgeblich das Country-by-Country Reporting im Fokus. Diese Maßnahme geht eng mit der Verrechnungspreisdokumentation multinational tätiger Unternehmen einher. Es ist vorgesehen, dass bestimmte standardisierte Konzernstammdaten, detaillierte landesspezifische Dokumentationen sowie ein Country-by-Country-Report (CbCR) übermittelt werden müssen. Konkret sind im CbCR beispielsweise Umsatz, Vorsteuerergebnis, gezahlte Steuern oder die Aufstellung der Geschäftstätigkeiten aller Geschäftseinheiten zu übermitteln. Daraus soll unter anderem eine Aufstellung der globalen Verteilung der Erträge und Steuern für die Finanzverwaltung ersichtlich werden. Wenngleich die Maßnahme nicht zu den erarbeiteten Mindeststandards zählt, haben sich alle OECD- und G20-Länder verpflichtet, diese Maßnahme umzusetzen. Allerdings ist der CbCR nur von Unternehmen mit einem jährlichen Konzernumsatz von mehr als 750 Mio. Euro zu erstellen. Somit sollten KMUs von diesen Überlegungen nicht betroffen sein.

Oftmals kritisiert wird aber die parallele Bestrebung seitens der EU, ein Country-by-Country Reporting für Unternehmen einzuführen, die mehr als 500 Mitarbeiter auf konsolidierter Basis beschäftigen und am Bilanzstichtag

  • entweder eine Bilanzsumme von höchstens 86 Mio. Euro oder
  • einen Nettoumsatz von höchstens 100 Mio. Euro auf konsolidierter Basis aufweisen.

Kritisch werden diese Überlegungen insbesondere deshalb gesehen, weil der Datenaustausch sich nicht auf die Übermittlung zwischen den Finanzbehörden beschränkt, sondern auch eine Veröffentlichung bestimmter Daten vorgesehen ist. Allerdings dürften KMUs angesichts der Größenmerkmale auch von der Umsetzung dieser Maßnahmen nicht betroffen sein.

Neue Offenlegungsregelungen zur Anzeige von Steuergestaltung

Im Rahmen der Maßnahmen gegen BEPS ist auch die Einführung von Offenlegungsregelungen für internationale Steuergestaltung vorgesehen. Diese Maßnahme ist zunächst seitens der OECD und der G 20 nur als „best-practice“-Empfehlung beschlossen worden. Aber unabhängig davon sind auch national solche Überlegungen immer wieder im Gespräch – wie beispielsweise im BMF-Gesetzentwurf zum Jahressteuergesetz 2008 zur Einführung eines § 138a AO sowie eine Initiative des Bundesrats im Mai 2014. Die BEPS-Empfehlungen können dazu führen, dass entsprechende Überlegungen wieder an Fahrt aufnehmen. Länder wie beispielsweise Großbritannien, Irland oder die USA haben bereits heute entsprechende Regelungen.

Ziel solcher Regelungen ist in erster Linie die frühzeitige Information der Finanzverwaltung über modellhafte internationale Steuergestaltungen. Die zwar legalen, aber oftmals unerwünschten Gestaltungen könnten so seitens der Finanzverwaltung identifiziert und gesetzgeberische Maßnahmen angeregt werden. Etwaige Erhebungsdefizite, die auf nicht abgestimmten Steuerrechtsordnungen fußen, könnten vermieden werden. Die Herausforderung an den Gesetzgeber dürfte hier unter anderem darin bestehen, eine notwendige Normenklarheit festzulegen. Es besteht hier grundsätzlich ein Spannungsverhältnis zwischen Bestimmtheit der Norm und ihrer Effektivität. Je nach Ausgestaltung der Maßnahme könnte sich für KMUs der Beratungsaufwand erhöhen.

Anhand der beispielhaften Ausführungen wird deutlich, dass die Maßnahmen gegen BEPS nicht nur unternehmerische Global Player betreffen, sondern auch durchaus Auswirkungen auf KMUs haben können. Grundsätzlich sind die Bestrebungen der Bekämpfung von BEPS jedoch zu begrüßen. Es bleibt mit Spannung abzuwarten, welche Maßnahmen gegen BEPS umgesetzt werden und in welcher konkreten Form sie Eingang ins Gesetz finden. Davon hängt es letztlich entscheidend ab, ob und inwiefern der Beratungsaufwand auch für KMUs zunimmt.

Quelle: DStV, Mitteilung vom 07.12.2015

 

1,1 % mehr Gründungen größerer Betriebe in den ersten drei Quartalen 2015

Von Januar bis September 2015 wurden rund 95.000 Betriebe neu gegründet, deren Rechtsform und Beschäftigtenzahl auf eine größere wirtschaftliche Bedeutung schließen lassen. Wie das Statistische Bundesamt nach Auswertung der Gewerbemeldungen weiter mitteilt, waren das 1,1 % mehr als von Januar bis September 2014.

