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Ausgleichszahlung für rechtswidrig geleistete Mehrarbeit ist Arbeitslohn

Ausgleichszahlung für rechtswidrig geleistete Mehrarbeit ist Arbeitslohn

Erhält ein verbeamteter Feuerwehrmann von seinem Arbeitgeber eine Ausgleichszahlung für rechtswidrig erbrachte Mehrarbeit, muss er diese Gelder als Arbeitslohn versteuern.

Hintergrund
Ein Feuerwehrbeamter der städtischen Berufsfeuerwehr erhielt von seinem Arbeitgeber im Jahr 2012 eine Ausgleichszahlung für rechtswidrig erbrachte Mehrarbeit in Höhe von 20.000 EUR, die er als steuerfreie Schadensersatzleistung anerkannt wissen wollte. Er argumentierte, dass die Gelder keinen Entlohnungs- oder Lohnersatzcharakter hätten, da entsprechende Schadensersatzansprüche nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vorrangig auf Freizeitausgleich (Naturalrestitution) gerichtet seien. Das Finanzamt setzte die Zahlungen hingegen als (ermäßigt zu besteuernden) Arbeitslohn an.

Entscheidung
Das Finanzgericht Münster urteilte, dass das Amt die Zahlungen zu Recht als Arbeitslohn angesetzt hatte.

Zu den Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit gehören alle Güter in Geld- oder Geldeswert, die einem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis für das Zurverfügungstellen seiner individuellen Arbeitskraft zufließen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs werden Vorteile „für“ eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst sind – wenn also der Vorteil mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und sich die Leistung im weitesten Sinne (objektiv) als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist.

Legt man diese Grundsätze zugrunde, sind die streitbefangenen Ausgleichszahlungen letztlich dafür zugeflossen, dass der Arbeitnehmer seine individuelle Arbeitskraft zur Verfügung gestellt hat.

Ob die Zahlung Ausfluss eines unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs ist, konnte das Finanzgericht dahingestellt lassen, da das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden hatte, dass der zusätzliche Dienst eines Beamten und der damit verbundene Freizeitverlust nach nationalem Recht keinen Schaden darstellt; demnach steht dem Arbeitnehmer für unionsrechtswidrig geleistete Mehrarbeit (neben einem möglichen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch) ein beamtenrechtlicher Ausgleichsanspruch zu. Diese Einordnung als auch die Berechnung der Ausgleichszahlung im Urteilsfall (angelehnt an das Gesetz über die Mehrarbeit von Feuerwehrleuten) sprachen für den Arbeitslohncharakter der Ausgleichszahlung.

Kein Anspruch des ausgeschlossenen Minderheitsaktionärs auf Ausgleichszahlung

Kein Anspruch des ausgeschlossenen Minderheitsaktionärs auf Ausgleichszahlung

Kernaussage

Sind alle Aktien der Minderheitsgesellschafter im Zeitpunkt der ordentlichen Hauptversammlung infolge des zwangsweisen Ausschlusses (Squeeze-Out) und Eintragung des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister auf den Hauptaktionär übergegangen, kann eine den Minderheitsaktionären aufgrund eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages zugesagte Ausgleichszahlung für das zurückliegende Geschäftsjahr nicht mehr verlangt werden.

Sachverhalt

Die Kläger waren Aktionäre der Wella AG. Zwischen der AG und der Beklagten (Procter & Gamble) als herrschendem Unternehmen wurde im Jahr 2004 ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag geschlossen, wonach die AG zur Abführung der Gewinne an die Beklagte verpflichtet war. Hierfür schuldete die Beklagte eine Ausgleichszahlung in Höhe von 3,83 EUR je Vorzugsaktie. Der Ausgleich sollte jeweils einen Tag nach der ordentlichen Hauptversammlung der AG für das abgelaufene abweichende Geschäftsjahr fällig werden. Im Herbst 2005 hielt die Beklagte 95 % des Grundkapitals. Im Dezember 2005 beschloss die Hauptversammlung der AG auf Verlangen der Beklagten ein Squeeze-Out gegen Gewährung einer Barabfindung von 80,37 EUR je Stückaktie (§ 327a AktG). Der Übertragungsbeschluss wurde nach Verzögerungen im November 207 ins Handelsregister eingetragen. Im Januar 2008 fand die ordentliche Hauptversammlung der AG für das Geschäftsjahr 2006/2007 statt. Die Kläger verlangen die Zahlung eines Ausgleichs für dieses Geschäftsjahr.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied, dass die Kläger keinen Anspruch auf die geltend gemachten Ausgleichszahlungen haben. Sowohl Entstehung als auch Fälligkeit des sich periodisch aus der Ausgleichsberechtigung ergebenden Zahlungsanspruchs können im Gewinnabführungsvertrag geregelt sein. Mangels besonderer Regelung entsteht der Ausgleichsanspruch für das abgelaufene Geschäftsjahr jedes Jahr neu mit der ordentlichen Hauptversammlung der abhängigen Gesellschaft, da er an die Stelle des Dividendenanspruchs tritt und diesen ersetzt. Der Ausgleichsanspruch steht den zum Zeitpunkt des Entstehens vorhandenen außenstehenden Aktionären zu. Am Tag der Hauptversammlung der AG waren die Kläger infolge des Squeeze-Out nicht mehr außenstehende Aktionäre, denn mit der Eintragung des Übertragungsbeschlusses gingen die Aktien der Minderheitsaktionäre auf den Hauptaktionär über.

Konsequenz

Mit dem vorliegenden Rechtsstreit dürfte der BGH eine Grundsatzentscheidung zu Ausgleichszahlungen bei einem Zwangsausschluss von Minderheitsgesellschaftern getroffen haben. Wenn der Gewinnabführungsvertrag keine Regelungen über die Entstehung und Fälligkeit des Ausgleichsanspruchs enthält, bestand hinsichtlich dieser Zeitpunkte bisher ein Meinungsstreit. Dieser dürfte nunmehr entschärft sein.