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Anspruch auf Einsicht in Geschäftsunterlagen ist nicht pfändbar

Anspruch auf Einsicht in Geschäftsunterlagen ist nicht pfändbar

Kernaussage
Jedem einzelnen Gesellschafter, der in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste eingetragen ist, steht ein gesetzliches umfassendes Informationsrecht auf Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft und Einsicht in ihre Unterlagen zu. Das Recht ist untrennbar mit der Gesellschafterstellung verbunden und ist nicht pfändbar.

Sachverhalt
Der Gläubiger hat die Geschäftsanteile des Schuldners an einer GmbH sowie die damit zusammenhängenden Ansprüche auf Erteilung von Auskunft über die Angelegenheiten der GmbH und Einsicht in die Bücher und Abschriften gepfändet. Gegen den Pfändungsbeschluss hat sich der Schuldner mittels des Rechtsbehelfs der so genannten Erinnerung gewehrt, soweit die Informationsrechte betroffen waren. Das Amtsgericht wies den Rechtsbehelf zunächst zurück. Der Bundesgerichtshof (BGH) gab schließlich dem Schuldner Recht.

Entscheidung
Die Auskunfts- und Einsichtsrechte des Schuldners gegen die GmbH sind nicht zusammen mit dem Geschäftsanteil mit gepfändet. Grundsätzlich erstreckt sich die Pfändung auch auf alle Nebenrechte, die im Falle der Abtretung mit auf den neuen Gläubiger übergehen. Die Informationsrechte sind allerdings nicht derartige Nebenrechte und nicht pfändbar. Sie sind Ausfluss der Gesellschafterstellung und mit dieser untrennbar verbunden. Zudem kann dahinstehen, ob und in welchem Umfang die Ausübung des Informationsrechts einem anderen überlassen werden kann, denn auch hieraus ergibt sich keine Pfändbarkeit. Das Informationsrecht ist prinzipiell unbeschränkt; es findet seine Grenze erst in einer nicht zweckentsprechenden Wahrnehmung. Zudem ergibt sich als Ausfluss der gesellschaftlichen Treuepflicht eine verstärkte Verschwiegenheitsverpflichtung des Gesellschafters, die die Weitergabe von Informationen zu gesellschaftsfremden Zwecken oder an gesellschaftsfremde Dritte untersagt.

Konsequenz
Das Urteil ist zum Schutze der Gesellschaft zu begrüßen. Jedoch zeigt sich deutlich, dass Eintritts- oder Einziehungsklauseln im Gesellschaftsvertrag aufgenommen werden sollten. Damit können die übrigen Gesellschafter durch Übernahme oder Einziehung des (gepfändeten) Geschäftsanteils das Eindringen eines Dritten in den Gesellschafterkreis verhindern.

Einsichtsrechte der Gesellschafter einer oHG in Geschäftsunterlagen

Einsichtsrechte der Gesellschafter einer oHG in Geschäftsunterlagen

Kernaussage

Der nicht geschäftsführende Gesellschafter hat grundsätzlich Anspruch auf uneingeschränkte Einsicht in die Handelsbücher und Papiere einer Gesellschaft. Eine in der Vergangenheit liegende gesellschaftswidrige Verwendung von Informationen gibt allein noch keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die geforderten Informationen auch weiterhin missbräuchlich verwendet werden. Vielmehr ist für die Geltendmachung eines Einsichtsverweigerungsrechts im Vollstreckungsverfahren die zukünftige Entwicklung entscheidend.

Sachverhalt

Die Parteien sind Gesellschafter einer Brauerei & Co. oHG. Der nicht geschäftsführende Kläger begehrt als einmalig künftige Leistung die Einsichtnahme in sämtliche Handelsbücher und Papiere der Gesellschaft sowie deren Tochtergesellschaft, die zum Zeitpunkt der Vollstreckung in deren Besitz sind. Die Beklagten hatten den Einsichtsanspruch bis zur Klageerhebung grundsätzlich erfüllt. Lediglich in die Unterlagen der Tochtergesellschaft wurde zeitweise die Einsicht versagt, da die Gefahr bestand, der Kläger werde die gewonnenen Informationen zu kreditschädigenden Aussagen missbrauchen. Außerdem bestünde ein Einsichtsverweigerungsrecht, da der Kläger dem Manager Magazin Informationen weiter gegeben habe, aufgrund derer ein kreditschädigender Artikel veröffentlicht wurde. Der Kläger bestritt dies und bekam Recht. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Entscheidung

