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Künstlererlass: Bei Bescheinigungsvergabe gelten bald strengere Regeln

Künstlererlass: Bei Bescheinigungsvergabe gelten bald strengere Regeln

Kernproblem
Eine nichtselbständige Tätigkeit übt aus, wer in der Betätigung des geschäftlichen Willens unter der Leitung eines Arbeitgebers steht oder in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers eingegliedert und dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Dabei kommt es bei der Abgrenzung zwischen selbständiger Tätigkeit und nichtselbständiger Arbeit nicht so sehr auf die formelle vertragliche Gestaltung, z. B. auf die Bezeichnung als freies Mitarbeiterverhältnis, als vielmehr auf die Durchführung der getroffenen Vereinbarung an. Die Finanzverwaltung hat zur Abgrenzung im Jahr 1990 den so genannten „Künstlererlass“ veröffentlicht. Der Erlass behandelt jedoch, anders als der Begriff vermuten lässt, nur bestimmte Vertragsverhältnisse und nicht alle kunstwerkschaffenden Künstler.

Näheres zum Künstlererlass
Die Regelungen betreffen künstlerische Tätigkeiten bei Theaterunternehmen, Kulturorchestern, Hörfunk und Fernsehen sowie bei Film- und Fernsehfilmproduzenten. Dabei werden hauptsächlich die freien Mitarbeiterverhältnisse bei Hörfunk und Fernsehen unter die Lupe genommen. In einem „Negativkatalog“ sind Berufsgruppen genannt, die im Allgemeinen selbständig sind, soweit sie nur für einzelne Produktionen (z. B. ein Fernsehspiel, eine Unterhaltungssendung oder einen aktuellen Beitrag) tätig werden. Zu den 33 genannten Gruppen gehören Personen vor und hinter der Kamera bzw. dem Mikrofon, d. h. es ist der Journalist, Quizmaster oder Moderator ebenso betroffen, wie der Regisseur oder Kostüm- und Bühnenbildner. Von vornherein auf Dauer angelegte Tätigkeiten der freien Mitarbeiter sind grundsätzlich als nichtselbständig einzustufen, selbst wenn mehrere Honorarverträge abgeschlossen werden.

Bescheinigungen und Anweisung der OFD Münster
Gehört ein freier Mitarbeiter aus Hörfunk und Fernsehen nicht zu einer der im Negativkatalog genannten Berufsgruppen, kann auf Grund besonderer Verhältnisse des Einzelfalls die Tätigkeit gleichwohl selbständig sein. Ist das der Fall, erteilt ihm sein Finanzamt auf Antrag nach Abstimmung mit dem Betriebsstättenfinanzamt eine Bescheinigung, die sich auf einen bestimmten Auftraggeber bezieht und diesen von dem Einbehalt der Lohnsteuer befreit. Die Oberfinanzdirektion (OFD) Münster hat jetzt in einem Schreiben seine Finanzämter angewiesen, entgegen der teilweise festgestellten Praxis Bescheinigungen nur noch für die nicht unter den Negativkatalog fallenden Mitarbeiter bei Hörfunk oder Fernsehen und nach vorheriger Abstimmung mit dem Finanzamt des Auftraggebers zu erteilen. Die falsch ausgewiesenen Bescheinigungen sind zu widerrufen.

Weitere Konsequenzen
Nicht zu vergessen ist, dass eine steuerliche Einordnung nichts mit der sozialversicherungsrechtlichen Folge und der Prüfung einer Künstlersozialabgabe zu tun hat.

Künstlererlass: Bescheinigungen werden teilweise widerrufen

Die neben dem ständigen Personal bei  Hörfunk und Fernsehen  beschäftigten Künstler und Angehörigen von verwandten Berufen, die in der Regel aufgrund von Honorarverträgen tätig werden und im Allgemeinen als freie Mitarbeiter bezeichnet werden, sind nach Tz. 1.3.1 des Künstlererlasses  grundsätzlich nichtselbständig  tätig.

Anwendung des BMF-Schreibens vom 05.10.1990 ( BStBl 1990 I 1990 , 638 ; sog. Künstlererlass)

 Nach Tz. 1.3.2 des  Künstlererlasses  sind bestimmte Gruppen von freien Mitarbeitern bei Hörfunk und Fernsehen im Allgemeinen selbständig tätig, soweit sie nur für einzelne Produktionen tätig werden (Negativkatalog). Gehört ein freier Mitarbeiter nicht zu einer der im Negativkatalog genannten Berufsgruppen, so kann gem. Tz. 1.3.6 des Künstlererlasses aufgrund besonderer Verhältnisse des Einzelfalls die Tätigkeit gleichwohl selbständig sein.  Das Wohnsitz-Finanzamt  erteilt dem Steuerpflichtigen nach eingehender Prüfung ggf. eine diesbezügliche Bescheinigung. Eine Übertragung der Zuständigkeit für die Erteilung der Bescheinigung auf das Betriebsstättenfinanzamt kommt nicht in Betracht.

Die Ausstellung einer Bescheinigung nach Tz. 1.3.6 des Künstlererlasses ist mithin nur auf ganz besonders gelagerte Ausnahmefälle beschränkt. Ich bitte, nach dem Wortlaut sowie dem Sinn und Zweck des Künstlererlasses dabei wie folgt zu verfahren:

Eine Bescheinigung nach Tz. 1.3.6 des Künstlererlasses ist nur dann ausnahmsweise auszustellen, wenn

  • die künstlerische Tätigkeit bei Hörfunk und/oder Fernsehen ausgeübt wird,
  • der Künstler nicht unter den Negativkatalog der Tz. 1.3.2 des Künstlererlasses fällt,
  • der Künstler gleichwohl aufgrund besonderer Verhältnisse des Einzelfalls selbständig wird und
  • das  Betriebsstätten-Finanzamt  des Auftraggebers der Auffassung des Wohnsitzfinanzamts des Künstlers zugestimmt hat.

 

Ich bitte daher, ab sofort Bescheinigungen nach Tz. 1.3.6 des Künstlererlasses nur noch dann auszustellen, wenn die vorstehend genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

Es sind Fälle bekannt geworden, in denen Bescheinigungen nach Tz. 1.3.6 des sog. Künstlererlasses zu Unrecht ausgestellt worden sind.  Bescheinigungen nach Tz. 1.3.6 des sog. Künstlererlasses für Personen, die unter den Negativkatalog der Tz. 1.3.2 fallen oder die ihre Tätigkeit nicht bei Hörfunk und Fernsehen ausüben, sind zu widerrufen . Für diese Personen sieht der sog. Künstlererlass keine Bescheinigungen vor.

Eine  von vornherein auf Dauer angelegte Tätigkeit eines freien Mitarbeiters bei Hörfunk und Fernsehen  ist nach Tz. 1.3.3 des sog. Künstlererlasses  nichtselbständig , auch wenn für sie mehrere Honorarverträge abgeschlossen werden. Dabei ist nicht auf die Dauer und Häufigkeit der Tätigkeit, sondern  auf die von vornherein eingegangene Gesamtverpflichtung abzustellen .

Um die Anwendung einheitlicher Bearbeitungskriterien sicherzustellen, wird eine Zentralisierung der Bearbeitung der Anträge auf Erteilung einer Bescheinigung nach Tz. 1.3.6 des sog. Künstlererlasses empfohlen. Eine Zentralisierung der Bearbeitung in der AGST erscheint insbesondere in den Finanzämtern sinnvoll, in deren Zuständigkeitsbereich die lohnsteuerliche Betriebsstätte einer Produktionsanstalt für Hörfunk und Fernsehen belegen ist. In den übrigen Fällen bestehen gegen eine Zentralisierung der Bearbeitung in einem VBZ keine Bedenken .