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Reform des handelsrechtlichen Ordnungsgeldverfahrens

Entlastung für den Mittelstand

Zum vom Kabinett am 17. April 2013 beschlossenen Gesetzentwurf zur Umsetzung der Entschließung des Deutschen Bundestages vom 29. November 2012 zur Reform des handelsrechtlichen Ordnungsgeldverfahrens erklärt die Bundesministerin der Justiz, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger:

Unternehmen dürfen künftig mit mehr Rechtsschutz und abgestuften Ordnungsgeldern bei Verstößen gegen das Bilanzrecht kalkulieren. Mit dem Gesetz zur Reform des Ordnungsgeldverfahrens sollen die Mindestordnungsgelder von 2.500 Euro auf 500 Euro für kleinste Unternehmen und auf 1.000 Euro für kleine Unternehmen gesenkt werden. Außerdem stärken wir die Mittel, damit sich Unternehmen gegen Fristverstöße zur Wehr setzen können. Mehr Flexibilität im Ordnugsgeldverfahren entlastet die Wirtschaft, ohne die inzwischen hohe Offenlegungsbereitschaft der Unternehmen von 90 Prozent zu gefährden. Das heute vom Kabinett beschlossene Gesetz stärkt durch Entlastung nach dem Micro-Bilanzgesetz zum Bürokratieabbau den Standort Deutschland.

Das Bilanzrecht ist Ausdruck von Transparenz und Verlässlichkeit im Wirtschaftsverkehr und deswegen ein unverzichtbares Element der Wirtschaftsordnung. Für Unternehmen mit geringen Betriebsgrößen ist der bürokratische Aufwand ungleich schwerer als für mittlere und große Unternehmen zu erbringen, die auf Bilanzspezialisten im Unternehmen zurückgreifen können. Künftig bewirkt die Reform des handelsrechtlichen Ordnungsgeldverfahrens Erleichterungen gerade für kleinere Unternehmen, wenn diese die Fristen unverschuldet oder nur geringfügig überschreiten. Außerdem wird eine zweite gerichtliche Instanz eingeführt, so dass grundsätzliche Rechtsfragen einheitlich geklärt werden können. Es wird ein Recht auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eingeführt, wenn ein Unternehmen die Sechswochenfrist zur Nachholung der Offenlegung unverschuldet nicht einhalten konnte. Zur Nachholung der Offenlegung erhalten die Unternehmen dann noch einmal sechs Wochen Zeit. Damit können Ausnahmesituationen wie etwa eine lange schwere Erkrankung des Alleingeschäftsführers oder die Vorenthaltung aller Buchführungsunterlagen durch entlassene Alleingeschäftsführer besser als bisher bewältigt werden.

Hintergrund:

Am 17. April 2013 hat das Kabinett den vom Bundesministerium der Justiz vorbereiteten Gesetzentwurf zur Umsetzung der Entschließung des Deutschen Bundestages vom 29. November 2012 zur Reform des handelsrechtlichen Ordnungsgeldverfahrens beschlossen.

Der Entwurf sieht im Anschluss an frühere Entlastungen für Kleinstkapitalgesellschaften (MicroBilG – s. Pressemitteilung) nunmehr auch Änderungen im Verfahren vor, wenn kleinste und kleine Kapitalgesellschaften zwar ihren handelsrechtlichen Publizitätspflichten nachkommen wollen, aber Fristen versäumen.

Das Bundesamt für Justiz leitet Ordnungsgeldverfahren gegen alle Kapitalgesellschaften ein, die ihre Jahresabschlussunterlagen nicht rechtzeitig offenlegen. Es bleibt auch künftig dabei, dass die Unternehmen nach Androhung eines Ordnungsgeldes noch einmal sechs Wochen Zeit erhalten, um ihre gesetzlichen Pflichten zu erfüllen, bevor das Ordnungsgeld festgesetzt wird. Reagiert ein Unternehmen nicht, setzt das Bundesamt für Justiz ein Ordnungsgeld fest, das mindestens 2.500 Euro beträgt.

Nunmehr wird das Mindestordnungsgeld von 2.500 Euro für Kleinstkapitalgesellschaften bzw. kleine Kapitalgesellschaften auf 500 bzw. 1.000 Euro gesenkt, wenn das Unternehmen verspätet auf die Ordnungsgeldandrohung des Bundesamtes reagiert und die Offenlegung, wenn auch verspätet, nachgeholt hat, bevor das Bundesamt weitere Schritte einleitet.

Gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes durch das Bundesamt kann das Unternehmen Beschwerde beim Landgericht Bonn einlegen. Bislang entscheidet dieses Gericht als einzige Instanz. Nach der Neuregelung gibt es künftig eine Rechtsbeschwerde gegen Beschwerdeentscheidungen des Landgerichts Bonn in Ordnungsgeldsachen. Damit wird sichergestellt, dass grundsätzliche Rechtsfragen einheitlich entschieden werden und die Rechtssicherheit für die Beteiligten erhöht wird.

Der Entwurf knüpft an die mit dem Kleinstkapitalgesellschaften-Bilanzrechtsänderungsgesetz vom 20. Dezember 2012 (MicroBilG) geschaffenen Erleichterungen für Kleinstkapitalgesellschaften an. Für kleine und sehr kleine Unternehmen werden die schon vorhandenen und neuen Erleichterungen beim Umfang der Publizitätspflichten zum Anlass genommen, auch im Ordnungsgeldverfahren Erleichterungen einzuführen. Der Entwurf setzt die Forderungen des Deutschen Bundestages um und mildert Härten des Verfahrens. Er stellt zugleich sicher, dass Deutschland auch künftig seinen europäischen Verpflichtungen vollumfänglich nachkommt, Verstöße von Kapitalgesellschaften gegen ihre Publizitätspflichten wirksam durchzusetzen. Die seit mehreren Jahren erreichte hohe Offenlegungsquote von über 90% der Kapitalgesellschaften kann damit auch künftig sichergestellt werden.

BMJ, Pressemitteilung v. 17.4.2013

Bei Klagerücknahme droht kein Ordnungsgeld

Bei Klagerücknahme droht kein Ordnungsgeld

Kernaussage

Unklarheiten im Sachverhalt können am schnellsten im unmittelbaren Gespräch mit der betroffenen Partei beseitigt werden. Das Finanzgericht (FG) kann daher das persönliche Erscheinen der Parteien zum mündlichen Termin anordnen. In der Anordnung kann für den Fall des Ausbleibens ein Ordnungsgeld angedroht werden. Erscheint die Partei schuldhaft trotzdem nicht, kann das FG durch Beschluss das angedrohte Ordnungsgeld festsetzen. Voraussetzung ist jedoch, dass die Sachverhaltsaufklärung erschwert und der Prozess verzögert wurde. Daran fehlt es bei einer Klagerücknahme im Laufe der mündlichen Verhandlung.

Sachverhalt

In dem Hauptverfahren wandte sich die Klägerin gegen die Festsetzung eines Verspätungszuschlages wegen der verspäteten Abgabe der Umsatzsteuererklärung. Zum Termin der mündlichen Verhandlung wurde das persönliche Erscheinen der Klägerin angeordnet. Zugleich wurde für den Fall des Nichterscheinens ein Ordnungsgeld in Höhe von 200 EUR angedroht. Das FG wollte mit der Klägerin die Gründe für die verspätete Abgabe erörtern. Im Termin erschien lediglich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, der die Klage im Termin zurücknahm. Das Verfahren wurde eingestellt und durch Beschluss setzte das FG gegen die Klägerin wegen des unentschuldigten Ausbleibens das angedrohte Ordnungsgeld fest.

Entscheidung

Die Beschwerde hiergegen hatte vor dem Bundesfinanzhof (BFH) Erfolg. Nachdem die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten die Klage im mündlichen Termin zurückgenommen hatte, durfte das angedrohte Ordnungsgeld nicht mehr festgesetzt werden. Denn das unentschuldigte Ausbleiben der Partei hat weder zu einer Verfahrensverzögerung geführt noch sich als unschädlich erwiesen. Zweck der Ordnungsgeldfestsetzung ist nicht die Ahndung einer vermeintlichen Missachtung des Gerichts, sondern die Förderung der Aufklärung des Sachverhalts. Wird im Laufe der mündlichen Verhandlung die Klage zurückgenommen und dadurch das Verfahren beendet, entfällt der Grund für die Anordnung des persönlichen Erscheinens und eine Verfahrensverzögerung ist ausgeschlossen.

Konsequenz

Ähnliche Vorschriften existieren auch in anderen Gerichtsordnungen (z. B. im Zivilprozess). Sofern also das persönliche Erscheinen angeordnet ist, sollte die betroffene Partei hinreichend entschuldigt sein, wenn sie dem Prozess fernbleibt. Zu prüfen bleibt, ob die Entsendung eines sachkundigen Vertreters ggf. ausreicht.