Im Gegensatz zum Anstieg der Gründungen größerer Betriebe ist bei anderen Gewerbeanmeldungen die Entwicklung rückläufig: Die Zahl neu gegründeter Kleinunternehmen ging um 5,4 % auf knapp 156.000 zurück. Die Zahl der Gründungen von Nebenerwerbsbetrieben lag mit rund 191.000 leicht unter dem Niveau des Vorjahres (-0,6 %). Die Gesamtzahl der Gewerbeanmeldungen sank Januar bis September 2015 auf rund 545.000, das waren 1,8 % weniger als von Januar bis September 2014. Gewerbeanmeldungen müssen nicht nur bei Gründung eines Gewerbebetriebes erfolgen, sondern auch bei Betriebsübernahme, Umwandlung oder Zuzug.

Von Januar bis September 2015 gaben rund 82.000 Betriebe mit größerer wirtschaftlicher Bedeutung ihr Gewerbe auf. Das entsprach einem Rückgang von 0,9 % gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum. Die Zahl der Kleinunternehmen, die von Januar bis September 2015 abgemeldet wurden, lag mit fast 185.000 um 8,7 % niedriger als von Januar bis September 2014. Rund 128.000 Nebenerwerbsbetriebe meldeten ihr Gewerbe ab, damit stieg die Zahl dieser Abmeldungen um 3,5 %. Insgesamt sank die Zahl der Gewerbeabmeldungen bei den Gewerbeämtern um 3,1 % auf fast 496.000. Dabei handelt es sich nicht nur um Schließungen, sondern auch um Betriebsübergaben, Umwandlungen oder Fortzüge.

Aufgrund der bisherigen Entwicklung rechnet das Statistische Bundesamt für das gesamte Jahr 2015 mit etwa 127.000 Gründungen von Betrieben mit größerer wirtschaftlicher Bedeutung (2014: 124.000). Die Gründungen von Kleinunternehmen und von Nebenerwerbsbetrieben werden im Jahr 2015 mit zusammen voraussichtlich 462.000 auf dem Niveau des Vorjahres liegen.

Bis Ende 2015 werden schätzungsweise 109.000 Betriebe mit größerer wirtschaftlicher Bedeutung ihr Gewerbe aufgeben (2014: 111.000). Zusätzlich werden im Jahr 2015 voraussichtlich rund 417.000 Kleinunternehmen und Nebenerwerbsbetriebe schließen (2014: 446.000).

 Mehr Informationen finden Sie auf der Homepage des Statistischen Bundesamtes.
Quelle: Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung vom 10.12.2015

 

Umsatz bei freiberuflichen und technischen Dienstleistungen im 3. Quartal 2015 um 4,9 % gestiegen

Der Umsatz im Bereich der freiberuflichen und technischen Dienstleistungen nahm im dritten Quartal 2015 im Vergleich zum dritten Quartal 2014 nominal um 4,9 % zu. Wie das Statistische Bundesamt nach ersten Berechnungen weiter mitteilt, war damit der Umsatz seit dem zweiten Vierteljahr 2013 jeweils höher als im entsprechenden Vorjahresquartal. Die Zahl der Beschäftigten erhöhte sich im dritten Quartal 2015 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 1,8 %.

Zu den wirtschaftlichen Tätigkeiten der freiberuflichen und technischen Dienstleistungen gehören unter anderem Rechts- und Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung, Architektur- und Ingenieurbüros, technische, physikalische und chemische Untersuchung, Unternehmensberatung, Werbung und Marktforschung, Design, Fotografie sowie Dolmetschen.

Gegenüber dem Vorquartal verzeichnete der arbeitstäglich- und saisonbereinigte Umsatz im Bereich der freiberuflichen und technischen Dienstleistungen im dritten Quartal 2015 eine Steigerung um 3,4 %. Die saisonbereinigte Zahl der Beschäftigten blieb im gleichen Zeitraum stabil (+0,1 %).

 Mehr Informationen finden Sie auf der Homepage des Statistischen Bundesamtes.
Quelle: Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung vom 09.12.2015

 

Beihilfe in Krankheitsfällen für Berliner Beamte wie in der gesetzlichen Krankenversicherung

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass das Land Berlin seinen Beamten zu Recht die Kosten von Medikamenten nur noch anteilig anhand der Höhe von Festbeträgen erstattet. Die Festbeträge berechnen sich nach dem billigsten Medikament aus der Gruppe mit vergleichbaren pharmazeutischen Wirkstoffen. Das Land Berlin übernimmt die Festbeträge aus der gesetzlichen Krankenversicherung.

