Progressionsvorbehalt

Der Begriff Progressionsvorbehalt im deutschen Steuerrecht bezieht sich auf bestimmte steuerfreie Einkünfte, die zwar nicht direkt versteuert werden, jedoch den Steuersatz für das restliche zu versteuernde Einkommen erhöhen. Dies kann dazu führen, dass das übrige Einkommen einem höheren Steuersatz unterliegt, wodurch die gesamte Steuerlast steigt. Siehe auch Steuerrechner Progressionsvorbehalt.

Relevante Vorschriften und Details:

§ 32b EStG – Progressionsvorbehalt:

Der Progressionsvorbehalt gemäß § 32b des Einkommensteuergesetzes (EStG) betrifft verschiedene steuerfreie Einkünfte, die zur Berechnung des Steuersatzes herangezogen werden. Dazu gehören:

  1. Arbeitslosengeld, Teilarbeitslosengeld, Zuschüsse zum Arbeitsentgelt, Kurzarbeitergeld, Insolvenzgeld und weitere Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) wie:
    • Übergangsgeld nach dem SGB III
    • Krankengeld, Mutterschaftsgeld, Verletztengeld, Übergangsgeld oder vergleichbare Lohnersatzleistungen nach dem SGB V, VI oder VII
    • Arbeitslosenbeihilfe nach dem Soldatenversorgungsgesetz
    • Entschädigungen für Verdienstausfall nach dem Infektionsschutzgesetz
    • Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld nach dem Bundesversorgungsgesetz
    • Steuerfreie Aufstockungsbeträge oder Zuschläge sowie steuerfreie Zuschüsse
    • Leistungen nach dem Unterhaltssicherungsgesetz
    • Steuerfreie Anpassungsgelder
    • Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz
  2. Ausländische Einkünfte, die im Veranlagungszeitraum nicht der deutschen Einkommensteuer unterlegen haben. Dies gilt nur für Fälle der zeitweisen unbeschränkten Steuerpflicht und schließt Einkünfte aus, die nach einem zwischenstaatlichen Übereinkommen steuerfrei sind und nicht unter dem Vorbehalt der Einbeziehung bei der Berechnung der Einkommensteuer stehen.
  3. Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung steuerfrei sind, sowie Einkünfte, die nach einem sonstigen zwischenstaatlichen Übereinkommen unter dem Vorbehalt der Einbeziehung bei der Berechnung der Einkommensteuer steuerfrei sind.
  4. Einkünfte, die bei Anwendung von § 1 Abs. 3 oder § 1a oder § 50 Abs. 2 Satz 2 Nummer 4 im Veranlagungszeitraum bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens unberücksichtigt bleiben, weil sie nicht der deutschen Einkommensteuer oder einem Steuerabzug unterliegen.

Berechnung des Progressionsvorbehalts:

  1. Zusammenrechnung der Einkünfte:
    • Die steuerfreien Einkünfte werden zum zu versteuernden Einkommen hinzugerechnet, um den besonderen Steuersatz zu ermitteln.
  2. Anwendung des besonderen Steuersatzes:
    • Der so ermittelte Steuersatz wird dann nur auf das zu versteuernde Einkommen angewendet.

Beispiel:

Angenommen, jemand hat ein zu versteuerndes Einkommen von 40.000 Euro und erhält zusätzlich 10.000 Euro steuerfreies Arbeitslosengeld.

  1. Berechnung des Steuersatzes:
    • Gesamteinkommen: 50.000 Euro (40.000 Euro + 10.000 Euro)
    • Steuersatz wird auf Basis von 50.000 Euro ermittelt.
  2. Anwendung des Steuersatzes:
    • Der ermittelte Steuersatz wird auf das zu versteuernde Einkommen von 40.000 Euro angewendet.

Wichtige Punkte:

  • Ziel des Progressionsvorbehalts: Der Progressionsvorbehalt soll sicherstellen, dass steuerfreie Einkünfte das zu versteuernde Einkommen nicht unverhältnismäßig niedrig erscheinen lassen und eine gerechte Steuerlast erreicht wird.
  • Rechtsgrundlage: § 32b EStG sowie die entsprechenden Richtlinien und Hinweise (R 32b, H 32b).
  • Datenübermittlung: Träger der Sozialleistungen sind verpflichtet, Daten über die im Kalenderjahr gewährten Leistungen sowie die Dauer des Leistungszeitraums an die Finanzbehörden zu übermitteln.

Praxisbeispiele und Hinweise:

  • Rückzahlung von Entgelt-, Lohn- oder Einkommensersatzleistungen: Diese sind von den im selben Kalenderjahr bezogenen Leistungsbeträgen abzusetzen. Ergeben sich dadurch negative Beträge, sind diese ebenfalls bei der Ermittlung des besonderen Steuersatzes zu berücksichtigen (negativer Progressionsvorbehalt).
  • Fehlende Entgelt-, Lohn- oder Einkommensersatzleistungen: Können durch entsprechende Nachweise wie Ablehnungsbescheide der Agentur für Arbeit belegt werden.

Der Progressionsvorbehalt stellt sicher, dass Einkünfte, die zwar steuerfrei sind, dennoch den Steuersatz für das restliche Einkommen erhöhen können, was zu einer gerechteren Verteilung der Steuerlast führt.