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Umsätze aus Pensionspferdehaltung

Umsätze aus Pensionspferdehaltung zu Zuchtzwecken unterliegen nur insoweit der Durchschnittssatzbesteuerung, als der Pferdeeinsteller selbst Landwirt ist.

Niedersächsisches Finanzgericht 5. Senat, Urteil vom 14.02.2013, 5 K 281/11
Art 25 Abs 2 EWGRL 388/77, § 24 Abs 2 S 1 UStG, UStG VZ 2005
Tatbestand
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Streitig ist, ob Zuchtleistungen eines Landwirts für Nichtlandwirte der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG unterliegen.
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Der Kläger betreibt eine Pferdezucht mit 30 eigenen Pferden. Zusätzlich unterhält er eine Pferdepension für ca. 70 Pferde. Im Rahmen dieser Pension bietet er folgende Dienstleistungen an:
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– Belegung der Stuten durch künstliche Besamung
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– Abfohlung
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– Aufzucht und Ausbildung der Fohlen
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– Präsentation und Ausbildung für Pferdeschauen und Leistungsprüfungen
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– Beratung über die Zuchtmöglichkeiten
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– Betreuung (Futter, Stall, Auslauf, Tierarzt während der Trächtigkeit und bei und nach der Geburt)
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– Hilfe beim Kauf oder Verkauf von Pferden.
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Der gesamte Zuchtprozess gliedert sich im Wesentlichen wie folgt:
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1. Abschnitt
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Die Stuten werden künstlich belegt. Sie sind dann 11 Monate trächtig und werden während dieser Zeit umfangreich betreut. Neben der täglichen Bewegung, Fütterung und Pflege der Pferde findet insbesondere eine regelmäßige Trächtigkeitskontrolle statt.
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2. Abschnitt
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Während der Geburt findet eine Geburtshilfe statt. Die Geburt wird auch elektronisch überwacht und begleitet. Auch eine Intensiv- und Frühchenversorgung wird durchgeführt.
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3. Abschnitt
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In den ersten sechs Monaten nach der Geburt verbleibt das Fohlen bei der Stute. In dieser Zeit wird die Stute wieder neu belegt. Das Fohlen wird versorgt, erhält ein Pflichtkennzeichen (sog. Fohlenbrennen) und wird zur ersten Klassifizierung einer Prämierungsvorführung unterzogen.
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4. Abschnitt
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Im siebten Lebensmonat wird das Fohlen von der Mutter getrennt. Die Fohlen werden nach Geschlecht getrennt und in Gruppenhaltung aufgezogen. Die Aufzucht dauert bis zum 2. Lebensjahr des Fohlens.
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5. Abschnitt
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In diesem Abschnitt beginnt die Auslese. Die Hengste werden zwecks Körung nach Qualität sortiert. Soll ein Hengst zur Zucht eingesetzt werden, so ist der erste Schritt die Körung, die eine Vorauswahl zur Hengstleistungsprüfung darstellt. Die zur Körung vorgesehenen Hengste werden zur Ausbildung und Vorbereitung auf die Körung an ein eigens dafür geeignetes Unternehmen abgegeben. Nach etwa vier Monaten entscheidet sich, welches Pferd zur Körung zugelassen ist (ca. 25 v. H.). Von den nicht zur Körung zugelassenen Hengsten kommt erfahrungsgemäß jedes zweite Pferd zurück auf den Hof des Klägers. Diese und die nicht zur Körung abgegebenen Hengste werden im Alter von 2 1/2 Jahren kastriert.
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6. Abschnitt
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Im Alter von ca. 3 Jahren beginnt die Grundausbildung der Stuten und Wallache. Die Stuten werden für die Stutenleistungsprüfung (vier- bis fünfmonatigen Grundausbildung) vorbereitet. Nach der abgelegten Stutenleistungsprüfung endet die Ausbildung. Die Stutenleistungsprüfung ist Grundlage für die Zucht und die Prämierung der Stute durch die Zuchtverbände. Die belegten Stuten gehen anschließend in die Herde (siehe Abschnitt 1) und die nicht belegten Stuten an den Eigentümer zurück. Die Wallache gehen nach einer vier bis fünfmonatigen Grundausbildung ebenfalls zurück an den Eigentümer.