Der 7. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat die Klage eines im Ruhestand befindlichen Berliner Beamten abgewiesen, der eine Kostenerstattung für ein Medikament begehrte, das teurer als der Festbetrag war. Der Pensionär berief sich auf Unverträglichkeiten. Das Gericht bestätigte die Geltung der Festbeträge für die Krankenbeihilfe von Berliner Beamten und verneinte im Einzelfall eine unzumutbare Härte. Der Pensionär muss den Differenzbetrag von ca. 32 Euro selbst tragen.

Der Senat hat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen.

Quelle: OVG Berlin-Brandenburg, Pressemitteilung vom 11.12.2015 zum Urteil 7 B 13.15 vom 09.12.2015

 

Arbeitsrecht: Angemessenheit eines Nachtarbeitszuschlags – Dauerhafte Nachtarbeit

Bestehen keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen, haben Nachtarbeitnehmer nach § 6 Abs. 5 ArbZG einen gesetzlichen Anspruch auf einen angemessenen Nachtarbeitszuschlag oder auf eine angemessene Anzahl bezahlter freier Tage. Regelmäßig ist dabei ein Zuschlag i. H. v. 25 % auf den Bruttostundenlohn bzw. die entsprechende Anzahl freier Tage für die zwischen 23.00 Uhr und 6.00 Uhr geleisteten Nachtarbeitsstunden angemessen. Bei Dauernachtarbeit erhöht sich dieser Anspruch regelmäßig auf 30 %.

Der Kläger ist bei der Beklagten als Lkw-Fahrer im Paketlinientransportdienst tätig. Die Arbeitszeit beginnt in der Regel um 20.00 Uhr und endet unter Einschluss von Pausenzeiten um 6.00 Uhr. Die Beklagte ist nicht tarifgebunden. Sie zahlte an den Kläger für die Zeit zwischen 21.00 Uhr und 6.00 Uhr einen Nachtzuschlag auf seinen Stundenlohn i. H. v. zunächst etwa 11 %. Später hob sie diesen Zuschlag schrittweise auf zuletzt 20 % an. Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm einen Nachtarbeitszuschlag i. H. v. 30 % vom Stundenlohn zu zahlen oder einen Freizeitausgleich von zwei Arbeitstagen für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden zu gewähren.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hingegen nur einen Anspruch i. H. v. 25 % festgestellt. Die Revision des Klägers hatte vor dem Zehnten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Bestehen – wie im Arbeitsverhältnis der Parteien – keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen, haben Nachtarbeitnehmer nach § 6 Abs. 5 ArbZG einen gesetzlichen Anspruch auf einen angemessenen Nachtarbeitszuschlag oder auf eine angemessene Anzahl bezahlter freier Tage für die zwischen 23.00 Uhr und 6.00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden. Regelmäßig ist dabei ein Zuschlag i. H. v. 25 % auf den Bruttostundenlohn bzw. die entsprechende Anzahl bezahlter freier Tage angemessen. Eine Reduzierung der Höhe des Nachtarbeitsausgleichs kommt in Betracht, wenn während der Nachtzeit beispielsweise durch Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst eine spürbar geringere Arbeitsbelastung besteht. Besondere Belastungen können zu einem höheren Ausgleichsanspruch führen. Eine erhöhte Belastung liegt nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen bei Dauernachtarbeit vor. In einem solchen Fall erhöht sich der Anspruch regelmäßig auf einen Nachtarbeitszuschlag i. H. v. 30 % bzw. eine entsprechende Anzahl freier Tage. Da der Kläger Dauernachtarbeit erbringt, steht ihm ein Ausgleichsanspruch i. H. v. 30 % zu. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist ein für die Zeit zwischen 21.00 Uhr und 23.00 Uhr gezahlter Zuschlag nicht anrechenbar. Ebenso wenig ist die Höhe des Stundenlohns des Klägers relevant. Erkennbare Anhaltspunkte dafür, dass in diesem bereits ein anteiliger Nachtarbeitszuschlag enthalten ist, bestehen nicht.

In einem ähnlich gelagerten Fall (Az. 10 AZR 29/15) hatte das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Urteil vom 19. November 2014 – 7 Sa 417/14) die Beklagte zur Zahlung eines Nachtarbeitszuschlags in Höhe von 30 % verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten hat der Senat zurückgewiesen. In einem weiteren Fall (Az. 10 AZR 156/15) hat der Senat die Entscheidung der Vorinstanz (LAG München, Urteil vom 29. Januar 2015 – 4 Sa 557/14) aus prozessualen Gründen aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Hinweis zur Rechtslage

*§ 6 Abs. 5 ArbZG lautet:

Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

Quelle: BAG, Pressemitteilung vom 09.12.2015 zum Urteil 10 AZR 423/14 vom 09.12.2015

 

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin