Einkommensteuer: BFH: Ermittlung des Gewinns aus privaten Veräußerungsgeschäften nach der BVerfG-Entscheidung „Rückwirkung im Steuerrecht I“

Leitsatz

  1. Wird eine Immobilie nach Ablauf der ursprünglichen Spekulationsfrist von zwei Jahren und vor Ablauf der neuen Spekulationsfrist von zehn Jahren steuerbar veräußert, sind Sonderabschreibungen und AfA-Beträge, die in der Zeit bis zur Verkündung des StEntlG 1999/2000/2002 zum 1. April 1999 in Anspruch genommen worden sind, dem nicht steuerbaren Zeitraum zuzuordnen.
  2. Die in Ziff. II.1. des BMF-Schreibens vom 20. Dezember 2010 (BStBl I 2011, 14) vorgesehene Vereinfachungsregel, wonach bei der Ermittlung des Gewinns aus privaten Veräußerungsgeschäften i. S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG der Umfang des steuerbaren Wertzuwachses entsprechend dem Verhältnis der Besitzzeit nach dem 31. März 1999 im Vergleich zur Gesamtbesitzzeit linear (monatsweise) zu ermitteln ist, entspricht insoweit nicht der Rechtsprechung des BVerfG, als dadurch Wertsteigerungen, die im Fall einer Veräußerung vor dem 1. April 1999 nicht steuerverhaftet waren, nachträglich in die Besteuerung einbezogen werden (BVerfG-Beschluss vom 7. Juli 2010 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76).
  3. Veräußerungskosten sind bei der Ermittlung der Einkünfte aus Veräußerungsgeschäften nach § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG nicht aufzuteilen, sondern als Werbungskosten in vollem Umfang vom steuerbaren Veräußerungsgewinn abzuziehen (Anschluss an die frühere Auffassung der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben in BStBl I 2011, 14, unter II.1.; entgegen der späteren Auffassung in der Verfügung des Bayerischen Landesamts für Steuern S-2256.1.1 4/8 St 32 vom 20. April 2011).

Die Entscheidung ist im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil IX R 39/13 vom 06.05.2014. Die Entscheidung wurde nachträglich zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt; sie war seit dem 03.09.2015 als NV-Entscheidung abrufbar.