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Der Kläger hat mit den jeweiligen Pferdeeinstellern Pensionsverträge abgeschlossen. Der monatliche Pensionspreis betrug ausweislich der vom Kläger unter dem 11.02.2013 vorgelegten Abrechnungen durchschnittlich 185,– € pro Stute. Sofern – wie regelmäßig – zusätzliche Leitungen vom Kläger oder von Dritten (z. B. Hufschmied) erbracht wurden, sind diese jeweils monatlich vom Kläger gesondert in Rechnung gestellt worden. Die Tierarztleistungen sind den Pferdeeinstellern regelmäßig direkt in Rechnung gestellt worden.
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Zu den Kunden des Klägers zählen Landwirte, gewerbliche Pferdezüchter, Privatpersonen und ausländische Bürger aus EU-Staaten.
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In der Zeit vom 7. April 2008 bis zum 19. November 2009 fand beim Kläger eine landwirtschaftliche Betriebsprüfung statt. Der Prüfer beurteilte die vom Kläger erbrachten Dienstleistungen an Nichtlandwirte als einheitliche Pensionsleistung, die außerhalb eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes erbracht und damit nicht der Durchschnittsbesteuerung unterliege. Die darauf entfallenden Umsätze in Höhe von 193.013,61 € unterwarf er der Regelbesteuerung. Die Umsätze aus der Unterbringung von Pferden, deren Eigentümer Land- und Forstwirte sind, wurden vom Prüfer unverändert der Durchschnittssatzbesteuerung unterworfen.
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Bei der Ermittlung der Vorsteuern wurde im Vorfeld geklärt, dass 30 v. H. der gesamten Vorsteuern auf die eigene Pferdezucht und -haltung entfallen. Auf den Gesamtbereich der untergestellten Fremdpferde entfallen damit 70 v. H. Da der Kläger aus dem Ankauf von Heu, Hafer und Grundfutter zu Unrecht 16 v. H. (statt 7 v. H.) herausgerechnet hatte. nahm der Prüfer eine entsprechende Korrektur der Vorsteuern vor. Außerdem wurde bei den Vorsteuern ein Abzug von 10,91 v. H. vorgenommen. Diese Quote entsprach dem Verhältnis der Pensionsumsätze (brutto) der landwirtschaftlichen zu den nichtlandwirtschaftlichen Pferdeeinstellern (24.448,– € zu 223.895,79 €).
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Gegen den aufgrund der Prüfung ergangenen Umsatzsteuerbescheid für 2005 vom 18. März 2010 wendet sich der Kläger nach erfolglosem Einspruch mit der Klage.
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Er trägt vor, dass die hier streitigen Umsätze nach der Durchschnittsbesteuerung gemäß § 24 UStG zu besteuern seien. Nach § 24 UStG seien Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebe als landwirtschaftliche Betriebe anzusehen, soweit ihre Tierbestände nach den §§ 51 und 51 a BewG zur landwirtschaftlichen Nutzung gehörten. Das Gesetz stelle insoweit allein darauf ab, ob der jeweilige Betrieb für die gehaltenen Tiere eine ausreichende Futtergrundlage biete. Da der Betrieb des Klägers mit seinen 30 ha eine ausreichende Futtergrundlage für die Pferde und Fohlen biete, liege ein landwirtschaftlicher Betrieb vor. Die Eigentumsfrage der Pferde spiele bei der Tierzucht und -haltung keine Rolle.
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Die von ihm geschuldete Hauptleistung bestehe darin, Pferde zu züchten. Damit in Zusammenhang erbringe er als Nebenleistung die Versorgung der Pferde durch Unterkunft, Füttern, Pflege und Auslauf. Nach Ansicht des BFH fielen Leistungen wie das Einstellen und Betreuen von Reitpferden nicht unter den Begriff „Halten von Vieh“ i. S. d. § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG und auch nicht unter die Durchschnittsbesteuerung, wenn die Reitpferde zur Ausübung des Freizeitsports genutzt würden. Anders als in den vom BFH entschiedenen Fällen stünden die Reitanlagen des Klägers den Pferdebesitzern gerade nicht zur Ausübung ihrer Reit- und Freizeitaktivitäten zur Verfügung. Vielmehr dienten die Reitanlagen des Klägers ausschließlich der Betreuung und Ausbildung der Pferde im Rahmen der oben dargestellten Zucht.
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Die erbrachten Zuchtleistungen unterfielen auch der Pauschalbesteuerung nach Art. 25 der 6. EG-Richtlinie, die bei der Auslegung des § 24 UStG zu berücksichtigen sei. Nach Art. 25 Abs. 2 1. Spiegelstrich der Richtlinie 77/388/EWG gelte als landwirtschaftlicher Erzeuger ein Steuerpflichtiger, der seine Tätigkeit im Rahmen eines der in Art. 25 angeführten Betriebe ausübe. Nach Art 25 Abs. 2 5. Spiegelstrich i. V. m. Anhang B der Richtlinie 77/388/EWG stelle auch ein Betrieb, der die dort aufgezählten Dienstleistungen erbringe, einen landwirtschaftlichen Betrieb dar. Als Dienstleistungen, die normalerweise zur landwirtschaftlichen Produktion beitragen, seien gerade das Hüten, die Zucht und das Mästen von Vieh im Anhang B der Richtlinie 77/388/EWG genannt. Damit stelle ein Zuchtbetrieb einen eigenständigen landwirtschaftlichen Betrieb dar, dessen landwirtschaftliches Produkt eben die Fohlen seien.
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Da die landwirtschaftlichen Dienstleistungen auf die eigene landwirtschaftliche Produktion des Klägers gerichtet seien, komme es nicht darauf an, wer letztlich der jeweilige Leistungsempfänger sei. Vielmehr sei dem Niedersächsischen Finanzgericht (Urteil vom 05.11.2009, 16 K 10340/07 – Rz. 36) darin zuzustimmen, dass auch eine landwirtschaftliche Dienstleistung an einen Nichtlandwirt zur landwirtschaftlichen Produktion beitragen und damit landwirtschaftlichen Zwecken dienen könne.
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Daran ändere auch der Umstand nichts, dass der Bundesfinanzhof (Urteil vom 13.01.2011 – V R 65/09) die Entscheidung des Niedersächsischen Finanzgerichts aufgehoben habe. Zum einen habe der BFH nicht zu der Frage Stellung genommen, ob landwirtschaftliche Dienstleistungen nur dann unter die Durchschnittssatzbesteuerung fielen, wenn sie an Landwirte erbracht würden. Zum anderen habe der BFH klargestellt, dass § 24 UStG anwendbar sei, wenn es sich – wie hier – um Zucht- oder Arbeitspferde handele.
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Der Kläger beantragt,
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den Umsatzsteuerbescheid 2005 vom 18. März 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. August 2011 dahingehend zu ändern, dass Umsätze in Höhe von 193.013,61 € des klägerischen land- und forstwirtschaftlichen Betriebes nach der Durchschnittsbesteuerung des § 24 UStG besteuert werden.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Landwirtschaftliche Zuchtleistungen erbringe der Kläger nur gegenüber seinen eigenen Pferden bzw. Pferden anderer Landwirte. Nur insoweit handele es sich um landwirtschaftlich Tierzucht und -haltung. Bei den züchterischen Dienstleistungen, die er gegenüber den Pferden der „privaten Pferdebesitzer“ (Nichtlandwirte) erbringe, handele es sich nicht um Dienstleistungen, die für den Einsatz in der landwirtschaftlichen Erzeugung bestimmt seien, sondern um Pferdepensionsleistungen. Hierzu habe der BFH (Urteil vom 22.01.2004 V R 41/02) ausgeführt:
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„Eine Dienstleistung, die in der Regel für den Einsatz in der landwirtschaftlichen Erzeugung bestimmt ist, könnte beispielsweise vorliegen, wenn Zuchtpferde eines Gestüts oder land- oder forstwirtschaftliche Arbeitspferde untergestellt werden“
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Bei den eingestellten Pferden der „privaten Pferdebesitzer“ handele es nicht um Zuchtpferde eines (landwirtschaftlichen) Gestüts oder um land- oder forstwirtschaftliche Arbeitspferde. Diese ergebe sich bereits daraus, dass die „privaten Pferdebesitzer“ als Empfänger der Dienstleistungen des Klägers mangels einer eigenen landwirtschaftlich genutzten Fläche keine Landwirtschaft betrieben.
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Das „Hüten und die Zucht von Vieh“ gehöre zwar zu den landwirtschaftlichen Dienstleistungen nach Art 25 Abs. 2 5. Spiegelstrich i. V. m. Anhang B der Richtlinie 77/388/EWG. Befreit seien danach aber nur solche Dienstleistungen, die normalerweise zur landwirtschaftlichen Produktion beitragen. Zur landwirtschaftlichen Produktion beitragen würden landwirtschaftliche Erzeuger, also Personen, die ihre Tätigkeiten im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausübten. Nichtlandwirte übten keine entsprechende Tätigkeit aus mit der Folge, dass die an diese Personen erbrachten Dienstleistungen nicht unter § 24 UStG fielen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist unbegründet.
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Der Beklagte hat zu Recht die streitbefangenen Umsätze als der Regelbesteuerung und dem allgemeinen Steuersatz unterliegende Umsätze behandelt. Die Voraussetzungen des § 24 UStG liegen bezüglich der Umsätze aus der „Pensionspferdehaltung“ nicht vor.
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1. Die Durchschnittssatzbesteuerung gilt gemäß § 24 UStG grundsätzlich für alle „im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausgeführten Umsätze“. Als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb gelten nach § 24 Abs. 2 Satz 1 UStG
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„1. die Landwirtschaft, die Forstwirtschaft, der Wein-, Garten-, Obst- und Gemüsebau, die Baumschulen, alle Betriebe, die Pflanzen und Pflanzenteile mit Hilfe der Naturkräfte gewinnen, die Binnenfischerei, die Teichwirtschaft, die Fischzucht für die Binnenfischerei und Teichwirtschaft, die Imkerei, die Wanderschäferei sowie die Saatzucht;
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2. Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebe, soweit ihre Tierbestände nach den §§ 51 und 51a des Bewertungsgesetzes zur landwirtschaftlichen Nutzung gehören“.
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§ 24 UStG ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH richtlinienkonform entsprechend Art. 25 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) auszulegen (vgl. z. B. BFH-Urteile vom 13. Januar 2011 V R 65/09, BStBl II 2011, 465, vom 19. November 2009 V R 16/08, BStBl II 2010, 319; vom 13. August 2008 XI R 8/08, BStBl II 2009, 216).
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2. Nach Art. 25 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG können die Mitgliedstaaten auf landwirtschaftliche Erzeuger, bei denen die Anwendung der normalen Mehrwertsteuerregelung oder gegebenenfalls der vereinfachten Regelung nach Art. 24 der Richtlinie 77/388/EWG auf Schwierigkeiten stoßen würde, als Ausgleich für die Belastung durch die Mehrwertsteuer, die auf die von den Pauschallandwirten bezogenen Gegenstände und Dienstleistungen gezahlt wird, eine Pauschalregelung anwenden. Nach Art. 25 Abs. 2 fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG gelten als landwirtschaftliche Dienstleistungen die in Anhang B aufgeführten Dienstleistungen, die von einem landwirtschaftlichen Erzeuger mit Hilfe seiner Arbeitskräfte und/oder der normalen Ausrüstung seines landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder Fischereibetriebs vorgenommen werden. Als landwirtschaftliche Dienstleistungen gelten nach Anhang B der Richtlinie 77/388/EWG Dienstleistungen, die normalerweise zur landwirtschaftlichen Produktion beitragen, insbesondere nach dem vierten Gedankenstrich dieser Bestimmung „Hüten, Zucht und Mästen von Vieh“.
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Nach der Rechtsprechung des EuGH gilt Art. 25 der Richtlinie 77/388/EWG nur für die Lieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse und die Erbringung landwirtschaftlicher Dienstleistungen, wie sie in Abs. 2 dieser Bestimmung definiert sind; demgegenüber unterliegen die sonstigen Umsätze der Pauschallandwirte der allgemeinen Besteuerungsregelung (EuGH-Urteile vom 15. Juli 2004 C-321/02, Harbs, BFH/NV Beilage 2004, 371 Rdnrn. 31 und 36, sowie vom 26. Mai 2005 C-43/04, Stadt Sundern, BFH/NV Beilage 2005, 320 Rdnr. 21). Weiter sind die von Art. 25 der Richtlinie 77/388/EWG verwendeten Begriffe in der gesamten Gemeinschaft autonom und einheitlich auszulegen (EuGH-Urteil Stadt Sundern, BFH/NV Beilage 2005, 320 Rdnr. 24). Dabei ist die Sonderregelung nach Art. 25 der Richtlinie 77/388/EWG eng auszulegen und darüber hinaus nur insoweit anzuwenden, als dies zur Erreichung ihres Zieles erforderlich ist (EuGH-Urteile Harbs, BFH/NV Beilage 2004, 371 Rdnr. 27, und Stadt Sundern, BFH/NV Beilage 2005, 320 Rdnr. 27). Dieses Ziel besteht darin, die Belastung durch die Steuer auf die von den Landwirten bezogenen Gegenstände und Dienstleistungen dadurch auszugleichen, dass den landwirtschaftlichen Erzeugern, die ihre Tätigkeit im Rahmen eines landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder Fischereibetriebs ausüben, ein Pauschalausgleich gezahlt wird, wenn sie landwirtschaftliche Erzeugnisse liefern oder landwirtschaftliche Dienstleistungen erbringen. Als „landwirtschaftliche Dienstleistungen“ sind daher nicht Leistungen anzusehen, die keinen landwirtschaftlichen Zwecken dienen und sich nicht auf normalerweise in land-, forst- und fischwirtschaftlichen Betrieben verwendete Mittel beziehen (EuGH-Urteile Harbs, BFH/NV 2004, 371 Rdnr. 31, und Stadt Sundern, BFH/NV Beilage 2005, 320 Rdnr. 29).
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3. Der Kläger hat gegenüber den Einstellern der Pensionspferde zu Zuchtzwecken keine Lieferungen, sondern jeweils einheitliche sonstige Leistungen gemäß § 3 Abs. 9 Satz 1 UStG (Dienstleistungen im Sinne der Richtlinie 77/388/EWG) erbracht.
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a) Nach § 3 Abs. 1 UStG, der Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG umsetzt, sind Lieferungen eines Unternehmens Leistungen, durch die dieser den Abnehmer befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen. Sonstige Leistungen oder Dienstleistungen im Sinne der Richtlinie 77/388/EWG sind Leistungen, die keine Lieferungen sind (§ 3 Abs. 9 Satz 1 UStG, Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG). Werden mehrere unterschiedliche Leistungen zusammenhängend erbracht, so liegt eine einheitliche Leistung dann vor, wenn ein oder mehrere Teile die Hauptleistung, ein oder mehrere andere Teile dagegen als Nebenleistungen zu beurteilen sind, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Eine Leistung ist als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck erfüllt, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistenden unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Das Gleiche gilt, wenn der Unternehmer für den Verbraucher zwei oder mehr Handlungen vornimmt oder Elemente liefert, die so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Diese Grundsätze gelten auch im Verhältnis zwischen Lieferungen und sonstigen Leistungen/Dienstleistungen (vgl. u. a. BFH-Urteile vom 15. Januar 2009 V R 91/07, BFH/NV 2009, 865 und vom 17. April 2008 V R 39/05, BFH-NV 2008, 1712 mit weiteren Nachweisen).