Dem Kläger steht ein umfassendes Einsichtsrecht zu. Ein Gesellschafter kann auf künftige Einsicht klagen, denn ihm geht es im Allgemeinen um die Sicherung des Einsichtsrechts für die Zukunft bis zu einem etwaigen Ausscheiden aus der Gesellschaft. Bei zukünftiger Einsichtnahme kann der Einwand der Erfüllung bzw. mangelnden Fälligkeit von Anfang an nicht eingreifen. Auch kann das Einsichtsverweigerungsrecht bei zukünftiger Leistung nicht im Erkenntnisverfahren erfolgreich durchgesetzt werden, denn hierüber ist grundsätzlich erst im Vollstreckungsverfahren zu entscheiden. Allein aufgrund einer bestimmten vergangenen – hier unterstellten – Verwendung von Informationen lässt sich nicht sicher beurteilen, ob eine weitere missbräuchliche Verwendung zu besorgen ist.

Konsequenz

In den Urteilsgründen wird erneut festgestellt, dass die Einsichtsrechte jedes, auch des nicht geschäftsführenden Geschäftsführers nur in Ausnahmefällen einzuschränken sind.

Rückstellungen für Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen

Rückstellungen für Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen

Kernaussage

Im Jahr 2002 stellte der Bundesfinanzhof (BFH) erstmals fest, dass Rückstellungen für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen handels- sowie steuerrechtlich grundsätzlich zu bilden sind. Die Berechnung dieser Rückstellung eröffnete in der Vergangenheit allerdings unter anderem wegen individueller Aufbewahrungsfristen (6 oder 10 Jahre) für unterschiedliche Arten von Geschäftsunterlagen und divergierender Meinungen über die korrekte Berechnung einen gewissen Interpretationsspielraum.

Sachverhalt

Der Kläger ist Betreiber einer Apotheke; er erzielt hieraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen bildete er im Jahresabschluss des Streitjahres 2003 eine Rückstellung von 10.700 EUR. Er hatte dafür die jährlich entstehenden Kosten für die Aufbewahrung von 1.070 EUR mit 10 multipliziert. Er nahm als Aufbewahrungsfrist für alle Unterlagen 10 Jahre an; zudem berücksichtigte er durch den Faktor 10 den Umstand, dass sein Archiv zwar jährlich durch Aussonderung von bereits mehr als 10 Jahre alter Unterlagen entlastet werde, dieser frei werdende Stauraum aber auch gleichzeitig mit neuen Unterlagen aufgefüllt würde. Das Finanzamt folgte dieser Berechnung nicht. Der Kläger unterlag schließlich vor dem BFH.

Entscheidung

Der BFH stellte klar, dass lediglich die am Bilanzstichtag bereits entstandenen Unterlagen für die Berechnung der Aufbewahrungsrückstellung berücksichtigungsfähig sind. Dabei ist, ausgehend von einer Aufbewahrungsfrist von 10 Jahren für alle Geschäftsunterlagen, der vereinfachende Ansatz der Finanzverwaltung, d. h. die Annahme einer durchschnittlichen Restaufbewahrungsdauer von 5,5 Jahren, nicht zu beanstanden. Diese ermittelt sich aus dem Durchschnitt der Restaufbewahrungsdauer aller am Bilanzstichtag bereits vorhandenen Unterlagen ([10+1]:2 = 5,5).

Konsequenz

Die Entscheidung des BFH schränkt den Interpretationsspielraum für die Berechnung der Aufbewahrungsrückstellung bezüglich der Berücksichtigung in Zukunft entstehender Unterlagen ein. Damit schafft er Rechtssicherheit für die Bilanzierenden, die ihre Rückstellung mit Hilfe der vereinfachenden Formel der Finanzverwaltung ermitteln. Dass im vorliegenden Fall entschieden wurde, dass noch nicht verursachte Kosten bei der Berechnung der Rückstellung nicht zu berücksichtigen sind, war zu erwarten. Angesichts des in aller Regel lediglich steuerstundenden Effekts dieser Rückstellung im Jahr ihrer Bildung ist eine möglichst einfache, von der Finanzverwaltung akzeptierte Ermittlungsmethode zu begrüßen.