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b) Im Streitfall hat der Kläger gegenüber den Einstellern zum einen die für Pensionspferdehaltung üblichen Leistungen wie Unterbringung und Versorgung der Tiere in Form der Fütterung, des Tränkens, der Fell- und Hufpflege und der Bewegung der Tiere erbracht. Zum anderen hat er – und dadurch unterscheidet sich der Streitfall von der üblichen Pferdepension zu Reitsportzwecken – die im Sachverhalt dargestellten züchterischen Leistungen erbracht. Beide Leistungen (Pensions- und Zuchtleistungen) stellen unter Anwendung der vorgenannten Grundsätze aus der Sicht eines objektiven Durchschnittsverbrauchers einen einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang dar, dessen einzelne Leistungsbestandteile derart eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare Leistung bilden. So konnte der Kläger die Zuchtleistungen an den Fremdpferden der Einsteller nur erbringen, wenn er deren Tiere in Pension nimmt. Pension und Zuchtleistungen sind besonders aufeinander abgestimmt (spezielles Futter für Stuten und Fohlen, Bewegung und Kontrolle der Stuten während der Trächtigkeit, Geburtsbegleitung durch fachliche und elektronische Überwachung, Aufzucht der Fohlen in Gruppenhaltung, Ausbildung auf den hofeigenen Reitanlagen, etc.) und untrennbar miteinander verbunden. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass für die Pension ein fester monatlicher Betrag (185,– € pro Stute) geschuldet und zusätzliche Zuchtleistungen vom Kläger gesondert in Rechnung gestellt wurden.
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c) In diese vom Kläger erbrachte einheitliche „Pensionsleistung“ zu Zuchtzwecken geht sowohl die von ihm erfolgte Lieferung von selbst erzeugtem oder zugekauftem Futter, als auch die evtl. Lieferung auf dem Hof produziertem Heu und Stroh unter. Die Lieferungen sind lediglich Teil der Gesamtleistung „Pensionsleistungen“ zu Zuchtzwecken und versetzen den Kläger (lediglich) in die Lage, seinen Pflichten aus den „Pensionsverträgen“ unter optimalen Bedingungen nachzukommen. Sie stellen damit unselbständige Nebenleistungen zur Hauptleistung dar und teilen deren Schicksal.
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4. Der Kläger hat mit den „Pensionsleistungen“ zu Zuchtzwecken keine landwirtschaftlichen Dienstleistungen im Sinne des Art. 25 der Richtlinie 77/388/EWG erbracht. Nach Art. 25 Abs. 2 5. Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG sind landwirtschaftliche Dienstleistungen die in Anhang B aufgeführten Dienstleistungen, die von einem landwirtschaftlichen Erzeuger mit Hilfe seiner Arbeitskräfte und/oder der normalen Ausrüstung eines landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder Fischereibetriebs vorgenommen werden. Nach Anhang B der Richtlinie 77/388/EWG („Liste der landwirtschaftlichen Dienstleistungen“) gelten als landwirtschaftliche Dienstleistungen solche Dienstleistungen, die normalerweise zur landwirtschaftlichen Produktion beitragen, insbesondere:
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– Arbeiten des Anbaus, der Ernte, des Dreschens, des Pressens, des Lesens und Einsammelns, einschließlich des Säens und Pflanzens;
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– Verpackung und Zubereitung, wie beispielsweise Trocknung, Reinigung, Zerkleinerung, Desinfektion und Einsilierung landwirtschaftlicher Erzeugnisse;
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– Lagerung landwirtschaftlicher Erzeugnisse;
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– Hüten, Zucht und Mästen von Vieh;
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– Vermietung normalerweise in land-, forst- und fischwirtschaftlichen Betrieben verwendeter Mittel zu landwirtschaftlichen Zwecken;
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– technische Hilfe;
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– Vernichtung schädlicher Pflanzen und Tiere, Behandlung von Pflanzen und Böden durch Besprühen;
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– Betrieb von Be- und Entwässerungsanlagen;
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– Beschneiden und Fällen von Bäumen und andere forstwirtschaftliche Dienstleistungen.
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a) Die vom Kläger gegenüber den Einstellern jeweils erbrachte (einheitliche) sonstige Leistung/Dienstleistung gehört nicht zu den in dem Katalog aufgeführten Dienstleistungen. Auch die unter Spiegelstrich 4 aufgeführten Leistungen „Hüten, Zucht und Mästen von Vieh“ sind nicht einschlägig, denn nach dem Einleitungssatz zu Anhang B der Richtlinie 77/388/EWG gelten als landwirtschaftliche Dienstleistungen (nur) solche Dienstleistungen, die normalerweise zur landwirtschaftlichen Produktion beitragen. Zudem ist zu beachten, dass – wie bereits ausgeführt – die Vorschrift restriktiv auszulegen ist. Der EuGH hat in dem Urteil vom 26. Mai 2005 (Rs. C-43/04 -Stadt Sundern-, BFH/NV 2005 Beilage 4, 320) ausgeführt, dass eine Dienstleistung, die keinen landwirtschaftlichen Zwecken dient und sich nicht auf normalerweise in land-, forst- und fischwirtschaftlichen Betrieben verwendete Mittel bezieht, weder der Art noch dem Ziel der Regelung entspricht.
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Nach Ansicht des Senats setzt das Tatbestandsmerkmal „Hüten, Zucht und Mästen von Vieh“ unter Berücksichtigung des Einleitungssatzes zu Anhang B der Richtlinie 77/388/EWG voraus, dass der jeweilige Leistungsempfänger der „Pensionsleistung“, mithin im Streitfall der jeweilige Einsteller der Pferde, selbst ein landwirtschaftlicher Erzeuger im Sinne des Art. 25 der Richtlinie 77/388/EWG ist, denn eine „Pensionsleistung“ an einen Nichtlandwirt trägt nicht zur landwirtschaftlichen Produktion bei, dient keinen landwirtschaftlichen Zwecken (so ausdrücklich FG Münster, Urteil vom 18. August 2009 15 K 3176/05 U, EFG 2009, 1979; so wohl auch FG Düsseldorf, Urteil vom 13. Februar 2009 1 K 107/08, EFG 2009, 877 und die Finanzverwaltung in Abschnitt 24.3 Abs. 5 Satz 6 und Abs. 11 Satz 2 UStAE sowie Windecker in Plückebaum/Widmann, UStG, § 24 Rz 148f; anderer Auffassung: Niedersächsisches FG, Urteil vom 5. November 2009 16 K 10340/07, juris; FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.06.2011 6 K 2287/09, EFG 2011, 2025, Revision: XI R 27/11 – Klärschlammtransporte für Samtgemeinde).
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Als landwirtschaftliche Erzeuger gelten solche Betriebe, die eine der in Art. 25 Abs. 2 Spiegelstrich 1 und 2 i. V. m. Anhang A der Richtlinie 77/388/EWG aufgeführten Tätigkeiten ausüben, d. h. die unter anderem Tierzucht und Tierhaltung in Verbindung mit der Bodenbewirtschaftung betreiben. Eine private bzw. gewerbliche Tierzucht der Einsteller ohne Bodenbewirtschaftung fällt hingegen nicht unter die Tätigkeiten der landwirtschaftlichen Erzeugung. Hiervon ausgehend hat der Beklagte zu Recht die Einstellumsätze, die an Nichtlandwirte erbracht wurden, der Regelbesteuerung unterworfen.
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b) Die „Pensionsleistungen“ des Klägers sind nicht „Teil seiner eigenen Pferdezucht“ und stehen mit dieser auch nicht unmittelbar in Verbindung.
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Zwar betreibt der Kläger mit seinen eigenen Pferden eine landwirtschaftliche Pferdezucht. Unstreitig ist auch, dass der eigene Tierbestand zusammen mit den eingestellten Fremdpferden die nach der Größe der landwirtschaftlich genutzten Fläche des Betriebs (ca. 30 ha) mögliche Zahl der Vieheinheiten (276 VE) nicht übersteigt. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die vom Kläger durchgeführte Zucht von fremdem Vieh nicht als eigene landwirtschaftliche Erzeugung sondern als landwirtschaftliche Dienstleistung zu beurteilen ist. Anders als bei der eigenen Zucht stehen die landwirtschaftlichen Erzeugnisse (Fohlen) aus dem „Pensionszuchtbetrieb“ auch nicht dem Kläger sondern dem jeweiligen Einsteller zu.
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5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
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6. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen.

Steuerliche Liebhaberei in der Pferdehaltung

Steuerliche Liebhaberei in der Pferdehaltung

Kernaussage

Wird eine neben dem Kaufpreis hohe Investitionen erfordernde Reitanlage angeschafft, um die Altersvorsorge einer bereits 58-jährigen Person abzusichern, die als erfolgreiche Geschäftsführerin eines mittelständischen Industrieunternehmens über keinerlei Pferdewirtschaftswissen verfügt und auch nicht selbst reitet, wird der Betrieb nicht mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben, wenn ein schlüssiges betriebswirtschaftliches Konzept, aus dem sich die Erzielbarkeit eines Totalgewinns entnehmen lässt, nicht besteht und die Investition lediglich mit den hohen Lohnsteuererstattungsansprüchen, welche die effektiv auszugleichenden Verluste mehr als übersteigen, erklärbar ist.

Sachverhalt

Streitig war die Gewinnerzielungsabsicht beim defizitären Betrieb einer Reitanlage. Eine vermögende Geschäftsfrau, die aus ihrer Geschäftsführertätigkeit ein Einkommen in Millionenhöhe erzielt, erwarb eine Reitanlage, die sie zunächst mit erheblichen Aufwand sanierte, ausbaute und anschließend verpachte. Nach dem Auslaufen des Pachtvertrages führte sie den Betrieb auf eigene Rechnung fort, ohne dass sie selbst über pferdespezifisches Wissen verfügte. Aufgrund der im Zuge der aufwendigen Sanierung angefallenen Abschreibungen sowie der hohen, laufenden Betriebskosten erwirtschaftete die Geschäftsfrau während des gesamten Betriebes jährlich Verluste im sechsstelligen Bereich. Infolge dessen unterstellte das Finanzamt im Rahmen einer Betriebsprüfung, dass der Betrieb der Reitanlage ohne Gewinnerzielungsabsicht erfolgte und erkannte die erzielten Verluste folglich steuerlich nicht mehr an.

Entscheidung

Das Finanzgericht (FG) gab dem Finanzamt im Grunde Recht, da auch aufgrund der hohen Abschreibungen selbst für einen Zeitraum von 50 Jahren kein Totalgewinn erzielbar sei. Somit sei von Beginn an keine Gewinnerzielungsabsicht erkennbar gewesen. Zudem führte das FG aus, die Einschätzung werde dadurch bestärkt, dass die Geschäftsfrau durch die Verrechnung der Verluste mit den aus der nichtselbstständigen Tätigkeit stammenden Einkünften ihre Steuerbelastung erheblich senken konnte. So überstiegen die sich durch die Verlustverrechnung ergebenen Lohnsteuererstattungen sogar die Einlagen, die zur Aufrechterhaltung des dauerhaft defizitären Geschäftsbetriebs geleistet wurden. Wenngleich die betreffenden Steuerbescheide unter dem Vermerk der Vorläufigkeit ergangen waren, durften die Verluste aus den Anfangsjahren aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht mehr aberkannt werden, da diese bereits verjährt waren und die Vorläufigkeitsvermerke hinsichtlich ihres Grundes und Umfanges nicht hinreichend bestimmt waren.

Konsequenz

Die Problematik der steuerlichen Liebhaberei im Bereich der Pferdehaltung ist grundsätzlich ein regelmäßig auftretendes Problem. Bemerkenswert bei der Bewertung des Reitbetriebs als Liebhaberei durch das FG ist in diesem Zusammenhang der explizite Verweis auf die nicht aus dem Reitbetrieb stammenden Einkünfte und den sich aus der Verlustverrechnung ergebenden Steuervorteil. Dies legt den Schluss nahe, dass seitens der Finanzverwaltung bzw. der Gerichte die Grenzen der Liebhaberei bei vermögenden Personenkreisen besonders eng ausgelegt werden.